Nationalsozialismus in Mosbach - Baden
: Rechtsextremismus und Neofaschismus : Anti-Semitismus : Anti-Ziganismus : Homophobie : Rassismus : Diskriminierung 

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HISTORISCHES & AKTUELLES: 
Rechtsextremismus nach 1945
als Folge bzw. Konsequenz
des Nationalsozialismus vor 1945
- auch in Mosbach, Baden und Württemberg

 Zuletzt AKTUALISIERT am 23.04.2025 ! 

Beantragung von WIEDERAUFNAHMEVERFAHREN beim Amtsgericht Mosbach vom 17.11.2024
... wegen Amtsseitiger Expertisen-Beweismittelunterdrückung durch die Mosbacher Amtsrichterin Marina Hess unter 6F 9/22 und 6F 202/21 bei der gerichtlichen Beauftragung von Sachverständigen-Gutachten bzgl. möglichem Verschweigen, Verleugnen und Verharmlosen nationalsozialistisch rechtsextremistischer Umsturzversuche in Deutschland vor 1933 und nach 1945 und deren juristischen Aufarbeitungen.
241117_20221_AGMOS_rechtsextrem_umsturz_BLIND.pdf (199.04KB)
Beantragung von WIEDERAUFNAHMEVERFAHREN beim Amtsgericht Mosbach vom 17.11.2024
... wegen Amtsseitiger Expertisen-Beweismittelunterdrückung durch die Mosbacher Amtsrichterin Marina Hess unter 6F 9/22 und 6F 202/21 bei der gerichtlichen Beauftragung von Sachverständigen-Gutachten bzgl. möglichem Verschweigen, Verleugnen und Verharmlosen nationalsozialistisch rechtsextremistischer Umsturzversuche in Deutschland vor 1933 und nach 1945 und deren juristischen Aufarbeitungen.
241117_20221_AGMOS_rechtsextrem_umsturz_BLIND.pdf (199.04KB)


Seiteninhalt:

  1. NS- und Rechtsextremismus-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach

    1.1 Gerichtlich verfügte Beauftragung der forensischen Sachverständigen aus Kitzingen durch das Amtsgericht Mosbach bezüglich der gerichtlichen und außergerichtlichen Anti-Nazi-Aktivitäten des Antragstellers

    1.2 Beim Amtsgericht Mosbach beantragte Rechtsextremismus-Verfahren seit Sommer 2022

  2. Online-Artikel zum Rechtsextremismus

    2.1 Statistiken zum Rechtsextremismus

    2.2 Online-Artikel zu Rechtsextremismus als Folge bzw. Konsequenz des Nationalsozialismus

  3. YouTube-Videos zu Rechtsextremismus als Folge bzw. Konsequenz des Nationalsozialismus

  4. Stellungnahme der vom Amtsgericht Mosbach beauftragten forensischen Sachverständigen aus Kitzingen zum Rechtsextremismus als Folge bzw. Konsequenz des Nationalsozialismus


>>> PROTEST GEGEN RECHTS >>>
Aufforderungen und Anweisungen der seit Jahren beim Amtsgericht Mosbach tätigen KM-Rechtsanwältin aus Walldürn KONKRET an das Amtsgericht Mosbach vom 22.06.2022 unter 6F 202/21 und vom 12.11.2023 unter 6F 228/23, die Nazi-Jäger-Eingaben des KV amtsseitig EXPLIZIT NICHT zu benennen und amtsseitig EXPLIZIT NICHT zu bearbeiten und damit Deutsche Kolonialverbrechen, NS-Verbrechen und Rechtsextremismus, INSBESONDERE in der Region Mosbach-Baden, zu verschweigen, zu verleugnen und zu verharmlosen.
240121_202_21_PROTEST_gegen_RECHTS_blind.pdf (736.22KB)
>>> PROTEST GEGEN RECHTS >>>
Aufforderungen und Anweisungen der seit Jahren beim Amtsgericht Mosbach tätigen KM-Rechtsanwältin aus Walldürn KONKRET an das Amtsgericht Mosbach vom 22.06.2022 unter 6F 202/21 und vom 12.11.2023 unter 6F 228/23, die Nazi-Jäger-Eingaben des KV amtsseitig EXPLIZIT NICHT zu benennen und amtsseitig EXPLIZIT NICHT zu bearbeiten und damit Deutsche Kolonialverbrechen, NS-Verbrechen und Rechtsextremismus, INSBESONDERE in der Region Mosbach-Baden, zu verschweigen, zu verleugnen und zu verharmlosen.
240121_202_21_PROTEST_gegen_RECHTS_blind.pdf (736.22KB)


1. NS- und Rechtsextremismus-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach

Amtsgericht Mosbach: Bildquelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Amtsgericht_Mosbach#/media/Datei:Mosbach-kloster-amtsgericht1.jpg

Amtsgericht Mosbach
Hauptstraße 110
74821 Mosbach
Telefon:
06261 - 87 0 (Zentrale)
Telefax:
06261 - 87 460 (Zentrale Faxnummer)

NS- und Rechtsextremismus-Verfahren bei der Mosbacher Justiz:
AKTUELLE NS- und Rechtsextremismus-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach u.a. seit 03.06.2022 >>>

Historische NS-Verfahren der Mosbacher Justiz >>>

Zuständigkeit des Amtsgerichts Mosbach in NS- und Rechtsextremismus-Verfahren >>>

Frühere außergerichtliche NS-Aufarbeitungen 2005 bis 2011 >>>

Frühere gerichtliche NS-Aufarbeitungen 2004 bis 2010 >>>

Nach Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg mit Beschluss vom 15.12.2022 - 6 S 1420/22 - unterliegt der Nationalsozialismus nicht der grundrechtlich geschützten Weltanschauungsfreiheit gemäß Art. 4 Abs. 1 GG.

Das Amtsgericht Mosbach hat jedoch seit dem 03.06.2022 eine gemäß § 158 StPO ordnungsgemäße Eingangsbestätigung mit den Benennungen der Konkreten Eingabedaten, der Konkreten Sachverhaltsbenennungen mit einer kurzen Zusammenfassung der Angaben zu Tatzeit, Tatort und angezeigter Tat, insbesondere zu beantragten NS- und Rechtsextremismus-Strafverfahren, bisher ausdrücklich und EXPLIZIT versagt und NICHT ausgestellt.

Auch für die beim Amtsgericht Mosbach beantragten Wiederaufnahmeverfahren, amtsseitigen Verfügungen und gerichtlichen Prüfungen in NS- und Rechtsextremismus-Angelegenheiten verweigert das Amtsgericht Mosbach ordnungsgemäße Eingangs- und Weiterbearbeitungsbestätigungen mit konkreten Sachverhaltsbenennungen.

Siehe dazu auch Umgang des Amtsgerichts Mosbach mit NS- und Rechtsextremismusverfahren >>>

Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus in Deutschland: Eine analytische Einführung für Polizei und Sicherheitsbehörden (PSP Schriftenteihe) Taschenbuch – 7. Juni 2021

Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus stellen im Augenblick und prognostisch für viele Jahre eine wesentliche Bedrohung für die Innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland dar. Um dieser Gefahr wirksam begegnen zu können, ist die Kenntnis von rechtsextremistischen Strukturen, Erscheinungsformen und Handlungsweisen insbesondere für die Polizei und Sicherheitsbehörden unverzichtbar. Das vorliegende Buch liefert eine kompakte Darstellung des gegenwärtigen Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus in Deutschland. Ausgehend von einer Begriffsdefinition und -analyse widmet sich der Autor im Anschluss rechtsextremistischen Parteien sowie Organisationen, Gruppen und Individuen. Weiterhin zeigt er aktuelle Entwicklungen und Phänomene im Rechtsextremismus auf und bezieht an dieser Stelle umfassend das Problemfeld von Rechtsextremisten in der Bundeswehr und in den Polizeien mit ein. Anschließend benennt er Beispiele für den Übergang von Rechtsextremismus zu Rechtsterrorismus und behandelt rechtsterroristische Fälle wie die Anschläge in Halle und Hanau. Zudem widmet der Verfasser sich rechtsextremistischen und rechtsterroristischen Inhalten im Internet, bevor er abschließend aktuelle Abwehrmaßnahmen der Sicherheitsbehörden vorstellt. Das Buch wendet sich in Konzeption und Aufbau zum einen an die in der Ausbildung und insbesondere im Studium befindlichen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten und zum anderen an Praktiker im staatlichen und zivilgesellschaftlichen Aufgabenbereich der Prävention und Repression von Rechtsextremismus. Je nach Wissensstand dient es dazu, sich einen Gesamtüberblick über die Thematik zu verschaffen oder aber vorhandene Kenntnisse gezielt zu vertiefen.


1.2 Beim Amtsgericht Mosbach beantragte Rechtsextremismus-Verfahren seit Sommer 2022

Anträge an das Amtsgericht Mosbach:
Prozessbeobachtung: Rechtsextremismusverfahren beim Amtsgericht Mosbach
Strafanzeige vom 06.08.2022 gegen Unbekannt nach § 168 Störung der Totenruhe wegen Schändung der NS-Gedenkstätte KZ Buchenwald: hier konkret der Gedenk- und Erinnerungsbäume für die von den Nazis ermordeten jüdischen Kinder auf der Blutstraße zur Deportation vom KZ-Buchenwald in das KZ-Auschwitz
220806_uhl_ag_mos_ja_blutstrasse.pdf (120.4KB)
Prozessbeobachtung: Rechtsextremismusverfahren beim Amtsgericht Mosbach
Strafanzeige vom 06.08.2022 gegen Unbekannt nach § 168 Störung der Totenruhe wegen Schändung der NS-Gedenkstätte KZ Buchenwald: hier konkret der Gedenk- und Erinnerungsbäume für die von den Nazis ermordeten jüdischen Kinder auf der Blutstraße zur Deportation vom KZ-Buchenwald in das KZ-Auschwitz
220806_uhl_ag_mos_ja_blutstrasse.pdf (120.4KB)
Prozessbeobachtung: Rechtsextremismusverfahren beim Amtsgericht Mosbach
OFFIZIELLE STRAFANZEIGE AN DAS AMTSGERICHT MOSBACH vom 03.09.2022 unter 6F 9/22 gegen Unbekannt wegen rechtsextremistisch motivierter schwerer Brandstiftung bei den Anschlägen auf eine Flüchtlingsunterkunft in Leipzig vom 26.08.2022
220903_uhl_ag_mos_leipzig_flüchtlingsunterkunft.pdf (21.9KB)
Prozessbeobachtung: Rechtsextremismusverfahren beim Amtsgericht Mosbach
OFFIZIELLE STRAFANZEIGE AN DAS AMTSGERICHT MOSBACH vom 03.09.2022 unter 6F 9/22 gegen Unbekannt wegen rechtsextremistisch motivierter schwerer Brandstiftung bei den Anschlägen auf eine Flüchtlingsunterkunft in Leipzig vom 26.08.2022
220903_uhl_ag_mos_leipzig_flüchtlingsunterkunft.pdf (21.9KB)

 


Rechtsextremismus: Erscheinungsformen und Erklärungsansätze (Studienkurs Politikwissenschaft) Taschenbuch – 21. August 2020

Rechtsextremismus ist ein allgegenwärtiges Thema in Wissenschaft und Öffentlichkeit. Was genau kennzeichnet aber Rechtsextremismus? Wie tritt er in Erscheinung? Welche Erklärungen gibt es für die Entstehung von Rechtsextremismus? Wie kann er erfolgreich bekämpft werden? Die 4., aktualisierte und erweiterte Auflage des Bandes, liefert einen Überblick über den Forschungsstand zu diesen Fragen und stellt die zentralen Kontroversen im Bereich der sozialwissenschaftlichen Rechtsextremismusforschung vor. Dabei werden Weltanschauung und Geschichte des Rechtsextremismus, Charakteristika von Erscheinungsformen wie Parteien, Bewegungen, Medien, Musik und Internet vorgestellt und eine Gesamteinschätzung zum gegenwärtigen Rechtsextremismus formuliert. Darüber hinaus werden Erklärungsansätze im Spannungsfeld von Extremismustheorie und „Extremismus der Mitte“, Autoritarismus, Sozialisation und Geschlecht bis hin zum Jugendprotesttheorem, sozialer Bewegungs- oder sozialer Desintegrationsthese diskutiert.


1.2 Gerichtlich verfügte Beauftragung der forensischen Sachverständigen aus Kitzingen durch das Amtsgericht Mosbach bezüglich der gerichtlichen und außergerichtlichen Anti-Nazi-Aktivitäten des Antragstellers

Das Familiengericht-Amtsgericht Mosbach, Hauptstraße 110, 74281 Mosbach, beauftragt die forensische Sachverständige aus Moltkestr. 2, 97318 Kitzingen, in seinen Verfügungen vom 17.08.2022 unter 6F 202/21, die Anti-Nazi-Aktivitäten des KVs und Antragstellers in einer ergänzenden Stellungnahme gutachterlich einzuschätzen und zu bewerten.

Dazu zählen laut Anweisungen dieser amtsgerichtlichen Verfügungen SOWOHL die seit Sommer 2022 vom Antragsteller beim Amtsgericht Mosbach initiierten NS- und Rechtsextremismus-Verfahren ALS AUCH seine außergerichtlichen und gerichtlichen Aufklärungs- und Aufarbeitungsbemühungen zu Nationalsozialistischem Unrecht und Nationalsozialistischen Verbrechen aus dem Zeitraum um 2008, d.h. konkret von 2004 bis 2011, im Rahmen seiner sogenannten "Nazi-Jäger"-Aktivitäten im sachverhaltsbezogenen Kontext zur Problematik des Nationalsozialismus vor und nach 1945 und dessen Aufarbeitung bis heute.

Das Amtsgericht Mosbach BEAUFTRAGT EXPLIZIT in seinen Verfügungen vom 17.08.2022 unter 6F 202/21 die forensische Sachverständige aus Kitzingen, eine GUTACHTERLICHE STELLUNGNAHME ZU DEN NAZI-VERBRECHER-PROZESSEN am Beispiel des Antragstellers von NS-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach in 2022 mit seinen fast zwanzig Jahre langen Bemühungen um die außergerichtliche und gerichtliche Aufarbeitung von Nationalsozialistischem Unrecht und Nationalsozialistischen Verbrechen sowie von Rechtsextremismus an das deutsche BRD-Amtsgericht Mosbach im Jahr 2022 zu erstellen.

Das Amtsgericht Mosbach BEAUFTRAGT EXPLIZIT in seinen Verfügungen vom 17.08.2022 unter 6F 202/21 am Beispiel des Antragstellers von NS-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach die forensische Sachverständige aus Kitzingen, eine GUTACHTERLICHE STELLUNGNAHME ZU RECHTSEXTREMISMUS-VERFAHREN ALS TEIL DER NS-KONTINUITÄT bzw. NS-VERGANGENHEITSBEWÄLTIGUNG an das deutsche BRD-Amtsgericht Mosbach im Jahr 2022 zu erstellen.
Siehe dazu auch Kapitel 4 auf dieser Seite.

Das Buch gegen Nazis: Rechtsextremismus - was man wissen muss und wie man sich wehren kann Taschenbuch – 24. August 2009

Erste Hilfe gegen Nazis – das Handbuch zum Rechtsextremismus. Eine neue Studie zeigt: Neonazis haben unter Schülern immer mehr Zulauf. Rassismus und Fremdenhass nehmen zu in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Was tun gegen Nazis? Erste Hilfe bietet dieses Buch. Rechtsextremismus breitet sich aus, nicht nur unter Jugendlichen. Neonazis erkennt man längst nicht mehr an Springerstiefeln und Glatze. Ihre Anführer geben sich cool – sie locken mit Musik, Abenteuern und modischem Chic. Immer mehr Menschen fragen: Was tun? Welche Rezepte gibt es, um friedlich und kreativ gegen Rechtsextreme und Rassisten vorzugehen – sei es als Nachbar, im Sportverein, in der Schule oder am Arbeitsplatz? Und was ist Rechtsextremismus überhaupt? Soll man mit Nazis eigentlich diskutieren? Woran erkenne ich die? Wie soll man auf Drohungen von Rechtsextremisten reagieren? Was tue ich, wenn meine beste Freundin plötzlich NPD wählt? Hilft ein Verbot der Partei? Und sind Sitz­blockaden bei Neonazi-Demonstrationen eigentlich strafbar? Das Buch gegen Nazis vermittelt kompaktes Wissen und gibt praktische Tipps. Es stellt beispielhafte Initiativen vor und empfiehlt Ansprechpartner für Ratsuchende. Ein Anhang mit zahlreichen Fotos erklärt die Erkennungszeichen der Nazis von heute.
Mit Vorworten von Thomas Krüger und Giovanni di Lorenzo und Beiträgen von zahlreichen Fachautoren. Ein Projekt der ZEIT und der Bundeszentrale für politische Bildung.



2. Online-Artikel zum Rechtsextremismus

2.1 Statistiken zum Rechtsextremismus

Rechtspopulismus und Nationalismus

Statista-Dossier zu Rechtspopulismus und Nationalismus
Als Populismus wird nach gängigen Definitionen ein bestimmtes Verständnis von Politik aufgefasst, welches durch die Idee von einem "wahren Volk" einerseits und "korrupten Eliten" andererseits gekennzeichnet ist. Im Populismus werden Einstellungen im Sinne von anti Establishment, anti Pluralismus und pro Volksouveränität vertreten. Populismus und Nationalismus können daher in einen Zusammenhang gebracht werden. Populismus kann in verschiedenen politischen Lagern auftreten. Aufgrund der aktuellen Entwicklungen wird in diesem Dossier ein Fokus auf den Rechtspopulismus gelegt.
Das vorliegende Dossier enthält redaktionell zusammengestellte Statistiken zum Thema Rechtspopulismus und Nationalismus. Nach einem Überblick zur Verbreitung populistischer und nationalistischer Einstellungen in Deutschland beinhaltet das Dossier Umfragen zum Populismus und Rassismus. Beleuchtet werden unter anderem Einstellungen zu Demokratie, Protektionismus und Europäischer Integration sowie Statistiken zum Vertrauen in politische Eliten und Medien. Zudem beinhaltet das Dossier Informationen zum Rechtsextremismus in Deutschland.
Das Dossier bietet einen umfassenden statistischen Überblick zu Rechtspopulismus und Nationalismus. Zu den Themen Fake News und Extremismus seien die gleichnamigen Dossiers empfohlen.
https://de.statista.com/


Engagement des Verfassungsschutz gegen Rechtsextremismus nach Parteipräferenz 2020

Gesellschaft
Verbände & Organisationen
PREMIUM
Veröffentlicht von Statista Research Department, 24.01.2022
In einer Umfrage von infratest dimap im Auftrag des SWR aus dem Oktober 2020 waren rund 70 Prozent der befragten Linke-Anhänger:innen der Meinung, der Verfassungsschutz in Deutschland würde zu wenig Engagement im Kampf gegen den Rechtsextremismus zeigen. Bei AfD-Anhänger:innen waren hingegen 30 Prozent der Meinung, der Verfassungsschutz kümmere sich zu sehr um diesen Bereich. Unabhängig von der Parteipräferenz sahen 56 Prozent der befragten Personen zum Zeitpunkt der Befragung zu wenig Engagement.
Was meinen Sie, der Verfassungsschutz kümmert sich zu wenig, ausreichend oder zu sehr um den Rechtsextremismus?(nach Parteipräferenz)
https://de.statista.com/


Meinungen zum Umgang mit Rechtsextremismus in Deutschland

Wirtschaft & Politik
Politik
Veröffentlicht von Statista Research Department, 01.12.2011
Diese Grafik zeigt das Ergebnis einer Umfrage zum Umgang mit Rechtsextremismus in Deutschland. 58 Prozent der Befragten stimmten der Aussage eher zu, dass jemand, der im Verdacht steht, rechtsextrem und gewaltbereit zu sein, in einer bundesweiten Datei gespeichert werden sollte.
Stimmen Sie den folgenden Aussagen zum Umgang mit Rechtsextremismus in Deutschland eher zu oder stimmen Sie den Aussagen eher nicht zu?
https://de.statista.com/

 


Bericht zum Rechtsextremismus in Sicherheitsbehörden 2022

Der vorliegende Bericht des Bundesamts für Verfassungsschutz beleuchtet rechtsextremistische Tendenzen, "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" in deutschen Sicherheitsbehörden. Nach vermehrten rechtsextremistischen Vorfällen im Sicherheitsapparat unterschiedlicher Bundesländer entschloss sich das Bundesamt für Verfassungsschutz mit der Veröffentlichung des Berichts, das Problem mit konkreten Zahlen transparent zu machen. Das Bundesamt betont bei den Vorfällen die Relation zur Gesamtzahl der Beschäftigten sowie die Wahrscheinlichkeit eines Dunkelfelds.
https://de.statista.com/


Rechtsextremismus - Verdachtsfälle in Sicherheitsbehörden 2021

Gesellschaft
Kriminalität, Recht & Justiz
PREMIUM
Veröffentlicht von Statista Research Department, 10.06.2022
Wie stark sind rechtsextremistische Tendenzen in deutschen Sicherheitsbehörden verbreitet? Laut Bundesamt für Verfassungsschutz gab es in jedem Bundesland (außer dem Saarland) Verdachtsfälle mit Bezug auf Rechtsextremismus in den Sicherheitsbehörden. In Nordrhein-Westfalen wurden 179 Prüf-, Verdachts- und erwiesene Fälle identifiziert, innerhalb des Betrachtungszeitraums von Juli 2018 bis Juli 2021 waren dies die meisten Verdachtsfälle aller Bundesländer. Die Gesamtzahl der gemeldeten Verdachtsfälle in den Sicherheitsbehörden der Länder summierte sich im gleichen Zeitraum auf 551.
Anzahl der Prüf-, Verdachts- und erwiesenen Fälle im Bereich Rechtsextremismus bei Landessicherheitsbehörden in Deutschland nach Bundesländern zwischen Juli 2018 und Juni 2021
https://de.statista.com/

Rechtsextremismus: Rechtsextremistische Straftaten nach Art des Delikts bis 2021

Gesellschaft
Kriminalität, Recht & Justiz
PREMIUM
Veröffentlicht von Statista Research Department, 17.06.2022
Die Statistik zeigt die Anzahl der Straftaten mit rechtsextremistisch motiviertem Hintergrund in Deutschland in den Jahren von 2015 bis 2021 nach Art des Delikts (ohne Gewalttaten). Im Jahr 2021 gab es 923 Sachbeschädigungen mit rechtsextremistisch motiviertem Hintergrund. Siehe auch die Anzahl der politisch motivierten Gewalttaten mit rechtsextremistischem Hintergrund in Deutschland. Bei Straftaten mit extremistischem Hintergrund gibt es laut Quelle Anhaltspunkte dafür, dass sie darauf abzielten, bestimmte Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen, die für die freiheitliche demokratische Grundordnung prägend sind.
Anzahl der politisch motivierten Straftaten mit rechtsextremistischem Hintergrund¹ (ohne Gewalttaten) in Deutschland nach Art des Delikts von 2015 bis 2021
https://de.statista.com/


Rechtsextremismus: Rechtsextremistische Gewalttaten nach Art des Delikts bis 2021

Gesellschaft
Kriminalität, Recht & Justiz
PREMIUM
Veröffentlicht von Statista Research Department, 17.06.2022
Die Statistik zeigt die Anzahl der politisch motivierten Gewalttaten mit rechtsextremistischem Hintergrund¹ in Deutschland in den Jahren von 2015 bis 2021 nach Art des Delikts. Im Jahr 2021 gab es 119 Widerstandsdelikte mit rechtsextremistisch motiviertem Hintergrund. Siehe auch die Anzahl der politisch motivierten Straftaten mit rechtsextremistischem Hintergrund (ohne Gewalttaten) in Deutschland. Bei Straftaten mit extremistischem Hintergrund gibt es laut Quelle Anhaltspunkte dafür, dass sie darauf abzielten, bestimmte Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen, die für die freiheitliche demokratische Grundordnung prägend sind.
Anzahl der politisch motivierten Gewalttaten mit rechtsextremistischem Hintergrund¹ in Deutschland nach Art des Delikts von 2015 bis 2021
https://de.statista.com/


Militärischer Abschirmdienst: Verdachtsfälle im Bereich Rechtsextremismus bis 2019

Wirtschaft & Politik
Verteidigung
PREMIUM
Veröffentlicht von Statista Research Department, 01.12.2022
Laut dem jährlichen Report des MAD (Militärischer Abschirmdienst) wurden 2019 insgesamt 363 Verdachtsfallbearbeitungen innerhalb der Bundeswehr im Bereich Rechtsextremismus aufgenommen. Auslöser für eine solche Verdachtsfallbearbeitung können laut Quelle beispielsweise länder- bzw. fremdenfeindliche Aussagen in sozialen Medien, Propagandadelikte wie das Abspielen von Musik mit rechtsextremistischen Interpretationen oder die Teilnahme an rechtsextremistischen Konzerten sein. Insgesamt gab es im Jahr 2019 rund 482 Verdachtsfallbearbeitungen.
Was ist der MAD?
Der Militärische Abschirmdienst gehört wie der Bundesnachrichtendienst (BND) und das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) zu den drei Nachrichtendiensten des Bundes. Er liegt im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg) und hat unter anderem die Aufgabe, Informationen aus dem Inland und teilweise aus dem Ausland zu Zwecken der Spionage- und Sabotageabwehr und der Terrorismus- und Extremismusabwehr zu sammeln und auszuwerten. Zudem wirkt der MAD an Sicherheitsüberprüfungen mit.
Weniger anzeigen
Aufgenommene Verdachtsfallbearbeitungen im Bereich Rechtsextremismus des Militärischen Abschirmdienstes in den Jahren 2016 bis 2019
https://de.statista.com/

 

Rechtsextremismus in Deutschland: Eine kritische Bestandsaufnahme Taschenbuch – 12. Juli 2019

Gegenwärtig ist viel vom „Rechtsruck“ die Rede. Doch in der Bundesrepublik Deutschland hat es immer auch Rechtsextremismus gegeben. Die aktuellen Entwicklungen sollten daher im Kontext der Vergangenheit gesehen werden. Das vorliegende Buch versteht sich sowohl als Einführung wie als Überblicksdarstellung dazu. Es werden die zentralen Begriffe definiert und konkretisiert sowie die Ideologieelemente und -familien erläutert und unterschieden. Der inhaltlichen Kern besteht aus einer Darstellung und Einschätzung der Entwicklung des parteiförmigen und kulturellen, aktionsorientierten und organisationsförmigen, subkulturellen und bewegungsförmigen, gewalttätigen und terroristischen Rechtsextremismus. Dabei werden auch die AfD, die Neue Rechte oder Pegida als neue Phänomene behandelt und eingeschätzt. Außerdem stehen die rechtsextremistischen Einstellungen in der Gesellschaft mit im Zentrum. Und dann werden die Erklärungsansätze noch beschreibend dargestellt und kritisch erörtert. All dies mündet in einer bilanzierenden Gefahrenpotentialeinschätzung.


2.2 Online-Artikel zu Rechtsextremismus als Folge bzw. Konsequenz des Nationalsozialismus


Analyse zur Strategie der AfD
: Aussichtsloser Umweg zur Macht

21.04.2025, 15:50 Uhr
Immer größer, immer mehr: Die AfD-Fraktion im neu gewählten Bundestag.
(Foto: Kay Nietfeld/dpa)
Die AfD versucht, politische Niederlagen immer wieder vor Gericht zu kompensieren. Das hat bisher nicht geklappt, analysiert Joachim Wagner eindrucksvoll. Aber was würde politisch helfen gegen die Rechtsextremisten?
Rezension von Robert Probst
Jens Spahn und einige Mitstreiter zündeln an der Brandmauer herum, während andere behaupten, es gäbe – zumindest in Ostdeutschland – schon längst keine Brandmauer mehr. Einmal mehr wird derzeit in allen Talkshows die Frage ventiliert: Ist die AfD eine normale Partei, und wie normal soll man demzufolge mit ihr umgehen? Die Argumente drehen sich oft im Kreis, und die AfD selbst muss gar nichts tun und erfreut sich an den Umfrageergebnissen. Wer einmal harte Fakten brauchen sollte, kann nun beim Publizisten und Juristen Joachim Wagner nachlesen, dass die AfD eben in keiner Weise eine normale Partei ist.
Wo die AfD nämlich politisch nicht weiterkommt – und das ist momentan noch sehr oft der Fall –, bemüht sie in ausufernder Weise die Gerichte. Wagner, früher bekannt als Moderator der ARD-Sendung „Panorama“, hat sich die Mühe gemacht, mehr als 150 Urteile zu AfD-Gerichtsverfahren durchzuackern. Die Erkenntnis: „Noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik hat eine Minderheitenpartei so viele Klagen so gezielt als politisches Kampfinstrument eingesetzt wie die Rechtsaußenpartei.“ Und diese Instrumentalisierung hat ihren Preis: Die Arbeitsfähigkeit der Gerichte kommt immer näher an ihre Grenzen.
Mehr als 80 Prozent der Klagen erfolglos
Im Grunde ist diese ganze gehaltvolle Analyse der wohl bisher umfangreichste juristische Kommentar zum Politikstil der AfD und zum Umgang der anderen Parteien mit diesen Demokratiefeinden. Diskutiert wird das Parteienverbot, die Arbeit der Verfassungsschutzämter bis hin zum parlamentarischen Alltag mit der ewigen Frage: Welche Posten dürfen die AfD-Politiker kriegen und welche nicht. Klar wird dabei, dass die AfD sehr konsequent politische Niederlagen vor Gericht in Siege umwandeln möchte; bisher hat das weder in den Ländern noch vor dem Bundesverfassungsgericht auch nur ansatzweise geklappt. In Karlsruhe waren 80 Prozent der 51 Klagen erfolglos; in den Ländern 86 Prozent von 151 eingereichten Klagen. Der Rechtsweg hat sich also bisher für Partei und Fraktionen nicht ausgezahlt – wenngleich Wagner durchaus überraschend deutlich abweichende Entscheidungen in unterschiedlichen Bundesländern aufzuführen weiß. „Wehrhafter Rechtsstaat und Justiz haben den Stresstest AfD im Großen und Ganzen bestanden.“ Die Justiz ließ sich bisher nicht als „Hebel zum Machtgewinn“ missbrauchen.
Joachim Wagner: Stresstest AfD. Wehrhafte Demokratie und Rechtsextremismus. Berliner Wissenschaftsverlag, Berlin 2025. 256 Seiten, 29 Euro.
(Foto: Steiner-Verlag)
Doch was heißt das nun konkret für die anderen Parteien? Das Buch entstand noch vor der Bundestagswahl, darum bezieht sich Wagner sehr oft auf das erfolgreiche Abschneiden der AfD in Ostdeutschland 2024. Zentral ist in seiner Analyse das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster zur Einstufung der AfD durch den Verfassungsschutz vom 13. Mai 2024. Hieraus leitet er ein hohes Risiko für ein mögliches Verbotsverfahren gegen die Partei ab und zitiert aus der Pressemitteilung des OVG: „Was für einen Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen ausreicht, führt nicht zwangsläufig zur Annahme einer erwiesen extremistischen Bestrebung.“ Wagner ist hier auf einer Linie mit dem Ex-Verfassungsrichter Peter Müller, den er immer wieder ausgiebig zitiert. Für die, die dennoch ein Verbot fordern, hat Wagner ein hartes Urteil parat: Für ihn sind die Forderungen lediglich eine „Ersatzstrategie“ aus politischer „Hilf- und Ratlosigkeit“.
Und die Sache mit den Posten im Parlament? Auch hier geht Wagner in die Tiefe und schaut auf die Entwicklung seit 2017, denn am Anfang hatte die AfD ja auch Ausschussvorsitze im Bundestag. Seiner Meinung nach gibt es bisher keine empirischen Indizien, dass die seit 2021 gewählte „Ächtungsstrategie“ (keine Vizepräsidentenposten, keine Ausschussvorsitze) im Bundestag wirkt. Den Befürwortern der Isolierungspolitik sei noch immer nicht klar geworden, dass sie damit die Opfererzählung der AfD fördern würden. In den Ländern ist ohnehin alles komplizierter, da gibt es alles – AfDler in sensiblen Ausschüssen, harte Ablehnung mit Dutzenden Wahlgängen und sogar Blockaden ganzer Gremien über Jahre.
Welche Strategie hat bisher gewirkt? Keine
Wagners unerquickliches Fazit: Bis auf die kurze Zeit nach der Correctiv-Recherche und den Großdemonstrationen gegen „Remigrations“-Pläne habe bisher keine politische Strategie gegen die AfD Erfolg gehabt. Doch wie misst er diesen Erfolg? Sein einziger Indikator sind dabei die Wahl- und Umfrageergebnisse. Die Lektüre der nüchternen Analyse – etwa auch über Stiftungsfinanzierung, Waffenrecht und Rechts-außen-Spieler im FC Bundestag – bringt aber genügend Erkenntnisse und schafft eine breite Faktenbasis dafür, dass die Justiz nicht auf Dauer der Schiedsrichter im Duell mit der AfD sein kann. Schlussfolgern kann man aus den Urteilen aber auch anderes als Wagner.
Etwas unvermittelt kommt dann nämlich auf der letzten Seite noch der Rat, was wirklich helfen könnte: die illegale Migration in den Griff kriegen und das individuelle Asylrecht im nationalen und europäischen Recht abschaffen. Jens Spahn dürfte das gern hören.
Maxim Biller zur AfD
:Demokratie und Notwehr
Soll man die AfD verbieten? Der Schriftsteller Maxim Biller findet, es gab schon kompliziertere Fragen.
Ein Essay von Maxim Biller
Lesen Sie mehr zum Thema
https://www.sueddeutsche.de


Brandenburg
Neue Skinhead-Bewegung beschäftigt Verfassungsschutz

Do 10.04.25 | 14:05 Uhr
Schwarze Springerstiefel mit weißen Schnürsenkeln.
Video: rbb24 Bradenburg Aktuell | 10.04.2025 | Holger Brandenbusch | Bild: Christoph Reichwein/dpa
Der Brandenburger Verfassungsschutz hat eine neue Neonazi-Bewegung im Visier: Die Anhänger seien sehr jung und erinnerten stark an die Skinhead-Bewegung der 90er-Jahre, sagte Verfassungsschutzchef Jörg Müller der Deutschen Presse-Agentur.
Solche erst 14 oder 15 Jahre alten Neonazis hätten im vergangenen Jahr beispielsweise gegen Christopher Street Days (CSD) demonstriert.
Die Beratungsstelle Opferperspektive sprach nach Angriffen auf Jugendclubs in Spremberg und Senftenberg sowie einer schweren Brandstiftung in Altdöbern von einer neuen rechten Jugendkultur mit hohem Gewaltpotenzial.
Blick in das Kulturhaus nach dem Brand (Foto: rbb/Fösch)
rbb/Fösch
Großbrand im Oktober
Kulturhaus Altdöbern wurde möglicherweise durch rechtsextreme Jugendliche angezündet
Gewaltbereit und antisemitisch
Müller sprach von "gewaltbereiten, subkulturellen Nationalsozialisten". Ein Massenphänomen sei dies bislang nicht, es handele sich um Gruppen in zweistelliger Größe. Dazu zählten Gruppen wie "Jung und stark", "Letzte Verteidigungswelle" oder die Jugendbewegung der Partei "Der Dritte Weg".
Ihre Feindbilder seien Homosexuelle, Migranten, linke Gruppen und Pädophile. Zudem gebe es eine antisemitische Ausrichtung. Ihr militantes Auftreten mit Glatzen, Bomberjacken und Schnürstiefeln mache "ganz starke Anleihen an den Neonationalsozialismus", so der Verfassungsschutzchef.
Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 10.04.2025, 19:30 Uhr
https://www.rbb24.de/



Update Rechtsextreme No-Go-Areas im Berliner Osten: „White Power“ von der Anklagebank

Mehr als drei Jahre muss der Anführer einer Berliner Neonazi-Gruppierung hinter Gitter. Eines seiner Gewaltopfer bricht beim Prozess in Tränen aus. Die Nebenklage spricht von „rechtsextremer Raumnahme“ im Osten der Stadt.
Von Julius Geiler
09.04.2025, 15:02 Uhr | Update: 09.04.2025, 17:12 Uhr
Irgendwann kann er nicht mehr. Es ist der zweite Prozesstag im ehrwürdigen Saal 500 des Berliner Landgerichts, als der erwachsene Mann, der kurz zuvor auf dem Zeugenstuhl Platz nahm, in Tränen ausbricht. „Es hat meinen Alltag massiv beeinflusst. Ich habe Panikattacken, massive Angst, ich traue mich nicht mehr nach Hause“, sagt der 42-Jährige. Dann unterbricht die Richterin, die Worte des Zeugen sind vor lauter Schluchzen fast nicht mehr zu verstehen.
Derjenige, der für das Leid des sichtlich mitgenommen Zeugen verantwortlich ist, sitzt ein paar Meter gegenüber in einem Glaskasten. Julian M. verbringt sein Leben seit Oktober in U-Haft. Es werden nicht die letzten Monate hinter Gittern sein. Am Mittwochmittag spricht das Gericht den Rechtsextremisten wegen verschiedener Gewalttaten schuldig. Drei Jahre und drei Monate Haft für den Anführer des Berliner Ablegers der rechtsextremen Truppe „Deutsche Jugend Voran“.
Das Verfahren vor dem Landgericht ist vor allem eine Premiere. Das erste Mal überhaupt wird dem Milieu der neu gegründeten Neonazi-Jugendgruppen der Prozess gemacht. Nach der Verurteilung des Julian M. dürften weitere Verfahren folgen. Ob in Berlin, Halle oder Dresden. Mitglieder von Organisation wie „Jung und Stark“, „Deutsche Jugend Zuerst“ oder „Elblandrevolte“ hinterließen in den vergangenen Monaten eine Spur der Gewalt im Land, die Opfer meist politische Gegner.
So auch im Fall Julian M. Im September 2024 überfiel er mit mehreren Kameraden den 42-Jährigen, der sich nun nicht mehr nach Hause traut. Dieser trug ein T-Shirt der Antifa. Die Rechtsextremen wurden in einem Supermarkt in Marzahn auf ihn aufmerksam. Dann umzingelten sie ihn, schlugen auf ihn ein und forderten sein Kleidungsstück.
„Ich habe dann mein Shirt ausgezogen, um nicht noch im Krankenhaus zu landen“, sagt der Mann vor Gericht. Sein Leben habe sich seitdem grundlegend verändert. In der Dunkelheit traue er sich kaum noch nach draußen. „Ich versuche mich dann mit Musik auf meinen Kopfhörern abzulenken“, erklärt er mit zittriger Stimme.
Der Angeklagte Julian M. mit seinem Anwalt Mirko Röder. © Bearbeitung Tagesspiegel/Katia Vásquez Pacheco
Auch ein weiteres Gewaltopfer des Rechtsextremisten berichtet von heftigen Konsequenzen. Im Oktober überfiel eine größere Gruppe vermummter Neonazis um M. den 29-Jährigen nach einer rechtsextremen Demonstration in Berlin-Marzahn in einem Waggon der S7. Auch hier war es ein Antifa-Symbol an der Kleidung des Geschädigten, das die Gewalttäter provozierte.
Sie traten und schlugen auf ihn ein, auch als er schon auf dem Boden lag. Die Staatsanwaltschaft spricht in ihrem Plädoyer von „potenzieller Lebensgefahr“. Das Opfer des Exzesses sagt vor der Kammer, er fühle sich in der Gegend seitdem nicht mehr sicher. Der Anwalt der Nebenklage nennt es eine Art rechtsextreme Raumnahme im Berliner Osten. Das Ziel der Neonazis um M. sei dabei aufgegangen. Politische Gegner nachhaltig zu schädigen, ihnen Angst zu machen, sie in die Panik zu treiben.
Keine Abkehr von der Ideologie
Die Gewalt bereue er, erklärte Julian M. gleich am ersten Prozesstag im März. Mehrmals bat er bei seinen Opfern um Entschuldigung. Dazu gehören zwei weitere Personen aus dem Bekanntenkreis, die der 24-jährige M. ebenfalls bedrohte. Ob die sechs Monate in der U-Haft etwas an seiner politischen Einstellung geändert haben, will die Richterin von ihm wissen. M. überlegt lange, kaut dabei Kaugummi. „Nein“, antwortet er dann. Die „Deutsche Jugend Voran“ sei schließlich auch sein „privater Freundeskreis“.
Er stehe weiterhin zu den politischen Zielen der „DJV“, „nur eben nicht mit Gewalt“, sagt M. Mehrmals zeigt er aus dem Glaskasten das sogenannte „White Power“-Zeichen in Richtung des Zuschauerraums. Die rassistische Geste steht für die vermeintliche Überlegenheit der weißen Rasse. Unter den Besuchern wird das Symbol feixend aufgenommen.
Mehr zu dem Prozess:
„Sie haben ja ein bisschen Zeit in der JVA“ Berliner Rechtsextremist gesteht vor Gericht
Schläge, Tritte, Scheinhinrichtung Anführer einer jungen Neonazi-Truppe aus Berlin vor Gericht
Gewalt, Erpressung, Waffen Razzia gegen Neonazis – einer hatte Zugang zu einem Polizeigebäude in Berlin
Junge Neonazis begleiten den Prozess. Es sind „Deutsche Jugend Voran“-Mitglieder aus Berlin, aber auch angereiste Mitstreiter aus Chemnitz und Halle. Eine junge Frau trägt eine tätowierte „444“ auf dem Hals, der Code steht für die Parole „Deutschland den Deutschen“. Ein anderer die „44“, Chiffre für eine Sondereinheit der SS.
Nach der Urteilsverkündung pilgern sie geschlossen vom Gericht zum großen Tor der Justizvollzugsanstalt Moabit. Bis Haftantritt ist Julian M. erstmal wieder auf freiem Fuß, vor der JVA wollen sie ihn willkommen heißen. Er ist schließlich weiterhin einer von ihnen. (Mitarbeit: Dominik Lenze)
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Rechtsterrorismus
Sächsische Neonazis mit österreichischen Wurzeln

Die »Sächsischen Separatisten« bereiteten sich in Ostdeutschland mutmaßlich auf einen Umsturz vor. Ihr Anführer kommt aus einer bekannten österreichischen Familie mit Naziverbindungen.
Ein Podcast von Margit Ehrenhöfer und Lucia Heisterkamp
05.04.2025, 17.37 Uhr
Mitten im Wald in Sachsen, knapp zwölf Kilometer östlich von Leipzig, liegt ein verlassener Flugplatz. Dort stehen alte Bauruinen, verfallene Bunker und Kasernen mit kaputten Fenstern und Graffiti an den Wänden. Im Nationalsozialismus hat die Wehrmacht hier Kampfflugzeuge stationiert. Jahrzehnte später trainierten an derselben Stelle Neonazis. Die »Sächsischen Separatisten«, so nennen sie sich selbst.
Sie bereiteten sich auf einen gewaltsamen Umsturz in Teilen Ostdeutschlands vor, wollten dort einen NS-Staat errichten. Im November 2024 wurden acht Mitglieder der militanten Gruppe festgenommen. Ihr mutmaßlicher Anführer heißt Jörg Schimanek, ist 24 Jahre alt. Er kommt aus einer bekannten österreichischen Familie mit Hang zum Rechtsextremismus und guten Verbindungen zur rechtsradikalen FPÖ.
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Razzia gegen die »Sächsischen Separatisten« Foto: Rene Priebe / dpa
Schon sein Vater, Hans Jörg Schimanek, schloss sich in jungen Jahren in Österreich einer paramilitärischen Organisation an, der sogenannten »Volkstreuen Außerparlamentarischen Opposition«, kurz VAPO. Er saß mehrere Jahre wegen NS-Wiederbetätigung im Gefängnis und wanderte später nach Sachsen aus. Laut Ermittlungsakten nutzten die »Sächsischen Separatisten« das Netzwerk des Vaters und seine Kontakte zu österreichischen Rechtsextremen. Der Onkel, René Schimanek, ist indes langjähriger FPÖ-Politiker und war bis zuletzt Büroleiter des Nationalratspräsidenten Walter Rosenkranz. Seinen Hauptwohnsitz hatte er bis Ende vergangenen Jahres in einem Forsthaus in Niederösterreich gemeldet, wo bei einer Großrazzia gegen Mitglieder der »Sächsischen Separatisten« unter anderem 30 Kilogramm Munition sichergestellt wurde.
In dieser Folge von »Inside Austria« beschäftigen wir uns mit den »Sächsischen Separatisten« und ihren Wurzeln in Österreich. Wir zeigen, wie der Anführer der militanten Gruppe die Nazi-Ideologie seines Vaters fortführte. Und wir fragen, wie sehr die Gefahr durch rechtsextreme Zellen zunimmt.
Die Österreich-Connection der »Sächsischen Separatisten«
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Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs zur Neutralitätspflicht
Kein Verfassungsbruch - AfD scheitert mit Klage gegen Dreyer

02.04.2025, 16:09 Uhr
Gernot Ludwig ist Autor bei SWR Aktuell Rheinland-Pfalz und landespolitischer Korrespondent
Die frühere Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) hat die AfD in ihrer Eigenschaft als Regierungschefin kritisieren dürfen. Laut einem Urteil des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz hat Dreyer nicht gegen das Neutralitätsgebot der Verfassung verstoßen.
Dreyer hatte Anfang vergangenen Jahres auf der Internetseite und in den Social-Media-Kanälen der Landesregierung die AfD kritisiert. Dreyer sagte unter anderem: "Die Politik der AfD und ihrer rechtsextremen Netzwerke macht ganz vielen Menschen in Deutschland Angst. Das dulden wir nicht." Die AfD sah darin einen Verstoß gegen das Neutralitätsgebot (Artikel 21 des Grundgesetzes), das Regierungsmitglieder zwingt, sich gegenüber anderen Parteien neutral zu verhalten.
Den Verstoß gegen das Neutralitätsgebot sieht auch das Gericht, wertet Dreyers AfD-Kritik aber trotzdem als gerechtfertigt. Denn Dreyer habe die AfD nachvollziehbar als verfassungsfeindlich eingeschätzt. Insofern habe Dreyer mit ihrer Kritik an der AfD die Verfassung verteidigt und das sei rechtens. Zudem enthielt Dreyers Kritik keine diffamierenden oder gezielt diskriminierenden Wertungen, so das Gericht.
AfD gegen Dreyer- Verfassungsgerichtshof sieht keinen Verfassungsbruch
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Herbe Niederlage für die AfD
Mit diesem Urteil verlässt das Landesverfassungsgericht die bislang strenge Linie des Bundesverfassungsgerichts. Das hatte Kritik von Regierungsmitgliedern an der AfD stets als verfassungswidrig abgeurteilt.
Für die AfD ist die Entscheidung eine herbe Niederlage. Sie hatte vergleichbare Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht unter anderen gegen die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) immer gewonnen und konnte davon ausgehen, auch die Klage gegen Dreyer zu gewinnen.
Urteil könnte politische Auseinandersetzung mit AfD verändern
Darüber hinaus könnte das Urteil auch die politische Auseinandersetzung mit der AfD verändern. Denn nachdem nun ein Verfassungsgericht beschrieben hat, unter welchen Bedingungen auch Amtsträger die AfD kritisieren können, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass bundesweit Politiker diesen neuen Freiraum austesten. Sprich: Die AfD muss wohl verstärkt mit Kritik auch von Amtsträgern rechnen.
Ein starkes Signal für unsere Demokratie
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Dreyer sieht sich bestätigt - AfD sieht "gefährlichen Präzedenzfall"
Dreyer begrüßte die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs. Ihr Anliegen sei stets: "[...] der Kampf für unsere Demokratie und gegen Verfassungsfeinde [...]" gewesen und sei das auch jetzt noch. Mit der Entscheidung gebe es jetzt neue Leitlinien, an denen man sich in Zukunft orientieren könne.
Der rheinland-pfälzische AfD-Vorsitzende Jan Bollinger sprach in einer ersten Reaktion von einem gefährlichen Präzedenzfall. Der Richterspruch öffne dem Missbrauch durch Regierungen, die auch parteipolitische Interessen hätten, Tür und Tor.
Weitere Klage gegen Ministerpräsident Schweitzer
Beim Landesverfassungsgericht in Rheinland-Pfalz gibt es seit kurzem eine weitere Klage wegen eines Verstoßes gegen die Neutralitätspflicht. Sie stammt von der CDU-Opposition und richtet sich gegen den amtierenden Ministerpräsidenten Alexander Schweitzer (SPD).
Ende Januar hatte die Union im Bundestag beim Thema Migration einen Antrag eingereicht, der nur mit Zustimmung der AfD eine Mehrheit erreichen konnte. Schweitzer hatte sich anschließend über das Internetportal und die Social-Media-Kanäle der Landesregierung kritisch zur CDU geäußert.
Schweitzer sagte unter anderem: "Umso beunruhigender ist es, wenn eine demokratische Partei sich eine Mehrheit sucht mit der in Teilen rechtsextremen AfD. Sie verlässt damit die demokratische Mitte." Die CDU-Landtagsfraktion sieht darin einen Verstoß gegen das Neutralitätsgebot und reichte im Februar beim Verfassungsgerichtshof Klage ein.
Malu Dreyer blieb eine Verurteilung erspart, weil das Gericht ihre Argumentation nachvollziehbar fand, dass die AfD verfassungsfeindlich ist und es ihr darum ging, die Verfassung zu verteidigen. Der Staatsrechtler Joachim Wieland von der Universität Speyer sagte dem SWR, das Argument vom Schutz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung vor einer verfassungsfeindlichen Partei stehe Schweitzer nicht zur Verfügung.
Die Staatskanzlei hatte die umstrittenen Online-Veröffentlichungen Schweitzers zurückgezogen. Wann die Klage verhandelt wird, ist noch unklar.
Sendung vom
Mi., 2.4.2025 16:00 Uhr, SWR Aktuell Rheinland-Pfalz, SWR RP
https://www.swr.de/


Doppelt so viele rechtsextreme Straftaten in Dortmund: „Demokratische Mitte ist löchrig geworden“

Stand:02.04.2025, 14:05 Uhr
Von: Annika Ketzler
Rechtsextremistische Straftaten sind 2024 in NRW gestiegen. In Dortmund haben diese sich nahezu verdoppelt. Der Polizeipräsident reagiert besorgt.
Dortmund - Einmal im Jahr wird die Kriminalstatistik für Nordrhein-Westfalen veröffentlicht. Mord, Totschlag, Raub, Körperverletzung und Sexualstraftaten – trotz leicht gesunkener Zahlen in ganz NRW begehen immer noch viele Menschen schwere Strafdelikte. Die Polizei Dortmund hat nun eine Statistik für Verbrechen in der Ruhrgebietsstadt veröffentlicht. Dabei wird deutlich: Die Zahl der rechtsextremistisch motivierten Straftaten (PMK Rechts) in Dortmund hat sich im Vergleich der Jahre 2023 und 2024 nahezu verdoppelt.
Doppelt so viele rechtsextreme Straftaten in Dortmund: „Demokratische Mitte ist löchrig geworden“
Zwar ist die Kriminalitätsrate in Nordrhein-Westfalen insgesamt gesunken, schaut man sich die Zahlen der rechtsextremistischen Straftaten in NRW an, sind diese auf Landesebene aber gestiegen. „2024 wurden in NRW so viele rechtsextreme Straftaten angezeigt wie noch nie seit Einführung des Erfassungssystems für politisch motivierte Straftaten im Jahr 2001“, schreiben die Grünen des Landtags NRW.
In 78 Prozent der Fälle handelte es sich, so die Landesregierung NRW, um Propagandadelikte und Volksverhetzung. Dabei sind laut einer Auswertung, die die Grünen aufführen, die folgenden Straftaten 2024 gestiegen:

  • Antisemitische Straftaten: von 547 auf 695 (27 Prozent)
  • Islamfeindliche Straftaten: von 269 auf 338 (26 Prozent)
  • Flüchtlingsfeindliche Straftaten: von 258 auf 279 (8 Prozent)
  • Antiziganistische Straftaten: von 22 auf 30 (36 Prozent)
  • Queerfeindliche Straftaten: von 121 auf 203 (68 Prozent)

„Uns Grünen ist es klar, aber es muss ein Ruck durch die gesamte Gesellschaft gehen: Unsere Demokratie ist in Gefahr“, teilen die Grünen mit.
Rechtsextremismus: „Bedrohung für unsere Demokratie“
Auch Minister Herbert Reul (CDU) erklärt dazu: „Der Rechtsextremismus bleibt die größte Bedrohung für unsere Demokratie“. Er betont unter anderem, dass die rechtsextremistische Szene „jünger und moderner“ geworden ist – und eine Radikalisierung auch immer weiter online stattfindet. „Dem dürfen wir keinen Raum geben. Der Verfassungsschutz hat diese Entwicklungen fest im Blick“, so der Innenminister.
Polizisten aus NRW führen einen Teilnehmer einer rechtsextremen Versammlung ab (Symbolbild) . © picture alliance/dpa | Sebastian Willnow
Die Polizei Dortmund verzeichnet im vergangenen Jahr 295 rechtsextreme Delikte. In der Mitteilung der Polizei stellen die Beamten klar, dass die meisten dieser Straftaten allerdings nicht auf eine Szene im Stadtteil Dorstfeld zurückzuführen sind. „Die meisten politisch rechts motivierten Straftaten im Jahr 2024 begingen Menschen aus der gesamten Breite der Gesellschaft, die zuvor nicht wegen rechtsextremistischen Straftaten aufgefallen sind“, stellt Dortmunds Polizeipräsident Gregor Lange klar.
Von den 295 rechtsextremistischen Straftaten seien 53 dem Bereich Dorstfeld zuzuordnen. Lange bewertet die aktuelle Lage wie folgt: „Die demokratische Mitte ist in einem aufgeheizten Klima löchrig geworden. Mit Blick auf die Taten und Zahlen beobachte ich mit Sorge eine Entgrenzung in unserer Gesellschaft“. Bei den meisten Taten stadtweit soll es sich um Propaganda-Delikte und Volksverhetzung (insgesamt 239 Taten) sowie in zehn Fällen um Körperverletzungen handeln.
Online-Ermittlungen durch Polizei Dortmund
Und auch die von Reul aufgeführte Verlagerung der Rechtsextremen in die Online-Welt ist in Dortmund Thema. Nicht nur auf den Straßen, sondern auch im digitalen Raum ist der Druck der Strafverfolgung, so die Polizei, erheblich. Der Staatsschutz der Dortmunder Polizei führt Online-Ermittlungen durch, um Strafverfahren in die Wege zu leiten. Diese Maßnahmen beeinflussen ebenfalls die Entwicklung der Fallzahlen. Eine Übersicht der Zahlen der PMK Rechts in Dortmund von 2015 bis 2024:

  • 2015: 424 (Gewalt: 49)
  • 2016: 306 (Gewalt: 36)
  • 2017: 188 (Gewalt: 14)
  • 2018: 253 (Gewalt: 31)
  • 2019: 189 (Gewalt: 10)
  • 2020: 203 (Gewalt: 13)
  • 2021: 183 (Gewalt: 7)
  • 2022: 148 (Gewalt: 4)
  • 2023: 150 (Gewalt: 5)
  • 2024: 295 (Gewalt: 10)

Auch die Zahlen der Straftaten der Clankriminalität sind gestiegen. Im Fokus steht nicht nur das Ruhrgebiet.
https://www.wa.de/


Rechtsextreme Symbolik
Die Lieblingsblumen der AfD

Ein AfD-Abgeordneter trug im Bundestag eine blaue Blume am Revers. Das erinnert an die Nazis in Österreich. Ein Historiker spricht von „NS-Symbolik“.
01.04.2025
AfD-Politiker:innen machen ein Gruppenbild im Bundestag.
Gruppenbild mit Blume: AfD-Politiker:innen bei der konstituierenden Sitzung des Bundestags am 25. März
Foto: Fabrizio Bensch/reuters
Gareth Joswig
Von Gareth Joswig
Berlin taz | Es ist ein Belegbild für die Radikalisierung der neuen AfD-Fraktion im Bundestag: Der Fraktionschef Tino Chrupalla grinst beim Gruppenfoto im Plenarsaal breit in die Kamera, um ihn herum stehen die neuen Abgeordneten aus Thüringen, Robert Teske und Torben Braga, beide enge Vertraute von Björn Höcke, dem rechtsextremen AfD-Chef aus Thüringen. Das Bild hat es aber nicht nur wegen des demonstrativen Schulterschlusses in sich, sondern auch wegen einer kleinen Blüte: Braga trug bei der konstituierenden Sitzung eine blaue Blume am Revers seines Anzugs.
Der Historiker und KZ-Gedenkstättenleiter Jens-Christian Wagner sieht darin eine bewusste positive Bezugnahme auf den Nationalsozialismus: „Die blaue Kornblume war Symbol der antisemitischen Schönerer-Bewegung und in den 1930er Jahren in Österreich Erkennungszeichen der verbotenen NSDAP“, sagte er der taz. Seit etwa zehn Jahren provozierten rechtsextreme Politiker immer wieder mit dem Tragen von blauen Stoffblumen, so etwa die gesamte FPÖ-Fraktion in der konstituierenden Sitzung des Nationalrats 2013 oder auch der Berliner Abgeordnete Andreas Wild 2018. Braga habe sich mit der blauen Blume am Revers als „NSDAP-Anhänger“ geoutet und damit Antisemitismus, Rechtsextremismus und NS-Verherrlichung zum Ausdruck gebracht.
Auf taz-Anfrage antwortete Braga schriftlich, dass es sich bei der Blume an seinem Revers nicht um eine Kornblume handele. Es sei „völlig absurd“, ihm zu unterstellen, dass er sich positiv auf die NSDAP beziehe. Auf die Nachfrage, um was für eine blaue Blume sich es dann gehandelt habe und warum er sie trug, antwortete Braga nicht mehr.
Stattdessen postete er einen Screenshot der taz-Anfrage auf X nebst ein paar wüsten Beschimpfungen in Richtung des KZ-Gedenkstättenleiters Wagner, dessen zunächst online geäußerte Kritik er als „Psychose eines Wahnsinnigen“ abtat, mit der er sich nun herumschlagen müsse.
Erst Provokation, dann Opferrolle
Wagner ordnet das auf taz-Anfrage so ein: „Mit seiner Antwort spielt Braga das übliche Spiel der AfD: Erst begeht man mit positiven Bezügen zum Nationalsozialismus einen Tabubruch, und wenn es dann berechtigte Kritik gibt, stellt man sich dumm und inszeniert sich als Opfer angeblicher Diffamierung.“ Er sei sich aber sicher, dass Braga wusste, was er tat, sagt der Historiker: „Im rechtsextremen und neurechten Milieu ist man sich der NS-Symbolik der Kornblume sehr bewusst.“
Es sei dasselbe Muster, das sein Parteichef Höcke bediente, als er sich vor Gericht habe herausreden wollen, dass er nicht wusste, dass die Parole „Alles für Deutschland“ der Leitspruch der SA gewesen sei. „Dahinter steckt System: Ins eigene rechtsextreme Lager sendet man deutliche NS-verherrlichende Signale, die so auch verstanden werden, und gegenüber der Öffentlichkeit verkauft man sich als Opfer ungerechtfertigter Kritik.“
Tatsächlich ist es nicht das erste Mal, dass ein AfD-Politiker mit dieser Symbolik spielt: Im Berliner Abgeordnetenhaus hat der AfD-Abgeordnete Andreas Wild für eine blaue Blume am Revers mehrere Ordnungsrufe bekommen, nachdem er die Kornblume bei einem Gedenkmarsch und im Plenarsaal getragen hatte. Wild ging juristisch gegen die Ordnungsrufe vor, behauptete, dass er keine Kornblume getragen habe, sondern nur eine blaue Stoffblume, die einer Lilie nachempfunden sei. Das Landesverfassungsgericht sah den Ordnungsruf dennoch als gerechtfertigt an: „Der Präsident durfte das Tragen einer blauen Blume als bewusstes Tragen eines NSDAP-Symbols und Abzeichens der Schönerer-Bewegung verstehen“, teilte das Gericht mit.
Auch ein weiterer neuer Abgeordneter der AfD-Fraktion hat einen Hang zu Kornblumen: So prahlte der AfD-Abgeordnete Matthias Helferich unlängst in geleakten Chats damit, in seinem Garten die Pflanzen zu züchten. Er teilte Fotos der Blumen mit dem Text „geheimes Symbol der Nationalsozialisten während des Verbots in Österreich“. Er verbinde mit den Blumen „die Erschießung der österreichischen Staatsführung“.
Für Braga wäre es übrigens nicht das erste Mal, dass er sich positiv auf einen Faschisten bezieht: In seiner X-Bio zitiert er einen Satz des italienischen Proto-Faschisten Filippo Tommaso Marinetti aus dessen „Manifest des Futurismus“: „Schönheit gibt es nur noch im Kampf.“ In der AfD-Fraktion muss er mit dieser politischen Symbolik offenbar nicht gegen Widerstände ankämpfen – weder Tino Chrupalla noch seine Co-Fraktionschefin Alice Weidel wollen auf taz-Anfrage etwas zu Bragas blauer Blume am Revers sagen, geschweige denn ihn kritisieren.
https://taz.de/



Masterplan – Das Potsdamer Treffen und seine Folgen

Blick auf ein Gästehaus in Potsdam, in dem AfD-Politiker nach einem Bericht des Medienhauses Correctiv im November 2023 an einem Treffen teilgenommen haben sollen. Daran soll auch der bekannteste Vertreter der rechtsextremen Identitären Bewegung, Martin Sellner, teilgenommen haben. Blick auf ein Gästehaus in Potsdam, in dem AfD-Politiker nach einem Bericht des Medienhauses Correctiv im November 2023 an einem Treffen teilgenommen haben sollen. Daran soll auch der bekannteste Vertreter der rechtsextremen Identitären Bewegung, Martin Sellner, teilgenommen haben.  | Bild: picture alliance/dpa | Jens Kalaene

Im November 2023 fand im Landhaus Adlon in Potsdam ein Treffen statt, dessen Inhalt nicht an die Öffentlichkeit gelangen sollte. Im Januar veröffentlichte Correctiv eine Recherche dazu und löste damit eine Protestwelle aus. Mehr als drei Millionen Menschen gingen bundesweit auf die Straße, um ein deutliches Zeichen gegen fremdenfeindliche und rechte Tendenzen zu setzen. Der Dokumentarfilm widmet sich den Ereignissen hinter den verschlossenen Türen dieser Konferenz. Er rekonstruiert nicht nur die Hintergründe des Treffens, sondern auch die weitreichenden Folgen für den medialen Diskurs und die politische Entwicklung bis hin zur Bundestagswahl.
https://www.daserste.de/
Im November 2023 treffen sich rechte Vordenker, Politiker und Unternehmer im Landhaus Adlon in Potsdam hinter verschlossenen Türen. Wochen später veröffentlicht das Medienhaus Correctiv die brisanten Inhalte dieser Konferenz. Die Enthüllung schlägt Wellen. Deutschland diskutiert über ein Wort, das bis dahin kaum jemand kannte: "Remigration". Der preisgekrönte Dokumentarfilmer Volker Heise erzählt die Geschichte wie einen Politthriller faktenreich, packend, unaufgeregt. Er bringt die Stimmen derer zusammen, die Teil des Treffens waren, und derer, die es aufgedeckt haben.
https://www.ardmediathek.de/


Unfertiges AfD-Gutachten : Scharfe Kritik an Verzögerung durch den Verfassungsschutz

Das neue AfD-Gutachten wurde noch nicht vorgelegt, obwohl das Bundesamt es bereits fürs Vorjahr angekündigt hatte. Experten warnen, die Strategie der AfD gehe auf.
Von Sebastian Leber

31.03.2025, 18:07 Uhr
Die Nachricht, dass der Verfassungsschutz sein neues AfD-Gutachten bis heute nicht fertiggestellt hat, löst bei Bundespolitikern und Rechtsextremismus-Experten deutliche Kritik aus.
Der gerade aus dem Parlament ausgeschiedene CDU-Abgeordnete Marco Wanderwitz erklärt gegenüber dem Tagesspiegel, das neue Gutachten sei aus seiner Sicht „lange überfällig“.
Seit Beginn der Beobachtung als Verdachtsfall im Jahr 2021 habe sich die AfD weiter radikalisiert, zudem wurden bereits drei Landesverbände als gesichert rechtsextrem eingestuft seitens der entsprechenden Landesbehörden.
„Auf allen Ebenen waren bisher alle Einstufungen gerichtsfest“, sagt Wanderwitz. „Sorgfalt ja – aber es gibt auch die Pflicht, neue Erkenntnisse vorzulegen.“ Was man stattdessen seit Monaten sowohl vom Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) als auch vom Bundesinnenministerium höre, seien „immer neue Ausflüchte.“
Es sollte schon 2024 vorgelegt werden Das Verfassungsschutz-Gutachten zur AfD ist noch gar nicht fertig
Der Tagesspiegel hatte in seiner Montagsausgabe über die erneute Verzögerung bei der Fertigstellung des Gutachtens berichtet. Scharfe Worte findet für dieses Vorgehen auch Heidi Reichinnek, Fraktionschefin der Linken. Ihre Partei sei „sehr irritiert“ darüber, dass die Veröffentlichung des Gutachtens weiter auf sich warten lasse.
„Es galt vor Monaten bereits als fertig. Alle relevanten Informationen liegen längst vor.“ Der Verweis auf aktuelle Entwicklungen sei daher wenig plausibel: „Hier scheinen eher politische Gründe eine Rolle zu spielen, die aber für die Arbeit eines Verfassungsschutzes eigentlich nicht ins Gewicht fallen dürfen.“
Anderswo im Bundestag hört man dagegen, der Verfassungsschutz wolle offenbar das vor einer Weile fertiggestellte Gutachten noch einmal umschreiben, weil sich die Parteistruktur der AfD aktuell verändere. So beschloss die AfD auf einem Parteitag im Januar, sich von ihrer gesichert rechtsextremen Jugendorganisation Junge Alternative (JA) zu trennen und eine neue zu gründen, die direkt der Partei unterstellt sein soll. Daraufhin löste sich die JA an diesem Montag offiziell auf.
Grund für die Verschiebung sei angeblich die „Junge Alternative“
Beim Verfassungsschutz in Köln wolle man demnach offenbar beobachten, wie sich die neue Jugendorganisation der AfD entwickle – ob sich in ihr etwa einschlägig bekannte JA-Mitglieder engagieren werden. Ebenso im Fokus sei derzeit die neue AfD-Fraktion im Bundestag, in der auch der Rechtsextreme Matthias Helferich sitzen wird. Hierdurch könnten sich neue Argumente für ein Verbot der AfD ergeben.
Linken-Fraktionschefin Heidi Reichinnek ist von dieser Argumentation schwer irritiert. „Wer die letzten Monate für notwendig befindet, um zu einem gesicherten Bild über die AfD zu kommen, der hat offenbar die letzten Jahre verschlafen“, erklärt sie gegenüber dem Tagesspiegel. „Sowohl das Auftreten der AfD in den Parlamenten als auch auf der Straße und auf Social Media sprachen eine mehr als deutliche Sprache.“
Konstantin von Notz hält das Vorgehen des Bundesamts für nachvollziehbar
Anders sieht es der Leiter des parlamentarischen Kontrollgremiums der Geheimdienste, Konstantin von Notz. Der Grünen-Politiker kann das vorsichtige Vorgehen des Verfassungsschutzes nachvollziehen. „Aus meiner Wahrnehmung besteht große Einigkeit, dass, wenn man die AfD verbieten kann, dieses Instrument auch genutzt werden sollte“, sagt von Notz dem Tagesspiegel. Es gehe um eine komplexe verfassungsrechtliche Abwägung, die gut und sauber vorbereitet sein müsse.
Von Notz drängt deshalb nicht auf eine unmittelbare Vorlage des Verfassungsschutz-Gutachtens. „Angesichts der Dynamik der letzten Monate halte ich es für nachvollziehbar, dass das nicht von heute auf morgen umsetzbar ist.“ Er habe jedoch die klare Erwartung an Verfassungsschutz und Innenministerium, „dass hieran zügig und mit Nachdruck gearbeitet wird.“
Sollte sich bestätigen, dass sich das Gutachten verzögert, weil sich die AfD laufend weiter radikalisierte und das behördliche Tempo nicht mithalten könne, setzt das ein fatales Zeichen für die Wehrhaftigkeit unserer Demokratie: Die dauerhaften Tabubrüche der AfD werden damit honoriert statt sanktioniert.
Josef Holnburger, Geschäftsführer des Think Tanks „Cemas“
Ganz anderer Meinung sind hingegen Experten, die den Radikalisierungsprozess der AfD seit Jahren beobachten und analysieren. Josef Holnburger, Geschäftsführer des Think Tanks „Cemas“, sagt: „Sollte sich bestätigen, dass sich das Gutachten verzögert, weil sich die AfD laufend weiter radikalisierte und das behördliche Tempo nicht mithalten könne, setzt das ein fatales Zeichen für die Wehrhaftigkeit unserer Demokratie: Die dauerhaften Tabubrüche der AfD werden damit honoriert statt sanktioniert.“
Am Beispiel der USA sehe man, wie schnell eine Normalisierung des Rechtsextremismus voranschreiten könne. Die Taktik Steve Bannons, so viele Skandale und Tabubrüche zu produzieren, dass weder die Berichterstattung noch die Behörden dabei mitkämen, werde auch durch die AfD aufgegriffen. Längst vergessen schienen beispielsweise die Finanzierung und eindeutige Beeinflussung von EU-Spitzenkandidaten der AfD durch China und Russland.
„Es wirkt, als ob man für ein Gutachten weniger turbulente Zeiten abwarte“, sagt Holnburger. „Dabei sind es gerade Chaos und Krisen, von denen die AfD profitiert – und an deren Ende sie auch kein Interesse haben.“
Sollte die Beobachtung ausgebaut werden?
Holnburger findet es zwar „verständlich und richtig, dass die letzten Tabubrüche der AfD, insbesondere die Unterstützung durch Elon Musk, in einem Gutachten Berücksichtigung finden müssen“. Sollte die bisherige Bemühung bei der Gutachtenerstellung diesem Tempo nicht statt halten können, müssten die Bemühungen eben angepasst werden. Holnburger sagt: „Die Fraktion der AfD im Bundestag wurde größer – natürlich muss dann auch die Beobachtung der AfD ausgebaut werden; auch mit Rückgriff auf die zahlreichen Analysen und Beobachtungen der Zivilgesellschaft und Wissenschaft.“
Menschen sollten ein Recht darauf haben, solche Entscheidungen transparent nachvollziehen zu können.
Anna Biselli vom Recherche-Portal netzpolitik.org
Auch Anna Biselli vom Recherche-Portal netzpolitik.org hält eine erneute Verzögerung für nicht nachvollziehbar: „Solange die AfD als Partei agiert, wird es ständig neue Entwicklungen geben, die berücksichtigt werden könnten.“ Zudem fordert sie, dass das Gutachten – anders als bislang vorgesehen – nach seiner Fertigstellung auch der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden müsse, gerade weil es bei der Einstufung einer Partei um einen sehr sensiblen Vorgang in einer Demokratie gehe: „Menschen sollten ein Recht darauf haben, solche Entscheidungen transparent nachvollziehen zu können. Papiere wie dieses Gutachten sind wichtige Dokumente der Zeitgeschichte und müssen in die Öffentlichkeit.“
Das Ministerium will das Gutachten nicht der Öffentlichkeit zugänglich machen
Aus genau diesem Grund habe Netzpolitik auch die Vorgänger-Gutachten zur Einstufung als Prüffall aus dem Jahr 2019 und zur Einstufung als Verdachtsfall aus dem Jahr 2021 auf seiner Homepage veröffentlicht. „Ich würde mir wünschen, dass die Verantwortlichen das neue Gutachten von sich aus zugänglich machen“, sagt Anna Biselli. „Tun sie das nicht, liegt es wieder einmal an Journalist:innen, diese Informationen im öffentlichen Interesse bekanntzumachen.“
Eine Frau, die sich seit Jahren ausführlich mit der Arbeit des Verfassungsschutzes zum Thema Rechtsextremismus beschäftigt, ist die Thüringer Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss von der Linken. Sie gehörte unter anderem den NSU-Untersuchungsausschüssen des dortigen Landtags, der sich auch mit Kritik am Vorgehen des Verfassungsschutzes beschäftigte. Für ihre Aufklärungsarbeit über rechte Strukturen und Rechtsextremismus wurde sie vergangenen Herbst mit dem Max-Dortu-Preis ausgezeichnet.
Nichtveröffentlichung sei „sicherheitspolitisches Armutszeugnis“
„Die Veröffentlichung des Gutachtens zur AfD ist längst überfällig – und angesichts der eskalierenden rechten Gewalt in Deutschland dringlicher denn je“, erklärt König-Preuss gegenüber dem Tagesspiegel. „Dass der sogenannte Frühwarndienst Verfassungsschutz das längst angekündigte Gutachten zur AfD noch immer nicht veröffentlicht hat, ist ein sicherheitspolitisches Armutszeugnis.“ Die Behörde verfüge über mehr als 4200 Stellen und koste den Steuerzahler „jedes Jahr fast eine halbe Milliarde Euro – öffentliche Mittel, mit denen eine klare Verantwortung einhergeht.“ Wer die Demokratie schützen wolle, müsse handeln und nicht auf Zeit spielen.
„Wenn selbst Gerichte in mehreren Bundesländern die Verfassungsfeindlichkeit der AfD feststellen, gibt es keinen legitimen Grund mehr, das Gutachten weiter zurückzuhalten“, sagt König-Preuss. Es brauche jetzt „Klarheit, Konsequenz und den politischen Willen, Demokratiefeinde auch als solche zu benennen und zu handeln.“ Die Öffentlichkeit habe ein Recht auf Transparenz.
Mehrere Bundespolitiker äußern gegenüber dem Tagesspiegel zudem die starke Befürchtung, das Gutachten solle am Ende erst dann vorgelegt werden, wenn der Nachfolger des ehemaligen BfV-Präsidenten Thomas Haldenwang feststehe. Dieser war von seinem Amt zurückgetreten, weil er bei der zurückliegenden Wahl als Kandidat der CDU für den Bundestag kandidierte. Über die Frage der Nachbesetzung des Amts des BfV-Präsidenten wird jedoch erst nach Zustandekommen einer neuen Koalition entschieden werden, wie das Bundesinnenministerium auch bereits gegenüber dem ZDF angekündigt hat.
Jede weitere Verzögerung des Gutachtens sei nicht nur ärgerlich, sondern eine Gefahr für Leib und Leben, sagt Timo Reinfrank, geschäftsführender Vorstand der Amadeu Antonio Stiftung: „Solange die AfD nicht als das benannt wird, was sie längst ist – eine gesichert rechtsextreme Partei –, fühlen sich ihre Anhänger im Aufwind. Wer dieses Gutachten weiter verzögere, macht sich mitverantwortlich für Bedrohungen, Angriffe und die Normalisierung von Hass und Gewalt.
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„Viele Abgeordnete haben deutlich gemacht, dass ihre Haltung zu einem möglichen AfD-Verbotsverfahren maßgeblich von der Einschätzung des Verfassungsschutzes abhängt“, sagt Reinfrank. Wer hier weiter auf Zeit spiele, blockiere nicht nur die politische Debatte, sondern auch notwendige rechtliche Konsequenzen zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung.
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Update Insgesamt 29 Festnahmen: Polizisten von Neonazis nach rechtsextremer Demo in Berlin-Hellersdorf verletzt

Rund 250 Personen kamen am Samstag zu einem Aufzug der rechtsextremen Partei „Der Dritte Weg“ in Hellersdorf zusammen. Nach Ende der Demo griffen Neonazis Polizisten und Journalisten an.
Von Dominik LenzeLea Becker
30.03.2025, 18:45 Uhr
Bei einer Demonstration der rechtsextremen Kleinstpartei „Der Dritte Weg“ wurden am Samstag in Berlin-Hellersdorf 29 Personen festgenommen. Das geht aus einer Mitteilung der Polizei am Sonntag hervor. Auch nach dem Ende der Demonstration kam es zu Ausschreitungen: Teilnehmer des Aufzugs attackierten drei Pressevertreter und zwei Fällen auch Polizisten. Teilweise wurden diese mit Flaschen beworfen.
Die beiden Beamten wurden verletzt, konnten ihren Dienst jedoch fortsetzen. Bei allen Angriffen konnte die Polizei nach eigener Auskunft Tatverdächtige festnehmen.
Laut Polizeisprecher Florian Nath sei es zu „erheblichen Gewalttätigkeiten“ gegen die Polizeibeamten gekommen. Die Angriffe der Neonazis auf die Polizisten seien an einem U-Bahnhof sowie in der U-Bahn passiert. Die Polizei ermittele nun wegen Landfriedensbruchs, tätlichen Angriffs und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte.
Zu dem Aufzug der Neonazis am Samstagmittag waren überraschend viele Personen gekommen. Nach Polizeiangaben erschienen etwa 250 Versammlungsteilnehmer. Das sind mehr Menschen, als der „Dritte Weg“ in Berlin aktive Mitglieder haben dürfte.
Unter dem Motto „Unsere Alternative heißt Revolution!“, der Parole der Jugendorganisation „Nationalrevolutionäre Jugend“ (NRJ) der Partei, waren lediglich 70 Teilnehmer angemeldet worden. Anlass der Zusammenkunft war das zehnjährige Bestehen des sogenannten Stützpunktes Berlin-Brandenburg.
Für den Aufzug hatte die Partei offenbar deutschlandweit mobilisiert. Es seien Menschen aus fast allen Bundesländern angereist, sagte ein Sprecher der Polizei. Acht Demonstranten aus Dänemark seien wegen eines Hitlergrußes kontrolliert worden. Weitere vorläufige Festnahmen habe es wegen ähnlicher verbotener Symbole und Widerstandes gegeben. Auch bei den Gegendemonstranten aus linken Initiativen seien Verstöße festgestellt worden.
„Dass die Faschisten vom Dritten Weg sich ausgerechnet eine Route durch Hellersdorf herausgesucht haben, ist kein Zufall“, sagte Robin Schmitz, Sprecher des Gegenprotests. Viele Kader würden im Bezirk wohnen und sich dort sicher fühlen. „Sie treffen sich hier, um ungestört Graffiti zu sprühen, Kampfsport zu trainieren und Propagandavideos aufzunehmen.“
Parteichef Matthias Fischer hielt eine Rede vor seinen Kameraden. „Politik für Deutsche“ forderte der langjährige Rechtsextreme. „Ich bin mir sicher, dass wir viele Hellersdorfer heute erreichen“, meinte Fischer und rief: „Fürs Vaterland, fürs Volk, für die Heimat.“ Die in Parteikleidung uniformierten Demonstranten antworteten im Chor: „Bereit“. Dann stellten sich die Neonationalsozialisten zum Aufmarsch auf.
Die Parole: Bitte einheitlich brüllen
Der „Dritte Weg“ bemüht sich stets um ein strammes und diszipliniertes Auftreten. Deshalb ermahnte ein junger Mann seine Kameraden per Megafon, nicht durcheinander, sondern alle dieselben Slogans zu rufen. Die Erkenntnis: „Wenn wir alle was Verschiedenes brüllen, kommt beim Bürger nichts an.“ Ob dies gelang, ist fraglich, abgesehen von Presse und Gegenprotesten zog der Neonazi-Aufmarsch kaum Schaulustige an.
Mit Trommelschlägen, Transparenten und in einheitlicher Kleidung zogen die Neonazis los. Im Sprechchor wurde gerufen: „Europa, Jugend, Revolution“ und „Berlin, erwache“ – eine Abwandlung des NS-Slogans „Deutschland erwache“.
Eine auf den ersten Blick unerwartete Forderung der Neonazis: „Ernährungslehre und Sport zu Hauptfächern“. Der Hintergrund: In der Ideologie der Rechtsextremen vom „Dritten Weg“ ist ein gestählter Körper das Ideal.
Ein Demonstrant fordert „Ernährungslehre und Sport zu Hauptfächern“. ©

  • Dominik Lenze
  • Zur Selbstinszenierung der Partei gehört es, sich als „Kümmerer“ in sozialen Belangen zu verkaufen – und dies mit rechtsextremer Ideologie zu verbinden und Umsturzfantasien legitim erscheinen zu lassen. Am Samstag wurde dies an Slogans deutlich wie: „Überfremdung, Wohnungsnot, das System ist unser Tod“. Erik S., Anführer der Parteijugend NRJ, heizte den Teilnehmern via Mikrofon ein.
    Erik S., Anführer der Parteijugend NRJ. © Dominik Lenze
    Auch manche Frauen fühlten sich von dem militanten NS-Kult angesprochen: Auf einem Transparent, getragen von zwei Frauen, zeigte den Slogan: „Weiblichkeit statt Feminismus“.
    Auch Frauen sind bei dem Zug dabei. © Dominik Lenze
    Schon beim Startpunkt der Demonstration, auf der gegenüberliegenden Seite des Alice-Salomon-Platzes, hatten sich am frühen Nachmittag etwa genau so viele Gegendemonstrierende versammelt, wie Neonazis erschienen waren. „Und zwar, weil’s nötig ist“, sagte eine ältere Frau aus Hellersdorf.
    Es haben sich viele Gegendemonstrierende versammelt. © Dominik Lenze
    Dass die Neonazis, wie vom Parteichef, viele Hellersdorfer überzeugen können, glaubte sie nicht. „Aber man muss trotzdem gegen diese deutliche Provokation der Nazis auf die Straße gehen“, sagte sie.
    Auf dem Weg durch den Ortsteil im Nordosten Berlins gab es immer wieder kleinere Gruppen Gegenprotestierende. Ein Anwohner warf ein Ei aus dem Fenster, traf den Nazi-Aufmarsch jedoch nicht.
    Transparent von Gegendemonstrierenden. © Dominik Lenze
    Auf der Louis-Lewin-Straße wurden die Neonazis, die auf der Straße liefen, Schritt um Schritt von Gegenprotestierenden auf dem Gehweg begleitet. Die riefen im Chor „Haut ab“.
    Sie wollen die Zeit 80 Jahre zurückdrehen
    Kurz vor 16 Uhr endete die Demonstration wieder am Alice-Salomon-Platz. Julian Bender, Parteichef für NRW, erinnerte dort in einer Rede daran, wofür man sich heute versammelt habe: „80 Jahre sind mehr als genug“, sagte er unter Bezug auf das Ende der NS-Herrschaft. Die „Nationalrevolutionäre“ stünden „zum Abriss bereit“: „Worauf wollen wir noch warten?“.
    „Der Dritte Weg“ und ihre Jugendorganisation „Nationalrevolutionäre Jugend“ (NRJ) wünschen im Wesentlichen eine Rückkehr zum Nationalsozialismus oder, wie es die Kleinstpartei rechtssicher nennt: „Deutscher Sozialismus“.
    Zu ihren Aktivitäten gehören Fackelmärsche zu Ehren von NS-Verbrechern und vor allen Dingen: Kampfsport. Dieser dient nicht allein der Selbstertüchtigung: „Wir sagen ganz offen, dass wir gewaltbereit sind“, schreibt die NRJ über sich selbst in einer Art Handbuch. Man kämpfe „lieber mit dem Feind um die Straße als um Parlamentsposten“.
    Der letzte größere Aufzug der Partei führte am 3. Oktober 2020 durch Hohenschönhausen. Seitdem fielen Parteimitglieder vor allem durch Pöbeleien und Einschüchterungsversuche auf.
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    Im Sommer 2024 griffen offenbar Anhänger der NRJ eine Gruppe Linker und Polizisten am Ostkreuz an. Es folgten Razzien in Berlin und Brandenburg. (mit dpa)
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Mehr rechtsextreme Straftaten Auch im Kreis Recklinghausen hat sich die Zahl erhöht

29.03.2025
08:00 Uhr
Ansicht einer Neonazi-Demo, die durch Dortmund zieht.
© Stephan Schuetze
Die Zahl der rechtsextremen Straftaten in Recklinghausen hat sich 2024 mehr als verdoppelt. Auch im Kreis und in Bottrop gab es im vergangenen Jahr mehr Vorfälle.
Die Zahl rechtsextremistisch motivierter Kriminalität ist im Jahr 2024 im Kreis Recklinghausen und in der Stadt Bottrop deutlich angestiegen. Das erklärt Polizeisprecherin Annette Achenbach in einer aktuellen Pressemitteilung. „Insgesamt wurden im Zuständigkeitsbereich der Polizei Recklinghausen 300 rechts-motivierte Straftaten registriert“, schreibt Achenbach. Zum Vergleich: Im Jahr davor waren es noch 159 Taten. Die Zahl hat sich also fast verdoppelt. Den größten Anteil haben laut Polizei Propagandadelikte (174 Taten) und Volksverhetzung (49 Taten).
Rechtsextreme Straftaten Zahl in Recklinghausen hat sich 2024 mehr als verdoppelt
Recklinghausen Sicherheit & Kriminalität
Durch eine Abfrage der Grünen-Landtagsfraktion beim NRW-Innenministerium war kürzlich auch die Anzahl rechtsextremer Straftaten in der Stadt Recklinghausen bekannt geworden. Dort hatte sich die Zahl sogar mehr als verdoppelt, erhöhte sich von 19 Straftaten 2023, auf 44 im Jahr 2024.
Viele Taten würden mittlerweile vermehrt auch über die Zentrale Meldestelle für strafbare Inhalte im Internet (ZMI) gemeldet werden, wie Annette Achenbach betont. „Auffällig ist die Zunahme von Online-Propaganda, immer öfter werden soziale Medien genutzt, um gerade junge Menschen zu erreichen“, schreibt sie.
„Die Entwicklung ist besorgniserregend. Wir beobachten eine zunehmende Verbreitung rechtsextremen Gedankenguts, sowohl im öffentlichen Raum als auch in sozialen Netzwerken“, wird Polizeipräsidentin Friederike Zurhausen in der Pressemitteilung zitiert. „Hassbotschaften und rechte Symbole werden offenbar gezielt platziert, um Angst zu schüren. Wir werden nicht zulassen, dass Hass und Hetze unsere Gesellschaft vergiften.“ Als Gegenmaßnahme setze die Polizei weiter auf konsequente Strafverfolgung sowie auf Prävention. Außerdem appelliert die Behördenleiterin an die Bevölkerung: „Zeugen verdächtiger Aktivitäten werden gebeten, sich bei der Polizei zu melden. Nur gemeinsam können wir rechtsextremen Tendenzen entgegentreten“, so Zurhausen.
https://www.recklinghaeuser-zeitung.de/


Rechtsextremismus
Kulturhaus in Brandenburg vermutlich von jugendlichen Neonazis angezündet

Von Alexander Dinger, Ulrich Kraetzer, Lennart Pfahler
Veröffentlicht am 28.03.2025Lesedauer: 2 Minuten
Auch die Feuerwehr konnte das Kulturhaus im brandenburgischen Altdöbern nicht mehr retten (Symbolbild)
Quelle: Marijan Murat/dpa
Die Einrichtung „Kultberg“ im Ort Altdöbern brannte im Oktober vergangenen Jahres weitgehend aus. Zunächst schien ein technischer Defekt als Ursache wahrscheinlich zu sein. Nun aber stehen zwei 15-Jährige im Verdacht. Sie sollen einer Gruppe von Rechtsextremisten angehören.
Eine in der Öffentlichkeit bisher als ungeklärt geltende schwere Brandstiftung in Brandenburg geht Ermittlungen zufolge auf das Konto von zwei jugendlichen Neonazis. Nach Informationen von WELT AM SONNTAG beschuldigt die Staatsanwaltschaft Cottbus die beiden 15-jährigen mutmaßlichen Rechtsextremisten, im Oktober vergangenen Jahres das Kulturhaus „Kultberg“ im südbrandenburgischen Ort Altdöbern angezündet zu haben.
Wie aus Sicherheitskreisen verlautete, wurden die in der Region aufgewachsenen Jugendlichen im Februar dieses Jahres festgenommen. Einer von ihnen befindet sich nach Angaben aus Ermittlerkreisen weiterhin in Untersuchungshaft. Mit dem Fall befasste Mitarbeiter der Sicherheitsbehörden gehen davon aus, dass sie bald angeklagt werden und sich wegen schwerer Brandstiftung vor Gericht verantworten müssen.
Das Kulturhaus in Altdöbern im Landkreis Oberspreewald-Lausitz war in der Nacht vom 22. auf den 23. Oktober in Brand geraten und weitgehend zerstört worden. Die Behörden hatten zunächst einen technischen Defekt als Ursache vermutet. Nachdem Experten den Brandherd identifiziert hatten, schien aber eine Brandstiftung wahrscheinlicher zu sein. Ermittlungen in dem in der Region sehr aktiven Milieu junger Neonazis führten die Polizei dann zu den nun beschuldigten 15-jährigen. Ein wichtiger Hinweis kam demnach von der Polizei Thüringen. An der Razzia war neben der Brandenburger Polizei auch die Polizei Sachsen beteiligt.
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Nach Informationen von WELT AM SONNTAG aus den Sicherheitsbehörden gehören die beschuldigten 15-Jährigen der neonazistischen Gruppierung „Letzte Verteidigungswelle“ an. Diese gilt als eine von mehreren Gruppen, die seit etwa Mitte vergangenen Jahres vor allem in den sozialen Medien aktiv sind, aber auch mit diversen rechtsextremistisch motivierten Gewalttaten auffielen. Als weitere Zusammenschlüsse dieses Milieus gelten die ebenfalls in der Hauptstadtregion besonders aktive Gruppe „Deutsche Jugend voran“ oder der Zusammenschluss „Jung und Stark“.
Die Betreiber des Kulturhauses „Kultberg“ hatten sich in der Vergangenheit wiederholt gegen Rechtsextremismus ausgesprochen. Die Ermittler vermuten, dass die Brandstiftung mit diesem politischen Engagement im Zusammenhang steht.
Die Staatsanwaltschaft Cottbus wollte die Informationen zu den beiden beschuldigten Neonazis auf Anfrage nicht kommentieren. Eine Sprecherin der Behörde sagte lediglich, die Ermittlungen dauerten an. Nach Informationen von WELT AM SONNTAG erwägt der Generalbundesanwalt, das Verfahren zu übernehmen.
Wir sind das WELT-Investigativteam: Sie haben Hinweise für uns? Über die Neonazi-Szene oder über anderen Themen? Dann melden Sie sich gerne, auch vertraulich – per E-Mail oder über den verschlüsselten Messenger Threema (BNJMCK4S).
https://www.welt.de/


Rechte Codes und Chiffren
So erkennst du rechte Sprache

Um zu verstehen, wie Rechtsextreme ticken, muss man ihre Codes kennen. Die wichtigsten Begriffe in einer Liste.
27.03.2025
10:57 Uhr
Eine rote Ampel, die Figuren sind scheinbar ein schwules Päarchend das sich umarmt
Wer Gendergaga nicht liebt, ist zumeist rechts Gesinnt unterwegs
Foto: Ralph Peters/imago
Gareth Joswig
Von Gareth Joswig
Cancel Culture: Rechte wollen für ihre rassistischen, beleidigenden, diskriminierenden, antifeministischen und queerfeindlichen Aussagen keine Verantwortung übernehmen. Legitime Kritik heißt dann schnell „Cancel Culture“. Natürlich erst recht, wenn man wegen seiner reaktionären Haltung zuvor einen Job verloren hat oder gar ein öffentlicher Auftritt abgesagt wurde. Wie tiefgreifend und nachhaltig Cancel Culture das Leben mächtiger, weißer Männer zerstört, kann man an Rammsteins ausverkauften Welttourneen oder Donald Trumps zweiter Präsidentschaft gut sehen.
Remigration: Ursprünglich u.a. in der Wissenschaft gebräuchlicher Fachbegriff für eine Rückkehr von Exi­lan­t*in­nen und Mi­gran­t*in­nen ins Herkunftsland. Dahinter stecken völkische Reinheitsphantasien. Mittlerweile verwendet den Begriff vor allem die extreme Rechte – als Kampfbegriff und Euphemismus für rassistische Vertreibungen und millionenfache Abschiebungen. Die AfD hat den Begriff in zahlreiche Wahlprogramme übernommen.
Genderwahn: Auch als „Gendergaga“, „Genderismus“ oder „Gender-Ideologie“ geläufig. Geht einher mit antifeministischen Erzählungen und Überspitzungen, um queere und emanzipierte Lebensweisen und Vielfalt zu diskreditieren. Die Auswüchse reichen von offener Trans- und Queerfeindlichkeit und Gewalt bis hin zu Wissenschaftsfeindlichkeit: Die AfD will Gender Studies an den Universitäten abschaffen.
Woke/Wokeismus: stammt eigentlich aus der afroamerikanisch-emanzipierten Kreisen in den 1930ern. Woke waren Leute, die sich aufgeklärt haben und politisch „aufgewacht“ sind, also die rassistischen Verhältnisse und sozialen Ungerechtigkeiten erkennen. Mittlerweile wird der Begriff weltweit als negatives Schimpfwort und rechter Kampfbegriff benutzt, um linke Politik und Ziele abzuwerten.
Political Correctness/Politische Korrektheit/„PC“: Gilt ähnlich wie „woke“ innerhalb der Rechten als Topos einer angeblich überbordenden Korrektheit, um Antidiskriminierung oder Minderheitenschutz zu diskreditieren. Wird gern auch auf die Wutbürgerparole von der angeblich eingeschränkten Meinungsfreiheit heruntergebrochen: „Was darf man eigentlich noch sagen?“
Schuldkult: Geschichtsrevisionistisches Schlagwort, um die deutsche Erinnerungskultur an den Holocaust und den Nationalsozialismus lächerlich zu machen. Der Geschichtswissenschaft wird dabei eine Fixierung auf den Nationalsozialismus vorgeworfen, der „die Deutschen“ daran hindern soll, einen positiven Bezug zur eigenen Nation zu finden. Wurde zuerst in den 80ern von Franz Schönhuber, einem Ex-Mitglied der Waffen-SS und Gründer der rechtspopulistischen „Republikaner“ verwendet und später von AfD-Politikern aufgegriffen – etwa als Gauland den Nationalsozialismus als „Vogelschiss“ in der deutschen Geschichte verharmloste oder Björn Höcke eine erinnerungspolitische Wende um 180 Grad forderte. Auch Weidel sprach bereits vom „Schuldkult“. Durch derartige geschichtspolitische Tabubrüche versucht die AfD, Erinnerungskultur zu diskreditieren.
Souveränität: Funktioniert als Dogwhistle in Richtung von verschwörungsideologischen Reichs­bür­ge­r*in­nen, aber auch, um die europäische Friedensordnung über den Haufen zu werfen und nationalistische Diskurse und Abschottung zu stärken. Wird gern auch geschichtsrevisionistisch benutzt, indem behauptet wird, Deutschland sei kein freies Land und immer noch von den Siegermächten des Zweiten Weltkrieges besetzt und/oder unterjocht.
Klimahysterie/Ökodiktatur: Die menschengemachte Klimakrise wird trotz eines breiten wissenschaftlichen Konsenses abgestritten und Klima-Aktivist*innen abgewertet. Maßnahmen zur Einleitung der Energiewende, CO₂-Bepreisung oder Umweltregulierungen sind dann schnell Ausdruck einer angeblichen Ökodiktatur.
Islamisierung: Antimuslimische und rassistische Ressentiments führen innerhalb der extremen Rechten häufig zu einer verallgemeinernden Islamkritik, die keine Differenzierung kennt und sich häufig auf Flüchtlinge aus muslimischen Ländern bezieht. Diese werden häufig mit rassistischen Bezeichnungen geschmäht („Messermänner“/„Kopftuchmädchen“). Selten wird zwischen Islamismus und dem Islam unterschieden, stattdessen vor einer voranschreitenden Islamisierung gewarnt, die im Gegensatz zum „christlichen Abendland“ stünde. Diese Islamfeindlichkeit widerspricht der im Grundgesetz garantierten Religionsfreiheit.
Altparteien/Kartellparteien: Mit der Rede von Alt- oder Kartellparteien will vor allem die AfD eine binäre „Wir gegen Die“-Weltsicht etablieren. Die politischen Gegner sollen als abgehobene Elite diskreditiert und gleichzeitig homogenisiert werden. Erhebliche programmatische Unterschiede zwischen den Parteien werden so nivelliert, die autoritär-nationalistische AfD wird dabei als einzige „echte Opposition“ beschrieben, die demokratischen Parteien werden als „postdemokratisch“ geframt. Der Begriff setzt bei bestehenden Unzufriedenheiten mit dem etablierten Politikbetrieb an und unterstreicht zugleich die systemische Fundamentalopposition der AfD. Die „Altparteien“ und ihre Brandmauer gegen die AfD (die von einer Mehrheit gewollt wird) sind in diesem Weltbild dabei der Gegenpol zum angeblichen Mehrheits- und Volkswillen.
Lügenpresse/Lückenpresse: Ist ein Begriff, der in der Bundesrepublik spätestens seit den extrem rechten Pegida-Demos wieder ins öffentliche Bewusstsein gerückt ist und auch häufig in der AfD als Kampbegriff gegen Pressefreiheit und freie Medien, aber auch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk verwendet wird, gern auch synonym mit Begriffen wie Fake News, Systempresse oder Staatsfunk. Lügenpresse existiert als antiaufklärerischer Kampfbegriff gegen eine freie, liberale Presse aber schon seit dem 19. Jahrhundert, häufig auch antisemitisch konnotiert. Auch die NS-Demagogen nutzten den Begriff vielfach als Schlagwort.
Ethnopluralismus: Rassistisches Konzept für die Wunschvorstellung nach ethnisch reinen Staaten. Eine Durchmischung von Kulturen und Völkern wird abgelehnt. Im Grund ist der Begriff eine euphemistische Verharmlosung des klassischen Rassismus, der den Begriff „Rasse“ mit Kultur ersetzt.
Fachkräfte/Goldstücke: Sowohl das Wort „Fachkraft“ als auch das „Goldstück“ wurde innerhalb der Rechten zur sarkastischen Chiffre, die immer dann herausgeholt wird, wenn eine kriminelle Tat durch einen Menschen mit Migrationshintergrund begangen wird. Die rassistische Verallgemeinerung schwingt mit, während die Kriminalitätsstatistiken über die letzten Jahrzehnte bei zunehmender Migration eher rückläufig sind.
Gutmensch/Social Justice Warrior (#SJW)/Bahnhofsklatscher: Versucht Menschen zu diskreditieren, die sich für soziale Gerechtigkeit engagieren, ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe arbeiten oder auch nur ihre zu progressive Meinung sagen. 2015 war „Gutmensch“ noch Unwort des Jahres, weil es „Toleranz und Hilfsbereitschaft pauschal als naiv, dumm und weltfremd“ darstellte oder gar „Helfersyndrom“ oder „moralischen Imperialismus“. Bahnhofsklatscher bezieht sich auf die große Hilfewelle und Willkommenskultur 2015/2016 als Menschen Geflüchtete an Bahnhöfen begrüßten und sich in der Flüchtlingshilfe engagierten.
Der „große Austausch“: Verschwörungsideologische Erzählung, dass linke und liberale Eliten systematisch versuchen, die einheimische europäische Bevölkerung durch nicht-weiße „Masseneinwanderung“ zu ersetzen. Häufig ist auch von „Ersetzungsmigration“ die Rede. Nicht selten ist dabei die Elite auch antisemitisch konnotiert. Siehe auch „Umvolkung“ und „Überfremdung“.
Kulturmarxismus: Stammt als Begriff „Cultural Marxism“ ursprünglich aus der US-amerikanischen Alt-Right-Bewegung. Taucht fast 500-mal im Manifest des norwegischen Rechtsterroristen Breivik auf und gilt als antisemitische Chiffre einer vermeintlichen „jüdisch-marxistischen Weltverschwörung“. In den USA wurden damit jüdische Emigranten der Frankfurter Schule wie Theodor Adorno oder Herbert Marcuse nach ihrer Flucht aus Nazideutschland diffamiert. Sie hätten über Amerika über Lehre, Presse und Hollywood infiltriert und seien Triebfeder für Feminismus, Bürgerrechtsbewegungen und Proteste gegen den Vietnamkrieg. Kam erstmals in den 60ern auf, ist aber seit den 90ern als abwertendes Schlagwort gegen alles „Woke“ auch hierzulande weit verbreitet.
Globalisten/globalistische Elite: Mithilfe der Verschwörungserzählung um Globalismus suggerieren extrem Rechte gerne ein weltweites Wirken angeblicher dunkler Mächte, die im Hintergrund die Strippen ziehen. Die wurzellosen Globalisten werden im Gegensatz zum Volk definiert und wollen mal zwangsimpfen, mal enteignen oder versklaven. Die verkürzte und verschwörungsideologische Elitenkritik ist nicht selten auch antisemitisch konnotiert durch Feindbilder wie den Philanthropen und jüdischen Milliardär George Soros, den Viktor Orbán schon 2013 in seinen Wahlkämpfen dämonisiert hat und der angeblich den mit einem „Soros-Plan“ und der „Flüchtlingskrise“ den „Bevölkerungsaustausch“ plane. Manchmal planen die Globalisten auch eine „Neue Weltordnung“ („New World Order“/„NWO“) oder den „Great Reset“, jedenfalls wollen sie nationale und kulturelle Identitäten auslöschen. Manche wollen auch gleich „Welteinheitsmenschen“ heranzüchten. Häufig sind am Ende dann einfach mal wieder „die Juden“ schuld. Ist auch anschlussfähig an die alte NS-Ideologie von der jüdisch-bolschewistischen Weltverschwörung. Ähnliche verschwörungsideologische Erzählungen spinnen sich auch um die „Atlantikbrücke“, „Bilderberger“, die Familien Rockefeller und Rothschild, Freimaurer und Illuminaten oder gleich „die Finanzoligarchie/Hochfinanz/Wall Street“.
https://taz.de/Rechte-Codes-und-Chiffren/!6078463/


Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus
Experte: »Die rechte Szene braucht konkrete Feindbilder«

Berater sieht rechten Drift als Ursache für Erstarken von Neonazi-Gruppen
Interview: Sebastian Weiermann 27.03.2025, 15:37 Uhr

  • Lesedauer: 3 Min.

Junge Neonazis sorgen seit einigen Monaten für Zulauf bei rechten Aufmärschen.
Foto: dpa/Fabian Sommer
Warum tauchen jetzt so viele Neonazi-Gruppen mit sehr jungen Mitgliedern auf?
Die letzten 10 bis 15 Jahre waren von einer deutlichen Mobilisierungs- und Nachwuchsschwäche der Aktions- und offen Nationalsozialismus-orientierten Szene gekennzeichnet. Dies ändert sich seit etwa anderthalb Jahren. Eine wichtige Rolle bei dieser Änderung hat die erfolgreiche Mitgestaltung der Corona-Leugnungs-Demonstrationen durch Neonazis gespielt: Hier konnte die Szene ein Vakuum für Jugendliche füllen. Das in der gleichen Zeit bestehende Vakuum bei Freizeitangebot konnte regional ebenfalls durch extreme Rechte erfolgreich gefüllt werden. Auch die im Vergleich zu anderen politischen Spektren erfolgreicherer Nutzung von Social Media spielt eine große Rolle. Die vermutlich wichtigste Rolle spielt der nach rechts gedriftete Diskurs in Deutschland: Die allermeisten neuen neonazistischen Jugendgruppen sind ohne Anbindung an alte Kader entstanden. Wir sehen hier also die Popularität und die Akzeptanz rechtsextremer Einstellungen in der Gesellschaft.
Wie ideologisch gefestigt sind die Gruppen?
Die aktuell entstehende jugendliche Neonazi-Bewegung zeichnet sich durch eine außergewöhnlich ideologische Schwäche aus. Widersprüche und weltanschauliche Flexibilität, welche für ältere Neonazis unerträglich wären, spielen für die sich politisierenden Jugendlichen zum aktuellen Zeitpunkt oft eine untergeordnete Rolle – ihnen geht es vor allem um Aktionsorientierung, Gemeinschaft und aggressiv vorgetragene rechte Ideologiefragmente. Den Jugendlichen reicht oft ein plakativ vorgetragener Rassismus, Nationalismus und die Ablehnung von allem, was nicht Hetero ist.
Interview
IMAGO/dts Nachrichtenagentur
Dominik Schumacher arbeitet bei der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus im Regierungsbezirk Düsseldorf und ist Sprecher des Bundesverbands der Mobilen Beratungen. In gut 50 Teams beraten die Expert*innen bundesweit zum Umgang mit Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus, Antifeminismus und Verschwörungserzählungen. Mit Dominik Schumacher sprach Sebastian Weiermann.
Wie sollte man in Familien, Schulen und allgemein im eigenen Umfeld reagieren, wenn sich jemand diesen Gruppen zuwendet?
Das hängt ganz von der jeweiligen Situation ab. Unser Ansatz ist, als Erstes zu schauen, ob die betreffenden Jugendlichen eine Gefahr für ihr Umfeld sind, also ob ihretwegen Mitschüler*innen Angst haben, oder Gleichaltrige sich nicht mehr in dasselbe Jugendzentrum trauen. Diese Personen zu schützen, ist für uns die erste Aufgabe. Wenn das gesichert ist, kann versucht werden, auf die extrem rechten Jugendlichen einzuwirken. Allen Beteiligten raten wir, einerseits jederzeit klare weltanschauliche Grenzen aufzuzeigen, das heißt, Diskriminierung und Propaganda nicht zu dulden. Auf der anderen Seite, den sich oft ja auch noch in der Orientierung befindlichen Jugendlichen die Möglichkeit zu bieten, wieder zurückzukehren.
Warum sind queere Menschen und angebliche »Linksextremisten« die Hauptfeinde der jungen Nazigruppen?
Aufgrund der mangelnden ideologischen Standfestigkeit und der eher an Freundeskreise erinnernden internen Struktur braucht die Szene konkrete Feindbilder, an denen sie sich abarbeiten kann. Gewalttätige Übergriffe und Auseinandersetzungen mit von ihnen zu Feinden erklärten Menschen gibt den Jugendlichen den notwendigen Zusammenhalt. Durch den gemeinsamen Feind stellen sie ihre Gruppenidentität her. Die adrenalingeladenen Auseinandersetzungen, Demonstrationen etc. – kurz: der Eventcharakter ihrer Aktivitäten – stiftet dabei in besonderem Maße Zusammenhalt. Nicht zuletzt ist die Homo- und Trans*feindschaft der ideologische Einstieg in die Szene. Die extreme Rechte profitiert hier von einer in der Gesellschaft weitverbreiteten Menschenverachtung und kann darum besonders mit diesem Thema aktuell Jugendliche für sich gewinnen. Dass die aktuell entstehende extrem rechte Jugendbewegung in den meisten Fällen ohne Anbindung an alte Kader entstanden ist, zeigt, wie verbreitet und gefährlich diese Einstellung ist.
https://www.nd-aktuell.de/


Befragung von Beamten
Jeder vierte Polizist in Hamburg verortet sich als rechts

Von
t-online
Aktualisiert am 27.03.2025
Beamte der Hamburger Polizei am Hauptbahnhof (Symbolbild): Den beiden St. Pauli-Fans drohen nun Strafverfahren.Vergrößern des Bildes
Beamte der Hamburger Polizei am Hauptbahnhof (Symbolbild): Beamte stufen sich als selbst rechts ein. (Quelle: BREUEL-BILD/imago-images-bilder)
Eine Untersuchung offenbart: Viele Hamburger Polizeibeamte neigen zu rassistischen Einstellungen und rechtspopulistischem Denken. Eine Mitautorin der Studie warnt.
Laut einer Studie der Polizeiakademie Hamburg stuft sich jeder vierte befragte Polizist selbst als rechts oder rechts außen ein. Noch gravierender: Fast die Hälfte zeigt laut Studie ablehnende Haltungen gegenüber Asylbewerbern.
Die Untersuchung mit dem Titel "Demokratiebezogene Einstellungen und Werthaltungen innerhalb der Polizei Hamburg" (DeWePol) basiert auf einer anonymen Befragung von 2.018 Polizistinnen und Polizisten im Juni 2024.
Demokratiefeindliche Einstellungen
Sie legt nahe, dass demokratiefeindliche Einstellungen in Teilen der Hamburger Polizei fest verankert sind. 45 Prozent der Teilnehmenden äußerten sich demnach abwertend über Geflüchtete, weitere Gruppen wie Sinti und Roma oder Langzeitarbeitslose wurden ebenfalls negativ bewertet. Der Gruppe der "Muslimischen Menschen" werden häufiger Attribute wie "undemokratisch" oder "fremdartig" zugeordnet.
Ein Drittel der Befragten zeigte sich offen für populistische Positionen, knapp sieben Prozent glaubten an Verschwörungserzählungen – darunter die Vorstellung, Politikerinnen und Politiker seien lediglich "Marionetten dahinterstehender Mächte".
"Ein reales Risiko"
Die Soziologin Eva Groß, Mitautorin der Studie, warnt im Gespräch mit der Wochenzeitung "Die Zeit" vor den Auswirkungen solcher Einstellungen im Polizeidienst: "Die Polizei hat das staatliche Gewaltmonopol. Sie greift auch in Grundrechte der Bevölkerung ein. Rechtsextremes oder anderes demokratiefeindliches Gedankengut kann diese Handlungen beeinflussen." Sie hält es für wahrscheinlich, dass besonders extrem eingestellte Beamte gar nicht an der freiwilligen Studie teilgenommen haben. Die Dunkelziffer könnte also höher liegen.
Aktuell laufen bei der Hamburger Polizei zudem disziplinarische Ermittlungen gegen 15 aktive und ehemalige Beamte. Ihnen wird vorgeworfen, in WhatsApp-Gruppen rassistische und nationalsozialistische Inhalte verbreitet zu haben.
Verwendete Quellen


Extremismus
Landtag sucht Kompass gegen die neue rechtsextreme Szene

Düsseldorf · Sie kommen jung, cool und humorvoll daher und ziehen im Internet viele Minderjährige in ihr Netz: die neuen Rechtsextremen. Der NRW-Innenminister ist höchst alarmiert. Patentlösungen hat er nicht.
27.03.2025 , 14:58 Uhr 5 Minuten Lesezeit
Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) warnt vor rechtsextremen Erlebniswelten, die junge Leute mit Spaß und Aktivitäten in ihr Netz einsaugen. (Archivbild)

    Von Bettina Grönewald, dpa

Das neue Gesicht des Rechtsextremismus und seine gefährliche Anziehungskraft auf junge Leute löst in der Landespolitik Besorgnis aus: Es gibt Zweifel an bisherigen Präventionsprogrammen, aber auch Selbstkritik. Angesichts eines massiven Anstiegs rechtsextremistisch motivierter Kriminalität in Nordrhein-Westfalen bat Innenminister Herbert Reul (CDU) die Bürger eindringlich um Mithilfe bei der Verteidigung der Demokratie.
Seine Problem-Analyse: Rechtsextreme Kriminelle sind heute seltener an Glatzköpfen und Springerstiefeln zu erkennen. Um die Szene hinter bunten Erlebniswelten für Minderjährige und raffinierten Auftritten im Netz zu entlarven, müsse viel genauer hingesehen und ganz anders agiert werden.

Zivilcourage gefragt

Die Demokratie muss von jedem Einzelnen verteidigt werden - nicht bloß von staatlichen Institutionen, sagt Reul. (Symbolbild)
Foto: Federico Gambarini/dpa
Klar sei: Allein könnten die staatlichen Institutionen nicht gegenhalten, sagte Reul in einer Aktuellen Stunde des Düsseldorfer Landtags. „Wenn in der Gesellschaft nicht viele Leute aufstehen, den Mund aufmachen, widersprechen, aufklären, dann klappt das nicht.“
Die nordrhein-westfälische Landesregierung sieht großen Handlungsbedarf bei der Regulierung sozialer Medien. (Symbolbild)
Foto: Fernando Gutierrez-Juarez/dpa
In einer eher leisen denn kämpferischen Rede erlebte der Landtag einen selbstreflektiert auftretenden Innenminister, der abseits üblicher Regierungsformeln auch Zweifel und eine gewisse Ratlosigkeit offenbarte. Reul hinterfragte die Wirksamkeit der zahlreichen staatlichen Präventionsprogramme gegen Rechtsextremismus.
„Wenn das immer mehr wird, wenn die Mitte immer schwächer wird, wenn die Ränder immer stärker werden, scheinen die Maßnahmen ja irgendwie zwar vielfältig zu sein - mit viel Material, mit viel Geld, mit viel Personal, mit vielen engagierten Menschen - aber sie scheinen nicht die Wirkung zu haben, die wir wollen“, bilanzierte er selbstkritisch.
Kampf gegen Rechts wird im Internet gewonnen oder verloren
Auch Kulturministerin Ina Brandes (CDU) räumte deswegen eine „kollektive Frustration“ ein. Das in der vergangenen Woche von Reul vorgestellte erste Lagebild zum Rechtsextremismus in NRW habe offenbart, „dass alles, was wir tun, nicht ausreicht“. Bei vielen Programmen sei in der Vergangenheit auf zu viel vom selben gesetzt worden.
„Ich bin aber zutiefst davon überzeugt, dass der Kampf gegen den Rechtsextremismus im Internet gewonnen oder verloren wird“, unterstrich Brandes. Dort würden Millionen Minderjährige mit Radikalität, Populismus und Gewaltfantasien konfrontiert.
„Solange wir uns diesem Feld, das sich da entwickelt hat, nicht mit aller Tatkraft entgegenstellen, werden wir nicht viel erreichen“, warnte die Ministerin. „Ich bin tatsächlich überzeugt davon, dass der Kampf gegen den Rechtsextremismus analog nicht zu gewinnen ist. Es geht nicht, es funktioniert nicht.“
Wer kontrolliert die sozialen Medien?
Zu den anstehenden Aufgaben gehöre eine stärkere Regulierung der sozialen Medien - auch, wenn das fein mit Grundrechten wie der Meinungsfreiheit auszutarieren sei. „Aber wenn wir diese Regulierungen nicht in den Griff bekommen, wenn wir dieses Übel nicht an der Wurzel packen, kommen wir auf keinen grünen Zweig.“
Laut Lagebild stieg die Zahl rechtsradikal motivierter Straftaten 2024 in NRW um fast 60 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 5.640 Taten stark an. Der Anteil der zwischen 14 und 17 Jahre alten Tatverdächtigen hat sich demnach innerhalb eines Jahres auf 287 fast verdreifacht.
Sneaker statt Springerstiefel
Der Innenminister bezeichnete die Zahlen als erschreckend. „Es zeigt, Rechtsextremismus wird immer lauter, er wird immer jünger, er wird immer digitaler, kreativer, engagierter, intellektueller. Er trägt Sneakers statt Springerstiefel.“
Der Trend sei gefährlich. Heutzutage sei Rechtsextremismus für viele junge Leute eine neue Erlebniswelt. Auf Gaming-Plattformen und Konzerten, bei Ausflügen, in Clubs oder über Videos würden Minderjährige in den Sog gezogen. „Die Formen haben sich verändert und deshalb kommen sie bei jungen Leuten offensichtlich an.“
Die Honigfallen der Rechtsextremen
Auch FDP-Vizefraktionschef Marc Lürbke warnte: „Rechtsextreme benutzen Humor, Memes, Musikclips und Gruppenzugehörigkeit wie Honigfallen.“ Dagegen würden oft bloß Social-Media-Kampagnen im Beamtenjargon gesetzt, stellte der Freidemokrat fest. „So wird aus einem wehrhaften Staat ein ratloser Zuschauer.“
Eine maßgebliche Rolle spielte in der Debatte auch die Auseinandersetzung der anderen Fraktionen mit der rechtspopulistischen AfD. „Man kann den Anstieg der rechtsextremen Straftaten nicht diskutieren, ohne den Hass der AfD zu benennen“, sagte Grünen-Fraktionschefin Verena Schäffer.
„Die rechtsextreme Programmatik der AfD und das permanente Verschieben der Grenzen des Sagbaren führt dazu, dass sich Rechtsextreme und Rassisten legitimiert fühlen, Menschen zu beleidigen, zu bedrohen und anzugreifen“, kritisierte die Grüne. Sie forderte ein Demokratiefördergesetz des Bundes, um Präventions- und Bildungsprojekte dauerhaft abzusichern.
AfD-Breitseite gegen Wüst: „Nazi-Verharmlosung“
Zur Überraschung mancher Abgeordneter startete der AfD-Abgeordnete Markus Wagner seine Rede mit geschichtlichen Lehren aus den Gräueln der Nazi-Diktatur, um dann in eine Frontalattacke auf Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) abzubiegen. Wüst sei „sich nicht zu blöd“ gewesen, die AfD als Nazi-Partei zu bezeichnen, entrüstete sich Wagner. „Sprüche wie die von Hendrik Wüst sind Nazi-Verharmlosung pur.“
Kulturministerin Brandes hielt der AfD entgegen: „Wenn man mit Ihnen über den Schutz unserer Demokratie und den Kampf gegen Rechtsextremismus spricht, dann ist das ja ein bisschen so, als würde man den Fuchs fragen, ob er auf die Hühner aufpassen will.“
SPD-Vizefraktionschefin Elisabeth Müller-Witt sagte, das Lagebild gebe „einen guten Überblick über tiefe Verbindungen der AfD in die rechtsextreme Szene, über die fremdenfeindliche Rhetorik und über die verfassungsfeindlichen Bestrebungen“. Die SPD werde dagegenhalten: „Wir werden nicht zulassen, dass ein entgrenzter Rechtsextremismus die neue Normalität in Nordrhein-Westfalen wird.“
© dpa-infocom, dpa:250327-930-415539/3
(dpa)
https://rp-online.de/


Nazis in Berlin
SS-Lieder und 90 Festnahmen – für 100 Meter Demo

Rund 850 Neonazis, die sich »Chemnitz-Revolte« oder »Kampf-Brigade Berlin« nennen, wollen durch Berlin marschieren. Doch weit kommen sie nicht. Ungemütlich ist es trotzdem. Auch für SPIEGEL-TV-Reporter.
Ein Film von Thomas Heise und Mattis Quentin
25.03.2025, 20.40 Uhr

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Die »Elblandrevolte«: Der Neonazi-Nachwuchs von Dresden Ein SPIEGEL-TV-FILM von Yuvina Kostrzewa und Henrik Neumann
Der Neonazi-Nachwuchs von Dresden
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Bundestag
Neue AfD-Abgeordnete: Im Rechtsextremismus bestens vernetzt

25.03.2025, 10:42 Uhr • Lesezeit: 6 Minuten
Von Florian Görres und Christian Unger
EU-Parlament in Straßburg - Krah
Seit 2022 beobachtet der Inlandsgeheimdienst die Südwest-AfD. Die Partei wehrt sich vor Gerichten - und erleidet eine Schlappe nach der anderen.
Berlin. Einige neue Gesichter ziehen für die AfD in den Bundestag ein. Viele von ihnen sind in rechten Kreisen bestens vernetzt. Ein Überblick.
Die AfD gibt sich gern rebellisch. Politiker der rechten Partei wettern gegen den „Mainstream“ und das „Establishment“, AfD-Rechtsaußen Björn Höcke beschimpft regelmäßig die „Kartellparteien“. Dennoch hat die AfD ihr Ergebnis bei der Bundestagswahl im Vergleich zu 2021 verdoppelt – ein großer Erfolg. 152 AfDler ziehen in den Bundestag ein. Doch weniger etabliert als Politiker der anderen Parteien sind die AfD-Entsandten gar nicht – entgegen der eigenen Inszenierung. Nur radikaler. Es gehen Anwälte und Ärztinnen nach Berlin, Ingenieure und Kaufleute, Polizisten und Berufspolitiker. Ein paar Handwerker und Angestellte sind auch darunter.
Von 152 Abgeordneten sind nur 18 Frauen. In keiner Fraktion ist der Anteil so gering. In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen ist die AfD durch den Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft. 29 Abgeordnete werden aus diesen extrem rechten Verbänden künftig im Parlament sitzen.
Auch ohne eigenes Mandat: Wie Björn Höcke seinen Einfluss erweitert
Björn Höcke wird seinen Einfluss in der Bundespartei aufgrund der Wahlergebnisse wohl ausweiten können. Mit Stefan Möller, langjähriger Co-Landessprecher von Höcke, zieht ein enger Vertrauter des umstritten AfD-Politikers in den Bundestag ein. Auch Robert Teske, Sieger des Direktmandates im Wahlkreis 195, gilt als Vertrauter von Höcke. Zuletzt leitete der 35-Jährige dessen Büro. Höcke selbst trat nicht für die Bundestagswahl an.
Auch in Sachsen-Anhalt werden gute Kontakte zu Höcke gepflegt. Christina Baum zieht als eine der wenigen Frauen für die AfD in den Bundestag ein. Die gebürtige Thüringerin sitzt bereits seit 2021 im Parlament und war ein wichtiger Teil des „Flügels“. Der sogenannte „Flügel“ war eine rechtsextreme Gruppierung innerhalb der AfD, in der Höcke eine wichtige Rolle einnahm. Inzwischen wurde er offiziell aufgelöst. Baum war außerdem bereits bei Veranstaltungen der österreichischen extrem rechten Partei FPÖ zu Gast.

Die Zahnmedizinerin wurde 2018 für 30 Tage von Facebook gesperrt. Sie hatte ein Foto eines 50-Euro-Scheins gepostet, auf dem „DEUTSCHE FRAU FIKEN, DANN TOT MACHEN“ geschrieben war. Wie die „Zeit“ berichtete, arbeitete zudem die Frau des „Compact“-Gründers Jürgen Elsässer für Baum.
Das „freundliche Gesicht“ des Nationalsozialismus kommt aus Nordrhein-Westfalen
AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel jubelte über das Ergebnis ihrer Partei. Allerdings scheiterte sie selbst, verlor ihren Wahlkreis am Bodensee deutlich gegen den Kandidaten der CDU. Weidel kommt über die Landesliste dennoch in den Bundestag. Und sie hat einige enge Vertraute, die es in die Fraktion schafften. Unter ihnen: Markus Frohnmaier, 33 Jahre alt, ebenfalls aus Baden-Württemberg. Er gilt seit Jahren als Strippenzieher in der AfD, gemeinsam mit anderen jungen AfDlern wie Sebastian Münzenmaier aus Kaiserslautern.
Fortsetzung Aufstellungsparteitag der NRW-AfD
Matthias Helferich zieht für die AfD in den Bundestag ein. Er nannte sich selbst das „freundliche Gesicht“ des Nationalsozialismus.
© DPA Images | Fabian Strauch
Frohnmaier gilt als Scharfmacher, ebenso wie Matthias Helferich. Dieser nannte sich selbst das „freundliche Gesicht“ des Nationalsozialismus, soll laut Medienberichten „die Außerlandesbringung von deutschen Staatsbürgern mit Migrationshintergrund“ gefordert haben. Ein Ausschlussverfahren läuft. Doch das hinderte Helferich nicht, für den Bundestag zu kandidieren – und der Landesverband wählte ihn auf Platz 6 der Liste. Helferich zieht ein. Erneut. Schon vor der Wahl saß er im Bundestag, bisher fraktionslos. Der künftigen AfD-Fraktion wird er aber angehören, wie nun bekannt wurde.
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Wahlerfolg
AfD verdoppelt Stimmen – Weidel richtet Drohung an Merz
Von Christian Unger
Jan Wenzel Schmidt sitzt ebenfalls bereits im Bundestag und sorgte mit seinen Angestellten für Aufsehen. 2022 hatte die „Welt“ berichtet, dass Schmidt den Neonazi Mario Müller als wissenschaftlichen Mitarbeiter beschäftigte. Dieser war laut „Correctiv“ bei dem berühmt gewordenen Potsdamer Treffen anwesend. Noch in der Wahlnacht trat Schmidt nun als AfD-Generalsekretär in Sachsen-Anhalt zurück. In der Partei gab es Kritik an dem 33-Jährigen. Ihm wurden Lügen und Erpressung vorgeworfen.
Merkels ehemaliger Wahlkreis fällt an einen jungen Mann mit NPD-Vergangenheit
Der gleichaltrige Hannes Gnauck konnte in Brandenburg ein Direktmandat gewinnen. Er sitzt bereits seit 2021 im Bundestag und ist seit 2022 Vorsitzender der rechtsextremen AfD-Jugendorganisation Junge Alternative, von der sich die Partei im April trennen will. Gnauck war vor seiner Politikerkarriere Soldat bei der Bundeswehr. 2019 diente er in Afghanistan. Inzwischen darf er die Uniform nicht mehr tragen, der Militärgeheimdienst MAD stufte ihn 2021 als „Extremist“ ein.
Hannes Gnauck
JA-Vorsitzender Hannes Gnauck wird vom MAD als „Extremist“ eingestuft.
© picture alliance / dts-Agentur | -
Extreme Verbindungen werden auch Dario Seifert vorgeworfen. Der 30-Jährige gewann den Wahlkreis, in dem jahrelang die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) antrat. Dem „Nordkurier“ bestätigte Seifert, dass er zwei Jahre lang Mitglied der Jugendorganisation der verfassungsfeindlichen NPD (heute Die Heimat) war. Auch der AfD war Seifert wohl nicht ganz geheuer. Ein Parteiausschlussverfahren endete 2024 in einer zweijährigen Ämter-Sperre. Seinen ersten Einzug in den Bundestag hat das nicht verhindert.
AfD-Abgeordneter spielte Wehrmachtssoldat für Hollywood-Streifen
Ein bereits bekannteres Gesicht ist das von Maximilian Krah. Der Abgeordnete des Europa-Parlaments, der nun in den Bundestag wechselt, hatte im vergangene Jahr für Wirbel gesorgt. Einer seiner Mitarbeiter soll für China spioniert haben, einem weiteren russischen Spion soll Krah Zugang zum EU-Parlament verschafft haben. Nach umstrittenen Aussagen über die SS, die zu einem Bruch mit der französischen Rechtsaußen Partei Rassemblement National führten, zog er sich aus dem AfD-Vorstand zurück. Der Parteivorstand verhängte zudem im Europawahlkampf ein Auftrittsverbot für Krah. Mit seinen TikTok-Clips sorgte er dennoch weiterhin für Aufsehen.
Hauptstadt Inside von Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE Zentralredaktion
Auch Karsten Hilse dürfte politisch Interessierten bereits bekannt sein. Der 60-Jährige sitzt seit 2017 im Bundestag. Weniger bekannt dürfte hingegen seine vorhergehende Karriere sein. Hilse arbeitete als Polizist, erst in der DDR, dann im vereinten Deutschland. Ein Zubrot verdiente er sich als Model – er wurde 1994 Mr. Brandenburg – und als Statist. Im Film „Inglourious Basterds“ spielt er einen Wehrmachtssoldaten.
https://www.thueringer-allgemeine.de/


Extremismus
Mehr rechte Straftaten in Niedersachsen: „Beunruhigend“

Mehr als 3.600 rechte Straftaten gab es 2024 in Niedersachsen – ein Höchststand. Innenministerin Behrens warnt vor einer wachsenden Gefahr für die Demokratie.
Von dpa
21.03.2025, 14:46
Für Innenministerin Behrens ist der Rechtsextremismus die größte Bedrohung für die Demokratie. (Symbolbild) Christoph Reichwein/dpa
Hannover - Rechte Straftaten haben in Niedersachsen nach Worten von Innenministerin Daniela Behrens im vergangenen Jahr einen Höchststand erreicht. „Das Datenmaterial wird derzeit noch intensiv ausgewertet, aber wir wissen schon jetzt, dass es im vergangenen Jahr auch Steigerungen im Bereich der fremden- und ausländerfeindlichen sowie antisemitischen Straftaten gegeben hat“, sagte die SPD-Politikerin.
„Diese Entwicklung ist beunruhigend“, sagte Behrens. „Die größte Gefahr für unsere Demokratie geht von Rechtsextremisten und ihrem verfassungsfeindlichen Gedankengut aus.“ Die Sicherheitsbehörden im Land gingen konsequent und niedrigschwellig gegen jede Form der politisch motivierten Kriminalität vor.
Ein Sprecher des Ministeriums hatte zuvor erklärt, dass es vorläufigen Daten zufolge 3.643 politisch rechts motivierte Straftaten im Jahr 2024 gab. Das sei ein deutlicher Anstieg im Vergleich zum Vorjahr (2023: 2.552 Taten). Zuvor hatte der NDR über die Entwicklung berichtet.
Das sagen die Fraktionen im Landtag
Der CDU-Innenpolitiker André Bock nannte den Anstieg rechter Straftaten besorgniserregend. „Aber auch im Linksextremismus ist die Zahl der Straftaten im Jahr 2024 dramatisch angestiegen“, sagte er. Staatsschutz und Verfassungsschutz müssten daher besser aufgestellt werden, „um allen Extremisten frühzeitig das Handwerk zu legen“.
Der Grünen-Landtagsabgeordnete Michael Lühmann warnte, es gebe „einen Nährboden, in dem rechte Straftaten gedeihen und auf dem auch die Gewalt weiter zunimmt“. Darüber müsse ernsthaft diskutiert werden - „auch über politische Mitverantwortung, etwa der AfD“.
Stephan Bothe von der AfD-Fraktion sagte, natürlich müsse jede Straftat verfolgt werden. Oft seien es aber auch „harmlose Internet-Memes und allzu schnell beleidigte Politiker, die Statistiken in die gewünschte Richtung“ lenkten.
https://www.mz.de/


Nazi, Neonazi, Nazis, Rechtsextremisten, Rechtsextremismus

Eine Demonstration von Neonazis © Tim @ flickr.com (CC 2.0), bearb. MiG
Untergetaucht
Hunderte Neonazis trotz Haftbefehl auf freiem Fuß
555 Neonazis und 189 „Reichsbürgern“ sind auf der Flucht – darunter viele Gewalttäter. Ein Teil der Tatverdächtigen wird bereits seit mehreren Jahren per Haftbefehl gesucht. Die Linke fordert konsequentere Strafverfolgung.
Donnerstag, 20.03.2025, 10:22 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 20.03.2025, 10:22 UhrLesedauer: 2 Minuten  |
Die Zahl der per Haftbefehl gesuchten Neonazis bleibt alarmierend hoch. Zum Stichtag 30. September 2024 gab es insgesamt 730 offene Haftbefehle gegen 555 Personen mit rechtsextremem Hintergrund. Das teilt die Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der Linken im Bundestag mit. Im Vergleich zu Zahlen aus dem Jahr 2019 ist das ein Anstieg von knapp 60 gesuchten Personen. Brisant ist, dass viele dieser Personen bereits seit Jahren gesucht werden.
Von den 730 Haftbefehlen entfallen 27 auf politisch motivierte Gewaltdelikte, darunter Körperverletzungen und Angriffe auf Vollstreckungsbeamte. Weitere 162 Haftbefehle betreffen Taten wie Volksverhetzung, das Verwenden verfassungswidriger Symbole oder Beleidigungen. Eine Vielzahl der gesuchten Neonazis wird zudem wegen allgemeiner Straftaten wie Betrug oder Diebstahl gesucht.
Linke fordert konsequente Verfolgung
„Besorgniserregend ist der hohe Anteil von 25 Prozent Gewalttäter unter den Gesuchten“, konstatierte Linke-Abgeordnete Martina Renner. Sie fordert eine konsequente Bekämpfung und Verfolgung von Hasskriminalität, um die Anzahl der Fahndungen dauerhaft zu senken. Das jedoch gehe nur, wenn man die extrem rechten Strukturen in den Blick nehme.
Erhebliche Probleme bereiten Fahndungen über Landesgrenzen hinweg. Nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden halten sich mindestens 103 gesuchte Neonazis mutmaßlich im Ausland auf. Die häufigsten Zielländer sind Polen, Österreich und die Schweiz. Doch auch exotische Ziele wie Paraguay, Georgien oder Malaysia tauchen in den Listen auf.
Fast 200 „Reichsbürger“ mit Haftbefehl gesucht
Wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine weitere parlamentarische Anfrage der Linken hervorgeht, sucht die Polizei außerdem 189 „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ mit Haftbefehlen. Gegen die Tatverdächtigen lagen insgesamt 254 offene Haftbefehle vor. Stichtag für die Auswertung war ebenfalls der 30. September.
Siehe auch
Untergetaucht
Knapp 500 Rechtsextreme werden per Haftbefehl gesucht
"Nazi-Problem"
475 Rechtsextremisten werden per Haftbefehl gesucht
20 dieser Haftbefehle wurden nach den Angaben des Ministeriums wegen politisch motivierter Gewaltdelikte ausgestellt, 77 wegen anderer politisch motivierter Straftaten wie Nötigung, Urkundenfälschung, Beleidigung oder Volksverhetzung. Die übrigen Haftbefehle seien „dem Bereich der Allgemeinkriminalität ohne politische Motivation zuzuordnen“. Mehr als 20 der gesuchten Reichsbürger hielten sich nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden im Ausland auf. Teilweise werden die Tatverdächtigen seit mehreren Jahren per Haftbefehl gesucht.
„Reichsbürger“ sind Einzelpersonen und Gruppierungen, die die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und deren Rechtssystem ablehnen. Dabei berufen sie sich häufig auf das historische Deutsche Reich, verschwörungstheoretische Argumentationsmuster oder ein selbst definiertes Naturrecht. Sie erkennen die Rechtsordnung häufig nicht an und sind teils durch Gewaltbereitschaft oder extremistische Ansichten geprägt. (mig/epd)
https://www.migazin.de/


Lagebild
Rechtsextremismus: Viel mehr Straftaten in NRW

19.03.2025, 09:45 Uhr • Lesezeit: 7 Minuten
Von Matthias Korfmann
Korrespondent
Nazi Demo
Demonstration von Neonazis in Essen.
© imago/Jochen Tack | imago/Jochen Tack
Düsseldorf. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) hat am Mittwoch das Lagebild Rechtsextremismus vorgestellt. Die Zahlen geben Anlass zur Sorge.
Zusammenfassung

  • Rechtsextremismus in NRW: Straftaten stiegen 2024 um 60%, mit einem Anstieg der Gewaltdelikte um 33%.
  • Die rechtsextremistische Szene wird jünger und moderner, nutzt soziale Medien zur Verbreitung ihrer Ideologie.
  • NRW-Innenminister Reul betont die Bedeutung mündiger Bürger im Kampf gegen rechtsextreme Hetze.

„Der Rechtsextremismus bleibt die größte Bedrohung für unsere Demokratie“, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) am Mittwoch bei der Vorstellung des Lagebildes Rechtsextremismus Wichtigste Erkenntnis: Die Straftaten der politisch motivierten Kriminalität im Bereich rechts sind im vergangenen Jahr stark gestiegen- um rund 60 Prozent.
„Bei Rechtsextremismus denken viele an Männer im mittleren Alter mit Glatze, schwarzen Bomberjacken, Reichskriegsflagge. Tatsächlich ist Rechtsextremismus viel mehr als das. Er ist heute moderner, jünger, digitaler, engagierter, intellektueller“, warnte Reul. Der Rechtsextremismus sei zu einer Art „Erlebniswelt“ geworden, besonders für junge Leute, denn sie einen die wichtigste Zielgruppe: schnell zu begeistern, politisch noch nicht gefestigt, auf der Suche nach Zusammenhalt und Anerkennung.
Rechtsextremismus: Propagandadelikte und Volksverhetzung sind besonders häufig
In 2024 hätten die Behörden in NRW 5.641 Straftaten durch Rechtsextremisten gezählt, im Vorjahr seien es 3.549 gewesen. In 78 Prozent der Fälle habe es sich um Propagandadelikte (3.511) und Volksverhetzung (839) gehandelt. Die Anzahl der Gewaltdelikte durch Rechtsextreme stieg dem Lagebild zufolge mit 154 Straftaten gegenüber dem Vorjahr (2023: 116) ebenfalls um 33 Prozent an. In den meisten Fällen (94 Prozent) handelte es sich hier um Körperverletzungen (145).
Innenminister Herbert Reul
„Der Rechtsextremismus bleibt die größte Bedrohung für unsere Demokratie“, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) am Mittwoch bei der Vorstellung des Lagebildes Rechtsextremismus.
© DPA Images | Christoph Reichwein
Hasskriminalität stieg um 43 Prozent von 1.432 auf 2.049 Straftaten an. Auch der Anteil der Tatverdächtigen in der Altersgruppe der 14- bis 17-Jährigen hat sich erhöht. 287 Jugendliche in 2024 im Vergleich zu 100 ein Jahr zuvor.
Die Aufklärungsquote der bekannt gewordenen Gewaltdelikte lag laut dem NRW-Innenministerium wie im Vorjahr bei 72 Prozent.
Innenminister Herbert Reul (CDU): „Rechte Szene ist jünger und moderner geworden“
Um seine Ideologie zu verbreiten, setze der Rechtsextremismus auf die „Strategie der Entgrenzung“ und mobilisiere viele Menschen insbesondere über die sozialen Medien. Auch rechtsextremistische Radikalisierung geschehe -- ähnlich wie islamistische Radikalisierung - heute immer öfter online.
„Rechtsextremistischer Lifestyle bedeutet zum Beispiel Präsenz auf Gaming-Plattformen. Rechtsextremisten mischten sich in die Welt der Video- und Computerspiele, denn dort gebe es etwas für sie zu holen. „Der Verband der deutschen Games-Branche schätzt, dass rund 34 Millionen Menschen in Deutschland ihre Freizeit mit Videospielen verbringen“, sagte Reul.
„Ein ganz anderer, absurder Blick auf die Welt“, in der es angeblich nur Freunde und Feinde gibt
Im Kommen seien auch so genannte „Active Clubs“: „Diese Clubs kommen ursprünglich aus den USA und haben auch hier immer mehr Zulauf. Junge Erwachsene werden dort beeinflusst und in die rechtsextremistische Szene integriert. Man macht zusammen zum Beispiel Ausflüge oder geht auf Konzerte“, so Reul.
Teil dieser Radikalisierung sei der „ganz andere, absurde Blick auf die Welt“. Da werde ganz selbstverständlich zwischen Freund und Feind unterschieden, zwischen Muslim oder Nicht-Muslim, zwischen Jude oder Nicht-Jude. Und Es werde Hass geschürt auf Sinti und Roma, Politiker demokratischer Parteien oder Journalisten. Ein Teil dieser gewaltbereiten Szene folge dabei der Tradition des historischen Nationalsozialismus, wie Reul es ausdrückte. „Unsere eigene Vergangenheit muss uns schon Lehrmeister sein“, ergänzte der Innenminister.
NRW-Innenminister Reul zeigte während der Pressekonferenz ein kurzes Video, das die Strategien von heutigen Rechtsextremisten beleuchtet:
Innenminister Herbert Reuel zeigt auf einer Pressekonferenz ein Video, das die Entwicklung in der Szene beleuchtet.
Das Rezept gegen Extremisten: Prävention, Repression und Widerspruch
Um gegen den immer schlimmer werdenden Rechtsextremismus in NRW und in Deutschland vorzugehen, brauche es nach Reuls Einschätzung drei Dinge. Erstens  Prävention: Menschen, vor allem junge, müssten über die „Falle“ Rechtsextremismus aufgeklärt werden. Zweitens Repression: Das heißt: Konsequente Verfolgung von Straftaten, Verbot von extremistischen Vereinen, Entzug von Waffenerlaubnissen. Telekommunikationsunternehmen müssten verpflichtet werden, extremistische Kommunikation zu entschlüsseln, auch dann, wenn die Daten im Ausland gespeichert seien. Schließlich dürften „die Befugnisse der Sicherheitsbehörden der Technik und dem Verhalten der Nutzer nicht hinterherhinken“. Hass und Hetze in sozialen Medien könnten nur verhindert werden, wenn Nutzer, die Straftaten begehen, identifiziert würden. Die Betreiber sozialer Medien wie „X“ oder „TikTok“ müssten dazu verpflichtet werden, solche Inhalte auch selbst aufzuspüren und zu löschen. Drittens gesamtgesellschaftliche Verantwortung: „Der beste Verfassungsschutz besteht aus mündigen Bürgerinnen und Bürgern, die für ihre Demokratie eintreten“, so Reul.
Übrigens: Auch die Justiz in NRW beobachtet den angeführten Trend. Die Staatsanwaltschaften haben 2024 erheblich mehr Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts islamfeindlicher oder rechts motivierter Straftaten eingeleitet als ein Jahr zuvor.
Die neuen Lagebilder
Nach dem Lagebild Islamismus, das im Mai 2024 veröffentlicht wurde, handelt es sich mit dem Lagebild Rechtsextremismus um das zweite, das einen Extremismusbereich explizit beleuchtet. Im schwarz-grünen Koalitionsvertrag sind zudem weitere Lagebilder zu den Phänomenbereichen Linksextremismus und auslandsbezogener Extremismus vereinbart.
Die innenpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Christina Kampmann, sagte am Mittwoch: „Die im neuen Lagebild Rechtsextremismus veröffentlichten Zahlen und Erkenntnisse sind alarmierend. Die steigende Zahl rechtsextremistisch motivierter Straftaten und die zunehmende Radikalisierung, die verstärkt über soziale Medien erfolgt, stellen eine erhebliche Bedrohung für unsere Gesellschaft dar. Der Rechtsextremismus bleibt aktuell die größte Herausforderung für unsere Demokratie. Es ist unerlässlich, dass wir uns dieser Gefahr mit aller Macht des Rechtsstaates entgegenstellen. Die zunehmende Verbreitung von Hass und Hetze müssen uns allen eine Mahnung sein, entschlossen zu handeln und den rechten Extremismus nicht weiter Fuß fassen zu lassen.“
Verena Schäffer, Fraktionschefin der Grünen im Landtag, reagierte so: „Jeden Tag werden in NRW 15 rechtsextreme Straftaten begangen. Mit 5641 Straftaten gab es 2024 den Höchststand rechtsextrem motivierter Straftaten in NRW. Seit 2001 das Erfassungssystem für politisch motivierte Kriminalität eingeführt wurde, hat es nie so dramatisch hohe Zahlen gegeben wie heute. Das zeigt: Der Rechtsextremismus ist weiterhin die größte und eine wachsende Gefahr für unsere Demokratie. Der neue Höchststand rechtsextrem motivierter Straftaten in Nordrhein-Westfalen muss alle Demokratinnen und Demokraten alarmieren.“
Grünen-Fraktionschefin sieht einen Bezug zu den Wahlerfolgen der AfD
Besonders besorgniserregend sei der erneute massive Anstieg antisemitischer Straftaten um 27 Prozent, islamfeindlicher Straftaten um 26 Prozent und queerfeindlicher Straftaten um 68 Prozent. Rechtsextreme fühlten sich offensichtlich bestärkt durch die Wahlergebnisse der „verfassungsfeindlichen, rassistischen AfD“ und griffen gezielt Minderheiten an. Schäffer: „Diese Angriffe treffen unsere Nachbarinnen, Kollegen und Schulfreunde. Wir müssen als Gesellschaft diese Gewalt und Menschenfeindlichkeit stoppen.“
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Extremismus
Haftstrafen im Rechtsrock-Prozess in Lüneburg gefordert

Fünf Männer stehen vor Gericht, weil sie Musik bekannter Bands aus der rechten Szene verkauft haben sollen. Die Staatsanwaltschaft zeichnet ein düsteres Geschäftsmodell und fordert Haftstrafen.
Fünf Männer sollen Musik bekannter Bands aus der rechten Szene europaweit verkauft haben. (Archivbild) Foto: Philipp Schulze/dpa

von dpa
17.03.2025  |  17:14 Uhr

Die Generalstaatsanwaltschaft Celle hat im Lüneburger Rechtsrock-Prozess ein jahrelanges, lukratives Geschäftsmodell mit gewaltverherrlichender Rechtsrockmusik durchleuchtet. Vor allem ein 35-Jähriger aus Bardowick bei Lüneburg habe als Rädelsführer Tonträger mit volksverhetzendem Inhalt verkauft und produziert. Für den vorbestraften Mann forderte die Generalstaatsanwaltschaft am Montag eine Haftstrafe von drei Jahren und acht Monaten.
Der Hauptangeklagte, der monatelang in Untersuchungshaft saß, soll mit zwei Kollegen aus Hamburg und Sachsen eng zusammengearbeitet haben. „Er wollte Anerkennung, eine Größe in der Szene werden“, führte die Staatsanwältin aus. Von 2018 bis Oktober 2023 sei sein Netzwerk immer größer geworden, er habe sich professionalisiert. Ein legales Musikgeschäft in Hamburg habe zur Verschleierung des Verkaufs von Platten mit rechter Musik gedient.
Netzwerk wurde immer größer
In seiner Einlassung hatte der 35-Jährige erzählt, dass die Zahlungsmoral der Kunden von Rechtsrock besonders gut sei. Zehn Jahre habe er seinen Lebensunterhalt mit dem Verkauf von Platten bestritten und einen der Mitangeklagten aus Hamburg in seiner Firma angestellt. Für diesen Mann steht ein Strafmaß von drei Jahren und zwei Monaten im Raum.
Zusammen mit einem Techniker, für den zweieinhalb Jahre Haft gefordert wurden, hätten die Angeklagten als Trio eine kriminelle Vereinigung gebildet, sagte die Staatsanwältin. Zwei weitere Männer – einer aus Berlin, einer aus Baden-Württemberg – sollen Lizenzen besorgt und Cover gestaltet haben. Sie könnten mit Bewährungsstrafen unter zwei Jahren davonkommen.
In den Liedern bekannter Bands, die das Trio vertrieb, werde der Holocaust geleugnet und Größen des NS-Regimes würden verherrlicht, führte die Staatsanwältin in ihrem rund dreistündigen Plädoyer aus. Die Texte riefen zu Hass und exzessiver Gewalt gegen Ausländer auf und stachelten unter anderem gegen Juden und Schwarze auf. Die Tonträger hätten zutiefst menschenverachtende, grausame Inhalte.
Gruppe soll mehr als 28.000 Tonträger verkauft haben
Die Männer zwischen 35 und 54 Jahren sollen mehr als 28.000 Tonträger verkauft und geschätzt mindestens 285.000 Euro erwirtschaftet haben, wie aus der Anklage der Celler Staatsanwaltschaft hervorgeht.
Die Plattencover zeigen in zahlreichen Fällen verbotene Symbole des Nationalsozialismus wie die doppelte Sig-Rune als Kennzeichen der SS, das stilisierte Totenkopfsymbol der SS sowie Losungen der SA, der NSDAP und der Hitlerjugend, wie die Staatsanwaltschaft auflistete.
https://bnn.de/nachrichten/



Gewalt von rechts
Mehr Ermittlungen wegen Hasskriminalität von rechts in NRW

13.03.2025, 15:52 Uhr • Lesezeit: 2 Minuten
Rechte Gewalt nimmt zu
Vor den Staatsanwaltschaften landen vermehrt Verdachtsfälle rechts motivierter Kriminalität. (Symbolbild)
© picture-alliance/ dpa | Bernd Thissen
Düsseldorf. Polizei und Justiz in NRW kämpfen gegen Islamfeindlichkeit und Hasskriminalität. Ermittlungen häufen sich, doch viele Täter bleiben unentdeckt.
Die Staatsanwaltschaften haben 2024 in Nordrhein-Westfalen erheblich mehr Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts islamfeindlicher oder rechts motivierter Straftaten eingeleitet als ein Jahr zuvor. Das geht aus Antworten des Düsseldorfer Innenministeriums auf Anfragen aus der AfD-Landtagsfraktion hervor.
Im Bereich rechts motivierter Verdachtsfälle leiteten die Staatsanwaltschaften demnach im vergangenen Jahr mit fast 8000 Ermittlungsverfahren rund 40 Prozent mehr ein als 2023. Zu rechts motivierter Kriminalität zählen beispielsweise verbale oder physische Straftaten gegen Ausländer, Angriffe auf Asylbewerbereinrichtungen oder auf den Staat und seine Symbole.
Gewalt aus dem rechten Spektrum: Hass auf Andersgläubige
Im Tatkomplex „Islamfeindliche Straftaten“ wurden 544 Ermittlungsverfahren eingeleitet, das sind doppelt so viele wie ein Jahr zuvor. Gegen 87 Verdächtige wurde deswegen Anklage erhoben beziehungsweise der Erlass eines Strafbefehls beantragt (2023: 54). 43 Personen wurden verurteilt (2023: 28). Zur Einstellung der Ermittlungen kam es in 383 Fällen (2023: 160). Grund für die Einstellung war in 159 Verfahren (2023: 47), dass ein Tatverdächtiger nicht ermittelt werden konnte, heißt es im Bericht des Innenministeriums.
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Im Bereich rechts motivierter Kriminalität wurde demnach gegen 1148 Verdächtige Anklage erhoben beziehungsweise der Erlass eines Strafbefehls beantragt (2023: 780). 510 Personen wurden verurteilt (2023: 381). Zur Einstellung der Ermittlungen kam es in 6246 Fällen (2023: 4326). Auch hier war in 3136 Verfahren (2023: 1959) Grund für die Einstellung, dass kein Tatverdächtiger ermittelt werden konnte.
Sowohl für diesen Deliktbereich als auch bei islamfeindlichen Straftaten gibt es noch keine endgültige Bilanz zu neuen Fallzahlen. Der Abgleich der Landeskriminalämter mit dem Bundeskriminalamt für das Jahr 2024 sei noch nicht abgeschlossen, antwortete das Innenministerium der AfD. 2023 waren in NRW 3549 Verdachtsfälle rechts motivierter Straftaten und 269 Fälle mit mutmaßlich islamfeindlichem Hintergrund erfasst worden. (dpa/lnw)
https://www.waz.de/


Demonstrationen gegen rechts – Misstrauen oder Hoffnung?

Stand:11.03.2025, 18:02 Uhr
Von: Aleida Assmann
08.03.2025, Bremen: Teilnehmerinnen einer Demonstration zum Weltfrauentag ziehen mit Plakaten durch die Innenstadt. In Bremen steht der Demonstrationszug unter dem Motto ·Gemeinsam gegen Faschismus, Feminismus heißt Widerstand!·. Foto: Focke Strangmann/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Demonstration gegen Faschismus. © dpa
Demonstrationen gegen rechts schützen die Demokratie, der Angriff von der CDU schadet ihr.
Einen Tag nach der Bundestagswahl hat die CDU/CSU-Fraktion eine „Kleine Anfrage“ im Parlament gestellt, die ein Paket von 551 Fragen enthält. Diese Anfrage, die das Augenmerk auf Fragen der Gemeinnützigkeit und die politische Neutralität staatlich geförderter Institutionen“ richtet, hat viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen, weil sie als ein erster Akt des neuen politischen Handelns zugleich einen neuen Politikstil ankündigt. Es geht dabei konkret um Demos gegen rechts, die vor und nach der Wahl in vielen deutschen Städten stattgefunden haben und weiter stattfanden, im Norden wie im Süden, im Osten wie im Westen. Ein solcher Einsatz für die Demokratie, der über Generationen und Parteien hinweg ein Bündnis gegen rechts bildet, ist für mich immer noch außergewöhnlich. Vor einem Jahr habe ich dieses Engagement zum ersten Mal erlebt.
Was war diesmal der Anlass? Am 29.1. 2025 standen im Parlament zum ersten Mal zwei Anträge zur Abstimmung, die mit den Stimmen der AfD angenommen wurden. Wenn es der richtige Antrag ist, so hatte Friedrich Merz zuvor die Gemüter beschwichtigt, dann ist es egal, wenn er von den Falschen unterstützt wird! Nach der Abstimmung war diese Siegesgewissheit verflogen. An den betretenen Gesichtern der CDU und am Jubel der AfD konnte jeder ablesen, dass hier eine „Brandmauer“ gefallen war. Dieses Wort rückte umgehend an die 1. Stelle in politischen Debatten und löste weitere Demonstrationen aus.
Diese Welle der Demos gegen rechts stand in einer neuen Tradition, die im Januar 2024 begonnen hat. Der Impuls, der damals die Lunte gezündet hatte, war eine Recherche des Journalistennetzwerks Correctiv, das eine Verschwörung aufgedeckt hatte. Sie veröffentlichten Bilder und Namen von Personen, die sich in einer Potsdamer Villa getroffen hatten, um im großen Stil Pläne für die Abschiebung von Menschen mit nicht-deutscher Herkunft zu planen. Die Aktion lief unter dem Code-Wort ‚Remigration‘. Die Demos erhielten einen überraschenden Zulauf. Nicht nur ältere, auch jüngere Menschen, die in diesem Land leben, konnten nicht umhin, durch dieses Wort das Wort ‚Deportation‘ hindurchzuhören.
Von diesen Demonstrationen zeigte sich damals der ehemalige Bundesinnenminister der FDP, Gerhart Baum tief beeindruckt. Er ist 1932 in Dresden geboren und hat dort die Nazi-Zeit und den Bombenangriff erlebt. Seine aktive Zeit als Innenminister fiel in die Zeit 1978-1982, die dunklen Jahre des linken Terrors der RAF. Er hat sein Leben lang auch als Menschenrechts-Anwalt gearbeitet. Durch seine klare Position und öffentlichen Auftritte im Fernsehen wurde er zur Stimme des außerparlamentarischen Liberalismus. Gerhart Baum ist am 15. Februar 2025 mit 92 Jahren gestorben. „Sein Eintreten für die liberale Republik, seine Diskussions- und Meinungsfreude hatten tiefe Wurzeln in einem Deutschland unter totaler Herrschaft“ schreibt Peter Carstens in seinem Nachruf in der FAZ (17.2.2025). Und der Kölner Stadtanzeiger schrieb: „Mit Gerhart Baum verbindet man weniger ein Projekt als einen Kompass. Weil er als integrer Politiker und Menschenrechtler 70 Jahre für die Demokratie gerungen hat, ist er zu einem Gewissen seiner Zeit geworden.“
Mit über 90 Jahren war Baum ein engagierter Zeitgenosse mit Langzeiterfahrung, der die Serie der Demos gegen rechts im Januar 2024 ausführlich kommentierte. Seine Worte klingen heute wie ein Vermächtnis. Er war der Meinung, dass viel zu spät reagiert wurde auf den erstarkenden Rechtsextremismus. „Und jetzt hat es diesen Knall gegeben mit diesem Geheimtreffen und jetzt sind die Politiker aufgewacht. (...) Wir müssen den Menschen sagen: Ihr seid wirklich in einem Land, das mit Rassismus eine Weltkatastrophe angerichtet hat, auf einem gefährlichen Weg. (...) Das ist wahrscheinlich auch eine Grundströmung in der deutschen Geschichte – die völkische Arroganz, ‚Wir sind die Herrenrasse. Ein Volk, ein Reich, ein Führer‘. Das habe ich als Kind gelesen auf den Plakaten in Dresden. (...) Auch die Gleichgültigen sind eine Gefahr für das Grundgesetz. Ich hatte immer wieder die Befürchtung, dass die Bindungskraft des Grundgesetzes, also der besten Verfassung, die die Deutschen je hatten, nachlässt. Seit gestern bin ich etwas positiver. Ja, das ist absolut ein Hoffnungsschimmer. Die jungen Leute haben begriffen, welcher Gefährdung unsere Republik ausgesetzt ist.“
Frieden, Freiheit
Genau so habe ich die Demonstrationen gegen rechts vor einem Jahr und jetzt wieder in den deutschen Städten erlebt, als Hoffnungsschimmer: dass sich Menschen aller Altersgruppen, Lebensformen oder politischen Gruppierungen zusammentaten, um ein gemeinsames Bekenntnis zur Stärkung der Demokratie abzulegen. Wie vor einem Jahr sprang auch im Januar und Februar 2025 der Funke noch einmal von einer Stadt zur anderen. Nach der gereizten und polarisierten Sprache im Wahlkampf war dies eine Erholung. Es gab also doch noch etwas Verbindendes, und das war, um es klar zu sagen, nicht das Feindbild der AfD, sondern das, was die Demonstrierenden gemeinsam schätzten, verteidigten und erhalten wissen wollten: ihre Demokratie.
Die Stimmung auf den Demos ließ sich in 3 Fs zusammenfassen: Frieden, Freiheit, Freundlichkeit. Das ist ganz nah an der Vision, die der Friedenspreisträger Boualem Sensal 2011 in seiner Friedenspreisrede entwarf und die er immer noch mutig und beharrlich verkörpert im Angesicht des Hasses und der Gewalt des politischen Nationalismus und politischen Islamismus, dem er heute in den Gefängnissen seines Heimatlands Algerien ausgesetzt ist. Er, der um sein Leben fürchten muss in seinem unglücklich zerrissenen Land, setzt seine Hoffnung in die Stärke der Demokratie, denn er ist überzeugt: „wer nicht frei ist, wird niemals einen anderen achten“.
Wie verteidigen?
Wie Gerhart Baum hat mich die Welle der Demos gegen rechts mit Hoffnung erfüllt. Sie war für mich der Beweis, dass unsere Demokratie funktioniert - sowohl von oben durch die gewählten Vertreter im Parlament, als auch durch die lokale Zivilgesellschaft vor Ort, die ihre Stimmen erhebt und mit ihren Füssen abstimmt. Das eine nennt man Repräsentation, das andere nennt man Teilhabe – beides gehört zur Demokratie.
Nach der Wahl dachte ich: Herr Merz kann stolz sein auf dieses Land, das er nun zu regieren antritt. Umso überraschter war ich, als ich hörte, dass er auf diese Demos nicht mit Stolz und Freude reagierte, sondern mit Verdruss, Verdacht und Misstrauen. Er sah in ihnen kein Bekenntnis zur Demokratie, sondern den Ausdruck einer Zivilgesellschaft, die seiner Kontrolle entgleitet.
Durch die mail eines mir unbekannten Mitbürgers wurde ich bald belehrt, warum die Omas gegen rechts, ich selbst eingeschlossen, von manchen als feindlich und gefährlich eingestuft werden: „Diese sogenannte Zivilgesellschaft ist mitnichten repräsentativ für die Bevölkerung: Sie ist ein Sammelbecken Linker bis Linksaußen Aktiver. Es fehlt jedwede Abgewogenheit in deren Betätigungsfeld. Diese Leute repräsentieren nicht die Zivilgesellschaft, das sind Mitglieder von linken Vorfeld Truppen. Aus dem Grund ist es mehr als richtig Ihnen die Mittel zu entziehen.“
Ich möchte nicht glauben, dass Herr Merz das auch so sieht. Aber ich hätte gern von ihm gehört, wie sich die Demokratie gegen den organisierten Frontalangriff vom ultrarechten Flügel verteidigen soll? So wie der Staat die Regierung als Stütze hat, braucht in einer Demokratie das Staatsvolk die Zivilgesellschaft als Organ der Artikulation, Mitgestaltung und Selbstverteidigung. Man sollte sie als politischen Akteur anerkennen und nicht unterschätzen. Das ist der Hoffnungsschimmer, den ich mit Gerhart Baum teile.
https://www.fr.de/kultur/



Talkshow "Markus Lanz"
Alice Weidel hält "sehr viel" von Rechtsextremist

07.03.2025  07:24 Uhr
AfD-Chefin Alice Weidel bei einer Pressekonferenz (Archivbild)

© Bernd Elmenthaler / Future Image / Action Press
Bei Markus Lanz schwärmt die AfD-Chefin Alice Weidel von einem Parteifreund. Sie und der Rechtsextremist seien "zusammengerückt". Eine bemerkenswerte Wendung.
Markus Lanz lässt sie viel reden. Sehr viel. Am Donnerstagabend ist die AfD-Chefin Alice Weidel in der beliebten ZDF-Talkshow zu Gast. Es ist ein Parforceritt durch die wichtigsten Themen der Zeit: die Auswirkungen von Trumps Regierung im Weißen Haus auf Europa, die deutsche Ukraine-Politik, die Schuldenbremse. Und es geht um den Thüringer AfD-Landeschef Björn Höcke.
Er ist wohl der bekannteste Rechtsextremist Deutschlands. Vor wenigen Monaten hatte Höcke eine antisemitische Karikatur verbreitet. Er ist verurteilt wegen des "Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen". In seinem Buch schrieb er, man werde beim "Remigrationsprojekt" nicht um eine Politik "der wohltemperierten Grausamkeit herumkommen".
Alice Weidel und Björn Höcke
Alice Weidel und Björn Höcke bei der Wahlparty der AfD nach der Bundestagswahl
© Sören Stache / dpa-Pool / DPA
Für den ersten, bundesweit viel diskutierten Aufschrei aber sorgte er im Jahr 2017 mit seiner Dresdner Rede. Damals sagte er: "Wir Deutschen, also unser Volk, sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat." Er forderte unter anderem: "Wir brauchen eine Erinnerungskultur, die uns vor allen Dingen und zuallererst mit den großartigen Leistungen der Altvorderen in Berührung bringt."
Höcke: Gefangen in Thüringen
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Alice Weidel über Björn Höcke: "Sind zusammengerückt"
Die Empörung war damals groß. Schon damals kommentierte der emeritierte Antisemitismusforscher an der TU Berlin, Wolfgang Benz, im Deutschlandfunk: "Das, was er da (…) wieder verzapft hat, das ist Rechtsradikalismus pur."
Auch Alice Weidel sei damals "schockiert" gewesen über diese Rede, sagt sie am Donnerstagabend im Studio von Markus Lanz. Aber sie relativiert gleich: "Er konnte es sehr gut erklären." Was er genau erklären konnte und wie diese Äußerungen überhaupt zu erklären sind, sagt sie nicht. Aber: Sie habe den Rechtsextremisten "in der Zwischenzeit, in den letzten Jahren, sehr gut kennenlernen" können.
Der AfD-Abgeordnete Maximilian Krah
Rechtsradikale
So extrem ist die neue AfD-Fraktion im Bundestag
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Und so berichtet sie, wie es zu einer absoluten Wende in ihrem Verhältnis zu Björn Höcke kommen konnte. Denn mittlerweile sei es so: "Wir sind zusammengerückt. Ich halte sehr viel von Björn Höcke."
Kurswechsel in der AfD-Spitze?
Erst im vergangenen Monat forderte Markus Lanz den AfD-Co-Chef Tino Chrupalla auf, sich von Höcke zu distanzieren. Doch Chrupalla wich aus. Er habe die Sätze ja nicht gesagt, argumentierte er damals. Seine Co-Vorsitzende geht nun also viel weiter: "Der Mann möchte Ministerpräsident von Thüringen werden. Und er wird es auch", sagt sie über Höcke am Donnerstagabend. Sie werde ihn dabei "nach Kräften" unterstützen.
Tino Chrupalla in der ZDF-Talkshow von Markus Lanz
AfD-Chef
Tino Chrupalla wird nach Björn Höcke gefragt – und versucht abzulenken
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Einer der Gäste von Markus Lanz, der Vorsitzende der Jugendorganisation Junge Union, wirft ein: "Was hat sich denn in der Zwischenzeit geändert?" Alice Weidel antwortet nicht, sondern lenkt ab. Sie redet weiter, darüber, dass "alles in Unordnung" geraten sei in Deutschland. Und dass die CDU "eine Herrschaft des Unrechts" etabliert habe. Wie sie das gemacht haben soll, ohne in den vergangenen Jahren regiert zu haben, erklärt sie nicht.
Markus Lanz ist bis dahin still geblieben. Dann wirft er ein: "[Höcke] hat nie etwas davon zurückgenommen." Doch Alice Weidel ignoriert ihn einfach.
sip
https://www.stern.de/


Weiterhin rechtsextreme Musik bei Burschenschaft "Teutonia Prag"

07.03.2025, 08:25 Uhr
Seit 2023 beobachtet der Verfassungsschutz die Würzburger Burschenschaft "Teutonia Prag", der auch AfD-Politiker Daniel Halemba beigetreten war. BR-Recherchen zeigen: Im Anwesen der Burschen wird offenbar weiterhin zu rechtsextremer Musik gefeiert.
Von
Pirmin Breninek
Jonas Miller
Über dieses Thema berichtet: Mittags in Mainfranken am 07.03.2025 um 12:05 Uhr.
Die Würzburger Burschenschaft "Teutonia Prag" sorgt wegen rechtsextremer Umtriebe immer wieder für Schlagzeilen. Seit mehr als einem Jahr stuft der Verfassungsschutz den aktiven Teil der Burschenschaft als rechtsextrem ein. Das sorgte innerhalb der Studentenverbindung für Unruhe, sogar eine Auflösung stand im Raum. Doch im Anwesen der Burschen wird offenbar weiterhin zu rechtsextremer Musik gefeiert. Das legt ein Video nahe, das dem BR zugespielt wurde.
"Diese Party wird jetzt rechtsradikal"
Das Video soll vor wenigen Monaten bei einer Feier der "Teutonia Prag" aufgenommen worden sein. Dabei läuft in hoher Lautstärke ein Titel des Schlager-Sängers "Johnny Zahngold". Alben des Musikers tragen Titel wie "Bambule Randale Rechtsradikale" oder "Regler nach rechts!". Der Verfassungsschutz Rheinland-Pfalz hat ihn als rechtsextrem eingestuft [Externer Link]. Der Inlandsgeheimdienst spricht von sogenanntem "Fascho-Schlager".
In dem Video ist der Refrain eines Liedes des Sängers zu hören. In dem Refrain grölt eine Männerstimme immer wieder: "Diese Party wird jetzt rechtsradikal". Aufgenommen wurde das Video in einem Gemeinschaftsraum der "Teutonia Prag". Das hat eine Person, die das Anwesen kennt, dem BR bestätigt. Der Raum ist auch bei Instagram zu sehen. Um seine Quellen zu schützen, kann der BR in seiner Berichterstattung nur die Ton-Spur des Videos veröffentlichen.
"Teutonia Prag" als rechtsextrem eingestuft
Im November 2023 hat das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz den aktiven Teil der "Teutonia Prag zu Würzburg" als rechtsextrem eingestuft. Zwei Monate zuvor fand eine Razzia in dem Anwesen statt. Die Ermittler fanden unter anderem Waffen und Nazi-Devotionalien. Auch der AfD-Politiker Daniel Halemba wohnte zum Zeitpunkt der Razzia in dem Haus. Er zog im Oktober 2023 in den Bayerischen Landtag ein. An der Gesinnung der Burschen hat sich seit Herbst 2023 offenbar wenig geändert.
Die Ermittlungen gegen Daniel Halemba dauern an. Unter anderem soll auf seiner Geburtstagsfeier im Juli 2022 im Anwesen der Studentenverbindung Musik der rechtsextremen Band "Landser" gelaufen sein. Die Staatsanwaltschaft Würzburg hat Anklage erhoben und wertet die Inhalte des Liedes als volksverhetzend, "da sie zum Hass gegen die in Deutschland lebende türkische Bevölkerung aufstacheln". Halemba bestreitet diesen und weitere Vorwürfe. Das Landgericht Würzburg hat noch nicht entschieden, ob die Anklage zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet wird.
Halemba steht Burschenschaft weiterhin nahe
Bereits vor mehreren Jahren berichtete die "Main-Post", dass im Anwesen der "Teutonia Prag" laut Rechtsrock abgespielt worden sei [Externer Link, möglicherweise Bezahl-Inhalt]. Auch dem Landesamt für Verfassungsschutz sind Hinweise über Beschwerden von Anwohnern bekannt, die rechtsextreme Lieder aus dem Haus gehört haben.
Bei der Feier vor wenigen Monaten, bei der rechtsextremer Schlager gelaufen sein soll, war Daniel Halemba nach BR-Informationen nicht anwesend. Bislang hat er sich öffentlich nicht von der Burschenschaft distanziert. Auf eine Anfrage hat der Landtagsabgeordnete umfassend geantwortet. Er bittet allerdings darum, dass aus den Antworten nicht zitiert wird, auch nicht indirekt. Die "Teutonia Prag" hat auf eine Anfrage nicht reagiert.
NS-Kunst im Burschen-Keller
Außerdem liegen dem BR exklusiv Fotos vor, die aus einem Kellerraum des Anwesens stammen sollen. Zu sehen sind an einer Kellerwand befestigte Bilder von Statuen Arno Brekers. Der Bildhauer gilt als ein prominenter Künstler des sogenannten "Dritten Reichs". Die Bilder zeigen unter anderem die Werke "Die Partei" und "Die Wehrmacht", wie sie sich auch im Ehrenhof der "Neuen Reichskanzlei" in Berlin befanden. Das Gebäude wurde unter Adolf Hitler errichtet.
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Diese Bilder sollen in einem Kellerraum der "Teutonia Prag" angebracht sein.
Bildrechte: Privat
Wieso die "Teutonia Prag" gerade diese Bilder in ihrem Anwesen hängen hat? Dazu äußerte sich die Burschenschaft ebenfalls nicht. Halemba bittet auch in diesem Fall darum, dass seine Antworten weder direkt noch indirekt zitiert werden.
Ein Burschenschafter, der die "Teutonia Prag" kennt, bestätigt dem BR, dass die Bilder bereits seit vielen Monaten in dem Keller hängen sollen. Wohl aus "Faszination für den Herrenmenschen", ganz nach NS-Ideologie, so die Quelle.
https://www.br.de/


„Sind definitiv schockiert“: Rassismus-Eklat beim Karnevalsumzug in Hamm

Stand:06.03.2025, 04:42 Uhr
Von: Frank Lahme
Eishockey-Fans sorgten auf dem Rosenmontagsumzug in Hamm mit rechten Parolen für einen Eklat. Der Staatsschutz nimmt die Ermittlungen auf.
Hamm – Es waren nicht nur Helau-Rufe, die am Rosenmontag von den Teilnehmern am Hammer Karnevalsumzug angestimmt wurden. „Ausländer raus“ und „Deutschland den Deutschen“ wurde von offensichtlich angetrunkenen Fans der Hammer Eisbären skandiert, als der närrische Lindwurm am frühen Nachmittag im Hammer Westen an der Wilhelmstraße angelangt war. Ein entsprechendes Video mit den verstörenden Szenen wurde bis Dienstagvormittag 30 000 Mal bei „Instagram“ geteilt und schließlich am Mittag von den Administratoren des sozialen Netzwerks („aus Datenschutzgründen“) wieder vom Netz genommen.
„Ausländer raus“-Parolen auf Rosenmontagsumzug in Hamm
Folgenlos wird das Geschehen nun dennoch nicht bleiben. Neben der Hammer Polizei wird sich wohl auch der Staatsschutz in die Ermittlungen einschalten. Die Hammer Karnevalisten sind entsetzt und kündigten für diesen Mittwoch eine Strafanzeige an. Die Hammer Eisbären reagierten am Dienstagmittag mit einer Stellungnahme und gingen klar auf Distanz zu ihren Fans – Stadionverbote inklusive.
Der Vorfall trug sich in Höhe der Josefstraße zu, dort wo viele Menschen mit Migrationshintergrund leben. Die Umzugswagen hatten laut einem Augenzeugen kurz anhalten müssen, als die Eisbären-Fans, die aktiver Teil des Zuges waren, den Schlager von Gigi D’Agostino („L‘amour toujours“) in der 2024 auf Sylt bekanntgewordenen „Ausländer-Raus“-Version anstimmten.
Rosenmontagsumzug Hamm 2025 Teil 1
Fotostrecke ansehen
Auf dem 12 Sekunden langen Video sind zunächst drei junge Männer im Fantrikot zu sehen, die mit erhobenen Händen herumgrölen. Sie finden ihr Tun und sich selbst offenbar witzig. Zwei von ihnen lassen davon ab, als sie sich dem Videofilmer nähern. Der Dritte macht weiter und krakeelt „Deutschland den Deutschen“ und „Ausländer raus“. Die Passanten am Straßenrand blicken beschämt zur Seite, bekommen das Ganze vielleicht aber auch gar nicht mit.
Hammer Eisbären distanzieren sich – Staatsschutz nimmt Ermittlungen auf
Der Polizei wurde das Video im Laufe des Dienstags von diversen Seiten zugespielt. Es gebe auch Hinweise auf den möglichen Tatverdächtigen, sagte Polizeisprecher Daniel Siegesmund wa.de. Neben dem Video seien der Polizei rund um den Rosenmontagsumzug keine weiteren Zwischenfälle mit rassistischem Hintergrund angezeigt worden. Der Staatsschutz aus Dortmund werde die Ermittlungen am Mittwoch übernehmen.
„Wir verurteilen dieses Verhalten auf das Schärfste und distanzieren uns ausdrücklich von der betreffenden Personengruppe. In diesem Zusammenhang verhängen wir ein Stadionverbot für die identifizierten Personen“, teilten die Hammer Eisbären in einer Erklärung mit. Dies betreffe die gesamte Organisation der Hammer Eisbären. „Weder Spieler noch Verantwortliche unserer Organisation waren an diesem Umzug beteiligt.“
„Wir sind definitiv schockiert. Das hat mit unserem Karneval rein gar nichts zu tun“, sagte Pascal Chmielnicki, Medienberater des Festkomitees Hammer Karneval gegenüber wa.de. Es sei schade, dass alles Schöne rund um den Rosenmontag 2025 nun von diesem Ereignis überschattet werde. Man werde sich in Kürze im Vorstand zusammensetzen und über einen möglichen Ausschluss der Hammer Eisbären beraten.
https://www.wa.de/


Pkw-Attacke in Mannheim
Amokfahrer war früher in rechtsextremer Szene aktiv

Nach der Pkw-Attacke in Mannheim schließen Ermittler ein politisches Motiv aus. Aber: Der Festgenommene war offenbar vor Jahren Teil der rechten Szene.
05.03.2025
8:51 Uhr
Durchsuchung der Wohnung von Alexander S., dem Tatverdächtigen der Amokfahrt in Mannheim
Foto: dpa
Konrad Litschko
Von Konrad Litschko
BERLIN taz | Die Ermittler legten sich vorerst fest: Das Pkw-Attentat, bei dem am Montag in der Mannheimer Innenstadt zwei Menschen getötet und elf teils schwer verletzt wurden, habe keinen politischen Hintergrund. Es gebe vielmehr konkrete Hinweise auf eine psychische Erkrankung des festgenommenen Alexander S. Nun aber gibt es laut der Antifa-Recherchegruppe Exif ebenfalls Hinweise, dass der 40-Jährige zumindest in der Vergangenheit politisch aktiv war: in der rechtsextremen Szene.
Demnach zeigen Fotos Alexander S. bei einem Aufmarsch von Rechtsextremen und Reichsbürgern im Oktober 2018 in Berlin. Rund 1.300 Teilnehmende hatten sich damals dem Aufzug des Bündnisses „Wir für Deutschland“ angeschlossen – kurz zuvor war es in Chemnitz zu rechten Unruhen gekommen.
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Laut Exif soll Alexander S. zudem zumindest im Jahr 2018 Teil des „Ring Bunds“ gewesen sein, einer Gruppe aus dem Umfeld eines rechtsextremen Waffennetzwerks. In einer Personenliste eines dort Aktiven soll Alexander S. mit dem Verweis „Ring Bund“ notiert gewesen sein. Zudem soll S. im September 2018 via E-Mail instruiert worden sein, wie man Nachrichten im Entwürfe-Ordner des „Ring Bund“-Accounts austauschen könne.
Rechtsextremer „Ring Bund“ wetterte gegen „Hochfinanz“
Der „Ring Bund“ soll sich laut Exif unter anderem im Februar 2018 in einer von Rechtsextremen genutzten Immobilie im Thüringer Guthmannshausen getroffen haben. Bei Vorträgen sei es um die „Theorie der revolutionären Situation“ gegangen, über „gewaltsamen Widerstand“ oder ein System „der weltweit beherrschenden Hochfinanz“.
Das Waffennetzwerk, an das der „Ring Bund“ angebunden gewesen sei, wiederum flog im Jahr 2020 auf. Laut Ermittlungsergebnissen soll das Netzwerk von 2015 bis 2018 Schusswaffen, darunter Uzis und Pumpguns, von Kroatien nach Deutschland gebracht haben. Drei Männer wurden 2022 vom Landgericht München deshalb zu Freiheitsstrafen bis zu 4 Jahren und 3 Monaten verurteilt.
Die taz hatte damals über interne Mails der Gruppe berichtet. Demnach versuchten Mitglieder an verschiedene rechtsextreme Gruppe wie die Identitären, Pegida, die „Europäische Aktion“ oder die AfD anzudocken. Auch eine eigene Gruppe entstand: die „Patriotische Alternative“, mit der die AfD unterstützt werden sollte.
Mit den Hinweisen auf die wohl rechtsextreme Vergangenheit von Alexander S. stellt sich nun die Frage, ob die Tat von Mannheim womöglich doch politisch motiviert gewesen sein könnte – und ob es Mitwisser des Tatplans gab.
Linke fordert Aufklärung
Die Linken-Bundestagsabgeordnete Clara Bünger kritisierte, dass ein Mann mit möglicher rechtsextremer Vergangenheit einen tödlichen Angriff begehe und „die Politik schaut weg“. Es brauche nun „Aufklärung und Antworten auf Hintergründe zum Täter“.
Ein Sprecher des Polizeipräsidiums Mannheim und eine Sprecherin der Landeskriminalamts Baden-Württemberg sagten der taz, die die Hinweise auf die rechtsextremen Aktivitäten von Alexander S. seien bekannt und würden im Rahmen der Ermittlungen geprüft. Zu klären sei, ob diese für die Tat relevant waren, so der Polizeisprecher. Dazu fänden momentan auch Befragungen des Umfelds des Festgenommenen und Auswertungen seiner Social Media Kommunikation statt.
Die jüngste Durchsuchung der Wohnung von Alexander S. in Ludwigshafen (Rheinland-Pfalz) ergab laut Polizei keine Hinweise auf das Tatmotiv. Die Staatsanwaltschaft Mannheim betonte aber am Mittwochnachmittag, dass es „nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen weiterhin keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass der konkreten Tat ein extremistisches oder politisches Motiv zugrunde lag“. Die Hinweise auf die Kontakte von Alexander S. ins rechtsextreme Milieu 2018 seien bekannt, hieß es auch dort. „Abfragen bei verschiedenen Nachrichtendiensten führten allerdings zu keinen extremismusrelevanten Rückmeldungen. Auch bei den bisher gesichteten Asservaten konnten bislang keinerlei Anhaltspunkte für eine extremistische Gesinnung des Tatverdächtigen gefunden werden.“ Die Auswertungen würden aber „intensiv fortgeführt“.
Die Staatsanwaltschaft erklärte weiter, dass stattdessen aufgrund umfangreicher ärztlicher Unterlagen und einer „Vielzahl sich gegenseitig bestätigender Zeugenaussagen“ davon auszugehen sei, dass bei Alexander S. „seit vielen Jahren“ eine psychische Erkrankung vorliege. Der 40-Jährige habe sich regelmäßig in psychiatrischer Behandlung befunden, im vergangenen Jahr auch stationär. Laut Bild soll sich S. damals an ein Ludwigshafener Krankenhaus gewandt haben, mit der Ansage, er habe sich mit Benzin übergießen und anzünden wollen.
Laut Staatsanwaltschaft erhöhte sich zudem die Zahl der Verletzten auf 14 Personen, darunter auch ein zweijähriges Kind. Vier Personen befänden sich noch im Krankenhaus. Alexander S. war bei der Tat von dem Taxifahrer Muhammad A. gestoppt und darauf von der Polizei festgenommen worden. Zuvor soll sich der 40-Jährige mit einer Schreckschusspistole in den Mund geschossen haben.
Social Media Fotos mit Waffe und vor Panzer
Laut seinem Facebook-Profil studierte Alexander S. Biotechnologie in Darmstadt, er soll als Gärtner gearbeitet haben. Auf Facebook postete er zuletzt nur noch sporadisch und vor allem Tiervideos. In einem Beitrag von 2020 kommentierte er eine Graffiti-Aktion, bei der ein Hakenkreuz übermalt wurde, mit „saugeil“. Ein zweites Profil beim russischen Anbieter VK zeigt dagegen laut Medienberichten nordische Götter und S. mit einem Gewehr im Schießstand sowie posierend vor einem Panzer.
Zudem wurde Alexander S. im August 2019 zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er auf Facebook ein gepostetes Bild von Adolf Hitler mit dem verbotenen Spruch „Sieg Heil from Germany“ kommentierte. Die Strafe betrug 30 Tagessätze zu je 20 Euro, insgesamt also 600 Euro.
Dass die Tat in Mannheim politisch motiviert sein könnte, dafür gebe es bisher keine Hinweise, hatte indes auch Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) betont.
Gegen Alexander S. wurde inzwischen Haftbefehl erlassen. Angaben zur Tat machte er nicht. Im Tatfahrzeug wurde nur ein Zettel gefunden, auf dem kryptische Berechnungen von Geschwindigkeit standen oder Schlagworte wie „Anhalteweg“, „links“, „rechts“. Auch dies werde nun ausgewertet, erklärte die Staatsanwaltschaft. Laut Sicherheitsbehörden fiel Alexander S. in der Vergangenheit wegen einer Körperverletzung, einer Trunkenheitsfahrt und unerlaubten Führens einer Schreckschusswaffe auf einem Schulgelände straffällig auf.
Anm. der Redaktion: Die Reaktion der Staatsanwaltschaft kam erst im Laufe des Nachmittags. Wir haben sie nachträglich in diesen bereits am Morgen publizierten Text eingebaut.
https://taz.de/


Razzia bei Hamburger Polizisten wegen rassistischer Chats

Stand: 05.03.2025 10:26 Uhr
Nach rechtsextremen Chatnachrichten hat es am frühen Dienstagmorgen Durchsuchungen in Hamburg gegeben. Im Fokus der Razzia standen mehrere aktive und auch pensionierte Polizisten.
Im Rahmen anderer Ermittlungen gegen zwei beschuldigte Männer stießen Polizistinnen und Polizisten auf mehrere Zehntausende Chat-Nachrichten, Teile davon mit fremdenfeindlichen, rassistischen Texten und Bildern und solchen, die Gewalt und den Nationalsozialismus verherrlichen. Diese sollen die beiden Beschuldigten über Messenger-Dienste an Kollegen verschickt haben. Am Dienstagmorgen wurden daraufhin die Wohnungen von drei pensionierten und sechs aktiven Polizisten durchsucht. Dabei stellten die Ermittler diverse Handys, Laptops und Speichergeräte sicher. Insgesamt wird gegen 15 Polizisten ermittelt. Zuerst hatte das "Hamburger Abendblatt" darüber berichtet.
Polizisten vorerst suspendiert
Den beschuldigten Polizisten wurden ihre Dienstausweise und die Dienstwaffen abgenommen. Bis auf Weiteres dürfen sie keine Polizeigebäude ohne triftigen Grund betreten. Polizeipräsident Falk Schnabel stellte klar: "Die Polizei Hamburg steht für die Werte unseres Grundgesetzes. Wir sind daher alle aufgefordert, nicht wegzusehen, sondern aktiv einzuschreiten, wo auch immer uns Aussagen begegnen, die diesen Werten widersprechen."
Staatsanwaltschaft ermittelte bereits
Gegen einen jetzt beschuldigten Wasserschutzpolizisten wurde wegen eines anderen Verfahrens bereits ermittelt. Dieses wurde jedoch von der Staatsanwaltschaft eingestellt. Bei einem zweiten Beschuldigten handelt es sich um einen Schutzpolizisten aus Hamburg. Gegen ihn wurde auch bereits vorher aufgrund seiner Äußerungen in den sozialen Medien ermittelt. Er wurde anschließend zu einer Geldstrafe verurteilt. Gegen alle 15 Verdächtigen im Alter von 44 bis 61 Jahren sind Disziplinarverfahren eingeleitet worden.
Dieses Thema im Programm:
NDR 90,3 | NDR 90,3 Aktuell | 04.03.2025 | 17:00 Uhr
https://www.ndr.de/


Recherche brachte Menschen auf die Straße: Journalisten von „Correctiv“ erhalten Kasseler Demokratie-Preis

Stand:04.03.2025, 17:12 Uhr
Von: Matthias Lohr
Kommentare
Am 20. Januar 2024 demonstrierten auf dem Friedrichsplatz in Kassel 15.000 Menschen gegen Rechtsextremismus. Anlass war die „Correctiv“-Berichterstattung über ein Geheimtreffen in Potsdam.
Eine Folge der „Correctiv“-Berichterstattung: 10.000 Menschen demonstrierten im Januar 2024 auf dem Kasseler Friedrichsplatz gegen Rechtsextremismus und die AfD. © Dieter Schachtschneider
Die Investigativjournalisten von „Correctiv“ werden für ihren Bericht über ein Geheimtreffen von Politiker und Extremisten in Potsdam ausgezeichnet.
Selten hat ein journalistischer Text so viele Menschen auf die Straße gebracht wie vor etwas mehr als einem Jahr die Enthüllungsgeschichte von „Correctiv“. Anfang Januar berichtete das gemeinnützige Medienunternehmen über ein Treffen von AfD-Politikern, Rechtsextremisten sowie einigen Mitgliedern von CDU und Werteunion in einer Villa bei Potsdam. Ein Thema der Unterhaltung war demnach die massenhafte Abschiebung von Menschen, die nach Deutschland eingewandert waren.
Millionen Menschen in Deutschland demonstrierten gegen Rechts
Kurz nach der Veröffentlichung gingen in Deutschland Millionen Menschen auf die Straße, um gegen Rechtsextremismus, die AfD und die sogenannten „Remigrations“-Pläne zu protestieren – auch in Kassel. Nun erhält „Correctiv“ den Kasseler Demokratie-Impuls. Die mit 3000 Euro dotierte Auszeichnung, mit der die Stadt Kassel seit fünf Jahren wissenschaftliche und journalistische Arbeiten zu Themen wie Rassismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit prämiert, wird am Samstag, 22. März (17 Uhr), im Rathaus an den Chefredakteur Justus von Daniels vergeben.
Mit dem Beitrag, so heißt es in einer Mitteilung der Stadt, seien negative Entwicklungen in der Gesellschaft sichtbar gemacht und breite gesellschaftliche Debatten angestoßen worden. Dies sei im wahrsten Sinn ein Demokratie-Impuls gewesen, der eine große Wirkung erzielt habe.
Gesellschaftliche Debatten anstoßen, negative Entwicklungen sichtbar machen
Auch wenn Teilnehmer des Treffens juristisch gegen die Berichterstattung vorgingen und einzelne Aussagen abgeschwächt werden mussten, ist der Kern der Berichterstattung unstrittig. Der Begriff „Remigration“, den in Potsdam der österreichische Rechtsextremist Martin Sellner erläuterte, hat es später in das Wahlprogramm der AfD geschafft.
Insgesamt waren für den Wettbewerb 48 wissenschaftliche und journalistische Arbeiten eingereicht worden. Oberbürgermeister Sven Schoeller (Grüne) freute sich über die beachtliche Resonanz: „Gerade in diesen unwägbaren Zeiten ist es wichtig, wachsam zu sein, gesellschaftliche Entwicklungen aufzuzeigen und Hintergründe zu beleuchten.“
Die Auszeichnung erinnert an zwei Opfer rechtsextremistischer Täter: Halit Yozgat wurde am 6. April 2006 vom NSU in seinem Internet-Café ermordet, der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke wurde in der Nacht auf den 2. Juni 2019 in Wolfhagen-Istha von einem Neonazi erschossen. (Matthias Lohr)
https://www.hna.de/


Wegen Kleiner Anfrage zu Demokratieprojekten
Mehr als 1700 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kritisieren CDU und CSU

Die Unionsfraktion stellte 551 Fragen zu bestimmten Nichtregierungsorganisationen und stellte deren Gemeinnützigkeit infrage. Nun zeigen sich auch zahlreiche Forschende alarmiert. Der offene Brief liegt dem SPIEGEL vorab vor.
Von Ann-Katrin Müller
04.03.2025, 08.38 Uhr
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    Demo gegen die Union wegen Abstimmung mit der AfD: »Verzerrte Darstellung von Neutralität« Foto: EHL Media / IMAGO
    Es ist eine beachtliche Zahl an Unterzeichnenden, die in kürzester Zeit zusammengekommen ist: Von vergangener Woche Donnerstag bis Montagabend haben mehr als 1700 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einen offenen Brief unterzeichnet, der sich gegen eine Kleine Anfrage der Unionsfraktion im Bundestag richtet. Diese war kurz nach der Bundestagswahl bekannt geworden.
    Darin fanden sich 551 kritische Fragen an die Bundesregierung zu verschiedenen Nichtregierungsorganisationen und deren Förderung. Überschrift: »Politische Neutralität staatlich geförderter Organisationen«.
    Hintergrund der Anfrage, so schrieb es die Fraktion selbst, waren die Proteste gegen CDU und CSU nach der gemeinsamen Abstimmung im Bundestag mit der AfD. Die Demonstrationen seien teils von gemeinnützigen Vereinen oder staatlich finanzierten Organisationen organisiert oder unterstützt worden, so die Unionsfraktion. In der Kleinen Anfrage werden etwa die »Omas gegen Rechts«, Attac und Campact genannt, aber auch an den Demos gänzlich unbeteiligte Organisationen wie Foodwatch oder journalistische Vereine wie »Netzwerk Recherche«.
    Vor dem Hintergrund der Proteste stellte die Unionsfraktion die Gemeinnützigkeit mehrerer Organisationen infrage. Zudem hinterfragte sie Förderprogramme wie »Demokratie leben« des Bundesfamilienministeriums. Dieses unterstützt gemeinnützige Projekte, die demokratische Bildungsarbeit und Extremismusprävention anbieten.
    »Konfrontativer Unterton« in der Kleinen Anfrage
    Die Wissenschaftler schreiben, sie nähmen diese Anfrage »mit großer Besorgnis« zur Kenntnis. »In Zeiten globaler Verwerfungen und verstärktem Misstrauen gegenüber der Demokratie, in denen die demokratische Zivilgesellschaft so wichtig wie nie ist, erkennen wir einen konfrontativen Unterton in der Kleinen Anfrage und deuten dies als ein alarmierendes Signal«, heißt es in dem offenen Brief , der dem SPIEGEL vorliegt.
    Die Unterzeichner appellieren an Fraktionschef Friedrich Merz, CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt und den Rest der Fraktion: Diese sollten die Kooperation aller demokratischen Kräfte stärken – »gegen die weitere Polarisierung und Spaltung der Gesellschaft«.
    Unionsfraktionschef Merz: »Ein solches Vorgehen kann nicht im Sinne der CDU/CSU sein« Foto: Nikita Teryoshin / DER SPIEGEL
    Bis Montagabend um 20 Uhr unterzeichneten 1767 Forschende aus allen möglichen Fachrichtungen den Brief, darunter 752 Professorinnen und Professoren. Mit dabei sind etwa der Soziologieprofessor Klaus Dörre von der Friedrich-Schiller-Universität Jena, Professorin Andrea Walter von der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen oder die mit dem Großen Bundesverdienstkreuz mit Stern ausgezeichnete Kulturwissenschaftlerin Aleida Assmann von der Universität Konstanz.
    »Wir sind überrascht, wie groß die Zustimmung ist und dass so schnell so viele unterzeichnen wollten«, sagt Maximilian Pichl, Professor für soziales Recht in der sozialen Arbeit an der Hochschule Rhein-Main, dem SPIEGEL. »Eine solche Sorge fällt nicht vom Himmel, Demokratieprojekte sind ja schon länger im Visier.«
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    Die Unterzeichner kritisieren mehrere konkrete Punkte in der Kleinen Anfrage. In dem Dokument hieß es: »Manche Stimmen sehen in den NGOs eine Schattenstruktur, die mit staatlichen Geldern indirekt Politik betreibt.« Die Unionsfraktion bezog sich damit auf einen Bericht der »Welt«.
    Es sei »in höchstem Maße beunruhigend«, »dass die Kleine Anfrage das Narrativ eines ›tiefen Staates‹ aufgreift«, heißt es in dem offenen Brief. Es werde suggeriert, dass die genannten zivilgesellschaftlichen Organisationen in unzulässiger Weise die politische Willensbildung in der Bundesrepublik beeinflussten, dass ihrer Arbeit ein Makel anhafte oder dass sie eine schädliche Wirkung hätten. Dabei sei das Gegenteil der Fall, sie seien eine »tragende Säule demokratischer Willensbildung«.
    »Verfassungsrechtlich nicht haltbar«
    Die Unterzeichner kritisieren auch die Rechtsauffassung der Unionsfraktion. Es geht um die Frage, ob Organisationen »politisch neutral« sein müssen, um entweder staatlich gefördert werden zu können oder einen Gemeinnützigkeitsstatus haben zu dürfen. »Staatlich finanzierte Organisationen müssen ihre politische Neutralität wahren«, schrieb die Union in der Kleinen Anfrage.
    In dem offenen Brief heißt es, es sei »verfassungsrechtlich nicht haltbar«, wenn die Union suggeriere, »dass staatlich geförderte Organisationen einer Neutralitätspflicht unterliegen, die sich aus der Neutralitätspflicht des Staates ableitet.« Die Neutralitätspflicht des Staates beziehe sich lediglich auf das Handeln der Exekutive, nicht aber auf die Meinungsäußerungen und die politische Arbeit unabhängiger zivilgesellschaftlicher Akteure.
    Die Kritik der Unterzeichner ist deutlich: »Die Auslegung des Neutralitätsgebots, wie wir sie in Ihrer Anfrage zur Kenntnis nehmen, kannten wir bisher von rechtsextremen Akteuren wie der AfD.« Diese würden verzerrte Darstellungen von »Neutralität« nutzen, um die wehrhafte Demokratie zu delegitimieren und neben zivilgesellschaftlichen Akteuren auch Lehrerinnen und Lehrer sowie Mitarbeitende von Behörden einzuschüchtern.
    »Ein solches Vorgehen kann nicht im Sinne der CDU/CSU sein«, sonst seien die Grundfesten demokratischer Kultur, der freien Willensbildung und Meinungsäußerung in Gefahr, heißt es in dem Brief. Die Unterzeichner verweisen dabei auch auf Entwicklungen in den USA, Russland und Ungarn.
    Forderung nach Demokratiefördergesetz
    Zum Schluss appellieren die Forschenden an die Unionsfraktion, diese solle die Unabhängigkeit der Zivilgesellschaft respektieren, das Neutralitätsgebot richtig auslegen, keinen politischen Druck auf Akteure ausüben und ein Demokratiefördergesetz einführen.
    Die Unterzeichner verweisen auf den Untersuchungsausschuss zu den rassistischen NSU-Morden, der bereits 2013 ein Demokratiefördergesetz gefordert hatte. Damals hatte auch die Unionsfraktion zugestimmt.
    »Der Erosion demokratischer Kultur und dem Erstarken von Populismus und Rechtsextremismus kann nicht gegeneinander, sondern nur gemeinsam entgegengewirkt werden«, schreiben die Wissenschaftler. Sie schließen »mit besorgten Grüßen«.
    https://www.spiegel.de/

 


475.000 Menschen fordern: Schutz der Zivilgesellschaft muss in den Koalitionsvertrag
Campact, foodwatch, Amadeu Antonio Stiftung und Omas gegen Rechts übergeben Appell im Willy-Brandt-Haus

Nach den Angriffen der Unionsfraktion auf kritische Nichtregierungsorganisationen (NGOs) fordern fast 500.000 Bürger*innen einen besseren Schutz der Zivilgesellschaft. In einem gemeinsamen Online-Appell von Campact, foodwatch, Amadeu Antonio Stiftung und Omas gegen Rechts fordern die Unterzeichner*innen, dass demokratisches Engagement ausreichend geschützt werden muss. SPD und Union müssten in ihrem Koalitionsvertrag unmissverständlich festhalten, dass die Grundrechte von NGOs nicht läng475.000 Menschen fordern: Schutz der Zivilgesellschaft muss in den Koalitionsvertrag
Campact, foodwatch, Amadeu Antonio Stiftung und Omas gegen Rechts übergeben Appell im Willy-Brandt-Haus
er bedroht werden, heißt es in dem Appell, die die Organisationen heute in der SPD-Parteizentrale übergeben haben.

„Demokratisches Engagement darf nicht unter Generalverdacht gestellt werden, sondern muss endlich geschützt werden! Wir alle sind Teil der Zivilgesellschaft und dürfen uns von diesem plumpen Vorgehen der Merz-Union nicht entmutigen lassen. In weniger als fünf Tagen haben fast eine halbe Million Menschen einen Appell unterzeichnet und stellen sich damit solidarisch an die Seite der Zivilgesellschaft. Wir werden weiterhin Probleme ansprechen, aufmerksamkeitsstarke Aktionen planen und Protest auf der Straße zum Ausdruck bringen. Keine zivilgesellschaftliche Organisation in diesem Land sollte Angst haben, ihren Standpunkt zu äußern – egal, ob es der Union gefällt oder nicht“, sagte Felix Kolb, Geschäftsführender Vorstand von Campact e.V.
„Wir brauchen jetzt eine Regierung, die nicht weiter spaltet, sondern das zerrissene Land eint“, sagte Dr. Chris Methmann, Geschäftsführer von foodwatch Deutschland. „Die einseitige Stimmungsmache der Union gegen Organisationen, die sich für Umwelt- und Verbraucherschutz oder gegen Rechtsextremismus einsetzen, schockt mich. Gleichzeitig macht mir der große Zuspruch Mut: Hunderttausende haben sich unserer Protestaktion angeschlossen, und seit der Unions-Attacke sind fast 500 Menschen neu bei foodwatch Mitglied geworden.“
„Demokratie lebt vom Engagement der Zivilgesellschaft – nicht nur von Parteien. Wer Organisationen, die sich gegen Rechtsextremismus und für demokratische Werte einsetzen, unter ‚Neutralitätsverdacht‘ stellt, schwächt unsere Demokratie und spielt rechtsextremen Kräften in die Hände. CDU und SPD haben die demokratische Kultur Deutschlands geprägt – jetzt müssen sie sich klar in einem Koalitionsvertrag gegen Delegitimierungsversuche von Rechtsextremen stellen. Ohne eine wehrhafte und engagierte Zivilgesellschaft verliert die Demokratie ihre Grundlage“, so Timo Reinfrank, geschäftsführender Vorstand der Amadeu Antonio Stiftung.
Zum Appell „Angriff auf die Zivilgesellschaft abwehren“

https://www.campact.de/



SSW-Abgeordneter offen für neuen Anlauf für AfD-Verbotsverfahren

DTS Nachrichtenagentur
28.02.2025
Der Bundestagsabgeordnete des SSW, Stefan Seidler, schließt einen neuen Anlauf für ein AfD-Verbotsverfahren nicht aus. Der Politiker des Südschleswigschen Wählerverbands hatte im vergangenen Jahr einen fraktionsübergreifenden Antrag zur Prüfung eines AfD-Verbots mitinitiiert.
Ssw-Abgeordneter Offen Für Neuen Anlauf Für Afd-Verbotsverfahren
Stefan Seidler (Archiv), via dts Nachrichtenagentur
Er sagte der „Rheinischen Post“ (Freitagsausgabe): „Der wird jetzt wohl unter die Diskontinuität fallen. Dann müssen wir schauen, ob wir im nächsten Bundestag ähnliche oder andere Initiativen ergreifen können.“ Er könne zumindest so viel sagen: „Wir werden weiterhin ein wachsames Auge darauf haben, was der Verfassungsschutz in seinen Berichten über die AfD herausfindet.“
„Sollte sich noch weiter verdeutlichen, dass die Strukturen der AfD antidemokratisch sind und teilweise nationalsozialistische Tendenzen aufweisen, werde ich wieder die Initiative ergreifen.“ Dann werde er seine Kollegen wieder kontaktieren, damit man erneut versuche, dagegen vorzugehen.
https://presse-augsburg.de/


Rechtsextremismus
Thüringer Neonazis sollen verbotenes Netzwerk "Combat 18" fortgeführt haben

28.02.2025, 15:00 Uhr
Die Staatsanwaltschaft Gera ermittelt gegen vier mutmaßliche Thüringer Mitglieder des verbotenen rechtsextremen Netzwerks "Combat 18". Nach MDR Investigativ-Informationen pflegte das "Combat 18"-Netzwerk enge Kontakte zu der rechtsextremen Kampfsportgruppe "Knockout 51" in Eisenach.
von Johanna Hemkentokrax, MDR Investigativ
Inhalt des Artikels:

Die Staatsanwaltschaft Gera ermittelt gegen vier mutmaßliche Thüringer Mitglieder des verbotenen rechtsextremen Netzwerks "Combat 18". Das teilte ein Sprecher der Behörde MDR Investigativ auf Anfrage mit.
Die vier Thüringer sollen die Aktivitäten der Gruppe - trotz deren Verbots im Januar 2020 durch das Bundesinnenministerium - fortgeführt haben, so der Sprecher der Staatsanwaltschaft Gera. Das Verfahren gegen die Vier war 2023 von der Bundesanwaltschaft zuständigkeitshalber nach Thüringen abgegeben worden, da es sich nach MDR-Informationen bei ihnen lediglich um "einfache" Mitglieder gehandelt haben soll. Ursprünglich hatte die Karlsruher Behörde ermittelt.
Ein Hinweisschild mit Bundesadler und dem Schriftzug „Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof“ vor der Bundesanwaltschaft. mit Audio
Rechtsextremismus
Bundesanwaltschaft klagt mutmaßliche Anführer von "Combat 18" an
Hauptverfahren gegen Rädelsführer startet demnächst in Dortmund
Das Hauptverfahren im Komplex "Combat 18" (auch "C18") gegen vier mutmaßliche Rädelsführer soll laut einer Sprecherin des zuständigen Landgerichts Dortmund voraussichtlich im ersten Halbjahr 2025 starten.
Zu den Beschuldigten in diesem Prozess zählen auch die beiden mutmaßlichen Anführer Stanley R. aus Thüringen und Keven L. aus Sachsen-Anhalt. Bei R. soll es sich nach MDR Investigativ-Informationen um eine Schlüsselfigur des "Combat 18"-Netzwerks in Deutschland handeln. R. war vor einigen Jahren aus dem Kasseler Raum nach Eisenach gezogen.
Logo MDR Thüringen
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zum Hören
Dieses Thema in den Nachrichten aus Thüringen vom 28.02.2025
Konspirative "Combat 18"-Treffen in Thüringen
Auf MDR-Anfrage teilte eine Sprecherin des Landgerichts Dortmund mit, zehn von insgesamt 14 konspirativen Treffen der Gruppe hätten in Thüringen stattgefunden, neun davon in Eisenach. Offenbar dienten diese Treffen auch der Ausbildung von sogenannten "Supportern".
Zwei Rechtsrockkonzerte, die die Gruppierung ausgerichtet haben soll, um sich zu finanzieren, hätten nicht in Thüringen, sondern in Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern stattgefunden, so die Sprecherin des Dortmunder Landgerichts weiter.
Trainingsmärsche in Eisenacher Wäldern
Nach MDR Investigativ-Informationen haben sich die mutmaßlichen "Combat 18"-Mitglieder auch im sogenannten "Flieder Volkshaus" in Eisenach getroffen, der Landesgeschäftsstelle der Partei "Die Heimat", ehemals NPD. Fotos in den sozialen Medien zeigen mutmaßliche "C18"- Mitglieder, darunter Robin S. aus Dortmund, einer der angeklagten mutmaßlichen Rädelsführer, bei Trainingsmärschen in den Wäldern rund um Eisenach.
Polizisten und ein Polizeiauto vor einem Haus.
Ein Polizeiauto bei einer Razzia im "Flieder Volkshaus" in Eisenach im Jahr 2023.
Bildrechte: MDR/Marcus Scheidel
Robin S. war 2007 wegen eines bewaffneten Raubüberfalls auf einen Dortmunder Supermarkt, bei dem er einen 59-jährigen Mann niedergeschossen und schwer verletzt hatte, zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Später war S. als "Brieffreund" der NSU-Rechtsterroristin Beate Zschäpe bundesweit bekannt geworden. Beide hatten sich aus dem Gefängnis heraus zum Teil vertrauliche Briefe geschrieben.
Welche Bedeutung hat das Neonazi-Netzwerk "Combat 18"?
"Combat 18" ist ein militantes internationales Neonazi-Netzwerk, das als bewaffneter Arm des in Deutschland ebenfalls verbotenen Netzwerks "Blood & Honour" gilt. Mitglieder waren international immer wieder an schwersten Gewalttaten beteiligt.

"Combat 18"-Netzwerk pflegte enge Kontakte zu Eisenacher Neonazi-Kampfsportlern
Nach MDR Investigativ-Informationen pflegte das "Combat 18"-Netzwerk um die aktuell in Dortmund angeklagten mutmaßlichen Rädelsführer enge Kontakte zu der rechtsextremen Kampfsportgruppe "Knockout 51" in Eisenach. Fotos, die die antifaschistische Recherche­plattform "Exif" 2022 auf X, ehemals Twitter, veröffentlichte, zeigen mutmaßliche Kader von "Combat 18" und "Knockout 51" gemeinsam vor einer Hakenkreuzflagge. Auf einem der Fotos zeigt einer der Männer den Hitlergruß.
Vier Mitglieder von "Knockout 51" wurden im vergangenen Jahr vor dem Oberlandesgericht Thüringen wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Landfriedensbruchs und mehrfacher gefährlicher Körperverletzung zu Haftstrafen verurteilt. Weitere Verfahren gegen mutmaßliche Mitglieder und Unterstützer sind noch nicht abgeschlossen.
Mehr zur Neonazi-Gruppe "Combat 18"
Ein Hinweisschild mit Bundesadler und dem Schriftzug „Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof“ vor der Bundesanwaltschaft. mit Audio
Rechtsextremismus
Bundesanwaltschaft klagt mutmaßliche Anführer von "Combat 18" an
Ein Neoanzi-Skinhead mit einem Tattoo der rechtsradikalen Nazi-Organisation Weisse Wölfe und einem Schlagring mit dem Kuerzel C18,  2012
Eisenach
Kontrolle vor "Flieder Volkshaus": Polizei erteilt Platzverweise
Mehr zum Netzwerk um die Kampfsportgruppe "Knockout 51"
Angeklagte mit Verteidigern im Gerichtssaalmit Audio
Justiz
Oberlandesgericht verweist Prozess gegen mutmaßliche "Knockout 51"-Mitglieder nach Gera
Das Justizzentrum Gera
Rechtsextremismus
"Knockout 51": Staatsanwaltschaft ermittelt erneut gegen Polizisten
Angeklagte mit Verteidigern im Gerichtssaalmit Audio
Neonazi-Gruppe
Revision im Prozess gegen "Knockout 51": Bundesanwaltschaft fordert höhere Strafen
Angeklagter mit Verteidigern im Gerichtssaalmit Audio
Gerichtsurteil
"Knockout 51": Mehrjährige Haftstrafen für Neonazi-Kampfsportler
Nazi Kiez steht auf einer Hauswand.
02:47
Hintergrund
Das Netzwerk "Knockout 51" - Ein Prozess und seine Folgen
Prozess gegen "Knockout 51"
Beschädigtes Vertrauen? Eisenach, die Neonazis und die Polizei
MDR (jw)
Dieses Thema im Programm:
MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 28. Februar 2025 | 12:00 Uhr
https://www.mdr.de/


AfD im Bundestag
Höckes Männer

Stand: 28.02.2025 12:43 Uhr
Die AfD feiert im Osten Deutschlands erdrutschartige Wahlerfolge. Damit zieht nun auch eine Gruppe engster Mitstreiter um Björn Höcke in den Bundestag. Welche Macht haben sie?
Von Thomas Datt, Annette Kammerer und Jana Merkel, MDR
Das Reichstagsgebäude ist am Tag nach der Bundestagswahl noch verwaist, da treffen sich schon die neuen AfD-Abgeordneten aus Ostdeutschland zu einer ersten Sitzung - noch bevor sich ihre Fraktion formal überhaupt konstituiert hat. Es wirkt wie ein Klassentreffen, das auch die engsten Vertrauten um Björn Höcke versammelt. Der Vorsitzende des rechtsextremen AfD-Landesverbands Thüringen war selbst nicht zur Bundestagswahl angetreten, hatte aber gleich mehrere Getreue in den Wahlkampf geschickt. Sie sind mit Wahlergebnissen auch um 50 Prozent in den Bundestag eingezogen und könnten den Kurs der Radikalisierung der AfD weiter vorantreiben.
Aus Thüringen nach Berlin
Einer dieser Höcke-Mitstreiter ist Torben Braga. Der 33-Jährige war am Tag nach der Wahl eigentlich zum Tennisspielen verabredet. Überraschend war er, neben den Direktkandidaten, als einziger über die Liste in den Bundestag eingezogen. Er ist sich noch unschlüssig, ob er das Mandat antritt. Erst einmal wolle er darüber mit Höcke sprechen, so Braga.Bei der Sitzung der Ostverbände der AfD waren auch Robert Teske und Stefan Möller anwesend, beide ebenfalls aus Thüringen. Robert Teske war sechs Jahre lang Björn Höckes Büroleiter, Stefan Möller zusammen mit Höcke das Spitzenduo der Thüringischen AfD. "Gute Beziehungen" zu Björn Höcke könnten sie, egal in welchem Parlament, weiterhin aufrechthalten, sagte Braga dem MDR.
Björn Höcke steht im Gerichtssaal.
Player: videoUrteil im Prozess gegen AfD-Politiker Björn Höcke
14.05.2024
Thüringer AfD-Chef
Höcke wegen NS-Parole zu Geldstrafe verurteilt
Der AfD-Politiker wurde wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verurteilt. mehr
Richtung: Björn Höcke
Galt Höcke vielen anfangs noch als radikaler Außenseiter in der AfD, brauche es mittlerweile die direkte oder zumindest indirekte Unterstützung aus dem Umfeld von Höcke, um in der Partei Karriere zu machen, erklärt Anna-Sophie Heinze. Die Politikwissenschaftlerin forscht an der Universität Trier zur AfD in den Parlamenten. Auch Co-Parteichefin Alice Weidel hatte sich beim vergangenen Parteitag dezidiert an Björn Höcke gewandt und ihm gedankt. Vor wenigen Jahren sei so etwas noch undenkbar gewesen. Es zeige, wohin die Reise gehe und "wer die inhaltliche Schlagrichtung bestimmt", so Heinze.
Rechtsextreme in der Mitte
Robert Teske und Torben Braga sind zwei junge aufstrebende Köpfe unter Björn Höcke. Beide haben einen extremistischen Hintergrund. Teske wird dem völkischen Flügel zugeordnet, demonstrierte beispielsweise zusammen mit Rechtsextremen der Identitären Bewegung und leitete bis 2019 die Junge Alternative in Bremen, die wegen ihres offenen Rassismus schon früh vom Verfassungsschutz beobachtet wurde. Torben Braga kommt aus einer rechtsextremen Burschenschaft und leitete 2015 einen Dachverband, dem mehrere vom Verfassungsschutz beobachtete Verbindungen angehörten. Im Interview ist Braga freundlich und zuvorkommend, denkt nach, bevor er antwortet. Dabei gilt der gerade einmal 33-Jährige als Höckes strategischer Strippenzieher. Auch die Kemmerich-Wahl 2020 und die damit ausgelöste Verfassungskrise schreiben Beobachter unter anderem ihm zu.
Thomas Kemmerich
08.02.2020
Regierungskrise in Thüringen
Kemmerich tritt als Ministerpräsident zurück
Am Mittwoch gewählt, am Donnerstag den Rücktritt angekündigt - und diesen nun vollzogen. mehr
Sperrminorität
Im thüringischen Landtag wendet die Höcke-AfD eine Strategie an, die auch zur Blaupause für den Bundestag werden könnte. In Thüringen verfügt die Partei über ausreichend Stimmen für eine sogenannte Sperrminorität. Sie kann also Entscheidungen blockieren, für die eine Zweidrittel-Mehrheit notwendig wäre. Im neuen Bundestag haben AfD und Linke zusammen die dafür notwendige Anzahl an Abgeordneten. Aktuell blockiert die AfD in Thüringen die Bildung des Richterwahlausschusses, der dringend benötigte Richter ernennt. Im Gegenzug möchte sich die AfD dadurch zwei Sitze in dem Gremium sichern, das den Verfassungsschutz kontrolliert, der wiederum die thüringische AfD seit 2021 als "gesichert rechtsextrem" einstuft und deshalb überwachen darf.
AfD will Verfassungsschutz kontrollieren
Auf die Frage, ob eine solche Erpressung in Ordnung sei, antwortet Torben Braga, es sei keine Erpressung. Seine Fraktion müsse so handeln, "weil die anderen Parteien es nicht akzeptieren, vermutlich aus guten Gründen, dass eine kritische Kraft sich auch mit der Arbeit des Verfassungsschutzes auseinandersetzt". Oder, haken die Autoren nach: rechtsextreme Kraft? Torben Braga erwidert: Die Einstufung als rechtsextrem gehe auf die Organisation zurück, die man kritisch betrachte und auch "kritischer überprüfen und kontrollieren" will.
Björn Höcke
Player: videoARD-Wahlexperte Jörg Schönenborn (WDR) mit der Hochrechnung von 21:54 Uhr zur Landtagswahl in Thüringen
01.09.2024
Landtagswahl in Thüringen
Höcke-AfD gewinnt, BSW hinter CDU, Ramelow abgewählt
Die AfD von Björn Höcke geht als stärkste Kraft aus der Landtagswahl in Thüringen hervor. mehr
Sozial und nationalistisch
Robert Teske, der bisherige Büroleiter Höckes, will sich im Bundestag vor allem um Sozialpolitik kümmern. Unter Björn Höcke fährt die AfD von Thüringen aus einen sozialeren Kurs, um vor allem die ostdeutsche Wählerschaft langfristig an die Partei zu binden.Im Wahlkampf hatte Teske vor allem mit dem hohen Ausländeranteil unter Bürgergeldempfängern Stimmung gemacht. Tatsächlich hatten Stand Oktober 2024 knapp 48 Prozent der Bezieher keinen deutschen Pass. Was Teske und auch andere AfD-Politiker bei ihren Auftritten allerdings nicht erwähnten: Mehr als die Hälfte der ausländischen Bürgergeldempfänger sind anerkannte Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, aus Syrien und Afghanistan. Teske wirbt schon seit Jahren offen für "millionenfache Remigration".
Radikal bis offen rechtsextrem
Es gebe zurzeit gar keine Anreize für die AfD, sich zu de-radikalisieren, meint die Politikwissenschaftlerin Heinze. Eher sei das Gegenteil der Fall. Mittlerweile teile sich die Partei nicht mehr in moderat und radikal, sondern in radikal und offen rechtsextrem.Wenig überraschend lehnt auch Torben Braga es ab, extremistische Kräfte aus der Partei auszuschließen, auch wenn die AfD dadurch koalitionsfähiger werden würde: Es wäre ja irrsinnig, "wenn wir sagen würden wir stoßen Teile unserer Partei ab".Würden sie Teile abspalten, die anderen zu extremistisch seien, dann "würden wir uns ja ein Stückweit von unseren Positionen trennen, von unseren Idealen und von unserem Personal", so Braga. Ein Personal, das ungeachtet ihrer extremistischen Verbindungen, nun mit mächtig Rückenwind in den Bundestag zieht.

Dieses Thema im Programm:
Über dieses Thema berichtete die Sendung "FAKT" im MDR am 25. Februar 2025 um 20:15 Uhr.
https://www.tagesschau.de/


 

Neo-Nazis regularly attended AfD events in the run-up to the German election

German far-right party Alternative for Germany (AfD) obtained a historic 20.8 percent of votes in the German legislative elections held on February 23. Photos show that many neo-Nazis took part in events held by the partyNeo-Nazis regularly attended AfD events in the run-up to the German election
throughout their campaign, confirming the close links between the party and the most extreme faction of the right wing.

Issued on: 28/02/2025 - 19:33
10 min
Far-right nationalists attended AfD events throughout the campaign. © Observers
By:
Observers team
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While the AfD party, which is headed by Alice Weidel, saw gains in their support across the country, their biggest wins were in East Germany, where 32 percent of the population voted for them – an unprecedented percentage.
In the meantime, the party has been strengthening its ties to the most extreme faction of the right wing – neo-Nazis. There is neo-Nazi influence in much of the symbolism that the AfD has adopted. For example, the slogan “Alice für Deutschland” (“Alice for Germany”) has been criticised for its similarity to a slogan used by Nazi Storm Troopers. However, the links really became clear when neo-Nazis started to participate in the campaign.
One example is an AfD meeting in Thuringia held on February 22, when the local branch was celebrating the end of the campaign. The AfD members in this state are known to be the most radical in the party. Party leaders Björn Höcke and Stefan Möller attended.
When we analysed photos of the meeting that were posted online, we recognised a number of indications that neo-Nazis were in attendance. We found some of these photos from the website PixelArchiv, which archives photos of the people present at far-right protests in Germany. In a photo taken on February 22 in Erfurt, you can see a man wearing all black, including a tee-shirt that says “Kampf der Nibelungen”.
The man in the middle is wearing a tee-shirt (marked with the yellow rectangle) that references an MMA club with strong ties to the neo-Nazi movement. © PixelArchiv
The t-shirt refers to an MMA tournament and a brand of clothes closely linked to neo-Nazism. The tournament, created in 2013, was banned by a court in Dresden in 2019 because of the risk of violence.
The court found, according to German newspaper Der Spiegel, that the tournament was meant to “prepare a political fight”. Ortiz municipality, where the tournament was meant to be held, said that the tournament was a threat to security and public order.
By analysing photos of AfD events, we also discovered many people wearing clothing brands like Thor Steinar, also associated with the neo-Nazi movement. This brand is known for its explicit statements and for being a favourite among German neo-Nazis.
This far-right protester, shown here speaking to the police, is wearing an accessory made by the neo-Nazi clothing brand Thor Steinar. © PixelArchiv
'The Thuringia branch is without a doubt the most radical AfD branch'
It is not uncommon to see signs of neo-Nazi affiliation at AfD meetings in the region. East Germany has always been fertile ground for the creation of extreme right radical groups.
Valérie Dubslaff, who teaches at French university Rennes 2 and specialises in the German far right, says that the entire AfD is moving towards neo-Nazism:
The most radical AfD branches are located in East Germany. The branches in Brandenburg, Saxony and Thuringia, for example, are all under surveillance by the Federal Office for the Protection of the Constitution [Editor’s note: Germany’s domestic intelligence services].
The Thuringia branch is without a doubt the most radical branch of the AfD. Just to point out that the head of this branch, Björn Höcke, is clearly neo-Nazi. Case in point: the courts struck down all of the defamation complaints that the branch filed against opponents who claimed he was fascist.
A campaign under the protection of neo-Nazi activists
During the campaign, neo-Nazi activists regularly went to AfD events. These links were documented by special research groups often with ties to anti-fascist movements.
In Erfurt, “Recherchegruppe Erfurt”, a group of investigators with ties to the anti-fascist movement, recently identified photos showing neo-Nazis at AfD stands. In one image AfD candidate Alexander Claus poses with neo-Nazis next to one of the party’s stands.
In the left picture, AfD candidate Alexander Claus (at left) poses with a Neo-Nazi protester (at right). © X / Recherchegruppe Erfur
The neo-Nazi who posed with Claus in the photo has referenced the Third Reich on social media, according to Rechercheportal Jena-SHK, another local investigative group with ties to the anti-fascist movement.
On his personal Instagram account, this neo-Nazi activist posted a photo of himself twisting his fingers into the number 8, a reference to the number 88, a code for the slogan “Heil Hitler”. Clearly aware of the Nazi connotations with this number, he wrote an ironic caption: “88 is how old I am” along with laughing smiley faces.
In this photo, a neo-Nazi militant twists his hands into a symbol of the Third Reich. © Rechercheportal Jena-SHK
This photo was later taken down by the owner of the account, but there are other signs of his neo-Nazi engagement on his Instagram. In a photo posted on January 11, the young man makes the sign for “OK”. These aren’t actually the letters he is spelling out, however. This gesture is widely used in white supremacist circles to represent “WPO” for white power, according to the site indextreme.fr.
The young man is making the “ok” symbol with his fingers in this photo posted on January 10, 2025. In white power circles, the gesture represents “WPO” or white power. © Observers
'They want to fully integrate the youth group into the party to protect it from possible dissolution'
The neo-Nazi in the photo has close links to Junge Alternative, according to investigators from Rechercheportal Jena-SHK. Felix Steiner, a member of the Mobit, a Thuringia-based group that fights against the far right, explained that Junge Alternative, which has now been dissolved, was the group where AfD leaders were forged:
Junge Alternative was the AFD's youth organisation. These members are sometimes high school or university students. Within the group, young people play sports, attend conferences and go hiking. This organization is often seen as rather radical.
The organisation was dissolved by the AFD with the aim of reorganising it. They want to fully integrate the youth group into the party to protect it from possible dissolution or repression.
An AfD city official with links to the neo-Nazis
Some AfD candidates have long relationships with neo-Nazi activists in the region. That’s the case for Ronny Kumpf, an AfD elected official in Magdeburg. Kumpf appeared in a 2022 photo posing with Andy Hoffmann, the former leader of the youth branch of the neo-Nazi party NPD (now the Die Heimat party), according to investigators with Lsa rechtsaussen.
Ronny Kumpf, an AfD city official in Magdeburg (wearing the button-up shirt) posed next to Andy Hoffmann (wearing a white t-shirt). Kumpf is a former activist with the neo-Nazi party NPD.  This photo, posted on Instagram in 2022, isn’t the only photo where the two men pose side by side.
Ronny Kumpf, an AfD city official in Magdeburg (wearing the button-up shirt) posed next to Andy Hoffmann (wearing a white t-shirt). Kumpf is a former activist with the neo-Nazi party NPD. This photo, posted on Instagram in 2022, isn’t the only photo where the two men pose side by side. © Lsa-rechtsaussen.net
'People from the neo-Nazi movement are now members of the AfD'
This is just one case that illustrates the close ties between neo-Nazi groups and the AfD. Steiner says that the supporters of both groups generally come from the same backgrounds:
There are people from the neo-Nazi movement who are now members of the AFD. We have, for example, parliamentary attachés and AFD communicators who come directly from the neo-Nazi scene.
In Thuringia, the AFD is particularly radical, due to the fact that its leader, Björn Höcke, has important connections with the neo-Nazi scene, as well as with the so-called “New Right” movement.
This radical conspiracy group [Editor’s note: Some of its members were arrested for terrorism in 2023 when they planned to invade the German parliament, the Bundestag, and kidnap political figures. A member of this group was also an AfD politician] believes that the Federal Republic of Germany is just a puppet state controlled by a global elite – it is a fundamentally anti-Semitic theory.
The movement became particularly close to the AFD during the demonstrations against the lockdown and vaccination.
The presence of more radical groups, whether they are neo-Nazis or Reichsbürgers, is essential for the AfD.
These are movements that provide most of the protesters during the party’s rallies; they are extremely useful for getting the numbers in. In Thuringia, there is no border between the AfD and the rest of the far right because they are part of the same networks.
Neo-Nazi rappers at AfD meetings
Even if the links between radical groups and the AfD are clear, that doesn’t necessarily mean that purely neo-Nazi groups directly influence the political line of the AfD, especially in Thuringia, Steiner says:
Make no mistake, radical groups do not necessarily influence the AFD's strategic choices. Björn Höcke's main influence is the “New Right” movement, whose most faithful representative is the French intellectual Alain de Benoist. It's a different current, but close to the neo-Nazi scene.
Björn Höcke makes numerous references to the Italian Marxist theorist Antonio Gramsci. Gramsci talks about the importance of the cultural sphere in the quest for power. He has a big influence on the French New Right and, thus, on Höcke.
In his 2018 speech, Höcke was already urging the conquest of cultural hegemony, without necessarily relying on classical militancy. [...] This is why the party relies on a range of more radical formations that can enable it to recruit and wage its cultural battle.
For both neo-Nazis and for the AfD, the cultural scene is an integral part of political action. So, for example, these neo-Nazi groups see music as a way to spread their ideas and neo-Nazi cultural activists often appear at AfD events. For example, nationalist rappers Kavalier and Skeptika who were photographed on February 22 in front of the AfD stadium in Löbau in Saxony.
German rapper Kavalier (far right) and Skeptika (second from the right) appear in this photo taken on February 22, 2025. Both are members of the same Neo-Nazi music label, Neuer Deutscher Standard. © Instagram
These two “artists” are both signed under the neo-Nazi label "Neuer Deutscher Standard". All of the artists in this record company are close to the nationalist movement. Kavalier and Skeptika are sometimes directly promoted by ultra-nationalist groups, as shown by this story posted on an Instagram account with links to the neo-Nazi group Junge Nationalisten.
In this story published on February 24, this Instagram account, which shares the movement’s regional news, identifies the rapper Kavalier.
In this story published on February 24, this Instagram account, which shares the movement’s regional news, identifies the rapper Kavalier. © Instagram / Widerstand_im_huegealnde
The rapper has also been seen alongside other radical groups like Nationale jugend Goerlitz or information-sharing platform Pforzheim revolte.
Not new
The close ties between neo-Nazis and the far right aren’t new. In some previous elections, the AfD has formed an electoral commission with Die Heimat, formerly known as NPD. This was the case during municipal elections in 2024 in the town of Lauchhammer, which is located in the district of Oberspreewald-Lausitz in Brandenburg.
Members of the Heimat party (formerly known as NPD) participated at this protest organised on February 21, 2025. © Telegram / Heimat2023
According to a statement from Die Heimat, the rapprochement between the groups was led by AfD chief Tino Churpalla, who “recently stated that at the municipal level, there would be no barriers with other parties". In other words, Churpalla admits that it is possible to form alliances with other parties at the municipal level, including parties to the right of the party.
For our expert, Dubslaff, there is a lot of history for these groups:
The AfD is historically the NPD’s rival. These two parties have been competitors during some elections, like the 2014 elections in Saxony and Mecklemburg – Western Pomerania.
But the NPD wasn’t able to become anything more than just a marginal group so some of its supporters joined the AfD. This change took place during the PEGIDA movement in the 2010s. This was a platform that allowed different groups to meet. It also served to radicalise people whose first political experience was PEGIDA. Höcke regularly took to the stage in this movement.
The researcher says that the AfD has become more radical:
During this campaign, the party radicalised and seems to want to go in Höcke’s direction. All of the AfD leaders who want to make the party more palatable were kicked out. So now, the most radical wing has the most power within the party because Höcke has become the most influential leader there.
https://observers.france24.com/


Der Pate der Neuen Rechten

Rechtsextremist Götz Kubitschek gilt als Vordenker für die AfD und deren Umfeld. Seit Jahren sind bei ihm führende Politiker wie Björn Höcke und Alice Weidel gern gesehene Gäste. Und Faschisten aus ganz Europa.
Ein SPIEGEL-TV-Film von Henrik Neumann
27.02.2025, 19.30 Uhr

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Selbst den extrem Rechten zu radikal
https://www.spiegel.de/


CDU-interne Kritik an Merz
Lübcke-Witwe widerspricht Friedrich Merz

CDU-Chef Merz fragte, wo „die Antifa“ gewesen sei, als CDU-Politiker Walter Lübcke ermordet wurde. Irmgard Braun-Lübcke kritisiert ihn deshalb scharf.
27.02.2025
Porträt von Walter Lübcke
Nicht bemerkt, war trotzdem da: die Antifa im Fall Walter Lübcke
Foto: Sebastian Christoph Gollnow/dpa Fto
Gareth Joswig
Berlin taz | Irmgard Braun-Lübcke hat den CDU-Chef Friedrich Merz scharf kritisiert. Der hatte den Mord am CDU-Politiker Walter Lübcke in eine Rede instrumentalisiert, um gegen Ge­gen­de­mons­tran­t*in­nen zu polemisieren. Braun-Lübcke sagte: „Die Aussage von Friedrich Merz am Samstag beim gemeinsamen Wahlkampfabschluss der CSU und CDU in München hat meine Familie und mich sehr befremdet und ich möchte sie so nicht stehen lassen.“ Zuerst hatte die Hessische/Niedersächsische Allgemeine (HNA) über das Statement von Braun-Lübcke berichtet.
Sie bezog sich auf einen besonders geschmacklosen Ausfall des designierten CDU-Kanzlers Friedrich Merz am Abend vor der Wahl: Nach der Protestwelle wegen der gemeinsamen Abstimmung von Union und AfD im Bundestag begleiteten den Spitzenkandidaten in den letzten Wahlkampfwochen Gegenproteste. So auch letzten Samstag beim Wahlkampfabschluss in einem Münchner Brauhauskeller.
Merz regte sich dort erneut über die Kritik an seinem Manöver im Bundestag auf und schimpfte: „Ich frage mal die Ganzen, die da draußen rumlaufen, Antifa und gegen Rechts: Wo waren die denn, als Walter Lübcke in Kassel ermordet worden ist von einem Rechtsradikalen?“ Er diffamierte Gegenproteste als „grüne und linke Spinner“ und rief „Links ist nun vorbei“. Merz wolle Politik machen für jene, die „alle Tassen im Schrank haben“. Tatsächlich jedoch gab es viele antifaschistische Demonstrationen mit tausenden Teil­neh­me­r*in­nen nach dem Mord an Walter Lübcke.
Darauf verwies Braun-Lübcke in ihrem Schreiben an die HNA. Es habe „nach der Ermordung meines Mannes ein starkes gesellschaftlich breites Bekenntnis zu unserer Demokratie und ihren Werten“ gegeben. Sie verwies auf Trauerkundgebungen und Demos in Wolfhagen, Kassel und vielen weiteren Orten von linken, liberalen und konservativen Demokraten: „Gemeinsam haben sie sich klar gegen Gewalt, Hass und Hetze sowie eindeutig für Demokratie, Freiheit und Menschlichkeit positioniert. Dies gab uns als Familie sehr viel Kraft und zeigte, wir sind nicht allein, du bist nicht allein, wir treten gemeinsam ein für den Bestand unserer Demokratie.“
Sie schrieb weiter, in „dieser schwierigen Zeit, in der so Vieles, was bisher selbstverständlich war, ins Wanken gerät oder keine Gültigkeit mehr hat, sind wir alle mehr denn je gefordert, insbesondere die Politik, die Menschen zusammenzuführen und gemeinsam für Werte einzutreten, wie es mein Mann getan hat.“
Breite Kritik an Merz-Äußerungen
Merz Äußerungen hatten für breite Kritik gesorgt. Das Bündnis „Offen für Vielfalt!“ nannte es „erschreckend ahnungslos“. Der Grüne Robert Habeck stellte klar, dass es sich um eine „Lüge“ handelte und fragte, „ob die CDU damals die richtigen Konsequenzen gegen Rechts gezogen hatte.“
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Der damalige CSU-Innenminister Horst Seehofer hatte nach dem Mord an Lübcke am 1. Juni 2019 über zwei Wochen lang Fragen nach einem politischen Hintergrund offen gelassen. Das antifaschistische Recherche-Kollektiv Exif veröffentlichte dann am 17. Juni eine umfassende Recherche über den neonazistischen Hintergrund des Täters. Die Antifa Freiburg berichtete am selben Tag über eine Spende des Täters an die AfD.
Auch die langjährige CDU-Rechtsauslegerin Erika Steinbach hatte in der Vergangenheit gegen Lübcke gehetzt, als sie bereits der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung vorsaß. Morddrohungen gegen Lübcke in ihren Kommentarspalten ließ sie stehen. Mittlerweile ist sie selbst der extrem rechten AfD beigetreten.
Lübcke war vor seiner Ermordung vielfach von extrem Rechten angefeindet worden, weil er bei einer Bürgerversammlung im nordhessischen Lohfelden rassistischer Hetze gegen eine Flüchtlingsunterkunft vehement widersprochen hatte. Lübcke sagte damals: „Es lohnt sich, in diesem Land zu leben. Und da muss man für Werte eintreten, und wer diese Werte nicht vertritt, kann jederzeit dieses Land verlassen, wenn er nicht einverstanden ist. Das ist die Freiheit eines jeden Deutschen.“
Viel Empörung hat die Union zuletzt auch dafür geerntet, dass sie mit einer raunenden parlamentarischen Anfrage Zweifel an der Gemeinnützigkeit von Organisationen gestreut hatte, die gegen die CDU demonstriert hatten – unter anderem die Omas gegen rechts. Zahlreiche Politiker und zivilgesellschaftlichen Organisationen kritisierten das vehement. Die Ortsgruppe Omas gegen Rechts aus dem Saarland schickte ein Paket mit Tassen in die CDU-Parteizentrale. Viele andere tun es derzeit der Gruppe gleich und nutzen dafür den Hashtag #AlleTassenimSchrank.
https://taz.de/



Urteil: AfD unterliegt vor Gericht im Streit mit Verfassungsschutz

Durfte der Bundesverfassungsschutz 2022 auf das Potenzial von Extremisten in der AfD hinweisen? Die Partei hat in einem Eilverfahren auch in der zweiten Instanz keinen Erfolg.
27.02.2025, 16:55 Uhr
Die AfD hat im Streit über Angaben zu ihrem Extremismuspotenzial im Verfassungsschutzbericht des Bundes eine weitere juristische Niederlage eingesteckt. Das Bundesinnenministerium müsse Aussagen im Bericht 2022 zum „extremistischen Personenpotenzial von etwa 10.000 Personen“ oder „30 bis 40 Prozent aller AfD-Mitglieder“ weiterhin nicht korrigieren, entschied das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg.
Die AfD hatte geklagt. Sie halte die Aussagen für rechtlich und tatsächlich nicht haltbar, erläuterte das Gericht. In einem Eilverfahren Anfang 2024 war aber schon das Verwaltungsgericht in erster Instanz zu dem Schluss gekommen, dass der Bericht nicht korrigiert werden müsse.
Blick auf den ehemaligen „Flügel“
Damals befanden die Richter, das Ministerium sei nach dem Bundesverfassungsschutzgesetz berechtigt, die Öffentlichkeit über Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung zu informieren. Dies gelte, soweit es hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte hierfür gebe, hieß es.
Bei einem Teil der AfD-Mitgliedschaft lägen solche tatsächlichen Anhaltspunkte von hinreichendem Gewicht für ein Rechtsextremismuspotential vor. Dies gelte insbesondere bei dem aus dem ehemaligen „Flügel“ hervorgegangenen Netzwerk um den Thüringer AfD-Vorsitzenden Björn Höcke. Die vom Innenministerium herangezogenen Umstände seien nicht zu beanstanden, befand das Verwaltungsgericht damals. (Az.: VG 1 L 340/23)
Entscheidung erster Instanz bestätigt
Das Oberverwaltungsgericht schloss sich nun an und wies die Beschwerde der AfD zurück. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts sei nicht zu beanstanden. Die Angaben im Verfassungsschutzbericht 2022 hielten „sowohl in Bezug auf das Vorliegen hinreichend gewichtiger tatsächlicher Anhaltspunkte für ein bei der AfD bestehendes Extremismuspotenzial als auch in Bezug auf die Quantifizierung dieses Potenzials einer Überprüfung stand“, befanden die Richter des ersten Senats in ihrem Beschluss vom 26. Februar 2025 (OVG 1 S 18/24 -)
Dieser Beschluss über die Beschwerde im Eilverfahren sei unanfechtbar. Möglich sei aber noch ein Hauptsacheverfahren, erläuterte ein Gerichtssprecher.
© dpa-infocom, dpa:250227-930-389053/1
https://www.tagesspiegel.de/



27.02.2025 ∙ phoenix vor ort ∙ phoenix | Wolfgang Schroeder (Politikwissenschaftler, Universität Kassel) zu Auswirkungen der kl. Anfrage der CDU/CSU Fraktion zu den NGOs >>>

https://www.ardmediathek.de/


Juristischer Erfolg für Campact: Einstweilige Verfügung gegen CDU Leipzig
Das Landgericht Leipzig hat eine von Campact beantragte einstweilige Verfügung gegen die CDU Leipzig erlassen. Die CDU Leipzig hatte auf ihren Social-Media-Kanälen im Februar 2025 wahrheitswidrig behauptet, dass Campact staatliche Fördermittel erhalte und diese zur Organisation von Demonstrationen gegen die Union einsetze. Der Kreisverband bezog sich dabei unter anderem auf Artikel der BILD-Zeitung. Eine vorgerichtliche Abmahnung ignorierte die CDU. Auf unseren Antrag hat das Landgericht Leipzig der CDU Leipzig die Verbreitung der unwahren Tatsachenbehauptungen untersagt.

Dr. Felix Kolb, geschäftsführender Vorstand Campact e.V.: “Die gemeinsame Abstimmung der Union mit der AfD war ein riesiger Fehler und hat ausschließlich der rechtsextremen Partei geholfen. Statt diesen Fehler einzugestehen, versucht die Union nun, die Organisatoren zu verunglimpfen, die sich für den Erhalt der Brandmauer stark machen. Dieses Verhalten ist einer Partei nicht würdig, die das Wort Demokratie im Namen trägt. Wir können nur hoffen, dass alle CDU-Verbände dazulernen, ihre Verantwortung ernst nehmen und in politischen Auseinandersetzung nicht wieder zu Lügen greifen.”
Schon im vergangenen Jahr hatte unter anderem das rechte Portal Nius, Campact die Umverteilung von Steuergeldern unterstellt. Auch dagegen ging Campact erfolgreich juristisch vor. Das Landgericht München I hat Nius die Verbreitung mehrerer Falschbehauptungen über den Campact e.V. verboten. Derzeit läuft ein Berufungsverfahren.
https://www.campact.de/

Neukölln-Komplex: Nach rechtsextremen Anschlägen – das blüht den Angeklagten jetzt

von Nele Ritter
25.02.2025 - 10:05 Uhr
Das Urteil in der rechtsextremen Anschlagserie in Neukölln ist gefallen. Doch die Täter beschäftigen die Justiz weiterhin.
© IMAGO/Fotostand
Schon seit Jahren beschäftigt eine Reihe rechtsextremer Straftaten im Berliner Bezirk Neukölln die Justiz, Polizei und Politik. Über 70 Fälle von Brandanschlägen, gestohlenen Stolpersteinen, gesprengte Autos, um nur einige zu nennen, sind Teil des Neukölln-Komplexes.
Zwei der Täter in der Straftaten-Serie standen bis Ende letzten Jahres vor Gericht. Schon seit Mitte Dezember war das Urteil klar. Doch der Fall wird die Justiz weiter beschäftigen.
Neukölln-Komplex! Urteil ist gefallen
Am 12. September 2024 begann vor dem Landgericht Berlin I das Berufungsverfahren gegen Sebastian T. (38) und Tilo P. (41). Die Liste der Anklagepunkte ist lang. Darunter Körperverletzung und Sachbeschädigung. Vor allem ging es aber um zwei Brandanschläge auf Ferat Koçak und Heinz Ostermann am 1. Februar 2018. Doch die Angeklagten wurden in der ersten Instanz vom Landesgericht Tiergarten freigesprochen.
Das Verfahren ging weiter, denn anders als die erste Instanz hatte das Landgericht Berlin im Berufungsprozess ausreichend Beweise dafür gesehen, dass Sebastian T. (38) und Tilo P. (41) die Brandanschläge auf zwei Autos in Berlin-Neukölln verübt haben. Am 12. Dezember dann das Urteil: gemeinschaftlichen Brandstiftung! Außerdem verurteilte das Gericht die Männer aus der rechtsextremen Szene auch wegen einer Reihe weiterer Taten. Laut Urteil handelte es sich „weitgehend um politisch motivierte Taten im extremistischen Bereich“.
Verfahren beschäftigt die Justiz weiterhin
Sebastian T. blühen nun drei Jahre und sechs Monate Haft. Das Gericht sprach ihn unter anderem auch wegen Sachbeschädigung, Störung des öffentlichen Friedens durch die Androhung von Straftaten und Betrugs schuldig. Tilo P. verurteilte es zu einer Gesamtstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten wegen Sachbeschädigung. In seinem Fall wurde eine frühere Strafe, unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung, einbezogen.
Mehr Neues aus Berlin:
Doch der Prozess ist noch immer nicht abgeschlossen, denn beide Männer akzeptieren ihre Haftstrafe nicht und haben Revision eingelegt. Ob das zu einer Urteilsänderung führt, bleibt abzusehen, die Erfolgsaussichten einer Revision sind laut einer Statistik am Bundesgerichtshof eher gering. Für eine Revision wird nicht nochmal der Prozess an sich aufgerollt, sondern nur das Urteil rein rechtlich überprüft. (mit dpa)
https://www.berlin-live.de/


Kriminalität
Immer mehr rechte Straftaten in Bayern

dpa 21.02.2025 - 05:00 Uhr
Auch wenn die Gesamtzahlen zur politisch motivierten Kriminalität in Bayern rückläufig sind, muss die Statistik für 2024 Sorgen machen. Denn ein Bereich verzeichnet einen bedenklichen Zuwachs.
Politisch motivierte Straftaten sind in der aktuell aufgeheizten Lage in Bayern leider keine Seltenheit. 47 Prozent aller Verbrechen in dem Bereich gehen auf das Konto rechter Täter. (Illustration) Foto: Christoph Reichwein/dpa
München - Beinahe jede zweite politisch motivierte Straftat in Bayern wurde im vergangenen Jahr von Tätern aus dem rechten Lager begangen. Von den 7.680 für 2024 in der Statistik vermerkten Straftaten mit einem politischen Hintergrund gingen 3.612 auf die Liste von Rechten oder gar Rechtsextremisten - dies entspricht einem Anteil von 47 Prozent und dem höchsten Wert seit 2019. Das geht auf eine Auswertung des Innenministeriums auf Anfrage der Grünen im Landtag hervor, welche der Deutschen Presse-Agentur in München vorliegt.
Anteil steigt von 2023 auf 2024 massiv an
Zum Vergleich: 2023 lag der Anteil den Angaben zufolge noch bei rund 37 Prozent - damals standen 3.055 rechte Straftaten einer Gesamtzahl von 8.041 gegenüber. 2019 gab es gerade mal 4.560 politisch motivierte Straftaten in Bayern, davon 2.503 Fälle der Kategorie "rechts".
Bozoğlu: Nicht zu überhörendes Alarmsignal
"Dass die politisch motivierten Straftaten aus dem rechten Spektrum zum zweiten Jahr in Folge ein Höchstniveau erreicht, ist ein nicht zu überhörendes Alarmsignal", sagte Cemal Bozoğlu, Sprecher für Strategien gegen Rechtsextremismus der Landtags-Grünen. Das aufgeheizte politische Klima befeuere Straftäter mit rechter Gesinnung. "Das darf nicht verharmlost werden." Die Staatsregierung müsse die Gefahren richtig einordnen und "dringend restriktive wie präventive Maßnahmen" einleiten.
Auch Mord und Totschlag kein Tabu
Wie brutal politisch motivierte Straftäter vorgehen - und das sie auch vor Mord und Totschlag nicht zurückschrecken, zeigte eine andere Antwort des Innenministeriums auf eine Anfrage der Landtags-SPD. Demnach gab es zwischen 2016 und Ende 2024 27 entsprechende Vorfälle. Die Bandbreite reicht von einem am Ende glimpflich ausgegangenen Schubsers auf die U-Bahn-Gleise in Nürnberg samt antisemitischer Beschimpfungen bis zum sogenannten Polizistenmord in Georgensgmünd, wo ein Beamter des Spezialeinsatzkommandos Nordbayern von einem "Reichsbürger" erschossen wurde.
In Summe gehen die meisten der Fälle auch auf das Konto rechter Täter (12), gefolgt von ausländischer Kriminalität (7), religiöser Kriminalität (5), ausländischer Ideologie (2) und aus dem linken Spektrum (1). "Wir müssen entschlossen und hart gegen diese Täter vorgehen, denn die Zahlen sind erschreckend. Gerade auch die Gewalttaten durch Nazis und Rechtsextremisten", sagte Florian von Brunn (SPD).
Auch mehr Straftaten mit Bezügen zum Ausland
Generell nimmt die Kriminalität mit der sogenannter "auslandsbezogener Ideologie" stark zu. 2021 lag die Zahl noch bei 69 Fällen, 2024 sind es bereits 548. Hierunter fallen Straftaten im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine oder dem palästinensischen Extremismus. Ein Erklär-Ansatz dafür ist der Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und der sich anschließenden Gegenreaktion des israelischen Militärs im Gazastreifen.
Es gibt auch Rückgänge in manchen Bereichen
Dagegen sank von 2023 auf 2024 die Zahl der Straftaten im Bereich "sonstige Zuordnung", wo etwa Delikte von sogenannten Reichsbürgern und Coronaleugnern erfasst werden - von 3.444 Straftaten auf 2.607 Straftaten. Auch bei Straftaten von Tätern, die dem linken Milieu zugeordnet werden, ist der Trend rückläufig: 727 im vergangenen Jahr stehen etwa 868
im Jahr 2023 und 1.328 im Jahr 2019 gegenüber.
Ruf nach mehr Prävention und Ermittlern
"Die aktuellen Zahlen belegen: Islamistischer Terror schürt gezielt Angst bei den Menschen – und diese Angst wird von rechtsextremen und rechtspopulistischen Kräften für ihre Zwecke missbraucht", sagte Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze. Die gefährliche Dynamik sich gegenseitig befeuernder Straftaten müsse durchbrochen werden – mit Prävention und einer modernen, gut ausgestatteten Sicherheitsinfrastruktur. "Polizei und Verfassungsschutz brauchen dringend mehr digitale Ermittler, um auch in sozialen Netzwerken effektiv gegen Extremismus vorzugehen."
https://www.kurier.de/


Hessen
Hanau gedenkt der Opfer des rassistischen Anschlags vor fünf Jahren

Stand: 19.02.2025 07:42 Uhr
Zum fünften Mal jährt sich an diesem Mittwoch der rassistische Anschlag in Hanau. Politiker und Hinterbliebene wollen am Mittag bei einer offiziellen Gedenkstunde an die Opfer erinnern. Auch der Bundespräsident wird erwartet. Eine Opferfamilie will nicht kommen, eine Partei darf nicht.Die Stadt Hanau erinnert am Mittwoch an die am 19. Februar 2020 ermordeten neun Bürger aus Einwandererfamilien: Kaloyan Velkov, Sedat Gürbüz, Fatih Saraçoğlu, Vili Viorel Păun, Mercedes Kierpacz, Gökhan Gültekin, Said Nesar Hashemi, Hamza Kurtović und Ferhat Unvar.
Player: audioFünfter Jahrestag des rassistischen Anschlags in Hanau
Fünfter Jahrestag des rassistischen Anschlags in Hanau
00:0000:51
Zu der zentralen Gedenkveranstaltung um 12 Uhr unter dem Motto "Gemeinsam gedenken - für Zusammenhalt und Zukunft" wird Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier als Redner erwartet. Die Begrüßung soll Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) halten, die Verabschiedung Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD).
Bilderstrecke
Ermordet am 19. Februar 2020 in Hanau
Tastatursteuerung Bildergalerie aktivieren
Kaloyan Velkov: Opfer des rassistischen Anschlags in Hanau
Kaloyan Velkov kam 2018 aus Bulgarien nach Deutschland. Er arbeitete in der Bar La Votre in der Hanauer Innenstadt - auch in der Tatnacht. Der Vater eines Kindes wurde 33 Jahre alt.
Sedat Gürbüz: Opfer des rassistischen Anschlags in Hanau
Dem 29-Jährigen gehörte die Shisha-Bar Midnight am Heumarkt. Dort erschoss ihn der rechtsextremistische Attentäter. Die Familie von Sedat Gürbüz stammt aus der Türkei.
Fatih Saraçoğlu: Opfer des rassistischen Anschlags in Hanau
Seinen Mörder traf Fatih Saraçoğlu, als er mit einem Freund zum Rauchen vor der Shisha-Bar Midnight stand. Der 34-Jährige war mit seiner Freundin wenige Jahre zuvor von Regensburg (Bayern) nach Hanau gezogen. Dort wollte er sich selbstständig machen.
Vili Viorel Păun: Opfer des rassistischen Anschlags in Hanau
Vili Viorel Păun zog als Jugendlicher von Rumänien nach Deutschland. Zuletzt arbeitete der 22-Jährige als Kurierfahrer - auch in der Tatnacht war er mit seinem Lieferwagen unterwegs, als er in der Innenstadt den Attentäter bemerkte und ihn, da er den Notruf der Polizei nicht erreichte, nach Kesselstadt verfolgte. Er war das einzige Kind seiner Eltern.
Mercedes Kierpacz: Opfer des rassistischen Anschlags in Hanau
Die Romni mit polnischen Wurzeln arbeitete in der Arena-Bar in Hanau-Kesselstadt, einer Bar mit Kiosk. Am 19. Februar vor einem Jahr wollte sie dort nur eine Pizza für ihre beiden Kinder holen, eigentlich hatte sie frei. Der Attentäter erschoss sie, sobald er den Laden betrat. Mercedes Kierpacz wurde 35 Jahre alt.
Gökhan Gültekin: Opfer des rassistischen Anschlags in Hanau
Der gelernte Maurer führte ein Transportunternehmen. Zur Welt kam er in Hanau, wohin seine Eltern aus dem kurdischen Teil der Türkei gezogen waren. Gökhan Gültekin wurde am 19. Februar 2020 ermordet. Er war 37 Jahre alt.
Said Nesar Hashemi: Opfer des rassistischen Anschlags in Hanau
Er schaute mit seinem Bruder Said Etris und Freunden an jenem Abend ein Fußballspiel in der Arena-Bar. Said Nesar Hashemi wuchs in Hanau auf und hatte Maschinen- und Anlagenführer gelernt, seine Familie kam aus Afghanistan. Er starb mit 21 Jahren.
Hamza Kurtović: Opfer des rassistischen Anschlags in Hanau
Seine Familie stammt aus Bosnien-Herzegowina, er und seine Geschwister wurden in Deutschland geboren und wuchsen in Hanau auf. Der 22-Jährige hatte seine Ausbildung zum Lageristen abgeschlossen. Hamza Kurtović wurde in der Arena-Bar ermordet.
Ferhat Unvar: Opfer des rassistischen Anschlags in Hanau
Seine Eltern sind Kurden, er kam in Deutschland zur Welt und wuchs in Hanau auf. Der Gas- und Wasserinstallateur wurde 23 Jahre alt. Er traf sich oft mit Freunden in der Arena-Bar, auch in der Tatnacht. Seine Mutter Serpil Unvar gründete die "Bildungsinitiative Ferhat Unvar".
Zudem sind Reden von drei Angehörigen vorgesehen: Sedat Gürbüz und Serpil Temiz Unvar verloren bei dem rassistischen Attentat jeweils einen Sohn, Said Etris Hashemi seinen Bruder, außerdem wurde er selbst verletzt. Çetin Gültekin will aus seinem im vergangenen Jahr erschienen Buch "Geboren, aufgewachsen und ermordet in Deutschland" über seinen Bruder lesen.Eine Familie bleibt fernDie Eltern von Hamza Kurtović haben angekündigt, der Gedenkfeier fernzubleiben. Es entstünde das falsche Bild von Politikern, die an der Seite der Angehörigen stehen, sagte Vater Armin Kurtović dem hr. Sein Sohn zählt zu den Opfern, die in der Arena-Bar erschossen wurden.Er wirft Oberbürgermeister Kaminsky vor, keine Verantwortung für einen mutmaßlich verschlossenen Notausgang in der Arena-Bar zu übernehmen. Der SPD-Politiker weist die Kritik von sich. Dem Ministerpräsidenten Boris Rhein (CDU) hält Kurtović vor, in der Sache entgegen einer früheren Zusage keine unabhängige Untersuchung zu veranlassen. Kurtović hatte vor kurzem eine neue Strafanzeige erstattet, die Staatsanwaltschaft hielt weitere Ermittlungen allerdings für nicht angebracht.AfD nicht eingeladenUnerwünscht sind Vertreter der AfD bei der Gedenkfeier, zu der das Land und die Stadt eingeladen haben. Ein Sprecher Kaminskys sagte auf Anfrage, der Oberbürgermeister habe dem Ministerpräsidenten geschrieben, dass die Teilnahme von AfD-Politikern "auf entschiedene Ablehnung" bei den Opferfamilien stoßen würde.Ein Sprecher Rheins teilte dem hr mit, besonders die Angehörigen hätten die Gestaltung der Trauerfeier konzipiert. Es sei üblich bei solchen Veranstaltungen, "aus Pietätsgründen den Wünschen der Angehörigen zu entsprechen".AfD-Fraktionschef Robert Lambrou warf der Staatskanzlei schlechten Stil vor. Sie habe erst auf hartnäckiges Nachfragen mitgeteilt, dass es Einladungen gab und warum die AfD keine erhielt. Man habe offenbar gehofft, "dass wir gar nicht erst merken, dass wir nicht eingeladen sind".Mahnwache an beiden TatortenMehrere Kirchen sind am Mittwoch für ein Gedenken geöffnet.Um 9 Uhr und um 16.30 Uhr betet ein Imam an den Gräbern der auf dem Hanauer Hauptfriedhof bestatteten Opfer. Trauerkundgebungen sind außerdem an den Gräbern weiterer Opfer auf dem Friedhof Offenbach (14 Uhr) und auf dem Friedhof in Dietzenbach (Offenbach, 15 Uhr) geplant.Am Abend will die Initiative 19. Februar, in der sich Angehörige und Freunde der Opfer sowie deren Unterstützer zusammengeschlossen haben, an den beiden Tatorten der Toten gedenken. Im Namen von Stadt, Land und Bund werden auch außerhalb Deutschlands und Hessens Blumen- und Kranzniederlegungen an den Grabstätten der Opfer organisiert: in Bulgarien, Rumänien und in der Türkei.Am 19. Februar 2020 hatte ein 43-Jähriger in Hanau neun junge Menschen aus rassistischen Motiven erschossen. Danach tötete er seine Mutter und sich selbst.
Hessischer Rundfunk
Quelle: HR
https://www.tagesschau.de/


Sachsen
Rechtsextremismus: 20 neue Verdachtsfälle bei der Polizei

19.02.2025, 11:20 Uhr
(Foto: Paul Glaser/dpa-Zentralbild/dpa)
Seit 2017 werden in Sachsen mutmaßliche rechtsextreme Äußerungen und Handlungen von Polizisten erfasst. Inzwischen sind den Behörden 113 Vorfälle bekannt.
Dresden (dpa/sn) - Die sächsische Polizei hat 20 neue Verdachtsfälle mit Bezug zum Rechtsextremismus erfasst. Das geht aus einer Auflistung des Innenministeriums in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage von Linke-Politikerin Juliane Nagel im Sächsischen Landtag hervor. In Sachsen werden solche Verdachtsfälle seit 2017 erfasst. Inzwischen ist dafür eine Koordinierungsstelle für Extremismusprävention und -bekämpfung zuständig. Nach Angaben der Linken wurden bisher 113 Fälle erfasst.
Nach Angaben des Innenministeriums werden Bediensteten unter anderem rassistische und antisemitische Äußerungen zur Last gelegt. Ferner geht es um verfassungsfeindliche Statements in sozialen Medien, um die Verharmlosung des Nationalsozialismus sowie um die Verwendung einer verbotenen Parole und einer "Grußform" – gemeint ist offenkundig der Hitlergruß. Mit zwei Ausnahmen fallen alle Vorkommnisse in den Bereich der Polizeihochschule.
Studenten sollen "White Power"-Gruß gezeigt haben
In einem Fall geht das Innenministerium davon aus, dass ein Mensch über Jahre hinweg im Unterricht an der Polizeihochschule mit "nationalsozialistischen, rassistischen, ausländerfeindlichen und sexistischen Äußerungen" auffiel. Die Auflistung umfasst auch 13 Polizei-Studenten, die im Verdacht stehen, ein "Handzeichen mit Nähe zu Rechtsextremismus" gezeigt zu haben. Sie sollen auf einem Gruppenfoto den ""-
Innenminister Armin Schuster (CDU) hatte solche Vorfälle immer wieder scharf verurteilt. Zugleich stellte er aber schon früher auch die Relation her: "Ich möchte allerdings auch betonen, dass von 15.500 Polizeibediensteten über 99 Prozent mit beiden Beinen fest auf dem Boden unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung stehen", sagte er dazu vor zwSachsen
Rechtsextremismus: 20 neue Verdachtsfälle bei der Polizei
ei Jahren.
Quelle: dpa
https://www.n-tv.de/


Proteste gegen die AfD in Deutschlands Fußball-Stadien

Ben Knight
19.02.202519. Februar 2025
Viele Fangruppen haben ihren Kampf gegen Rassismus in den letzten Monaten verstärkt. Doch der allgemeine Rechtsruck ist auch auf den Tribünen angekommen.
Zwei große Fahnen im Block des FC St. Pauli mit vielen Fans: eine mit einem Totenkopf, die andere gegen die AfD gerichtet
Die Anhänger des Bundesligisten FC St. Pauli aus Hamburg protestieren immer wieder gegen die AfDBild: Philipp Szyza/xim.gs/picture alliance
"Wer gegen Nazis kämpft, kann sich nicht auf den Staat verlassen" - beim Bundesliga-Heimspiel des FC St. Pauli gegen den FC Augsburg am 1. Februar zeigten die Fans des Hamburger Vereins mit der starken antifaschistischen Tradition klare Kante. Der berühmte Satz der Holocaust-Überlebenden Esther Bejarano war auf einem riesigen schwarzen Transparent in der Kurve zu sehen.
Untermalt wurde dies von lautstarken Sprechchören: "Ganz Hamburg hasst die AfD". Ein deutliches Statement einige Tage nach dem Internationalen Holocaust-Gedenktag vom 27. Januar und drei Wochen vor der Bundestagswahl, bei der die in Teilen rechtsextreme Partei die zweitmeisten Stimmen nach der Union aus CDU und CSU erzielen könnte.
"Wer gegen Nazis kämpft, kann sich auf den Staat nicht verlassen" - Transparent im Stadion von St. Pauli"Wer gegen Nazis kämpft, kann sich auf den Staat nicht verlassen" - Transparent im Stadion von St. Pauli
Vor Spielbeginn gedenken die Fans der Befreiung des früheren deutschen Konzentrationslagers Auschwitz vor 80 JahrenBild: Marcus Brandt/dpa/picture alliance
Es sind nicht nur die Anhänger des FC St. Pauli, die sich offen gegen den zunehmenden Rechtsruck in Deutschland positionieren. Auch andere deutsche Fußballvereine und Fangruppen haben im vergangenen Jahr sowohl in den Stadien als auch auf den Straßen gegen Rechtsextremismus demonstriert. Zudem haben mehrere große Vereine aus den ersten beiden deutschen Ligen, darunter Werder Bremen, der VfL Bochum, der FSV Mainz 05, der 1. FC Köln und Hannover 96, ihre Anhänger dazu aufgerufen, sich dem Rechtsextremismus aktiv entgegenzustellen.
Politisch engagierte Anhänger halten sich vermehrt zurück
Doch dieser Ausbruch politischer Gefühle in den Stadien ist bei weitem nicht allgemeingültig - und für einige politisch engagierte Fußballfans geht der allgemeine Trend in den letzten Jahren eher dahin, ihre politische Zugehörigkeit nicht so offen zu zeigen.
"Bei den Fans würde ich mir manchmal ein bisschen mehr Mut wünschen", sagt Rico Noack der DW, Vorsitzender von "Gesellschaftsspiele", einer Organisation von Fußballfans, die sich für eine inklusive Gesellschaft einsetzt. "Da sagt eine Gruppe, 'Wir würden das gerne machen,' da sagt die andere, 'Ach, das ist uns zu politisch', dann wird das ausgehandelt, und dann wird sich auf dem kleinsten minimalen Konsens getroffen, oder es wird dazu gar nichts gesagt."
Bestes Beispiel: Die Fußballweltmeisterschaft 2022 in Katar, als die deutsche Fußballnationalmannschaft mit der "One Love"-Kapitänsbinde ein Zeichen setzen wollte, um gegen die diskriminierenden Gesetze des Gastgeberlandes gegen LGBTQ-Menschen zu protestieren.
Trikot des deutschen Nationaltorwarts Manuel Neuer, Torwarthandschuhe, DFB-Wimpel und "One love"-Kapitänsbinde am ArmTrikot des deutschen Nationaltorwarts Manuel Neuer, Torwarthandschuhe, DFB-Wimpel und "One love"-Kapitänsbinde am Arm
Politikum: die "one love"-Kapitänsbinde, hier am Arm vom deutschen Nationaltorwart Manuel NeuerBild: Christian Charisius/dpa/picture alliance
Der Weltfußballverband untersagte das Tragen, die uneinigen Spieler einigten sich am Ende auf den kleinsten gemeinsamen Nenner. Und hielten sich als Protest gegen die eingeschränkte Meinungsfreiheit vor dem ersten Gruppenspiel gegen Japan demonstrativ den Mund zu.
Rassismus in den Stadien wieder salonfähig
Im vergangenen Jahr, als Deutschland die Europameisterschaft ausrichtete, nutzte die AfD die Gelegenheit, um eine Attacke gegen die vermeintlichen "Weicheier" der Nationalmannschaft zu starten. Maximilian Krah, der Spitzenkandidat der Rechtsaußen-Partei bei der Europawahl im Juni, bezeichnete das Team auf TikTok als "politisch korrekte Söldnertruppe", "Regenbogenteam" und "Pride-Mannschaft", Sein Kommentar dazu, dass sich die Nationalmannschaft für LGBTQ-Rechte einsetzt: "Wir können es ignorieren."
Thomas Müller und Toni Kroos im lila-pinken Trikot der Fußball-NationalmannschaftThomas Müller und Toni Kroos im lila-pinken Trikot der Fußball-Nationalmannschaft
"Trikot der Schande" - Für viele Rechte ist das lila-pinke Auswärtstrikot der Nationalmannschaft eine ProvokationBild: Arne Dedert/dpa/picture alliance
"Fußball ist politischer denn je", sagt Noack der DW. Obwohl man in den Stadien noch keine rechten Fahnen sehe, sei der Rechtsruck in der politischen Kultur Deutschlands längst in den Kurven angekommen. Rassismus sei auf den Tribünen wieder salonfähig, sagt auch der Journalist Ronny Blaschke, der gerade ein Buch über Rassismus im Fußball veröffentlicht hat.
"Vor allem nach der sogenannten Flüchtlingskrise 2015 haben wir einen Rechtsruck in den Stadien beobachtet, da wir mehr rassistische Vorfälle auf den Tribünen gegen schwarze Fußballspieler haben", sagt Blaschke der DW. "Wir haben massiven Rassismus vor allem im Netz. Immer wenn schwarze deutsche Nationalspieler für die Jugendmannschaften oder die Nationalmannschaft auflaufen, findet man in den sozialen Medien viele rassistische Kommentare."
Kreative Proteste Anschauungsunterricht für andere Demonstrationen
Die deutsche Fußball-Fankultur ist komplex. Einige Vereine wie St. Pauli haben seit langem eine offen linke Identität. Mehrere Personen aus dem Fanlager des Drittligisten Alemannia Aachen gehören dagegen laut Angaben der Polizei der rechten Szene an. Beim Auswärtsspiel in Verl im Januar trugen Anhänger wiederholt Kleidung aus dem rechtsextremen Spektrum, es kam zu Schlägereien mit einigen Verletzten.
Der Verein, der das Problem lange Zeit herunterspielte, hat sich nun klar distanziert: "Jeder, der rechtsextremes Gedankengut verbreitet oder sich durch Kleidung, Symbolik oder Verhalten dieser Szene zuordnet, wird aus dem Stadion verbannt. Es gibt keinen Platz für Nazis bei der Alemannia!"
Fußballanhänger von Alemannia Aachen stemmen schwarz-gelben Fanschal in die HöheFußballanhänger von Alemannia Aachen stemmen schwarz-gelben Fanschal in die Höhe
Immer wieder Ärger mit einigen rechtsextremen Anhängern: das Fanlager von Alemannia AachenBild: Manfred Heyne/foto2press/IMAGO
In vielen anderen Vereinen gibt es sowohl linke als auch rechte Fangruppen. Rico Noack hat festgestellt, dass bei einigen Fans die politische Identität am Spieltag an Bedeutung verliert, wenn die Zugehörigkeit zum Verein Vorrang hat. Er ist auch skeptisch, dass politische Fußballfankulturen eine allgemeine Wirkung auf die Gesellschaft haben können.
Doch Noack glaubt, dass Anhänger eine besondere Macht haben: Wenn sie Proteste organisierten, hätten sie einen konfrontativen und rebellischen Geist, gepaart mit Geschlossenheit und einem Sinn für Humor, der den regulären Anti-AfD-Demonstrationen manchmal fehle.
"Von organisierten Fußballfans kann man durchaus eine Menge lernen: Fußballfans bringen häufig eine Kreativität mit, sie wissen genau, was sie machen müssen, um medienwirksame Bilder zu erzeugen", sagt er.
Fußballtorwart und Spieler auf dem Spielfeld, wo einige gelbe Tennisbälle liegenFußballtorwart und Spieler auf dem Spielfeld, wo einige gelbe Tennisbälle liegen
Die Fanproteste mit Tennisbällen gegen die zunehmende Kommerzialisierung im Profifußball waren am Ende erfolgreichBild: Swen Pförtner/dpa/picture alliance
Droht ein Rückfall in längst überwundene Zeiten?
Susanne Franke ist Vorstandsmitglied der Schalker Fan-Initiative - einer antirassistischen Organisation von Fans, die 1992 gegründet wurde, als gewalttätige rechte Hooligans in Fußballstadien an der Tagesordnung waren. Schalke 04 ist der Vorzeigeverein aus Gelsenkirchen, das zum ehemaligen industriellen Zentrum Deutschlands im Ruhrgebiet gehört. Obwohl die Stadt einst eine Hochburg der Sozialdemokraten war, hat die in Teilen rechtsextreme AfD dort an Boden gewonnen - auch weil der industrielle Niedergang Gelsenkirchen zur ärmsten Stadt Deutschlands gemacht hat.
Franke fürchtet, dass Schalke schlimmstenfalls in Zukunft ein ähnliches Schicksal droht wie dem Nachbarn und größten Rivalen des Vereins, Borussia Dortmund. Dort hatte eine kleine Gruppe von Rechtsextremen die Fanbasis jahrelang unterwandert und Anhänger, die sich gegen Rassismus stark machten, bedroht und eingeschüchtert. Zum Rechtsruck in den Stadien sagt sie der DW: "Es war besser geworden, und jetzt wird es wieder schlechter. An vielen Orten ringen die Fans wieder um die Deutungshoheit."
Für Franke hat die Entscheidung des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz, mit Hilfe der AfD eine unverbindliche Resolution für eine verschärfte Asylpolitik durch das deutsche Parlament zu bringen, die Arbeit ihrer Fan-Initiative noch dringlicher gemacht. "Für mich fühlt es sich an wie der letzte Kampf für die Demokratie in Deutschland", sagt sie. "Ob man nun Fußballfan ist oder nicht, es ist sehr wichtig, dass man diesen Moment sehr ernst nimmt."
https://www.dw.com/


Duftbaum mit Nazi-Familie Ritter in Einsatzfahrzeug: So reagiert die Dresdner Polizei

Von Eric Hofmann, Marcus Scholz
17.02.2025
Dresden - Mit dem Motiv eines Duftbaums fiel die Polizei am großen Demo-Tag in Dresden negativ auf. Nun ist reagiert worden.
In diesem Transportwagen der Polizei aus Sachsen-Anhalt hing der fragwürdige Duftbaum.  © privat
Bei dem betroffenen Einsatztrupp soll es sich um Beamte aus Sachsen-Anhalt handeln.
TAG24 wurde ein Foto von einem Mannschaftstransportwagen zugespielt, der einen fragwürdigen Duftbaum am Rückspiegel hängen hat.
Darauf abgebildet ist Karin Ritter zu erkennen, 2021 verstorbenes Oberhaupt der bekennenden Nazi-Familie Ritter aus Köthen in Sachsen-Anhalt.
Dresden gedenkt der alliierten Luftangriffe vor 80 Jahren
Familienoberhaupt Karin Ritter (†66) nahm nie ein Blatt vor den Mund, liebte das Rauchen und prahlte mit rechtem Gedankengut.  © YouTube/stern TV
Familie Ritter fiel immer wieder durch Gewalt und Fremdenfeindlichkeit auf
Stern TV begleitete die Familie seit 1994, brachte die Ritters immer wieder auf die Mattscheibe. Sowohl Karin (†66) als auch ihre Söhne René, Christopher, Norman (†40) und Andy (†39) waren für Gewalt, Verwahrlosung, Drogen und eben Fremdenfeindlichkeit bekannt, gerieten regelmäßig mit dem Gesetz in Konflikt.
Den Duftbaum mit dem Konterfei Karin Ritters und der Aufschrift "Geht hier was kaputt, pfeift der Fuchs" gibt es im Internet zu kaufen. Kostenpunkt: um die fünf Euro.
Erstmeldung vom 15. Februar, 13.49 Uhr. Letzte Aktualisierung am 15. Februar, 17.45 Uhr.
https://www.tag24.de/


AfD-Veranstaltung in Freiburg
Mann zeigt Hitlergruß – Tatverdächtiger identifiziert

Ein Mann hatte vor dem Bürgerhaus im Freiburger Stadtteil Zähringen einen Hitlergruß gezeigt. Laut Polizei ist die Identität des Verdächtigen nun klar – offenbar gibt es ein Video von dem Vorfall.
13.02.2025, 08.07 Uhr
Protest vor dem Bürgerhaus Zähringen

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    Protest vor dem Bürgerhaus Zähringen Foto: Philipp von Ditfurth / dpa
    Weil eine Person am Rande einer AfD-Veranstaltung in Freiburg am Montag einen Hitlergruß gezeigt hat, sind bei der Polizei nach eigenen Angaben »mehrere Anzeigen« eingegangen. Der Tatverdächtige sei identifiziert, sagte ein Polizeisprecher dem SPIEGEL. Nun liefen die Ermittlungen.
    Die Partei Die Linke und ihr Freiburger Direktkandidat Vinzenz Glaser hatten mitgeteilt, wegen des Vorfalls Anzeige erstattet zu haben. »Ein Hitlergruß in aller Öffentlichkeit unter Schutz der Polizei in Deutschland im Jahr 2025 ist ein Hohn für jedes Opfer des Nationalsozialismus«, so die Kreissprecherin der Partei . Die anwesenden Polizeibeamten seien »tatenlos« geblieben. Ob es sich bei einem der Anzeigenerstatter um Glaser handelt, bestätigte die Polizei auf Nachfrage nicht.
    Auf Instagram veröffentlichten Glaser und der Linken-Ortsverband ein Video , auf dem ein Mann beim Zeigen des Hitlergrußes zu sehen ist. Er steht vor dem Bürgerhaus im Freiburger Stadtteil Zähringen, in dem die Wahlkampfveranstaltung der AfD stattfand. Unklar ist, ob es sich bei dem Mann um einen Politiker oder einen Gast der Veranstaltung handelt. Die Polizei könne keine weiteren Angaben zum Täter machen, sagte der Sprecher.
    Gegen die Versammlung hatten laut Polizei rund 10.000 Menschen demonstriert. Der Protest verlief demnach »weitgehend friedlich«. Es habe acht Straftaten und sechs vorläufige Festnahmen gegeben.

Bündnis »Zusammen für Demokratie«: Kirchen und Verbände starten Kampagne für gesellschaftlichen Zusammenhalt
Kirchen und Verbände starten Kampagne für gesellschaftlichen Zusammenhalt
Seitdem die CDU vor knapp zwei Wochen im Bundestag eine Mehrheit mit der AfD eingegangen war, kommt es in ganz Deutschland zu Demonstrationen gegen Rechtsextremismus. Zuletzt waren unter anderem in München mehr als 250.000 Menschen auf die Straße gegangen. Mehr zu der aktuellen Protestwelle lesen Sie hier .
esw/dpa
https://www.spiegel.de/

Verdachtsfall Rechtsextremismus:
Wir veröffentlichen das 1.000-seitige Verfassungsschutz-Gutachten zur AfD

Die Alternative für Deutschland steht im Verdacht, rechtsextrem und verfassungsfeindlich zu sein. Der Verfassungsschutz beobachtet die Partei und hat 2021 ein ausführliches Gutachten erstellt. Wir veröffentlichen dieses Dokument in voller Länge.
03.02.2025 um 05:01 Uhr - Andre Meister - in Demokratie - 6 Ergänzungen
Björn Hocke und Alice Weidel blicken auf einen Papierstapel mit dem Verfassungsschutz-Gutachten.
Kommen im Gutachten sehr häufig vor: AfD-Bundeschefin Alice Weidel und AfD-Landeschef Björn Höcke. Bilder: FreeImages.com/MeHere, IMAGO/Revierfoto, IMAGO/Funke Foto Services. Montage: netzpolitik.org.
In ganz Deutschland haben am Wochenende wieder hunderttausende Menschen gegen Rechtsextremismus und ein Erstarken der AfD protestiert. 42 Prozent der Deutschen fordern ein Verbot der extrem rechten Partei. Letzte Woche hat der Bundestag debattiert, ob die AfD verboten werden soll.
Der Verfassungsschutz verdächtigt die Alternative für Deutschland bereits seit vier Jahren, rechtsextrem und verfassungsfeindlich zu sein. Das Bundesamt stuft die Partei als „rechtsextremistischen Verdachtsfall“ ein. Grundlage dafür ist ein 1.000-seitiges Gutachten.
Das veröffentlichen wir jetzt in voller Länge: Folgegutachten zu tatsächlichen Anhaltspunkten für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung in der Alternative für Deutschland (AfD).
Tatsächliche Anhaltspunkte
Im Januar 2019 hat der Verfassungsschutz die AfD als „Prüffall“ eingestuft, die erste Stufe der Beobachtung. Das Bundesamt stellte „erste tatsächliche Anhaltspunkte fest, die für eine extremistische Bestrebung sprechen“. Dafür erstellte der Verfassungsschutz ein 400-seitiges Gutachten. Das haben wir 2019 veröffentlicht.
Im Februar 2021 hat der Verfassungsschutz die AfD zum „Verdachtsfall“ hochgestuft, die zweite Stufe der Beobachtung. Laut Bundesamt „belegen die festgestellten tatsächlichen Anhaltspunkte den Verdacht, dass die Partei […] verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgt“. Dafür erstellte der Verfassungsschutz das 1.000-seitige Folgegutachten.
Das Fazit des Gutachtens: Es „liegen tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor“, dass die AfD „Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung“ verfolgt. Diese Anhaltspunkte liegen „von hinreichendem Gewicht und in hinreichender Anzahl“ vor. Auch „unter besonderer Berücksichtigung der Parteienfreiheit“ machen die Anhaltspunkte eine Beobachtung der Partei „erforderlich“.
Mit Menschenwürde unvereinbar
Der Verfassungsschutz hat „zahlreiche gewichtige Anhaltspunkte festgestellt, die belegen, dass in der Partei AfD Bestrebungen gegen die Garantie der Menschenwürde“ verfolgt werden. Artikel 1 des Grundgesetzes lautet: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ In der AfD gibt es relevante Bestrebungen gegen diesen obersten Verfassungsgrundsatz.
Der Verfassungsschutz belegt völkisch-nationalistische Aussagen und Positionen in der AfD. Auf allen Ebenen der Partei wird demnach ein „menschenwürdewidriger völkisch-abstammungsmäßiger Volksbegriff vertreten“. Das Gutachten verweist auf Konzepte wie Ethnopluralismus, Begriffe wie Umvolkung und Forderungen wie Remigration. Dieses Volksverständnis ist laut Verfassungsschutz „mit der Achtung der Menschenwürde unvereinbar“ und verfassungsfeindlich.
Der Verfassungsschutz belegt verfassungswidrige Fremdenfeindlichkeit in der AfD. Auf allen Ebenen der Partei werden demnach Zugewanderte kontinuierlich „pauschal diffamiert und verächtlich gemacht“. Das zeigt sich „insbesondere bei rassistisch motivierter Diskriminierung und einer grundsätzlichen Behandlung einzelner Personen und Personengruppen wie Menschen zweiter Klasse“. Dies belegt, „dass die Achtung der Menschenwürde für bestimmte Minderheiten außer Geltung gesetzt werden soll“.
Der Verfassungsschutz belegt verfassungswidrige Muslim- und Islamfeindlichkeit in der AfD. Auf allen Ebenen der Partei werden demnach „muslimische Gläubige aufgrund ihres Glaubens kontinuierlich pauschal diffamiert, herabgewürdigt und ausgegrenzt“. Zudem gibt es Forderungen, die sich „gegen die freie Ausübung der Religionsfreiheit“ richten und damit verfassungsfeindlich sind.
Gegen Demokratie und Rechtsstaat
Der Verfassungsschutz belegt Bestrebungen gegen das Demokratieprinzip in der AfD. Auf allen Ebenen der Partei wird demnach die demokratische Nachkriegsentwicklung der Bundesrepublik diffamiert sowie der Staat und die Parteien verunglimpft. „Gewichtigen Teilen der Partei“ geht es „nicht mehr um eine scharfe kritische Auseinandersetzung in der Sache“. Stattdessen soll das Vertrauen in die verfassungsmäßige Ordnung „von Grund auf erschüttert“ werden, damit „die freiheitliche demokratische Grundordnung als Ganzes fragwürdig erscheine“.
Der Verfassungsschutz belegt Bestrebungen gegen das Rechtsstaatsprinzip in der AfD. In der Partei wird demnach die Gewaltenteilung abgelehnt, das staatliche Gewaltmonopol infrage gestellt und sich auf ein vermeintlich legitimes Widerstandsrecht berufen. Einerseits ergeben diese Aussagen laut Gutachten „kein verfestigtes Bild innerhalb der Gesamtpartei“. Andererseits wäre die Verwirklichung der „menschenwürdewidrigen und diskriminierenden Vorstellungen letztlich nicht ohne eine Verletzung des Rechtsstaatsprinzips umsetzbar“.
Darüber hinaus belegt der Verfassungsschutz verfassungswidrigen Antisemitismus sowie verharmlosende oder positive Positionierungen zum Nationalsozialismus in der AfD. Dafür benennt das Gutachten relevante Anhaltspunkte. Der Verfassungsschutz verzichtet aber darauf, den Verdacht auf Verfassungsfeindlichkeit auch mit diesen Phänomenbereichen zu begründen.
Einfluss von Rechtsextremisten
Im März 2020 hat der Verfassungsschutz die AfD-Gruppierung „Der Flügel“ als erwiesen rechtsextremistische Bestrebung eingestuft. Daraufhin hat der AfD-Bundesvorstand den informellen Zusammenschluss aufgefordert, sich aufzulösen. Der Vorstand hat die „Flügel“-Mitglieder jedoch weder aus der Partei ausgeschlossen noch zum Austritt aufgefordert. Folglich „konnten diese in der Partei bleiben und ihre politischen Vorstellungen weiter verfolgen“.
Laut Verfassungsschutz hat der rechtsextreme „Flügel“ trotz „formaler Auflösung“ weiterhin „nennenswertes Gewicht“ und „strukturellen Einfluss“ in der AfD. Das begründet der Verfassungsschutz einerseits mit der Größe des „Flügel“. Darüber hinaus listet das Gutachten Belege für den Rückhalt des „Flügel“ in der Gesamtpartei auf allen Ebenen und statistische Analysen zu Verbindungen in Sozialen Netzwerken.
Ein weiteres Kapitel belegt Verbindungen der AfD zu rechtsextremistischen Gruppierungen. Auf allen Ebenen der Partei gibt es demnach Verbindungen zu Rechtsextremisten im Rahmen eines neurechten Netzwerks, zu rechtsextremen Verlagen und Publizisten, zur Identitäre Bewegung, zu rechtsextremen Personen, Parteien, und Gruppierungen sowie zu ausländischen Rechtsextremisten und rechtsextremen Vereinigungen.
Diese Verbindungen „gehen besonders im Bereich der Neuen Rechten über eine reine Überschneidung hinaus und sind als strukturelle Verbindungen innerhalb eines strategisch agierenden Netzwerkes zu bezeichnen“.
Gewichtiger Teil offen rechtsextrem
Der Verfassungsschutz hat auch entlastende Belege wie „Abgrenzungsbemühungen, Ordnungsmaßnahmen und Distanzierungen gegenüber extremistischen Teilelementen festgestellt“. Demnach war es vor vier Jahren nicht ausgeschlossen, „dass eine knappe Mehrheit in der Partei noch eine Zusammenarbeit mit extremistischen Kräften meidet“.
Die entlastenden Belege widerlegen jedoch das Gesamtergebnis nicht. Einerseits sind manche Abgrenzungsmaßnahmen nur „strategisch-taktischer bzw. formal-rechtlicher Art ohne substantielle Aussagekraft“. Andererseits tritt „ein gewichtiger Teil“ der AfD „offen extremistisch auf oder ist zumindest an einer strategischen Zusammenarbeit oder Koexistenz mit ebenjenen extremistischen Teilen der Partei interessiert“.
Rechtsextremismus und Verfassungsschutz
Der Verfassungsschutz hat für das Gutachten ausschließlich öffentliche Quellen ausgewertet. Das sind vor allem Verlautbarungen der Partei, ihrer Organisationseinheiten sowie Funktionäre. Die Analysten haben „4.600 Belege einer umfassenden und kritischen Prüfung unterzogen“. Das Gutachten enthält über 3.100 Fußnoten. Sie verweisen auf rund 1.800 Facebook-Posts, 250 Tweets und 200 YouTube-Videos von mehr als 300 Personen.
Das Gutachten enthält keine Informationen aus „nachrichtendienstlichen Mitteln“ wie Observationen, V-Leute oder Kommunikationsüberwachung. Viele Belege, die der Verfassungsschutz zitiert, wurden bereits von Medien, Forschern und Zivilgesellschaft beleuchtet. Teilweise referenziert der Verfassungsschutz diese Arbeit.
Im Gegensatz zur Zivilgesellschaft ist der Verfassungsschutz ohnehin nicht gerade Vorreiter im Kampf gegen Rechtsextremismus. Hans-Georg Maaßen war Präsident des Bundesamtes, heute wird er vom Verfassungsschutz als Rechtsextremist abgespeichert. Helmut Roewer war Präsident des Landesamtes Thüringen, heute schreibt er für das Magazin Compact, das der Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch einstuft.
AfD verliert vor Gericht
Für andere Akteure steht schon länger fest, dass die AfD rechtsextrem und verfassungsfeindlich ist. Gerade deshalb ist das Gutachten so wichtig. Der Verfassungsschutz hat methodisch gearbeitet und eine große Menge Informationen geprüft und kontextualisiert. Der Verfassungsschutz hat nach eigenen Angaben ergebnisoffen gearbeitet, das Fazit hätte auch anders ausfallen können. Der Verfassungsschutz hat die rechtlichen Vorgaben erklärt und seine Ergebnisse ausführlich juristisch begründet.
Die Arbeit und das Gutachten wurden vor Gericht verhandelt. Die AfD hat den Verfassungsschutz verklagt und verloren. Das Verwaltungsgericht Köln und das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen haben dem Verfassungsschutz Recht gegeben.
Nach Überzeugung der Gerichte besteht der „begründete Verdacht“, dass „maßgebliche Teile der AfD“ rechtsextreme und verfassungsfeindliche „Bestrebungen verfolgen“. Der Verfassungsschutz darf die Partei „als Verdachtsfall beobachten und die Öffentlichkeit hierüber unterrichten“.
Wichtiges Dokument der Zeitgeschichte
Diese Informierung der Öffentlichkeit ist jedoch ausbaufähig. Eine Suche auf verfassungsschutz.de nach AfD findet dazu nur die jährlichen Verfassungsschutzberichte und zwei Pressemitteilungen zu den Gerichtsurteilen. Zur ersten Stufe der Beobachtung veröffentlichte der Verfassungsschutz 2019 zumindest noch das vollständige Ergebnis des Gutachtens, heute ist selbst diese Information entfernt.
Wir haben den Verfassungsschutz gefragt, wie er die Öffentlichkeit informiert und wo wir Informationen zum Verdachtsfall AfD finden. Die Antwort war kürzer als unsere Fragen: Der Verfassungsschutz informiert „nach den Maßgaben des Bundesverfassungsschutzgesetzes“ und „auf verschiedene Weise“, beispielsweise mit den beiden Pressemitteilungen und öffentlichen Äußerungen. „Im Übrigen“ äußert sich der Verfassungsschutz „grundsätzlich nicht zu internen Arbeitsabläufen“.
Also veröffentlichen wir, was öffentlich sein muss. Bereits beim ersten Gutachten schrieben wir: „Die Verfassungsschutz-Analyse ist ein wichtiges Dokument der Zeitgeschichte. Es gehört in die Öffentlichkeit und nicht in einen Panzerschrank neben dem Schredder.“
Damals wie heute gilt: „Dass ein Geheimdienst eine politische Partei beobachtet, ist ein harter Eingriff in einer Demokratie. Gerade deshalb müssen die Erkenntnisse öffentlich verhandelt werden. Wo Behörden Transparenz verweigern, müssen Medien diese Informationen öffentlich machen, auch entgegen staatlicher Geheimnistuerei.“
Immer mehr gesichert rechtsextrem
Mit dem Originaldokument kann sich die Öffentlichkeit selbst eine Meinung bilden. Auf Basis des Gutachtens können Journalisten, Öffentlichkeit und Zivilgesellschaft weiter recherchieren und aktiv werden. Das ist auch notwendig. Das Gutachten ist bereits vier Jahre alt und untersucht vor allem die Jahre 2019 und 2020. Seitdem ist viel passiert.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz stufte die AfD-Jugendorganisation „Junge Alternative“ im April 2023 als gesichert rechtsextremistisch ein. Die Landesämter für Verfassungsschutz stufen die AfD-Landesverbände Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen als gesichert rechtsextremistisch ein. Die AfD-Landesverbände Brandenburg, Bayern, Bremen, Niedersachsen, Baden-Württemberg und Hessen werden als Verdachtsfälle beobachtet. Andere Landesämter sagen nicht öffentlich, ob sie ihren AfD-Landesverband beobachten.
Viele Akteure der Neuen Rechten sind mittlerweile ebenfalls als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Darunter sind das Institut für Staatspolitik, Compact, Ein Prozent, Identitäre Bewegung, Zukunft Heimat, Pegida, PI-News und Arcadi. Der Verfassungsschutz nennt all diese rechtsextremen Organisationen im Gutachten und bezeichnet ihre Verbindungen mit Rechtsextremisten in der AfD als „strategisch agierende Netzwerke“.
Ex-Chef sieht totalitäre Anklänge
Vor vier Jahren war laut Verfassungsschutz noch offen, „ob sich die extremistischen Teile in der Partei durchsetzen“ und sich „der Verdacht der verfassungsfeindlichen Bestrebung“ so erhärtet, dass die gesamte AfD als gesichert rechtsextremistisch einzustufen ist. Seitdem hat sich die AfD weiter radikalisiert.
Jörg Meuthen war fast sieben Jahre lang Vorsitzender der AfD. Im Januar 2022 trat er aus der Partei aus und begründete das mit dem Rechtsruck innerhalb der AfD. Er sagte: „Das Herz der Partei schlägt heute sehr weit rechts“, Teile der AfD stünden „nicht auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung“, er sehe dort „ganz klar totalitäre Anklänge“.
Birgit Malsack-Winkemann war bis 2021 Bundestagsabgeordnete der AfD. Im Dezember 2022 wurde sie festgenommen, seitdem sitzt sie in Untersuchungshaft. Der Generalbundesanwalt wirft ihr vor, Mitglied in einer rechts-terroristischen Vereinigung zu sein. Die so genannte „Patriotische Union“ wollte bewaffnet den Bundestag stürmen und das System stürzen. Seit Mai 2024 steht sie vor Gericht.
In großen Teilen rechtsextrem
Björn Höcke ist Vorsitzender des AfD-Landesverbands Thüringen und Vorsitzender der AfD-Fraktion im Thüringer Landtag. Das Landgericht Halle verurteilte den Rechtsextremisten mehrere Male, weil er die verbotene Nazi-Parole „Alles für Deutschland“ nutzte. Davon unbeeindruckt nutzte die AfD auf ihrem Bundesparteitag vor drei Wochen den ähnlich klingenden Slogan „Alice für Deutschland“.
Der Spiegel schrieb: „Die AfD ist eine Partei der Rechtspopulisten, Rechtsradikalen und Rechtsextremen. Ihr Ziel ist die Überwindung des etablierten Systems der liberalen Demokratie in diesem Land. Der Parteitag der Rechtsaußen am vergangenen Wochenende ließ daran keinen Zweifel.“
Die Politik-Redakteurin Ann-Katrin Müller analysierte: „Auf dem Parteitag in Riesa hat die AfD offen wie nie gezeigt, dass die Gesamtpartei für völkischen Nationalismus steht. Sechs Wochen vor der Bundestagswahl versucht sie nicht, sich zu mäßigen. Sie versucht auch nicht, die rechtsextreme Ausrichtung irgendwie zu verkleistern, das Programm und die Reden sprechen eine klare Sprache.“
Die CDU/CSU macht im Bundestag gemeinsame Sache mit der AfD. Sogar Union-Kanzlerkandidat Friedrich Merz sagte im Bundestag über die AfD: „Diese Partei ist eine in großen Teilen rechtsextreme Partei. Diese Partei untergräbt das Fundament unserer Demokratie.“
Gesamtpartei gesichert rechtsextrem?
Eigentlich wollte auch der Verfassungsschutz seine Bewertung der AfD längst aktualisieren. Seit Jahren arbeitet das Bundesamt an einem neuen, dritten Gutachten. Im Oktober kündigte der Verfassungsschutz-Präsident noch „im Laufe des Jahres“ 2024 eine Entscheidung an. Laut Medienberichten will der Verfassungsschutz die Partei AfD als „gesichert extremistisch“ einstufen, die dritte und höchste Stufe der Beobachtung.
Doch drei Wochen nach der Ankündigung zerbrach die Ampel-Koalition. Daraufhin verschob der Verfassungsschutz die Einstufung erneut: „Die Verkündung dieses Prüfergebnis noch in diesem Jahr war mit der vorgezogenen Neuwahl obsolet – das wäre zu nah an den Wahltermin gerückt.“ Juristen widersprechen: „Das Bundesamt für Verfassungsschutz muss seine Einschätzung der AfD zeitnah öffentlich machen“, noch vor der Bundestagswahl.
Viele halten die AfD nicht nur für verfassungsfeindlich, sondern für verfassungswidrig. Mehrere zivilgesellschaftliche Initiativen fordern ein AfD-Verbot und wollen ein eigenes Gutachten verfassen. Im Oktober hielten 42 Prozent der Deutschen die Einleitung eines Verbotsverfahrens für angemessen. Über 600 Juristen fordern ein AfD-Verbotsverfahren.
Verfassungsfeindlich oder verfassungswidrig
In einer Stellungnahme für den Bundestag schreiben 17 Verfassungsrechtler: „Die rechtliche Beurteilung der Erfolgsaussichten eines Verbots fällt positiv aus. Demnach ist die AfD verfassungswidrig.“ 113 Bundestags-Abgeordnete fordern, die Verfassungswidrigkeit der AfD festzustellen. In ihrem Antrag schreiben sie: „Die AfD wendet sich gegen zentrale Grundprinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung.“ Vor wenigen Tagen debattierte der Bundestag über ein AfD-Verbotsverfahren.
Der CDU-Abgeordnete Marco Wanderwitz hat den Verbots-Antrag organisiert. Er begrüßt unsere Veröffentlichung: „Meiner Ansicht nach sollten derartige Gutachten grundsätzlich weitergehend öffentlich gemacht werden, damit die Bürgerinnen und Bürger einschätzen können, wie die Fakten sind.“ Wanderwitz weiter: „Aus meiner Sicht ist die AfD rechtsextremistisch. Es liegen so viele öffentliche Quellen dazu vor, dass diese bereits ausreichen, zu dieser Beurteilung zu kommen.“
Die Linken-Abgeordnete Martina Renner unterstützt ein AfD-Verbot. Sie begrüßt unsere Veröffentlichung ebenfalls: „Die Veröffentlichung des Gutachtens ist aus meiner Sicht richtig.“ Auch Renner findet: „Dort sind viele Tatsachen und Belege dargestellt, die aus meiner Sicht ergänzend mit der weiteren Entwicklung dieser Partei ein mögliches Verbotsverfahren stützen werden.“
Hier ist das Gutachten in Volltext:

  • Geheimhaltungsgrad: Verschlusssache – Nur für den Dienstgebrauch
  • Von: Bundesamt für Verfassungsschutz
  • Stand: 22. Februar 2021

Folgegutachten zu tatsächlichen Anhaltspunkten für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung in der Alternative für Deutschland (AfD)
Gliederung

  1. Einführung
  2. Methodik
  3. Material
  4. Hinweise zu aufgeführten Belegen
  5. Rechtliche Vorgaben
    Voraussetzungen für die Einstufung einer Partei als Verdachtsfall
  6. Parteien als Beobachtungsobjekte
  7. Verfassungsfeindliche Bestrebungen
    Freiheitliche demokratische Grundordnung als Schutzgut
  8. Menschenwürde
  9. Demokratieprinzip
  10. Rechtsstaatsprinzip
  11. Positionierung zum Nationalsozialismus
  12. Feindliche Ausrichtung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung
  13. Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen
  14. Meinungsäußerungen und sonstige Verhaltensweisen als tatsächliche Anhaltspunkte
  15. Verfassungsrechtliche Gruppierungen innerhalb eines inhomogenen Personenzusammenschlusses als tatsächliche Anhaltspunkte
  16. Aufgrund von Überschneidungen mit anderen Organisationen
  17. Hinreichende Gewichtung und Anzahl an Anhaltspunkten
  18. Rechtsfolgen
  19. Einstufung als Beobachtungsobjekt
  20. Prüffallbearbeitung
  21. Struktur und Entwicklung der Partei
  22. Aufbau und Struktur der Partei
  23. Parteiinterne Gruppierungen und Personenzusammenschlüsse in der AfD
  24. Organisationsformen
  25. Christen in der AfD
  26. Juden in der AfD
  27. Alternative Mitte
  28. Desiderius-Erasmus-Stiftung
  29. Entwicklung der Partei
  30. Februar 2013 bis Januar 2019
  31. Januar 2019 bis März 2020
  32. März 2020 bis zur Gegenwart
  33. Bewertung
  34. Einflussnahme der erwiesen extremistischen Bestrebung „Der Flügel“ auf die Gesamtpartei
    Struktureller Einfluss – Rückhalt in der Gesamtpartei
  35. Bundesebene
  36. Landesebene
  37. Kreisebene
  38. Quantitative Analyse der Verbindungen zur Einflussnahme der erwiesen extremistischen Bestrebung „Der Flügel“ auf die Gesamtpartei
  39. Belege zur Feststellung tatsächlicher Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung
    Menschenwürde
    Völkisch-nationalistische Aussagen und Positionen
  40. Programmatische Schriften
  41. Bundesebene
  42. Landesebene
  43. Kreisebene und andere
  44. Fremden- und minderheitenfeindliche Aussagen und Positionen
  45. Programmatische Schriften
  46. Bundesebene
  47. Landesebene
  48. Kreisebene und andere
  49. Muslim- und islamfeindliche Aussagen und Positionen
  50. Programmatische Schriften
  51. Bundesebene
  52. Landesebene
  53. Kreisebene und andere
  54. Antisemitische Aussagen und Positionen
  55. Bundesebene
  56. Landesebene
  57. Kreisebene und andere
  58. Demokratieprinzip
    Diffamierung der demokratischen Nachkriegsentwicklung der Bundesrepublik Deutschland / Revisionismus
  59. Bundesebene
  60. Landesebene
  61. Kreisebene und andere
  62. Verunglimpfungen des Staates und der Parteien
  63. Programmatische Schriften
  64. Bundesebene
  65. Landesebene
  66. Kreisebene und andere
  67. Rechtsstaatsprinzip
    Ablehnung der Gewaltenteilung und der Rechtsbindung öffentlicher Gewalt
  68. Landesebene
  69. Kreisebene und andere
  70. Infragestellung des staatlichen Gewaltmonopols / Berufung auf ein vermeintlich legitimes Widerstandsrecht
  71. Landesebene
  72. Kreisebene und andere
  73. Positionierung zum Nationalsozialismus
  74. Bundesebene
  75. Landesebene
  76. Kreisebene und andere
  77. Verbindungen zu Gruppierungen, Organisationen und Einzelpersonen aus dem rechtsextremistischen Spektrum
  78. Verbindungen zu Rechtsextremisten im Rahmen eines neurechten Netzwerks
  79. Bundesebene
  80. Landesebene
  81. Kreisebene und andere
  82. Verbindungen zu rechtsextremistischen Verlagen und Publizisten
  83. Bundesebene
  84. Landesebene
  85. Kreisebene und andere
  86. Verbindungen zur Identitäre Bewegung
  87. Bundesebene
  88. Landesebene
  89. Kreisebene und andere
  90. Kontakte und Bezüge zu rechtsextremistischen Personen, Parteien, und Gruppierungen
  91. Bundesebene
  92. Landesebene
  93. Kreisebene und andere
  94. Kontakte zu ausländischen Rechtsextremisten und rechtsextremistischen Vereinigungen
  95. Bundesebene
  96. Landesebene
  97. Kreisebene und andere
  98. Quantitative Analyse der Verbindungen zu neurechten und rechtsextremistischen Gruppierungen und ihren Protagonisten in den Sozialen Netzwerken
  99. Gesamtwürdigung
    Tatsächliche Anhaltspunkte von hinreichendem Gewicht und in hinreichender Zahl
    Einfluss des „Flügel“ mit nennenswertem Gewicht
  100. Größe und Repräsentanz
  101. Rückhalt in der Gesamtpartei
  102. Kein Entfallen des Einflusses durch formale Auflösung des „Flügel“
  103. Zwischenfazit
  104. Anhaltspunkte durch Verlautbarungen von qualitativem und quantitativem Gewicht
  105. Klassifizierungen durch ethnisch-abstammungsmäßiges Volksverständnis
  106. Fremdenfeindlichkeit
  107. Muslim- und Islamfeindlichkeit
  108. Antisemitismus
  109. Demokratieprinzip
  110. Rechtsstaatsprinzip
  111. Positionierung zum Nationalsozialismus
  112. Verbindungen zu rechtsextremistischen Gruppierungen, Organisationen und Einzelpersonen
  113. Entlastende Belege
  114. Zwischenfazit
  115. Tatsächliche Anhaltspunkte zur Gewissheit verdichtet
  116. Intensität der Beobachtung
  117. Hinweise zur Öffentlichkeitsunterrichtung
  118. Fazit: Verdachtsfall wegen hinreichend gewichtiger tatsächlicher Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung
  119. Einfluss des formal aufgelösten „Flügel“
  120. Hinreichend gewichtige Anhaltspunkte durch Verlautbarungen
  121. Verbindungen zu rechtsextremistischen Gruppierungen
  122. Entlastende Belege
  123. Ergebnis
  124. Anhang
  125. Personenglossar
  126. Abkürzungsverzeichnis
  127. Fußnoten

https://netzpolitik.org/


"Junge Alternative"
AfD-Jugendorganisation löst sich auf

Stand: 01.02.2025 16:39 Uhr
Die Jugendorganisation der AfD wird vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft. Jetzt will sich die JA auflösen, eine neue Organisation soll entstehen. Gegen den JA-Bundeskongress in Apolda gab es Proteste.Die "Junge Alternative" (JA) als Jugendorganisation der AfD wird bald Geschichte sein - zumindest in der jetzigen Form. Der Verein beschloss bei einem Bundeskongress im thüringischen Apolda seine Auflösung zum 31. März, wie der Chef der Berliner JA, Martin Kohler, der Nachrichtenagentur dpa sagte. Der Schritt wurde auch von anderen JA-Vertretern und aus AfD-Kreisen bestätigt. An dem Treffen in Apolda nahmen nach Polizeiangaben etwa 250 JA-Mitglieder teil. Es wurde von Protesten begleitet.Die Auflösung geht zurück auf einen Parteitagsbeschluss der AfD vor drei Wochen in Riesa. Dort hatten die Delegierten auf Antrag der AfD-Spitze mit notwendiger Zweidrittelmehrheit eine Änderung der AfD-Satzung verabschiedet. Diese sieht vor, die bisher weitgehend eigenständige JA durch eine neue Organisation zu ersetzen, die eng an die AfD gebunden ist. Die Partei soll damit größeren Einfluss auf den Nachwuchs bekommen.
Delegierte halten Abstimmungkarten in die Höhe.
Player: video"Gab eine wirklich emotionale Debatte", Gabor Halasz, ARD Berlin, zzt. Riesa, zum beschlossenen AfD-Wahlprogramm
12.01.2025
Bundesparteitag in Riesa
AfD will eine neue Jugendorganisation
Mit Beschlüssen zu Familienpolitik, Abtreibung und ihrer Jugendorganisation hat die AfD ihr Wahlprogramm verabschiedet. mehr
Verfassungsschutz beobachtet Junge AlternativeDer JA-Vorsitzende Hannes Gnauck, der auch im AfD-Bundesvorstand sitzt, hatte sich für die Auflösung eingesetzt und dies auch mit dem andernfalls drohenden Risiko eines Vereinsverbots begründet. Das Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet die JA als erwiesen rechtsextremistische Bestrebung.In der AfD-Satzung hieß es bislang: "Die Junge Alternative für Deutschland (JA) ist die offizielle Jugendorganisation der Alternative für Deutschland", diese sei ein eigenständiger Verein. In der zum 1. April in Kraft tretenden Satzungsänderung heißt es nun: "Die Jugendorganisation der AfD ist ein rechtlich unselbstständiger Teil der Partei. Ihr Name wird durch das Jugendstatut festgelegt."Damit ist der Name "Junge Alternative" zwar aus der Satzung gestrichen, was aber nicht ausschließt, dass die künftige Jugendorganisation diesen auch wieder annehmen könnte, wie Kohler bestätigte. "Heute ist nicht alle Tage, wir kommen wieder, keine Frage...", postete die JA Schleswig-Holstein bei X.
Menschen demonstrieren gegen die Junge Alternative
Player: videoDemonstration gegen Bundeskongress der Jungen Alternative in Apolda
01.02.2025
Thüringen
Mindestens 1.500 Menschen protestieren gegen Bundeskongress der "Jungen Alternative" in Apolda
In Apolda haben am Samstag mindestens 1.500 Menschen gegen den Bundeskongress der AfD-Nachwuchsorganisation "Junge Alternative" (JA) demonstriert. mehr
"Patriotische Jugend" als Nachfolge-Organisation?Folgende Schritte sind jetzt geplant: Alle AfD-Mitglieder unter 36 Jahren werden vom AfD-Vorstand zu einem Gründungskongress eingeladen. Dort soll sich der Parteinachwuchs ein Statut (eine Art Satzung) geben und einen Namen für die Organisation festlegen. Der Bundesvorstand hatte "Patriotische Jugend" vorgeschlagen.Die neue Parteijugend wird strengeren Regeln unterworfen sein: JA-Mitglieder mussten bisher - bis auf die Vorstände - nicht in der AfD sein, für sie galten entsprechend auch nicht die offiziellen Regeln der Partei mit möglichen Ordnungsverfahren bei Fehlverhalten. Der künftigen Parteijugend können nur AfD-Mitglieder angehören, mit Ausnahme von Jugendlichen unter 16 Jahren, die noch nicht Parteimitglied sein können. Für sie gilt aber, dass sie mit ihrem Eintritt in die Jugendorganisation "die Satzung, Ordnung und Grundsätze der AfD" anerkennen und sich der Schiedsgerichtsbarkeit der Partei unterwerfen müssen. Spätestens mit 17 Jahren endet ihre Mitgliedschaft, wenn sie nicht bis dahin AfD-Mitglied geworden sind.
Demonstranten halten auf einer Straße in Apolda Schilder hoch.
Rund 1.300 Menschen gingen in Apolda gegen den Bundeskongress der JA auf die Straße.
Proteste rund um Tagungsort Gegen den JA-Bundeskongress demonstrierten in Apolda nach Polizeiangaben rund 1.300 Menschen, darunter Gewerkschaftsvertreter, Parteien und die Initiative "Omas gegen Rechts". Auf Plakaten forderten sie unter anderem ein Verbot der AfD. Die Polizei war mit einem Großaufgebot im Einsatz, Dutzende Einsatzwagen sicherten die Stadthalle ab. Ein Polizeisprecher sprach von einem störungsfreien Verlauf. Für Debatten über die Stadt hinaus hatte im Vorfeld die Vermietung der Stadthalle durch die Stadt an die JA gesorgt. Eine bundesweite Online-Petition gegen die Vermietung unterzeichneten binnen weniger Tage mehr als 94.000 Menschen.

Dieses Thema im Programm:
Über dieses Thema berichtete NDR Info am 01. Februar 2025 um 17:30 Uhr.
https://www.tagesschau.de/



Berlin & Brandenburg
Uni-Monitoring befasst sich mit Meldungen rechter Vorfälle

26.01.2025, 05:37 Uhr
(Foto: Patrick Pleul/dpa)
Die Universität in Cottbus stellt sich aktiv gegen Rechtsextremismus. Über eine zum Wintersemester eingerichtete Monitoringstelle befasst sie sich mit gemeldeten Vorfällen.
Cottbus (dpa/bb) - Rund drei Monate nach dem Start einer Online-Monitoringstelle gegen Rechtsextremismus haben Studierende und Beschäftigte an der Brandenburgischen Technischen Universität (BTU) in Cottbus Vorfälle gemeldet. Seit Oktober können Betroffene ein Meldesystem der BTU nutzen und Unterstützung bekommen.
Einzelne Studierende machten etwa rassistische Beschimpfungen in der Stadtgesellschaft bekannt, wie eine Sprecherin der Hochschule auf Anfrage mitteilte. Es sei auch um "einen rechten Übergriff" gegangen, der sich gegen einen Studenten in der Stadt gerichtet habe, der rechte Propaganda im öffentlichen Raum entfernt habe. Zudem habe sich ein Akteur aus dem rechten Spektrum, der kein Student sei, an einer Erstsemesterveranstaltung beteiligt.
Universität: Keine hohe Zahl gemeldeter Vorfälle
Die genaue Zahl der bei der Monitoringstelle gemeldeten Fälle nannte die BTU nicht. Es meldeten sich wie auch schon zuvor Studierende, Lehrende oder Beschäftigte aus der Verwaltung, allerdings nicht in einer hohen Zahl, hieß es.
Lehrende suchten Unterstützung im Umgang mit Äußerungen einzelner Studierender und mit Online-Postings. Hier sollen Beratungen helfen, um in Lehrsituationen darauf reagieren zu können. Lehrkräfte werden fortgebildet. Ihre demokratische Haltung solle gestärkt werden, teilte die BTU mit.
Die Universität hat dazu ein Handlungskonzept gegen rechte Einflussnahme entwickelt und die Monitoringstelle zum Wintersemester 2024/2025 eingerichtet. In dem Konzept heißt es, völkisch autoritäre und extrem rechte Kader versuchten, öffentliche Vorlesungen und Diskussionsveranstaltungen für die Normalisierung ihrer Ideologie zu nutzen.
Hochschule gegen rechte Einflussversuche aktiv
Einflussversuche rechter Gruppen gibt es im Hochschulbetrieb immer wieder. "Gerade in Zeiten einer politischen Rechtsverschiebung und rechten Mobilisierung, wie wir sie aktuell international und innerhalb des Landes erleben, ist es nicht ungewöhnlich, dass auch Hochschulen hiervon betroffen sind", erläuterte die BTU. Wichtig sei, dass sich die Universität einschalte und die Hochschule als einen Ort verteidige, an dem Diskriminierung und Rechtsextremismus keinen Platz haben.
"Toxisches Milieu" hat sich in Südbrandenburg breit gemacht
Auf der Homepage der Monitoringstelle heißt es, Cottbus und die Region in Südbrandenburg seien durch rechte "Dominanzbestrebungen" herausgefordert. Es habe sich ein toxisches Milieu etabliert aus militant-neonazistischen Hooligan- und Kampfsportgruppen und Reichsbürgern bis hin zu neurechten Vereinen und der Partei AfD. Zudem sei das Netzwerk wirtschaftlich verankert etwa in der Gastronomie, über Sicherheitsfirmen und Musik- und Bekleidungslabels. Auch der Verfassungsschutz sieht im südlichen Brandenburg einen Schwerpunkt der rechtsextremistischen Szene.
Quelle: dpa
https://www.n-tv.de/


Immer mehr rechtsextreme Aufmärsche

dts Nachrichtenagentur — 22.01.2025, 19.02 Uhr — Zuletzt aktualisiert: 22. Januar 2025, 19.02 Uhr19 0 0
Rechtsextreme (Archiv), via dts Nachrichtenagentur
Immer häufiger marschieren in Deutschland rechtsextreme Gruppen und Parteien auf. Das berichtet die „Frankfurter Rundschau“ in ihrer Donnerstagsausgabe unter Berufung auf die Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Linken-Politikerin Petra Pau und anderen aus ihrer Gruppe.
Im Jahr 2024 registrierte das Bundesinnenministerium demnach bislang 316 Demonstration, Kundgebungen und Aufmärsche mit überregionaler Bedeutung. Die Zahl ist damit doppelt so hoch wie vor zwei Jahren, als gut 150 Veranstaltungen gezählt wurden. Im Jahr 2023 lag die Zahl bei 268.
Dabei könnte die Zahl noch steigen. Oft gibt es Nachmeldungen der Polizei. So gab das Innenministerium für das vierte Quartal lediglich 22 Aufmärsche an, während es im ersten Quartal noch 136 gewesen waren.
„Mit der verstärkten rechten Rhetorik nahezu aller Parteien im Wahlkampfmodus und dem Einreißen der Brandmauer zur AfD besteht zu befürchten, dass die Zahlen in diesem Jahr noch weiter steigen werden“, sagte die Abgeordnete und Bundestags-Vizepräsidentin Pau der „Frankfurter Rundschau“. Die Zahlen zeigten „eine nach wie vor hohe Mobilisierungskraft der extremen Rechten. Das mussten wir zuletzt in Magdeburg feststellen, wo Rechte den schrecklichen Anschlag vom 20. Dezember für ihre Zwecke instrumentalisierten“, stellte Pau fest.
dts Nachrichtenagentur
Foto: Rechtsextreme (Archiv), via dts Nachrichtenagentur
https://www.oldenburger-onlinezeitung.de/


Letzte Chance für Demokraten
AfD in Regierungsverantwortung? Merz warnt vor erneutem '33

22.01.2025, 12:34 Uhr
Die AfD ist in Umfragen konstant stark, in ostdeutschen Bundesländern schon das Zünglein an der Waage. 2029 könnte das auch im Bund so weit sein. Weitere vier Jahre später liegt die Machtübernahme der Nazis 100 Jahre zurück. Die demokratische Mitte warnt und sucht nach Auswegen.
Warnungen vor Wahlerfolgen der AfD gibt es seit Langem. Aber am Sonntag holte Friedrich Merz ganz weit aus: Der Unions-Kanzlerkandidat warnte nicht nur vor einem Wahlsieg der Rechtspopulisten 2029 in Deutschland. "Ich sage es, wie ich es denke: Die nächste Bundestagswahl ist dann 2033. Und einmal 33 reicht für Deutschland", fügte er in Anspielung auf die Machtübernahme der Nazis 1933 hinzu.
Der SPD misslingt bislang die Aufholjagd
Dies ist die bisher düsterste offene Warnung, dass eine rechtspopulistische Partei auch in Deutschland entscheidend an Einfluss gewinnen könnte. Aber in den vergangenen Wochen sprach fast ein Dutzend Politikerinnen und Politiker von der Union - und vereinzelt auch von der SPD - in vertraulichen Gesprächen warnend davon, dass die Parteien der politischen Mitte nur noch "einen letzten Schuss" hätten. In der nächsten Legislaturperiode müssten zentrale Probleme unbedingt gelöst werden. Das hat verschiedene Gründe.
Der Österreich-Schock
Die Entwicklung in Österreich hat mehr Spuren hinterlassen, als Politiker in Berlin anfangs realisierten. Zwar wird überall betont, dass Deutschland nicht mit Österreich zu vergleichen sei: In dem Alpenland ist die rechtspopulistische FPÖ tatsächlich erstmals schon 1983 an Regierungen beteiligt gewesen. Eine "Brandmauer" gegenüber der Rechtsaußen-Partei wie in Deutschland gibt es dort schon lange nicht mehr. Und nicht nur die konservative ÖVP, auch die SPÖ regierte bereits mit ihr.
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04:32 min
Politik
06.01.25
Wofür Parteichef Kickl steht
Haselmeyer: FPÖ und AfD ähnlich, aber nicht vergleichbar
"Aber es gab einen FPÖ-Schock in Deutschland", sagt Oliver Lembcke, Politologe an der Universität Bochum. Sichtlich fassungslos beobachten Unionspolitiker und Sozialdemokraten hierzulande, dass ÖVP, SPÖ und die liberalen NEOS in Wien Koalitionsgespräche platzen ließen - obwohl sie genau wussten, dass nun ein Politiker der rechtsgerichteten FPÖ im Geburtsland von Adolf Hitler Kanzler werden dürfte. Umso vehementer ist die Mahnung von Merz, aber auch CSU-Chef Markus Söder, dass dies in Deutschland nicht geschehen dürfe.
Politikwende-Zwang
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Politik
20.01.25
AfD-Chefin bei RTL
Und dann geht Alice Weidel in die Gegenoffensive
Je näher die Wahl rückt, desto mehr kann und muss sich die Union damit beschäftigen, dass sie tatsächlich ins Kanzleramt einziehen kann. Gerade weil sie so heftig gegen die Ampel-Parteien trommelte und die Rücknahme gleich mehrerer Gesetze versprach, ist die Erwartungshaltung groß, dass Merz im Falle eines Wahlsiegs die angekündigte Politikwende auch umsetzt. Mehrfach hat der Unions-Kanzlerkandidat betont, dass Parteien "am Wegesrand" stehen bleiben würden, wenn sie die von der Union ausgerufene Wende nicht mitmachen wollen. Diese bezieht Söder auf die Wirtschafts-, Migrations- und Außenpolitik. Merz schob am Sonntag hinterher, dass dazu auch die Nutzung von IP-Adressen zur Strafverfolgung gehört. Dies zielte vor allem auf die FDP und die Grünen.
"Es wäre ein Problem, wenn Merz und Söder sich jetzt sehr entschlossen geben, aber dann kein schneller Wandel kommt und die Menschen den Eindruck hätten, dass eine neue Regierung keinen Unterschied macht", warnt Politologe Lembcke. Es müsse also schnelle, klare Richtungsentscheidungen geben. Aber was geschieht, wenn die möglichen Koalitionspartner SPD und Grüne die von der Union gewünschte Radikalkur gar nicht mitmachen wollen?
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04:03 min
Politik
11.01.25
Merz im RTL-Interview
Keine Zusammenarbeit mit AfD - "dafür verbürge ich mich"
Offiziell gibt man sich gelassen. Bereits zweimal witzelte der CDU-Chef, dass man den Sozialdemokraten die Autoschlüssel für Dienstwagen vor die Nase halten werde. Dann werde man sehen, wie weich die Genossen würden. Das kommt in den eigenen Reihen zwar gut an - aber in der SPD heißt es dazu, dass dies nur die Arroganz von Merz zeige, der eben nicht Angela Merkel sei. "Entweder wir gewinnen oder es könnte bei einigen der Wunsch entstehen, in die Opposition zu gehen", sagt ein führender Sozialdemokrat dazu. Ohnehin muss die Partei am Ende über einen Koalitionsvertrag abstimmen. Es ist deshalb unsicher, ob die SPD etwa eine radikale Reform des Bürgergelds mitmachen würde.
Der Fluch der grünen Option
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Politik
19.01.25
Instrumente für Strafverfolger
Merz stellt Ansprüche an Koalitionspartner
Dazu kommt, dass die zweite Option - nämlich eine Koalition mit den Grünen - noch kritischer gesehen wird. Seit Langem stichelt die AfD, dass die Union im Notfall lieber mit den Grünen als den Rechtspopulisten regieren würde. Merz hat gerade erneut bestätigt, dass es mit ihm keine Koalition mit der AfD geben werde. "Zu glauben, man könne Rechtspopulisten hoffähig machen, zur Raison bringen, zur Vernunft bringen, zum verantwortungsvollen Mitregieren veranlassen, ... das hat sich in der deutschen Geschichte schon einmal als großer Irrtum erwiesen", sagte er.
Wenn CDU und CSU mit den Grünen koalierten, dann würde dies die AfD noch stärken, warnt CSU-Chef Söder aber, der eine Koalition mit den Grünen strikt ablehnt und deren Kanzlerkandidaten Robert Habeck immer wieder massiv attackiert. Für die CSU gilt Österreich als abschreckendes Beispiel, weil die FPÖ stärkste Kraft wurde, als die ÖVP zusammen mit den Grünen regierte. Als noch größer wird die Gefahr des Verwässerns der eigenen Positionen angesehen, wenn die Union bei einem schwachen Ergebnis gleich mit zwei Koalitionspartnern regieren müsste.
Appell an die Vernunft der Mitte
Und hier kommt die Zahl 2029 ins Spiel. Denn mit dem Schreckgespenst eines AfD-Wahlsiegs wollen Merz, Söder und auch Unions-Fraktionsvize Jens Spahn potenziellen Koalitionspartnern aufzeigen, dass mehr als deren Parteiinteressen auf dem Spiel steht. Mögliche Partner sollen aus staatspolitischer Verantwortung eine Politikwende mittragen. "Die Union liefert jetzt eine Variante des 'Kampfes um die Demokratie', mit dem SPD und Grüne im vergangenen Jahr die Demokratie selbst zum Wahlkampfthema gemacht hatten", sagte Politologe Lembcke. Er bezweifelt allerdings, ob es klug ist, wenn CDU und teilweise die SPD jetzt selbst eine angebliche Zwangsläufigkeit der Entwicklung beschreiben. "Man könnte es auch als Eingeständnis lesen, dass die Brandmauer dann anscheinend doch nicht wirkt."
Quelle: ntv.de, als/rts
https://www.n-tv.de/



Oberverwaltungsgericht
Einstufung von AfD in Sachsen als gesichert rechtsextrem rechtens

21.01.2025, 18:16 Uhr
von MDR SACHSEN
Das Landesamt für Verfassungsschutz darf den Landesverband Sachsen der Partei Alternative für Deutschland (AfD) als gesichert rechtsextremistische Bestrebung einstufen. Dies hat das Sächsische Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom Dienstag entschieden und damit die Beschwerde gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Dresden zurückgewiesen.
GESPRAECH KIESS 2
03:08
Video
AfD Sachsen darf als rechtsextremistisch eingestuft werden
MDR SACHSENSPIEGEL
Di 21.01.2025
19:00Uhr
03:08 min
Entscheidung des Verwaltungsgerichts Dresden bestätigt
Das Verwaltungsgericht hatte im Juli 2024 entschieden, dass nach Prüfung hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die AfD "Bestrebungen verfolgt, die gegen die Menschenwürde bestimmter Personengruppen sowie gegen das Demokratieprinzip gerichtet sind".
Ein Display mit dem Schriftzug der Landtagsfraktion der AfD in Sachsen steht in einem Saal auf der Bühne
01:28
Audio
Der Politikwissenschaftler Johannes Kiess von der Universität Leipzig zum AfD-Urteil
MDR SACHSEN - Das Sachsenradio
Di 21.01.2025
18:02Uhr
01:28 min
Diskriminierung von Ausländern
Weiter hieß es: "Aufgrund von zahlreichen öffentlichen oder öffentlich zugänglichen Aussagen von führenden Mitgliedern des Antragstellers, aber auch von Mitgliedern seiner Basis, bestehe der begründete Verdacht, dass es den politischen Zielsetzungen jedenfalls eines maßgeblichen und überwiegenden Teils des Antragstellers entspreche, deutschen Staatsangehörigen mit Migrationshintergrund nur einen rechtlich abgewerteten Status zuzuerkennen." Dies stelle, so das Verwaltungsgericht, "eine nach dem Grundgesetz unzulässige Diskriminierung aufgrund der Abstammung dar, die mit der Menschenwürdegarantie nicht zu vereinbaren ist".
Darüber hinaus vertrete die AfD gegenüber Ausländern, insbesondere Asylsuchenden, "Haltungen, die darauf abzielten, diese Personen auszugrenzen, verächtlich zu machen und sie weitgehend rechtlos zu stellen".
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Gesichert rechtsextrem: Eilantrag der AfD Sachsen abgelehnt
Ein Rednerpult steht in der WT Energiesysteme Arena Riesa für den bevorstehenden AfD-Bundesparteitag am 11. und 12. Januar 2025 bereit.
00:46
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OVG: Verfassungsschutz darf AfD als gesichert rechtsextem einstufen
Hintergrund
AfD Sachsen: Welche Folgen die Einstufung des Verfassungsschutzes hat
MDR (lam)
Dieses Thema im Programm:
MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 21. Januar 2025 | 19:00 Uhr
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17. Oktober 2024
AfD-Verbot: Bundestagsabgeordnete stellen Antrag vor
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https://www.mdr.de/


Festnahme in Polen - Mutmaßlicher Rechtsterrorist in U-Haft

Stand: 21.01.2025
Im November hatte eine Razzia gegen mutmaßliche Rechtsterroristen für Schlagzeilen gesorgt. (Symbolbild)
Quelle: Christoph Schmidt/dpa
Im November ging die oberste deutsche Anklagebehörde mit einer Razzia gegen eine mutmaßliche militante Neonazi-Gruppe vor. Acht Männer wurden festgenommen - nun ist auch der Letzte in U-Haft.
Nach der Festnahme von acht mutmaßlichen Mitgliedern einer militanten Neonazi-Gruppe ist ein weiterer Beschuldigter in Deutschland in Untersuchungshaft. Er war im vergangenen November in Polen festgenommen worden und wurde am Montag nach Deutschland überstellt, wie die Bundesanwaltschaft mitteilte. Der Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof in Karlsruhe setzte demnach den Haftbefehl in Vollzug.
Die oberste deutsche Anklagebehörde wirft den acht Deutschen die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vor. Die Gruppe nenne sich «Sächsische Separatisten». Sie soll geplant haben, an einem unbestimmten «Tag X» mit Waffengewalt Gebiete in Sachsen und gegebenenfalls auch in anderen ostdeutschen Ländern zu erobern, um dort ein am Nationalsozialismus ausgerichtetes Staats- und Gesellschaftswesen zu etablieren.
Die oberste deutsche Anklagebehörde hatte die Männer am 5. November größtenteils in Sachsen festnehmen und rund 20 Objekte durchsuchen lassen. Der mutmaßliche Rädelsführer der Gruppe hielt sich zum Zeitpunkt des Zugriffs zwar in Polen auf. Doch auch er stammt aus Sachsen. Der polnische Inlandsgeheimdienst ABW teilte mit, Beamte hätten ihn auf Grundlage eines europäischen Haftbefehls in Zgorzelec festgenommen.
Sechs der in Sachsen festgenommenen Beschuldigten kamen noch am Tag ihrer Festnahme in Untersuchungshaft. Der siebte Haftbefehl wurde am Tag darauf in Vollzug gesetzt.
dpa-infocom GmbH
https://www.welt.de/


Bundesparteitag in Riesa
AfD will eine neue Jugendorganisation

Stand: 12.01.2025 15:03 Uhr
Die "Junge Alternative" wird vom Verfassungsschutz als "gesichert rechtsextremistische Bestrebung" eingestuft - jetzt hat die AfD beschlossen, eine neue Jugendorganisation zu gründen. Der Parteitag billigte auch das Wahlprogramm.Der AfD-Parteitag hat mit der notwendiger Zweidrittelmehrheit eine Satzungsänderung beschlossen, um die Jugendorganisation der Partei neu zu gründen. Die "Junge Alternative" (JA) soll durch eine neue Organisation ersetzt werden, für die der Vorstand den Namen "Patriotische Jugend" vorgeschlagen hatte.Den Antrag dafür hatte die Parteispitze mit dem Ziel eingebracht, die Jugendorganisation enger an die Partei zu binden. Die JA ist relativ unabhängig. Mitglieder des Vereins müssen - bis auf die Vorstände - nicht in der AfD sein. In der neu zu gründenden Jugendorganisation soll das nicht mehr möglich sein. Der JA-Bundesvorsitzende Hannes Gnauck hatte für diesen Schritt geworben.
Alice Weidel
Player: video"Gab eine wirklich emotionale Debatte", Gabor Halasz, ARD Berlin, zzt. Riesa, zum beschlossenen AfD-Wahlprogramm
analyse
12.01.2025
Parteitag in Riesa
Der neue Tonfall der AfD
Die AfD hat auf ihrem Parteitag in Riesa keinen Hehl aus ihren Absichten gemacht. mehr
Partei erhofft sich mehr DurchgriffsmöglichkeitenDurch die Reform erhofft sich die AfD-Spitze nach eigener Aussage mehr Durchgriff etwa bei Fehlverhalten. Die nun angenommene Satzungsänderung schreibt fest, dass die Tätigkeit der Jugendorganisation "der Ordnung und den Grundsätzen der Partei nicht widersprechen" dürfe. Die AfD und ihre Nachwuchsorganisation sollten "ihre Tätigkeit gegenseitig nach besten Kräften" fördern.Aktuell beobachtet das Bundesamt für Verfassungsschutz die JA als "gesichert rechtsextremistische Bestrebung". Die gleiche Einstufung gilt auch für die Landesverbände der "Jungen Alternative" in Brandenburg, Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt, wogegen sich AfD und JA in einem noch laufenden Eilverfahren wehren. Die AfD selbst wird bundesweit als rechtsextremistischer Verdachtsfall geführt.Stuft der Verfassungsschutz eine Partei oder Gruppierung als "gesichert extremistisch" ein, hat sich der Verdacht schon so weit gefestigt, dass aus Sicht der Behörde kein Zweifel mehr am Vorliegen extremistischer Bestrebungen bestehen. Wie bei Verdachtsfällen auch beobachtet der Verfassungsschutz auch hier die jeweilige Gruppierung oder Einzelperson.
Demonstrierende der AfD-Jugendorganisation "Junge Alternative" fordern auf einem Transparent eine sogenannte Remigration
Player: videoAfD-Parteispitze plant Neuausrichtung ihrer Jugendorganisation "Junge Alternative"
faq
03.12.2024
"Junge Alternative"
Was die AfD mit ihrer Jugendorganisation plant
Der AfD-Bundesvorstand strebt eine "Neustrukturierung und Weiterentwicklung" ihrer Jugendorganisation an. mehr
Kernfamilie als "Keimzelle der Gesellschaft"Neben der Entscheidung zur Jugendorganisation verabschiedete die AfD außerdem mit Beschlüssen zu Familienpolitik, Abtreibung und Geschichte ihr Wahlprogramm. Sie entschied, den Satz: "Die Familie, bestehend aus Vater, Mutter und Kindern, ist die Keimzelle der Gesellschaft" in das Programm aufzunehmen. Im Programmentwurf hatte es zunächst nur geheißen: "Die Familie ist die Keimzelle unserer Gesellschaft."Mit Blick auf Kanzlerkandidatin Alice Weidel, die mit einer Frau zusammenlebt und zwei Kinder großzieht, sagte der Hamburger Delegierte Krzysztof Walczak, ein Leitbild bedeute nicht, dass man andere Lebens- und Familienmodelle ablehne. "Unsere Kanzlerkandidatin ist selbst Mutter." Das Leitbild der AfD stehe nicht im Widerspruch zu der Toleranz in einer freiheitlichen Gesellschaft.Im Familienkapitel ihres Programms spricht sich die AfD auch dafür aus, die derzeitige Rechtslage beizubehalten, wonach Schwangerschaftsabbrüche zwar rechtswidrig, in den ersten zwölf Wochen aber straffrei sind, wenn die Frau sich zuvor beraten lässt. Während der Schwangerschaftskonfliktberatung sollen Frauen aber Ultraschallaufnahmen des Kindes gezeigt werden, "damit diese sich über den Entwicklungsstand des Kindes im Klaren sind".
Tino Chrupalla und Alice Weidel
Player: videoRechtspopulistische AfD-Kanzlerkandidatin Weidel spricht vom Abriss der Windräder
11.01.2025
Parteitag in Riesa
Weidel ist AfD-Kanzlerkandidatin
Die AfD hat erstmals eine eigene Kanzlerkandidatin aufgestellt - Weidel wurde per Akklamation bestimmt. mehr
Lob fürs Kaiserreich und Ausstieg aus dem EuroDie Partei legt zudem Wert darauf, das Kaiserreich und Preußen in positivem Licht darzustellen. Ein entsprechender Passus wurde auf Antrag einiger Delegierter mit großer Mehrheit ins Wahlprogramm eingefügt. "Der ideologische Furor, der sich mittlerweile gegen Preußen und das Kaiserreich richtet, gilt nicht nur diesem vergangenem Staat, sondern der deutschen Nation an sich", heißt es dort. Noch heute zehre man in der Bundesrepublik von den geistigen, technologischen und wirtschaftlichen Errungenschaften des ersten deutschen Nationalstaates.Bereits am Samstag waren wesentliche Beschlüsse für das Wahlprogramm gefasst worden. Darin fordert die Partei, wie schon in ihrem Programm zur Europawahl im Vorjahr, unter dem umstrittenen Stichwort "Remigration" eine strikte Migrationspolitik, eine Wiedereinsetzung der Wehrpflicht, einen Ausstieg aus dem Euro und dem Pariser Klimaabkommen. Sie tritt außerdem für einen neuen europäischen Staatenbund ein - vermeidet dabei aber die explizite Forderung nach einem Austritt Deutschlands aus der EU (Dexit).
Alice Weidel vor einer Live-Diskussion mit Elon Musk im sozialen Netzwerk X
Player: video"Inhaltlich sehr, sehr schwach", P. Siggelkow, ARD-Faktenfinder, über das Gespräch zwischen AfD-Chefin Weidel und Musk
faktenfinder
10.01.2025
Gespräch von Musk und Weidel
Falschaussagen von Migration bis Nationalsozialismus
Vor allem bei Migration und Wirtschaft stellte die promovierte Volkswirtin Weidel falsche Behauptungen auf. mehr
Weidel greift CDU scharf anAm Vortag war zudem AfD-Chefin Alice Weidel unter großem Jubel zur Kanzlerkandidatin ihrer Partei gekürt worden und hatte in einer anschließenden scharfen Rede ihre Partei auf den Wahlkampf eingeschworen. Die AfD wolle Rückführungen im großen Stil durchführen. "Wenn es dann Remigration heißen soll, dann heißt es eben Remigration", sagte Weidel, die den Begriff bisher eher vermieden hatteSie attackierte in ihrer Rede vor allem die CDU, warf ihr vor, von der AfD abzuschreiben und nannte sie eine "Betrügerpartei". Sechs Wochen vor der Bundestagswahl liegt die Union mit Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) laut Januar-DeutschlandTrend mit 31 Prozent auf Platz eins vor der AfD, die aber zulegte und bei 20 Prozent steht.
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Wirbel um Windmühlen-AussageGroßen Beifall bekam Weidel bei ihrer Rede für den Ausruf: "Wenn wir am Ruder sind, wir reißen alle Windkraftwerke nieder. Nieder mit diesen Windmühlen der Schande." Diese Aussage wurde im Netz stark diskutiert und kritisiert. Weidels Co-Parteichef Tino Chrupalla erklärte später auf Nachfrage, Weidel habe sich hauptsächlich auf die Windkraftwerke bezogen, für die Wälder gefällt würden.Rund um die Veranstaltungshalle in Riesa blieb es am Sonntag ruhig. Die Polizeipräsenz war deutlich heruntergefahren. Gestern hatten Demonstranten durch Blockaden der Zufahrtswege den Beginn des Parteitags stark verzögert, denn viele AfD-Delegierte kamen nicht durch.Polizei ermittelt nach Vorfall mit HundDie Stimmung am Samstag war zeitweilig aufgeheizt. Rund 10.000 Menschen hatten gegen den Parteitag demonstriert, vielerorts standen sich Polizisten und Demonstrierende gegenüber. Die Polizei teilte mit, nach einem Zwischenfall mit einem Polizeihund seien Ermittlungen eingeleitet worden. Weil inzwischen eine Anzeige vorliege, werde es ein Strafverfahren geben, sagte Polizeisprecher Thomas Geithner. Der Vorfall werde in diesem Rahmen aufgeklärt. Vor Abschluss des Verfahrens könne man keine Bewertung dazu abgeben.Auf einem Video auf der Plattform X ist zu sehen, wie ein Polizist seinen Hund auf einen Demonstranten stößt, um den Mann über den Mittelstreifen einer mehrspurigen Straße zu drängen. Der Beamte drückt den Hund mehrfach mit seiner Schnauze auf den Mann, während dieser über die Leitplanken steigt.
Ein mann mit blutender Nase wird avon polizeibeamten an einen Metallzaun gedrückt.
12.01.2025
AfD-Parteitag
Scharfe Kritik an Polizeieinsatz in Riesa
Initiatoren der Demonstrationen gegen den AfD-Parteitag werfen der Polizei Repressionen vor. mehr

Dieses Thema im Programm:
Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 12. Januar 2025 um 14:00 Uhr.
https://www.tagesschau.de/


Gefährlich wie noch nie

Stand:12.01.2025, 16:29 Uhr
Von: Jan Sternberg
Über die Rede von Alice Weidel beim AfD-Parteitag jubeln lediglich die Fans der in Teilen rechtsextremen sogenannten Alternative. © AFP
Die geeinte AfD übernimmt Höckes extreme Inhalte. Und Kanzlerkandidatin Weidel verschärft den Ton.
Björn Höcke spielte nur noch eine Nebenrolle beim AfD-Parteitag in Riesa. Die Partei hat nur noch einen Star, und der heißt Alice Weidel. Dennoch war Höcke rundum zufrieden. Denn die 45-jährige Parteichefin schwimmt neuerdings ganz auf seiner Linie. Sie verschärfte stetig ihre Rhetorik.
Kurz nachdem Weidel von den Delegierten per Akklamation einstimmig zur ersten Kanzlerkandidatin der Rechtspartei gekürt worden war, dankte sie es Höcke mit einer zentralen Passage in ihrer Dankesrede. Sie forderte „Rückführungen in großem Stil“ und rief: „Wenn es Remigration heißen soll, dann heißt es eben Remigration“.
Weidel hatte den Begriff immer vermieden. Durch die Berichterstattung über das Potsdamer Treffen von Rechtsextremen mit AfD- und CDU-Politikern vor einem Jahr und den folgenden wochenlangen Massendemonstrationen galt „Remigration“ bei den nach bürgerlichen Wählern schielenden AfD-Granden als verbrannt.
Der österreichische Rechtsextreme Martin Sellner hatte in Potsdam seine Pläne zur „Remigration“ vorgestellt. Für ihn und seinesgleichen geht es dabei nicht nur um die Abschiebung von Straftätern oder die Rückkehr von Kriegsflüchtlingen nach Entfall des Fluchtgrunds, wie es jetzt im AfD-Wahlprogramm steht. Für die völkischen Extremisten geht es auch um Ausbürgerung von Deutschen mit Migrationshintergrund.
Auch die bayerische AfD beschloss im November 2024 ganz allgemein, „Personengruppen mit schwach ausgeprägter Integrationsfähigkeit und -willigkeit mittels obligatorischer Rückkehrprogramme in ihre Heimat“ zurückführen zu wollen. Auch die extremsten Kräfte können nun darauf verweisen, dass die Forderung nach „Remigration“ in der AfD zum Mainstream geworden ist.
Weidel hat auf dem Parteitag bewusst die Büchse der Pandora geöffnet. Zwischen sie und die Rechtsextremen passt nun auch rhetorisch kein Blatt mehr. „Dies war ein guter Tag“, schrieb der Österreicher Sellner nach Weidels Rede. Es sei eine Entscheidung für die „Seele der Partei“ gewesen.
Die düstere AfD-Seele lässt sich von einer immer schrilleren Weidel massieren. Eine, die mit dem völlig irren Begriff „Windmühlen der Schande“ den Abriss aller Windenergieanlagen in Deutschland fordert. Würde ihre Gefolgschaft darüber nur einen Moment nachdenken, wäre ihnen klar, dass solch ein massiver Eingriff ins Privateigentum nicht zu einer Partei passen kann, die Weidel im Gespräch mit Elon Musk als „libertär-konservativ“ bezeichnet hat.
Aber die AfD-Weltsicht kümmert sich nicht mehr um Widersprüche. Diese Partei kann sich von Musks Aufmerksamkeit gebauchpinselt fühlen und zugleich dem Antiamerikanismus frönen. Auf Höckes Wunsch stellte der Parteitag fest, dass Deutschland „Objekt fremder Interessen“ sei. Erst vor wenigen Tagen hatte auch Weidel die Deutschen als „besiegtes Volk“ bezeichnet.
Dass sich der Parteitag von der als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuften Skandaljugendorganisation „Junge Alternative“ trennt und eine neue Parteijugend aufbauen will, hat mit Mäßigung nur ganz am Rande zu tun. Es geht Weidel um Kontrolle. Die hat sie jetzt bekommen, in diesem Fall auch gegen Höckes Willen.
„Alice für Deutschland“ skandierten einige Delegierte, mit „Alice für Deutschland“ gratulierte auch Höcke in den sozialen Netzwerken. Das ist nur drei Buchstaben entfernt von dem SA-Slogan, für den der Thüringer vom Landgericht Halle verurteilt wurde.
Es gibt nur noch einen Kurs in der AfD, zu dem die wummernde Musik des Wahlwerbespots perfekt passt, der in Riesa nach Weidels Wahl eingespielt wurde: immer lauter, immer härter, immer düsterer. Bericht S. 3
https://www.fr.de/


CDU-Vorsitzender
Merz knüpft sein „Schicksal als Parteivorsitzender“ an die Brandmauer zur AfD

Veröffentlicht am 11.01.2025Lesedauer: 2 Minuten
Merz knüpft sein „Schicksal als Parteivorsitzender“ an die Brandmauer zur AfD
Angesichts einer möglichen FPÖ-geführten Regierung in Österreich hat Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz den Ausschluss einer Zusammenarbeit mit der AfD mit seiner Zukunft als CDU-Vorsitzender verknüpft. Dorothea Schupelius berichtet aus Hamburg.
Quelle: WELT TV
Es gibt Stimmen, die eine Aufweichung der „Brandmauer“ für eine mögliche Zusammenarbeit der Union mit der AfD fordern. Kanzlerkandidat Merz will davon jedoch nichts wissen.
Angesichts einer möglichen FPÖ-geführten Regierung in Österreich hat Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) den Ausschluss einer Zusammenarbeit mit der AfD mit seiner Zukunft als CDU-Vorsitzender verknüpft. Österreich sei der „Beweis dafür, dass man Rechtspopulisten nicht den Weg in die Macht ebnen darf“, sagte Merz am Freitagabend in den ARD-„Tagesthemen“. Er werde nicht zulassen, dass in der CDU die „Brandmauer“ zur AfD falle.
„Ich knüpfe mein Schicksal als Parteivorsitzender der CDU an diese Antwort“, sagte Merz am Rande einer Klausur des CDU-Bundesvorstands in Hamburg. „Wir arbeiten nicht mit einer Partei zusammen, die ausländerfeindlich ist, die antisemitisch ist, die Rechtsradikale in ihren Reihen, die Kriminelle in ihren Reihen hält – eine Partei, die mit Russland liebäugelt und aus der Nato und aus der Europäischen Union austreten will.“
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Österreich zeige, was passiere, „wenn man meint, man müsse eine solche Gruppierung, eine solche Partei durch eine solche Regierungsbeteiligung domestizieren oder irgendwo zur Vernunft bringen“, sagte Merz. „Nein, wir bringen sie nicht zur Vernunft, die machen sie immer nur stärker.“
Merz beschrieb dann ein Szenario, wenn eine Zusammenarbeit mit der AfD nicht kategorisch ausgeschlossen werde, und zog dabei eine Parallele zur Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933: „2029 werden sie die stärkste Fraktion, 2033 ist die nächste Bundestagswahl“, sagte der CDU-Chef. „Einmal 33 reicht in Deutschland.“
Die rechtspopulistische FPÖ war bei der Parlamentswahl im September erstmals stärkste Kraft im österreichischen Parlament geworden. Nachdem Koalitionsgespräche zwischen der konservativen ÖVP, der sozialdemokratischen SPÖ und den liberalen Neos gescheitert waren, wurde mit FPÖ-Chef Herbert Kickl erstmals ein Vertreter der Partei mit der Regierungsbildung beauftragt. Die konservative ÖVP willigte dabei in Koalitionsverhandlungen ein.
AFP/kami
https://www.welt.de/


Demokratie und Menschenwürde schützen: Mehr als 200 Jurist*innen fordern Einleitung eines Verbotsverfahrens gegen die AfD

Pressemitteilung, 9. Januar 2025
Mehr als 200 Jurist*innen haben am Donnerstag einen Offenen Brief an die demokratischen Abgeordneten im Bundestag sowie an die Bundesregierung übergeben, in dem sie die Einleitung eines Verbotsverfahrens der AfD fordern.
„Die Antragsberechtigten müssen endlich ihrer Verantwortung gerecht werden und ein Parteiverbotsverfahren gegen die AfD einleiten“, sagt Initiator Felix Dengler. Er ist Volljurist und RAV-Mitglied. „Die AfD verfolgt eine menschenverachtende und demokratiefeindliche Politik. Sie richtet sich gegen grundlegende Werte unserer Verfassung und des Rechtsstaats“, so Dengler zur Begründung.
Bis zu den Neuwahlen im Februar findet noch eine Sitzungswoche statt, in der lediglich über besonders dringliche Vorhaben entschieden werden soll. Der Schutz der Demokratie und des Grundgesetzes sind nach Auffassung der Unterzeichner*innen die aktuell dringlichste Aufgabe.
„Wer im Bundestag sitzt und die Würde des Menschen unantastbar halten will, muss dem fraktionsübergreifenden Antrag zur Einleitung des Parteiverbotsverfahrens zustimmen. Parteitaktisches Zögern an dieser Stelle ist geschichtsvergessen“, betont auch Rechtsanwältin und RAV-Mitglied Vivian Kube, die den Offenen Brief mitinitiiert hat.
In dem Brief wird ausgeführt, dass sämtliche Voraussetzungen für ein Verbotsverfahren vorliegen. „Weitere vorbereitende Untersuchungen, wie sie nun einige Abgeordnete fordern, sind nicht notwendig und führen zu Verzögerungen, die unsere Demokratie gefährden“, heißt es in dem Brief.
Eine kursorische Prüfung hatten im November bereits 17 Verfassungsrechtler*innen vorgenommen und in einer Stellungnahme an den Bundestag übergeben. Auch ein 70-seitiges Gutachten des Deutschen Instituts für Menschenrechte dokumentiert, dass die Voraussetzungen erfüllt sind. Das oberste deutsche Gericht müsse nun die Möglichkeit zur Prüfung erhalten, so Dengler. „Die Entscheidung, ob die AfD verfassungswidrig ist und verboten wird, obliegt allein dem Bundesverfassungsgericht“, betont der Jurist.
Zum Offenen Brief geht es hier entlang.
Kontakt:
Felix Dengler, RAV-Mitglied und Volljurist
E-Mail: pressekontakt.dengler@gmail.com
Telefon: 030.86880261
Veröffentlicht am 09.01.2025
https://www.rav.de/


Offener Brief von 200 Jurist*innen: Ein Verbotsverfahren gegen die AfD hat Aussicht auf Erfolg

Offener Brief

Sehr geehrte Abgeordnete des Deutschen Bundestages,
sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung,
die AfD ist eine verfassungsfeindliche Partei. Seit ihrer Gründung hat sie sich zunehmend radikalisiert und stellt inzwischen eine schwerwiegende Bedrohung für den Bestand der freiheitlichen demokratischen Grundordnung dar. Sie verbreitet Falschinformationen, sabotiert demokratische Prozesse und hetzt immer offener gegen Menschengruppen, die nicht in ihr Weltbild passen. Es ist ihr gelungen, menschenverachtende Sprache und Forderungen in die Parlamente zu tragen und zu normalisieren. Permanent beklagen führende AfD-Funktionär:innen einen „Import“ von „Messermännern“ und „Gruppenvergewaltigern“, den es mittels „Remigration“ zu bekämpfen gelte. Kaum ein Tag vergeht, ohne dass AfD-Abgeordnete von einem „Bevölkerungsaustausch“ fabulieren, gegen den sich „Bio-Deutsche“ wehren müssten.
Diese Aussagen sind so alltäglich geworden, dass sie kaum noch Aufsehen erregen. Dabei zeugen sie klar erkennbar von einer rassistischen, muslimfeindlichen, antisemitischen, antiziganistischen und LGBTQI*-feindlichen Haltung, die mit der Menschenwürde unvereinbar ist. Sie offenbaren ein ethnisch-kulturelles Volksverständnis, das der elementaren Rechtsgleichheit zuwiderläuft. Mit anderen Worten: sie lassen eine verfassungsfeindliche Haltung klar erkennen. Diese Haltung ist eingebettet in ein politisches Konzept, das strategisch darauf ausgerichtet ist, das bestehende demokratische System mit einem menschenwürdewidrigen und undemokratischen System zu ersetzen.
Im Juni 2023 hat das Deutsche Institut für Menschenrechte in einem 70-seitigen Gutachten gezeigt, dass die Voraussetzungen für ein Parteiverbot gegen die AfD vorliegen. Im November 2024 haben 17 der renommiertesten Verfassungsrechtler:innen des Landes in einer Stellungnahme an den Bundestag diesen Befund bekräftigt und dargelegt, warum eine weitere Verschleppung der Antragstellung verfassungsrechtspolitisch unverantwortlich ist. Dieser Einschätzung schließen sich die Unterzeichner:innen ausdrücklich an. Die Auffassung, es fehlten Belege, kann inzwischen nicht mehr seriös vertreten werden. Weitere vorbereitende Untersuchungen, wie sie nun einige Abgeordnete fordern, sind nicht notwendig und führen zu Verzögerungen, die unsere Demokratie gefährden. Eine solche kursorische Vorprüfung wurde spätestens durch die Stellungnahme der 17 Professor:innen geleistet. Hinzu kommen zahlreiche Belege aus zivilgesellschaftlichen Sammlungen. Die Beweislage ist erdrückend.
Ein Gutachten des Bundesamts für Verfassungsschutz ist ebenfalls nicht notwendig, um die Verfassungsfeindlichkeit der AfD gerichtsfest nachzuweisen. Die Belege aus offenen Quellen zeichnen bereits ein eindeutiges Bild. Die endgültige Entscheidung obliegt allein dem Bundesverfassungsgericht. Sie als Antragsberechtigte haben dabei eine Torhüter-Funktion. Es ist nicht Ihre Aufgabe, die Verfassungswidrigkeit einer Partei abschließend zu klären. Es ist Ihre Aufgabe, diese Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht zu ermöglichen. Und es ist Ihre Verantwortung, dies zu tun, sobald hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen. Dies ist längst der Fall.
Wir fordern Sie als Abgeordnete des Bundestags und als Mitglieder der Bundesregierung dazu auf, Ihrer Verantwortung endlich gerecht zu werden und ohne weitere Verzögerungen ein Parteiverbotsverfahren gegen die AfD einzuleiten.
Liste der Unterzeichnenden

  1. Dr. Vivian Kube, LL.M., Rechtsanwältin
  2. Felix Dengler, Rechtsassessor, Wissenschaftlicher Mitarbeiter
  3. Jun.-Prof. Dr. Lucia Sommerer, Juniorprofessorin
  4. Anna Vorwerg, Rechtsanwältin
  5. Barbara Dubick, Rechtsanwältin
  6. Andrea Groß-Bölting, Rechtsanwältin
  7. Dr. Christina Koch, Rechtsanwältin
  8. Dr. Fernando Ortega, LL.M., Rechtsanwalt, Kol.
  9. Prof. Dr. Ernst Fricke, Rechtsanwalt
  10. Berkan Kaya, Wissenschaftlicher Mitarbeiter
  11. Franziska Andrae, Rechtsanwältin
  12. Jan Kürschner, Rechtsanwalt
  13. Dirk Siegfried, Rechtsanwalt und Notar
  14. Kristin Pietrzyk, Rechtsanwältin
  15. Rainer Frisch, Rechtsanwalt
  16. Christina Clemm, Rechtsanwältin und Autorin
  17. Christoph Tometten, LL.M., Rechtsanwalt
  18. Astrid Boxberg, Rechtsanwältin
  19. Florian Haas, Rechtsanwalt
  20. Ulrike Köllner, Rechtsanwältin
  21. Dr. Doris Liebscher, LL.M., Rechtsassessorin
  22. Alexander Hofmann, Rechtsanwalt
  23. Sven Adam, Rechtsanwalt
  24. Dr. Philipp Schulte, Rechtsanwalt
  25. Sabine Schölermann, Rechtsanwältin
  26. Magdalena Gebhard, Rechtsanwältin
  27. Laura Leogrande, Rechtsanwältin
  28. Thomas Seggwiß, Rechtsanwalt
  29. Cana Mungan, Rechtsanwältin
  30. Claire Lops, LL.M., Rechtsanwältin
  31. Martin Sträßer, Rechtsanwalt
  32. Alexandra Braun, Rechtsanwältin
  33. Dr. Karin Heilmann, Rechtsanwältin und Mediatorin
  34. Felicitas Selig, Rechtsanwältin
  35. Angela Furmaniak, Rechtsanwältin
  36. Laura Aulmann, LL.M., Rechtsanwältin
  37. Prof. Dr. Susan Arndt, Professorin
  38. Haress Faqiryar, Rechtsanwalt
  39. Dr. Kati Lang, Rechtsanwältin
  40. Jakob Heering, LL.M., Rechtsanwalt
  41. Alexander Wagner, Rechtsanwalt
  42. Dr. Oliver Fawzy, Rechtsanwalt
  43. Johannes Hentschel, Rechtsanwalt
  44. Dr. Mark Swatek, Rechtsanwalt
  45. Inken Stern, Rechtsanwält*in
  46. Max Malkus, LL.M., Rechtsanwalt
  47. Björn Stehn, Rechtsanwalt
  48. Julia Schulze Buxloh, Rechtsanwältin
  49. Carolin Kaufmann, Rechtsanwältin
  50. Susan Krauße, Rechtsanwältin
  51. Dr. Björn Eberling, Rechtsanwalt
  52. Saskia Piotrowski, Rechtsanwältin
  53. Andreas Günzler, Rechtsanwalt
  54. Anja Popp, Rechtsanwältin
  55. Stephanie Jörs, Rechtsanwältin
  56. Elisa Urbanczyk, Rechtsanwältin
  57. Maria Kalin, Rechtsanwältin
  58. Bernd Vetter, Rechtsanwalt
  59. Bettina Hartnacke, Rechtsanwältin
  60. Peter Kremer, Rechtsanwalt
  61. Julia Lehnfeld, Rechtsanwältin
  62. Dr. Saber Meglalu, Rechtsanwalt
  63. Martin Stucke, Rechtsanwalt
  64. Arif Kaya, Rechtsanwalt
  65. Christine Vollmer, Rechtsanwältin
  66. Stefan Hoffmann, Rechtsanwalt
  67. Dr. Kamilla Tekautschitz, Rechtsanwältin
  68. Markus Wild, Rechtsanwalt
  69. Fenna Busmann, Rechtsanwältin
  70. Sophie Dittmeyer, Rechtsanwältin
  71. Roland Kern, Rechtsanwalt
  72. Philipp Heinz, Rechtsanwalt
  73. Franziska Flint, Rechtsanwältin
  74. Sarah Benscheidt, Rechtsanwältin
  75. Franz Spindler, Rechtsanwalt
  76. Axel Oswald, Rechtsanwalt
  77. Dirk Teßmer, Rechtsanwalt
  78. Dr. Anna Börger, Rechtsanwältin
  79. Dr. Nina Scherber, Rechtsanwältin
  80. Ronska Verena Grimm, Rechtsanwält*in
  81. Rasmus Kahlen, Rechtsanwalt
  82. Jonathan Reuther, Rechtsanwalt
  83. Dr. Matthias Birkholz, Rechtsanwalt
  84. Jan Sürig, Rechtsanwalt
  85. Christoph Lehmann, Rechtsanwalt
  86. Ronja Riedel, Rechtsassessorin und wissenschaftliche Mitarbeiterin
  87. Jana Meister, Justiziarin
  88. Dr. Maximilian Grubert, Rechtsanwalt
  89. Thomas Jung, Rechtsanwalt, Notar a.D.
  90. Thomas Kutschaty, Rechtsanwalt, Staatsminister a.D.
  91. Dr. Jan Benjamin Daniels, Rechtsanwalt und Lehrbeauftragter
  92. Britta Lehnert, Rechtsanwältin
  93. Catherine Orth-Wöhler, Rechtsanwältin
  94. Dr. Henning Jensen, Rechtsanwalt
  95. Asha Hedayati, Rechtsanwältin und Autorin
  96. Prof. Dr. Hermann Ott, Rechtsanwalt
  97. Nils Rotermund, Rechtsassessor
  98. Stefanie Burkardt, Rechtsanwältin
  99. Manja Hauschild, Rechtsanwältin
  100. Peter Hense, Rechtsanwalt
  101. Nicolai Schneider, Rechtsanwalt
  102. Michael Kraft, Rechtsanwalt
  103. Lena Koch, Rechtsanwältin
  104. Barbara Simmler, Rechtsassessorin
  105. Dr. Lukas Theune, Rechtsanwalt
  106. Dimitri Kovalev, Rechtsanwalt.
  107. Eberhard Reinecke, Rechtsanwalt
  108. Daniela Hödl, Rechtsanwältin
  109. Stefanie Ulrich, Rechtsanwältin
  110. Constanze Zander-Böhm, Rechtsanwältin
  111. Mareile Dedekind, LL.M., Rechtsanwältin
  112. Marcel Keienborg, Rechtsanwalt und Lehrbeauftragter
  113. Saskia Dambon, Rechtsassessorin
  114. Anouk Falloux, Rechtsanwältin
  115. Steffen Ahrens, Rechtsanwalt
  116. Dr. Caroline Dressel, LL.M., Rechtsanwältin
  117. Tobias Fischer, Rechtsanwalt
  118. Arnike Duensing, Rechtsanwältin und Notarin,
  119. Swantje Meyer-Mews, Rechtsanwältin
  120. Hans Meyer-Mews, Rechtsanwalt
  121. Beate Streicher, Rechtsassessorin
  122. Petra Dervishaj, Rechtsanwältin
  123. Iftikhar Malik, LL.M., Rechtsanwalt
  124. Dr. Maximilian Dogs, LL.M., Rechtsanwalt
  125. Elisa Costadura, Rechtsanwältin
  126. Nina Onèr, Rechtsanwältin
  127. Raik Höfler, Rechtsanwalt
  128. Hanna Müller, Rechtsanwältin
  129. Hans Frank Wiesner, Rechtsanwalt und Mediator
  130. Maike Brinkmann, Rechtsanwältin
  131. Maria Kröpfl, Rechtsanwältin
  132. Anne Nitschke, Rechtsanwältin
  133. Paul-Roland Jünemann, Rechtsanwalt
  134. Peter Holzschuher, Rechtsanwalt
  135. Theda Giencke, Rechtsanwältin
  136. Dr. Laura Adamietz, Rechtsanwältin und Notarin
  137. Ilka Quirling, Rechtsanwältin und Mediatorin
  138. Christian Brunnert, Rechtsanwalt
  139. Martin Klingner, Rechtsanwalt
  140. Carolin Helmecke, Rechtsanwältin
  141. Joschka Selinger, Rechtsanwalt
  142. Sarah Lincoln, Rechtsanwältin
  143. Tabea Caspary, LL.M, Diplomjuristin
  144. Mahtab Khedri, Richterin am Sozialgericht
  145. Leonard Nalbantis, LL.M., Wissenschaftlicher Mitarbeiter
  146. Hanah A. M. Abucar, Juristin
  147. Lilli Hasche, Diplomjuristin
  148. Luci Haspinger, Diplomjuristin
  149. Winnie Eckl, Rechtsanwältin
  150. Nadine Arndt, Rechtsanwältin
  151. Anna Liora Boyn, Rechtsanwältin
  152. Valeska Knarr, Rechtsanwältin
  153. Dr. Isabel Lischewski, Rechtsassessorin, Akademische Rätin auf Zeit
  154. Melanie Gutmann, Rechtsanwältin
  155. Dr. Catharina Kunze, Rechtsanwältin
  156. Jule Halbach, M.A., LL.M., Wissenschaftliche Mitarbeiterin.
  157. Linh Steffen, Rechtsanwältin
  158. Christian Koch, Rechtsanwalt
  159. Simon Simanovski, Rechtsanwalt
  160. Dr. Frank Wenzel, Rechtsanwalt
  161. Reinher Karl, Rechtsanwalt
  162. Maren Müller, Rechtsassessorin, Gewerkschaftssekretärin
  163. Prof. Dr. jur. Joachim Heilmann
  164. Caroline von Wedel-Parlow, Rechtsanwältin
  165. Ghazzal Novid, Jurist
  166. Radoslaw Dawetz, Rechtsassessor, Wissenschaftlicher Mitarbeiter
  167. Dr. Sué González Hauck, Wissenschaftliche Mitarbeiterin
  168. Dr. jur Julia Möller-Klapperich LL.M.
  169. My Duyen Nguyen, Rechtsreferendarin
  170. Sophie Averdieck. Wissenschaftliche Mitarbeiterin
  171. Christopher Paskowski, Wissenschaftlicher Mitarbeiter
  172. Dr. Sebastian Schattenfroh, Rechtsanwalt
  173. Caroline v. Bechtolsheim, Rechtsanwältin
  174. Dr. Nele Austermann, PostDoc
  175. Dr. Pauline Weller, LL.M, Rechtsreferendarin
  176. Johanna Jaspersen, Rechtsassessorin,  Gewerkschaftssekretärin
  177. Prof. Dr. Dr. Hanjo Hamann, Hochschullehrer
  178. Prof. Dr. iur. habil. Helmut Pollähne, Rechtsanwalt
  179. Alexander Hoffmann, Rechtsanwalt
  180. Gwendolin Buddeberg, Rechtsanwältin
  181. Silke Jaspert, Rechtsanwältin
  182. Hubert Heinhold, Rechtsanwalt
  183. Claudia Reichel, Rechtsanwältin
  184. Hagen Richter, Rechtsanwalt
  185. Lukas Müller, Rechtsanwalt
  186. Petra Isabel Schlagenhauf, Rechtsanwältin
  187. Franziska Nedelmann, Rechtsanwältin
  188. Ulrich Heß, Rechtsanwalt
  189. Prof. Dr. Andreas Ruch, Hochschullehrer
  190. David Hölscher, Rechtsanwalt
  191. Martin Heiming, Rechtsanwalt
  192. Joachim Schröder, Rechtsanwalt und Notar a.D.
  193. Peter Paul Tode, Rechtsanwalt
  194. Johannes Thierer, Rechtsassesor
  195. Sirkka Schrader, Rechtsanwältin
  196. Antonia Gräfin von Plettenberg-Lenhausen, Rechtsanwältin
  197. Stephanie Otrakci, LL.M., Rechtsanwältin
  198. Stefanie Kirschner, LL.M., Rechtsanwältin
  199. Dr. Malte Engeler, Rechtsassessor, Oberregierungsrat
  200. Wolfgang Teves, Rechtsassessor, Ministerialrat
  201. Anna Cardillo, Rechtsanwältin
  202. Judith Faust, Rechtsassessorin
  203. Magdalena Goldbach, Rechtsanwältin
  204. Manuel Franzmeier, Rechtsanwalt
  205. Friedrich Albrecht Lösener, Rechtsanwalt
  206. Paul König, Diplomjurist
  207. Livia Giuliani, Rechtsassessorin
  208. Dr. Louis Rolfes, Rechtsassesor
  209. Dr. Paulina Jo Pesch, Juniorprofessorin
  210. Dr. Peer Stolle, Rechtsanwalt
  211. Conrad Zimmer, Rechtsanwalt
  212. Anna Gilsbach, Rechtsanwältin

Veröffentlicht am 09.01.2025
https://www.rav.de/


Neuer Höchststand
CDU-Abgeordneter Wanderwitz sieht AfD als Grund für mehr rechtsextreme Straftaten

Im vergangenen Jahr gab es in Deutschland mindestens 17 Prozent mehr rechtsextreme Straftaten als 2023. Marco Wanderwitz fordert, die AfD als »parlamentarischen Arm des Rechtsextremismus« zu verbieten.
06.01.2025, 15.45 Uhr

  • CDU-Politiker Marco Wanderwitz Foto: dts-Agentur / picture alliance
  • Bis zum 30. November 2024 hat die Polizei im vergangenen Jahr 33.963 Delikte im Bereich »Politisch motivierte Kriminalität – rechts« registriert, berichtet das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) unter Berufung auf eine Antwort des Bundesinnenministeriums. Damit wäre ein neuer Höchststand seit Beginn der Erhebungen im Jahr 2001 erreicht.
    Der CDU-Abgeordnete Marco Wanderwitz beschreibt die Zahlen als einen »insgesamt alarmierenden Befund«. Es müsse vielschichtig etwas getan werden: »Von Prävention über Stärkung der demokratischen Zivilgesellschaft bis zur Härte des Rechtsstaats bei Straftätern. In allen Feldern gibt es dabei weiterhin Nachholbedarf«, sagte er dem SPIEGEL. Insbesondere müsse man die AfD »als parlamentarischen Arm des Rechtsextremismus und -terrorismus verbieten«, so Wanderwitz. Sollte sie verboten werden, dann kann es »gelingen, die vielfältigen rechtsextremen Netzwerke auszutrocknen.«
    Von den fast 34.000 registrierten Straftaten waren 1136 Gewaltdelikte – im gesamten Jahr 2023 waren es 1270. Den größten Anteil der Straftaten machten im vergangenen Jahr Propagandadelikte (21.311) und Volksverhetzungen (5097) aus, die Polizei verzeichnete außerdem 1942 Sachbeschädigungen. Bei der Statistik handelt es sich um vorläufige Zahlen. Die abschließende Zahl wird voraussichtlich im Mai vom BKA vorgestellt. Sie könnte wegen Nachmeldungen und Straftaten im Dezember noch höher sein.
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    Jeder dritte AfD-Wähler billigt Gewalt gegen Politiker
    Der Rechtsextremismusforscher Matthias Quent sieht den Aufstieg der AfD als Anreiz für rechte Straftäter: »Viele kriminelle Rechtsextremisten fühlen sich durch die Erfolge von Rechtsaußenparteien bestärkt. Oft sind rechte Straftäter Sympathisanten, Unterstützer oder sogar Mitglieder der AfD«, erklärte Quent.
    Auch Andreas Zick, Leiter des Instituts für Gewaltforschung, betont den Einfluss der AfD auf rechtsextremistisch motivierte Straftaten: »Der Ton in der AfD ist aggressiver geworden, und es werden feindliche sowie menschenfeindliche Stereotype über Minderheiten verbreitet.«
    Laut einer Antwort des Innenministeriums verzeichnete das Bundeskriminalamt im Jahr 2023 insgesamt 28.945 rechts motivierte politische Straftaten. Im Jahr 2024 stieg die Zahl dieser Delikte um mindestens 17,34 Prozent.
    akm/ahr/dpa
    https://www.spiegel.de/



Fast 34.000 Straftaten von Rechtsextremisten in Deutschland

Gesellschaft Deutschland
06.01.2025
Die vorläufige Zahl des Innenministeriums für 2024 stellt einen neuen traurigen Rekord dar. Erschreckend auch: Immer mehr Jugendliche sind unter den Gewalttätern.
Symbolbild: Handfeuerwaffe im Vordergrund, darunter liegend Nummernschild mit Reichsbürgersymbolik und Logo "DR" sowie ein Reichsbürger-Pass mit der Aufschrift "Deutsches Reich"
Propagandadelikte und Gewalttaten - rechtsextreme Kriminalität nimmt zuBild: picture-alliance/Bildagentur-online/Ohde
Die Zahl der rechtsextremen Straftaten in Deutschland hat im vergangenen Jahr einen neuen Höchststand erreicht. Allein bis Ende November verzeichnete die Polizei bundesweit 33.963 Delikte im Bereich "politisch motivierte Kriminalität - rechts", wie laut dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland" (RND) aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Linken-Gruppe im Bundestag hervorgeht.
Mitglieder der rechtsterroristischen "Gruppe S" neben Beamten (verpixelt) Ende November 2023 vor dem Oberlandesgericht Stuttgart  Mitglieder der rechtsterroristischen "Gruppe S" neben Beamten (verpixelt) Ende November 2023 vor dem Oberlandesgericht Stuttgart
Verurteilung von Mitgliedern der rechtsterroristischen "Gruppe S" durch das Oberlandesgericht Stuttgart Ende November 2023Bild: Bernd Weißbrod/dpa/picture alliance
2023 hatte das Bundeskriminalamt (BKA) insgesamt 28.945 rechtsmotivierte politische Straftaten verzeichnet. Im vergangenen Jahr ist die Zahl somit um mindestens 17,3 Prozent gestiegen. Die abschließende Zahl dürfte wegen im Dezember begangener Straftaten und verspäteter Nachmeldungen noch höher sein. Seine offizielle Jahresstatistik für 2024 wird das BKA voraussichtlich im Mai vorstellen.
Propagandadelikte und Volksverhetzungen an der Spitze
Von den fast 34.000 registrierten Straftaten im vergangenen Jahr waren 1136 Gewaltdelikte, im gesamten Jahr 2023 waren es 1270, wie es in dem RND-Bericht weiter heißt. Den größten Anteil der Straftaten machten 2024 demnach Propagandadelikte (21.311) und Volksverhetzungen (5097) aus, die Polizei verzeichnete außerdem 1942 Sachbeschädigungen.
Die Linken-Abgeordnete Martina Renner bei einer Rede im Deutschen BundestagDie Linken-Abgeordnete Martina Renner bei einer Rede im Deutschen Bundestag
Die Linken-Bundestagsabgeordnete Martina Renner: "Durchgreifende Maßnahmen der Innenpolitik, diese gefährliche Entwicklung zu stoppen, sind nicht in Sicht"Bild: dts-Agentur/picture alliance
Die Linken-Bundestagsabgeordnete und Rechtsextremismus-Expertin Martina Renner sprach von einer alarmierenden Entwicklung. "Die Zahlen steigen in den vergangenen Jahren kontinuierlich um 20 bis 25 Prozent", sagte Renner dem RND. "Durchgreifende Maßnahmen der Innenpolitik, diese gefährliche Entwicklung zu stoppen, sind nicht in Sicht." Die Mehrzahl der Gewalttäter seien Erwachsene, allerdings sei der Anteil der jugendlichen Gewalttäter zuletzt angestiegen. "Wenn wir uns nicht an mehr als 3000 Straftaten von Neonazis pro Monat gewöhnen wollen, müssen grundsätzliche Konsequenzen gezogen werden."
Renner verwies dabei auch auf einen Zusammenhang zwischen dem Aufstieg der rechtspopulistischen, in Teilen auch rechtsextremen Partei Alternative für Deutschland (AfD) und der wachsenden rechten Gewalt. Dieser sei erwiesen, erklärte die Linken-Abgeordnete und sprach sich für ein Parteiverbotsverfahren gegen die AfD aus.
sti/se (afp, epd, kna)
https://www.dw.com/


Vorläufige Zahlen für 2024
: Mehr rechtsextreme Straftaten

06.01.2025 | 02:39
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Die Zahl rechtsextremer Straftaten hat 2024 einen neuen Höchstwert erreicht. Die Linken-Politikerin Renner warnt vor einer alarmierenden Entwicklung - und fordert Maßnahmen.
Anhänger der AfD-nahen offen rechtsextrem agierende selbsternannen Team Menschenrechte bei ihrem montäglichen Protest in Nürnberg.
Deutschlands Behörden registrierten 2024 fast 34.000 rechtsextreme Straftaten.
Quelle: IMAGO/Moritz Schlenk
Die Zahl der rechtsextremen Straftaten in Deutschland hat im vergangenen Jahr einen neuen Höchststand erreicht. Das gehe aus der Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Kleine Anfrage der Linken-Gruppe im Bundestag hervor, berichteten die Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND, Montagsausgaben).
Demnach verzeichnete die Polizei bundesweit allein bis zum 30. November 2024 33.963 Delikte im Bereich "politisch motivierte Kriminalität - rechts".
Die abschließende Zahl in der voraussichtlich im Mai vorgestellten BKA-Statistik dürfte wegen im Dezember begangener Straftaten und verspäteter Nachmeldungen noch höher sein.
Für 2023 zeigte die Statistik zur politisch motivierten Kriminalität bereits eine deutliche Zunahme rechtsextremistischer Straftaten.
21.05.2024 | 1:36 min
Deutlicher Anstieg rechtsextremer Kriminalität
Im Jahr 2023 verzeichnete das Bundeskriminalamt in seiner Statistik laut Antwort des Innenministeriums insgesamt 28.945 rechtsmotivierte politische Straftaten. 2024 ist die Zahl der Straftaten demnach um mindestens 17,34 Prozent angestiegen.
Von den fast 34.000 registrierten Straftaten waren 1.136 Gewaltdelikte - im gesamten Jahr 2023 waren es 1.270. Den größten Anteil der Straftaten machten 2024 Propagandadelikte (21.311) und Volksverhetzungen (5.097) aus, die Polizei verzeichnete außerdem 1.942 Sachbeschädigungen.
Im Jahr 2023 hatte es mehr Fälle politisch motivierter Kriminalität gegeben. Einen Anstieg gab es laut Bundesinnenministerin Faeser vor allem bei rechtsextremen Delikten, aber auch linksextreme Taten haben zugenommen.
21.05.2024 | 1:35 min
Linken-Abgeordnete warnt vor alarmierender Entwicklung
Die Linken-Bundestagsabgeordnete und Expertin für Rechtsextremismus Martina Renner sprach von einer alarmierenden Entwicklung.
"Die Zahlen steigen in den vergangenen Jahren kontinuierlich um 20 bis 25 Prozent. Durchgreifende Maßnahmen der Innenpolitik, diese gefährliche Entwicklung zu stoppen, sind nicht in Sicht", sagte Renner dem RND.
Die Mehrzahl der Gewalttäter seien Erwachsene, allerdings sei der Anteil der jugendlichen Gewalttäter zuletzt angestiegen.
Wenn wir uns nicht an mehr als 3.000 Straftaten von Neonazis pro Monat gewöhnen wollen, müssen grundsätzliche Konsequenzen gezogen werden.

Martina Renner, Bundestagsabgeordnete der Linken
Nachrichten | Thema
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Rechtsextremismus
Vom NSU-Terror über die Morde an Lübcke und in Hanau bis zu den Reichsbürgern: Rechtsextremismus ist eine große Gefahr. Wie die AfD zu ihm in Verbindung steht, wird erläutert.
Teilnehmer einer rechtsextremen Demonstration
Quelle: AFP
Thema
https://www.zdf.de/


Festival gegen Rechtsextremismus
Musiker und Politikerinnen solidarisieren sich nach Drohungen gegen Organisatoren von „Jamel rockt den Förster“

Vertreter aus Politik und der deutschen Musikszene haben sich mit den Organisatoren des Musikfestivals „Jamel rockt den Förster“ solidarisiert. Das Betreiber-Ehepaar der bekannten Veranstaltung gegen Rechtsextremismus war in der Silvesternacht auf dem eigenen Grundstück bedroht und mit Feuerwerk beschossen worden.
04.01.2025

    Blick auf die Bühne und Zuschauer des Festivals "Jamel rockt den Förster".
    Seit 2007 findet „Jamel rockt den Förster“ in dem als Neonazi-Hochburg bekannten Ort Jamel in Mecklenburg-Vorpommern statt. (Bernd Wüstneck/dpa)
    Mehrere Musiker verurteilten die Tat im Internet, auch Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Schwesig und Bundestags-Vizepräsidentin Göring-Eckardt drückten ihre Solidarität aus. Der Staatsschutz übernahm die Ermittlungen.
    Das Musikfestival „Jamel rockt den Förster“ findet seit dem Jahr 2007 im gleichnamigen Ort im Landkreis Nordwestmecklenburg statt. Jamel gilt seit Anfang der 90er Jahre als Hochburg der rechtsextremen Szene.
    Diese Nachricht wurde am 04.01.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.
    https://www.deutschlandfunk.de/


    "Ein neuer Tiefpunkt"
    SPD-Politiker Lindh erhält "NSU 3.0"-Drohbrief

    04.01.2025, 12:02 Uhr
    "Ich selbst musste mir in den letzten Jahren ein dickes Fell zulegen, um dem Job als Politiker überhaupt weiter nachgehen zu können", so Lindh.
    (Foto: picture alliance/dpa)
    Im Büro des Wuppertaler SPD-Abgeordneten Helge Lindh geht ein Brief ein. Dieser enthält Drohungen, ein unbekanntes weißes Pulver und ist unterzeichnet mit "NSU 3.0". Der Politiker betont, sich nicht einschüchtern zu lassen.
    Der SPD-Bundestagsabgeordnete Helge Lindh hat einen rechtsextremen Drohbrief erhalten. Auf Instagram und X veröffentlichte der Sozialdemokrat ein Foto von einem handschriftlichen Brief, in dem ihm "Deutschenhass" unterstellt wurde. Mit dem Satz "Nirgends bist Du sicher" wird Lindh darin bedroht. Unterschrieben wurde der Brief mit "NSU 3.0".
    Der Wuppertaler SPD-Politiker ist kultur- und medienpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, außerdem ist er Mitglied des Innenausschusses des Parlaments. Er engagiert sich unter anderem in der Migrationspolitik. Als Antwort auf den Drohbrief schreibt Lindh in den sozialen Medien, er habe seit seiner Wahl in den Bundestag 2017 schon viele Bedrohungen und Anfeindungen erlebt, "aber das markiert einen neuen Tiefpunkt".
    "Ich selbst musste mir in den letzten Jahren ein dickes Fell zulegen, um dem Job als Politiker überhaupt weiter nachgehen zu können, aber dass meine Mitarbeitenden solch einem Risiko ausgesetzt werden, macht mich fassungslos und wütend", so Lindh. Er werde sich nicht einschüchtern lassen und weiter gegen Menschenhass und Extremismus kämpfen. Der WDR zitiert einen Sprecher des Staatsschutzes, demzufolge das im Brief enthaltene weiße Pulver ungefährlich gewesen sei.
    Als NSU (Nationalsozialistischen Untergrund) hatten sich die Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt bezeichnet, die zwischen 2000 und 2007 zehn Menschen ermordeten. Es waren acht türkeistämmige und ein griechischstämmiger Kleinunternehmer sowie eine Polizistin. Ihre Mittäterin Beate Zschäpe wurde 2018 verurteilt.
    Im August 2018 begann eine Serie von Drohschreiben, die mit "NSU 2.0" unterzeichnet waren. Ein Mann aus Berlin wurde 2022 zu fünf Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt. Er hatte nach Auffassung der Richter per E-Mail, Fax oder SMS eine Serie von insgesamt 81 hasserfüllten und rassistischen Drohschreiben an Rechtsanwälte, Politikerinnen, Journalistinnen und Vertreter des öffentlichen Lebens gerichtet.
    Quelle: ntv.de, mdi/dpa
    https://www.n-tv.de/


    SPD-Politiker aus NRW bekommt NSU-Drohschreiben – „Wir werden dich kriegen“

    Politik

    von Alexander Riechelmann
    03.01.2025 - 20:14 Uhr
    Helge Lindh, SPD-Politiker aus NRW, bekam offenbar ein Drohschreiben. Unterschrieben ist es von der „NSU 3.0“.
    Der SPD-Politiker aus NRW, Helge Lindh, bekam offenbar ein Drohschreiben der "NSU 3.0".© IMAGO / dts Nachrichtenagentur
    Jahrelang sorgte die neonazistische Terrorvereinigung NSU deutschlandweit für Angst und Schrecken. Nun haben sich offenbar Nachahmer gefunden, die sich als „NSU 3.0“ bezeichnen. Sie haben angeblich ein Drohschreiben an einen SPD-Politiker aus NRW versendet.
    Drohschreiben an SPD-Politiker
    Der Bundestagsabgeordnete Helge Lindh bekam offenbar einen Drohbrief mit dem Absender „NSU 3.0“. Der SPD-Politiker aus Wuppertal (NRW) teilte ein Foto des Briefs auf der Plattform X. In dem Schreiben heißt es: „Wir werden dich kriegen, verlass dich drauf.“ Der SPD-Politiker aus NRW sei „nirgends“ sicher.
    Weiter werfen die unbekannten Briefschreiber dem Politiker „Deutschenhass“ und ein „Ausländer-Fetisch“ vor, der Deutschland zerstöre. Er ist mit „NSU 3.0“ unterschrieben. Obendrauf lag weißes Pulver im Umschlag. Um was es sich handelt, ist bisher unklar. Der Brief wurde an Lindhs Wahlkreisbüro in Wuppertal geschickt.
    Bereits 2018 Drohbriefe der „NSU 2.0“
    Lindh schrieb zu dem Foto: „Auch wenn Kriminelle wie diese eigentlich keine Antwort verdienen: Unser schönes Land zerstört ihr mit eurem Menschenhass! Ich werde mich davon nicht einschüchtern lassen und jeden Tag weiter gegen euren Menschenhass, Extremismus und eure Gewalt kämpfen“.
    Mehr News:
    NSU ist die Abkürzung für die rechtsextremistische Terrorvereinigung „Nationalsozialistischer Untergrund“. Ihre Mitglieder töteten zwischen 2000 und 2007 mindestens neun Migranten und eine Polizistin. Die beiden NSU-Mitglieder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt wurden 2011 tot aufgefunden. Mitglied Beate Zschäpe sitzt lebenslang in Haft. 2018 wurden mehrere Drohschreiben mit der Unterschrift „NSU 2.0“ an Empfänger aus Deutschland und Österreich verschickt.
    https://www.derwesten.de/


    Politik Inland
    Behörden prüfen Entwaffnung von AfD-Mitgliedern

    AfD-Mitglieder in Sachsen-Anhalt, die einen Waffenschein besitzen, geraten verstärkt ins Visier der Behörden. Nun liegen Zahlen zu den ersten Verfahren vor.
    Von dpa
    03.01.2025
    Waffenbehörden prüfen die Zuverlässigkeit von AfD-Mitgliedern mit Waffenschein. (Symbolbild)Carsten Koall/dpa
    © Carsten Koall/dpa
    Die Behörden in Sachsen-Anhalt haben damit begonnen, einigen AfD-Mitgliedern den Waffenschein zu entziehen. Fünf AfD-Mitglieder haben bisher einen Widerrufsbescheid erhalten, ein weiteres hat die Erlaubnis aufgrund des Widerrufsverfahrens freiwillig zurückgegeben, wie das Innenministerium auf eine Anfrage der Linken im Landtag von Sachsen-Anhalt mitteilte. Insgesamt 51 Fälle werden derzeit geprüft.
    In Sachsen-Anhalt haben den Angaben zufolge insgesamt 74 AfD-Mitglieder eine Waffenbesitzkarte. 49 von ihnen sind Sportschützen, 25 sind Jäger. Insgesamt verfügen sie laut Innenministerium über 330 Schusswaffen, darunter 99 Pistolen und 231 Gewehre.
    Einschätzung des Verfassungsschutzes ist Grund für Überprüfungen
    Linken-Fraktionschefin Eva von Angern begrüßt die Verfahren. „Die ersten Widerrufsbescheide sind erlassen“, sagte von Angern der „Mitteldeutschen Zeitung“. „Das bedeutet, dass die Behörden nach individueller Prüfung davon ausgehen, dass von diesen Leuten Gefahr für Leib und Leben ausgeht.“
    Hintergrund der Prüfungen ist die Einstufung des Landesverbands der AfD sowie ihrer Jugendorganisation Junge Alternative (JA) als gesichert rechtsextrem durch den Verfassungsschutz. Infolgedessen sollen die Waffenbehörden des Landes bekannte Mitglieder von AfD und JA, die einen Waffenschein besitzen, genau prüfen.
    https://www.borkenerzeitung.de/


    Trump-Vize
    Vance mischt sich mit AfD-Aussage in Musk-Debatte ein – Diskussion um Wahrheitsgehalt

    Stand: 03.01.2025 Lesedauer: 2 Minuten
    Nun hat auch JD Vance auf Elon Musks Wahlempfehlung für die AfD reagiert. „Ich unterstütze keine Partei bei den deutschen Wahlen, denn es ist nicht mein Land, und wir hoffen, dass wir gute Beziehungen zu allen Deutschen zu haben“, schreibt Trumps Vize auf X.
    Quelle: WELT TV
    Das deutsch-amerikanische Verhältnis wird erneut auf die Probe gestellt. Denn nun polarisiert auch der designierte US-Vizepräsident J. D. Vance mit einer Aussage über die AfD.
    In die hitzige Debatte um die Äußerungen von Tesla-Chef Elon Musk mischt sich nun auch der designierte US-Vizepräsident J.D. Vance ein.
    „Ich unterstütze keine Partei bei den deutschen Wahlen, da es nicht mein Land ist, und wir hoffen, gute Beziehungen zu allen Deutschen zu haben“, schrieb Vance auf X und bezog sich auf einen Beitrag von Musk in der WELT AM SONNTAG, den er als „interessanten Artikel“ bezeichnete.
    Und weiter: „Auch interessant: Die amerikanischen Medien verleumden die AfD als eine Art Nazi light. Tatsächlich erfreut sich die AfD in denselben Gegenden Deutschlands größter Beliebtheit, die den Nazis den größten Widerstand leisteten.“ Welche Gegenden Vance damit meinte, ließ er allerdings offen.
    Unter dem Posting entwickelte sich eine Diskussion über den Wahrheitsgehalt der Aussage. Ein User bemerkte: „Dies ist eine Fehlinformation, die leicht zu widerlegen ist“. Andere Nutzer schrieben, dass es genau andersherum sei und bezogen sich auf ein Interview mit dem Historiker Davide Cantoni aus dem Jahr 2019. Darin heißt es: „Wo die NSDAP erfolgreich war, ist es heute die AfD. Das erklärt natürlich nicht den ganzen Wahlerfolg der AfD. Aber es ist ein wichtiger Faktor“.
    Musk hatte zuletzt in der Kritik gestanden, weil er in der Debatte um seine Aussagen in dem WELT AM SONNTAG-Beitrag Bundespräsident Steinmeier beschimpft und beleidigt hat. Seit der Hightech-Milliardär Elon Musk vom künftigen US-Präsidenten Donald Trump zu dessen Sonderberater gemacht wurde, fühlt sich der 53-Jährige berufen, die Politik verbündeter Regierungen in Europa aggressiv zu kommentieren, sich mit Wahlempfehlungen einzumischen und mit allen diplomatischen Regeln zu brechen.
    Lesen Sie auch
    Kontroverse
    Warum Elon Musk auf die AfD setzt – und warum er dabei irrt
    Unter anderem setzte er sich für die Freilassung des inhaftierten, rechtsradikalen britischen Aktivisten Tommy Robinson ein. Robinson befinde sich im Gefängnis, „weil er die Wahrheit gesagt hat“ und sollte „freigelassen werden“, schrieb Musk in der Nacht zum Donnerstag im Onlinedienst X. Mehrere Rechtsaußen-Politiker unterstützten die Forderung, darunter der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders.
    Der von Musk nun verteidigte Robinson ist ein rechtsradikaler Aktivist, der bereits mehrfach wegen Straftaten verurteilt wurde und derzeit eine 18-monatige Haftstrafe wegen wiederholter Missachtung der Justiz absitzt.
    kami mit dpa
    https://www.welt.de/


    Ostsee: Urlaub im AfD-Gebiet, nein Danke! Schaufelte sich der Osten sein eigenes Grab?

    Norddeutschland
    von Josephine Schultz
    02.01.2025 - 20:12 Uhr
    Ostsee-Urlauber berichteten, dass sie die Nordsee neuerdings AfD-geprägten Gebieten im Osten vorziehen…
    © IMAGO / BildFunkMV
    Es liegt ein turbulentes Jahr hinter uns, 2024 hatte es mächtig in sich. Natürlich gab es viele schöne Momente an der Ostsee, die nicht außen vor gelassen werden sollten – es hat aber auch ordentlich gekracht!
    Besonders das Thema „Urlaub an der Ostsee“ hat viele Menschen beschäftigt. Die Diskussion darüber spaltete die Gemüter. Denn für einige steht fest: In dieses AfD-geprägte Gebiet werden sie auf keinen Fall mehr reisen. Ein Streit, der für reichlich Gesprächsstoff sorgte und die Gemüter ordentlich erhitzte!
    Ostsee: Urlauber fühlten sich nicht willkommen
    In den sozialen Netzwerken wurde rege darüber diskutiert, ob Norddeutschland oder Ostdeutschland das bessere Urlaubsziel sei. Viele Urlauber gaben an, sich in Regionen unwohl zu fühlen, in denen die AfD mehr als 30 Prozent der Stimmen erhielt. Der Anstieg des Rechtsextremismus in Deutschland war längst kein Geheimnis mehr, und die letzten Europawahlen hatten dies damals deutlich gezeigt. Die Auswirkungen auf den Tourismus waren spürbar: Einige Urlauber berichteten von Veränderungen an verschiedenen Orten in Ostdeutschland und fühlten sich dort nicht mehr willkommen.
    Eine Frau, die mit einem schwarzen Mann verheiratet war, erklärte, sie hätten in Orten wie Rügen, Usedom und der Mecklenburgischen Seenplatte zwar die schöne Natur genossen, sich jedoch unwohl gefühlt. Die ganzen Blicke ließen sie fühlen wie „bunte Hude“. Viele Urlauber gaben an, sich in Regionen unbehaglich zu fühlen, in denen die AfD ziemlich stark vertreten ist. „Der Anteil der AFD Wähler ist mir einfach zu hoch. Ich weiß, dass es auch dort viele Menschen gibt, die anders denken. Aber ich habe das so für mich entschieden“, erklärte eine Frau.
    Ostsee: West gegen Ost
    Einige Urlauber berichteten von weiteren unschönen Erfahrungen in Ostdeutschland. „Wir haben in einem Ferienhaus mitten in einem Dorf nahe Anklam (MV) gewohnt. Zunächst wurden wir wegen unseres West-Autokennzeichens gemieden, doch später kamen wir mit den Einheimischen ins Gespräch und bekamen dabei auch einen Einblick in die Sorgen der Menschen im Osten“, teilte ein Urlauber seine Erlebnisse mit. Ein weiterer Urlauber sagte: „Wir machen keinen Urlaub mehr im Osten. Beim letzten Mal habe ich mich sehr unwohl gefühlt, besonders als St. Pauli-Fan.“
    Hier mehr News:
    Alice Weidel und Sahra Wagenknecht
    Weidel-Paukenschlag in Umfrage: AfD legt zu, BSW stürzt ab
    Massive Proteste gegen den AfD-Parteitag angekündigt.
    Bündnis stemmt sich gegen AfD: „Werden den AfD-Parteitag verhindern“
    Göring-Eckardt pocht nach "Correctiv"-Recherche auf ein Verbot der AfD.
    Nach Treffen in der Schweiz: Grünen-Spitzenfrau pocht auf AfD-Verbot
    Auch Urlauber, die die Ostsee-Regionen lange Zeit schätzten, entschieden sich, diese aufgrund der politischen Lage zu meiden. Eine Frau erklärte: „Ich fühle mich als Alleinreisende im Osten nicht mehr sicher und habe beschlossen, dort nicht mehr hinzureisen.“ Auch andere Urlauber entschieden sich, aufgrund des gestiegenen Anteils von AfD-Wählern in bestimmten Regionen, diese zu boykottieren. „Wir haben uns entschieden, künftig die Nordsee vorzuziehen“, sagte ein Mann, der zuvor in der Ostsee-Region Urlaub gemacht hatte.
    Ob sich diese Haltung ändern würde, blieb abzuwarten. Laut Statistik war die Ostsee jedoch im Jahr 2023 insgesamt noch beliebter als die Nordsee.
    https://www.moin.de/


    Allein gelassen mit Neonazis: Wie die Polizei in Magdeburg Journalisten grob gefährdete

    Anstatt die Pressevertreter vor Rechtsextremen zu schützen, ließ die Polizei sie im Stich. Ein erschreckender Einblick in Magdeburger Verhältnisse.
    Sebastian Leber
    Eine Kolumne 
    01.01.2025, 11:27 Uhr
    Stellen Sie sich vor, Sie sind Journalist und sollen über den Verlauf einer rechtsradikalen Demonstration berichten. Die Polizei hat Ihnen extra einen Platz zugewiesen, an dem Sie sich bitte aufhalten müssen. Doch plötzlich rennen die anwesenden Beamten, die Sie eigentlich beschützen sollen, einfach weg und lassen Sie alleine zurück – umzingelt von militanten Rechtsextremisten.
    Genau dies ist Samstagabend vorvergangener Woche in Magdeburg passiert, einen Tag nach dem Anschlag auf den dortigen Weihnachtsmarkt.
    Um nicht von der Terrortat und dem Leid der Opfer abzulenken, wollte ich zunächst ein paar Tage verstreichen lassen, bevor ich über diesen krassen Fall von Polizeiversagen berichte. An jenem Abend hat die Magdeburger Polizei die Presse im Stich gelassen und dabei die körperliche Unversehrtheit von Journalisten gefährdet. Und das Schlimmste: Dieses Verhalten ist wohl leider symptomatisch.
    Sebastian Leber Sebastian Leber ist Reporter des Tagesspiegels. Sie können ihn auf Bluesky unter @tieresindfreaks.bsky.social erreichen.
    Dass die Situation brenzlig werden könnte, wusste die Einsatzleitung der Polizei genau. Den ganzen Sonnabend über hatten gewaltbereite Rechtsradikale nach Magdeburg mobilisiert. Darunter Neonazis, AfD-Sympathisanten und Anhänger der rechtsextremen Partei „Die Heimat“ sowie ihrer Jugendorganisation „Junge Nationalisten“.
    Extremisten, die die Bundesrepublik und die Presse hassen
    Viele von ihnen hofften auf ein neues Chemnitz, also rechte Massenproteste, denen sich Teile der örtlichen Bevölkerung anschließen würden. Der Anschlag auf den Weihnachtsmarkt sollte instrumentalisiert werden, obwohl längst klar war, dass es sich beim Täter eben nicht um einen Islamisten, sondern im Gegenteil um einen Islamhasser und AfD-Sympathisanten handelte.
    Die Rechtsradikalen sammelten sich ab 18 Uhr an einem Platz südöstlich des Hauptbahnhofs. Gegenprotest gab es zunächst kaum. Wo man hinsah, standen gewaltbereite, teils vermummte Neonazis herum. Typen, die im Zweifel tatsächlich zuschlagen. Die teilweise Kampfsport trainieren und bereits wegen Kapitaldelikten verurteilt wurden. Extremisten, die die Bundesrepublik und deren Pressevertreter hassen.
    In einer solchen Situation ist unabhängige Berichterstattung nur dann möglich, wenn die Polizei ihrer Pflicht nachkommt und Übergriffe auf die Presse verhindert. In einem Rechtsstaat wie unserem ist dies eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Nicht so leider in Magdeburg.
    In Gegenwart der Polizei wären wir sicher, hofften wir
    Gemeinsam mit Kollegen anderer großer Medienhäuser sprach ich auf dem Platz einen Polizisten an und bat ihn um Schutz vor möglichen körperlichen Attacken. Er bejahte dies, bat uns jedoch eindringlich, im „Nahbereich“ seiner Einheit zu bleiben, denn die „Kräftelage“ der Polizei vor Ort sei „dünn“.
    52-Jährige stirbt im Krankenhaus Sechstes Todesopfer nach Anschlag in Magdeburg
    Eine Viertelstunde später änderte der Polizist seine Meinung plötzlich und forderte uns nun auf, seinen „Nahbereich“ zu verlassen. Stattdessen wies er die Pressevertreter an, sich an eine vorgegebene Stelle auf der östlichen Seite des Platzes zu begeben und von dort zu berichten.
    Dem kamen wir nach. Zwar warteten auch dort überall Rechtsextreme, doch zumindest waren sechs Polizeibeamte vor Ort. In deren Gegenwart wären wir sicher, hofften wir.
    Dies stellte sich bald als Fehleinschätzung heraus. Denn nach einigen Minuten rannten die Beamten unvermittelt davon und ließen die Journalisten im Stich.
    In Berlin wäre derartiges Polizeiversagen kaum möglich
    Die Polizei weist Pressevertretern also einen Platz mitten unter Neonazis zu und lässt sie anschließend allein zurück. Das nennt man: zum Fraß vorwerfen.
    In Berlin wäre ein derartiges Polizeiversagen kaum möglich. Dort wissen Einsatzleiter, dass Journalisten im Rechtsstaat vor körperlichen Übergriffen geschützt werden müssen, und handeln auch entsprechend.
    Dass ich selbst an diesem Abend nicht attackiert wurde, habe ich übrigens nicht der Polizei zu verdanken, sondern einer kleinen Gruppe Magdeburger AntifaschistInnen, die vor Ort war, um gegen den Aufmarsch der Rechtsextremen zu protestieren. In meiner Notlage ging ich direkt auf diese Menschen zu, erläuterte ihnen das Verhalten der Polizei sowie unsere Lage und fragte, ob sie bereit seien, mich und mehrere andere Vertreter bürgerlicher Medien zu beschützen. Sie waren es. Somit konnten wir uns in ihre Mitte stellen und von dort weiter unserer Arbeit nachgehen.
    Man muss sich das klarmachen: Die Aufgabe der Polizei, freie Berichterstattung zu ermöglichen, wurde in Magdeburg an diesem Abend nicht vom Staat geleistet, sondern von zumeist jungen Frauen und Männern, die sich antifaschistisch engagieren.
    Vermummte wurden nicht von der Polizei behelligt
    Andere Pressevertreter hatten nicht so viel Glück wie wir. Es gab zahlreiche Angriffe. Einem Fotografen wurde das Smartphone aus der Hand geschlagen. Beamte sahen es, griffen jedoch nicht ein. Die Neonazis spielten mit dem Gerät anschließend Fußball, auch hier reagierte kein Polizist.
    Die Beamten unternahmen auch nichts gegen „Ausländer raus“-Rufe oder dagegen, dass Teile der Rechtsextremen vermummt blieben. Selbst dann nicht, als diese Vermummten direkt neben ihnen standen. Immer wieder mussten sich Journalisten von Rechtsextremen beleidigen und bedrohen lassen. Der Fotograf, dessen Smartphone zerschmettert wurde, sagt: „Als Journalist warst Du komplett auf Dich allein gestellt.“
    Der Journalist Tim Mönch, der an diesem Abend ebenfalls vom Hasselbachplatz berichtete, beschreibt die Polizeiarbeit als „katastrophal“. Er sagt, die Einsatzkräfte hätten mit deutlich mehr Kräften vor Ort sein müssen und seien trotz der massiven Mobilisierung der Rechtsextremen schlecht vorbereitet gewesen: „Dass die völlig unterbesetzte Polizei nicht überrannt wurde und nicht deutlich mehr Menschen angegriffen wurden, war mehr Glück als Verstand.“
    Die Pressestelle der Polizei schweigt sich aus
    Ich möchte nicht unterstellen, dass das Verhalten der Magdeburger Polizei mutwillig erfolgte. Eher ist das Erlebte Beleg dafür, wie sehr die Gefahr des Rechtsextremismus in Teilen der Bundesrepublik noch immer nicht ernst genommen wird. Ich fürchte, es ist leider auch ein übler Vorgeschmack auf manches, was uns noch bevorsteht.
    Bezeichnend fällt dann auch die Krisenkommunikation der Polizeiinspektion Magdeburg aus. Eine Anfrage des Tagesspiegels, ob die Polizei an diesem Abend mit ausreichend Kräften vor Ort war, mag die Pressestelle nicht beantworten, da man grundsätzlich „keine Angaben zu Einsatztaktik bzw. Einsatzstärken“ mache.
    Und was ist mit den Attacken auf Journalisten sowie das Davonrennen der Beamten, die eigentlich Pressevertreter schützen sollten? Diese Sachverhalte seien der Magdeburger Polizei nicht bekannt, erklärt die Pressestelle.
    Nun ist es leider so, dass die Aggressionen gegen Migranten in Magdeburg seit dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt zugenommen haben. Ich habe Sorge, dass die Polizei hier ähnliche Prioritäten setzt wie am Abend der Proteste.
    Auf Anfrage des Tagesspiegels spricht die Inspektion von bislang vier Körperverletzungen gegen migrantisch wahrgenommene Personen, in zwei Fällen habe man die Tatverdächtigen identifizieren können.
    Heike Kleffner, die Geschäftsführerin des „Bundesverbandes der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt“, geht von deutlich höheren Zahlen aus. Sie sagt: „Aus der Erfahrung der letzten Jahre müssen wir davon ausgehen, dass die Zahlen der von der Polizei registrierten Angriffe nur einen Ausschnitt der rassistischen und rechten Bedrohungen und Angriffe widerspiegeln, die insbesondere Menschen of Color in Magdeburg seit dem fürchterlichen Anschlag erlebt haben.“
    Im statistischen Durchschnitt habe die Mobile Opferberatung in Magdeburg in den vergangenen Jahren mindestens einen rechts, rassistisch oder antisemitisch motivierten Angriff pro Woche registriert. Seit dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am 20. Dezember beobachte man „eine Eskalation von Rassismus und rechten Bedrohungen in Folge der Instrumentalisierung des Terroranschlags durch die extreme Rechte und die AfD – sowohl in Magdeburg als auch darüber hinaus.“
    https://www.tagesspiegel.de/


    AfD sei Gefahr für die Demokratie: Darum will Kasseler Rechtsprofessor Partei verbieten

    Stand: 31.12.2024, 16:26 Uhr
    Von: Matthias Lohr
    Der Kasseler Rechtsprofessor Andreas Fischer-Lescano sieht in der AfD eine Gefahr für die Demokratie und ist überzeugt: Ein Verbotsverfahren hätte Aussicht auf Erfolg.
    Kassel – Bei der Frage, ob die AfD verboten werden sollte, sind die Deutschen uneins. Laut einer Umfrage halten 42 Prozent ein Verbotsverfahren gegen die Partei für angemessen, 46 Prozent sind dagegen. Auch Politiker und Experten streiten über die Frage. Ein Befürworter eines Verbotsverfahrens ist der Kasseler Rechtswissenschaftler Andreas Fischer-Lescano (52). Wir sprachen mit dem Professor im Fachgebiet Just Transitions über den Umgang mit der AfD, die in Teilen als gesichert rechtsextremistisch und verfassungsfeindlich gilt.
    Kasseler Rechtsprofessor über die AfD
    Herr Prof. Fischer-Lescano, warum sollte die AfD verboten werden?
    Weil die AfD der Musterfall einer Partei ist, die die Kriterien der Verfassungsfeindlichkeit nach Artikel 21 des Grundgesetzes erfüllt. Die Mütter und Väter des Grundgesetzes haben bewusst ein Konzept der wehrhaften Demokratie entwickelt – aus den Erfahrungen der Weimarer Republik und des nationalsozialistischen Staatsterrors heraus. Verfassungsfeindliche Parteien stellen eine Gefahr für Menschenwürde, Freiheit, Demokratie und Rechtsstaat dar. Ihr Verbot ist daher möglich und kann unter Umständen sogar geboten sein. Wenn wir den Artikel 21 des Grundgesetzes nicht auf die AfD anwenden, dann können wir ihn gleich streichen.
    Schon länger sammelt eine Gruppe um den CDU-Bundestagsabgeordneten Marco Wanderwitz Unterstützung für einen Verbotsantrag. Zuletzt haben Grünen-Abgeordnete einen Antrag vorgestellt, laut dem erst einmal die Erfolgsaussichten eines Antrags sorgfältig geprüft werden sollten. Wieso ist das für Sie vergeudete Zeit, wie Sie in der „taz“ schrieben?
    Der Grünen-Antrag sieht vor, dass man erst einmal ein Gutachten einholt. Das wird Monate dauern. In der Zwischenzeit wird ein neuer Bundestag gewählt sein, die Mehrheitsverhältnisse werden sich verschieben, ein Antrag wird dadurch noch unwahrscheinlicher. Schon vom Zeitablauf ist der Antrag also nicht durchdacht. Zudem wird ein Gutachten inhaltlich keine neuen Informationen zutage fördern. In der Sache liegen die Fakten längst auf dem Tisch. Zivilgesellschaftliche Akteure und die Rechtsextremismusforschung haben sie bereits zusammengetragen. Dazu gibt es jede Menge Gerichtsurteile, die belegen, dass die AfD verfassungsfeindlich ist. Ein Gutachten würde nur dann Sinn machen, wenn man Einsicht in Akten des Verfassungsschutzes nehmen könnte. Das Innenministerium sagt jedoch, dass diese Informationen erst weitergegeben werden dürfen, wenn der Verbotsantrag beschlossene Sache ist. Ich halte das für eine rechtsirrige Auffassung. Trotzdem müsste man sich auch hier erst einmal durchsetzen.
    Gegner eines Verbotsverfahrens warnen vor den Gefahren eines solchen Schritts. Selbst der Verfassungsschutz stuft die Partei insgesamt nicht als gesichert rechtsextremistisch ein. Bislang ist sie nur ein Verdachtsfall. Und der Versuch, die NPD zu verbieten, ist gleich zweimal gescheitert. Sehen Sie diese Gefahren gar nicht?
    Natürlich gibt es Gefahren. Man darf sich nicht der Illusion hingeben, dass ein Verbotsantrag alle Probleme lösen würde, die die Gesellschaft mit Rechtsextremismus hat. Schon die Tatsache, dass ein Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht bis zu fünf Jahre dauern könnte, ist nicht zu unterschätzen. Andererseits kann man nicht sagen, dass ein AfD-Verbotsverfahren scheitern wird, weil ja auch die gegen die NPD gerichteten Verfahren nicht erfolgreich waren. Denn die Fälle sind doch sehr unterschiedlich. So ist das zweite NPD-Verbotsverfahren beispielsweise daran gescheitert, dass das Gericht in der Partei kein Gefährdungspotenzial sah. Die Wahlergebnisse waren also zu niedrig. Das ist bei der AfD ganz anders. Im ersten Verbotsverfahren waren die V-Leute das Problem. Es konnte nicht garantiert werden, dass keine V-Leute mehr in der Partei sind.
    „Bei der AfD wissen wir nur eins nicht: Wer sind die V-Leute?“
    Es konnte nicht ausgeschlossen werden, dass die Spitzel des Verfassungsschutzes die Radikalisierung der Partei vorangetrieben hatten.
    Der Staat hätte dann die Verbotsgründe selbst geschaffen. Die Gruppe Wanderwitz fordert darum, dass alle V-Leute abgezogen werden müssen. Das wird tatsächlich die entscheidende Frage sein, dass man diese sogenannte „Staatsfreiheit“ der AfD herstellt. Es gibt hier Anzeichen, dass die Partei bis in die Kader hinein mit V-Leuten besetzt ist. Die Kommunikation des Verfassungsschutzes ist an dieser Stelle auch widersprüchlich. So hatte man im Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster, in dem es um die Frage ging, ob die AfD als Verdachtsfall beobachtet werden kann, zwar eingeräumt, dass manche der vorgelegten Belege für den Rechtsextremismusverdacht von „menschlichen Quellen“ des Verfassungsschutzes herrührten. Das betreffe aber nur V-Leute, auf die es nicht im Verfahren ankomme. Das ist aber alles andere als stimmig: Wieso sollte die Behörde Belege vorlegen, auf die es gar nicht ankommt?
    Hat das Amt etwas zu vertuschen?
    Ich denke schon. Ich finde es jedenfalls sehr auffällig, dass das Oberverwaltungsgericht zentrale Personen der Führungsspitze der AfD in seinem Urteil gar nicht zitiert. Nehmen wir Tino Chrupalla. Er vertritt nicht nur die rassistische Theorie der „Umvolkung“, sondern sprach in diesem Zusammenhang auch von einem „Völkermord“ am deutschen Volk. Er ist maßgeblich daran beteiligt, die Äußerungen Björn Höckes zu normalisieren, indem er diesem bescheinigt, kein Rechtsextremist zu sein. Chrupallas Äußerungen als Bundesvorsitzender sind rechtlich von enormer Bedeutung, wenn es darum geht, ob wir es mit einzelnen Radikalen in einer ansonsten bürgerlichen Partei zu tun haben oder ob nicht doch die Partei als Ganze vom Rechtsextremismus durchsetzt ist – wovon ich überzeugt bin. Der Verfassungsschutz hatte im Verfahren Belege auch mit Äußerungen von Tino Chrupalla eingereicht. Das Gericht packt das Material aber nur mit ganz spitzen Fingern an. Und die Frage, die sich hier aufdrängt, ist: Warum zitiert das Gericht Tino Chrupalla nicht?
    Im November haben Sie mit 16 renommierten Kollegen einen Beitrag veröffentlicht, der zu dem Schluss kommt, dass ein Verbotsverfahren Aussicht auf Erfolg habe.
    Bei der AfD wissen wir nur eins nicht: Wer sind die V-Leute? Wir wissen einfach nicht, ob wir die Äußerungen von Tino Chrupalla vielleicht deshalb nicht vor Gericht verwerten können, weil er ein V-Mann ist. Alles andere wissen wir. Die AfD ist verfassungsfeindlich. Die Äußerungen ihrer Politiker belegen rassistische Diskriminierung und Islamfeindlichkeit. Die Partei geht von einem ethnisch-kulturellen Volksbegriff aus und agitiert mit strategischen Techniken wie dem „Metapolitik“-Ansatz gezielt gegen das Demokratieprinzip. Es ist ein offenes Geheimnis, dass der Verfassungsschutz längst ein neues Gutachten in der Schublade hat, in dem die Partei als gesichert rechtsextremistisch eingestuft wird. Das Amt weigert sich jedoch nun unter Berufung auf den Bundestagswahlkampf das Gutachten vorzulegen. Derzeit läuft eine Klage auf Offenlegung des Gutachtens, denn es gibt die Pflicht, neue Erkenntnisse zu präsentieren.
    „Es gibt viele Gefahren, die mit einem Verbotsverfahren verbunden sind“
    In Ostdeutschland ist die AfD vielerorts die stärkste politische Kraft. Besteht nicht die Gefahr, dass sich Millionen AfD-Wähler radikalisieren, wenn ihre Partei verboten wird?
    Es gibt viele Gefahren, die mit einem Verbotsverfahren verbunden sind. Es ist ein riskanter Weg. Die Wähler der AfD wären nach einem Verbot nicht einfach weg. Ich glaube aber, dass der Zulauf der Partei derzeit auch deshalb so groß ist, weil die Partei durch ihre Propaganda die Grenzen des Sagbaren immer weiter verschieben kann. Schon die Ankündigung eines Verbotsverfahrens würde Konsequenzen für den politischen Prozess haben. Es geht hier nicht darum, dass sich die anderen Parteien eines unliebsamen Konkurrenten entledigen. Es geht um den Schutz der Demokratie. Angesichts der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit der AfD müssen wir auch zeigen: Wir lassen die Menschen, die die AfD mit ihrer Politik angreift, nicht im Stich. Wir haben hier eine Schutzverantwortung.
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    Inwiefern kann ein juristisches Vorgehen der AfD nützen? Ein Beispiel ist das Urteil gegen den Björn Höcke, der die Nazi-Parole „Alles für Deutschland“ verwendete. Nicht mal viele Historiker wussten, dass die von der SA stammt und verboten ist. So gibt man Höcke die Chance, sich als Opfer zu inszenieren.
    Es gab schon vor fast zwanzig Jahren eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm, bei dem ein Jugendlicher verurteilt wurde, weil er die Parole benutzt hatte. Das Gericht argumentierte, er habe wissen müssen, dass die Parole als NS-Kennzeichen verboten ist. Dass Höcke als ehemaliger Geschichtslehrer behauptet, er habe das nicht gewusst, ist absurd. Ganz allgemein kann man feststellen: Rechtsextreme haben erkannt, dass das Recht ein wesentliches Relais für die Durchsetzung ihrer Demokratiefeindlichkeit ist. Das sehen wir auch in Polen und Ungarn. Dazu gehört, dass sich die AfD bei jeder Gelegenheit als Opfer eines angeblich diktatorischen Regimes inszeniert. Auch das Bundesverfassungsgericht wird diese Viktimisierung sicher zu spüren bekommen. Es wird heißen, dass Institutionen wie das Gericht in Karlsruhe politisch instrumentalisiert seien.
    Unabhängig von der Verbotsfrage: Wäre es nicht am allerbesten, wenn die anderen Parteien eine Politik machen würden, die die Probleme der Menschen lösen würde und dadurch eine höhere Akzeptanz fände?
    Das wäre in jedem Fall am besten. Wir müssen zeigen, dass sich die AfD gegen die Interessen der Bevölkerung richtet. Ihre gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit richtet sich ja nicht nur gegen die Menschen, die die AfD als nicht-deutsch bezeichnet. Sie richtet sich gegen Behinderte, gegen Frauen, gegen Menschen mit anderer sexueller Orientierung. Sie richtet sich gegen unsere Art zu leben. Und ihre Politikangebote führen uns näher an den Abgrund: Wer die Klimakrise leugnet, verschlimmert nur die Folgen. Wer Programme für Verbrennermotoren auflegen möchte, erschwert die Verkehrswende und provoziert den Verkehrskollaps. Wer Remigration im großen Stil betreiben will, wird ganze Wirtschaftssektoren zugrunde richten. Und auch der ÖPNV kommt nicht pünktlicher, wenn wir mehr Menschen abschieben. Wir werden die AfD nicht schnell wegregieren können. Aber ja, wir brauchen beides: Eine Politik, die die Sorgen der Menschen ernst nimmt. Und wir brauchen ein Verbotsverfahren, um dem rechtsextremen Spuk ein Ende zu machen und die Demokratie zu schützen.
    Sie sind Mitherausgeber von „Recht gegen rechts“, des jährlichen Berichts über rechtsextreme Tendenzen in der Rechtsprechung. Wie oft werden Sie bedroht, weil Sie auf die Gefahren durch den Rechtsextremismus hinweisen?
    Beschimpfungen und Bedrohungen sind leider eine mittlerweile gängige Form der politischen Auseinandersetzung. Es gibt Menschen, die zum Beispiel schreiben, dass für Leute wie mich die Konzentrationslager wieder eingerichtet werden sollten. Das führt aber doch genau zu der Frage, vor der wir stehen: Haben wir denn wirklich gar nichts aus unserer Geschichte gelernt? (Matthias Lohr)
    Seit 2022 Professor an der Universität Kassel: Im Fachgebiet Just Transitions forscht Andreas Fischer-Lescano zur nachhaltigen Transformation zu einer ökologisch und sozial gerechten Wirtschaft.
    Seit 2022 Professor an der Universität Kassel: Im Fachgebiet Just Transitions forscht Andreas Fischer-Lescano zur nachhaltigen Transformation zu einer ökologisch und sozial gerechten Wirtschaft. © Fischer, Andreas
    Das ist Andreas Fischer-Lescano
    Geboren: am 14. September 1972 in Bad Kreuznach
    Ausbildung: Studium der Rechtswissenschaft und Philosophie in Tübingen, Göttingen, Madrid und Frankfurt
    Karriere: Fischer-Lescano lehrte in Bielefeld und Bremen, eher er 2022 nach Kassel wechselte, wo er eine von vier Kernprofessuren für das neue „Kassel Institute for Sustainability“ übernahm.
    Sonstiges: 2011 wurde Fischer-Lescano bundesweit bekannt, weil er aufdeckte, dass der damalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg in seiner Dissertation abgeschrieben hatte. Heute sagt Fischer-Lescano: „Ich bin kein Plagiatsjäger.“ Er habe unterschätzt, was an Schmutz und Hass auf einen einprasselt.
    https://www.hna.de/


    Kein Geheimtreffen gegen Deutschland – wir waren trotzdem dabei

    Neue Rechte
    Mitte Dezember trafen sich AfD-Funktionäre mit Neonazis in der Schweiz, darunter Mitglieder von „Blood & Honour“. Das Treffen wurde beworben, aber zugleich von der Öffentlichkeit abgeschirmt. Unser Reporter schaffte es, dabei zu sein. Eine Überraschung bot sich im Nachklapp des Treffens.
    von Jean Peters , Tobias Ginsburg , Niclas Fiegert , Martin Böhmer
    27. Dezember 2024
    Der AfD-Bundestagsabgeordnete Roger Beckamp und die brandenburger Landtagsabgeordnete Lena Kotré sprachen auf einer Veranstaltung der Schweizer Neonazi-Gruppe „Junge Tat“. Collage: Ivo Mayr/CORRECTIV (Vorlage:picture alliance)
    Hören Sie hier eine eingelesene Fassung dieses Beitrags:
    An einem Samstagabend im Dezember, zwei Wochen vor Weihnachten, in der Schweizer Kleinstadt Kloten, wenige Autominuten vom Zürcher Flughafen entfernt. Mehrere junge Männer stehen rauchend auf einem Balkon des Restaurants „83NullZwei“ und schauen hinunter auf das umliegende Sportgelände. Es ist ruhig, nur im Hallenbad nebenan ziehen einige Rentner ihre Bahnen.
    Im Gastraum sind die Fenster beschlagen, die Wände dicht mit Topfpflanzen und Eishockey-Fotos behängt, professionell wirkende Filmkameras und Scheinwerfer wurden aufgestellt. Der Raum füllt sich, in erster Linie mit weiteren jungen Männern mit streng gezogenen Scheiteln, dazu ein paar junge Frauen mit Flechtfrisuren und einige ältere Besucher. Ein Typ im Thor-Steinar-Pullover bestellt an der Theke ein Bier und Kartoffelchips. Später werden noch Blätterteig-Häppchen gereicht.
    Kurze Anmoderation des Beisitzers der Jungen Alternative Baden-Württemberg, dann tritt der Hauptredner des Abends  nach vorne: Roger Beckamp, Abgeordneter für die AfD im Deutschen Bundestag. Die zweite Rednerin wird erst später eintreffen: Lena Kotré, frisch wiedergewählte AfD-Landtagsabgeordnete in Brandenburg. Ihr Flieger habe Schwierigkeiten gehabt, erklärt der Moderator.
    Beckamp und Kotré reden an dem Abend viel über „Remigration“. Der Begriff ist ein Klassiker unter den völkisch-rassistischen Tarnbegriffen, wie wir im Infokasten weiter ausführen. Beckamp empfiehlt jungen Aktivisten auch, sich mal in die Groß- oder Urgroßeltern einzufühlen: Wen würden sie wohl heute denn wählen, wie würden sie heute auf unser Land blicken? Alles klassische Themen der Neonaziszene. Beckamp betont mehrfach, die Veranstaltung sei kein Geheimtreffen – was in der Gaststube jedes Mal mit Lachern quittiert wird. Man habe nichts zu verbergen. Er hoffe auch, dass „das Ganze ins Netz gestellt wird“, der Mitschnitt des Abends.
    Verbotene, gewaltbereite Neonazi-Gruppen im Publikum
    Am Ende des Abends wird sich Kotré bei ihren „Schweizer Freunden“ bedanken, Roger Beckamp wird anschließend auf Social Media von einer „sehr netten Runde lauter (…) Schwiegersöhne” schwärmen, es seien „sehr angenehme, anständige, differenzierte, junge Leute“ da gewesen. Vor Ort wirbt er damit, Abgeordnete könnten Geld und Jobs verteilen, an Leute, die „in ihrer Freizeit andere Dinge“ täten, die dem politischen Vorfeld „nützen“. Im Publikum sitzen Mitglieder rechtsextremistischer Gruppen, wie der in Deutschland verbotenen „Blood-and-Honour“-Bewegung und der Schweizer Gruppierung „Junge Tat“. Die „Schwiegersöhne“ sind gewaltbereite, radikale Neonazis. Bundestagsmitglied trifft Rechtsextreme, angekündigt und angepriesen in Sozialen Medien, es soll alles offen wirken.
    Foto: recherche-nord, Bearbeitung: CORRECTIV
    Lars Brändlin organisierte das Schleusen am Parkplatz. Brändlin kandidierte für die AfD in Lörrach. Auf dem Parkplatz waren auch Mitglieder von Blood&Honour, Sektion Zürich. Foto: recherche-nord, Bearbeitung: CORRECTIV
    In diesem Artikel finden Sie einige Audio-Clips. Es sind Aufnahmen des Treffens in der Schweiz. Zu hören sind der AfD-Bundestagsabgeordnete Roger Beckamp und die brandenburgische Landtagsabgeordnete Lena Kotré während ihres Vortrags auf der Bühne und im Dialog nach dem Auftritt.
    Roger Beckamp spricht über die Finanzierung und die Vernetzung zwischen AfD und politischen Vorfeld-Gruppen.
    Für die Teilnahme musste man sich mit dem Bild eines amtlichem Lichtbildausweis anmelden, kurzer Videoanruf mit Gesinnungscheck inklusive. Eigentlich wollte die Runde im Rössli-Saal in Illnau-Effretikon zusammenkommen. Doch die Stadt verbot die Veranstaltung. Durch ein „Trickli“ habe die Veranstaltung trotzdem stattfinden können, schrieb die „Junge Tat“ im Netz. Unser Reporter hat erlebt, wie dieses „Trickli“ aussah: Manche der Teilnehmer wurden zu einem Parkplatz bestellt, von dort weiter gelotst oder in Autos zu dem ihnen bis dahin unbekannten Ort gebracht, dieses Mal organisiert von AfD-Mitgliedern aus Lörrach. Solche konspirativen Schleusungen haben in der Neonazi-Szene Tradition. Alles trotz des von Beckamp mehrfach betonten, nicht geheimen Charakters.
    CORRECTIV hat aber auch ein „Trickli“ auf Lager: Einer unserer Reporter hat verdeckt an dem Treffen teilgenommen.
    Gut ein Jahr ist seit dem Geheimtreffen in Potsdam vergangen, über das CORRECTIV berichtete und bei dem der Kopf der Identitären Bewegung, Martin Sellner, sein „Remigrationskonzept“ vorstellte, das in der Einladung als Masterplan angekündigt wurde. Sein Konzept bedeutet die massenhafte Vertreibung von Menschen aus Deutschland, darunter Geflüchtete und sogenannte „nicht-assimilierte Staatsbürger“. Mithilfe von „maßgeschneiderten Gesetzen“ und „Anpassungsdruck“ sollen diese aus dem Land gedrängt werden. Nach Sellners Vorstellung betrifft das bis zu „sechs Millionen“ Menschen.
    Der Grund, warum wir von CORRECTIV jetzt wieder detailliert über ein Treffen von Rechtsextremen berichten, ist: Das Gedankengut hat sich seither noch weiter verbreitet, der völkische Tarnbegriff „Remigration“ steht auf Wahlplakaten, ist in der Alltagssprache angekommen. Es ist das Trugbild einer völkischen „Vertrauensgemeinschaft“, aus der das mit willkürlicher Definitionsmacht ausgemachte Fremde vertrieben werden müsse, um ein angebliches Idyll des „Eigenen“ wiederherzustellen. Diese völkische Ideologie ist seit über 150 Jahren ein Wiedergänger in der deutschen Rechten. Heute propagieren die sogenannten Neuen Rechten und ihre Ideologen das Trugbild einer homogenen Gemeinschaft erneut, allerdings mit neuen Begriffen. Sie sagen nicht Rasse, sondern „ethnokulturelle Identität“, es heißt dort nicht Vertreibung, sondern „Remigration”.
    Eine Aufgabe von Journalismus ist, diese Verschiebungen dessen, was „sagbar“ ist, sichtbar zu machen und die Tarnbegriffe zu erklären. Dort zuzuhören und dabei zu sein, wo sich wichtige Akteure der sogenannten Neuen Rechten unbeobachtet vor zu kritischer Öffentlichkeit fühlen. Um nicht nur ihre Aussagen zu hören, sondern auch den Kontext zu verstehen: Wer sind die Zuhörer? Wie ordnen Redner ihre Aussagen selbst ein?
    Um an dem Treffen teilzunehmen, haben wir unseren Mitarbeiter eingeschleust. Die Journalisten des Medienkollektivs „Recherche Nord“ fotografierten die Schleusungsaktion auf dem Parkplatz, bevor unser Reporter an die Veranstaltungsstelle gebracht wurde. Lokale Antifaschisten wollten ursprünglich die Veranstaltung verhindern, standen aber dann den ganzen Abend in großer Gruppe in der Nähe des Veranstaltungsortes, um die Sicherheit unseres Reporters zu gewährleisten. Später fand noch ein Video-Call mit Roger Beckamp und seinem Mitarbeiter statt.
    AfD-Mann Beckamp in der Schweiz: „Was die CDU jetzt verspricht, ist nichts anderes als Remigration“, Kontré kontert, und sieht es als Schlüssel zur Wahlbeeinflussung.
    Auch hier, bei dem Treffen in der Schweiz, wird immer wieder Bezug auf den Tarnbegriff „Remigration“ genommen. Zu Beginn seines Vortrags erzählt Beckamp, der österreichische rechtsextreme Autor Martin Sellner habe Einfluss auf ihn gehabt. Beckamp sagt, man könne statt von „Remigration“ auch von Rückführung und Abschiebung in großem Stil sprechen. Auch eher weiche Aspekte zählten dazu, „Anreize“ wie Prämien in Dänemark beispielsweise. „Was die CDU jetzt verspricht, ist nichts anderes als Remigration“, sagt Beckamp auf der Bühne und zieht den Begriff damit von Sellners radikalen Definition weg, in der auch Staatsbürger vertrieben werden sollen.
    Kotré erwidert allerdings, für sie gehe der Begriff „ein bisschen weiter.“ Es gehe nicht nur um die Ausreisepflichtigen, sondern „auch diejenigen, die sich hier nicht an Recht und Gesetz halten, die allerdings schon die deutsche Staatsbürgerschaft erlangt haben.“ Ihre Logik: „Sie haben getäuscht, dass sie sich hier an die freiheitlich demokratische Grundordnung halten und damit kann man ihnen nach dem Staatsangehörigkeitsgesetz einfach mal die Staatsbürgerschaft wieder entziehen.“ Die volle Ausschöpfung der angeblichen gesetzlichen Möglichkeiten sei für sie „der volle Begriff der Remigration.“
    Fünf Minuten später sagt Kotré, theoretisch sei „Remigration“ aber auch „wieder der Schlüssel“, um unliebsame Wahlentscheidungen zu verhindern.
    Roger Beckamp und Lena Kotré diskutieren über „Remigration“.
    Lena Kotré über das Wahlrecht von Menschen mit Migrationshintergrund.
    „Remigration“ als vermeintliche Allround-Lösung.
    Beckamp erzählt von Kontinuität und seiner Herkunft, von seinem „Zusammenhang“, seinem Volk, „den Deutschen“. Kontinuität sei für ihn etwas „Eigenes“, auch für zukünftige Generationen. Kotré will eine privatisierte Abschiebeindustrie, will mithilfe von DNA-Proben und Sprachanalysen von Smartphones Regionen bestimmen lassen, aus der Geflüchtete vermeintlich stammen und sie dorthin abschieben. Der Moderator schlägt vor, die jungen Leute aus dem Publikum könnten beim „Kofferpacken“ helfen.
    CORRECTIV hat nach dem Treffen Beckamp und Kotré per E-Mail angeschrieben und sie unter anderem gefragt, wie der Kontakt zur Gruppe „Junge Tat“ zustande kam, ob ihnen die Teilnehmer der Veranstaltung bekannt waren und wie sie zu den Zielen der „Jungen Tat“ stehen. Antworten gab es nicht.
    „Die Angst vorm AfD-Verbot, die den Bundesvorstand rumtreibt“
    Während die Besucher der Klotener Gaststätte aufmerksam den Ausführungen von Kotré und Beckamp lauschen, wird in der AfD um eine ganz grundsätzliche Frage gestritten: Wie radikal darf und soll man auftreten? Zu den Vertretern eines radikalen Kurses gehört etwa Bundestagsmitglied Matthias Helferich, der dort „millionenfache Remigration“ propagiert und erst kürzlich den Verleger Götz Kubitschek in den Bundestag einlud. Maximilian Krah dagegen schreibt auf X, es sei unklug, sich mit Forderungen zu weit aus dem Fenster zu lehnen – mit Blick auf ein mögliches Verbotsverfahren.
    Lena Kotré über Sagbares, AfD-Verbot und den AfD-Bundesvorstand.
    Kotrés und Beckamps Besuch bei einer Schweizer Neonazi-Gruppierung ist eine klare Positionierung in dieser Streitfrage. Man dürfe sich nicht „künstlich distanzieren“, sagt Kotré später am Abend im Zwiegespräch. Es ergebe zwar „keinen Sinn“, den Holocaust zu verharmlosen oder Hitler zu verherrlichen. Aber „alles, was dadrunter ist, muss in meinen Augen sein: eben darüber zu sprechen, wie man sein eigenes Volk sieht. Und was man eben von seinem eigenen Volk fernhalten möchte.“ Denn das spreche die Wähler an. „Und die ganze Angst vorm AfD-Verbot. Das ist ja das, was gerade den Bundesvorstand auch umtreibt, ne? AfD-Verbot werden die so oder so beantragen, ob Roger und ich jetzt hier in der Schweiz sind oder nicht.“ CORRECTIV hat den AfD-Bundesverband gefragt, ob ihm das Treffen in der Schweiz bekannt war und wie er zur Teilnahme von Beckamp und Kotré steht. Die Anfrage blieb unbeanwortet.
    Roger Beckamp ist seit langem Verfechter eines „Remigrations“-Konzepts. Bereits vor dem Potsdamer Geheimtreffen sprach er in seinen Bundestagsreden von „millionenfacher Remigration“. Regelmäßig präsentiert er diese als Lösung für Wohnungsmangel. Im September vergangenen Jahres teilte er ein Video, in dem er von der Vertreibung auch deutscher Staatsbürger träumt: „Remigration jetzt! Remigration, und zwar millionenfach und gerne auch die Herrschaften, die sich besonders laut aussprechen und die im Zweifel alles Deutsche sind, die besonders laut sind, weil sie es ganz toll finden, dass alle, alle, alle, alle bleiben sollen — egal woher, egal warum.” Auch im Konzept von Martin Sellner würden Menschen, die Geflüchtete unterstützen, aus dem Land gebracht werden.
    Kotré machte im Brandenburger Landtagswahlkampf Schlagzeilen, als sie sogenannte Kubotans zur Selbstverteidigung verteilte, also einen spitzen Metallstab, der beispielsweise in der Schweiz als verbotene Waffe gilt. Kurz vor der Wahl im September, brachte Kotrés AfD-Fraktion in den brandenburgischen Landtag einen Entschließungsantrag ein, der unter anderem ein Betretungsverbot öffentlicher Veranstaltungen für „Asylantragsteller, Asylberechtigte, ukrainische Kriegsflüchtlinge“ und Weitere fordert.
    Banner-Aktionen, Sturmhauben, Waffenarsenale: Das ist die Schweizer Gruppe „Junge Tat“
    Das Bierglas des jungen Mannes ist längst geleert, als Beckamp die Motivation für sein politisches Engagement darlegt: Ihm gehe es um Kontinuität, „etwas Eigenes“, „mein Volk, die Deutschen“. Das sei seine Motivation. Die Möglichkeit von Kontinuität und deren konkrete Verkörperung in Personen. Personen wie den Menschen im Publikum. Dass die „Junge Tat“ von einer Sicherheitsbehörde als extremistisch angesehen werde, sage mehr aus über die Sicherheitsbehörden als über die „Junge Tat“.
    Tatsächlich wird die „Junge Tat“ von der Schweizer Bundespolizei Fedpol beobachtet, sechs Mitglieder wurden unter anderem wegen Rassendiskriminierung verurteilt, da sie laut Staatsanwaltschaft „die Ideologie des Nationalsozialismus verbreiteten und die Menschenwürde von Juden und dunkelhäutigen Menschen krass herabsetzten“. Bei Hausdurchsuchungen fand die Polizei beim Führungsmitglied Manuel Corchia und einem weiteren Mitglied Waffenarsenale, darunter Kalaschnikows, Pistolen, Schrotgewehre und Munition. Bei Onlinevorlesungen loggte er sich zum Geburtstag von Adolf Hitler als „Alles Gute A.H. 88“ ein, „Heil Hitler“ Rufe waren zu hören. Konkret störten sie eine queere Vorlesestunde für Kinder mit Rauchbomben, ein Mitglied schlug bei einer Corona-Demo einen am Boden liegenden Gegendemonstranten und sie inszenierten Provokationen wie das Hissen rechtsextremer Banner am Basler Bahnhof. Auf Fragen von CORRECTIV, unter anderem, was sich die Gruppe davon versprach, Kotré und Beckamp einzuladen, antwortete die „Junge Tat“ nicht.
    Foto: recherche-nord, Bearbeitung: CORRECTIV
    Zwei Mitglieder oder Anwärter von Blood&Honour, Sektion Zürich, bei der Schleusung auf dem Parkplatz. Foto: recherche-nord, Bearbeitung: CORRECTIV
    Auch das deutsche Bundesamt für Verfassungsschutz hat die „Junge Tat“ im Blick: Aufgrund von Vernetzungen der Gruppe nach Deutschland seien deren Aktivitäten für das Bundesamt relevant, heißt es auf CORRECTIV-Anfrage. „Zudem sind verschiedene Verbindungen der „Jungen Tat“ in die deutsche rechtsextremistische Szene bekannt. Vereinzelt mündeten diese bereits in gemeinsame Aktionen“, erklärt das Bundesamt.
    Beckamp stört sich an all dem offenbar nicht. Sein Eindruck von den Anwesenden, erklärt er in seiner Rede, sei „ganz anders als das Bild, was entworfen wird.“ Später sagt er, man brauche „immer Leute, die vorangehen“, „so wie Manuel hier, der sich total verbrannt hat für das Projekt.“ Gemeint ist Manuel Corchia, der die Veranstaltung mitorganisiert hatte – und bei dem mutmaßlich die Waffen gefunden wurden.
    Roger Beckamp erzählt von Kontinuität und „Eigenem“ – dem deutschen Volk.
    Roger Beckamp über politisches Vorfeld und „Junge Tat“-Aktivist Manuel Corchia.
    Roger Beckamp über Angriffe auf den CSD in Bautzen.
    Aber vor homophoben Aktionen warnt Beckamp eindrücklich, die halte er für „nicht sinnvoll“. Er erinnert an den Aufmarsch im sächsischen Bautzen im letzten Sommer, bei dem Neonazis mit Reichskriegsflagge gegen den gerade stattfindenden Christopher Street Day hetzten. Das habe er abgelehnt, sagt Beckamp, „weil es nachher so rüberkam, als wenn man gegen Homosexuelle sei.“ Damit stößt Beckamp allerdings bei seinem Publikum auf Widerspruch, wie in der Pause zu hören ist.
    Foto: recherche-nord, Bearbeitung: CORRECTIV
    Tobias Lingg (l.) und Marcel Schweizer (r.) von der Jungen Tat, umgeben von Blood&Honour Mitgliedern, auf dem Schleuser-Parkplatz. Foto: recherche-nord, Bearbeitung: CORRECTIV
    Das Potpourri völkisch-rechtsextremer Lieblingsthemen
    Hiervon abgesehen werden an dem Abend die Hauptthesen der völkischen Rechten heruntergespult. Es klingt ein bisschen wie eine KI-generierte Zusammenfassung rechtsextremer Lieblingsthemen, ein Portfolio der „neurechten“ Neonazi-Akademie in Schnellroda, garniert mit ausgesprochen altrechten Neonazi-Slogans:
    Lena Kotré behauptet, Migranten würden „uns das Land streitig machen“ wollen.
    Die Referenten sagen, Fremde wollten uns das Land wegnehmen, Frauen seien durch Migration besonders gefährdet, Linksextreme verdienten Geld mit Migration, Muslime bedrohten das Christentum, Ausländer wollten das Land übernehmen. Beckamp spricht vom „alliierten Bombenterror“, ein Teilnehmer befürchtet einen vermeintlichen „Bevölkerungsaustausch“, andere erkundigen sich nach Strategien, die Geburtenrate christlicher Akademikerpärchen zu steigern. Neuester Hit seit diesem Jahr: CORRECTIV, das Lügen-Netzwerk. Und das Wort „Remigration“ erscheint immer wieder als Allround-Lösung.
    Am Büchertisch neben dem Eingang verkauft ein Junge in Trachtenweste derweil Titel eines neofaschistischen Verlags aus Dresden. Auf Seite 62 eines Büchleins zu neoreaktionärer Ideologie steht: „Menschenrassen existieren, unterscheiden sich, ernsthafte Politik muss sich daran orientieren.“
    Allesamt Themen, die Beckamp schon zumindest in Teilen zuvor in seinen Kanälen verbreitete. Allesamt Themen, die in den Gerichtsverfahren zur Einschätzung der AfD als rechtsextremem Verdachtsfall, der Landesverbände als gesichert rechtsextremen Bestrebungen und nach Einschätzung von Verfassungsjuristen auch für ein Verbot der Bundespartei relevant seien.
    Streit in NRW-AfD: Roger Beckamps Kandidatur nur zum Schein?
    Und mehr noch: All das passiert im Kontext eines Streits der AfD in Nordrhein-Westfalen. Die Streitfrage: ob Beckamp auf einem oberen Platz der Wahlliste antreten darf. Was er noch gar nicht erzählt habe, sagt Beckamp ein paar Tage später unserem Reporter, der sich vor dem Treffen extra seinen Schnurrbart abrasiert hatte, in einem Zoom-Call: „Ich mache ja nicht weiter im Bundestag, das heißt, ich kandidiere nicht mehr.“ Was er da gerade mache, sei „nur um andere zu unterstützen, die auf die Liste sollen.“
    Bemerkenswert ist das auch deshalb: Fünf Tage zuvor hatte er sich über die vielen Lügen beschwert, die von Medien in die Welt gesetzt würden, er nannte das „entweder schlechte Arbeit oder bewusst bösartig.“ Hier sagt er nun: „Ich kämpfe gerade um die Liste. Aber das ist nur zum Schein.“
    Geheim ist das nun auch nicht mehr.
    Audio-Update, 27. Dezember, 21:45 Uhr
    Es wurde jeweils eine Änderung an den Audiofiles „Roger Beckamp und Lena Kotré diskutieren über ‚Remigration‘“ und „Lena Kotré über das Wahlrecht von Menschen mit Migrationshintergrund“ vorgenommen. Der Clip „Roger Beckamp und Lena Kotré diskutieren über ‚Remigration‘“, wurde um Kotrés Aussagen zu CDU und Remigration erweitert. Die Passage wurde aus dem Clip „Lena Kotré über das Wahlrecht von Menschen mit Migrationshintergrund“ (vorher: „‚Diese Leute wieder loswerden‘: Lena Kotré über ‚Remigration‘ und Wahlrecht von Menschen mit Migrationshintergrund“) entfernt, da sie nun in im Audiofile „Roger Beckamp und Lena Kotré diskutieren über ‚Remigration‘“ nachzuhören ist.
    ***
    Text und Recherche: Jean Peters, Tobias Ginsburg, Martin Böhmer, Niclas Fiegert
    Mitarbeit: Anna Kassin, Sven Niederhäuser, Marc Engelhardt, Tobias Hauswurz
    Redaktion: Anette Dowideit
    Faktencheck: Shammi Haque
    Fotos und Illustrationen: Recherche Nord, Ivo Mayr
    Kommunikation: Anna-Maria Wagner, Luise Lange-Letellier
    https://correctiv.org/


    Treffen aufgedeckt
    Diese Brandenburger AfD-Politikerin will politische Gegner ausbürgern!

    Erneut berichtet „Correctiv“ über ein Treffen von AfD-Vertretern mit Rechtsextremen. Lena Kotré (AfD) stellte dort ihre besonders radikalen Ideen vor!
    BK
    27.12.2024 16:18 Uhr
    Die Brandenburger AfD-Landtagsabgeordnete Lena Kotré war bei dem einschlägigen Treffen in der Schweiz dabei.
    dts Nachrichtenagentur/Imago
    Erneut hat das Mediennetzwerk „Correctiv“ eine Recherche zu einem Treffen von AfD-Politikern mit Vertretern rechtsextremer Gruppen veröffentlicht.
    Demnach hat sich ein Reporter von „Correctiv“ Zugang zu der Zusammenkunft am 14. Dezember in der Schweiz verschafft, auf der radikale Ideen zur Migrationspolitik diskutiert wurden. Zu den Anwesenden zählten laut Bericht Mitglieder der in Deutschland verbotenen rechtsradikalen Bewegung „Blood & Honour“ und der rechtsextremen Schweizer Neonazi-Gruppierung „Junge Tat“. Desweiteren seien Vertreter der Jungen Alternative Baden-Württemberg und der AfD Lörrach dabei gewesen. Namentlich werden im „Correctiv“-Bericht als Anwesende auch der AfD-Bundestagsabgeordnete Roger Beckamp und die brandenburgische Landtagsabgeordnete Lena Kotré genannt.
    Wichtigste Fragen & Antworten
    Abschiebung straffälliger eingebürgerter Deutscher
    Im Zentrum der Gespräche in einer Gaststätte in Kloten bei Zürich soll das Konzept der „Remigration“ gestanden haben. Es war vor gut einem Jahr schon einmal in den Schlagzeilen, als „Correctiv“ ein Geheimtreffen von AfD-Mitgliedern mit Rechtsextremen in Potsdam aufgedeckt hatte. Der österreichische rechtsextreme Autor Martin Sellner hatte das Konzept dort vorgestellt, das die massenhafte Vertreibung von Menschen aus Deutschland bedeutet. Darunter Geflüchtete und sogenannte „nicht-assimilierte Staatsbürger“.
    Der AfD-Bundestagsabgeordnete Roger Beckamp soll beim Treffen den anwesenden Mitgliedern der Neonazi-Gruppen Jobs bei den Abgeordneten ans Herz gelegt haben.
    Der AfD-Bundestagsabgeordnete Roger Beckamp soll beim Treffen den anwesenden Mitgliedern der Neonazi-Gruppen Jobs bei den Abgeordneten ans Herz gelegt haben.
    In der Schweiz hat nun Lena Kotré ihre Vorstellungen dazu erläutert, wie „Correctiv“ weiter berichtet. Sie habe sich dafür ausgesprochen, nicht nur Ausreisepflichtige abzuschieben, sondern „auch diejenigen, die sich hier nicht an Recht und Gesetz halten, die allerdings schon die deutsche Staatsbürgerschaft erlangt haben“, zitiert das Magazin die Politikerin. „Sie haben getäuscht, dass sie sich hier an die freiheitlich demokratische Grundordnung halten und damit kann man ihnen nach dem Staatsangehörigkeitsgesetz einfach mal die Staatsbürgerschaft wieder entziehen“, meint die AfD-Politikerin. Kotré spricht davon, sie „wieder loszuwerden“, wie in einem der Audio-Mitschnitte zu hören ist.
    Wer nicht in Kotrés Sinne wählt, soll gehen
    Als weiteres Mittel schlug Kotré vor, die „Abschiebeindustrie“ zu privatisieren und mithilfe von DNA-Proben die Herkunft von Menschen prüfen zu lassen. Auch mittels Sprachanalysen von Smartphones will sie Regionen bestimmen lassen, aus der Geflüchtete vermeintlich stammen und sie dorthin abschieben. Darüber hinaus erklärte Kotré, dass „Remigration“ auch „der Schlüssel“ bei Menschen sei, die etwas wählen wollten, was nicht im Sinne ihrer Ideale sei. Sie habe Sorge davor, was passieren könnte, wenn Menschen mit Migrationshintergrund beispielsweise ein Gesetz auf den Weg bringen könnten, das Schweinefleisch verbieten würde.
    Obwohl das Treffen in der Schweiz öffentlich beworben wurde, fand es unter strengen Sicherheitsvorkehrungen statt. Einige Teilnehmer wurden laut „Correctiv“ sogar von einem geheimen Treffpunkt zum Veranstaltungsort gebracht.
    https://www.berliner-kurier.de/


    Falschmeldungen und Hetze
    Wie Rechte die Todesfahrt von Magdeburg instrumentalisieren

    Am Freitagabend ist ein Mann auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt in die Menschenmenge gefahren.
    Anhören
    Schon kurz nach der tödlichen Amokfahrt von Magdeburg verbreiten Rechte und Rechtsextreme Falschmeldungen und instrumentalisieren die Tat. Nachdem bekannt wurde, dass der Tatverdächtige ein Islamfeind und AfD-Unterstützer war, kommen neue Behauptungen und Verschwörungs­erzählungen dazu. Auch Elon Musk mischt mit.
    Felix Huesmann
    21.12.2024, 11:07 Uhr
    In rechten und rechtsextremen Kreisen ist man nach der Todesfahrt auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt um Schadensbegrenzung bemüht. In der Nacht zu Samstag wurde bekannt, dass der Tatverdächtige Taleb A., ein Arzt und Psychiater aus Saudi-Arabien, der seit 2006 in Deutschland lebt, offenbar ein Islamfeind ist, der Angela Merkel den Tod wünschte und schon seit 2016 öffentlich seine Unterstützung für die AfD bekundete.
    „Das ist die Wahrheit über den saudi-arabischen Terroristen, der heute ein Auto in den Weihnachtsmarkt in Magdeburg gesteuert hat“, beginnt Naomi Seibt noch in der Nacht ein Video auf der Plattform X (ehemals Twitter), das bis zum Samstagmorgen schon mehr als 1500‑mal verbreitet wurde. Die 24‑Jährige aus Münster hat sich in den vergangenen Jahren nicht nur in Deutschland einen Namen als rechtsextreme Influencerin gemacht. Ihre Videos und Posts sind meist auf Englisch, richten sich an ein internationales Publikum. Für Ruhm und Reichweite sorgt vor allem, dass auch X‑Chef und AfD-Fan Elon Musk Seibts Videos an seine 208 Millionen Follower verbreitet und auf Posts der jungen Deutschen antwortet.
    Was also soll laut Seibt die Wahrheit sein über den mutmaßlichen Täter von Magdeburg? Nichts von dem, was die „Mainstream-Medien“ erzählten, passe zusammen, behauptet sie.
    21.12.2024, Sachsen-Anhalt, Magdeburg: Ein Polizist steht hinter einer Absperrung am Magdeburger Weihnachtsmarkt. Am Vorabend war ein Autofahrer in eine Menschengruppe gefahren. Es gab mehrere Tote und Verletzte. Foto: Jan Woitas/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
    Liveblog zur Amokfahrt in Magdeburg
    Am Tag nach der tödlichen Amokfahrt auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg sitzt der Schock tief. Erste Details zum Tatverdächtigen werden bekannt. Doch vieles ist noch unklar. Alle Entwicklungen im Liveblog.
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    Elon Musk erklärt Seibts Erzählung für „wahr“
    „Dieser Mann war ein Migrant, der nach Saudi-Arabien ausgeliefert werden sollte, aufgrund eines Antrags der saudi-arabischen Regierung selbst. Die deutsche Regierung hat das aber verweigert“, sagt Seibt. Dabei bezieht sie sich auf unbestätigte Angaben saudi-arabischer Twitter-Nutzer und Influencer. Seibt betont: „Das wäre nicht passiert, wenn die AfD an der Macht wäre.“ Grenzschließungen und Abschiebungen, wie von der AfD gefordert, hätten die Tat verhindert, behauptet sie.
    Dabei kam Taleb A. gar nicht als Asylbewerber nach Deutschland, überquerte auch nicht unerlaubt die deutsche Grenze. Aus Interviews, die A. vor einigen Jahren der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ und der „Frankfurter Rundschau“ gegeben hat, geht hervor, dass er im Jahr 2006 im Rahmen seiner Facharztausbildung nach Deutschland kam, anschließend als Arzt in Deutschland arbeitete und erst 2016 einen Asylantrag stellte, weil ihm im Falle einer Rückkehr nach Saudi-Arabien eine Tötung wegen seiner Abkehr vom Islam drohe. Aufgrund seiner Beschäftigung als Facharzt hätte A. jedoch wohl auch ohne den Asylantrag weiter in Deutschland leben können.
    Seibt verbreitet auch das Gerücht, A. könne insgeheim ein saudischer Agent gewesen sein, mit dem Auftrag, abtrünnige Saudis und Ex‑Muslime in Deutschland auszuspionieren. Ob das stimme, sei am Ende gar nicht relevant, erklärt die rechtsextreme Influencerin. Für sie ist klar: „Dieser Mann war ein Migrant, der nicht hier sein sollte. Das ist alles, was zählt.“ Zum Schluss des dreieinhalbminütigen Videos ruft Seibt dann noch zur Wahl der AfD auf.
    Weniger Stunden später antwortet Elon Musk mit nur einem Wort auf das Video: „Wahr“.
    Wer der Tatverdächtige Taleb A. ist
    Was Seibt beiseitezuwischen versucht: Taleb A. hatte in den vergangenen Wochen gleich mehrere ihrer Posts und Videos verbreitet, teilte ihre Ansichten zur Politik in Deutschland offenbar. Auch erklärte er über Jahre hinweg mehrfach seine Unterstützung für die AfD.
    Am Tag nach der Attacke blieb der Magdeburger Weihnachtsmarkt geschlossen.
    Todesfahrt in Magdeburg: Verdächtiger ist Islamkritiker und AfD-Fan
    Nach der Amokfahrt auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt steht die Stadt unter Schock. Einige glauben ganz schnell zu wissen, welche Motive der Todesfahrer hatte. Sie schüren Hass gegen Muslime. Doch der 50‑Jährige, den die Polizei festnahm, ist seit Jahren wegen islamfeindlicher und rechtsextremer Äußerungen aufgefallen.
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    A. gilt als prominente Figur innerhalb der Community saudischer Exiloppositioneller in Deutschland. Neben islamkritischen, islamfeindlichen und rechtsextremen Posts finden sich auf dem X‑Account des Tatverdächtigen Hinweise darauf, dass sich A. offenbar verfolgt gefühlt hat. Er äußerte regelmäßig heftige und äußerst wirr klingende Vorwürfe gegen andere Islamkritiker und Ex‑Muslime, außerdem gegen die deutsche Polizei. Auch kündigte er wohl schon 2023 auf X mögliche Gewalttaten als Vergeltung für eine angebliche Verfolgung saudischer Oppositioneller und Flüchtlinge durch Deutschland an, wie die „Welt“ berichtet.
    Im August 2024 postete er auf Arabisch: „Wenn Deutschland Krieg will, werden wir ihn haben. Wenn Deutschland uns töten will, werden wir sie abschlachten, sterben oder voller Stolz ins Gefängnis gehen.“
    Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet unter Berufung auf eine nicht näher genannte saudische Quelle, das Königreich Saudi-Arabien habe die deutschen Behörden wegen extremistischer Posts auf X vor A. gewarnt.
    Ablenkung und Verschwörungserzählungen von rechts außen
    Ähnlich wie Seibt argumentierten am Samstag auch AfD-Politiker und rechtsextreme Onlinemedien. Der Thüringer AfD-Landessprecher Stefan Möller schrieb auf X: „Klar, die Mainstreammedien bemühen sich natürlich, den Mörder von Magdeburg als AfD-Anhänger darzustellen. Aber wir erinnern uns schon, welche Politiker & Parteien ihn ins Land gelassen haben? Das wird nämlich perfiderweise nicht erwähnt.“
    Und das rechtsextreme österreichische Portal „Report24″ legt gar nahe, Taleb A. könne insgeheim auch ein Islamist sein, der sich bloß als Ex‑Muslim tarnt.
    Zahlreiche Einsatzkräfte waren am Freitagabend am Tatort in Magdeburg.
    Zahlreiche Einsatzkräfte waren am Freitagabend am Tatort in Magdeburg.
    Quelle: IMAGO/dts Nachrichtenagentur
    Instrumentalisierung und Falschmeldungen schon kurz nach der Tat
    Schon kurz nach der Tat – und lange bevor der Hintergrund des Tatverdächtigen bekannt wurde – hatten Rechte und Rechtsextreme am Freitagabend begonnen, Falschmeldungen über die Todesfahrt von Magdeburg zu verbreiten und sie für ihre politischen Zwecke zu instrumentalisieren.
    Als ein Video der Festnahme des Tatverdächtigen in den sozialen Medien kursierte, behaupteten rechte Aktivisten schnell, es handele sich bei dem Mann um einen Syrer. Der in Ungarn lebende und auch in Deutschland aktive Schweizer Rechtsextremist Ignaz Bearth verbreitete um 21.45 Uhr auf Telegram ungeprüft die Behauptung, die Tat sei von drei Syrern begangen worden, einer sei getötet, einer festgenommen worden, mit dem dritten gebe es gerade Schüsse in einem angrenzenden Einkaufszentrum.
    Nach Anschlag: Alex Franz zu aktuellen Entwicklungen
    22.12.2024, 09:06 Uhr
    Auch der ehemalige Polizist Sven Kleuckling, der seit 2016 zunächst vom Polizeidienst in Sachsen-Anhalt suspendiert und 2021 entlassen wurde, beteiligte sich auf der Kurzvideo­plattform Tiktok an der Verbreitung von Falschmeldungen. Es gebe fünf Täter, von denen drei auf der Flucht seien, behauptete er in einem Video – er habe das von Polizisten erfahren. Auch Kleuckling verbreitete die Falschmeldung von Schüssen im Einkaufszentrum. Sein Tiktok-Account mit mehr als 45.000 Followern wurde mittlerweile gesperrt. Kleuckling hatte vor seiner Suspendierung als Polizist Anfang 2016 behauptet, die Polizei habe in Sachsen-Anhalt die offizielle Anweisung erhalte, Straftaten von Ausländern nicht zu ahnden, und ist mittlerweile rechter Social-Media-Aktivist.
    Mehr zum Thema
    Ein Polizist steht hinter einer Absperrung am Magdeburger Weihnachtsmarkt. Am Vorabend war ein Autofahrer in eine Menschengruppe gefahren.
    Das Wichtigste in Kürze
    Amokfahrt in Magdeburg: Was wir über die Tat und den Verdächtigen wissen
    Das Standbild aus einem Video zeigt Polizisten bei der Festnahme einer tatverdächtigen Person am Weihnachtsmarkt in Magdeburg.
    „Die Hände auf den Rücken!“
    Video soll Festnahme des Verdächtigen in Magdeburg zeigen
    Ebenfalls schon kurz nach der Tat riefen Rechtsextreme zu einer Demonstration am Samstagabend in Magdeburg auf. Zahlreiche rechtsextreme Gruppen, sowohl aus dem Spektrum der sogenannten Neuen Rechten als auch klassische Neonazi-Organisationen teilten einen entsprechenden Aufruf. Die AfD-Jugendorganisation Junge Alternative ruft unterdessen schon am frühen Nachmittag zu einer Mahnwache in der Stadt auf.
    https://www.rnd.de/


    Weihnachtsmarkt in Magdeburg
    Rechtsextreme Desinformation über Anschlag

    faktenfinder
    Stand: 21.12.2024 19:46 Uhr
    Nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg haben Rechtsextreme in den sozialen Netzwerken zahlreiche Falschbehauptungen verbreitet. Auch internationale Akteure mischten dabei mit.
    Pascal Siggelkow, SWR
    Von Pascal Siggelkow, ARD-faktenfinder
    Fünf Täter, eine angeblich auf dem Weihnachtsmarkt deponierte Bombe, und vermeintlich 34 Tote: All diese Behauptungen wurden bereits kurz nach dem Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt in Magdeburg in den sozialen Netzwerken verbreitet. Und alle sind nach jetzigem Stand der Ermittlungen falsch.Allen voran von rechtsextremen Kreisen aus wurde schnell versucht, die Tat politisch zu nutzen und die Stimmung durch Falschbehauptungen zu befeuern. Ganz vorne mit dabei der rechtsextreme Österreicher Martin Sellner, der unter anderem in seinem Telegramkanal zahlreiche Posts zu Magdeburg verfasste, noch bevor überhaupt Informationen von offiziellen Stellen veröffentlicht worden sind.Falsche Angaben zur Herkunft des Täters Sellner und auch viele weitere Akteure aus dem rechten Spektrum behaupteten beispielsweise direkt nach der Tat, dass es sich bei dem mutmaßlichen Täter um einen Syrer gehandelt habe. Von einigen Accounts wurde dabei das Bild gezeichnet, dass es sich um einen Geflüchteten gehandelt habe, der im Zuge der Asylkrise 2015/16 nach Deutschland gekommen sei. Auch reichweitenstarke Kanäle aus dem Ausland mit rechter Agenda übernahmen dieses falsche Narrativ, um gegen den Islam und die Politik der früheren Bundeskanzlerin Angela Merkel zu hetzen.Dabei gab die Polizei gestern Abend bekannt, dass es sich bei dem festgenommenen Tatverdächtigen um einen 50-jährigen Mann handelt, der aus Saudi-Arabien stammt und 2006 nach Deutschland kam. In Sachsen-Anhalt soll er zuletzt als Arzt im Fachbereich der Psychotherapie gearbeitet haben.Nach bisherigen Erkenntnissen sei er den Behörden nicht als Islamist bekannt gewesen. Seit 2016 hat er den Asylstatus als politischer Flüchtling. Nach eigenen Angaben soll er sich bereits Ende der 1990er-Jahre vom Islam losgesagt haben und gilt als Oppositioneller zum saudi-arabischen Königshaus.Auf dem mutmaßlichen X-Account des Tatverdächtigen sind sowohl islamfeindliche Inhalte zu finden als auch Posts, die sich explizit gegen Merkel und ihre Asylpolitik wenden. "Merkel müsste den Rest ihres Lebens im Gefängnis verbringen als Bestrafung für ihr kriminelles Geheimprojekt, Europa zu islamisieren", heißt es in einem Post von ihm.
    Kerzen und Blumen am offiziellen Trauerort vor der Johanneskirche in Magdeburg
    Player: videoAuto rast in Menschenmenge auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
    21.12.2024
    Nach Anschlag auf Weihnachtsmarkt
    Fünf Tote, 200 Verletzte - Magdeburg trauert
    Ministerpräsident Haseloff kündigte eine umfassende Aufarbeitung der tödlichen Attacke in Magdeburg an. mehr
    Ängste schüren mit FalschbehauptungenSellner und Co. verbreiteten zudem auch weitere alarmierende Inhalte, demzufolge es sich nicht bloß um einen Täter gehandelt habe. So teilte er unter anderem eine Grafik, in der es heißt, dass es fünf Täter gegeben habe, wovon drei noch auf der Flucht seien. "Es ist wohl noch mehr geplant", heißt es dort, um Ängste zu schüren. Zudem ist von einer Bombe die Rede, welche auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg platziert worden sei. All das widerspricht den offiziellen Erkenntnissen.Nach Angaben von Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff handelte sich nach jetzigem Ermittlungsstand um einen Einzeltäter. Für die Stadt gehe nach aktuellem Ermessen keine weitere Gefahr aus.
    Polizisten stehen in Bernburg vor einem Mehrfamilienhaus, das in Zusammenhang mit dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg stehen soll.
    liveblog
    22.12.2024
    Anschlag in Magdeburg
    ++ Taleb A. erhielt eine Gefährderansprache ++
    Die Entwicklungen zum Anschlag in Magdeburg im Liveblog. mehr
    Übertreibung der OpferzahlenEbenfalls bereits kurz nach Bekanntwerden der Tat überboten sich die Akteure mit den Angaben zu den getöteten Menschen. So schrieb ein AfD-Abgeordneter noch am Abend, dass es elf Tote gegeben habe. Auch mehrere Medien hatten diese Zahl zwischenzeitlich verbreitet. Sellner schrieb in einem Post sogar von 34 Toten. Auch das deckt sich nicht mit den offiziellen Angaben.So hieß es am Freitagabend von der Polizei, dass es zwei Tote und mindestens 60 Verletzte gegeben habe. Am Samstag ist die Zahl auf fünf Tote und mindestens 200 Verletzte gestiegen.Ebenfalls von rechtsextremen Accounts wurden alte Videos im falschen Kontext erneut hochgeladen. So wurden unter anderem Videos von den Feiern syrischer Geflüchteter in Deutschland nach dem Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad neu hochgeladen mit der Behauptung, die Menschen würden den Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg zelebrieren.
    Ein Polizist läuft über den abgesperrten Weihnachtsmarkt in Magdeburg
    Player: videoWeihnachtsmarkt-Attacke in Magdeburg
    21.12.2024
    Anschlag auf Weihnachtsmarkt
    Eine Stadt unter Schock
    Nach dem Anschlag in Magdeburg auf einen Weihnachtsmarkt besuchen Bundeskanzler Scholz und Innenministerin Faeser den Tatort. mehr
    Falsches Zitat von SteinmeierIn den sozialen Netzwerken verbreitete sich zudem ein angebliches Zitat vom Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier. In dem vermeintlichen Post des Bundespräsidenten auf X heißt es, dass es jetzt wichtig sei, "die tatbegehende Person nicht zu denunzieren und sich ruhig und geduldig die Gründe anzuhören". Weiter steht in dem Post: "Offene Grenzen tragen zur Sicherheit bei."Viele Menschen teilten den Screenshot des Posts mit wütenden Worten in Richtung des Bundespräsidenten und der Regierung. Dabei handelt es sich in Wahrheit jedoch nicht um den offiziellen Account von Steinmeier, sondern um einen Satire-Account. Der Post wurde inzwischen gelöscht. Dennoch verbreitet sich der Screenshot von dem Posting weiter.Auf seinem offiziellen Konto bei Instagram hatte Steinmeier unter anderem geschrieben, dass seine Gedanken bei den Opfern und ihren Angehörigen sind und er sich bei allen Rettungskräften für ihren Einsatz bedankt.Auch anti-israelische Kreise mischen mitDass Ereignisse wie Anschläge in den sozialen Netzwerke direkt für politische Ziele missbraucht werden und dabei auch mit Falschbehauptungen befeuert werden, ist eine klassische Methode von Desinformation. Während rechtsextreme Kreise die Tat von Magdeburg instrumentalisieren, um gegen den Islam und Geflüchtete zu hetzen, gibt es auch weitere Beispiele von anderen Gruppierungen.So hieß es in einigen anti-israelischen Kreisen direkt nach dem Anschlag, dass es sich dabei um eine sogenannte False-Flag-Aktion des israelischen Geheimdienstes gehandelt habe, um angeblich die Unterstützung des Westens für Israel wieder zu stärken, in dem die Tat einem Islamisten zugeschrieben würde.In türkisch-nationalistischen Kreisen wiederum verbreiteten Accounts die Falschbehauptung, dass kurdische Milizen hinter dem Anschlag stecken würden, als Antwort auf Deutschlands angebliche Unterstützung für die Türkei in Syrien.
    Polizisten untersuchen den Tatort auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg
    Player: videoKolja Schwartz, SWR, zum Ablauf der Ermittlungen und Zuständigkeiten im Terrorfall
    hintergrund
    21.12.2024
    Anschlag auf Weihnachtsmarkt
    Wer ermittelt zur Tat in Magdeburg?
    Nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg laufen jetzt die Ermittlungen. Wer ist für was zuständig? mehr
    Quellen prüfen in sozialen Netzwerken Nach Amokfahrten, Anschlägen oder schweren Unfällen werden eigentlich immer Falschmeldungen in den sozialen Netzwerken gestreut. Das liegt unter anderem daran, dass solche Situationen erst einmal nicht eindeutig sind, Menschen schnell nach Informationen und Orientierung suchen - und oft viele Bilder oder Videos von vermeintlichen Augenzeugen im Umlauf sind. Das wird immer wieder ausgenutzt, um gezielt zu desinformieren.Um Desinformation zu identifizieren, gibt es kein Patentrezept. Grundsätzlich ist die Quelle ein wichtiger Indikator dafür, ob Bilder oder Informationen vertrauenswürdig sind oder nicht. So gelten Nachrichtenagenturen wie beispielsweise dpa, AFP oder AP als vertrauenswürdige Quellen, da sie das Material vor der Veröffentlichung prüfen. Nach Anschlägen wie in Magdeburg sind mit Blick auf Opferzahlen oder Angaben zum mutmaßlichen Täter offizielle Stellen wie die Polizei als Quelle relevant.

    Dieses Thema im Programm:
    Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 21. Dezember 2024 um 13:14 Uhr.
    https://www.tagesschau.de/

    Rechtsextremismus in Berlin
    : Angriff auf SPD durch Neonazis – so erlebte ein Opfer die Tat

    Berliner SPD-Kommunalpolitiker wurden von Rechtsextremen angegriffen. Dabei kam es zu heftigen Schlägen und Tritten. Ein Opfer der Tat schildert die Erlebnisse.
    18.12.2024 um 09:49 UhrBerlin
    Ein Artikel von
    dpa
    Neonazis haben einen Wahlkampfstand der SPD in Berlin angegriffen. Mit Tritten und Schlägen gingen sie auf die Politiker los. Erst das Auftauchen der Polizei ließ sie aufhören. So erlebte ein Opfer den Angriff. (Symbolbild)
    Fabian Sommer/dpa
    Nach dem Angriff von Neonazis auf SPD-Politiker in Berlin hat eines der Opfer von etwa 20 beteiligten Rechtsextremisten von einer sehr brutalen Attacke gesprochen. „4 haben auf den Genossen am Boden eingeschlagen, und dann waren da noch etwa 15 weitere. Es waren viele“, sagte die SPD-Fraktionsvorsitzende in der Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf, Carolyn Macmillan, dem „Tagesspiegel“.
    Mit anderen SPD-Bezirkspolitikern habe sie am Samstagmittag, 14. Dezember 2024, ihren Wahlkampfstand am S-Bahnhof Lichterfeld Ost abgebaut und mit dem Bus nach Hause fahren wollen. „Irgendjemand zog plötzlich erst dem Parteigenossen und dann mir die Mütze vom Kopf“, sagte Macmillan weiter. Ihr Kollege habe sich für sie eingesetzt und laut geschrien.
    AfD in Brandenburg
    :
    Verfassungsschutz plante wohl Hochstufung
    Potsdam
    Angriff auf SPD in Berlin – Neonazis ließen ab, als Polizei kam
    „Daraufhin ist er dann von mindestens drei Personen aus dem Menschenpulk herausgezogen worden. Er wurde zur Seite gedrängt und geschubst, es wurde auf ihn eingeprügelt. Dann lag er am Boden und die Männer traten und schlugen mit den Fäusten weiter auf ihn ein. Es waren vier Männer, die prügelten“, sagte die Kommunalpolitikerin.
    Auch sie sei getreten oder geschubst worden und auf den Boden gefallen. „Für mich ging das eine Ewigkeit und keiner hat eingegriffen. Ich habe nur gedacht, um Himmels willen, warum unterbricht nicht jemand dieses Szenario? Ich wollte nicht, dass er stirbt“, beschrieb Macmillan die Ereignisse.
    „Die Neonazis ließen dann von ihm ab, wohl weil sie irritiert waren, dass plötzlich Polizei da war. Doch dann wandten sich die Männer gegen die Polizisten“, sagte sie. Es tut ihr wahnsinnig leid, dass auch die Polizisten etwas abbekamen. „Und ich bin ihnen sehr dankbar, dass sie sich für uns eingesetzt haben.“
    Nach der Wahl in Brandenburg
    :
    MOZ+Mehr Rechtsextreme im neuen Landtag
    Potsdam
    Angriff auf SPD in Berlin – Festnahmen und rechtsextreme Motive
    Die Polizei nahm nach dem Angriff vier junge Neonazis fest, drei von ihnen sitzen in Untersuchungshaft. Der vierte Verdächtige im Alter von 19 Jahren wurde von der U-Haft verschont. Die Staatsanwaltschaft teilte mit, die Männer sollen aus mutmaßlich rechtsextremen Motiven gehandelt haben.
    Die Gruppe reiste demnach aus Halle in Sachsen-Anhalt nach Berlin, um an einer rechtsradikalen Demonstration nahe dem Ostkreuz teilzunehmen. Nach Informationen des „Tagesspiegels“ sind sie in einer Gruppe mit dem Namen „Deutsche Jugend zuerst“ organisiert, entstanden im Frühsommer. Es gebe Verbindungen zu anderen jungen Neonazi-Gruppen in Berlin mit den Namen „Deutsche Jugend voran“ und „Jung und Stark“, gezielt fahre man zu Demonstrationen gegen Links, auch um gewalttätig zu werden.
    Verfassungsschutz: Junge Neonazis planen Gewalt gegen Gegner
    Zuletzt Mitte November hatte die Berliner Senatsinnenverwaltung und der zugehörige Verfassungsschutz vor einer neuen rechtsextremen Jugendbewegung gewarnt. Die Neonazi-Demonstration vom Samstag wurde schon damals als gezielte Provokation gegen die linke und linksextreme Szene gewertet, wie Innen-Staatssekretär Christian Hochgrebe (SPD) sagte. Es sei eine „weitere Aktion junger und durchaus auch gewaltaffiner Personen einer neuen rechtsextremistischen Internet-Jugendkultur“.
    Hochgrebe sprach von einer „neuen Dynamik“ im Rechtsextremismus. Die Organisationen würden gezielt vor Schulen um neue Mitglieder werben. Seit dem Frühjahr würden vor allem junge, männliche und gewaltnahe Rechtsextremisten im Internet immer neue Gruppen gründen, das sei ein bundesweites Phänomen.
    Diese virtuellen Vernetzungen in bekannten Internetportalen wie Tiktok, Instagram und Telegram würden schnell zu organisierten Aktionen in der realen Welt führen. Viele davon seien gegen politische Gegner gerichtet. „Es geht diesen Gruppen stark um gezielte Provokation, die auch körperliche Übergriffe gegen die definierten Feindbilder einschließen.“ Berlin sei ein Schwerpunkt.
    https://www.moz.de/


    Update Prozess zu rechten Anschlägen in Berlin-Neukölln: Neonazis wegen Brandstiftung zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt

    Im Prozess wegen Brandstiftungen auf Autos politischer Gegner wurden zwei Neuköllner Neonazis zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Das Berliner Landgericht hob damit ein Urteil aus erster Instanz auf.
    Von Madlen Haarbach
    12.12.2024, 18:55 Uhr | Update: 13.12.2024, 09:51 Uhr
    Im Berufungsprozess wegen zweier Brandanschläge in Neukölln und weiterer Straftaten hat das Berliner Landgericht zwei Neonazis zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Das Gericht hob zudem die rechte Gesinnung der Angeklagten hervor. Diese habe für die Taten eine wesentliche Rolle gespielt. „Das waren politische Straftaten“, sagte die Vorsitzende Richterin, Susann Wettley, bei der Urteilsbegründung.
    Den früheren NPD-Kader und polizeibekannten Neonazi Sebastian T. verurteilte das Gericht unter anderem wegen zweifacher Brandstiftung zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von drei Jahren und sechs Monaten. T. wurde zudem wegen Betrugs in fünfstelliger Höhe, Störung des öffentlichen Friedens, Bedrohung, Beleidigung und Sachbeschädigung in 18 Fällen verurteilt.
    Seinen Mitangeklagten, den früheren AfD-Politiker Tilo P., verurteilte das Gericht ebenfalls wegen zweifacher Brandstiftung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten. Den Haftbefehl gegen ihn, den die Staatsanwaltschaft wegen einer fehlenden Wohnanschrift und Fluchtgefahr beantragt hatte, lehnte das Gericht ab. Da das Urteil noch nichts rechtskräftig ist, bleiben beide bis zur Vollstreckung zunächst auf freiem Fuß.
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    Das Gericht hebt mit dem Urteil einen Richtspruch aus erster Instanz auf. Das Amtsgericht hatte die beiden Angeklagten mit Blick auf die Brandstiftungen im Februar 2023 freigesprochen.
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    Der mehrfach einschlägig vorbestrafte Sebastian T. war damals wegen der übrigen Anklagepunkte zu einer Haftstrafe in Höhe von eineinhalb Jahren ohne Bewährung verurteilt worden, gegen Tilo P. hatte das Amtsgericht eine Geldstrafe in Höhe von 150 Tagessätzen zu je 30 Euro verhängt. Gegen das Urteil hatten sowohl die Generalstaatsanwaltschaft als auch die Verteidiger Berufung eingelegt.
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    Führt man die Indizien zusammen, besteht kein Zweifel daran, dass die Taten wie festgestellt begangen wurden.
    Vorsitzende Richterin Wettley bei der Urteilsbegründung
    Was die Hauptanklagepunkte der Brandstiftung angeht, begründete die Richterin ihre Entscheidung damit, dass es auch ohne unmittelbare Tatzeugen eine Reihe objektiver Beweismittel gebe, vor allem aus abgehörten Chats, Telefonaten und persönlichen Äußerungen der Angeklagten. „Führt man die Indizien zusammen, besteht kein Zweifel daran, dass die Taten wie festgestellt begangen wurden“, sagte Richterin Wettley bei der Urteilsbegründung am Donnerstag.
    Mit Blick auf rechtsextreme Sticker und Plakate hob die Richterin das Urteil des Amtsgerichts aus der ersten Instanz teilweise auf, weil die Urheberschaft und auch der Tatbestand der Sachbeschädigung nicht immer klar nachweisbar gewesen sei.
    Auch das ursprünglich verurteilte Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verneinte das Gericht in mehreren Fällen. In den übrigen Anklagepunkten der Sachbeschädigungen, gesprühten Morddrohungen und den Betrugsdelikten folgte das Landgericht weitgehend dem Urteil des Amtsgerichts.
    Staatsanwältin forderte Haftbefehl für Tilo P.
    Im Berufungsprozess hatte die Generalstaatsanwaltschaft für die beiden Hauptangeklagten mehrjährige Haftstrafen gefordert. Für Sebastian T. forderte die Generalstaatsanwaltschaft eine Haftstrafe in Höhe von vier Jahren. Der Prozess habe belegt, dass T. die Autos des Linken-Politikers Ferat Koçak sowie des Buchhändlers Heinz Ostermann in der Nacht zum 1. Februar 2018 in Brand gesetzt habe, sagte eine der beiden Staatsanwältinnen in ihrem Plädoyer.
    Für Tilo P. hatte die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe in Höhe von drei Jahren und sieben Monaten gefordert. Zudem beantragte sie die Ausstellung eines Haftbefehls, da P. im Gegensatz zu T. keine feste Wohnanschrift vorweisen könne und damit eine positive Sozialprognose fehle. Außerdem bestehe Fluchtgefahr.
    Die Beweislage ist so eindeutig, dass eine Verurteilung unausweichlich ist.
    Lukas Theune, Nebenklagevertreter
    P. hat nach Auffassung des Gerichts bei den beiden angeklagten Brandstiftungen Schmiere gestanden. Allerdings verurteilte das Gericht beide Angeklagte wegen gemeinschaftlicher Delikte: „Das Anzünden ist ohne das Schmierestehen nicht zu denken“, sagte Wettley.
    Die Staatsanwaltschaft hatte beantragt, die Strafen für die angeklagten Delikte mit einer Strafe aus einem Urteil wegen einer rassistischen Attacke auf einen Taxifahrer zusammenzuführen. Dem folgte das Gericht.
    Zur Begründung führten die beiden Staatsanwältinnen aus, dass es zwar keine Zeug:innen oder objektiven Beweise für die Brandstiftungen gebe. Allerdings gebe es unzählige Indizien: Unter anderem habe der Angeklagte P. mehrfach gegenüber Polizisten geäußert, dass ja „jeder weiß, wer die Brände legt, man kann es T. nur nicht beweisen“.
    Sebastian T. (l.) und Tilo P. waren unter anderem wegen schwerer Brandstiftung angeklagt. © Frank Jansen TSP
    In mehreren abgehörten Telefonaten äußerte P., er habe „nur Schmiere gestanden“ und er wolle „T. nicht in die Pfanne hauen“. Zudem sei ausführlich dokumentiert, dass die beiden Angeklagten insbesondere den Betroffenen Koçak intensiv ausgespäht und verfolgt hatten.
    Der Vertreter der Nebenklage, Lukas Theune, stellte keine eigene Forderung für ein Strafmaß. „Die Beweislage ist so eindeutig, dass eine Verurteilung unausweichlich ist“, sagte er in seinem Plädoyer. Das Urteil des Berliner Amtsgerichts bezeichnete er als „eindeutig rechtsfehlerhaft“. Zu den Äußerungen P.s gegenüber Polizeibeamten sagte Theune: „Wie viele Geständnisse will das Gericht denn noch?“
    Selbst wenn man die Brandstiftungen nicht konkret beweisen könnte, hätten T. und P. durch ihre umfassenden Ausspähversuche aus seiner Sicht zumindest einen konkreten Tatbeitrag für einen dann „ominösen Dritten“ geleistet, erklärte Theune.
    Verteidigung forderte Freisprüche
    „Aber wie wahrscheinlich ist es, dass sich zwei Rechtsextremisten – von den wenigen, die es da überhaupt gibt – über ein Jahr hinweg nachweislich äußerst intensiv mit den beiden Betroffenen beschäftigen und dann rein zufällig kurz darauf jemand anderes kommt und exakt das gleiche Auto anzündet?“, sagte Theune weiter.
    Die Anwälte der Angeklagten hatten Freisprüche für ihre Mandanten beantragt. Sie beriefen sich im Wesentlichen darauf, dass es deutliche Zweifel an der Täterschaft ihrer Mandaten gebe und auch alternative Täter infrage kämen.
    Mirko Röder, Anwalt von P., sagte, man prüfe, in Revision zu gehen. „Das war ein reiner Indizienprozess. Das hat auch die Kammer anerkannt. Aber sie hat eine Mittäterschaft für meinen Mandanten angenommen. Das Narrativ der Kammer lautet, dass die Tatbeiträge beider Angeklagten gleichwertig sind. Das bezweifeln wir. Wenn man der Tatsachendarstellung der Kammer folgt, dann wäre für meinen Mandanten allenfalls eine Beihilfe zu bejahen.“ Gleichwohl sei der Nichterlass eines Haftbefehls „verhältnismäßig und richtig“.
    Nebenkläger und Betroffener Ferat Kocak spricht nach dem Berufungsprozess um rechtsextreme Brandstiftung vor dem Berliner Landgericht im Rahmen einer Kundgebung. © dpa/Soeren Stache
    Auch der Betroffene und Nebenkläger Koçak äußerte sich vor Gericht. „Ich sehe jeden Tag, wie dieser Anschlag uns Stück für Stück unser Leben nimmt“, sagte er. Er wünsche es niemandem, die eigenen Eltern in dieser Situation sehen zu müssen. Sein Auto hatte direkt an der Hauswand seines Elternhauses gebrannt, das Feuer hätte vielleicht auf das Haus übergreifen können.
    Ich bin ein Gefangener dieser Nacht.
    Ferat Koçak, Linken-Abgeordneter und Betroffener eines Brandanschlags
    Er bekomme die Bilder nicht aus dem Kopf und die Tatsache, dass seine Eltern bei dem Anschlag hätten sterben können. Die Auswirkungen seien weiter gravierend, sagte Koçak weiter. So habe seine Mutter aus der Belastung heraus drei Wochen später einen Herzinfarkt erlitten.
    „Weder mein Vater noch meine Mutter haben sich von diesem Anschlag erholt, die Angst bestimmt ihr Leben“, sagte Koçak unter Tränen im Gericht. Er habe bis heute das Gefühl, seine Eltern schützen zu müssen. „Ich bin ein Gefangener dieser Nacht“, sagte er merklich mitgenommen.
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    Die beiden Anschläge auf die Autos von Koçak und Ostermann gelten als trauriger Höhepunkt einer Anschlagsserie insbesondere in Süd-Neukölln. Insgesamt rechnen die Behörden der Serie mindestens 72 Straftaten zu, darunter weitere Brandanschläge, Morddrohungen und andere Einschüchterungsversuche.
    Korrekturhinweis: Nach einer korrigierten Mitteilung des Gerichts haben wir die Meldung leicht angepasst.
    https://www.tagesspiegel.de/


    "Die AfD ist verfassungswidrig": Verfassungsrechtler empfehlen Parteiverbotsantrag

    28.11.2024

    Schon ohne das Ma­te­ri­al des Ver­fas­sungs­schut­zes hal­ten 17 Staats­recht­ler die AfD für ver­fas­sungs­wid­rig. In einem Schrei­ben an den Rechts- und den In­nen­aus­schuss des Bun­des­tags er­klä­ren sie es gar für "ver­fas­sungs­rechts­po­li­tisch" ge­bo­ten, ein Ver­bots­ver­fah­ren ein­zu­lei­ten.
    Zwölf Seiten ist die "Rechtswissenschaftliche Stellungnahme zu einem Parteiverbotsverfahren gegen die AfD" lang, die 17 Staatsrechtslehrerinnen und -lehrer am Mittwoch an den Innen- und den Rechtsausschuss des Bundestags gerichtet haben. Schon ohne die Materialsammlung des Bundesamts für Verfassungsschutz halten sie auf der Grundlage von öffentlichen Äußerungen von Mandatsträgerinnen und -trägern eine belastbare Einschätzung der Erfolgsaussichten eines Parteiverbotsverfahrens für möglich: "Die AfD ist danach nachgerade der prototypische Fall einer Partei, durch die die spezifischen Mechanismen der grundgesetzlichen wehrhaften Demokratie aktiviert werden sollten", schreiben die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen.
    Von Kiel bis Würzburg, von Köln bis München haben sich Verfassungsrechtlerinnen und Verfassungsrechtler an der Stellungnahme beteiligt. Andreas von Arnauld gehört ebenso zu den Unterzeichnenden wie Kathrin Groh, Stefan Huster und Stephan Rixen. Auch Emanuel V. Towfigh, Anna Katharina Mangold, Antje von Ungern-Sternberg und Fabian Wittreck sind mit von der Partie. Ihre Stellungnahme beruht nicht auf einem Gutachtenauftrag, sondern erfolgte eigeninitiativ. Sie stützt sich auf 19 Seiten gesammelter Äußerungen aus der AfD und ihrem Umfeld, die sie der Stellungnahme angehängt haben.
    Mildere Mittel wie den Antrag auf ein Verbot nur einzelner Landesverbände oder einen Ausschluss von der Parteienfinanzierung halten die Wissenschaftler allenfalls als subsidiäre Hilfskonstrukte zu einem Verbotsantrag für sinnvoll.
    "Die AfD ist verfassungswidrig"
    Die AfD sei darauf aus, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen, heißt es im Papier, Art. 21 Abs. 2 GG subsumierend. Aus der angenommenen Erfolgsaussicht ("Demnach ist die AfD verfassungswidrig.") folge nicht nur die Möglichkeit, einen Antrag zu stellen, sondern das sei gar "verfassungsrechtspolitisch" geboten.
    Die Antragsberechtigten - Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung - müssten sich den grundgesetzlichen Auftrag bewusst machen, ein Parteiverbot anzustrengen, wenn das geboten erscheine, heißt es in dem Papier. So sei "zumindest verfassungsrechtspolitisch (und jenseits verwaltungsrechtlicher Kategorien wie 'Ermessen' oder 'Beurteilungsspielraum') die Anstrengung eines Parteiverbotsverfahrens auch nicht ins Belieben der Antragsberechtigten gestellt, sondern politische Aufgabe und Verantwortung".
    Völkisch-nationalistische Ideologie
    Auch national-konservative Positionen könnten unter dem Grundgesetz ohne Weiteres vertreten werden, heißt es dort, die Verfassung schließe Differenzierungen nach Staatsangehörigkeit nicht kategorisch aus. Doch es gebe Grenzen, und diese überschreite die AfD sowohl mit ihren Zielen als auch mit Äußerungen und dem Verhalten ihrer Mitglieder.
    Zum Nachweis verweisen die Verfasserinnen und Verfasser des Papiers neben den von ihnen gesammelten Äußerungen immer wieder auch auf die Urteile des VG Köln und des OVG Münster, welche die Einstufung der AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall bestätigt hatten.
    Die Partei verfolge eine völkisch-nationalistische Ideologie und knüpfe an die kulturelle Herkunft als unveränderliches Wesensmerkmal und Teil der deutschen Identität an. Sie werte bestimmte Personengruppen ab, weil sie von der Überlegenheit des deutschen Volkes überzeugt sei. Ein wichtiger Teil ihrer Strategie sei es, medienwirksam politische Akteure und demokratische Prozesse zu delegitimieren, was sich aus dem Grundsatzprogramm ergebe, sich aber auch bei der Konstituierung des Thüringer Landtags gezeigt habe.
    Mit der Kommunikationsstrategie der plausiblen Bestreitbarkeit ("plausible deniability") nutze sie die Mehrdeutigkeit der Sprache, um Menschen zu manipulieren: Doppeldeutige Aussagen würden genutzt, um empfänglichen Menschen implizit Inhalte und Ziele zu vermitteln, die man gleichzeitig anderen gegenüber – gespielt empört – zurückweise. Stelle man aber die Vielzahl von Aussagen in einen Gesamtzusammenhang, "setzt sich ihr ideologischer Kern wie ein Mosaik zusammen".
    Darauf ausgehen – und das Potential dazu haben
    Die Materialsammlung zeige, dass diese völkisch-nationalistische Ideologie sehr wohl von der Breite der Partei getragen werde, auf Bundes- wie auf Landesebene, heißt es in dem Papier eher knapp zur Zurechnung – einem Punkt, der in einem möglichen Verbotsverfahren sicherlich entscheidend würde. Denn es reicht gerade nicht aus, dass einzelne Mitglieder verfassungsfeindlich agieren, für ein Verbot muss das der gesamten Partei nachgewiesen werden können. Der Bundesvorstand grenze sich weder von der Ideologie noch von den Akteuren ab, heißt es dazu. Die AfD dulde verfassungsfeindliche Positionen in der Partei, wie schon die fehlende Abgrenzung gegenüber dem Thüringischen Fraktionschef Björn Höcke zeige. Sie lasse solche Akteure gewähren und mache sich ihre Positionen damit zu eigen.
    Die Partei handele auch planvoll und strategisch, um ihre verfassungswidrigen Bestrebungen konkret in die Tat umzusetzen, erklären die Verfassungsrechtlerinnen und Verfassungsrechtler das Tatbestandsmerkmal des "Darauf-Ausgehens". Gewalt oder auch noch illegale Mittel brauche es dazu nach dem BVerfG gar nicht, die AfD habe aber auch Verbindungen zu gewaltbereiten und gewalttätigen Gruppen.
    Detaillierter setzen sie sich mit der sogenannten Potenzialität auseinander, also der Möglichkeit, dass die Partei ihre verfassungsfeindlichen Ziele auch erreichen könnte. Die bezweifelt kaum jemand, Umfragen sehen die AfD auf Bundesebene bei etwa 20%, auf Landesebene sei sie mancherorts nachgerade eine Volkspartei geworden, heißt es in dem Papier. Das sind mehr als die aus Karlsruhe geforderten "konkreten Anhaltspunkte von Gewicht, die es zumindest möglich erscheinen lassen, dass das Handeln einer Partei erfolgreich sein kann", an denen ein Verbot der zu kleinen und irrelevanten NPD damals scheiterte.
    Mildere Mittel allenfalls hilfsweise
    Die im Raum stehende politische Frage, ob die AfD nicht auf der anderen Seite eher zu "groß" ist für ein Verbotsverfahren, klammern die Autorinnen und Autoren nicht aus. Eine Partei zu verbieten, die potenziell ein Fünftel der Wähler hinter sich versammeln könne, sei natürlich nicht das richtige Mittel, um rechtsextremistisches Gedankengut in der Bevölkerung zu beseitigen – das sei aber auch nicht Aufgabe eines solchen Verfahrens. Dieses sorge vielmehr dafür, dass demokratische Institutionen nicht weiterhin unterhöhlt würden, und eröffne ein Zeitfenster, das man nutzen könne und müsse, um effektiv gegen rechtsextreme Ansichten vorzugehen.
    Die häufig gegen ein Verbotsverfahren angeführte lange Dauer sei kein Grund, es nicht anzustoßen – eben diese Dauer gewährleiste die rechtsstaatlichen Rahmenbedingungen des Verfahrens, beuge Willkür vor und damit auch einer Erschütterung des Demokratieempfindens der Bevölkerung.
    Den Ruf nach milderen Mitteln kontern die Verfassungsrechtlerinnen und -rechtler mit rechtlichen Argumenten: Der Ausschluss von der Parteienfinanzierung (Art. 21 Abs. 3 GG) sei nur möglich, wenn die Partei die Voraussetzungen für ein Verbot erfülle, aber nicht genug Potenzial habe, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen. Das aber sei bei der AfD gerade nicht die Frage – und wenn alle Voraussetzungen plus Potenzialität vorlägen, "dann ist die Partei verfassungswidrig". Man könne den Antrag dann gar nicht mehr darauf beschränken, ihr nur den Geldhahn zuzudrehen. Die Idee, einen Verbotsantrag zunächst nur für die radikalsten Landesverbände und nicht für die ganze Bundespartei zu stellen, überzeugt den Verfasserkreis  ebenfalls nicht: Auch Landesverbände seien Parteien im Sinne von § 46 Abs. 2 BVerfGG, das BVerfG könne sie als Minus mitverbieten, auch wenn der Verbotsantrag sich formal gegen die gesamte Bundespartei richte.
    Nicht lieber politisch stellen?
    Das Argument, die anderen politischen Parteien wollten sich mit einem Verbot unliebsamer Konkurrenz entledigen, statt die AfD "politisch zu stellen", wollen die Staatsrechtler und Staatsrechtlerinnen aus zwei Gründen nicht gelten lassen.
    Für eine politische Auseinandersetzung müssten die Kontrahenten nach denselben Regeln spielen. "Das ist, bildhaft gesprochen, nicht der Fall, wenn zum Fußballspiel eine Mannschaft mit Baseballschlägern bewaffnet erscheint". Dann könne der Gegner nicht mit spielerischen Mitteln gestellt werden. Die AfD agiere im Widerspruch zu den Maximen der Verfassung und delegitimiere die Demokratie. Das führe jegliche politische Auseinandersetzung ad absurdum, heißt es. "Die Forderung, die AfD politisch zu stellen, kann nicht eingelöst werden, ist insofern unfair".
    Außerdem wären es gerade nicht die Parteien, die die AfD aus dem Wettbewerb ausschließen würden, sondern das BVerfG: ein "bewährter Hüter der Verfassung" mit großem Ansehen und politischem Kapital. Mehrfach betonen die Staatsrechtler und Staatsrechtlerinnen die Karlsruher Rechtsprechung zu Parteiverboten:  Sie seien ultima ratio. Doch sie seien auch eine Präventivmaßnahme nach der Maxime "Wehret den Anfängen".
    "Wir sind der Auffassung, dass die AfD eine verfassungsfeindliche Partei ist, und dass ein Parteiverbotsverfahren in dieser Situation das probate Mittel ist", erklärte Mitunterzeichner Emanuel V. Towfigh die Motivation der Staatsrechtlerinnen und Staatsrechtler für die unaufgeforderte Stellungnahme gegenüber beck-aktuell. "Für die Abstimmung über den Antrag der inzwischen mehr als 113 Abgeordneten wollen wir einen wissenschaftlichen Beitrag zur Meinungsfindung der Abgeordneten leisten".
    Der Bundestag wird voraussichtlich noch im Dezember über einen Antrag auf Einleitung eines  AfD-Verbotsverfahrens abstimmen, den eine parteiübergreifende Gruppe um den CDU-Abgeordneten Marco Wanderwitz Mitte November eingereicht hat. Unaufgeforderte Stellungnahmen werden an die Mitglieder der adressierten Ausschüsse verteilt und erhalten im weiteren Verlauf des parlamentarischen Verfahrens eine Drucksachennummer. Ein neues Gutachten zur Einstufung der AfD, das der ehemalige Chef des Verfassungsschutzes, Thomas Haldenwang, bis zum Jahresende angekündigt hatte, soll nun doch nicht mehr veröffentlicht werden, weil das nach Ansicht des Verfassungsschutzes und des Bundesministeriums des Inneren sonst zu knapp vor den vorgezogenen Neuwahlen geschähe.
    Redaktion beck-aktuell, Pia Lorenz, 28. November 2024.
    https://rsw.beck.de/


    Staatsrechtler uneins über Neutralitätspflicht
    Muss der Ver­fas­sungs­schutz das Gut­achten zur AfD zurück­halten?

    19.11.2024
    Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln-Chorweiler
    Das BfV wird derzeit von seinen beiden Vizepräsidenten geführt. Foto: picture alliance / Geisler-Fotopress | Christoph Hardt/Geisler-Fotopress
    Muss sich das Bundesamt für Verfassungsschutz mit Äußerungen zu Parteien, die unter Extremismus-Verdacht stehen, zurückhalten, wenn Wahlen anstehen? Die Staatsrechtler sind sich in dieser Frage nicht einig.
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    Der Berliner Staatsrechtler Ulrich Battis sieht in der vorgezogenen Bundestagswahl keinen Grund, eine ursprünglich zur Veröffentlichung in diesem Jahr angekündigte Neubewertung der AfD zurückzuhalten. "Das Bundesamt für Verfassungsschutz muss seine Einschätzung der AfD zeitnah öffentlich machen", sagte der Jurist der Deutschen Presse-Agentur. Auf Nachfrage erklärte er, damit sei durchaus ein Termin noch vor der für den 23. Februar 2025 geplanten Neuwahl gemeint.
    Aus Sicherheitskreisen hieß es in der vergangenen Woche, aufgrund der vorgezogenen Neuwahl werde die angekündigte Neubewertung der AfD durch den Verfassungsschutz erst nach der Bundestagswahl im kommenden Jahr abgeschlossen werden, LTO berichtete hier. Begründet wurde dies damit, dass im zeitlichen Umfeld von Wahlen insoweit Zurückhaltung geboten sei. Die Beobachtung der Partei als rechtsextremistischer Verdachtsfall werde aber fortgesetzt.
    Staatsrechtler: “Veröffentlichung könnte erhebliche Auswirkungen auf Wahlausgang haben”
    Auch der Berliner Staatsrechtsprofessor Alexander Thiele äußerte gegenüber LTO, dass es "aus rechtlicher Sicht kein Gebot" gebe, die Neubewertung "aufgrund externer Ereignisse wie der Bundestagswahl zurückzuhalten". Es lasse sich aber nicht bestreiten, so Thiele weiter, "dass eine entsprechende Veröffentlichung in einer solchen Situation erhebliche Auswirkungen auf den Wahlausgang haben könnte" und erinnert diesbezüglich auch an die Email-Affäre um Hillary Clinton vor der US-Präsidentschaftswahl 2016. Deshalb hält Thiele es für zulässig, die Neubewertung um einige Monate zu verschieben.
    Rechtspolitiker und Parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen im Bundestag, Till Steffen, bezeichnete hingegen die Begründung der Verzögerung mit einer Neutralitätspflicht gegenber der FAZ als "absurd". Das BfV habe die Pflicht, meint Steffen weiter, "seine Aufgaben nach Recht und Gesetz zu erfüllen ohne Rücksicht auf wahltaktische Überlegungen."
    In dem FAZ-Bericht kommt auch der Göttinger Staatsrechtler Florian Meinel zu Wort, der die Zurückhaltung des Gutachtens ebenfalls kritisch bewertet. Es gehe um "öffentliches Handeln des Bundeamtes für Verfassungsschutz, das dem gesetzlichen Auftrag entspricht". Dass andere daraus möglicherweise im Wahlkampf Kapital schlagen könnten, entbinde nicht von den rechtlichen Aufgaben. Zwar äußert Meinel auch Verständnis für die Entscheidung des BfV aufgrund der aktuellen Lage mit Verweis auf das Neutralitätsgebot, betont aber zugleich, dass auch eine Nichtintervention eine Intervention darstellen könnte. Allein die Markierung einer Partei als verfassungsfeindlich mache behördliches Handeln noch nicht politisch, heißt es in dem FAZ-Bericht*.
    Haldenwang hatte Informationen noch vor Jahresende in Aussicht gestellt
    Der scheidende Präsident des BfV, Thomas Haldenwang, hatte am vergangenen Wochenende im Interview mit der taz geäußerrt: "Die Verkündung dieses Prüfergebnis noch in diesem Jahr war mit der vorgezogenen Neuwahl obsolet – das wäre zu nah an den Wahltermin gerückt. Weiter möchte ich mich dazu, jetzt da ich mein Amt niedergelegt habe, nicht mehr äußern".
    Im Oktober hatte Haldenwang noch angekündigt: "Mit einer Entscheidung wird noch in diesem Jahr zu rechnen sein." Damals war man allerdings noch von einem Wahltermin nicht im Februar 2025, sondern erst im September ausgegangen. Inzwischen führt Haldenwang die Amtsgeschäfte nicht mehr. Grund dafür ist seine überraschende Bundestagskandidatur für die CDU.
    Im Mai hatte das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen in Münster entschieden, dass der Verfassungsschutz die AfD zu Recht als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft hat, was den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel wie Observation erlaubt. Der Rechtsstreit geht noch weiter, der Fall liegt derzeit beim Bundesverwaltungsgericht. Theoretisch sind drei Szenarien denkbar: Entweder hat sich der Verdacht der Verfassungsschützer nicht bestätigt, dann würde der Inlandsnachrichtendienst die Beobachtung der AfD als Verdachtsfall beenden. "Ich halte diese Variante für äußerst unwahrscheinlich", sagte Haldenwang im Oktober.
    Oder der Verdacht bestätigt sich. Das hätte dann eine Einstufung der Gesamtpartei als gesichert extremistische Bestrebung zur Folge. Möglich wäre aber auch eine weitere Beobachtung als Verdachtsfall mit einer entsprechenden Begründung - etwa falls sich aufgrund noch nicht abgeschlossener interner Vorgänge in der Partei nicht klar sagen lässt, in welche Richtung sich die AfD entwickelt.
    Bei der anstehenden Neubewertung gehe es nicht um Öffentlichkeitsarbeit der Regierung im Wahlkampf, sondern um den gesetzlichen Auftrag des Verfassungsschutzes, betont auch Battis. Teil dieses Auftrages sei es, die Öffentlichkeit über extremistische Bestrebungen und Tätigkeiten zu informieren. "Das Gesetz räumt der Behörde bei der Erfüllung des gesetzlichen Auftrages kein Ermessen ein", fügte er hinzu.
    jb/hs/LTO-Redaktion
    Mit Materialien der dpa
    * Anm. d. Red.: Ergänzt am Tag der Veröffentlichung, 11:35 Uhr
    https://www.lto.de/


    Immer jünger? Eine neue Generation Neonazis

    Stand: 11.12.2024 12:35 Uhr
    Im Sommer demonstrierten in vielen deutschen Städten Neonazis gegen Christopher Street Days. Viele der rechtsradikalen Teilnehmer waren auffallend jung - ein Sozialwissenschaftler sieht derzeit die Entstehung einer neuen, rechtsradikalen Jugendkultur.
    von Philipp Hennig, Hannes Stepputat
    Als im vergangenen Sommer in vielen deutschen Städten Neonazis gegen Christopher Street Days (CSDs) demonstrierten, fiel schnell eines auf: Viele der Teilnehmer waren auffallend jung, manche eigentlich noch Kinder.
    Karte zu rechtsradikalen Protesten gegen CSDs 2024 © NDR
    27 Aktionen gegen CSDs zählte das Institut CeMAS im vergangenen Sommer - so viele wie nie zuvor.
    Das Forschungsinstitut CeMAS hat die Aktionen gegen die CSDs untersucht und mindestens 27 Aktionen bundesweit gezählt. Die Autoren sprechen mit Blick auf die zahlreichen Jugendgruppen unter den rechtsradikalen Teilnehmern von einer potenziellen Bedrohung für, zum Beispiel, Homosexuelle. Entsteht gerade eine neue, extrem rechte Jugendbewegung?
    Finn ist Schüler einer Schule in Vorpommern. Der Teenager heißt in Wirklichkeit anders, auch seine Schule soll nicht genannt werden - zu groß ist das Risiko, dass ihn jemand erkennt. Er berichtet von Hitlergrüßen auf dem Schulhof, von Memes, die sich über das Vergasen von Juden lustig machen und in Chatgruppen verschickt werden. "Da werden einfach Sachen gesagt wie: "Wir sollten jeden Ausländer vergasen", oder "dass es sich lohnen würde, wieder einen Holocaust zu haben." An seiner Schule, schätzt Finn, seien 70 bis 80 Prozent der Schüler rechts.
    GEW: "Wir sehen definitiv eine Verschiebung"
    Nico Leschinski © NDR
    GEW-Chef Nico Leschinski beobachtet eine Verschiebung nach rechts - in der ganzen Gesellschaft.
    Der Vorsitzende der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW), Nico Leschinski, bestätigt die Eindrücke des Schülers. "Wir stellen fest, dass Schüler unbefangener und viel offener und mit einer viel größeren Selbstverständlichkeit rechtsextreme Positionen vortragen, die vor einigen Jahren noch unsagbar, wenn nicht sogar undenkbar waren", sagt Leschinski, der selbst Sozialkunde- und Geschichtslehrer eines Gymnasiums ist. Früher sei man als Lehrkraft eher überrascht gewesen, wenn sich ein Schüler rechtsradikal geäußert habe. "Heute ist das eher so, dass die ihre politische Auffassung den Lehrkräften gerne auf die Nase binden. Da sehen wir definitiv schon eine Verschiebung."
    Die Ursache dafür sieht der Gewerkschafter in einem gesellschaftlichen Rechtsruck, den auch Schüler vermittelt bekämen: "Über ihr Elternhaus, über Freizeit, über soziale Medien und über den allgemeinen politischen Diskurs, wie er halt in diesem Land gefahren wird." Viele Lehrer hätten das Problem erkannt - aber ihre Möglichkeiten seien begrenzt. "Wir können bedingt reparieren, aber wir können eben auch nicht das alles ausgleichen, was in der gesellschaftlichen Debatte ganz grundsätzlich schiefgeht", sagt Leschinski.
    Statistisch fast jeden Tag ein Vorfall
    Mädchen auf dem Weg zu einer rechtsradikalen Kundgebung gegen einen CSD in Wismar. © NDR
    Mehrere junge Mädchen am Rande einer rechtsradikalen Kundgebung in Wismar.
    Offizielle Zahlen, die das Phänomen präzise beschreiben, sind nicht zu bekommen. Aber man kann sich ihnen annähern: Die Landeszentrale für politische Bildung hat im noch laufenden Kalenderjahr 2024 in bereits 152 Fällen Beratungsangebote an Schulen unterbreitet, nachdem diese Vorfälle gemeldet hatten. Dabei handelte es sich ausschließlich um Beratungen zu rechtsradikalen Vorfällen. Statistisch bedeutet dies, dass an fast jedem Schultag (die Ferien sind herausgerechnet) ein Beratungsangebot erfolgte. Die Zahl der tatsächlichen Vorfälle dürfte höher liegen.
    Dass rechtsradikale Positionen unter Jugendlichen nicht in Chatgruppen oder Klassenräumen bleiben, zeigte sich unter anderem auch in Wismar. Im September mobilisierten Neonazis gegen den ersten CSD in der Stadt. Unter den Teilnehmern der Gegenaktion waren auch hier auffallend viele augenscheinlich Minderjährige. Manche trugen Pullis von Nazibands und kleideten sich im Stil der Skinheads der 90er Jahre. Polizisten schirmten die Neonazis von der CSD-Parade ab, mehr als Parolen geschah an diesem Tag nicht.
    Experte: Kern einer neuen Nazi-Jugendkultur
    David Begrich im Interview mit Panorama 3 © NDR
    Sozialwissenschaftler David Begrich im Interview. Noch sei nicht klar, wohin sich die neue Jugendkultur bewege und ob sie sich verfestige.
    Sozialwissenschaftler David Begrich beobachtet die Szene der jungen Neonazis sehr genau. "Diejenigen, die wir im vergangenen Sommer auf der Straße gesehen haben, waren eine neue Generation, die sich sicher auch als so etwas wie ein Kern für eine neue neonazistische Jugendkultur verstehen", sagt er.
    Neu sei auch, dass die junge Szene "bisher weitgehend ohne Szenehierarchien auskommt", sagt Begrich. Sie vernetze sich dezentral - und nutze für die Eigenwerbung stark die Möglichkeiten, die ihnen soziale Medien böten. Derzeit befinde sich die Jugendkultur noch in einer Entstehungsphase, in der noch viel Fluktuation herrsche. Ob sie sich als Bewegung verfestigen wird, könne man noch nicht sicher sagen, sagt Begrich.
    Dieses Thema im Programm:
    Panorama 3 | 10.12.2024 | 21:15 Uhr
    https://www.ndr.de/


    Wie gefährlich ist die AfD für die Demokratie?

    Politik Deutschland
    Marcel Fürstenau
    03.12.20243. Dezember 2024
    Zivilgesellschaft und Wissenschaft warnen vor rechtsextremen Netzwerken im Schatten der Alternative für Deutschland. Von der Politik erwarten sie mehr Unterstützung.
    Der Schriftzug AfD steht in weißer Schrift auf blauem Hintergrund. Unterhalb der drei Buchstaben befindet sich ein nach rechts oben zeigender roter Pfeil. Im Hintergrund weht die Deutschland-Fahne in den in den vertikal angeordneten Farben Schwarz, Rot und Gold
    Wie gefährlich ist die AfD für Deutschland und die Demokratie? Der Ruf nach einem Parteiverbotsverfahren wird lauter Bild: Hannes P Albert/dpa/picture alliance
    Für ihren Jahresrückblick 2024 haben sie die ganz große Bühne gewählt: den Saal der Bundespressekonferenz (BPK) in Berlin. An diesem ersten Dienstag im Dezember reden eine Frau und zwei Männer Klartext: "Wie die AfD und ihre rechtsextremen Netzwerke die Demokratie angreifen." Als erster spricht Dominik Schumacher vom Bundesverband Mobile Beratung stellvertretend für rund 50 Teams in ganz Deutschland.
    "Die Lage ist dramatisch, die extreme Rechte ist in der Offensive". Mit diesem Satz beginnt seine Bestandsaufnahme, die er ausführlich begründet. Schumacher verweist auf die Wahlerfolge der Alternative für Deutschland bei den Landtagswahlen in drei ostdeutschen Bundestländern. Überall hat sie fast ein Drittel der Stimmen erhalten.
    "Auch im Westen wählen viele Menschen diese Partei"
    In Thüringen, wo die AfD vom Verfassungsschutz als "erwiesen rechtsextrem" eingestuft ist, wurde sie stärkste politische Kraft. Schumacher fügt hinzu: "Auch im Westen wählen viele Menschen die Partei nicht trotz, sondern wegen ihrer Radikalität." Im Windschatten der AfD würden sich sogenannte Neue Rechte, Reichsbürger und Neonazis organisieren.
    Ist ein weiterer AfD-Aufstieg zu verhindern?
    03:53
    Als Beispiele nennt Schumacher AfD-Kontakte zum inzwischen aufgelösten Institut für Staatspolitik des rechtsextremen Verlegers Götz Kubitschek und die Anfang 2024 bekannt gewordenen Planspiele, Millionen Menschen mit Migrationshintergrund aus Deutschland auszuweisen. An diesen Überlegungen hatten sich nach Recherchen der Plattform "Correctiv" auch Mitglieder der Christlich-Demokratischen Union (CDU) beteiligt.
    "Demokratische Parteien haben Forderungen der AfD übernommen"
    Nach den Enthüllungen kam es deutschlandweit zu Massendemonstrationen. "Die Engagierten hatten das Gefühl, dass sich endlich der Wind dreht. Passiert ist aber nichts. Ihre Forderungen haben politisch kein Gehör gefunden", kritisiert Schumacher. Seines Erachtens ist das Gegenteil der Fall: "Demokratische Parteien haben Forderungen der AfD übernommen und rechtsextreme Diskurse in großen Schritten weiter normalisiert: Beschneidung der Asylrechte und Stimmungsmache gegen Migrantinnen und Migranten."
    Der in Düsseldorf ehrenamtlich aktive Schumacher zieht ein bitter klingendes Fazit: "Die AfD ist zum parlamentarischen Arm eines großen antidemokratischen Netzwerks geworden, das die politische Landschaft umstürzen will." Auch ohne Regierungsbeteiligung habe die extreme Rechte Einfluss genommen. Menschen, die sich für Demokratie einsetzten, seien entmutigt und fühlten sich von der Politik im Stich gelassen.
    Dominik Schumacher, Sylvia Spehr und Oliver Decker (v.l.) stehen vor der blauen Wand im Saal der Bundespressekonferenz in Berlin. Sie halten den Jahresbericht 2024 über die Entwicklung der Alternative für Deutschland (AfD) und Rechtsextremismus in ihren Händen.     Dominik Schumacher, Sylvia Spehr und Oliver Decker (v.l.) stehen vor der blauen Wand im Saal der Bundespressekonferenz in Berlin. Sie halten den Jahresbericht 2024 über die Entwicklung der Alternative für Deutschland (AfD) und Rechtsextremismus in ihren Händen.
    Drei engagierte Stimmen gegen zunehmenden Rechtsextremismus: Dominik Schumacher, Sylvia Spehr und Oliver Decker (v.l.)Bild: Metodi Popow/picture alliance
    Rechtsextremismusforscher fühlt sich an die 1990er Jahre erinnert
    Dem Extremismusforscher Oliver Decker von der Universität Leipzig kommt die aktuelle Entwicklung wie ein Déjà-vue vor. Sie erinnert ihn an die 1990er Jahre: "Jener Dekade, die durch massive Gewalt und Pogrome gegen Migranten, Juden, Sinti und Roma gekennzeichnet war." Unter diesem Eindruck veröffentlichte der Sozialpsychologe kurze Zeit später die erste Studie zu Autoritarismus. In der Wissenschaft versteht man darunter eine diktatorische Herrschaftsform mit begrenztem Pluralismus und ohne feste Ideologie.
    Die Studien seien damals ohne finanzielle Förderung und politische Unterstützung entstanden, sagt Decker. "Trotz der grassierenden rechtsextremen Gewalt wurde lange Zeit die breite Mobilisierung der extremen Rechten verleugnet." Statt das zu problematisieren und aufzuarbeiten, habe die Politik mit dem Gegenteil reagiert: "Ausländerfeindliche Parolen wurden von demokratischen Parteien bereits damals zwar nicht immer eins zu eins aufgegriffen, aber sie wurden doch von ihnen bedient."
    Folgen des eingeschränkten Asylrechts
    Decker erinnert insbesondere an den sogenannten Asyl-Kompromiss von 1993. Damals wurde das in Artikel 16 der deutschen Verfassung verankerte Asylrecht stark eingeschränkt. Das hat unter anderem zur Folge, dass immer mehr Menschen in sogenannte "sichere Herkunftsländer" abgeschoben werden können. Welche Staaten das sind, wird von der Politik definiert. Menschrechtsorganisationen lehnen diese pauschale Praxis ab, weil damit aus ihrer Sicht das individuelle Asylrecht ausgehebelt wird.
    Wahl in Brandenburg: AfD-Aufstieg macht Geflüchteten Angst
    02:48
    Auch Sylvia Spehr vom Bündnis "Nordhausen zusammen" in Thüringen ist desillusioniert. Im Jahr 2023 konnte bei der Oberbürgermeisterwahl noch verhindert werden, dass der AfD-Kandidat das Rathaus übernimmt. Aber die Euphorie ist nach dem Triumph der Partei bei der Landtagswahl 2024 verflogen. "Und dennoch sage ich und sagen viele Menschen, die gemeinsam mit mir in zivilgesellschaftlichen Strukturen engagiert sind: Demokratie ist immer eine Einladung zum Mitmachen."
    Appell einer ehrenamtlichen Demokratie-Verteidigerin
    Es komme auf jede und jeden Einzelnen an, betont Spehr. "Wir appellieren an alle demokratischen Entscheidungsträgerinnen, die Medien und die schweigende Mehrheit: Überlasst den Kampf gegen das Erstarken revisionistischer und rechtsnationaler Ideologien nicht allein den ehrenamtlichen Bündnissen!" Gemeinsam mit Dominik Schumacher vom Bundesverband Mobile Beratung und dem Rechtsextremismusforscher Oliver Decker ruft Sylvia Spehr dazu auf, Demokratie-Programme dauerhaft zu fördern.
    Im Moment wissen viele noch nicht, ob sie auch 2025 finanziell unterstützt werden. Der Grund: Wegen der angespannten Haushaltslage könnten Projekte gegen Rechtsextremismus und für Demokratie staatlichen Kürzungsplänen zum Opfer fallen. Dominik Schumacher beschreibt, was das für zivilgesellschaftliche Initiativen bedeuten könnte: dass Mietverträge für Beratungsräume nicht weitergeführt und Beschäftigte gekündigt werden müssten. "Dann sind schlimmstenfalls 20 Jahre Aufbauarbeit dahin", warnt Schumacher.
    Zwischen Engagement und Einschüchterung
    Sylvia Spehr sorgt sich außerdem darum, dass in Regionen mit starken rechtsextremen Milieus immer mehr Menschen eingeschüchtert werden und sich nicht für die Demokratie einsetzen: "Wenn wir nicht die Sicherheit haben, dass wir auch geschützt werden, dann ist es schwer, neue Engagierte zu finden", sagt die Frau vom Bündnis "Nordhausen zusammen".
    "Zeigt Haltung: AfD-Verbot jetzt!" steht auf einem weißen Transparent, das Vertreterinnen und Vertreter der Kampagne vor dem Reichstagsgebäude in Berlin zeigen.  "Zeigt Haltung: AfD-Verbot jetzt!" steht auf einem weißen Transparent, das Vertreterinnen und Vertreter der Kampagne vor dem Reichstagsgebäude in Berlin zeigen.
    Die Kampagne "AfD-Verbot jetzt" strebt ein Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht anBild: Marcel Fürstenau/DW
    Auch in Berichten des Verfassungsschutzes ist die zunehmende Radikalisierung der rechtsextremen Szene ausführlich dokumentiert. Der nun vorgelegte Jahresrückblick des Bundesverbandes Mobile Beratung dürfte auch der Kampagne "AfD-Verbot jetzt" weiteren Auftrieb verleihen. Am 1. Dezember haben mehrere daran beteiligte Organisationen vor dem Berliner Reichstagsgebäude, dem Sitz des Deutschen Parlaments, ihre Forderung nach einem Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht erneuert.
    Der Antrag für ein AfD-Verbotsverfahren liegt auf dem Tisch
    Sie wollen erreichen, dass die Abgeordneten noch vor der vermutlich am 23. Februar 2025 stattfindenden Bundestagswahl darüber abstimmen. "Der Antrag liegt auf dem Tisch. Der Bundestag muss jetzt den Weg frei machen", sagte Kampagnen-Pressesprecher Malte Engeler vor dem Hauptportal des Reichstagsgebäudes. Theoretisch könnte das Parlament schon in der nächsten Sitzungswoche über die Einleitung eines AfD-Verbotsverfahrens entscheiden. Sie beginnt Mitte Dezember.
    Deutsche Welle Marcel Fürstenau Kommentarbild ohne MikrofonDeutsche Welle Marcel Fürstenau Kommentarbild ohne Mikrofon
    Marcel Fürstenau Autor und Reporter für Politik & Zeitgeschichte - Schwerpunkt: Deutschland
    Rechtsextreme klagen Gegner mundtot
    Slapp-Klagen sind eine Gefahr für Demokratie und Meinungsfreiheit. Immer häufiger schlagen Rechtsextreme in Deutschland mit diesem Mittel der Einschüchterung zu. Ihr Ziel: Kritiker, Journalisten und Politiker zum Schweigen zu bringen.
    Meinungsfreiheit15.10.202415. Oktober 202409:20 Min.
    Björn Höcke spricht auf einer Wahlkampveranstaltung, links die deutsche Fahne mit dem Eisernen KreuzBjörn Höcke spricht auf einer Wahlkampveranstaltung, links die deutsche Fahne mit dem Eisernen Kreuz
    Die AfD verbieten? Neuer Anlauf von 37 Abgeordneten
    Abgeordnete des Bundestages wollen die in Teilen rechtsextreme "Alternative für Deutschland" (AfD) verbieten lassen. Die Erfolgsaussichten dafür sind eher gering. Die DW hat Experten befragt.
    Politik17.10.202417. Oktober 2024
    https://www.dw.com/


    "AfD und rechtsextreme Netzwerke"

    phoenix vor ort ∙ phoenix
    03.12.2024 - BERLIN: Pressekonferenz in den Räumen der BPK zum Thema "Jahresrückblick 2024 - Wie die AfD und ihre rechtsextremen Netzwerke die Demokratie angreifen"
    https://www.ardmediathek.de/



    Gesichert rechtsextrem: AfD will offenbar „Junge Alternative“ auflösen

    Die Junge Alternative soll aufgelöst werden und eine neue Jugendorganisation näher an die Mutterpartei AfD angegliedert werden. Laut einem Bericht hat das gleich mehrere Vorteile.
    Maria Windisch
    02.12.2024 22:39 Uhr
    Die AfD-Jugendorganisation Junge Alternative (JA) wird vom Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft.
    Jens Kalaene/dpa
    Die AfD plant die Auflösung ihres bisherigen Jugendverbands, der „Jungen Alternative“ (JA). Der Verband soll künftig durch eine neue Organisation ersetzt werden, die stärker an die Partei gebunden ist, wie das RedaktionsNetzwerk Deutschland am Montagabend berichtet.
    Demnach beschloss der Bundesvorstand diese Neuausrichtung und orientierte sich dabei an der Struktur der Jusos, der Jugendorganisation der SPD. Zukünftig sollen alle AfD-Mitglieder im Alter zwischen 16 und 35 Jahren automatisch dem neuen Verband angehören, ähnlich wie bei der SPD.
    Ein Grund für die Neugestaltung liegt in der Kritik an der Unabhängigkeit der „Jungen Alternative“. Bislang war nur etwa die Hälfte der JA-Mitglieder auch Mitglied der AfD. Zudem wird die JA intern als radikal wahrgenommen. In der jüngeren Geschichte gab es mehrere Skandale – Beispiel dafür ist den Angaben zufolge etwa die Brandenburger Vizevorsitzende der JA, Anna Leisten, die auf einer AfD-Wahlparty den „Abschiebesong“ lautstark sang und dazu tanzte. Außerdem sorgte das Handyspiel „Deutschlandretter24“ des Verbands für Schlagzeilen. Spieler sollten dabei unter anderem Migranten abschieben.
    Verfassungsschutz stuft Junge Alternative als „gesichert rechtsextrem“ ein
    Laut dem Bericht soll die Neuausrichtung auch helfen, die Organisation besser zu regulieren und von Vorwürfen rechtsextremer Tendenzen zu distanzieren, nachdem der Verfassungsschutz die JA im vergangenen Jahr als „gesichert rechtsextrem“ einstufte. Dies würde zum einen folglich nicht mit den strategischen Zielen der AfD vereinbar sein – wie etwa der angestrebten Koalitionsfähigkeit bei der Bundestagswahl im Februar, wie es in einem Papier heißt.
    Zum anderen würde engere Anbindung der JA an die Partei womöglich auch weitere Vorteile bieten. Im Gegensatz zur AfD ist die Jugendorganisation als eigenständiger Verein rechtlich angreifbarer, was zuletzt auch Diskussionen über ein mögliches Verbot verstärkte. Durch eine stärke Anbindung an die Mutterpartei könnte demnach nicht nur eine stärkere Kontrolle, sondern auch ein rechtlicher Schutz vor einem Vereinsverbot gewährleistet werden.
    https://www.berliner-zeitung.de/


    Verfassungsrechtler
    AfD-Verbot möglich? Experten fällen überraschendes Urteil

    27.11.2024, 23:17 Uhr • Lesezeit: 3 Minuten
    Daniel Weidmann
    Redakteur
    Mit dem Antrag für ein Verbotsverfahren gegen die AfD geht es im Bundestag voran. "Wir sind auf der Zielgeraden", sagte Initiator Marco Wanderwitz (CDU) der "Augsburger Allgemeinen".
    Berlin. Im Bundestag wurde ein entsprechender Antrag eingereicht. Die Hürden sind hierzulande hoch. Doch Juristen wittern eine Chance.
    Das Verbot einer Partei obliegt in Deutschland hoher Hürden – und gilt als langwierig. Vier Jahre lang zog sich der Prozess bei der rechtsextremen NPD hin, bis das Bundesverfassungsgericht 2017 schließlich entschied: Die Partei ist zu unbedeutend, um verboten zu werden. Ein Urteil, das über die AfD sicher nicht gefällt würde – schließlich stellt sie derzeit die zweitgrößte Oppositionspartei im Bundestag. Dennoch mehrten sich Befürchtungen, der AfD könne ihre mangelnde Verfassungsmäßigkeit nicht in Gänze nachgewiesen werden.
    17 Verfassungsrechtler sehen das anders. Die Experten legten dem Innenausschuss des Deutschen Bundestags eine Stellungnahme vor, in der sie sich von einem AfD-Verbotsverfahren „Aussicht auf Erfolg“ versprechen, wie die „taz“ zitiert. „Die AfD ist danach gerade der prototypische Fall einer Partei, durch die die spezifischen Mechanismen der grundgesetzlichen wehrhaften Demokratie aktiviert werden sollen“, so die Experten.
    113 Abgeordnete reichten AfD Verbotsantrag ein
    Vor gut zwei Wochen hatten 113 Abgeordnete des Deutschen Bundestags ihren fraktionsübergreifenden Antrag eingereicht. „Wir sind nicht immer einer Meinung. Worin wir uns einig sind, ist unser klares Bekenntnis zu unserer Demokratie und unserem Grundgesetz“, hieß es in einer E-Mail, die die Unterzeichnenden an die Parlamentarier geschickt hatten. Die AfD zeige immer offener ihre Menschen- und Demokratieverachtung. Die Voraussetzungen für ein Verbotsverfahren seien zu Recht hoch, räumt die Gruppe ein – und betont zugleich: „Wir sind davon überzeugt, dass sie im Fall der AfD gegeben sind.“
    Zu diesem Urteil kommen auch die 17 Rechtswissenschaftler, zu denen laut „Spiegel“ unter anderem Stefan Rixen von der Universität zu Köln, Fabian Wittreck von der Universität Münster und Antje von Ungern-Sternberg von der Universität Trier gehören. In ihrer Begründung verweisen sie auf Äußerungen und das Verhalten von AfD-Politikern, die ein „völkisch-nationalistisches Programm“ und „ihre wahren verfassungsfeindlichen Absichten“ offenbarten. Belegt werde diese Einschätzung etwa mit Social-Media-Posts und gesammelten Aussagen von Parteifunktionären.
    Juristen: Verfassungsfeindlichkeit ist „belastbar“
    Laut „Spiegel“ plädieren die Juristen für ein Parteiverbot, da es die „weitere Unterhöhlung demokratischer Institutionen“ verhindere. Laut Grundgesetz reicht es allerdings nicht aus, wenn eine Partei eine verfassungsfeindliche Haltung vertritt – schließlich werden Landesverbände wie in Sachsen bereits als gesichert rechtsextrem eingestuft. Bundesweit gilt die AfD als rechtsextremistischer Verdachtsfall.
    Vielmehr müsse die Partei diese Haltung auch in aktiv-kämpferischer, aggressiver Weise umsetzen wollen, um verboten zu werden, wird das Grundgesetz laut Innenministerium interpretiert. Eine Partei müsse planvoll das Funktionieren der freiheitlichen demokratischen Grundordnung beseitigen wollen.
    Hauptstadt Inside von Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE Zentralredaktion
    Hinter den Kulissen der Politik - meinungsstark, exklusiv, relevant.
    Die Verfassungsfeindlichkeit habe sich allerdings als „belastbar“ erwiesen, so die Juristen in ihrer Einschätzung. Davon könne auch ohne vom Verfassungsschutz gesammeltes Material oder die Einstufung als „gesichert rechtsextrem“ ausgegangen werden, zitieren „Spiegel“ und „taz“.
    https://www.morgenpost.de/


    Bayern-AfD fordert „Remigrations“-Plan: Wie die AfD mit einem rassistischen Begriff Politik macht

    Neue Rechte
    Die bayerische AfD will Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft unter bestimmten Bedingungen den deutschen Pass entziehen. Es ist das bisher deutlichste Beispiel dafür, wie Teile der Partei versuchen, den völkischen Kampfbegriff „Remigration“ zu normalisieren. Wir haben anhand von Social-Media-Werbeanzeigen analysiert, wo und wie häufig es ähnliche Versuche gibt.
    von Robin Albers , Justus von Daniels , Anette Dowideit , Marcus Bensmann , Gabriela Keller , Max Donheiser , Luis Beyerbach , Johannes Gille
    25. November 2024
    25112024-Vorbereitung-Geheim-Plan
    Das völkische Konzept der „Remigration“ wurde auf dem Treffen von Potsdam im November 2023 diskutiert. Ein Jahr danach lehnt sich die AfD in Bayern mit einer Resolution an dieses Konzept stark an. © Anwar
    Es war ein bemerkenswerter Zeitpunkt, zu dem die AfD Bayern am vergangenen Wochenende eine „Resolution für Remigration“ beschloss. Fast genau ein Jahr nach dem Treffen in Potsdam spricht sich die bayerische AfD offen für massenhafte Abschiebungen und Rückführungen aus. In Potsdam hatten zum Teil hochrangige AfD-Politiker mit dem Rechtsradikalen Martin Sellner über einen „Masterplan“ beraten. Die Forderungen der Bayern-AfD weisen auffällige Parallelen auf.
    So heißt es etwa in der Resolution: Es „müssen grundgesetzkonforme Wege geschaffen werden, eine bereits zuerkannte deutsche Staatsbürgerschaft einfacher wieder abzuerkennen.“ Diese Aberkennung solle „bei schweren Verstößen gegen das geltende Recht“ erfolgen. Was sie damit meint, lässt die Partei offen. Die AfD Bayern setzt in der Resolution das „Staatsziel einer umfassenden Remigration im Millionenbereich“ und will, dass „Personengruppen mit schwach ausgeprägter Integrationsfähigkeit und -willigkeit mittels obligatorischer Rückkehrprogramme in ihre Heimat rückgeführt“ werden.
    In ihrem Zehn-Punkte-Plan vermengt die AfD Bayern verfassungskonforme Forderungen wie die Abschiebung straffällig gewordener Asylbewerber mit dem verfassungsfeindlichen „Remigrations“-Konzept. Es ist das erste Mal, dass die millionenfache Vertreibung von einem Landesverband der AfD so offensiv als Ziel ausgegeben wird. Teile der AfD versuchen offensichtlich, das völkisch-nationale Konzept als ganz normale politische Forderung hinzustellen.
    Mehr von CORRECTIV
    Geheimplan gegen Deutschland
    „Geheimplan“-Recherche: Fragen und Antworten
    Collage: Correctiv (Vorlage picture alliance)
    Krah sollte Vertreibungspläne wählbar machen
    Wie die AfD Werbung mit dem Vertreibungs-Begriff macht
    Seit der CORRECTIV-Recherche „Geheimplan gegen Deutschland“ ist nicht nur für die breite Öffentlichkeit offenkundig, was sich hinter dem Begriff „Remigration“ verbirgt; er wurde und wird in rechtsradikalen Kreisen wie in Teilen der AfD offensiv benutzt.
    Wir haben uns daher angesehen, was insbesondere Teile der AfD unternahmen, um darauf hinzuwirken, dass aus der radikalen Idee ein Konzept werden könnte. Die Partei will offenbar erreichen, dass diese Pläne politisch ernsthaft diskutiert werden können.
    CORRECTIV hat dafür Hunderte Werbeanzeigen auf Facebook und Instagram aus diesem Jahr analysiert, in denen „Remigration“ im Text oder als Hashtag auftaucht. Mindestens 170 dieser Posts lassen sich 40 offiziellen Accounts von Fraktionen, Verbänden sowie einzelnen Politikerinnen und Politikern der AfD zuordnen. Insgesamt sind ihre Anzeigen über 3,4 Millionen Mal angezeigt worden.
    In den jeweiligen Posts wurde der Eindruck vermittelt, als handele es sich um ein normales politisches Konzept.
    Beispiele aus den Werbeanzeigen
    „Bei einem Wahlerfolg wird die Remigration ein wichtiges Thema sein, um der unkontrollierten Zuwanderung […] endgültig den Riegel vorzuschieben“, schreibt Thomas Rosspacher, Stuttgarter Gemeinderat der Alternative für Deutschland, in einem als Werbe-Post auf Instagram und Facebook im August dieses Jahres.
    Dieser Beitrag erschien wenige Tage vor den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen. Und kurz nach dem Anschlag in Solingen, bei dem drei Menschen starben. Deutschland müsse aufhören, „das Sozialamt der Welt zu spielen, um damit nur haufenweise Kriminalität und Arbeitslosigkeit zu importieren“, formuliert Rosspacher in seinem Post mit dem Hashtag „#niewiedersolingen“.
    Wenige Monate zuvor behauptet der bayerische AfD-Landtagsabgeordnete Martin Böhm in einem beworbenen Social-Media-Beitrag, „viele junge Deutsche“ würden in der Schule „tagtäglich Unterdrückung und Misshandlung am eigenen Leib“ erfahren. Davon hätten diese jungen Deutschen genug, genau wie vom „Märchen des ‚bunten Paradies‘“, schreibt der Politiker in dem Post von Mai 2024, kurz vor der Europawahl. Und weiter: „Die Remigration ihrer Peiniger wird diese Generation als (Über)Lebensaufgabe begreifen“. Diese Aussage illustriert er mit einer Grafik mit dem Bild eines jungen KI-generierten Mädchens und einem Comic-Flugzeug.
    Auf dem Account der AfD Sachsen heißt es auf Instagram und Facebook im Frühjahr: „Remigration ist nicht verboten oder anstößig, sondern im nationalen Interesse Deutschlands.“ Die Politiker – unter anderem Björn Höcke – nennen diverse Maßnahmen, die die AfD nach der Regierungsübernahme ergreifen werde. Etwa mehr Grenzschutz, großangelegte Rückführungsinitiativen, erhöhter „Assimilationsdruck auf nicht integrierte Ausländer“. Das Ziel von Höcke und seiner Kollegen: „Deutschland muss wieder deutscher werden.“
    Wir zeigen im Folgenden die zweifelhafte Karriere des Begriffs auf – bei der es darum geht, einem verfassungsfeindlichen Konzept einen harmlosen Anstrich zu verpassen.
    Sellner und sein „Masterplan“ in Potsdam
    Die Gruppe von Rechtsextremen, AfD-Funktionären, Mitgliedern von Werte-Union und CDU, Unternehmern und Juristen, die sich Ende November 2023 in einem Hotel nahe Potsdam traf, beriet sich zu dem „Masterplan“ von Martin Sellner maßgeblich über ein Ziel: Wie es gelingen kann, Menschen mit Migrationshintergrund aus Deutschland heraus zu drängen – ohne und auch mit deutschem Pass.
    Auf dem Treffen sprachen sie von „Remigration“. Der Begriff klingt abstrakt und irgendwie wissenschaftlich, er beschreibt eigentlich die Rückkehr von Menschen mit Migrationshintergrund in ihr Herkunftsland. Aber auf dem Treffen wurde er anders verwendet: Sellner und weiteren Teilnehmern ging es darum, Millionen von Menschen zu vertreiben – mit „maßgeschneiderten Gesetzen“ und „hohem Anpassungsdruck.“
    CORRECTIV hatte das Potsdamer Geheimtreffen aufgedeckt und damit eine Welle von Protesten gegen Rechtsextremismus in ganz Deutschland ausgelöst. Seit der Veröffentlichung ist der Begriff weit über Neonazi-Kreise hinaus bekannt. „Remigration“ wurde zum Unwort des Jahres gewählt und von der AfD massiv im Kommunalwahlkampf verwendet. Gerade im Wahlkampf kommt es auf genaue Definitionen an. Denn das Thema birgt gesellschaftlichen Sprengstoff: CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sagte im Juli in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung: Die drei „wichtigsten Themen“, bei denen die Ampel versage, seien: „Migration, Migration, Migration.“
    Es gibt einen Unterschied zwischen Parteien, die die Zuwanderung auf Grundlage der Verfassung regulieren oder begrenzen wollen – und Kräften, die eine völkische und grundgesetzwidrige Politik propagieren. Genau dafür steht der Begriff „Remigration“.
    Martin Sellner nannte beim Geheimtreffen in Potsdam drei Gruppen, die das Land verlassen sollen: Asylsuchende, Ausländer mit Bleiberecht sowie „nicht assimilierte Staatsbürger“. Das meint er mit „Remigration“, wie er in Potsdam erklärte und seither bei einem weiteren Online-Vortrag wiederholte: Sellners Ziel ist es, so sagt er selbst, dass sich seine völkischen Visionen und der Begriff „Remigration“ ausbreiten. Er will den „Rahmen des Sagbaren“ verschieben – Begriffe aus dem rechtsextremen Wortschatz sollen erst „undenkbar“, dann „radikal“, „akzeptabel“, „sensibel“ und schließlich „Realpolitik“ werden.
    Dasselbe Ziel verfolgt auch der völkische Vordenker und Verleger Götz Kubitschek (sein Verlag Antaios veröffentlicht auch Bücher von Sellner). Als der AfD-Politiker Maximilian Krah im Sommer 2023 als Spitzenkandidat für die Europawahl nominiert wurde, schrieb der Verleger auf seinem Blog: „Wir werden, wenn es so weitergeht, bis zum Ende des Jahres den Begriff Remigration in der Gesellschaft […] platziert haben“ Und: „Krah in Magdeburg, Sellner in Wien – das sind Zahnräder“.
    Die Abschiebung von Menschen ohne Aufenthaltstitel solle in der politischen Debatte durch das Wort „Remigration“ ersetzt werden. „Remigration“ betreffe auch Menschen mit Aufenthalt – und eben auch deutsche Staatsbürger. Das sagt Sellner in einem Video des rechtsextremen Magazins Compact am 22. November 2023. Zwei Tage vor dem Treffen in Potsdam.
    Die Ideologie hinter dem völkischen Begriff
    Heute, ein Jahr später, wird das Wort „Remigration“ zum Teil allgemein verstanden und vor allem von AfD-Politikern offensiv genutzt. Es ist nun eine Chiffre für Rechtsextremisten. Die CORRECTIV-Recherche hat klar aufgezeigt, welcher völkische Kern dahintersteckt.
    Der Begriff der „Remigration“ ist, so wie Sellner und die rechtsradikalen Ideologen ihn verwenden, Teil einer völkischen Ideologie, die ein rassistisch geprägtes Bild vom deutschen Volk entwickelt hat. In diesem Weltbild wird das Volk als eine Gemeinschaft des Eigenen betrachtet, das von dem Fremden bedroht sei und sich daher dagegen schützen müsse.
    Das war auch das Leitmotiv im Landhaus Adlon. Der Veranstalter Gernot Mörig eröffnete das Treffen mit der Frage, „ob wir als Volk im Abendland noch überleben oder nicht“, wie die CORRECTIV-Recherche zeigt. Diese Idee treibt den ehemaligen Zahnarzt und langjährigen rechtsextremistischen Aktivisten schon seit den Siebzigern um. Auch Martin Sellner, ehemaliger Sprecher der Identitären Bewegung Österreich, setzte diesen Ton, als er den „Masterplan“ in Potsdam vorstellte. Beim Treffen und in seinem Buch – „Regime Change von rechts“, das er am 15. Juni 2023 veröffentlichte – nennt er das „Hauptziel“: „Wir müssen unsere ethnokulturelle Identität und Substanz bewahren“.
    Die Brisanz dieser Ideologie beschreibt die konservative Publizistin Liane Bednarz, „mit einer willkürlichen Definitionsmacht wird in der Neuen Rechte ‚das Fremde‘ ausgemacht, das je nach Enthemmung auszumerzen oder zu verdrängen ist, um den ersehnten Idealzustand ‚des Eigenen‘ wiederherzustellen“, schreibt Bednarz, „die Vordenker der Neuen Rechten wie Sellner kleiden dieses völkische Phantasma in harmlos klingende Begriffe wie „Ethnopluralismus“, „ethnokulturelle Identität“ oder eben „Remigration“, in denen allen aber die Menschenfeindlichkeit weiter zu Hause ist“.
    Gerichte sehen dieses Konzept als verfassungswidrig an
    Mehrere Gerichte haben seit dem Treffen im November 2023 festgestellt, dass dieses Verständnis verfassungswidrig ist. Das Oberverwaltungsgericht in Münster moniert in dem Urteil von Mai 2024 etwa die „Verknüpfung ‚eines ethnisch-kulturellen Volksbegriffs‘ mit einer politischen Zielsetzung, mit der die rechtliche Gleichheit aller Staatsbürger in Frage gestellt wird“. Das Gericht hatte sich mit der Frage befasst, ob die AfD vom Verfassungsschutz beobachtet werden darf.
    Auch das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig kam zu einer vergleichbaren Einschätzung. In einer Entscheidung, in der es den vorläufigen Verbotsantrag gegen das rechtsextreme Magazin Compact aufhob, heißt es: „Der rechtlich abgewertete Status für die […] lediglich ‚Passdeutschen‘ offenbart sich vor allem in dem – vermeintlichen – ‚Lösungskonzept‘ der ‚Remigration‘, welches die Vereinigung (sic. Compact) in enger Anlehnung an die Pläne von Martin Sellner vertritt“, so die Richter in Leipzig.
    Mit der Debatte über eine Reform des Asylrechts hat das Konzept nichts zu tun
    Das Konzept der „Remigration“ hat nichts mit der Debatte über geregelte Einwanderung oder eine Reform des Asylrechts zu tun. Diesen Ideologen geht es nicht um eine andere Einwanderung, sie wollen keine. Ihnen geht es nicht nur um Kriminelle oder sogenannte „Clan-Mitglieder“. Das Ziel ist: Die Realität Deutschlands als Einwanderungsland verändern, und zwar über Millionenfache Vertreibung im Gewand der „Remigration“, die auch Staatsbürger im Fokus hat. So teilen sie die Gesellschaft mit willkürlicher Definitionsmacht in Fremde und Eigene, um das Fremde zu vertreiben. Das war der Geist von Potsdam, dieser Schatten liegt über dem Wort „Remigration“.
    Begriff in den Medien
    Was vor einem Jahr noch eine Vokabel vom rechtsextremen Rand war, wird nun von sehr vielen Menschen verstanden. AfD-Politiker machen sich das polarisierende Potenzial der Vokabel zunutze, und manchmal zitieren Medien sie ohne Kontext und ohne Erklärung und tragen so selbst zur Verbreitung mit bei.
    Die WAZ schreibt von Schülern, „die von Remigration träumen“, statt diese Träume als das zu benennen, was sie sind: Abschiebe- oder Deportationsfantasien. Der Kölner Stadt-Anzeiger titelt zur Wahl in Österreich, die FPÖ wolle „Remigration“ und gibt die Parolen in der Überschrift wortgetreu wieder – viele andere Tageszeitungen machten es ähnlich. Sogar auf Anführungszeichen verzichtet die Märkische Oderzeitung mit der Überschrift „Wohnraum durch Remigration?“ Sie zitiert damit den Slogan eines AfD-Politikers aus Eberswalde – und macht sich zum Lautsprecher. Bemerkenswert ist: Die Parole stellt die MOZ nur online als Überschrift über den Beitrag. In der Printausgabe lautet die Überschrift: „Rechtspopulist polarisiert mit Aussage.“
    https://correctiv.org/


    Hamburg & Schleswig-Holstein
    1.500 demonstrieren gegen rechtsextreme Burschenschaft

    23.11.2024, 20:18 Uhr
    Hamburg (dpa/lno) - Rund 1.500 Menschen haben nach Angaben der Hamburger Polizei am Abend auf St. Pauli gegen die rechtsextremistische Burschenschaft Germania demonstriert. Anlass war ein nach Angaben der Organisatoren geplanter "Norddeutscher Heimatabend" der vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuften und deshalb beobachteten Burschenschaft.
    "Wir sind heute hier, um das zu verhindern", hieß es von Lautsprecherwagen, der vor dem Demonstrationszug vom Neuen Pferdemarkt, über die Reeperbahn, entlang der Landungsbrücken bis zum Park Fiction an der St. Pauli-Hafentreppe führte.
    Zwischenfälle gab es zunächst keine. Die Polizei, die den Zug mit starken Kräften begleitete, sprach von einem friedlichen Verlauf.
    Quelle: dpa
    https://www.n-tv.de/


    Staatsrechtler: Neubewertung der AfD öffentlich machen

    Muss sich das Bundesamt für Verfassungsschutz mit Äußerungen zu Parteien, die unter Extremismus-Verdacht stehen, zurückhalten, wenn Wahlen anstehen? Staatsrechtler Battis sieht das nicht so.
    19.11.2024 - 13:34 Uhr
    Quelle: dpa
    Peter Boehringer und Roman Reusch waren während des Berufungsverfahrens in Münster vor Ort. (Archivfoto) Foto: dpa
    Der Berliner Staatsrechtler Ulrich Battis sieht in der vorgezogenen Bundestagswahl keinen Grund, eine ursprünglich zur Veröffentlichung in diesem Jahr angekündigte Neubewertung der AfD zurückzuhalten. „Das Bundesamt für Verfassungsschutz muss seine Einschätzung der AfD zeitnah öffentlich machen“, sagte der Jurist der Deutschen Presse-Agentur. Auf Nachfrage erklärte er, damit sei durchaus ein Termin vor der für den 23. Februar 2025 geplanten Neuwahl gemeint.
    Aus Sicherheitskreisen hieß es in der vergangenen Woche, aufgrund der vorgezogenen Neuwahl werde die angekündigte Neubewertung der AfD durch den Verfassungsschutz erst nach der Bundestagswahl im kommenden Jahr abgeschlossen werden. Begründet wurde dies damit, dass im Umfeld von Wahlen hier Zurückhaltung geboten sei. Die Beobachtung der Partei als rechtsextremistischer Verdachtsfall werde aber fortgesetzt.
    Bundesinnenministerin Nancy Faeser beabsichtigt, sich in der Sache zurückzuhalten. „Ich habe immer gesagt, ich mische mich in diese Fragen nicht ein, weil ich immer wollte, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz selbstständig diese Fragen mir vorlegt“, sagte die SPD-Politikerin am Rande einer Konferenz in Magdeburg auf Nachfrage. „Mir ist wichtig, politische Einflussnahme auf das Bundesamt für Verfassungsschutz zu vermeiden.“
    Haldenwang hatte Informationen noch vor Jahresende in Aussicht gestellt
    Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, hatte im Oktober angekündigt: „Mit einer Entscheidung wird noch in diesem Jahr zu rechnen sein.“ Damals war man allerdings noch von einem Wahltermin im nächsten September ausgegangen. Inzwischen führt Haldenwang den Inhaltsgeheimdienst nicht mehr. Grund dafür ist, dass er bei der Bundestagswahl für die CDU kandidieren will.
    Im Mai hatte das Oberverwaltungsgericht Münster entschieden, dass der Verfassungsschutz die AfD zu Recht als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft hat, was den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel wie Observation erlaubt. Der Rechtsstreit geht noch weiter. Theoretisch sind drei Szenarien denkbar: Entweder hat sich der Verdacht der Verfassungsschützer nicht bestätigt, dann würde der Inlandsnachrichtendienst die Beobachtung der AfD als Verdachtsfall beenden. „Ich halte diese Variante für äußerst unwahrscheinlich“, sagte Haldenwang im Oktober.
    Oder der Verdacht bestätigt sich. Das hätte dann eine Einstufung der Gesamtpartei als gesichert extremistische Bestrebung zur Folge. Möglich wäre aber auch eine weitere Beobachtung als Verdachtsfall mit einer entsprechenden Begründung - etwa falls sich aufgrund noch nicht abgeschlossener interner Vorgänge in der Partei nicht klar sagen lässt, in welche Richtung sich die AfD entwickelt.
    Bei der anstehenden Neubewertung gehe es nicht um Öffentlichkeitsarbeit der Regierung im Wahlkampf, sondern um den gesetzlichen Auftrag des Verfassungsschutzes, sagte Battis. Teil dieses Auftrages sei es, die Öffentlichkeit über extremistische Bestrebungen und Tätigkeiten zu informieren. „Das Gesetz räumt der Behörde bei der Erfüllung des gesetzlichen Auftrages kein Ermessen ein“, fügte er hinzu.
    dpa
    https://www.wiwo.de/


    CDU-Bundestagsabgeordneter
    Marco Wanderwitz zieht sich zurück – „Muss meine Familie und mich schützen“

    Stand: 08:30 UhrLesedauer: 2 Minuten
    ARCHIV - 11.05.2021, Sachsen, Bautzen: Marco Wanderwitz (CDU), damals Ostbeauftragter der Bundesregierung, spricht bei seinem Besuch im Haus der Sorben zu den Gästen. (zu dpa: «Wanderwitz tritt ab - Muss meine Familie und mich schützen») Foto: Robert Michael/dpa-Zentralbild/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
    Marco Wanderwitz (CDU)
    Quelle: Robert Michael/dpa-Zentralbild/d
    Er ist einer der Initiatoren des AfD-Verbotsantrags, war Ostbeauftragter, saß zudem über 20 Jahre im Bundestag. Nun aber will der sächsische CDU-Politiker Marco Wanderwitz nicht mehr kandidieren. Als Grund nennt er Anfeindungen.
    Der sächsische CDU-Bundestagsabgeordnete Marco Wanderwitz tritt bei der Neuwahl des Bundestages im Februar nicht mehr an. Der 49-Jährige begründete dies im Gespräch mit der Chemnitzer „Freien Presse“ mit zunehmenden Anfeindungen gegen sich. „Ich muss meine Familie und mich körperlich und seelisch schützen“, sagte der CDU-Politiker.
    „Die Angriffe der brutalen Schreihälse sind immer heftiger geworden. Wir haben es als Zivilgesellschaft nicht geschafft, den Abgeordneten den Rücken zu stärken“, beklagte Wanderwitz. Hass und Bedrohungen gehörten zum politischen Klima, seit die AfD in die Parlamente eingezogen sei.
    Wanderwitz gehörte dem Parlament seit 2002 an. In der vergangenen Legislaturperiode war er zeitweilig Ostbeauftragter der Bundesregierung.
    Wanderwitz gehörte zuletzt zu den Initiatoren, die ein AfD-Verbotsverfahren befürworten. Mehr als 100 Unterschriften aus verschiedenen Fraktionen sammelte die Gruppe und reichte sie vergangene Woche beim Bundestagspräsidium ein. Bei der Bundestagswahl 2021 hatte Wanderwitz seinen Wahlkreis Chemnitzer Umland – Erzgebirgskreis II an den AfD-Kandidaten Mike Moncsek verloren, zog aber über die Landesliste in den Bundestag ein.
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    Bundestag
    Diese Abgeordneten unterstützen den Antrag für ein AfD-Verbotsverfahren
    „Ich werde kommendes Jahr 50. Das ist ein guter Zeitpunkt, an dem ich selbstbestimmt noch einmal etwas Neues anfangen kann. Darauf freue ich mich“, sagte Rechtsanwalt Wanderwitz der Zeitung. Was er nach seinem Abgang aus der Politik plane, darüber wolle er allerdings nicht sprechen, das sei jetzt Privatsache.
    Wie die „Sächsische Zeitung“ berichtet, hatte Wanderwitz‘ Partnerin, die sächsische Bundestagsabgeordnete Yvonne Magwas, bereits im Sommer 2024 ebenfalls ihren Rückzug aus dem Bundestag bekannt gegeben.
    Die 44-Jährige sitzt seit 2013 für das Vogtland im Bundestag und ist seit Oktober 2021 Vizepräsidentin des Parlaments. Sie machte in ihrer Erklärung deutlich, die jüngsten Entwicklungen in der Politik, das gesellschaftliche Klima und viel Gleichgültigkeit, „insbesondere in Sachsen“, hätten ihr viel Kraft geraubt.
    dpa/krott
    https://www.welt.de/


    Urteil: Nürnberg muss Allianz gegen Rechtsextremismus verlassen

    19.11.2024, 14:26 Uhr
    Die Stadt Nürnberg muss aus der Allianz gegen Rechtsextremismus austreten – das hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) entschieden. Die AfD hatte geklagt, weil die Allianz immer wieder die Partei in den Fokus ihrer Kampagnen nimmt.
    Von
    Nicolas Eberlein
    Florian Deglmann
    Florian Weber
    Erich Wartusch
    Isabel Pogner
    Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten Franken am 18.11.2024 um 13:30 Uhr.
    Die Stadt Nürnberg muss aus der Allianz gegen Rechtsextremismus in der Metropolregion Nürnberg austreten. Das hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) entschieden und damit einer Klage des AfD-Kreisverbands Nürnberg/Schwabach recht gegeben. Die Partei fühlte sich von der Allianz, die seit ihrer Gründung im Jahr 2009 gegen Rechtsextremismus und Demokratiefeindlichkeit kämpft, an den Pranger gestellt.

    Urteil: Verstoß gegen Neutralität
    In dem Urteil des BayVGH heißt es, die Stadt verstoße durch ihre Mitgliedschaft gegen ihre Pflicht zur parteipolitischen Neutralität. In der mündlichen Verhandlung am 13. November habe das Gericht festgestellt, dass "eine kommunale Öffentlichkeitsarbeit, die sich explizit gegen eine nicht verbotene Partei wende, (...) gegen das im Grundgesetz garantierte Recht der Parteien auf gleichberechtigte Teilnahme am politischen Wettbewerb" verstoße, schreibt der BayVGH in einer Mitteilung.
    Die Stadt Nürnberg hat nun die Möglichkeit, gegen die Entscheidung Revision beim Bundesverwaltungsgericht einzulegen. Diese könnte sich erledigen, wenn die Kommune den Empfehlungen des BayVGH folgt: Laut Mitteilung hatte der Vorsitzende Richter in der mündlichen Verhandlung angedeutet, dass die Stadt einen Vereinsaustritt vermeiden kann, wenn die Allianz gegen Rechtsextremismus künftig auf explizite Äußerungen zur AfD verzichtet.
    Allianz nimmt Urteil mit Sorge zur Kenntnis
    Die Allianz gegen Rechtsextremismus hat fast 500 Mitglieder. Zu ihnen zählen nach eigenen Angaben insgesamt 165 Städte, Gemeinden und Landkreise sowie 322 zivilgesellschaftliche Organisationen und Institutionen. Der AfD-Kreisverband Nürnberg/Schwabach und Mitglieder der AfD-Fraktion im Nürnberger Stadtrat hatten gegen die Mitgliedschaft der Stadt geklagt – weil die Allianz unzulässigerweise parteipolitische Zwecke verfolge und sich dabei auf die AfD fokussiere. Der Vorsitzende Richter hatte schon vor dem Urteil angekündigt, dass es "nicht ganz fernliegend" sei, dass man dem Antrag der Kläger stattgebe, die Stadt zum Austritt zu verpflichten.
    Nach der Urteilsverkündung äußert sich die Allianz in einem Statement sorgenvoll. Die Mitglieder lebten und verteidigten "die freiheitlich-demokratische Grundordnung unseres politischen Systems, und damit unser Grundgesetz", sagt Vorsitzender Stephan Doll. Er sehe die Stadt in der Pflicht, für diese Werte einzutreten. Daran ändere auch das Neutralitätsgebot nichts. Weiter sagt Doll: "Für die Allianz stellt sich die Frage, wie wehrhaft unsere Demokratie ist, wenn eine Kommune nicht für diese demokratischen Werte eintreten könnte und in einem Bündnis mit fast 500 Mitgliedern, das demokratiefeindliche Organisationen auch benennt, Mitglied sein kann." Doll fordert die "demokratischen Fraktionen im Nürnberger Stadtrat" dazu auf, Revision einzulegen. In der ersten Instanz hatte das Gericht den Antrag der AfD zurückgewiesen.
    Stadt Nürnberg tritt erst einmal nicht aus
    Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gegen die Stadt Nürnberg ist noch nicht rechtskräftig. Das Gericht hat eine mögliche Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen. "Darum ändert sich für die Kommunen, die bei uns Mitglied sind, bis auf Weiteres nichts", sagt Doll. Die Stadt Nürnberg erklärt am Montag nach der Urteilsverkündung: "Ein sofortiger Austritt der Stadt Nürnberg aus der Allianz gegen Rechtsextremismus muss daher nicht vollzogen werden." Erst einmal wolle man die schriftliche Urteilsbegründung abwarten. Danach hat die Stadt vier Wochen Zeit, um Revision einzulegen.
    AfD begrüßt Urteil
    Die AfD begrüße das Urteil grundsätzlich, sagt Roland Hübscher, Fraktionsvorsitzender der AfD im Stadtrat Nürnberg. Vor Gericht gezogen sei die AfD, weil die Mitglieder "das Neutralitätsgebot sehr stark verletzt sehen, da sich dieser Verein in erster Linie gegen unsere Partei positioniert hat". Kritik übt er zudem daran, "dass in jüngster Zeit ein falscher Tenor in der Öffentlichkeit entstanden ist." Grundsätzlich habe die AfD nichts gegen "zivilgesellschaftliche Organisationen wie diesen Verein", die Extremismus bekämpfen.
    Kritik: "Kein gutes Signal für Demokratie und Arbeit vor Ort"
    Im Vorfeld hatten auch Vertreter von CSU, SPD und der Linken davor gewarnt, der AfD recht zu geben. Der CSU-Vorsitzende im Nürnberger Stadtrat, Andreas Krieglstein, sagte: "Die AfD hat in Nürnberg bislang keinerlei konkrete Ideen eingebracht, wie wir die Stadtgesellschaft zusammenhalten und weiterentwickeln können."
    Auch SPD-Chef Nasser Ahmed erklärt am Montag: "Urteile sind zu respektieren, auch dann, wenn ich sie – wie hier – für inhaltlich vollkommen verfehlt halte." Er sei "entsetzt und schockiert". Zwar sei die staatliche Neutralitätspflicht ein hohes Gut, sie dürfe aber nicht vor sachlicher Kritik schützen. In Fragen von Demokratie und Menschenrechten "kann es keine Neutralität geben". Die Nürnberger SPD werde sich deshalb für eine Revision einsetzen.
    Dafür plädiert auch die Partei "Die Linke" in Nürnberg. Gerade jetzt sei eine starke Allianz gegen Rechtsextremismus wichtig. Sie setze sich "naturgemäß kritisch mit der größten rechtsradikalen Organisation, also der AfD" auseinander, sagte Linken-Stadtrat Titus Schüller. Dass die Stadt Nürnberg aus ihrem Selbstverständnis als Stadt des Friedens und der Menschenrechte unterstütze, sei nur folgerichtig.
    Andere Kommunen warten ab
    Nach dem Urteil sehen andere Kommunen wie Bayreuth oder München bisher keinen Grund, auf das Urteil zu reagieren. Auch der Bayerische Städtetag will erst die schriftliche Urteilsbegründung abwarten, bevor er sich dazu äußert. Ein Sprecher des kommunalen Spitzenverbandes sagte jedoch: "Für den Bayerischen Städtetag gibt es derzeit keinen Anlass, seine Mitglieder zu einem Austritt aus dieser wertvollen Allianz aufzufordern."
    https://www.br.de/



    Thüringer Stadt in den Fängen von Neonazis? „Bedrohliche Situation“

    von Redaktion Thüringen24.de
    08.11.2024 - 19:24 Uhr
    Die Lage im thüringischen Gera ist brisant. Die rechte Szene macht der Stadt zu schaffen. So manch einer fühlt sich bedroht.
    Gera in Thüringen: Die Polizei stoppt den Demonstrationszug der rechten Szene nahe der Panndorfhalle.© IMAGO/David Breidert
    Seit mehreren Jahren macht in Gera eine rechte Demo-Szene der Stadt in Thüringen zu schaffen.
    Kritiker bemängeln einen zu laschen Umgang – und sehen sich einer neuen Bedrohung ausgesetzt.
    Thüringen: Bewaffnete Bürgerwehr?
    Blockaden vor einem Flüchtlingsheim, Militärfahrzeuge auf Demonstrationen – und jetzt auch noch eine Bürgerwehr? Nach entsprechenden Ankündigungen aus der rechten Szene in Gera prüfe das Ordnungsamt aktuell das Thema, sagte Oberbürgermeister Kurt Dannenberg (CDU) der Deutschen Presse-Agentur. „Sollte sich bewahrheiten, dass sich hier eine bewaffnete Bürgerwehr gegründet hat, ist das ein Straftatbestand.“ Was ist los in der ostthüringischen Stadt, die immer wieder bundesweit in die Schlagzeilen gerät?
    Thüringen: Demos in mehreren Städten
    Jeden Montagabend gehen in Gera mehrere Hundert Menschen auf die Straße. Gestartet als Protest gegen Corona-Maßnahmen – damals noch mit teils Tausenden Teilnehmern – geht es dem harten Kern heute um Fundamentalkritik am Staat. Oder wie es der Thüringer Verfassungsschutz nennt: „Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“. Hier gebe es aber auch in anderen Städten eine Szene, etwa in Erfurt, Weimar, Zeulenroda-Triebes und Leinefelde-Worbis, heißt es im Verfassungsschutzbericht 2023.
    In Gera gibt es dazu immer wieder Auftritte bekannter Rechtsextremisten, eine Vernetzung mit dem rechtsextremen Compact-Magazin und Agitation gegen Geflüchtete. Im Frühjahr etwa versuchten Menschen aus dem Spektrum, die Zufahrt zu einer vom Land geplanten Flüchtlingsunterkunft in Gera zu blockieren. Vergangenes Jahr fuhr zum Tag der Deutschen Einheit ein Militärfahrzeug durch die Stadt.
    Tag der Deutschen Einheit in Gera 2023: Versammlungsanmelder Christian Klar steht auf einem historischen Militärfahrzeug und hält ein Plakat von Bundesinnenministerin Faeser in Sträflingskleidung und der Überschrift „schuldig“ in der Hand bei einer Demonstration des Bündnisses „Miteinanderstadt Gera“. Foto: picture alliance/dpa
    Zuletzt machte ein Aufruf aus der Szene die Runde, sich mit Baseballschlägern sogenannten Sicherheitsspaziergängen in der Stadt anzuschließen. Die Polizei Gera und das Thüringer Innenministerium bestätigten, den Aufruf zu kennen. Weitere Erkenntnisse lägen nicht vor.
    Thüringer Bündnis: „Bedrohliche Situation“
    „An dem Tag, als die Ankündigung raus kam, habe ich mich auf dem Heimweg dreimal umgedreht“, sagt Janusz Riese vom Aktionsbündnis „Gera gegen Rechts“. Er organisiert den Gegenprotest und trommelt ebenfalls jeden Montag ein paar Hundert Menschen zusammen. Mitstreiter aus dem Bündnis hätten bereits mehrfach etwa 20 Leute mit Hunden durch die Stadt ziehen sehen. „Für uns ist das eine bedrohliche Situation.“
    Aber selbst wenn es sich bei den „Sicherheitsspaziergängen“ nur um eine vollmundige Ankündigung handeln sollte – bedrohlich findet SPD-Mitglied Riese die Grundstimmung in der Stadt dennoch. „Es passieren hier sehr sehr deutliche Einschüchterungsversuche.“
    Stadt in Thüringen sieht wenig Handhabe
    Die Stadt sieht gegen die Szene der Montagsdemonstranten wenig Handhabe. „Ich habe rechtlich keine Möglichkeiten, solche Versammlungen zu verbieten“, sagt Oberbürgermeister Dannenberg. Und auch für strenge Auflagen oder eine Standkundgebung gebe es sehr enge Grenzen. „Die Versammlungsfreiheit ist dafür gemacht worden, dass Minderheiten ihre Meinung vertreten können – ob sie uns gefällt oder nicht.“
    Kritiker wie Riese bemängeln, dass die Stadt den rechten Demonstranten zu sehr entgegenkomme. Obwohl die Proteste etwa seit Wochen nicht mehr angemeldet seien, werde weiträumig der Verkehr gesperrt. „Eigentlich müssten die so in der Form gar nicht zugelassen werden.“
    Das Versammlungsrecht sieht zwar nicht vor, dass Versammlungen angemeldet werden müssen. Allerdings gilt das nur für spontane Demos. In Gera treffen sich hingegen wöchentlich zur selben Uhrzeit Menschen mit Fahnen, Trommeln und Bannern. „Spontan mögen diese Kundgebungen nicht sein. Aber das ist immer noch kein Versagungsgrund“, sagte Dannenberg dazu.
    Der CDU-Oberbürgermeister wurde bei der Kommunalwahl im Frühsommer ins Amt gewählt und war früher als Leiter des Ordnungsamtes auch für das Demonstrations-Geschehen zuständig. Schon damals hatte es immer wieder Kritik am Umgang damit gegeben. Ein Organisator der Kundgebungen hatte damals sogar einen Wahlaufruf für Dannenberg in die Welt gesetzt – wovon der sich distanzierte. Auch heute sagt er, ihm werde immer wieder irgendein Verhältnis zu dem Mann hinterher gesagt. „Das ist absoluter Blödsinn.“ Er rede nicht mit ihm.
    Thüringen: Kommentarfunktion abgestellt
    Generell störe ihn der Fokus auf die Demos, so Dannenberg. „Es ist ein Ärgernis, dass wenige Hundert Menschen uns einen Stempel aufdrücken, den 96.000 Menschen in dieser Stadt nicht aufgedrückt haben möchten.“ Das sei rufschädigend für die Stadt und schädige die Wirtschaft. Seit mehreren Wochen versucht sich Gera daher an einer Kampagne für mehr Vielfalt. Die Kommentarfunktion auf den Social-Media-Kanälen der Stadt ist abgestellt. Laut Polizei ist die Zahl der politisch motivierten Straftaten in Gera 2023 im Vergleich zum Vorjahr etwas zurückgegangen, nachdem es vorher deutliche Anstiege gegeben hatte.
    Das Problem sei, dass die große Masse nichts sage, so Dannenberg. „Den meisten Menschen in unserem Land geht es gut und sie sind nicht bereit, sich mit bürgerlichem Engagement dagegenzustellen.“ Riese meint, für viele Menschen sei das Thema inzwischen normalisiert. „Sie sind ermüdet von den Dauerkämpfen in der Stadt.“ In einem pflichtet er Dannenberg aber bei: „Es werden oft die schlechten Seiten dargestellt, dabei gibt es auch viele tolle Sachen in Gera.“ Und schiebt hinterher: „Wir haben hier aber auch ein manifestes rechtsradikales Problem. Und darüber muss gesprochen werden.“ (dpa)
    https://www.thueringen24.de/


    exklusiv
    "Sächsische Separatisten"
    Hinweis kam vom FBI

    Stand: 08.11.2024 06:10 Uhr
    Beim Schlag gegen eine Gruppe junger Rechtsextremer aus Sachsen kamen nach Informationen von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung entscheidende Hinweise von der US-Bundespolizei FBI.
    Von Florian Flade, Martin Kaul, Katja Riedel, WDR, und Reiko Pinkert, Sebastian Pittelkow, NDR
    Der Schlag deutscher Sicherheitsbehörden gegen eine mutmaßlich rechtsterroristische Gruppierung namens "Sächsische Separatisten" geht auch auf Hinweise der US-amerikanischen Bundespolizei FBI zurück. Das belegen Recherchen von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung. Demnach soll sich der mutmaßliche Rädelsführer und Hauptbeschuldigte der Gruppe selbst belastet haben, als er in Online-Chats und offenbar auch persönlich gegenüber Vertrauenspersonen von seinen Plänen berichtete. Am Dienstagmorgen hatten Polizisten an rund 20 Orten in Deutschland, Polen und Österreich zahlreiche Liegenschaften durchsucht und acht Beschuldigte festgenommen. Die Bundesanwaltschaft wirft ihnen vor, sich durch Wehrsportübungen und Ausbildungen im Häuserkampf auf einen sogenannten "Tag X" vorbereitet zu haben und sich konkret auf einen bewaffneten Kampf, auch gegen Andersdenkende und Minderheiten, vorbereitet zu haben. Die Gruppe habe sich darauf vorbereitet, in einem Teil Sachsens Gebiete zu besetzen, diese mit rechtsextremen Milizen abzuriegeln und dort auch ethnische Säuberungen an Migranten und Mitgliedern der staatlichen Ordnung zu begehen. Die Rede soll dabei auch von einem "Holocaust" gewesen sein. Der Gruppe wird daher vorgeworfen, einen gewaltsamen Systemumsturz zum "Tag X" herbeiführen zu wollen, dessen Zweck auch darauf gerichtet ist, Mord oder Totschlag zu begehen.
    Polizisten durchsuchen ein Objekt um Rahmen einer Razzia gegen mutmaßliche Rechtsterroristen in Sachsen.
    Player: audioRazzia gegen mutmaßliche militante Rechtsterroristen
    exklusiv
    07.11.2024
    Nach Terrorrazzia in Sachsen
    Verstörende Gewaltfantasien
    Ermittler bekamen bei der Razzia einen Einblick in die verstörende Gedankenwelt der "Sächsischen Separatisten". mehr
    Herangespielte Vertrauenspersonen? Dem mutmaßlichen Rädelsführer und Hauptbeschuldigte der Gruppe, Jörg S., wurde offenbar zum Verhängnis, dass er in einschlägigen rassistischen Onlinekanälen Details zu ihm, seiner Gruppe und deren mutmaßlichen Plänen preisgegeben haben soll. In einem dieser Chats soll sich nach Informationen von NDR, WDR und SZ auch eine sogenannte Online-Vertrauensperson bewegt haben, ein Mitarbeiter des US-amerikanischen FBI.So könnte Jörg S. und seinen teils noch jugendlichen Brüdern nun vorgehalten werden, was S. in einer Chatgruppe gepostet haben soll. Unter anderem soll der als Rädelsführer beschuldigte Mann Bilder von Personen in militärischer Tarnkleidung und Schutzausrüstung in bewaldetem Gelände gepostet haben.Im Chat mit der Online-Vertrauensperson des FBI soll S. sich selbst als taktischer Instrukteur ausgegeben, von seinen Verbindungen in rechte Parteien berichtet und unterstrichen haben, dass es im Falle eines Zusammenbruchs des Staates schon einen bewaffneten Teil einer etablierten politischen Bewegung gebe.Drei der nun festgenommenen Beschuldigten sind Mitglieder der AfD oder deren Jugendorganisation (JA). Die AfD hatte am Mittwoch erklärt, die mutmaßlichen Mitglieder der sogenannten "Sächsischen Separatisten" unverzüglich aus der Partei ausschließen zu wollen.
    Große Durchsuchungsmassnahmen bei einem Beschuldigten im Dresdner Westen.
    Player: audio AfD Parteiausschluss der Sächsischen Separatisten
    07.11.2024
    Nach Razzia
    AfD schließt mutmaßliche Terroristen aus
    Der sächsische AfD Landesverband hat den Ausschluss von drei Parteimitgliedern beschlossen. mehr
    Vertrauensperson nahe der GruppeDie Sicherheitsbehörden stützen sich bei den Ermittlungen gegen Jörg S. und die mutmaßliche Terrorgruppe indes nicht nur auf einschlägige Telegram-Chats: Offenbar ist es dem Bundeskriminalamt auch gelungen, eine Vertrauensperson nah an die Gruppe heranzuführen .Dieser menschlichen Quelle gegenüber soll Jörg S. in diesem Jahr zunächst von einer Gruppe berichtet haben, die unter seiner Anleitung bewaffnete Trainings im Wald durchführe. In alten Gebäuderuinen, so soll Jörg S. damals angegeben haben, übe die Gruppe auch das Eindringen durch Fenster und das taktische Vordringen auf Treppen. Später habe Jörg S. dann ausdrücklich von "Sächsischen Separatisten" gesprochen und gegenüber seinem Gesprächspartner die besondere Abkürzung "SS" betont, so der Vorwurf. Die SS war die persönliche Schutzstaffel Adolf Hitlers und während der Nazi-Herrschaft unter anderem für die gezielte Deportation und Ermordung von Juden, anderen Minderheiten und Andersdenkenden verantwortlich.
    Polizisten führen einen mutmaßlichen Rechtsterroristen vom Bundesgerichtshof in Karlsruhe weg
    Player: video" Gruppe hat sich auch bewaffnet", Michael Götschenberg, ARD Berlin, zu Festnahmen von Mitgliedern mutmaßlicher terroristischen Gruppe
    05.11.2024
    "Sächsische Separatisten"
    Mutmaßliche Rechtsterroristen in Untersuchungshaft
    Bei einer Razzia gegen eine mutmaßliche rechtsextremistische Terrorgruppe wurden acht Männer festgenommen. mehr
    Söhne eines bekannten Rechtsextremen in Österreich
    In seinen Äußerungen soll Jörg S. auch zum Ausdruck gebracht haben, dass er neben einem bewaffneten Kampf für eine Abspaltung Sachsens von der Bundesrepublik und einer Anerkennung eines vermeintlich neuen Nationalstaates durch das Putin-Regime offenbar auch einen Rassenkrieg anstrebe.Jörg S. wurde am Dienstag in Polen festgenommen. Er und zwei weitere, ebenfalls beschuldigte Brüder aus der sächsischen Stadt Brandis stammen aus einer bekannten, FPÖ-nahen österreichischen Familie. Ihr Vater gehörte in den 1990er-Jahren zu den bekanntesten Rechtsextremen Österreichs. Die Bundesanwaltschaft zählt die Brüder offenbar zum harten Kern der "Sächsischen Separatisten".
    Polizisten durchsuchen ein Objekt um Rahmen einer Razzia gegen mutmaßliche Rechtsterroristen in Sachsen.
    Player: video Frank Bräutigam, SWR, zu den Festnahmen der acht mutmaßlichen Mitglieder einer rechtsextremistischen terroristischen Vereinigung
    05.11.2024
    "Sächsische Separatisten"
    Razzia gegen mutmaßliche Rechtsterroristen
    Die Festnahmen erfolgten an verschiedenen Orten in Sachsen und in einem Fall in Polen. mehr
    "Relativ harmlose Wandergruppe" Teil des harten Kerns seien auch zwei Jugendfreunde der Brüder. Darunter Karl K., der nach Informationen von WDR, NDR und SZ schon seit mehr als vier Jahren in der rechtsextremen Szene aktiv ist und aktenkundig wurde, als er nach einer Demonstration in Dresden von mutmaßlich Linksextremen niedergeschlagen wurde. Er soll sich gegenüber Ermittlern als AfD-Sympathisant geäußert haben.Jörg S. selbst konnte sich zu den Vorwürfen auf Anfrage nicht äußern. Er soll sich zuletzt in Polen in Haft befunden haben. Bis zu einer Verurteilung gilt für ihn wie für alle Beschuldigten die Unschuldsvermutung. Sein Anwalt Martin Kohlmann, der auch Politiker der rechtsextremen Partei "Freie Sachsen" ist, hatte sich bereits kurz nach der Festnahme seines Mandanten in einer Videobotschaft unter anderem auf der Plattform X zu der Festnahme geäußert. Für ihn sehe es vorläufig so aus, dass eine "relativ harmlose Wandergruppe zur nächsten Terrororganisation hochgepuscht werden soll". Eine kurzfristige Anfrage ließ er zunächst unbeantwortet. Andere Anwälte der Mitbeschuldigten waren zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

    Dieses Thema im Programm:
    Über dieses Thema berichtete MDR Sachsenspiegel am 06. November 2024 um 19:00 Uhr.
    https://www.tagesschau.de/


    Rechtsextremismus:
    Was über die Festnahmen der Sächsischen Separatisten bekannt ist

    An mehreren Orten haben Einsatzkräfte mutmaßliche Mitglieder einer rechtsextremen Terrorgruppe festgenommen. Unter ihnen befinden sich auch drei AfD-Mitglieder.
    Von Eric Voigt und Larissa Kögl
    Aktualisiert am 7. November 2024, 13:17 Uhr
    Die militante Terrorgruppe Sächsische Separatisten soll von einem bevorstehenden Kollaps Deutschlands ausgegangen sein – und für einen Tag X Umsturzpläne gehabt haben. Die Bundesanwaltschaft hat 20 Objekte durchsuchen und acht mutmaßliche Rechtsterroristen festnehmen lassen. Auch der Schatzmeister des sächsischen AfD-Jugendverbands Junge Alternative und zwei weitere Parteimitglieder wurden festgenommen.
    Übersicht:

    Wo fanden die Razzien statt?
    Einsatzkräfte durchsuchten am Morgen 20 Wohnungen in Sachsen, Polen und Österreich. Dabei wurden acht Personen festgenommen. Die Festnahmen von sieben mutmaßlichen Mitgliedern der Gruppe erfolgten nach Informationen der Bundesanwaltschaft an verschiedenen Orten in und um Leipzig, in Dresden und im Landkreis Meißen. Der mutmaßliche Rädelsführer der Gruppe, Jörg S., wurde in der polnischen Grenzstadt Zgorzelec gefasst. Der polnische Inlandsgeheimdienst ABW teilte mit, Beamte hätten ihn auf Grundlage eines europäischen Haftbefehls festgenommen.
    Außerdem wurden Räumlichkeiten von nicht tatverdächtigen Menschen in Österreich durchsucht, darunter in der Hauptstadt Wien und im Bezirk Krems-Land. Mehr als 450 Einsatzkräfte waren bei den Einsätzen beteiligt.
    Wer sind die Sächsischen Separatisten?
    Die rechtsextreme terroristische Vereinigung namens Sächsische Separatisten hat sich nach Angaben der Bundesanwaltschaft spätestens im November 2020 gegründet. "Hierbei handelt es sich um eine aus fünfzehn bis zwanzig Personen bestehende militante Gruppierung, deren Ideologie von rassistischen, antisemitischen und in Teilen apokalyptischen Vorstellungen geprägt ist", heißt es in einer Mitteilung der Behörde. "Ihre Mitglieder verbindet eine tiefe Ablehnung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland."
    Wer sind die festgenommenen Mitglieder der Gruppe?
    Die Namen der Festgenommenen gab die Bundesanwaltschaft mit Kurt H., Karl K., Kevin M., Hans-Georg P., Kevin R., Jörg S., Jörn S., und Norman T. an. Sie sollen 21 bis 25 Jahre alt sein. Vier der Festgenommenen sollen Gründungsmitglieder der Gruppe sein. Der in Polen festgenommene Jörg S. soll die Vereinigung angeführt haben. Die anderen vier Festgenommenen haben sich nach Erkenntnissen der Bundesanwaltschaft später der Gruppe angeschlossen. Einige von ihnen sollen zu dem Zeitpunkt noch Jugendliche oder Heranwachsende gewesen sein.
    Nach Informationen von ZEIT ONLINE stammen die Brüder Jörg S. (23) und Jörn S. (20) aus einer österreichischen Familie, die seit mehreren Generationen in der rechtsextremen Szene aktiv ist. Jörg S., ausgebildeter Obstbauer, habe einen Faible für die Bundeswehr. Jörn S. soll in diesem Jahr an der Neonazidemonstration "Tag der Ehre" in Budapest teilgenommen haben. Ihr Großvater ist den Recherchen zufolge FPÖ-Politiker, ihr Vater ein bekannter österreichischer Neonazi. Bei der Festnahme sollen Polizisten zahlreiche NS-Flaggen aus dem Elternhaus getragen haben.
    Rechtsextremismus: Was über die Festnahmen der Sächsischen Separatisten bekannt ist
    Unter den festgenommenen mutmaßlichen Terroristen sind nach Informationen von ZEIT ONLINE auch drei AfD-Politiker. So fungiert Kurt H. im sächsischen AfD-Jugendverband Junge Alternative als Schatzmeister und sitzt im Stadtrat der Gemeinde Grimma. Außerdem gehört er im AfD-Kreisverband Leipzig Land dem Vorstand der Parteigliederung an. Bei der Festnahme wurde H. verletzt und kam ins Krankenhaus. Auch Kevin R. und Hans-Georg P. waren beziehungsweise sind in der AfD aktiv. Kevin R. engagierte sich demnach als Medienbeauftragter und Koordinator der Jungen Alternative im Kreisverband Leipziger Land. Außerdem vertritt R. die AfD in mehreren Beiräten der Stadt Grimma. Ein dritter Festgenommener, Hans-Georg P., saß nach Recherchen von ZEIT ONLINE von 2021 bis Oktober dieses Jahres für die AfD im Stadtbezirksbeirat Ost von Leipzig.
    Die AfD ging zu den Festgenommenen auf Distanz. Mit der Separatistengruppe verbinde die Partei "weder inhaltlich noch organisatorisch irgendetwas", sagte der Parteivorsitzende Tino Chrupalla. Falls sich die Vorwürfe bestätigten, werde man die betroffenen Personen aus der Partei ausschließen.
    Sieben der mutmaßlichen Terroristen befinden sich inzwischen in Untersuchungshaft. Laut einer Sprecherin der Bundesanwaltschaft setzte der Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof in Karlsruhe die Haftbefehle in Vollzug. Wann der achte Verdächtige und mutmaßliche Rädelsführer dem Ermittlungsrichter vorgeführt wird, ist noch unklar. Er befinde sich noch in Polen, wo er festgenommen worden war. Die Behörden warten demnach noch auf seine Auslieferung.
    Was ist Ziel der Sächsischen Separatisten?
    Die rechtsextreme und terroristische Vereinigung geht nach Angaben der Bundesanwaltschaft davon aus, dass Deutschland vor einem Kollaps steht. Wenn Staat und Gesellschaft zusammenbrächen, wolle die Gruppierung mit Waffengewalt Gebiete in Sachsen und gegebenenfalls auch in anderen ostdeutschen Ländern erobern, "um dort ein am Nationalsozialismus ausgerichtetes Staats- und Gesellschaftswesen zu errichten", hieß es in einer Mitteilung der Behörde. "Unerwünschte Menschengruppen sollen notfalls durch ethnische Säuberungen aus der Gegend entfernt werden."
    Dazu hätte die militante Gruppe unter anderem paramilitärische Übungen abgehalten. Laut Bundesanwaltschaft übten sie den Hauskampf und den Umgang mit Schusswaffen. Zudem beschafften sie sich militärische Ausrüstung wie Tarnanzüge, Schutzwesten und Gefechtshelme.
    Mit Material der Nachrichtenagenturen AFP und dpa
    https://www.zeit.de/


    Rechtsterroristische Gruppe
    Hinweis auf „Sächsische Separatisten“ kam aus den USA

    Identifiziert wurden die mutmaßlichen Rechtsterroristen vom Verfassungsschutz. Doch der erste Hinweis auf die Gruppe aus Sachsen kam aus den USA.
    Die Bundesanwaltschaft ließ am Dienstag in Sachsen und Polen acht mutmaßliche Rechtsterroristen festnehmen. Auch in Österreich wurden zwei Objekte durchsucht. (Archivbild)

    • Die Bundesanwaltschaft ließ am Dienstag in Sachsen und Polen acht mutmaßliche Rechtsterroristen festnehmen. Auch in Österreich wurden zwei Objekte durchsucht. (Archivbild) Foto: Rene Priebe/dpa
    • von dpa
    • 08. Nov. 2024  |  10:36 Uhr

    Der erste Hinweis auf die mutmaßliche Rechtsterroristen-Gruppierung „Sächsische Separatisten“ kam aus den USA. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur war dem FBI jemand aus Deutschland aufgefallen, der online in einem Chat unter einem „Nickname“ entsprechende Inhalte preisgab. Über den Hinweis aus den USA hatten zuerst NDR, WDR und die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet. Die Möglichkeiten deutscher Sicherheitsbehörden zur Aufklärung im Internet sind weniger umfangreich als die der US-Behörden.
    Der Generalbundesanwalt hatte am Dienstag acht mutmaßliche Mitglieder der militanten Gruppe festnehmen lassen. Unter ihnen ist ein AfD-Lokalpolitiker aus Sachsen, der beim Zugriff durch die Polizei eine Verletzung erlitt. Er soll nach Angaben aus Sicherheitskreisen bei seiner Festnahme eine Langwaffe in der Hand gehalten haben, weshalb die Polizei zwei Warnschüsse abgab. Der Beschuldigte habe einen Bruch am Kiefer erlitten und sei operiert worden, hieß es. Der Festgenommene ist nach Kenntnis der Deutschen Presse-Agentur Jäger und besitzt eine waffenrechtliche Erlaubnis.
    Der Landesvorstand der Sächsischen AfD hat inzwischen beschlossen, ihn und zwei weitere Parteimitglieder, die zu der mutmaßlichen rechtsextremen Terrorgruppe gehören sollen, aus der Partei auszuschließen. Die Bundesanwaltschaft wirft den deutschen Staatsangehörigen die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vor.
    https://bnn.de/


    Rechtsterrorismus
    "Sächsische Separatisten": Beschuldigter aus Grimma jetzt in Haft

    07.11.2024, 17:57 Uhr
    Artikel hören
    von MDR SACHSEN
    Nach der Zerschlagung der mutmaßlich rechtsextremen Terrorgruppe "Sächsische Separatisten" sitzen nun sieben der acht Festgenommenen in Untersuchungshaft. Wie die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe mitteilte, wurde am Donnerstag der Haftbefehl gegen den Grimmaer AfD-Stadtrat Kurt Hättasch in Vollzug gesetzt. Er war bei seiner Festnahme am Dienstag verletzt worden und wird nach MDR-Informationen im Leipziger Uniklinikum behandelt. Hättasch soll als Jäger eine waffenrechtliche Erlaubnis besitzen.
    Einsatzkräfte des Bundeskriminalamt (BKA) während eines Einsatzes
    Am vergangenen Dienstag hatten 450 Einsatzkräfte, darunter vom Bundeskriminalamt, mutmaßliche Objekte der "Sächsischen Separatisten" in Sachsen und im Ausland durchsucht.
    Bildrechte: picture alliance/dpa | Sebastian Kahnert
    Achter Beschuldigter noch in Polen
    Wann der achte und somit letzte Beschuldigte und mutmaßliche Rädelsführer dem Ermittlungsrichter vorgeführt wird, war am Donnerstag unklar. Der deutsche Staatsbürger war in Polen festgenommen worden. Gegen ihn läuft ein Auslieferungsverfahren.
    Laut Bundesanwaltschaft wollten die rechtsextremistische Gruppe bei möglichen Unruhen Gebiete in und um Sachsen mit Waffengewalt erobern. Die Gruppenmitglieder lehnen demnach die freiheitlich-demokratische Grundordnung ab. Von ihnen unerwünschte Menschen wollten sie aus den eroberten Gebieten "entfernen", notfalls durch ethnische Säuberungen, hieß es.
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    Acht mutmaßliche Rechtsterroristen in Sachsen und Polen festgenommen
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    Interview mit Rechtsextremismusforscher Decker
    Warum Sachsen für Rechtsextreme besonders attraktiv ist
    Terrorgruppe
    02:20
    Video
    AfD will "Sächsische Separatisten" ausschließen
    MDR (stt/gri/wim)/dpa
    Dieses Thema im Programm:
    MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Leipzig | 07. November 2024 | 13:30 Uhr
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    07. November 2024
    Sächsische Separatisten: AfD-Landesverband will drei Mitglieder ausschließen
    05. November 2024
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    19. September 2024
    Neonazi-Kampfsportgruppe "Knockout 51": Weitere Anklagen erhoben
    https://www.mdr.de/


    Festgenommene Rechtsextremisten
    So nah standen die »Sächsischen Separatisten« der AfD

    Die Polizei hat acht Terrorverdächtige verhaftet – darunter drei Mitglieder der AfD. Die Festnahmen befeuern die Debatte über ein Verbot der Partei. Überwachte Chats und Gespräche zeigen, wie radikal die Truppe war.
    Von Maik Baumgärtner, Roman Lehberger, Ann-Katrin Müller, Nicola Naber, Sven Röbel, Wolf Wiedmann-Schmidt und Steffen Winter
    07.11.2024, 17.04 Uhr • aus DER SPIEGEL 46/2024
    https://www.spiegel.de/


    Separatisten und AfD:
    Wo die Freiheit endet

    Reinhard Müller
    Ein Kommentar 
    05.11.2024, 16:14 Lesezeit: 2 Min.

    Dieses Mal keine alternden Reichsbürger, sondern junge Neonazis. Das macht die Sache nicht besser. Die festgenommenen Mitglieder einer mutmaßlichen Terrorgruppe „Sächsische Separatisten“, die offenbar Verbindungen zur AfD hat, sollen sich auf paramilitärische Weise auf einen Umsturz vorbereitet und, getragen von einer rassistischen Ideologie, ethnische Säuberungen ins Auge gefasst haben.
    Nun sind apokalyptische Vorstellungen, wie sie der Gruppe vorgeworfen werden, nicht strafbar. Auch die freiheitliche Ordnung muss man nicht mögen.
    Was zu respektieren ist
    Diese Ordnung muss allerdings auch nicht ihrer möglichen Abschaffung tatenlos zusehen. Zwar wollte die sächsische Gruppe offenbar, anders als die schon vor Gericht stehenden Reichsbürger, einen Umsturz nicht selbst herbeiführen und hatte nicht deren komplexe Pläne. Sie bereitete sich aber offenbar mit Waffen intensiver darauf vor. Die Verhinderung gewaltsamer Umtriebe ist nicht nur ein historischer Auftrag, sondern praktizierter Menschenrechtsschutz.
    Dass das in anderen Ländern, wie auch gerade in den USA, anders gesehen wird, dass auch über Aufrührer an der Wahlurne entschieden wird, ist anderen Erfahrungen und Verfassungen geschuldet. Das ist zu respektieren.
    Doch die Freiheit endet dort, wo mit Gewalt gegen andere und andere Anschauungen vorgegangen wird. Auch das Parteienprivileg kann dafür kein Deckmantel sein. Denn Parteien, die nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche Grundordnung zu beeinträchtigen, sind unter dem Grundgesetz verfassungswidrig. Wer nicht akzeptiert, dass alle frei und vor dem Gesetz gleich sind, darf nicht an die Macht gelangen.
    Letztlich ist die Frage, wo etwa die Grenze zwischen freier Meinungsäußerung und strafbaren Handlungen verläuft, ein Fall für die unabhängige Justiz. Hier zeigt sich in der gesamten westlichen Welt ein Spannungsverhältnis zwischen Demokratie und Rechtsstaat. Dass Freiheit in ihrer Ausübung allgemeine Regeln braucht, sollte freilich unbestritten sein. Sonst geht sie verloren.
    https://www.faz.net/


    Großrazzia
    Acht mutmaßliche Rechtsterroristen in Sachsen und Polen festgenommen

    05. November 2024, 22:57 Uhr
    Sie nannten sich "Sächsische Separatisten" und hegten Umsturzpläne: Am Dienstag haben Ermittler eine rechtsextremistische Gruppierung zerschlagen und acht junge Männer festnehmen lassen. Sie sollen für den Häuserkampf trainiert und Pläne geschmiedet haben, nach einem Umsturz aus ihrer Sicht unerwünschte Menschen "zu entfernen". Durchsuchungen in mehreren europäischen Ländern dauerten den Dienstag über an. Unter den Festgenommenen soll auch der AfD-Stadtrat Kurt Hättasch aus Grimma sein.
    von MDR SACHSEN
    Die Bundesanwaltschaft hat am frühen Dienstagmorgen acht Männer und Jugendliche in verschiedenen Orten in Sachsen und Polen festnehmen lassen. Wie der Generalbundesanwalt mitteilte, werden die Beschuldigten dringend verdächtigt, einer inländischen terroristischen Vereinigung anzugehören.
    Die Festnahmen erfolgten demnach in und um Leipzig, in Dresden, im Landkreis Meißen sowie - im Falle des mutmaßlichen Rädelsführers - im polnischen Zgorzelec, der Nachbarstadt von Görlitz. Alle Beschuldigte sind deutsche Staatsbürger, wie der stellvertretende Sprecher der Bundesanwaltschaft, Michael Ramöller, MDR SACHSEN sagte.
    Polizisten bringen die bei der Razzia gegen mutmaßliche Rechtsextreme Festgenommenen zum Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof, der über die Untersuchungshaft entscheidetmit Video
    Interview mit Rechtsextremismusforscher Decker
    Warum Sachsen für Rechtsextreme besonders attraktiv ist
    Sechs Tatverdächtige in U-Haft
    Bis zum Dienstagabend wurden laut Bundesanwaltschaft sechs der acht Männer in Untersuchungshaft genommen. Einer von ihnen konnte demnach wegen einer Verletzung nicht nach Karlsruhe gebracht werden. Der andere befinde sich noch in Polen, wo er festgenommen worden war. Alle Beschuldigten sollen am Dienstag und Mittwoch dem Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof vorgeführt werden.
    Vier der Festgenommenen sind den Angaben zufolge Jugendliche beziehungsweise Heranwachsende. Der Älteste von ihnen ist nach dpa-Informationen 25 Jahre alt.
    Einsatzkräfte vor einem Haus
    01:071 min
    Video
    "Sächsische Separatisten": Razzia bei mutmaßlicher Neonazi-Terrorgruppe
    MDR um 2
    Di 05.11.2024
    14:00Uhr
    01:07 min
    AfD-Stadtrat aus Grimma angeschossen
    Durchsuchungen gab es auch in Grimma und Brandis. Nach Information des MDR ist unter den Festgenommenen auch der AfD-Stadtrat Kurt Hättasch aus Grimma. Zuerst hatte die "Leipziger Volkszeitung" berichtet.
    Hättasch ist Mitglied des AfD-Kreisverbandes Leipziger Land und offenbar bei der Festnahme durch Schusswaffeneinsatz verletzt worden. Nach offiziell noch unbestätigten Angaben aus Sicherheitskreisen sei der AfD-Lokalpolitiker am Dienstagmorgen bei der Razzia mit einer Langwaffe vor die Polizeibeamten getreten. Ein Beamter habe daraufhin zwei Warnschüsse abgegeben, hieß es. Der Beschuldigte habe einen Bruch am Kiefer erlitten und werde operiert. Wie es zu der Verletzung kam und weitere Details zu dem Zwischenfall sollen Zeugenvernehmungen klären.
    Der sächsische AfD-Landesverband wieß jegliche Verbindung zu der betroffenen Gruppierung zurück. "Wir kennen nur die bisherigen Presseberichte zu diesem Vorgang. Unsere Partei steht fest auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung", sagte AfD-Sprecher Andreas Harlaß der Deutschen Presse-Agentur. Die AfD verbinde demnach weder inhaltlich noch organisatorisch irgendetwas mit einer solchen mutmaßlich neonazistischen "Separatistengruppierung".
    Betroffenheit im Rathaus Grimma
    Ute Kabitzsch, Beigeordnete der Stadt Grimma, zeigte sich von den Vorkommnissen überrascht. "Die aktuellen Verdachtsfälle auf eine mögliche Beteiligung an einer rechtsextremistischen Vereinigung erfüllen uns mit großer Betroffenheit. Dass ein Stadtratsmitglied in diesen Zusammenhang geraten könnte, war völlig unvorhersehbar", schrieb sie in einem Statement auf der städtischen Internetseite. Angesichts der Schwere der Vorwürfe nehme die Stadt die Situation sehr ernst, hieß es weiter.
    Dass ein Stadtratsmitglied in diesen Zusammenhang geraten könnte, war völlig unvorhersehbar.
    Ute Kabitzsch Beigeordnete Große Kreisstadt Grimma
    Drohnenflüge über Hättaschs Grundstück in Grimma
    Unterdessen wurden am Grundstück von Hättasch in einem abgelegenen Ortsteil von Grimma offenbar weitere Durchsuchungen auf dem Gelände vorbereitet. Beamte flogen das Grundstück mit einer Drohne ab und begannen mit Vermessungsarbeiten.
    Die sächsischen Sicherheitsbehörden verwiesen wegen mehr Informationen an die Generalbundesanwaltschaft, wo das Verfahren geführt wird. Die wollte sich mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen jedoch nicht zu Details äußern.
    Einsatzfahrzeuge auf einer Straße.
    Auch in Grimma waren Einsatzkräfte wegen der "Separatistischen Sachsen" aktiv.
    Bildrechte: Sören Müller
    Beschuldigte gehören "Sächsischen Separatisten" an
    Die Beschuldigten gehören den Angaben der Bundesanwaltschaft zufolge "einer spätestens im November 2020 gegründeten Vereinigung an, die sich selbst 'Sächsische Separatisten' nennt". Hierbei soll es sich um eine aus 15 bis 20 Personen bestehende militante Gruppierung handeln, deren Ideologie von rassistischen, antisemitischen und in Teilen apokalyptischen Vorstellungen geprägt sei. Ihre Mitglieder verbindet den Angaben zufolge "eine tiefe Ablehnung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland".
    Aus Sicht der Vereinigung stehe "außer Zweifel, dass Deutschland vor dem 'Kollaps' steht und an einem, wenngleich zeitlich noch unbestimmten 'Tag X' der staatliche und gesellschaftliche Zusammenbruch eintreten wird", hieß es weiter von den Ermittlern.
    Einsatzkräfte bei einer Razzia.
    01:06
    Audio
    Rechtsterroristische Vereinigung in Sachsen ausgehoben
    MDR SACHSEN - Das Sachsenradio
    Di 05.11.2024
    10:00Uhr
    01:06 min
    Gruppierung will Gebiete "mit Waffengewalt erobern"
    Bei dieser Gelegenheit, so die Bundesanwaltschaft, "möchte die Gruppierung mit Waffengewalt Gebiete in Sachsen und gegebenenfalls auch in anderen ostdeutschen Ländern erobern, um dort ein am Nationalsozialismus ausgerichtetes Staats- und Gesellschaftswesen zu errichten". In diesem Zusammenhang sei geplant, "unerwünschte Menschengruppen (...) notfalls durch ethnische Säuberungen aus der Gegend zu entfernen".
    Zu diesem Zweck hätten die Beteiligten paramilitärische Trainings mit Kampfausrüstung absolviert. Dabei wurden laut Ermittlern "insbesondere der Häuserkampf, der Umgang mit Schusswaffen, Nacht- und Gewaltmärsche sowie Patrouillengänge eingeübt". Ferner habe sich die Gruppe militärische Ausrüstungsgegenstände, etwa Tarnfleckanzüge, Gefechtshelme, Gasmasken und Schutzwesten, beschafft.
    Durchsuchungen auch in Österreich
    Insgesamt wurden rund 20 Objekte durchsucht. Neben den mehr als 450 Einsatzkräften in Deutschland, waren auch Beamte in Österreich im Einsatz. Dabei seien auch Räumlichkeiten von "nichttatverdächtigen Personen", darunter welche in Wien und im österreichischen Bezirk Krems-Land, durchsucht worden, hieß es weiter.
    Bei zwei der Beschuldigten soll es sich nach MDR-Informationen um die Söhne eines österreichischen Rechtsextremisten mit jahrzehntealten Verbindungen ins rechtsextreme Milieu handeln.
    «Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof» steht auf einem Schild am Eingang zum Gebäude der Bundesanwaltschaft.
    Durchsuchungen im Auftrag der Bundesanwaltschaft dauerten den Dienstag über an. (Archivbild)
    Bildrechte: picture alliance/dpa | Christoph Schmidt
    Justizminister Buschmann lobt Ermittler
    Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sagte: "Es ist ein großer Erfolg, dass es dem Generalbundesanwalt und den Sicherheitsbehörden gelungen ist, diese ungeheuerlichen Pläne aufzudecken und die Verantwortlichen festzunehmen."
    Gleichzeitig mahne dieser Ermittlungserfolg abermals an: "Unser Rechtsstaat und die freiheitlich-demokratische Grundordnung werden von vielen Seiten bedroht."
    Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erklärte: "Dass der Umgang mit Waffen trainiert und militärische Ausrüstung beschafft wurde, zeigt, wie gefährlich diese Rechtsextremisten sind." Sie verwies auf die frühzeitige Aufklärung über die Gruppe durch das Bundesamt für Verfassungsschutz.
    Nancy Faeser (SPD), Bundesinnenministerin, stellt das Bundeslagebild zur Organisierten Kriminalität 2023 im Haus der Bundespressekonferenz vor.
    Bundesinnenministerin Faeser meinte, dass das Training mit Waffen zeige, wie gefährlich die Gruppe sei. (Archivbild)
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    Schuster betont Bedeutung von Nachrichtendiensten
    Der Sächsische Staatsminister des Innern, Armin Schuster (CDU), bezeichnete die Durchsuchungsmaßnahmen und Festnahmen der Bundesanwaltschaft als "harten Schlag gegen militante Rechtsextremisten". Er zeige, wie wichtig starke Nachrichtendienste angesichts der aktuellen Bedrohungslage sind. Den Radarschirmen unserer Verfassungsschutzämter sei es zu verdanken, dass sich diese militante rechtsextreme Gruppe nicht zu einer Terrorgruppe radikalisieren konnte.
    Armin Schuster
    Sachsens Innenminister Armin Schuster sagte nach den Festnahmen, es sei dem Verfassungsschutz und den Nachrichtendiensten zu verdanken, dass "sich diese militante rechtsextreme Gruppe nicht zu einer Terrorgruppe radikalisieren konnte". (Archivbild)
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    MDR (lam/wim/ost)/dpa
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    AfD unterläuft Grenze zu Rechtsextremen: Reaktionen aus Bayern

    23.10.2024, 18:58 Uhr
    Die AfD gilt bundesweit als rechtsextremistischer Verdachtsfall. Dabei gibt es einen Unvereinbarkeitsbeschluss der Partei: Niemand aus extremen Gruppierungen darf Mitglied werden. Der BR hat gezeigt, wie dies unterlaufen wird. Reaktionen aus Bayern.
    Von
    Christoph Dicke
    Miriam Garufo
    Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am 23.10.2024 um 17:20 Uhr.
    Höchste Gerichte haben es bestätigt: Die AfD in Deutschland ist bundesweit ein rechtsextremistischer Verdachtsfall, einige Landesverbände sind sogar als gesichert rechtsextrem eingestuft. Und das, obwohl es schon seit Jahren einen Unvereinbarkeitsbeschluss der Partei gibt. Danach darf niemand in die AfD aufgenommen werden, der in einer extremistischen Gruppierung war oder ist. BR-Recherchen haben an Beispielen aufgedeckt, dass dieser Beschluss unterlaufen wird. Die Reaktionen der bayerischen Parteien ließen nicht lange auf sich warten.

    Holetschek: Abgrenzung gegen Rechtsextreme gelingt nicht
    Die Unvereinbarkeitsliste der AfD sei das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt ist - sagt Cemal Bozoğlu von den Landtags-Grünen. Er begrüßt die Recherchen des BR, die gezeigt hatten, dass es die AfD nicht so genau nimmt, ihr Parteibuch keinen Extremisten zu geben.
    Dabei sollte diese Liste mit extremistischen Gruppierungen ursprünglich doch die interne Brandmauer der AfD sein, so CSU-Fraktionschef im Bayerischen Landtag, Klaus Holetschek: "Im besten Falle ist es ja die Abgrenzung und der Versuch zu zeigen, dass man eben nicht rechtsextrem ist. Aber das gelingt eben nicht. Und was jetzt zutage getreten ist aufgrund der Recherche des Bayerischen Rundfunks, zeigt einfach, dass diese Partei aus meiner Sicht nicht zum demokratischen Spektrum gehört."
    Dobrindt: "Kein Zweifel, in der AfD gibt es Radikale, da gibt es Extreme"
    Alexander Dobrindt, CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, stellt im BR-Politikmagazin "Kontrovers" klar, dass er keinen Zweifel daran habe, dass es radikale und extreme Mitglieder in der AfD gebe, und dass diese damit auch verfassungsfeindlich sind. Cemal Bozoğlu geht noch weiter: "Die AfD ist eine akute Gefahr für unsere vielfältige Demokratie und hat in unseren Parlamenten nichts verloren."
    Fall Halemba für Streibl exemplarisch
    Auch für Florian Streibl, Fraktionschef der Freien Wähler in Bayern, hat die AfD sich längst selbst enttarnt: Gerade der Fall Halemba sei ein Beispiel dafür, dass sich die AfD bis heute nicht von solchen Personen distanzieren konnte. Die Partei wolle den Schulterschluss mit Rechtsradikalen, "eine Abgrenzung liegt in weiter Ferne." Allein das Auftreten der AfD-Fraktion im Bayerischen Landtag unterstreiche dies.
    SPD-Abgeordnete für AfD-Verbot
    Deshalb ist für die bayerische SPD-Bundestagsabgeordnete Carmen Wegge die Zeit reif für ein Verbotsverfahren gegen die AfD: "Das Bundesverfassungsgericht soll prüfen, ob diese Partei verfassungswidrig ist. Aus meiner Sicht spricht da viel dafür. Und die Recherche vom BR reiht sich da ein in eine lange Reihe von Erkenntnissen, die wir über die AfD haben."
    Im Video: Alexander Dobrindt ist gegen ein Verbotsverfahren gegen die AfD
    Alexander Dobrindt CSU-Landesgruppenchef im Bundestag im Kontrovers Interview
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    Videobeitrag
    Alexander Dobrindt CSU
    Dem widerspricht CSU-Landesgruppenchef Dobrindt im Interview mit dem BR-Politikmagazin "Kontrovers": "Ein Verbotsantrag wäre Wasser auf die Mühlen der AfD-Erzählung, dass die Politik sie nicht mehr in der Auseinandersetzung bekämpfen will, sondern mit anderen Mitteln, eben einem Verbot. Und das wäre extrem kontraproduktiv, weil es der Opfer-Erzählung der AfD ja noch einen Nährboden gibt und damit möglicherweise noch weitere Zustimmung zur AfD entsteht.“
    Dobrindt: AfD zu verbieten "ist nun mal verdammt schwer"
    Denn einer Partei nachzuweisen, dass sie verfassungswidrige Tendenzen hat, und dass sie extremistisch ist, "das ist nun mal verdammt schwer“, meint Dobrindt.
    Genauso sieht es auch sein Parteikollege und CSU-Fraktionschef im Landtag, Klaus Holetschek. Ein Verbotsverfahren mit unsicherem Ausgang helfe nur der AfD in ihrer Opferrolle. Man müsse durch gute Politik die AfD-Wähler zurückholen, so Holetschek zu BR24.
    Im Video: Wie hält es die AfD mit der Abgrenzung von Extremisten?
    Wie hält es die bayerische AfD mit der Abgrenzung von Extremisten?
    Bildrechte: BR
    Videobeitrag
    Wie hält es die bayerische AfD mit der Abgrenzung von Extremisten?
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    Bundestag
    AfD-Verbotsantrag kommt in Gang

    18.10.2024 Stand: 08:39 Uhr Lesedauer: 2 Minuten
    37 Abgeordnete von SPD, Union, Grünen und Linken unterstützen einen AfD-Verbotsantrag. Prof. Christian Waldhoff sagt: „Ich bin skeptisch.“ Für eine Einschätzung der Erfolgschancen bräuchte man die Materialsammlung der Sicherheitsbehörden.
    Der Verfassungsschutz will noch vor Silvester ein neues Gutachten vorlegen. Die Befürworter eines Verbotsverfahrens im Bundestag wollen schon vorher loslegen – aber nur, wenn das Vorhaben Erfolg verspricht.
    Die Initiative für ein Parteiverbotsverfahren gegen die Alternative für Deutschland (AfD) kommt in Gang. Die Befürworter im Bundestag wollen den vorliegenden Gruppenantrag womöglich bereits Mitte November in den Bundestag einbringen. „Wir werden mindestens noch die nächste Sitzungswoche weitere Unterstützer-Unterschriften sammeln und dann einbringen“, sagte Initiator Marco Wanderwitz (CDU) dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Die Gruppe werde keinen Antrag im Bundestag stellen, der keine Chance auf eine parlamentarische Mehrheit habe.
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    Artikeltyp:MeinungBundesverfassungsgericht
    Es geht um nicht weniger als den Erhalt der Demokratie
    Der Antrag könnte Wanderwitz zufolge im Dezember oder Januar im Bundestag zur Abstimmung gestellt werden. Prominente Politikerinnen und Politiker haben sich dazu skeptisch bis ablehnend geäußert, darunter Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), CDU-Chef Friedrich Merz und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt.
    Der Bundestag kommt zur nächsten Sitzungswoche vom 4. bis 8. November zusammen und danach vom 11. bis 15. November. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte am Montag angekündigt, in den nächsten zweieinhalb Monaten ein neues Gutachten zur AfD vorzulegen.
    Das könnte die Unterstützung für einen Verbotsantrag auch bei der Unionsfraktion und der SPD-Fraktion deutlich vergrößern, sagte Wanderwitz. „Es gilt, die Dynamik zu nutzen, die durch eine mögliche Neueinstufung der AfD als gesichert rechtsextrem durch das Bundesamt für Verfassungsschutz entstehen würde.“
    Bundestagsvizepräsidentin Yvonne Magwas befürwortet den Gruppenantrag ebenfalls. „Es ist höchste Zeit, die AfD durch das Bundesverfassungsgericht auf ihre Verfassungsmäßigkeit prüfen zu lassen“, sagte die CDU-Politikerin „Zeit Online“. „Wir sehen seit Jahren, dass die AfD rechtsextrem ist, sich auch weiter radikalisiert, wie sie unsere freiheitliche demokratische Grundordnung aushöhlt, verächtlich macht, mit dem Ziel, sie abzuschaffen.“
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    Magwas betonte, sie sehe es „als Lehre aus der Nazi-Barbarei und aus Verantwortung für eine gute demokratische Zukunft“ als ihre Pflicht als Abgeordnete, „die Tür zum Bundesverfassungsgericht zu öffnen“.
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    AfD-Debatte
    Grüße an den Elfenbeinturm: Freiheit muss man nicht studiert haben
    Auslöser der erneuten Debatte ist ein Antrag für ein mögliches AfD-Verbot, der von Bundestagsabgeordneten aus SPD, Union, Grünen und Linken unterstützt wird. Ihr Ziel ist es, beim Bundesverfassungsgericht ein Verfahren zum Verbot der AfD zu beantragen.
    Ein Parteienverbot kann von Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung beim Bundesverfassungsgericht beantragt werden. Der AfD müsste in dem Verfahren nachgewiesen werden, dass sie aggressiv-kämpferisch gegen die Verfassung vorgeht. Das Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet die Partei als rechtsextremistischen Verdachtsfall.
    dpa/afp/cuk
    https://www.welt.de/



    Initiative von Abgeordneten
    Entwurf für AfD-Verbotsantrag liegt Bundestag vor

    Stand: 11.10.2024 19:51 Uhr
    Die AfD soll durch das Bundesverfassungsgericht überprüft werden - so will es der Entwurf für einen Verbotsantrag mehrerer Abgeordneter. Er liegt nun dem Bundestag vor.Der Entwurf für einen AfD-Verbotsantrag im Bundestag steht. Er kann jetzt von Abgeordneten unterschrieben werden. In dem Dokument, das dem rbb vorliegt, heißt es, die AfD wende sich gegen zentrale Grundprinzipien der freiheitlich demokratischen Grundordnung. Die Würde des Menschen sowie das Diskriminierungsverbot würden durch die AfD, ihre führenden Funktionäre sowie zahlreiche Mandatsträger und Mitglieder "unverhohlen in Frage gestellt".
    Nach Ansicht der Autoren zielt die AfD darauf, die Rechte von Menschen mit Migrationshintergrund, mit Behinderungen oder mit "nicht heteronormativer Sexualität" sowie Angehörigen nationaler Minderheiten und Volksgruppen zu Gunsten einer "völkisch-nationalen Stärkung eines vermeintlichen Deutschtums" zu beschränken oder zu beseitigen.
    Archivbild: Tino Chrupalla (l-r), AfD-Bundessprecher, Hans-Christoph Berndt, stellvertetender Vorsitzender der AfD Brandenburg und Spitzenkandidat, und Alice Weidel, AfD-Bundessprecherin, klatschen bei der Wahlparty der Brandenburger AfD in einem Gasthaus in Potsdam-Marquardt vor den ersten Hochrechnungen. (Quelle: dpa/Soeder)
    Aus welchen Gründen die AfD gewählt wird
    Die AfD beschäftigt seit Jahren den Verfassungsschutz. In Brandenburg gilt die Partei als rechtsextremistischer Verdachtsfall. Bei einigen Personen, die nun im Landtag sitzen werden, ist das gesichert. Viele Wähler hat das offenbar nicht gestört. Von Oliver Noffkemehr
    Antrag stützt sich auf Erkenntnisse von VerfassungsschutzbehördenDie Verantwortung des Deutschen Bundestages für die freiheitliche Demokratie gebiete es daher, "die rechtliche Überprüfung der AfD durch das unabhängige Bundesverfassungsgericht zu ermöglichen."
    Der Antrag stützt sich demnach auf Erkenntnisse von Verfassungsschutzbehörden, Urteile der Oberverwaltungsgerichte in Thüringen und Nordrhein-Westfalen sowie auf Recherchen verschiedener Medien, die auf mehreren Seiten aufgelistet werden.
    Vorwurf des Machtmissbrauchs durch AfDBeispielsweise werde laut Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen deutlich, dass nach Auffassung der AfD Deutsche mit Migrationshintergrund keine "vollwertigen Deutschen" seien und zwischen Migranten und Deutschen ein "unüberwindlicher biologischer, abstammungsmäßiger Unterschied bestehe". Auch aus dem Verächtlichmachen staatlicher Institutionen und Amtsträger würden sich Anhaltspunkte für die Demokratiefeindlichkeit der Partei ergeben. Die Demokratie und das parlamentarische System würden abgelehnt und ein gewaltsamer Umsturz befürwortet.
    Auch mit ihrer Arbeit in Parlamenten bestätige die AfD die Annahme, dass sie errungene Macht einsetze, "um gegen politische Gegner vorzugehen, rechtsstaatliche Strukturen und Verfahren zu schwächen, Minderheiten auszugrenzen und verächtlich zu machen, die sexuelle Selbstbestimmung anzugreifen und die staatliche Förderung von Demokratie und Zivilgesellschaft zu behindern und mittelfristig abzuschaffen."
    Über die AfD verfügten zudem zahlreiche Extremisten und Verfassungsfeinde Zugang zum Deutschen Bundestag sowie zu sensiblen Daten und Informationen. In Teilen sei die Partei "der verlängerte Arm autoritärer ausländischer Regime" und agiere gezielt in deren Auftrag gegen deutsche Interessen.
    Eine junge Frau guckt sich auf dem Handy ein Video auf einer Social-Media-Plattform an (Quelle: dpa/Niklas Graeber)
    "Es gibt in der jungen Generation einen ganz starken Drang gegen Propaganda"
    Auf der Videoplattform Tiktok dominieren populistische und rechtsextreme Inhalte. Damit sind sie für die jungen Nutzer omnipräsent. Wie groß ist der Einfluss auf deren politische Einstellungen? Dazu forscht Nina Kolleck von der Universität Potsdam.mehr
    Mögliches Verbotsverfahren stößt auf geteiltes EchoHinter dem Antrag stehen insgesamt 37 Bundestagsabgeordnete von SPD, Union, Grünen und Linken. Ihr gemeinsames Ziel ist es, beim Bundesverfassungsgericht ein Verfahren zum Verbot der AfD zu beantragen. Ein Parteienverbot kann von Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung beim Bundesverfassungsgericht beantragt werden. Der AfD müsste in dem Verfahren nachgewiesen werden, dass sie aggressiv-kämpferisch gegen die Verfassung vorgeht. Ob und wann der Bundestag über den Antrag abstimmt, ist offen.
    In der Bevölkerung stößt das Vorhaben auf ein geteiltes Echo. Laut dem am Donnerstag veröffentlichten ARD-DeutschlandTrend lehnt eine Mehrheit von 46 Prozent der Befragten die Einleitung eines Verbotsverfahrens gegen die AfD ab. Die Zahl derer, die es für angemessen halten, stieg jedoch auf 42 Prozent.
    Die AfD blickt derweil gelassen auf die Initiative. Der Antrag sei zum Scheitern verurteilt und werde den Bundestag gar nicht erst passieren, sagte Parteichefin Alice Weidel in dieser Woche. "Sie können nicht 20 Prozent der Bürger in der Bundesrepublik Deutschland von der demokratischen Teilhabe ausschließen."Sendung: rbb24 Inforadio, 11.10.2024, 16:15 Uhr
    https://www.tagesschau.de/


    Rechtsextremisten auf freiem Fuß
    798 offene Haftbefehle gegen Nazis

    Die Zahl der gesuchten Rechtsextremisten nimmt trotz Festnahmen kaum ab. Die Linke fürchtet, dass sich die Lage vor den Landtagswahlen verschärft.
    4.8.2024
    798 Rechtsextreme tragen noch keine Handschellen
    Foto: Marcus Brandt/dpa
    Sabine am Orde
    Berlin taz | Sie werden wegen politisch motivierter Gewalttaten gesucht oder wegen Volksverhetzung, aber auch wegen Diebstahl oder Verkehrsdelikten – die Anzahl der Rechtsextremisten, nach denen per Haftbefehl gefahndet wird, ist weiter hoch. Zuletzt, und das heißt zum Stichtag Ende März diesen Jahres, gab es 798 offene Haftbefehle gegen 606 Personen. Hinzu kommt ein Haftbefehl einer ausländischen Behörde zwecks Auslieferung.
    Das geht aus der Antwort des Innenministeriums auf eine kleine Anfrage der Gruppe der Linken im Bundestag hervor, die der taz vorliegt. Die Zahlen liegen in etwa auf einer Höhe mit jenen vom Stichtag zuvor. Am 29. September 2023 gab es bundesweit 776 Haftbefehle gegen insgesamt 597 Personen.
    Das ist besonders bemerkenswert, weil sich in den sechs Monaten dazwischen 348 alte Haftbefehle gegen Neonazis erledigt hatten – entweder dadurch, dass die Gesuchten tatsächlich festgenommen wurden oder sich die Haftbefehle anders erledigt haben, etwa durch das Zahlen einer Geldstrafe. Das heißt: Im vergangenen halben Jahr sind ausgesprochen viele neue Haftbefehle hinzu gekommen.
    Gestellt hat die Anfrage die Abgeordnete Martina Renner, Innenexpertin der Linken. Sie sagt: „Die Zahlen gesuchter Neonazis und Rechtsextremisten bleiben trotz erheblicher Bemühungen der Sicherheitsbehörden besorgniserregend hoch.“ Fast die Hälfte der aktuell erfassten Haftbefehle sei „nur wenige Monate alt“.
    Renner argumentiert seit langem, dass die Anzahl eigentlich noch viel höher ist, die Behörden aber einen Teil der Rechtsextremisten, etwa Reichsbürger, unter dem Bereich „sonstige Zuordnung“ erfassen – und diese deshalb hier nicht auftauchen.
    „Im Bereich ‚Sonstige Zuordnung‘, wozu auch Reichsbürger gehören können, ist dies mit fast 40 Prozent neuer Haftbefehle ähnlich“, so Renner weiter. „Die Bedrohungslage durch Neonazis, Reichsbürger und rechtsextreme Straftäter hält unverändert an und wird sich angesichts des auch gewaltbereiten Personenpotentials auch im Umfeld der bevorstehenden Wahlen eher verschärfen.“
    Körperverletzungen und Widerstand gegen Beamte
    Laut Innenministerium liegt keinem der gegen Rechtsextreme gerichteten Haftbefehle eine terroristische Tat zugrunde. 26 gehen auf politisch motivierte Gewaltdelikte zurück, dazu gehören überwiegend Körperverletzungen und Widerstand gegen Beamte. Straftaten mit politisch rechten Motiven wie der Verwendung verfassungswidriger Kennzeichen, Volksverhetzung oder Beleidigung führten zu 165 Haftbefehlen. Die anderen Fälle gehören in den Bereich der Alltagskriminalität wie Diebstahl, Betrug, das Erschleichen von Leistungen oder Verkehrsdelikte.
    115 der gesuchten Personen halten sich mutmaßlich im Ausland auf, davon mit 22 die meisten vermutlich in Polen. In Österreich sind es neun, in der Schweiz und Frankreich jeweils sieben, in der Türkei sechs und in Paraguay, Rumänien sowie Italien jeweils fünf Personen.
    Jeweils ein Haftbefehl ist bereits zehn und elf Jahre alt, 31 Haftbefehle zwischen fünf und zehn Jahre. 113 sind aus dem Jahr 2022, 309 aus dem vergangenen und bereits 232 aus den ersten drei Monaten dieses Jahres.
    https://taz.de/


    Verwaltungsgericht München
    : Menschenfeindliche Ausgrenzung – Richter bestätigen Beobachtung der AfD

    01.07.2024, 13:06 Uhr
    Lesezeit: 3 Min.
    Bayerns AfD-Chef Stephan Protschka hatte vor der Entscheidung gesagt, er erwarte keinen Erfolg der Klage. (Foto: Daniel Löb/dpa)
    Der Verfassungsschutz darf die Bayern-AfD auch weiterhin unter die Lupe nehmen. Das Verwaltungsgericht München sieht „sowohl in der Breite als auch in der Tiefe“ extremistische Bestrebungen.
    Von Andreas Glas
    Der Verfassungsschutz darf die gesamte Bayern-AfD weiterhin als rechtsextremistischen Verdachtsfall beobachten und die Öffentlichkeit darüber informieren. Das hat das Verwaltungsgericht München am Montag im Hauptverfahren entschieden. Die Richter lehnten damit eine Klage der bayerischen AfD ab. Bereits 2022 hatte das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz (BayLfV) damit begonnen, die Partei zu beobachten und die Ergebnisse öffentlich zu machen.
    Die Behörde will aufklären, in welche Richtung sich die Partei bewegt und welchen Einfluss extremistische Strömungen innerhalb der AfD haben. Nun also hat das Verwaltungsgericht erklärt, dass tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen bestehen, „sowohl in der Breite als auch in der Tiefe“, wie der Vorsitzende Richter sagte. Die Entscheidung des Gerichts ist noch nicht rechtskräftig.
    Die AfD hatte gegen den Freistaat geklagt und gefordert, sowohl die Beobachtung als auch die Information der Öffentlichkeit zu unterlassen. Nachdem das Verwaltungsgericht einen Eilantrag der AfD zunächst im April 2023 abgelehnt hatte, ging die AfD weiter zum Verwaltungsgerichtshof, wo sie mit ihrer Beschwerde ebenfalls scheiterte. Nach der nun auch hauptsächlich abgelehnten Klage kündigte AfD-Landesvizechef Tobias Teich an, dass die Partei „ziemlich sicher“ Berufung vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) einlegen werde. Die Aussagen einzelner AfD-Mitglieder seien „nicht der Partei im Gesamten zuzurechnen“, sagte Teich.
    Von einzelnen Entgleisungen könne nicht mehr die Rede sein, urteilte dagegen der Richter. Die Äußerungen teils hochrangiger AfD-Vertreter ließen erkennen, dass ein Bedrohungs- und Schreckensszenario mit Blick auf Menschen mit Migrationshintergrund sowie Menschen muslimischen Glaubens aufgebaut werde. Diese Menschen würden als nicht integrierbar und Geflüchtete als Invasoren dargestellt. Wie Raubtiere, denen man den Jagdinstinkt nicht abtrainieren könne, sagte der Richter.
    Der Rechtsstaat werde „insgesamt in verfassungsschutzrelevanter Weise verächtlich“ gemacht
    In der Mitteilung des Verwaltungsgerichts ist zudem von Äußerungen die Rede, „die auf einem ethnisch-biologischen Volksverständnis basieren, das darauf abzielt, auch deutsche Staatsbürger mit Migrationshintergrund menschenwürdeverletzend auszugrenzen“. Zudem gebe es Aussagen, die über zulässige Kritik an der Regierung hinausgehen und sowohl Demokratie als auch Rechtsstaat „insgesamt in verfassungsschutzrelevanter Weise verächtlich“ machen.
    Mit dem Urteil geht das Hauptverfahren bereits nach drei Verhandlungstagen zu Ende. Ursprünglich waren neun Tage angesetzt. Die AfD-Seite hatte allerdings darauf verzichtet, Hunderte zunächst angekündigte Beweisanträge zu stellen. Für ihr Urteil hatte sich die Kammer mit Informationen befasst, die der Verfassungsschutz aus öffentlich zugänglichen Quellen zusammengetragen hat. Mehrere Tausend Seiten, die eine verfassungsfeindliche Ausrichtung der AfD belegen und eine Beobachtung rechtfertigen sollen – darunter Chatprotokolle und Redeauszüge. Das Spektrum reicht von ausländer- und muslimfeindlichen Äußerungen bis hin zu demokratiefeindlichen Einlassungen von AfD-Mitgliedern und Funktionsträgern der Partei. Die Beobachtung habe den Zweck, die innere Zerrissenheit der AfD und parteiinterne Flügelkämpfe zu analysieren, sagte der Richter. Es würde daher zu kurz greifen, nur einzelne Parteigliederungen zu beobachten.
    Die AfD sagt, der Geheimdienst dürfe „gerne hinschauen, denn wir haben nichts zu verbergen“
    Trotz der angekündigten Berufung sagte AfD-Landesvize Teich, der Verfassungsschutz dürfe bei seiner Partei „gerne hinschauen, denn wir haben nichts zu verbergen“. Bei „Fehlverhalten“ von Mitgliedern werde der Landesvorstand von sich aus handeln und etwa auf Mandatsträger „einwirken“. Dass selbst AfD-Landtagsfraktionschefin Katrin Ebner-Steiner über einen angeblich durch die Bundesregierung geplanten „Bevölkerungsaustausch“ sprach, ist für Teich die „Angelegenheit jedes Einzelnen“. Jeder könne den Bevölkerungsanteil von Menschen mit ausländischer Staatsbürgerschaft oder Migrationshintergrund selbst anschauen und bewerten, „was hier stattfindet“.
    In seiner Urteilsbegründung nannte der Richter mehrere Beispiele für verfassungsfeindliche Bestrebungen innerhalb der AfD, unter anderem Umsturzfantasien in parteiinternen Chats. Auch Erschießungskommandos für politische Gegner und die Wiedereinführung der Todesstrafe würden von Parteimitgliedern gefordert, sagte der Richter über die gesammelten Informationen.
    Der bayerische AfD-Vorsitzende Stephan Protschka war nicht zur Urteilsverkündung nach München gekommen. In einer Mitteilung bezeichnete er die Entscheidung des Gerichts als „Einschränkung der politischen Meinungsfreiheit“. Die AfD werde sich „gegen jede Form der Diskriminierung wehren“. Für CSU-Landtagsfraktionschef Klaus Holetschek zeigt das Urteil indes, dass die AfD „eine große Gefahr für unser Land“ sei und daher weiterhin intensiv vom Verfassungsschutz beobachtet werden müsse. „Die AfD gefährdet unsere Demokratie, ist rassistisch und menschenfeindlich“, sagte der bayerische SPD-Chef Florian von Brunn nach dem Urteil. Deshalb seien „harte Maßnahmen“ nötig, auch nachrichtendienstliche Mittel.
    Die Entscheidung des Gerichts befeuert zudem die Diskussion um ein Parteiverbot. Man müsse dies weiter forcieren, sagte Anna Rasehorn, Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion gegen Rechtsextremismus. „Die Prüfung eines Parteiverbots ist unverzichtbar“, sagte auch Katharina Schulze, Fraktionsvorsitzende der Grünen. „Das AfD-Personal in Bayern zeigt schon lange ohne jede Scham sein wahres Gesicht.“
    Sobald das schriftliche Urteil samt Begründung an die Beteiligten verschickt wurde, kann die AfD binnen eines Monats die Zulassung der Berufung durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof beantragen.
    https://www.sueddeutsche.de/


    Unternehmen gegen Populismus
    "Sie gefährden das, was wir aufgebaut haben"

    Stand: 14.05.2024 14:29 Uhr
    Die Vorstände von Deutscher Bank, Deutscher Bahn und Siemens treten gemeinsam mit weiteren Unternehmenschefs gegen Extremismus, Populismus und Rassismus ein. Sie rufen dazu auf, bei der Europawahl demokratische Kräfte zu stärken. Die Chefs von Siemens, Deutscher Bahn und Deutscher Bank haben vor den Folgen von Populismus, Extremismus und Rassismus für den Wirtschaftsstandort Deutschland gewarnt. Die drei Konzerne beteiligen sich mit zahlreichen weiteren Firmen an der Wirtschaftsallianz "Wir stehen für Werte"."Extremisten und Rassisten spalten unsere Gesellschaft, spalten unser Land, gefährden unseren Wohlstand", sagte Siemens-Chef Roland Busch. "Wir wollen mehr Vielfalt, mehr Offenheit und mehr Toleranz für eine lebenswerte Gesellschaft und Wohlstand." Das sei die Basis für Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit. "Sie gefährden das, was wir aufgebaut haben", warnte Busch und erklärte, er würde für sein Einstehen gegen Populisten auch den Verlust von Aufträgen riskieren. "Dann ist das so. Aber das glaube ich nicht."
    AfD-Logo an einem Sakko von Uwe Jung
    Player: audioVernetzung der AfD: "So gefährlich wie nie"
    10.03.2024
    Wirtschaftskurs der AfD
    "Ein Risiko für den Standort Deutschland"
    Raus aus dem Euro, Drohung mit "Dexit" - viele wirtschaftliche Forderungen der AfD sehen Experten skeptisch. mehr
    Offene Märkte Basis für Wohlstand"Wir brauchen viel mehr Europa. Wir müssen diesen Binnenmarkt weiter stärken", sagte Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing. Populisten wollten genau das Gegenteil, aber die Wettbewerbsfähigkeit von Deutschland und Europa basiere auf offenen Märkten. "Die Ideen von Populisten sind reines Gift für die Wirtschaft", so Sewing.Die Bank bekomme immer häufiger Rückfragen von Kunden und Investoren aus dem Ausland, wie es um die Festigkeit der Demokratie bestellt sei. "Diese Fragen kommen mehr und mehr", sagte Sewing. Er wisse von asiatischen Unternehmen, die ihre Investitionen in andere Regionen der Welt umgeleitet hätten, weil Deutschland nicht offen sei für Zuwanderung."Investoren sehen mit zunehmender Skepsis auf das, was in Deutschland passiert", sagte der Chef der größten deutschen Bank. Deutschland habe jahrelang an den Kapitalmärkten geringere Zinsen zahlen müssen als andere, auch weil das Land politisch und kulturell als verlässlich galt. Das sei durch links- und rechtsextremistische Positionen in Gefahr.Mitarbeiter oder Bankkunden auf ihre politische Einstellung hin überprüfen will die Deutsche Bank nicht. "Es geht nicht um die Ausgrenzung des einen oder anderen, sagte Sewing. Dafür gebe es auch keine rechtliche Handhabe.
    Reinhold Würth
    19.03.2024
    Brief an Tausende Beschäftigte
    Unternehmer Würth rät Mitarbeitern von AfD ab
    Der als "Schraubenkönig" bekannte Unternehmer Würth hat sich den Protesten gegen die AfD angeschlossen. mehr
    Lutz will Echoräume aufbrechenDeutsche-Bahn-Chef Richard Lutz berichtete von politischen Äußerungen auf internen Plattformen des Konzerns, "die wir nicht gutheißen". "Bei der Frage, was wir noch tolerieren und wo wir die rote Linie ziehen, haben wir die Dinge etwas verschärft", sagte Lutz. "Wir steigen viel schärfer in die Diskussion ein und sperren auch mal Kommentarfunktionen." Die Unternehmen und die Gesellschaft insgesamt müssten anfangen, "die Echoräume aufzubrechen. Das geht nur über Dialog und Diskurs", sagte Lutz. "Das ist wahnsinnig anstrengend, aber ich glaube, dass wir keine andere Chance haben, wenn wir der populistischen Spaltung von Gesellschaft etwas entgegensetzen wollen." Der Bahn-Konzern sei aber auch bereit, einzelne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei extremen Äußerungen von den internen Netzwerken auszusperren.
    Ein Sonnenschirm mit AfD-Logo.
    Player: audioNein zur AfD - CDU-Landesverbände legen sich fest
    26.07.2023
    Appell an die Politik
    Wirtschaft besorgt über AfD-Hoch
    Vertreter der Wirtschaft und des Handwerks zeigen sich alarmiert über die in Umfragen erstarkte AfD. mehr
    "Dexit" und "Remigration" waren AuslöserMehr als 30 Unternehmen - von DAX-Konzernen bis zu Start-ups - hatten die Initiative "Wir stehen für Werte" kürzlich gestartet. In einer gemeinsamen Kampagne rufen sie unter anderem ihre 1,7 Millionen Mitarbeiter auf, bei der Europawahl am 9. Juni pro-europäische Parteien zu unterstützen.Auslöser war nach Darstellung von Siemens-Chef Busch Forderungen nach einem Austritt Deutschlands aus der EU ("Dexit") und Recherchen über Forderungen von Rechtspopulisten nach der Ausweisung von Ausländern ("Remigration"). Damit seien "rote Linien überschritten" worden.Eine feste Demokratie ist nach Auffassung von Sewing die Voraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg. "Ein Austritt aus der EU wäre der größte Fehler, den wir machen könnten." Das Land brauche Zuwanderung von Fachkräften. "Diese Menschen kommen nicht, wenn Rechtspopulisten bei uns regieren", so Sewing.Lutz sagte, ihn hätten auch anti-israelische Proteste in Deutschland nach Beginn des Gaza-Kriegs gegen die palästinensische Hamas alarmiert. Anti-demokratische Bestrebungen gefährdeten den Wohlstand.
    Dieses Thema im Programm:
    Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 11. April 2024 um 18:10 Uhr.
    https://www.tagesschau.de/

    Auch die zweite Runde vor Gericht geht an „Correctiv“

    Veröffentlicht am 28.03.2024 | Lesedauer: 6 Minuten
    benjami_stibi_welt
    Von Benjamin Stibi
    Freier Mitarbeiter Investigation & Reportage
    Auftritt von Vosgerau bei der AfD
    Das OLG Hamburg wies eine Beschwerde des Staatsrechtlers Ulrich Vosgerau im Zusammenhang mit der „Correctiv“-Recherche zurück
    Quelle: dpa/Marcus Brandt
    Das Oberlandesgericht Hamburg hat Beschwerden des Staatsrechtler Ulrich Vosgerau und eines AfD-nahen Unternehmers zurückgewiesen. Der öffentliche Kampf um die Deutungshoheit um die „Correctiv“-Recherche über das Potsdamer „Geheimtreffen“ geht derweil weiter.
    Die Rechercheplattform „Correctiv“ kann sich freuen: Bereits vor vier Wochen hatte das Landgericht Hamburg zwei Eilanträge gegen die „Geheimplan gegen Deutschland“-Recherche größtenteils zurückgewiesen.
    Diese Beschlüsse hat nun das Oberlandesgericht Hamburg als nächsthöhere Instanz bestätigt. Bislang bleibt es also dabei, dass „Correctiv“ lediglich einen Satz aus dem Ursprungsartikel löschen muss.
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    Blick auf ein Gästehaus, in dem AfD-Politiker nach einem Bericht des Medienhauses Correctiv an einem Treffen teilgenommen haben sollen.
    ERSTER GERICHTSBESCHLUSS
    Warum „Correctiv“ einen Satz aus der „Geheimtreffen“-Recherche löschen muss
    Zur Erinnerung: Am 10. Januar enthüllte „Correctiv“ ein „Geheimtreffen“ in einem Potsdamer Hotel, bei dem Rechte angeblich die „Vertreibung von Millionen von Menschen aus Deutschland“, darunter deutsche Staatsbürger, geplant hatten.
    Gerichtsverfahren als Bühne für Kampf um Deutungshoheit
    Wie WELT berichtet hatte, fühlte sich der Staatsrechtler Ulrich Vosgerau, der an dem Potsdamer Treffen teilgenommen und dort auch einen Vortrag zum Briefwahlrecht gehalten hatte, in dem „Correctiv“-Artikel falsch wiedergegeben und zog vor das Landgericht Hamburg. Außerdem klagte ein Unternehmer, der in dem Text als „AfD-Großspender“ bezeichnet wurde, gegen seine namentliche Erwähnung.
    Aufgrund der politischen Tragweite der Recherche – Hunderttausende Menschen gingen auf die Straße – übten sich beide Seiten in „Litigation-PR“, sprich das Gerichtsverfahren wurde zum Anlass genommen, um auf Social Media und in der Presse einen Kampf um die Deutungshoheit auszufechten.
    Obwohl die juristischen Anträge von Vosgerau und dem Unternehmer nur auf die Änderung einiger weniger ihre Personen betreffenden Passagen abzielten, nutzten die Teilnehmer des Potsdamer Treffens die Bühne, die sich ihnen nunmehr bot, um auch den Rest der Berichterstattung in Zweifel zu ziehen. Hierzu reichten sie bei Gericht eidesstattliche Versicherungen ein, die zeigen sollten, dass „Correctiv“ falsch über das in Potsdam Gesprochene berichtet hatte.
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    Berlin: Nationwide Protests Against AfD Continue Following Revelation Of Meeting With Neo-Nazis
    DISKUSSION UM GEHEIMTREFFEN
    Jetzt holt „Correctiv“ zum Gegenschlag aus
    Die Journalisten konterten mit eigenen eidesstattlichen Versicherungen und engagierten die PR-Agentur „MSL“. Diesen Schritt begründete „Correctiv“ gegenüber WELT damit, dass man zum ersten Mal „einem solchen konzertierten Angriff über teilweise renommierte Medien, die sich instrumentalisieren ließen“ ausgesetzt gewesen sei. Genauere Angaben zur Dauer und Kosten des Mandats wollte „Correctiv“ nicht machen, lediglich dass man hierfür Spenden von Unterstützern und keine staatlichen Förderungen verwendet habe.
    Gericht betont öffentliches Interesse an „Correctiv“-Recherche
    Auf das Tohuwabohu ließ sich das Landgericht Hamburg jedoch gar nicht erst ein, sondern entschied nüchtern: Ja, „Correctiv“ durfte den Unternehmer erwähnen. Aber eine von den drei Passagen, die Vosgerau angegriffen hatte, ging zu weit.
    Gegen diese Beschlüsse legten beide Kläger sofortige Beschwerde zum Oberlandesgericht Hamburg ein. Dieses musste nun also wieder über die Identifizierung des Unternehmers entscheiden und ob Vosgerau nicht doch auch ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich der anderen beiden Passagen zusteht.
    Das OLG stärkte der ersten Instanz jedoch den Rücken. Die 9- bzw. 10-seitigen Beschlüsse vom 26. März liegen WELT vor. Aus Sicht der Richter hatte „Correctiv“ richtigerweise berichtet, dass der Unternehmer auf einer Unterstützer-Liste des „Masterplans“ stand und durch seine Spende an eine Wahlprüfungsbeschwerde Vosgeraus zumindest einen Teil des „Masterplans“ finanziell gefördert hatte.
    „Correctiv“ habe dagegen nicht – wie von dem Unternehmer behauptet – den falschen Eindruck erweckt, dieser habe an den in Potsdam anwesenden rechtsextremen Kopf der „Identitären Bewegung“, Martin Sellner, gespendet. Da er in den Jahren 2014 bis 2016 insgesamt über 150.000 Euro an die AfD gespendet hatte, durften ihn die Journalisten daher als „AfD-Großspender“ bezeichnen.
    Die namentliche Erwähnung des Mannes hielten die Richter ebenfalls für zulässig: Es bestehe ein „äußerst gewichtiges öffentliches Interesse daran, wer außer den Teilnehmern die dort diskutierten Maßnahmen unterstützt hat oder unterstützen will“. Auch eine „Prangerwirkung“ vermochte das Gericht nicht zu erkennen, da dem Unternehmer in dem „Correctiv“-Artikel nur eine „Nebenrolle“ zugekommen wäre.
    OLG Hamburg: „Correctiv“ durfte Aussagen verkürzen
    Außerdem stellten die Richter klar, dass Journalisten nicht verpflichtet seien, jede ihnen vorliegende Information zu veröffentlichen, sondern eine Auswahl treffen dürften, solange der Sachverhalt durch das Weglassen bestimmter Informationen nicht in negativer Weise für den Betroffenen „entstellt“ werde.
    Nach diesem Maßstab sei es zulässig gewesen, dass die „Correctiv“-Autoren in ihrem Artikel die Antworten Vosgeraus auf ihre schriftliche Anfrage, wie er zu den in Potsdam getroffenen „Remigrations“-Aussagen stehe, verkürzt wiedergegeben haben.
    In dem „Correctiv“-Text heißt es zu Vosgerau: „An die Sache mit der Ausbürgerungsidee von Staatsbürgern in Sellners Vortrag will er sich nicht erinnern können.“ Vosgerau hatte „Correctiv“ jedoch darüber hinaus geschrieben, seiner Erinnerung nach sei in Potsdam „von niemandem“ gesagt worden, es sollten Personen, die die deutsche Staatsbürgerschaft haben, „irgendwie repatriiert oder ausgebürgert“ werden und dies sei „ja rechtlich normalerweise auch gar nicht möglich“.
    Das OLG war jedoch der Ansicht, auch die weggelassenen Informationen hätten Vosgerau nicht weiter „entlasten“ können. Schließlich habe Vosgerau in seiner Antwort gerade nicht erklärt, Sellner hätte gar nicht über „Remigration“ gesprochen, oder dass er selbst aus ethischen oder rechtlichen Gründen gegen einen Versuch sei, auch deutsche Staatsangehörige langfristig zum Verlassen des Landes zu bewegen oder zu drängen. Dass die Teilnehmer des Treffens selbst davon ausgingen, dass es sich bei ihrem „Masterplan“ um ein „Zukunftsprojekt“ handle, das aktuell rechtlich noch gar nicht umsetzbar sei, hat „Correctiv“ laut Gericht in dem Artikel schon deutlich genug gemacht.
    Vosgerau hatte sich auch gegen den – aus seiner Sicht durch den Artikel vermittelten – Eindruck gewehrt, er hätte pauschal allen jungen türkischen Wählerinnen abgesprochen, sich eine unabhängige Meinung bei der Briefwahl bilden zu können. Doch auch hier gingen die Richter nicht mit. „Correctiv“ habe im Kontext der Wiedergabe seines Vortrags nur von „jungen Wählerinnen türkischer Herkunft“ ohne Verwendung eines bestimmten Artikels geschrieben. Dafür sei für den Leser erkennbar, dass Vosgerau in Potsdam keine allgemeingültige Aussage, sondern nur eine Aussage „über Teile der benannten Gruppe“ getroffen habe.
    Manipulative Methoden oder falsche Narrative?
    Kaum waren die beiden Beschlüsse den Klageparteien zugestellt, ging das öffentliche Gezanke weiter. Kläger-Anwalt Carsten Brennecke erklärte, auch wenn die massive Verkürzung der Zitate seines Mandanten nicht verboten wurde, habe das Gerichtsverfahren einen wichtigen Effekt gehabt: „Die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit wurde darauf gelegt, mit welchen manipulativen Methoden das ‚System Correctiv‘ bei seiner Berichterstattung arbeitet.“
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    Protestplakat „Brandgefährliche Männer“ mit Bildern von Sellner, Höcke und Kubitschek
    „CORRECTIV“-RECHERCHE
    Irgendwer sollte irgendwie dazu gebracht werden, Deutschland zu verlassen
    Indes bezeichnete „Correctiv“-Geschäftsführer David Schraven Brennecke auf „LinkedIn“ als „Verlierer-Anwalt“ und sein Chefredakteur Justus von Daniels warnte davor, „falschen Narrativen auf den Leim zu gehen“. Bei „Correctiv“ nimmt man Brennecke übel, dass er verbreitet habe, ihre Recherche hätte nur auf Werturteilen basiert und „Correctiv“ hätte inzwischen selbst zugegeben, dass in Potsdam gar nicht über die Ausweisung deutscher Staatsbürger nach rassistischen Kriterien gesprochen worden sei.
    Tatsächlich wies auch das OLG noch einmal explizit darauf hin, dass „Correctiv“ vor Gericht lediglich klargestellt hatte, die Potsdamer Runde hätte nicht darüber diskutiert, wie man „aktuell“ deutsche Staatsbürger ausweisen könne. Das Bewusstsein, das die rechtlichen Hürden dafür im Moment noch zu hoch seien, sei aber eben Ausgangspunkt für die weiteren Überlegungen gewesen.
    „Correctiv“-Anwalt Feldmann erklärte WELT, das Ergebnis des Gerichts sei „klar und eindeutig“: Sämtliche Versuche, „die Berichterstattung von ‚Correctiv‘ durch juristische Verfahren zu diskreditieren“, seien gescheitert.
    Nach mehr als sechs Wochen juristischem Tauziehen musste „Correctiv“ also bisher lediglich einen Satz dazu, wie Vosgerau die Erfolgswahrscheinlichkeit von Musterschreiben bei einer Wahlprüfungsbeschwerde einschätzt, löschen. Doch auch das könnte noch fallen, wenn „Correctiv“ gegen den entsprechenden Teil des erstinstanzlichen Beschlusses noch Widerspruch einlegt. Hierfür gibt es keine Frist. Das letzte Wort ist also weiterhin nicht gesprochen.
    https://www.welt.de/

    Rechtsextreme Mitarbeiter – Kritik an AfD im Landtag

    20.03.2024, 08:49 Uhr
    BR-Recherchen zeigen: Die Fraktion und Abgeordnete der AfD im Bayerischen Landtag beschäftigen mehrere Mitarbeiter aus dem rechtsextremen Spektrum. Auffällig: die Nähe zur Identitären Bewegung und zu radikalen Burschenschaften.
    Von
    Sammy Khamis
    Melanie Katharina Marks
    Johannes Reichart
    Über dieses Thema berichtet: BR24 am 20.03.2024 um 06:09 Uhr.
    Es ist der 12. Dezember des vergangenen Jahres, als das Präsidium des Bayerischen Landtags tagt. Der fünfte Tagesordnungspunkt ist überschrieben mit "Mitarbeiterentschädigung – Versagung der Aufwandserstattung bei Gefahr für die Sicherheit und Integrität des Bayerischen Landtags". Es geht darum, dass das Landtagsamt vier Mitarbeitern von AfD-Landtagsabgeordneten kein Geld mehr auszahlen will. Der Grund: Der Landtag sieht bei diesen Mitarbeitern Hinweise auf "verfassungsfeindliche Aktivitäten". Darüber berichtete zuerst die Augsburger Allgemeine Zeitung.
    Die Landtagsverwaltung hatte die vier bei einer Routineüberprüfung als Anhänger extremistischer Organisationen identifiziert: zwei als Mitglieder der Burschenschaft Danubia München, die beiden anderen als Aktivisten der Identitären Bewegung. Daraufhin wandte sich der Landtag an das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz, um diese Mitarbeiter überprüfen zu lassen. "Ziel war eine gesicherte Information des Präsidiums", so eine Sprecherin des Landtags.
    Rassistische Geste: Eklat im Landtag
    Die beiden Burschenschafter nahmen im Juni 2023 an einer Veranstaltung der AfD-Abgeordneten Christoph Maier und Ferdinand Mang in der Landtagsgaststätte teil. Die Namen der Mitarbeiter sind dem BR bekannt. Einer von ihnen zeigte dabei eine als "White Power"-Gruß bekannte Geste. In rechtsextremistischen Kreisen symbolisiert sie die "Überlegenheit der Weißen". Der BR berichtete damals über den Fall. Gegen ihn verhängte die Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) ein mehrmonatiges Hausverbot. Der zweite Burschenschafter soll bei dieser Veranstaltung einen Journalisten bedrängt haben.

    Auf Anfragen des BR hierzu äußerten sich die beiden AfD-Mitarbeiter nicht. Auch nicht zu ihrer Tätigkeit im Landtag.
    Nach BR Informationen arbeiten sie für den Weilheimer AfD-Abgeordneten Benjamin Nolte. Dieser schrieb dem BR, "dass ich aus Datenschutzgründen keine Auskünfte zu einzelnen meiner Mitarbeiter erteilen kann". Nolte bestätigte jedoch, "dass sich einige meiner Mitarbeiter in patriotischen Vorfeldorganisationen, darunter auch Burschenschaften, für unsere Heimat und unsere Demokratie einsetzen". Er begrüße dieses Engagement "ausdrücklich".
    "Identitäre Bewegung": Aktivist in Verfassungsschutzbericht erwähnt
    Der Landtag versagte einem weiteren Mitarbeiter die Zahlungen. In dem Beschluss wird er als Aktivist der rechtsextremen Identitären Bewegung (IB) und der vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften AfD-Jugendorganisation Junge Alternative (JA) genannt. Er nahm an zahlreichen Veranstaltungen der Identitären Bewegung teil. 2020 wird er namentlich im Verfassungsschutzbericht des Landes Hessen erwähnt. Demnach war er außerdem Anhänger des formal aufgelösten völkischen "Flügel".
    In einer Stellungnahme an das Landtagsamt betonte er, kein Mitglied der Identitären Bewegung und in deren Umfeld seit zwei Jahren nicht mehr in Erscheinung getreten zu sein. Der Mitarbeiter war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Es ist unklar, ob er aktuell noch für die AfD im Landtag arbeitet.
    Das Landtagspräsidium entschied, diesen Mitarbeitern vorerst keine Gelder auszubezahlen. Die Landtagspräsidentin Aigner bestätige dies im Interview mit dem BR.
    Dabei hatten Juristen des Landtags intern Bedenken geäußert: Die Rechtsgrundlage reiche womöglich nicht aus, um die Zahlungen zu versagen. Inzwischen heißt es aus dem Landtag, das Präsidium habe beschlossen, die Zahlungen wieder aufzunehmen und einbehaltene Gelder rückwirkend zu erstatten.
    BR-Recherchen: Weitere Verbindungen zu rechtsextremistischen Organisationen
    Dem BR liegt eine interne Telefonliste der Landtags-AfD vor. Darauf sind zum Stand Januar mehr als 50 Personen verzeichnet. Neben den Mitarbeitern, die der Landtagsverwaltung auffielen, gibt es nach BR-Recherchen weitere Personen, die aktiv in rechtsextremistischen Gruppierungen waren oder sind. So findet sich als "persönlicher Referent" des Abgeordneten Franz Schmid ein Aktivist der Identitären Bewegung auf der Liste. Er war Teilnehmer und Ordner auf Kundgebungen der Identitären Bewegung.
    Am Rande des Landesparteitags der AfD in Greding im Januar 2024 besuchte der Mitarbeiter gemeinsam mit den Abgeordneten Nolte und Schmid, weiteren Personen aus dem Umfeld der Jungen Alternative sowie Aktivisten der Identitären Bewegung eine Diskothek. Das zeigt Bildmaterial, das dem BR vorliegt. Nach Erkenntnissen des BR sangen mehrere Personen "Deutschland den Deutschen, Ausländer raus". Der Staatsschutz ermittelt in der Sache.
    Franz Schmid teilte dem BR auf Anfrage mit: Informationen über Mitarbeiter "unterliegen den datenschutzrechtlichen Bestimmungen sowie dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung". Sein Mitarbeiter reagierte auf eine Anfrage des BR nicht.
    Auffällige Mitarbeiter auch bei AfD-Fraktion
    Nicht nur AfD-Abgeordnete, auch die Fraktion beschäftigt Mitarbeiter mit Bezügen zum Rechtsextremismus. Unter ihnen Carsten M., der für die Öffentlichkeitsarbeit der Fraktion zuständig ist. Seit fast zwei Jahrzehnten ist er in der "Neuen Rechten" aktiv. Darüber berichtete bereits die Süddeutsche Zeitung. In den 2000er Jahren veröffentlichte M. Texte im Magazin Sezession und beim Verlag Antaios, beide führt das Bundesamt für Verfassungsschutz inzwischen im Bereich Rechtsextremismus. Darüber hinaus verfasste M. Artikel in der auch von NPD-Aktivisten herausgegebenen Zeitschrift "Umwelt & Aktiv" und sprach auf Kundgebungen von Pegida. M. ließ eine Anfrage des BR ebenfalls unbeantwortet.
    Als Referent für Innenpolitik beschäftigt die AfD-Fraktion Reimond H., Mitgründer der Jungen Alternative. H. publizierte in einer Zeitschrift, die der Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen der "Identitären Bewegung" zurechnet. Das Bundesamt für Verfassungsschutz erwähnte H. mehrfach in einem Gutachten aus dem Jahr 2019. Demnach soll H. auf seinem Facebook-Profil eine Deutschlandkarte in den Grenzen von 1937 geteilt haben, mit den Worten "Heimat, Volk, Tradition". Auch forderte er laut Gutachten eine "Verabschiedungskultur statt Vergewaltigungskultur". Reimond H. reagierte auf eine Anfrage des BR nicht.
    AfD-Fraktion: Keine Angaben zu Mitarbeitern
    Auf der internen Mitarbeiterliste vom Januar findet sich auch Harald D. Er wird dort als "Fraktionsmitarbeiter" mit dem Zusatz "Verfassung" geführt. Nach Angaben seines Anwalts will D. ein unentgeltliches juristisches Pflichtpraktikum absolviert haben. D. war aktives Mitglied Burschenschaft Teutonia Prag zu Würzburg. Sie wird seit November vom Verfassungsschutz beobachtet.
    Seit einer Razzia im vergangenen Herbst bei der Burschenschaft ermittelt die Staatsanwaltschaft Würzburg – auch gegen D., "u.a. wegen des Verdachts auf Volksverhetzung", wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft mitteilte. Es gilt die Unschuldsvermutung. Der Anwalt von D. schickte dem BR ein 18-seitiges Schreiben zum "Hintergrundverständnis". Daraus zitiert werden solle nicht.
    Die AfD-Fraktion im Bayerischen Landtag verweist in einer Antwort an den BR auf den Datenschutz: "Wir sind als Arbeitgeber nicht befugt, derartige Informationen mit Dritten zu teilen." Die Einstufung durch Verfassungsschutzämter hält die Fraktion für "lediglich Werteurteile". Sie seien "weisungsgebundene Behörden unter der Kontrolle der Minister".
    Landtagspräsidentin Aigner: Verfassungsfeinde im Haus
    Landtagspräsidentin Ilse Aigner kritisiert im BR-Interview, Mitarbeiter, die aktiv in rechtsextremistischen Gruppierungen seien, würden von Steuergeldern bezahlt. Sie findet es "inakzeptabel, dass wir uns Verfassungsfeinde ins Haus holen".
    Die Landtagspräsidentin hatte am vergangenen Mittwoch mitgeteilt, das Präsidium plane, das Abgeordnetengesetz zu ändern. Ein Gutachten solle klären, ob Personen, die in extremistischen Organisationen aktiv sind, die Mitarbeiterentschädigung versagt werden könne. "Das Abgeordnetengesetz ist zum Schutz von Abgeordneten sehr weitreichend. Und deshalb müssen wir das mit einem Rechtsgutachten auch klären. Hier ist Sorgfalt vor Eile angesagt", sagte Aigner.
    Über dieses Thema berichtet Kontrovers um 21.15 Uhr im BR Fernsehen

    https://www.br.de/


    Debatte über AfD-Kooperation
    Sächsischer Landesverband der Freien Wähler brüskiert Aiwanger

    Der Bundesparteitag der Freien Wähler hat ein Kooperationsverbot mit der AfD beschlossen, Parteichef Aiwanger warb eindringlich dafür. Der sächsische Landesverband hat Einwände.
    18.02.2024, 15.53 Uhr
    Freie-Wähler-Chef Aiwanger: »Dann sind wir deutschlandweit angezündet«
    Bild vergrößern
    Freie-Wähler-Chef Aiwanger: »Dann sind wir deutschlandweit angezündet« Foto: Harald Tittel / dpa
    Die Freien Wähler um Hubert Aiwanger gerieten in den vergangenen Monaten ins Zwielicht. Da war die sogenannte Flugblattaffäre um den Parteivorsitzenden und bayerischen Vizeministerpräsidenten Hubert Aiwanger. Und der rief im bayerischen Landtagswahlkampf populistische Parolen, so etwa, dass sich die schweigende Mehrheit »die Demokratie wieder zurückholen« müsse.
    Vor dem anstehenden Europawahlkampf bemüht sich die Partei nun um ein neues Image. Auf ihrem Bundesparteitag zur Europawahl haben die Freien Wähler einem Antrag gegen politischen Extremismus zugestimmt – und gegen eine Zusammenarbeit mit der AfD votiert.
    92 Prozent der mehr als 440 Mitglieder stimmten am Samstag in Bitburg für den Antrag, der die Kooperation mit der in weiten Teilen rechtsextremen Partei verbietet. Aiwanger warb eindringlich für das Verbot. Es dürfe nicht passieren, dass »irgendwo ein Wildgewordener, der dann mit dem Namen Freien Wähler (...) mit der AfD in eine Koalition geht«, sagte Aiwanger in seiner Parteitagsrede am Samstag. »Dann sind wir deutschlandweit angezündet.«
    Die Halbwertszeit des Beschlusses und der Warnungen Aiwangers könnte allerdings kurz sein. Der Landesverband der Freien Wähler in Sachsen jedenfalls hat nach dem Votum des Bundesparteitags politische Brandmauern gegen politische Kontrahenten wie die AfD abgelehnt.
    »In Deutschland keine guten Erfahrungen mit dem Bau von Mauern«
    Man nehme diesen Beschluss zur Kenntnis, unterstütze ihn aber nicht, teilte der sächsische FW-Chef Thomas Weidinger der Nachrichtenagentur dpa zufolge mit. »Die Freien Wähler in den Kommunen sind parteiunabhängig und daher vom genannten Beschluss ohnehin nicht betroffen. Diese haben seit einiger Zeit erfolgreich bewiesen, dass die sogenannte Brandmauer nicht hilfreich ist, wenn es um das Lösen konkreter sachlicher Probleme geht«, wird er zitiert. Die Landesvereinigung der Freien Wähler wolle »diesen bewährten Umgang mit Sachpolitik auf Landesebene etablieren«.
    Man habe »in Deutschland keine guten Erfahrungen mit dem Bau von Mauern gemacht«, sagte Weidinger den Angaben zufolge, »hinter einer Brandmauer würden auch die Wähler der AfD verschwinden, die wir für die bürgerliche Mitte zurückgewinnen wollen.« Das Motto des FW-Spitzenkandidaten zur Landtagswahl am 1. September in Sachsen, Matthias Berger, sei: »Vor der Wahl reden wir mit niemandem, nach der Wahl mit allen.« Im Beschluss der Bundesvereinigung sei Zuhören nicht untersagt.
    Aiwanger dagegen argumentierte, dass der Verzicht auf eine Zusammenarbeit mit der AfD seit Jahren gelebte Praxis bei den Freien Wählern sei. Laut einer Mitteilung sagte der bayerische Wirtschaftsminister: »Die im Antrag formulierte klare Abgrenzung gegen die AfD ist seit Jahren unsere Linie, beispielsweise nehmen wir keine ehemaligen Mitglieder von dort auf.«
    Der Bundesvorstand hat nach Angaben eines Parteisprechers bereits nach der Bundestagswahl 2021 einen Unvereinbarkeitsbeschluss gefasst. Nun werde die Abgrenzung in der Mitgliedschaft »auf eine breitere Basis« gestellt. Einstimmig wurde zudem ein ergänzender Antrag angenommen, der die Zusammenarbeit mit extremen politischen Kräften im linken und rechten Spektrum ausschließen soll.
    Der Fraktionschef der Freien Wähler im rheinland-pfälzischen Landtag, Joachim Streit, wurde auf dem Parteitag zu einem der fünf Stellvertreter des Bundesvorsitzenden Aiwanger gewählt. Streit erhielt 95 Prozent Zustimmung der stimmberechtigten Mitglieder. Bundesweit haben die Freien Wähler rund 8400 Mitglieder.
    apr/dpa/AFP
    https://www.spiegel.de/


    Von den Inseln bis ins Allgäu: Karte zeigt hunderte Proteste gegen Rechtsextremismus

    Stand:16.02.2024, 21:12 Uhr
    Von: Marie Ries, Sok Eng Lim
    Proteste in über 700 Städten und Gemeinden: Tag für Tag wird derzeit gegen Rechtsextremismus demonstriert. © picture alliance/dpa/Rebsch (Montage: Litzka/Lim/Bruckmann)
    Hunderte Demos von West bis Ost, von Nord bis Süd: Eine Datenanalyse zeigt die Protestwelle gegen Rechtsextremismus in Grafiken.
    Vom Lichtermeer auf der Münchner Theresienwiese bis hin zur Menschenkette im Örtchen Wenningstedt-Braderup auf Sylt: Hunderttausende sind seit Anfang Januar bei Protesten gegen Rechtsextremismus und die AfD auf die Straße gegangen. In mehr als 700 Städten und Orten kamen sie dabei zusammen, wie eine Datenanalyse von IPPEN.MEDIA zeigt. Basierend auf Daten der Organisationen ACLED und Demokrateam sowie eigener Recherchen haben wir Protest-Orte gesammelt, abgeglichen und aufbereitet. Klicken Sie sich durch unsere Karte unten, um einen Einblick in die Demonstrationen in Ihrer Region zu erhalten.
    Die Karte macht deutlich: Kundgebungen und Demos finden sich in den unterschiedlichsten Winkeln der Bundesrepublik. Diese große regionale Breite stellt eine Besonderheit der Proteste dar, wie die Professorin für politische Soziologie Sabrina Mayer erklärt. „Man sieht, dass das Thema Menschen in allen Teilen Deutschlands beschäftigt – sowohl in den alten als auch in den neuen Bundesländern“, sagt die Expertin von der Universität Bamberg.
    Expertin zur Protestwelle: Gerade Demos in kleineren Städten wichtig für politischen Dialog
    Beim Protest im Berliner Regierungsviertel am 3. Februar beispielsweise versammelten sich mehr als 150.000 Protestierende. In Kiel fanden vier, in Dresden bereits sechs Demos gegen Rechtsextremismus statt. Doch auch in kleineren Städten und Gemeinden mobilisieren unterschiedlichste Bündnisse Teilnehmer für die Demos. So protestierten etwa 150 Menschen im 900-Einwohner-Ortsteil Gschlachtenbretzingen im Kreis Schwäbisch Hall gegen den Empfang des AfD-Kreisverbands, wie die Südwestpresse berichtet.
    Insbesondere Demos in kleineren und mittelgroßen Städten abseits der Metropolen sind laut Soziologie-Professorin Mayer von Bedeutung für die Wirkung der Protestwelle. „Je mehr im Umfeld von Menschen protestiert wird, die mit der AfD sympathisieren oder sie wählen, desto mehr gibt es auch politischen Dialog”, sagt Mayer. Ausgelöst wurde die Welle an Protesten durch einen investigativen Bericht des Recherchenetzwerks Correctivs. Der am 10. Januar veröffentlichte Bericht enthüllte Details zu einem geheimen Treffen extremer Rechter bei Potsdam, darunter auch AfD-Politiker.
    Tag für Tag finden seitdem Demonstrationen und Kundgebungen gegen Rechtsextremismus statt. Die meisten Proteste wurden am letzten Wochenende im Januar gemeldet. Die Grafik lässt erkennen: Trotz eines gewissen Rückgangs fanden auch danach dutzende Demos statt.
    Dutzende Proteste gegen rechts für die kommenden Wochen geplant
    Wie die Proteste sich dauerhaft weiterentwickeln, ist laut Soziologie-Professorin Mayer jedoch noch offen. Ein Rückgang sei zwar wegen des hohen Aufwands von Demo-Teilnahmen wie bei den meisten Protesten erwartbar. „Aber trotzdem glaube ich nicht, dass die Proteste einfach versanden werden”, sagt Mayer. Auch für das kommende Wochenende sind Proteste angekündigt.
    Um bei den Demonstrationen von einer Bewegung zu sprechen, ist es aus der Sicht von Protestforscherin Teresa Völker von der Freien Universität Berlin noch zu früh. Denn die größte Herausforderung bei der Bildung von sozialen Bewegungen sei, Menschen über einen längeren Zeitraum hinweg zu mobilisieren und nicht nur für einen einmaligen Protest. „Das ist auch wichtig, denn eine Demokratie lebt von einer aktiven Zivilgesellschaft und Protestkultur – aber der langfristige Effekt hängt von der Weiterentwicklung ab.”
    Unsere Daten, Quellen, Methoden
    Die Analyse basiert auf Angaben des Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED), den Angaben der Organisation Demokrateam und eigenen Recherchen. Bei ACLED handelt es sich um eine Non-Profit-Organisation, die unter anderem von der Europäischen Kommission unterstützt wird. Demokrateam listet auf ihrer Website Protest-Ereignisse gegen Rechtsextremismus unter Angabe von Teilnehmerzahlen auf. In unsere Analyse aufgenommen wurden Ereignisse, die durch mindestens eine Zusatzquelle belegt werden oder durch eigene Recherchen bestätigt wurden.
    https://www.merkur.de/


    Rechtsextreme Zeitschrift
    »Compact«-Magazin fliegt aus zahlreichen Bahnhofsbuchhandlungen

    Die Zeitschrift »Compact« verbreitet seit Jahren rechtsextremes Gedankengut. An vielen Bahnhöfen tut sie das nun nicht mehr: Eine große Handelskette stoppt den Verkauf – »unverzüglich«.
    07.02.2024, 08.34 Uhr

    »Compact«-Chefredakteur Jürgen Elsässer vor einem Stand des Magazins auf der Leipziger Buchmesse 2018 Foto: Sebastian Willnow/ DPA
    Man finde in den Publikationen Antisemitismus, Islamfeindlichkeit, dazu »völkisch-nationalistische« Positionen: Mit dieser Begründung stufte der Verfassungsschutz das »Compact«-Magazin schon vor mehr als zwei Jahren als gesichert extremistisch ein. Erhältlich war und ist das Blatt dennoch an zahlreichen Verkaufsstellen in Deutschland.
    Allerdings sinkt diese Zahl mit einem Schlag rapide: Das Unternehmen Valora, das in Deutschland zahlreiche Bahnhofsbuchhandlungen betreibt, nimmt »Compact« mit sofortiger Wirkung aus dem Verkauf. Das bestätigte das Valora dem SPIEGEL. Zuerst hatte das Recherchenetzwerk »Correctiv « berichtet.
    »Für Valora steht die Pressefreiheit an oberster Stelle. Wir wollen aber denjenigen, die die freiheitlich-demokratische Grundordnung Deutschlands – und damit auch die Presse- und Meinungsfreiheit – verächtlich machen und darauf abzielen, sie zu überwinden, keine Plattform bieten«, teilte das Unternehmen auf SPIEGEL-Anfrage mit. Nach »intensiver Abwägung« sei man daher zu dem Schluss gelangt, Publikationen von Verlagen, die der Verfassungsschutz als »gesichert extremistisch« eingestuft habe, nicht weiter im Sortiment zu führen. »Unverzüglich« werde man das Magazin nicht mehr zum Verkauf anbieten.
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    Vordenker der Rechten: Der Mann, der half, das Unsägliche sagbar zu machen
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    Verfassungsschutz stuft »Compact«-Magazin als gesichert extremistisch ein
    Zu den Autoren des »Compact«-Magazins um Chefredakteur Jürgen Elsässer gehört unter anderem Martin Sellner. Der Österreicher hatte »Correctiv«-Recherchen zufolge  bei einem Treffen von Rechtsextremen, Rechtskonservativen und AfD-Funktionären im November in einer Villa in Potsdam Pläne für eine groß angelegte »Remigration« präsentiert, also die millionenfache Abschiebung oder Verdrängung von Einwanderern, darunter Deutsche mit Migrationshintergrund. Zu den Interviewpartner von »Compact« zählten in der Vergangenheit beispielsweise die AfD-Politiker Björn Höcke und Alice Weidel.
    Petition fordert weitere Händler zum Verkaufsstopp auf
    Valora betreibt an deutschen Bahnhöfen eigenen Angaben zufolge insgesamt 157 Verkaufsstellen – einen Großteil davon unter dem Namen »Press & Books«. Damit ist das Unternehmen ein großer, aber nicht der einzige Player im deutschen Markt.
    Derzeit steht bei einer Kampagnenorganisation eine Petition  mit etwa 100.000 Unterschriften online. Forderung der Unterzeichner: ein Verkaufsstopp des rechtsextremen Magazins bei allen großen deutschen Bahnhofsbuchhändlern. Facebook und Instagram hatten die Seiten von »Compact« bereits vor mehr als drei Jahren offline genommen.
    sol
    https://www.spiegel.de/


    Hefte fliegen aus Buchhandlungen
    Schwerer Rückschlag für rechtsextremes "Compact"-Magazin

    07.02.2024, 11:27 Uhr
    Artikel anhören
    Das "Compact"-Magazin gibt es bei "Press & Books"-Shops nicht mehr zu kaufen.
    (Foto: picture alliance / dpa)
    "Compact" ist in rechten Kreisen ebenso beliebt wie bei Verschwörungstheoretikern. Das Magazin können die Macher dabei trotz der rechtsextremen Inhalte oft auch in ganz gewöhnlichen Buchhandlungen vertreiben. Eine große Handelskette stoppt nun den Verkauf.
    Wer die Homepage des "Compact"-Magazins öffnet, weiß schnell, woran er ist. Auf der Seite wird eine Münze mit dem Kopf des rechtsextremen AfD-Politikers Björn Höcke angeboten, daneben gibt es ein Heft über einen angeblichen Massenmord von Amerikanern an Deutschen im Zweiten Weltkrieg zu kaufen - und an anderer Stelle wird in einem Interview über "Umerziehungs-Propaganda" durch den Staat fabuliert.
    Das rechtsextreme Magazin vom ehemals linken Publizisten Jürgen Elsässer ist zu einem der bekanntesten Sprachrohre in Szenekreisen geworden, aber auch darüber hinaus. Nicht selten sind "Compact"-Hefte in ganz gewöhnlichen Buchhandlungen oder Supermärkten zu finden. Auf den Protest folgt mitunter der Rauswurf. Laut "Spiegel" muss das Heft nun einen schweren Rückschlag einstecken: Das Unternehmen Valora, das in Deutschland zahlreiche Bahnhofsbuchhandlungen betreibt, nimmt demnach alle Hefte "mit sofortiger Wirkung" aus dem Verkauf.
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    POLITIK
    13.01.24
    Begriffe klingen erstmal harmlos
    Was Rechtsextreme mit "Remigration" und "Globalisten" meinen
    "Für Valora steht die Pressefreiheit an oberster Stelle. Wir wollen aber denjenigen, die die freiheitlich-demokratische Grundordnung Deutschlands – und damit auch die Presse- und Meinungsfreiheit – verächtlich machen und darauf abzielen, sie zu überwinden, keine Plattform bieten", teilte das Unternehmen mit.
    Petition fordert weitere Rausschmisse
    Valora betreibt 157 Verkaufsstellen an deutschen Bahnhöfen, darunter unter anderem die bekannten "Press & Books"-Shops. Auf der Petitionsplattform der selbst ernannten Bürgerbewegung "Campact" gibt es fast 100.000 Unterschriften für die Forderung, "Compact"-Magazine aus Bahnhofsbuchhandlungen zu entfernen. Neben Valora werden dort auch mehrere andere Firmen genannt.
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    POLITIK
    06.02.24
    "In ein Ghetto stecken"
    Lager-Fantasien bei der Jungen Alternative in Sachsen
    "Compact"-Magazine hatten in der Vergangenheit bereits mehrfach für Eklats gesorgt. So wurde eine Ausgabe einst in einem Supermarkt in Hamburg als "Titel der Woche" empfohlen. Ein Edeka-Markt in Bautzen stoppte nach Beschwerden einst den Verkauft der Hefte. Der Verfassungsschutz stuft "Compact" als erwiesen rechtsextremistische Bestrebung ein.
    Quelle: ntv.de, rog
    https://www.n-tv.de/


    „Compact“-Verkaufsstopp und AfD-Ausladung: Plötzlich geht es doch

    Was jahrelang mindestens still geduldet wurde, ist nun wieder verhandelbar. Wenn es nur laut genug gefordert wird.
    Eine Kolumne von Claudia Reinhard
    11.02.2024, 07:00 Uhr
    Es geht also doch. Rechtspopulisten mussten in dieser Woche öffentlichkeitswirksam zwei Rückschläge einstecken, weil der Protest gegen sie zu laut geworden war.
    Jeden Morgen ab 6 Uhr Chefredakteur Lorenz Maroldt und sein Team berichten im Tagesspiegel-Newsletter Checkpoint über Berlins Irrungen und Wirrungen. Hier kostenlos anmelden.
    Erstens: Das vom Bundesamt für Verfassungsschutz als „gesichert extremistisch“ eingestufte Magazin „Compact“ wird in den Buch- und Zeitschriftenläden von Valora (Press & Books), Dr. Eckert (Ludwig), Lagardère Travel Retail (Relay) und Schmitt & Hahn nicht mehr verkauft. Über 750 Fililalen betreiben diese Handelsketten in Deutschland – wer in Zukunft antisemitische Verschwörungsmythen, islamfeindliche Hetze und Quergedanken aller Art lesen möchte, muss sich anderweitig umschauen.
    Aber wieso eigentlich erst jetzt? Schon 2021 attestierte der Verfassungsschutz dem Monatsmagazin um Jürgen Elsässer neben den eben genannten Inhalten auch eine „grundsätzliche Ablehnung demokratischer Entscheidungsprozesse“.
    100.000 Unterschriften gegen den „Compact“-Verkauf
    Für Valora stehe die Pressefreiheit an oberster Stelle, teilte das Unternehmen dem Medium „Correctiv“ mit, das zuerst über den Vorgang berichtet hatte. Man wolle Presseorganen, „welche die Presse- und Meinungsfreiheit verächtlich machen und darauf abzielen, sie zu überwinden, keine Plattform bieten“. Bislang war das offensichtlich kein gravierendes Problem.
    Die Entscheidung dürfte eine direkte Reaktion auf die Online-Petition „Stoppt Compact - Keine rechte Hetze im Bahnhofsbuchhandel!“ sein, die seit ihrem Start vor zwei Wochen über 100.000 Menschen unterschrieben haben.
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    Jahrelang still geduldet wurden auch AfD-Politiker bei der Eröffnungsveranstaltung der Berlinale. An ihre Einladungen kamen sie durch ein festes Kontingent für Politiker. Eine kulturpolitische Praxis, die bisher nicht in Frage gestellt wurde. Erst ein offener Brief von Filmschaffenden und die Reaktionen in den sozialen Medien und der Presse stellte das Vorgehen zur Debatte.
    Man nehme die Aufregung „weniger Aktivisten“ gelassen, die AfD sei längst Teil der Stadtgesellschaft, sagte die Fraktionschefin der Berliner AfD, Kristin Brinker, dazu. Augenscheinlich hat sie diese Stadtgesellschaft falsch eingeschätzt. Sprach die Berlinale-Geschäftsführerin Mariette Rissenbeek Anfang Februar noch von einem „Dilemma“, gab sie am Donnerstag nach viel öffentlichem Widerspruch die Ausladung der AfD-Vertreter bekannt. Mal sehen, was in Zukunft noch so alles geht. Wenn nur laut genug gefragt wird.
    https://www.tagesspiegel.de/


    Recherchen zu Geheimtreffen
    : Correctiv: Keine Verfassungsschutz-Verbindung

    07.02.2024 | 12:19
    Wie kam Correctiv an Informationen zum Geheimtreffen radikaler Rechter in Potsdam? Kritiker vermuten Verbindungen zum Verfassungsschutz. Das weist der Chefredakteur klar zurück.
    "Wir wussten, dass die Recherche brisant ist, politisch", so Justus von Daniels, Chefredakteur von Correctiv. "Aber das, was sich jetzt natürlich auf den Straßen in Bewegung gesetzt hat, das ist unglaublich beeindruckend."
    07.02.2024 | 8:48 min
    Die Correctiv-Recherchen zum Treffen radikaler Rechter in einer Villa in Potsdam schlagen seit Wochen hohe Wellen - in der Politik, aber auch in der Bevölkerung. Zudem gibt es viele Fragen zum Vorgehen des Medienhauses - und Kritik.
    Correctiv-Chefredakteur Justus von Daniels verteidigte das Vorgehen des Netzwerks im ZDF Morgenmagazin. Vorwürfe, wonach die investigativen Recherchen durch Bundesmittel finanziert worden seien sowie eine mögliche Zusammenarbeit mit dem Verfassungsschutz wies er klar zurück.
    Das ist absoluter Quatsch.
    Justus von Daniels, Correctiv-Chefredakteur
    Correctiv hat das Material aus der investigativen Recherche Mitte Januar im Rahmen einer szenischen Lesung im Berliner Ensemble präsentiert.
    18.01.2024 | 2:46 min
    Correctiv-Chefredakteur: Kein Kontakt zum Verfassungsschutz
    Correctiv sei ein gemeinnütziges Medienhaus. "Wir haben keine staatliche Einflussnahme, wir haben keinen Kontakt zum Verfassungsschutz, der uns da irgendwelche Sachen zugespielt haben soll. Da sind wir tatsächlich ein unabhängig arbeitendes Medienhaus."
    Staatliche Förderung gebe es beispielswiese für die Medienbildung von Jugendlichen, die die Non-Profit-Organisation anbietet. "Für diesen Bereich bekommen wir tatsächlich staatliche Förderung, und das ist auch absolut okay so. Und das ist Teil unseres gemeinnützigen Zweckes auch."
    Auf seiner Website weist Correctiv aus, woher das Medienhaus sein Geld bekommt. Darunter sind verschiedene Stiftungen und ein Vertrag mit dem Facebook-Mutterkonzern Meta.
    Nach dem Extremistentreffen in Potsdam wächst die Sorge vor einer Unterwanderung der Justiz. Wie sehr ist der Rechtsstaat durch Extremisten gefährdet? ZDFheute live ordnet ein.
    30.01.2024 | 34:43 min
    Von Daniels verteidigt Correctiv-Vorgehen
    Auf die Frage, warum zwischen dem Treffen im November und der Veröffentlichung im Januar so viel Zeit vergangen sei, betonte er, dass es gemessen an den Recherchen nicht lange gewesen sei. Das Material sei gesichtet worden, auch Bilder, die von teilnehmenden Personen gemacht wurden. "Das muss man erstmal abgleichen - stimmen die überein mit den Personen, von denen man denkt, dass die es waren?"
    Zudem habe abgeklärt werden müssen, ob Correctiv die Texte "juristisch sicher" schreiben könne. Das habe gedauert - Anfang Januar sei die Redaktion dann bereit zur Veröffentlichung gewesen.
    Correctiv hatte über ein Treffen radikaler Rechter mit einzelnen Politikern von AfD, CDU und Werteunion im November in Potsdam berichtet. Dort hatte der frühere Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, nach eigenen Angaben über das Konzept der sogenannten Remigration gesprochen.
    AfD-Politiker, Rechtsextreme: Bei dem Geheimtreffen in Brandenburg haben sich mehrere Menschen über die Vertreibung von Millionen Menschen aus Deutschland ausgetauscht - darunter der Organisator Gernot Möring, der Ideengeber Martin Sellner, die AfD-Vertreter Roland Hartwig, Ulrich Siegmund, Gerrit Huy und Tim Krause sowie Simone Baum und Michaela Schneider von der Werteunion, Silke Schröder vom Verein Deutscher Sprache und Ulrich Vosgerau, ehemaliges Kuratoriumsmitglied der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung.
    Keine Protokolle herausgegeben
    Von Daniels verteidigte im ZDF, dass Correctiv keine Protokolle des Treffens in Potsdam herausgegeben habe. Nicht alles sei veröffentlicht worden, um die Quellen zu schützen. "Wenn es zum Beispiel Hinweisgeber für eine Recherche gibt, dann muss man tatsächlich auch darauf achten, dass man diese Hinweisgeber nicht in Gefahr bringt."
    Die Personen, über die geschrieben wurde, seien zudem vor Veröffentlichung konfrontiert worden. Einige Betroffene hätten sich nicht geäußert, andere schon. Allerdings hätten sie die Tatsache, dass das Treffen stattgefunden hat oder die Frage, worüber gesprochen wurde, nicht bestritten. "Sie haben dann nur gesagt: sie können sich an bestimmte Sachen so nicht erinnern."
    Neben den Großdemos in Berlin oder Bremen gab es am Wochenende auch viele Kundgebungen gegen Rechtsextremismus in kleinen Städten und in Hochburgen der AfD.
    05.02.2024 | 2:31 min
    Chefredakteur stellt sich vor Mitarbeiter
    Der Correctiv-Chefredakteur stellte sich auch vor einen seiner Mitarbeiter, Jean Peters. Der ehemalige Aktionskünstler und Gründer des Peng-Kollektivs sei beim Medienhaus als Journalist tätig, nicht als Aktivist.
    Der Kollege hat tatsächlich früher als Aktionskünstler gearbeitet, das ist richtig. Aber er ist schon seit einiger Zeit für Correctiv tätig als Journalist. Wir haben ihn ausgebildet. Der macht ganz normale journalistische investigative Arbeit. Also da gibt es keine Grenze, die wir da irgendwie überschritten haben.
    Justus von Daniels, Correctiv-Chefredakteur
    Quelle: ZDF
    https://www.zdf.de/


    Friedewald: Gegenkundgebung überschattet AfD-Demonstration

    Stand:02.02.2024, 23:00 Uhr
    Von: Daniel Göbel
    Lautstarker Gegenprotest: Rund 200 Menschen versammelten sich zu einer Gegenkundgebung gegenüber des Roten Platzes in Friedewald, wo die AfD demonstrierte. © Daniel Göbel
    Am Freitagabend hatte die AfD zur Demonstration auf dem Roten Platz in Friedewald aufgerufen. Etwa 50 Personen aufseiten der AfD standen rund 200 Gegendemonstranten gegenüber.
    Friedewald – Wie wenig Willkommen die AfD und ihre Anhängerschaft in Friedewald ist, zeigte sich schon deutlich vor Beginn einer Demonstration am Freitagabend, die die Partei kurzfristig für ihren ausgefallenen Neujahrsempfang initiiert hatte (wir berichteten). Viele Läden und auch private Anwohner schmückten ihre Eingänge mit Regenbogenflaggen oder Plakaten mit Aufschriften wie „Stoppt die AfD“. Auch versammelten sich gegenüber des Roten Platzes, wo die AfD-Demo stattfand, eine vom SPD-Ortsverein Friedewald ins Leben gerufene Gegenkundgebung. Rund 200 Gegendemonstranten standen damit etwa 70 Personen aufseiten der AfD gegenüber.
    Hessens Ministerpräsidenten von 1945 bis heute
    Da die Friedewälder erst am Tag zuvor durch die Zeitung von der AfD-Kundgebung erfahren hätten, habe keine Möglichkeit bestanden, eine Gegenveranstaltung unter Wahrung der rechtlich geforderten 48-Stunden-Frist anzumelden, erklärten Sonja Weber und Dietmar Thoms vom SPD-Ortsverein. Daher hätten die Sozialdemokraten eine Eilversammlung unter dem Motto “Herz und Verstand am Dreienberg” angemeldet. Unter der Protestierenden waren auch Landrat Torsten Warnecke und die SPD-Landtagsabgeordnete Tanja Hartdegen. Es sei ein tolles Zeichen, dass so viele Menschen hier seien, wir dürften uns die Demokratie nicht kaputtmachen lassen, unterstrich Hartdegen.
    Auch die Kirche setzte ein Zeichen: So fand eine Andacht mit Pfarrerin Dr. Ann-Cathrin Fiß im Kirchgarten statt, mit der Besonderheit, dass die Kirche innen wie außen mit einem farbigen LED-Spot angestrahlt wurde, um möglichst bunt gegen die Veranstaltung der AfD zu protestieren, teilte die Kirchengemeinde mit.
    Die Gegendemonstranten sangen lautstark zur Melodie von „Hejo, spann den Wagen an“ Parolen gegen Faschismus, während sich auf AfD-Seite zunächst wenig tat. So begann deren Kundgebung mit einer guten dreiviertelstündigen Verspätung und einer Rede des Landtagsabgeordneten Gerhard Schenk. Der Bebraer machte deutlich, warum, die AfD immer wieder auch mit Verschwörungstheorien in Verbindung gebracht wird. Er begrüßte nicht nur die aus seiner Sicht gekauften „Regierungsdemonstranten“, sondern auch die Mitarbeiter von Inlandsgeheimdiensten, die sich unter den etwa 70 Zuhörern befänden. Er wütete gegen „Scheindemokraten“, „Medienkartelle“ und „zwangsfinanzierte Hofberichterstatter“, die Deutschland hassten. Auch beklagte er mit einer selbstgebastelten Ampel in der Hand, dass er damit nicht vor einigen Wochen auf das Gelände der protestierenden Landwirte in Bad Hersfeld gelassen worden sei.
    Im weiteren Verlauf gab es Reden von dem Fuldaer AfD-Politiker Martin Hohmann und dem AfD-Europaabgeordneten und Spitzenkandidaten für die Europawahl Maximilian Krah, ehe die Teilnehmer noch gemeinsam durch das Dorf zogen.
    Trotz der vielen Menschen und der teils aufgeheizten Sprechchöre gab es am Freitagabend keine besonderen Vorkommnisse. Die Polizei war mit zahlreichen Beamten vor Ort. Zu Sicherheit versammelten sich die Gegendemonstranten hinter einem Absperrband.
    Von Daniel Göbel
    https://www.hna.de/


    Treffen mit Rechtsextremisten
    Neue Enthüllungen erhöhen Druck auf AfD

    Berlin · Demonstrationen, neue Enthüllungen, sinkende Umfragewerte: Die AfD steht weiter unter Druck. Immer wieder werden neue Kontakte zu Rechtsextremist Sellner bekannt. Die AfD-Spitze geht zum Gegenangriff über - vor allem Correctiv ist das Ziel.
    02.02.2024 , 06:45 Uhr 4 Minuten Lesezeit
    Von Mey Dudin
    Weitere Enthüllungen über AfD-Verbindungen zu Rechtsextremen bringen die Parteispitze in Bedrängnis. Das betrifft vor allem Kontakte von Funktionären der Partei zum früheren Kopf der Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner. So legt eine neue Recherche nahe, dass die AfD-Spitze stärker als bekannt in das Potsdamer Geheimtreffen Ende 2023 involviert war, wo Sellner unter dem beschönigenden Begriff „Remigration“ über die Massenausweisung von Menschen ausländischer Herkunft referiert hat - selbst wenn sie die deutsche Staatsbürgerschaft haben.
    Laut WDR, NDR und „Süddeutsche Zeitung“ war unter den Teilnehmern eine weitere Person aus dem Umfeld von Parteichefin Alice Weidel: Arne Friedrich Mörig, Sohn des Düsseldorfer Zahnarztes Gernot Mörig, der das Treffen in Potsdam organisiert hat. Besonders pikant: Mörig junior soll demnach von der AfD bezahlt worden sein, und zwar aus dem persönlichen Budget innerhalb des Bundesvorstandes, über das Weidel als Parteichefin direkt verfügen könne. Der 31-Jährige stand den Angaben zufolge seit Ende 2022 in einem Arbeitsverhältnis mit dem Parteivorstand, das inzwischen wieder gekündigt worden sei. In Potsdam habe er die Idee einer neurechten Influencer-Agentur präsentiert. Unter den weiteren Teilnehmern des Treffens war damals neben einem AfD-Landtags- und einer AfD-Bundestagsabgeordneten auch Weidels inzwischen entlassener persönlicher Referent Roland Hartwig.
    Teilnehmer einer Demonstrationen gegen Rechtsextremismus demonstrierenÖkonomen üben scharfe Kritik an Wirtschaftsprogramm der AfD
    „Zu kurz gedachte Ansätze“
    Ökonomen üben scharfe Kritik an Wirtschaftsprogramm der AfD
    Eine weitere Enthüllung kommt aus Bayern: Dort trafen sich AfD-Politiker bereits zwei Wochen vor der Potsdamer Veranstaltung mit Rechtsextremist Sellner.
    Mit einem Schild haben sich dieAfD in Potsdamer Geheimtreffen stärker involviert als bisher bekannt
    Neue Details
    AfD in Potsdamer Geheimtreffen stärker involviert als bisher bekannt >>>
    Die neuen Recherchen fallen in eine Zeit bundesweiter Großdemonstrationen gegen rechts und lauter werdenden Rufen nach einem Parteiverbot. Erstmals scheint der monatelange Höhenflug unterbrochen zu sein: Laut „Trendbarometer“ von RTL und n-tv fiel die AfD Ende Januar erstmals seit dem Sommer 2023 wieder unter die 20-Prozent-Marke und kam auf 19 Prozent. Unklar ist auch, ob der AfD-Bundesparteitag wie geplant in NRW abgehalten werden kann: Die Messe Essen, wo die Delegierten sich im Juni versammeln wollen, prüft derzeit, ob ein Vertragsrücktritt rechtlich möglich ist.
    Demo nach dem Geheimtreffen von RechtsextremenWas tun gegen Polarisierung, Frau Münch?
    Demos gegen Rechtsextremismus
    Was tun gegen Polarisierung, Frau Münch?
    Und was macht die AfD-Spitze? Sie geht zur Gegenattacke über. Weidel wirft dem Medienhaus Correctiv, dessen Journalisten das Potsdamer Treffen aufgedeckt haben, „Verleumdung“ vor. In einem Positionspapier nimmt die Partei Stellung zur vermeintlichen „Deportationslüge“ und erklärt: „Die AfD unterscheidet nicht zwischen deutschen Staatsangehörigen mit und ohne Migrationshintergrund.“ Dann kündigen die Rechtspopulisten die Umsetzung einer „Remigrationsagenda“ an: Sie wollen rund 250.000 ausreisepflichtige Ausländer „konsequent abschieben“, insbesondere Menschen aus Syrien und Afghanistan.
    Demo gegen rechts Düsseldorf: 100.000 dabei – Fotos94 Bilder
    100.000 Menschen demonstrieren in Düsseldorf gegen Rechtsextremismus
    94 Bilder
    Foto: Andrea Röhrig/ Uwe-Jens Ruhnau/ Tanja Brandes/ Martin Ferl/ Julia Nemesheimer/ Emely Schrön/ Dorothee Krings/ Markus Henrichs/ Alexander Esch/ Antje Hönig/ Nicole Lange
    Welche Folgen hat diese Debatte in diesem wichtigen Wahljahr, wo im Herbst über drei ostdeutsche Landtage abgestimmt wird? Der Marburger Sozialpsychologe Ulrich Wagner sagt unserer Redaktion, seine Prognose sei: „Viele Menschen sehen bei aktuellen Protesten die Möglichkeit, auch ihr Unbehagen gegenüber dieser brutalen Form von Fremdenfeindlichkeit zum Ausdruck zu bringen.“ Eine mögliche Folge sei, dass diejenigen, die bisher mit der Protesthaltung der AfD sympathisiert hätten, aber nicht mit deren Fremdenfeindlichkeit, jetzt merkten: „Es gibt viele die das kritisch sehen und ich muss vielleicht auch darüber nachdenken, ob ich am Ende wirklich die AfD wähle.“ Das könne der AfD Wähler entziehen.
    Es gebe aber auch ein anderes Argument, das ebenfalls richtig sei: „Wenn wir jetzt so heftig über die AfD reden, kann das zur Folge haben, dass der engere Kreis sich bestärkt sieht in der Überzeugung, dass die Altparteien und die Medien ohnehin nichts anderes machen, als die AfD zu diffamieren. Das führt dann zur Schließung der Reihen.“
    Seit Wochen gibt es bundesweit Demonstrationen gegen Rechtsextremismus.
    Foto: dpa/Jonas Walzberg
    Schauspieler spielen bei einer szenischen LesungNeue Details über Geheimtreffen in Potsdam veröffentlicht
    Correctiv-Recherchen
    Neue Details über Geheimtreffen in Potsdam veröffentlicht
    Was der Sozialpsychologe nach eigenen Worten nicht abschätzen kann, ist der Effekt der Aufmerksamkeit, die durch die Debatte erzeugt wird. „Das ist wie Werbung: Selbst schlechte Werbung ist besser als keine Werbung.“
    Hier geht es zur Bilderstrecke: Die bekanntesten Politiker der AfD seit 2013
    (mit AFP)
    https://rp-online.de/


    Verfassungsschutz alarmiert
    : AfD-Mann will "Parteienstaat abschaffen"

    von Oliver Klein und Nicola Albrecht
    01.02.2024 | 16:39
    Der Brandenburger AfD-Abgeordnete Hünich fordert in einer Rede, den "Parteienstaat" abzuschaffen - zu sehen im ZDF. Der Verfassungsschutz ist alarmiert.
    Der Landtagsabgeordnete der AfD Lars Hünich bei seiner Rede in Falkensee bei Berlin: den "Parteienstaat" abschaffen.
    01.02.2024 | 0:29 min
    Es sind irritierende Worte des Brandenburger AfD-Abgeordneten Lars Hünich beim Bürger-Stammtisch des AfD-Ortsverbands in Falkensee bei Berlin, dokumentiert von der Kamera der ZDF-Sendung Länderspiegel. Hünich schimpfte zunächst über angeblich "korrupte" Parteipolitiker. Dann erklärte er, was seine Partei bei einem Einzug in die Regierung des Landes plant:
    Wenn wir morgen in einer Regierungsverantwortung sind, dann müssen wir diesen Parteienstaat abschaffen.
    Lars Hünich, AfD-Abgeordneter im Brandenburger Landtag
    "Wir brauchen keine Parteien, die von dem Staat bezahlt werden, den sie eigentlich kontrollieren und lenken sollen", erklärte Hünich weiter. Die rund 40 Gäste spendeten Applaus.
    So berichtete die ZDF-Sendung Länderspiegel am Wochenende über die Rede des AfD-Abgeordneten Lars Hünich.
    01.02.2024 | 4:54 min
    Empörung nach Ausstrahlung von ZDF-Länderspiegel
    Nach Ausstrahlung der Sendung am Wochenende kochte die Empörung hoch: "Es gibt in Deutschland keinen 'Parteienstaat', wie behauptet wird, sondern eine pluralistische Demokratie mit freien, gleichen und geheimen Wahlen. Wer einen Ein-Parteien-Staat will, der stellt das Grundgesetz in Frage und gefährdet die freiheitlich-demokratische Ordnung", entgegnete Landtagspräsidentin Ulrike Liedtke (SPD). Sie kündigte ein Gespräch mit den Fraktionen an, "um diesen offenen Angriff auf den Parlamentarismus und den sozialen Frieden abzuwehren."
    Woher kommt der Begriff "Parteienstaat"?
    Der Begriff "Parteienstaat" stammt aus der Zeit der Weimarer Republik. Er war von Anfang an diffamierend gemeint und "als politisches Schlagwort gegen die neu entstandene Parteiendemokratie gerichtet", schreibt der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages.
    Heute werde die Entwicklung der Parteiendemokratie in der Bundesrepublik häufig als Entwicklung zum "Parteienstaat" beschrieben, heißt es weiter. Das Problem: Beide Begriffe, "Parteiendemokratie" und "Parteienstaat" werden sehr unterschiedlich definiert und bewertet. Manche AfD-Politiker behaupten, politische Parteien würden alle Macht an sich reißen und eine dominierende Herrschaft ausüben. Der AfD-Abgeordnete Hünich macht mit dem Begriff "Parteienstaat" Parteien verächtlich, spricht bei X (ehemals Twitter) von einer "Übernahme der demokratischen Institutionen durch die Parteien".
    Aber: Ohne Parteien geht es nicht - Aufgaben, Rechte und Pflichten von Parteien sind in der Verfassung der Bundesrepublik verankert. Das Grundgesetz hebt sie in den Rang einer verfassungsrechtlichen Institution.
    "Der Frust in der Bevölkerung ist groß", so Manuela Schwesig, SPD-Ministerpräsidentin in Mecklenburg-Vorpommern. Das sei trotzdem kein Grund dafür, die AfD zu wählen.
    22.01.2024 | 5:56 min
    Auch im Innenausschuss des Potsdamer Landtags, der gestern tagte, war Hünichs Rede das große Thema. Mit dabei: Der Chef des brandenburgischen Verfassungsschutzes, Jörg Müller. Er reagierte noch während der Sitzung: Das ZDF-Video werde nun in die Bewertung zur Einstufung der AfD miteinfließen, sagte er. Bisher ist Brandenburgs AfD nur ein rechtsextremer Verdachtsfall. Das könnte sich nach einer Neubewertung ändern.
    Verfassungsschutz: AfD will Grenzen verschieben
    Die Forderung nach Abschaffung des Parteienstaats sei die Forderung nach Abschaffung der demokratisch legitimierten Parteien, heißt es vom brandenburgischen Verfassungsschutz auf Nachfrage von ZDFheute.
    Eine solche Forderung ist daher ein klarer Angriff auf die freiheitliche demokratische Grundordnung.
    Einschätzung des Verfassungsschutzes Brandenburg
    Das gehöre zur Strategie der stetigen Verschiebung von Grenzen, so die Einschätzung: "Erst wird ganz offen die Demokratie in Frage gestellt, der Applaus der Anhänger mitgenommen und dann der eigene Vorstoß verharmlost und mit Nebelkerzen versehen."
    Nach einem Geheimtreffen von Rechtsextremisten, an dem auch AfD-Politiker teilnahmen, beschäftigt sich nun der Innenausschuss des Bundestages mit der Recherche von "Correctiv".
    17.01.2024 | 2:21 min
    Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) erklärte gegenüber ZDFheute:
    Mit dem Kampfbegriff Parteienstaat wurde schon einmal die parlamentarische Demokratie abgeschafft. Das war 1933 und danach folgte eine Diktatur des Schreckens.
    Michael Stübgen (CDU), Innenminister Brandenburg
    "Um es mit den Worten der AfD-Vorsitzenden zu formulieren - mit solchen Forderungen zeigt die AfD eins ganz deutlich: Diese Partei hasst die Demokratie." (AfD-Chefin Alice Weidel hatte am Mittwoch bei einer Rede im Bundestag gesagt: "Diese Regierung hasst Deutschland.")
    "Ein Parteiverbot zielt darauf ab, Freiheit dadurch zu schützen, dass man Freiheit beseitigt", so der ehemalige Bundesverfassungsrichter Peter Müller.
    23.01.2024 | 7:55 min
    AfD spricht von "Hetzkampagne" und "Falschdarstellung"
    Die AfD sieht sich unterdessen als Opfer einer "fortgesetzten Hetzkampagne", wie es in einer aktuellen Stellungnahme heißt. Die Rede ist von einer "vermutlich bewussten Falschdarstellung der Aussage von AfD-Mitglied Lars Hünich durch das ZDF", die ganze Berichterstattung darüber sei ein "ungeheuerliches Schauspiel", schreibt die AfD-Landesvorsitzende Birgit Bessin.
    "Die AfD will keinesfalls die Abschaffung von Parteien, sondern es wird allerhöchste Zeit, dass das gesamte Volk mehr Mitsprachemöglichkeiten im Rahmen der direkten Demokratie nach Schweizer Vorbild erhält, die Hürden dafür müssen deutlich gesenkt werden", so Bessin.
    https://www.zdf.de/


    „Diese Partei hasst die Demokratie“ – AfD-Kandidat will Parteienstaat in Deutschland abschaffen

    Stand:01.02.2024, 15:15 Uhr
    Von: Nils Hinsberger
    Ex-Nazi warnt: Rechtsextreme sehen ihren „Tag X“ zum Greifen nah
    Bei einem Treffen der AfD Falkensee erzählt ein Abgeordneter von seinen Regierungsplänen. Er will den Parteienstaat abschaffen – Verfassungsschutz ermittelt.
    Potsdam – Die AfD ist in den nächsten Skandal verwickelt worden. Bei einem „Bürger-Stammtisch“ des AfD-Ortsverbands Falkensee am 18. Januar in Potsdam habe der AfD-Landtagsabgeordnete Lars Hünich preisgegeben, was die Partei mit einer eventuellen Regierungsverantwortung anstrebe. Die Rede von Hünich wurde vom ZDF-Länderspiegel mitgefilmt und sorgt bundesweit für Empörung. Regionale Probleme seien bei dem Treffen eher zweitrangig gewesen.
    Themen bei dem Treffen seien vor allem bundespolitischer Natur gewesen. Neben viel Kritik an der Ampel-Koalition bemängelte Hünich auch die aktuelle Asylpolitik: „Wenn wir morgen Regierungsverantwortung haben, dann muss ein Großteil von denen, die hier sind, wieder nach Hause.“ Erst kürzlich sorgten Forderungen der AfD, Menschen mit Migrationshintergrund aus Deutschland zu deportieren, für bundesweite Empörung und Proteste. Doch damit nicht genug. Hünich forderte ebenfalls die Abschaffung des Parteiensystems. „Wenn wir morgen in einer Regierungsverantwortung sind, dann müssen wir diesen Parteienstaat abschaffen“, sagte Hünich bei dem Treffen.
    AfD-Treffen in Potsdam ruft Verfassungsschutz auf den Plan
    „Wir brauchen keine Parteien, die von dem Staat bezahlt werden, den sie eigentlich kontrollieren und lenken sollen“, wetterte Hünich weiter. Aus den Reihen des Publikums erklingt Applaus. Auf die Worte Hünichs wurden aber noch andere Akteure aufmerksam – der Verfassungsschutz in Brandenburg. „Wir haben das ZDF-Video schon gesichert. Es ist eingeflossen in die Bewertung zur Einstufung der AfD. Weil wir es als Verstoß gegen die Verfassung bewertet haben, was Herr Hünich da gesagt hat: die Abschaffung des Parteienstaates“, teilte der Chef des brandenburgischen Verfassungsschutzes, Jörg Müller, nach Bild-Informationen mit.
    Björn Höcke Andreas Kalbitz Lars Hünich Jörg Urban AfD Wahlkampfabschluss zum Brandenburger
    Lars Hünich (M.) zusammen mit AfD-Rechtsaußen Björn Höcke (L.) bei einer Wahlkampfveranstaltung. Hünich forderte bei einer Rede die Abschaffung des deutschen Parteiensystems. (Archivbild) © Olaf Selchow/IMAGO
    Die AfD stellt in Brandenburg bislang „nur“ einen rechtsextremen Verdachtsfall dar. Auf Anfrage von IPPEN.MEDIA teilte ein Pressesprecher des Verfassungsschutzes Brandenburg mit, dass die Forderungen nach Abschaffung des Parteiensystems als „ein klarer Angriff auf die freiheitlich demokratische Grundordnung“ zu bewerten seien. Demnach sind Parteien in Deutschland laut Verfassungsschutz durch das Grundgesetz geschützt und Bestandteil der Willensbildung des Volkes.
    Das Ziel der AfD sei, „den Diskurs zu bestimmen und die Grenzen des Sagbaren zu verschieben“, so Pressesprecher Andreas Carl. Gleichzeitig versuche sie „Anschluss an die allgemeine Kritik an der Bundesregierung zu finden“. Forderungen nach Abschaffung des Parteistaates habe es außerdem schon einmal gegeben. „Diese gab es bereits in der Weimarer Republik“, so der Verfassungsschutz.
    SPD wirft AfD Pläne für „nicht-demokratischen Staat“ vor
    Laut Länderspiegel hat die AfD gute Chancen, bei den Wahlen in Brandenburg als stärkste Kraft hervorzugehen. Vielleicht versucht AfD-Politikerin Lena Kotré deshalb, Hünichs Aussagen herunterzuspielen. Die brandenburgische Landtagsabgeordnete argumentiere, dass Politiker in einem Parteienstaat laut Wikipedia nur bereits entschiedenes im Parlament abstimmen würden, berichtet die Bild. Nach Auffassung Kotrés sei Hünich somit „für mehr Demokratie“.
    SPD-Politiker Andreas Noack widerspricht Kotré entschieden. „Sie wollen einen anderen, nicht-demokratischen Staat“, sagt Noack. Laut Noack will die AfD andere Parteien „nicht mehr haben“. Ohne diese müsse die AfD nicht mehr mit Widerspruch rechnen. Michael Stübgen, Innenminister von Brandenburg, teilte auf Anfrage mit, dass mit dem „Kampfbegriff Parteienstaat“ schon einmal die parlamentarische Demokratie abgeschafft wurde. „Das war 1933 und danach folgte eine Diktatur des Schreckens. Um es mit den Worten der AfD-Vorsitzenden zu formulieren: Mit solchen Forderungen zeigt die AfD eins ganz deutlich, diese Partei hasst die Demokratie.“ (nhi)
    https://www.fr.de/



    Einreiseverbot gegen Sellner? Rechtsextremist übertritt deutsche Grenze – und trifft auf Polizei

    Stand: 31.01.2024, 04:53 Uhr
    Von: Felix Durach
    Martin Sellner, Sprecher der Identitären Bewegung Österreich, bei einer Demonstration im Jahr 2021.
    Gegen den früheren Sprecher der Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, soll Berichten zufolge ein Einreiseverbot verhängt worden sein. (Archivbild) © ALEX HALADA/imago-images
    Nach Berichten über ein Einreiseverbot gegen seine Person, plant Martin Sellner eine Reise nach Bayern – wo die Polizei schnell auf ihn aufmerksam wird.
    Update vom 29. Januar, 19.52 Uhr: Nach seiner Ankündigung ist der österreichische Rechtsextremist Martin Sellner in Deutschland eingetroffen – und wurde gegen 18 Uhr rasch von der Grenzpolizei kontrolliert. Dabei sei überprüft worden, ob bei Sellner „eine Gefährdung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung“ vorliege, wie Polizeihauptkommissar Jürgen Bockstedt von der Bundespolizei Passau gegenüber der Mediengruppe Bayern erklärte.
    „Wir haben die Gründe hinterfragt, warum er einreist, und wir haben keine Gründe gefunden, die darauf hindeuten, dass er eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt – und deswegen darf er einreisen“, wird Bockstedt zitiert.
    Einreiseverbot gegen Martin Sellner? Österreicher hofft auf „Pushback“ an der Grenze
    Erstmeldung: Passau – Mit seinen „Remigrations“-Pläne im Rahmen des Potsdamer Treffens sorgte Martin Sellner deutschlandweit für Aufsehen. In der vergangenen Woche soll die Bundespolizei Konsequenzen gezogen und den 35-Jährigen verdeckt zur Fahndung ausgeschrieben haben. Im Falle einer erneuten Einreise nach Deutschland könnte ihm somit die Zurückweisung an der Grenze drohen. Sellner will die Berichte am Montagabend selbst überprüfen und hat eine Reise nach Bayern geplant.
    „Wir düsen Richtung Passau“, kündigte Sellner am Sonntag (28. Januar) auf seinem Telegram-Kanal an. Ziel sei ein bekanntes Café in der Stadt. „Derzeit ist noch unklar, wie (und ob) ein Einreiseverbot besteht. Wir stellen es auf die Probe“. Auf seinem Kanal folgen dem Österreicher über 60.000 Menschen. „Im besten Fall genießen wir morgen Abend einen guten Guglhupf und Cafe. Im allerbesten Fall löse ich den ersten Pushback der BRD seit langem aus“, schrieb Sellner weiter. Die Fahrt über die Grenze will der 35-Jährige in einem Livestream dokumentieren.
    Auslöser für die Aktion war wohl ein Bericht des Spiegel vom Wochenende. Das Portal berichtete mit Verweis aus Sicherheitskreise, dass für Sellner ein Eintrag in der internen Fahndungsdatenbank der Bundespolizei hinterlegt wurde. Bei einer Kontrolle könnten die Beamten dem Österreicher – in Rücksprache mit dem Bundespolizeipräsidium – den Grenzübertritt verwehren. Die Grundlage für diese Entscheidung sei die Gefahrenprognose der Polizei, heißt es in dem Bericht weiter. Kurz gesagt: Dem Fachmann für Remigration droht die Abschiebung.
    Am Montagvormittag teilte Sellner weiter mit, dass er einen Anwalt eingeschalten habe und auf eine offizielle Antwort der Bundespolizei und des Innenministeriums warte, ob gegen ihn ein Einreiseverbot vorliegt.
    Einreiseverbot nach Potsdamer Treffen? Unterstützung von Höcke für Sellner
    Parallel zu dem Vorgehen prüfe auch die Stadt Potsdam in Zusammenarbeit mit weiteren Behörden auf Landes- und Bundesebene, ob man eine formale Einreisesperre gegen Sellner aussprechen könne. Der 35-Jährige rief daraufhin eine Petition für eine Aufhebung des Einreiseverbots ins Leben. Diese unterzeichneten bis Montagmittag knapp 5000 Menschen. Unterstützung erhielt Sellner dabei auch vom Landesvorsitzenden der AfD in Thüringen, Björn Höcke. Der AfD-Politiker schrieb in einem Beitrag auf Telegram, Sellner dürfte der „politisch am meisten verfolgte Mensch“ im deutschsprachigen Raum sein.
    Sellner gilt bereits seit Jahren als einer der prominentesten Akteure der Neuen Rechten im deutschsprachigen Raum. Zwischen 2015 und 2023 agierte der Wiener als Sprecher der als rechtsextrem eingestuften Identitären Bewegung Österreich. Sellner spielte eine der zentralen Rolle beim Potsdamer Treffen. Wie Recherchen des Investigativ-Netzwerks Correctiv aufgedeckt hatte, referierte der 35-Jährige bei dem Treffen vor rechten Akteuren, AfD-Politiker und Mitgliedern der Werteunion über Strategien in der Migrationspolitik. Sellner soll dabei unter anderem vorgeschlagen haben, Doppelstaatler, die nicht ausreichend „assimiliert“ seien, die deutsche Staatsbürgerschaft zu entziehen.
    Die Veröffentlichungen von Correctiv trieben in den vergangenen Wochen deutschlandweit mehrere Hunderttausende Menschen auf die Straßen, um gegen das Erstarken rechtsextreme Kräfte zu demonstrieren.
    Ex-IB-Sprecher plant Flucht nach Deutschland – Café-Betreiber wehrt sich gegen Sellner-Besuch
    Der Betreiber des Cafés, das Sellner als Ziel seiner Reise nach Deutschland auserkoren hatte, meldete sich noch am Sonntag über Instagram zu Wort. „Mit Entsetzen und Schrecken“ habe er erfahren, dass sein Betrieb als Plattform für die politische Gesinnung Sellners genutzt werden soll. „Dagegen möchte ich mich äußerst widersetzen und distanzieren“, sagte der Café-Betreiber weiter. Sellner ließ daraufhin seine Follower auf Telegram über eine Alternative für seine Reise abstimmen lassen.
    Für Sellner ist es nicht das erste Einreiseverbot dieser Art. 2019 untersagte bereits die USA dem Österreicher die Einreise. Auslöser dafür war eine Spende, die Sellner von Brenton Tarrant erhalten hatte. Tarrant verübte 2019 in der neuseeländischen Stadt Christchruch einen Anschlag auf zwei Moscheen und tötete dabei 51 Leute. Sellner räumte damals ein, Kontakt mit Tarrant gehabt zu haben. Die österreichische Polizei ermittelte daraufhin wegen Terrorverbindungen und durchsuchte die Wohnung des IBÖ-Chefs. 2018 war ihm darüber hinaus die Einreise nach Großbritannien verweigert worden, als Sellner eine Rede am Speakers Corner im Londoner Hyde Park halten wollte. (fd)
    https://www.fr.de/


    Rechtsextremismus
    Verfassungsschutz hat Ex-Behördenchef Maaßen in den Blick https://www.zdf.de/nachrichten/politik/deutschland/afd-brandenburg-parteienstaat-abschaffen-100.html  genommen

    Der ehemalige Chef des Verfassungsschutzes ist jetzt selbst ein Fall für den Inlandsgeheimdienst. Das hat ihm die Behörde, die er früher geleitet hat, auf Anfrage nun auch schriftlich gegeben.
    dpa
    31.01.2024 - 17:52 Uhr
    Der Chef der Werteunion, Hans-Georg Maaßen, wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Foto: dpa
    Berlin. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat Daten zu seinem ehemaligen Präsidenten Hans-Georg Maaßen im Informationssystem der Behörde im Bereich Rechtsextremismus gespeichert. Maaßen stellte am Mittwoch ein Schreiben vom 16. Januar an seinen Anwalt ins Netz, in dem der Verfassungsschutz ihm entsprechende Auskünfte zu über Maaßen gespeicherte Informationen gegeben hatte. Zuvor hatten das ARD-Politikmagazin Kontraste und das Nachrichtenportal t-online darüber berichtet, dass der frühere Verfassungsschutz-Chef in den Fokus des Inlandsnachrichtendienstes geraten ist.
    Das Bundesamt für Verfassungsschutz wollte den Bericht und das Schreiben auf Anfrage nicht kommentieren. Eine Sprecherin sagte: „Zu Einzelpersonen äußert das BfV sich aufgrund des Schutzes von Persönlichkeitsrechten nicht.“
    Allerdings kann der Betroffene selbst, wenn er glaubt, in den Fokus des Nachrichtendienstes geraten zu sein, selbst beim Verfassungsschutz Auskunft darüber verlangen, ob zu seiner Person Daten gespeichert sind. Das hatte Maaßen dem nun veröffentlichten Schreiben zufolge im vergangenen August getan.
    Zu den vom Verfassungsschutz in dem Schreiben an Maaßens Anwalt aufgeführten Beobachtungen zählt beispielsweise, dass Maaßen die Maßnahmen gegen mutmaßliche Mitglieder der „Reichsbürger-Vereinigung um Heinrich XIII. Prinz Reuß als „unverhältnismäßig“ bezeichnet habe. Außerdem werden mehrere Äußerungen Maaßens zur Migrationspolitik aufgeführt.
    Maaßen kommentierte das veröffentlichte Schreiben in der Plattform X mit den Worten: „Die nachfolgende Auskunft des #BfV enthält keinerlei substantiierte Belege, die eine Beobachtung rechtfertigen.“ Er schrieb, an Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) gewandt, von einem „Missbrauch des Verfassungsschutzes zur Bekämpfung politischer Gegner“.
    Der frühere Verfassungsschutzpräsident war vor einigen Tagen aus der CDU ausgetreten. Mit der erzkonservativen Werteunion hat er die Weichen für die Gründung einer eigenen Partei gestellt. Maaßen verbreitete sein auf den 25. Januar datiertes Austrittsschreiben an CDU-Parteichef Friedrich Merz am Samstag auf der Plattform X. Darin warf er der CDU „einen Verrat an den klassischen Werten“ vor. Die CDU sei „eine Variante der sozialistischen Parteien und keine Alternative dazu“.
    Die Innenpolitikerin Martina Renner (Linke) forderte: „Nach den neuesten Entwicklungen zum ehemaligen Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans Georg Maaßen, muss ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss im Bundestag dessen Tätigkeiten während seiner Dienstzeit beleuchten.“ Schon zu seiner Dienstzeit sei Maaßen ein kühler Antidemokrat, der das Parlament verachtet und eine Gefahr für die Demokratie darstellt“ gewesen.
    Der Grünen-Innenpolitiker Marcel Emmerich sagte: „Die aufwiegelnden Äußerungen von Hans-Georg Maaßen sind nicht nur unerträglich, sondern bergen auch eine ernsthafte Gefahr für ein friedliches und demokratisches Zusammenleben.“ Dass Maaßen nun vom Verfassungsschutz als Rechtsextremist eingeordnet werde, erfordere es, dienstrechtliche Konsequenzen gegen ihn verstärkt ins Auge zu fassen.
    https://www.handelsblatt.com/


    RÜCKTRITT
    Sächsischer AfD-Politiker Ulbrich gibt Posten nach Kritik auf

    30.01.2024, 11:40 Uhr
    Die sächsische AfD will ihren Landtagsabgeordneten Roland Ulbrich aus der Partei und der Fraktion ausschließen. Als Grund nannte die Partei schwerwiegende Verstöße Ulbrichs gegen Parteigrundsätze. Ulbrich habe in einem Schiedsspruch Bezug auf ein NS-Gesetz von 1935 genommen. Er war schon zuvor mehrfach mit rechtsextremistischen Aussagen aufgefallen.
    Keine Entscheidung über Ulbrichs Ausschluss aus der Fraktion am Mittwoch.
    Das sagt der AfD-Bundesvorstand in Berlin: Bezug auf ein Gesetz aus den 1930er Jahren - sind die Nürnberger Rassegesetze gemeint?
    Ulbrich stand schon öfter in der Kritik nach Opfer-Diffamierungen und Relativierung rechter Gewalt.
    Der von einem Parteiausschluss bedrohte sächsische AfD-Politiker Roland Ulbrich ist als Vizepräsident des Bundesschiedsgerichts seiner Partei zurückgetreten. Das teilte die AfD am Dienstag in Berlin mit. Ulbrich übernehme damit die Verantwortung für den Inhalt eines Eilbeschlusses des AfD-Schiedsgerichts, "aus dem sich der Eindruck ergeben könnte, er mache sich mit seiner Rechtsprechung eine Begrifflichkeit und einen Rechtssatz des Nationalsozialismus zu eigen".
    Schiedsgericht
    * Laut Parteiengesetz sollen Parteien Schiedsgerichte bilden.
    * Sie dienen der Schlichtung und Entscheidung von Streitigkeiten innerhalb der Partei oder eines Gebietsverbandes mit einzelnen Mitgliedern.
    * Auch bei Streitigkeiten über die Auslegung und Anwendung von Satzungen lassen sich Schiedsgerichte hinzuziehen.
    * Mitglieder der Schiedsgerichte werden für höchstens vier Jahre gewählt.
    Quelle: Bundesjustizministerium
    Gegen den in Kritik stehenden AfD-Landtagsabgeordneten Roland Ulbrich hat die sächsische AfD ein Parteiausschlussverfahren beantragt. Das erfolge in Abstimmung mit dem AfD-Bundesvorstand, teilte die Partei am Montag mit. Der geplante Fraktionsausschluss wird allerdings nicht wie angenommen diesen Mittwoch erfolgen. Bei der anstehenden Fraktionssitzung sollte auch über den Antrag des Fraktionsvorstandes zum Ausschluss aus der sächsischen Landtagsfraktion entschieden werden. AfD-Fraktions- und Parteichef Jörg Urban sagte am Dienstag, die Frist sei nicht haltbar. Dafür machte er Regularien geltend.
    Urban nennt Ulbrich "Einzelfall"
    Sollten sich die Vorwürfe gegen Ulbrich bestätigen, werde das AfD-Schiedsgericht dem Antrag auf Parteiausschluss folgen, so Urban. Er bezeichnete die Personalie Ulbrich als einen Einzelfall. "Wir haben keine Extremisten in unseren Reihen. Und wenn der Verdacht besteht, dann setzen wir uns damit auseinander. Das machen wir gerade in dem Fall Roland Ulbrich sehr intensiv", so der Parteichef. Das Landesamt für Verfassungsschutz sieht das anders und hat die AfD in Sachsen als "gesichert rechtsextremistisch" eingestuft. Heißt: Die AfD in Sachsen kann nachrichtendienstlich überwacht werden.
    Urban sieht nach eigener Aussage keinen Bedarf, das Prozedere für eine Aufnahme in die AfD zu ändern. "Ich glaube, wir prüfen unsere Mitgliederaufnahme viel intensiver als andere Parteien." Es ließe sich aber nie ganz verhindern, dass man erst hinterher merke, wenn jemand nicht mit den Parteigrundsätzen einhergehende Ansichten vertrete. "Wichtig ist, dass man dann eben reagiert, wenn so etwas auftaucht", so Urban.
    AfD zu den Vorwürfen gegen Ulbrich
    Was genau die AfD dem Rechtsanwalt Ulbrich vorwirft, sagte Menzel nicht: "Ich kann das zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen." Allerdings bestünde kein Zusammenhang mit dem rechtsextremen Geheimtreffen in Potsdam, dem seit Bekanntwerden bundesweit hunderte Protestdemonstrationen gegen Rechts folgten.
    Der Generalsekretär der AfD in Sachsen und parlamentarische Geschäftsführer der Landtagsfraktion, Jan Zwerg, lässt sich in einer Mitteilung zitieren: "Roland Ulbrich hat in schwerwiegender Weise gegen die Parteigrundsätze verstoßen. Wir sind deshalb zum Handeln gezwungen." Zwerg sagte weiter: "Jeder, der sich extremistisch äußert - ganz gleich, ob rechts- oder linksextremistisch - schadet der AfD massiv."
    Jörg Urban (AfD), Vorsitzender des Landesverband Sachsen, spricht während einer Veranstaltung der Partei.MIT AUDIO
    MEHR EINTRITTE IN SÄCHSISCHE AFD
    Sachsens AfD-Chef schließt Aufnahme von Rechtsextremisten nicht aus >>>
    Der Bundesvorstand der AfD in Berlin antwortete auf Nachfrage von MDR SACHSEN, dass Herr Ulbrich "tatsächlich in einer Urteilsbegründung auf ein in den 1930er Jahren erlassenes Gesetz Bezug genommen" habe, "das allerdings schon seit mehreren Jahrzehnten nicht mehr in Kraft ist".
    Rassegesetze der Nazis als Beleg genutzt?
    Es soll sich dabei um das sogenannte Reichsbürgergesetz von 1935 gehandelt haben, dass Ulbrich nach Informationen der "Leipziger Volkszeitung" bei einem Schiedsspruch des AfD-Bundesschiedsgerichts als Beleg herangezogen habe. In der damaligen Verordnung der Nationalsozialisten war festgelegt worden, dass Staatsangehörige jüdischen Glaubens nicht als Reichsbürger gelten konnten. Das Gesetz ist eines von zwei diskriminierenden "Nürnberger Rassegesetzen".
    Der AfD-Bundesvorstand sagte am Montag dazu, "der betreffende Absatz bzw. diese Bezugnahme ist allerdings kurz darauf von derselben Kammer wieder vollständig aufgehoben" worden. Das umstrittene AfD-Mitglied Ulbrich war bis zum Rücktritt Vorsitzender der 2. Kammer des Bundesschiedsgerichts der AfD mit Sitz in Stuttgart.
    Diffamierungen und Verharmlosungen von Opfern
    Ulbrich war bereits mehrfach mit Äußerungen aufgefallen, die Entsetzen und Kritik hervorriefen. 2019 diskutierte er den rechtsextremen und antisemitischen Terroranschlag auf die Synagoge in Halle/Saale in sozialen Medien als "Sachbeschädigung". Die schlagende Studentenverbindung "Corps Rhenania" in Bonn versuchte mehrfach, ihr altes Mitglied loszuwerden. Nach dem Tweet zum Synagogen-Attentat warf sie Ulbrich raus, der klagte dagegen, wurde aber abgewiesen, berichtete der "Bonner Generalanzeiger".
    Im Juni 2020 verharmloste Ulbrich in einer Rede im Leipziger Stadtrat die Opfer rechter Gewalt, nannte sie "moralisch höherstehende Edeltodesopfer" und rechnete sie mit anderen Opfern auf.
    Der gebürtiger Düsseldorfer Ulbrich sitzt für die AfD im Innen- und im Verfassungsausschuss des Landtags und ist Stadtrat in Leipzig. Für Nachfragen war der Politiker bislang nicht erreichbar.
    30. Januar 2024, 11:40 Uhr
    Dieses Thema im Programm:
    MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 29. Januar 2024 | 14:00 Uhr
    https://www.mdr.de/


    Rechtsextremist Sellner droht bei Einreise nach Deutschland Abschiebung

    Stand: 29.01.2024 | Lesedauer: 2 Minuten
    Der Österreicher Martin Sellner, ein führender Kopf der rechtsextremen „Identitären Bewegung“ im deutschsprachigen Raum
    Quelle: AFP/GEORG HOCHMUTH
    Sollte der Rechtsextreme Martin Sellner an der deutschen Grenze von Beamten kontrolliert werden, könnte ihm die Weiterreise verweigert werden. Sellner hatte auf einem geheimen Treffen von Rechtsextremen, an dem auch die AfD teilnahm, zu „Remigration“ aufgerufen.
    Dem österreichischen Rechtsextremisten Martin Sellner droht laut einem „Spiegel“-Bericht im Fall einer erneuten Einreise nach Deutschland die Abschiebung. Die Bundespolizei habe bereits im Laufe der Woche einen entsprechenden Eintrag in der internen Fahndungsdatenbank hinterlegt, berichtete „Der Spiegel“ am Samstag unter Berufung auf Sicherheitskreise. Sollte Sellner an der Grenze von Beamten kontrolliert werden, könnte ihm demnach nach Rücksprache mit dem Bundespolizeipräsidium die Weiterreise verweigert werden.
    Grundlage des Eintrags sei nach Angaben aus Sicherheitskreisen eine Gefahrenprognose der Polizei, hieß es in dem Bericht weiter. Anlass ist demnach ein Treffen von Rechtsextremen, Rechtskonservativen und AfD-Funktionären im November in einer Villa am Lehnitzsee in Potsdam, das die Rechercheplattform Correctiv diesen Monat aufgedeckt hatte.
    Parallel zum Vorgehen der Bundespolizei prüft laut „Spiegel“ die Stadt Potsdam mit weiteren Behörden in Brandenburg und auf Bundesebene, eine formale Einreisesperre gegen Sellner auszusprechen. Verhängen müsste diese dem Bericht zufolge die Potsdamer Ausländerbehörde. Zuvor müsste Sellner allerdings noch von den deutschen Behörden angehört werden.
    Die Sprecherin der Linken für Antifaschismus, Martina Renner, hatte der dpa vor wenigen Tagen bestätigt, dass sie im Bundestagsinnenausschuss die Frage aufgeworfen habe, ob die Regierung beabsichtige, gegen Sellner Maßnahmen zur Einreiseverhinderung zu ergreifen. „Seitens der anwesenden Vertreter des BMI (Bundesinnenministeriums) wurde erklärt, dass dies in den Blick genommen und geprüft werde.“
    Der Österreicher Sellner, ein führender Kopf der rechtsextremen „Identitären Bewegung“ im deutschsprachigen Raum, hatte bei dem Potsdamer Geheim-Treffen laut Correctiv Pläne für eine groß angelegte „Remigration“ präsentiert. Damit meinen Rechtsextreme die millionenfache Abschiebung oder Verdrängung von Einwanderern, darunter Deutsche mit Migrationshintergrund. Die Zusammenkunft in Potsdam führt seit den Correctiv-Enhüllungen zu Demonstrationen gegen rechts in ganz Deutschland.
    https://www.welt.de/


    Angriffe mit Schlagstöcken und Hämmern
    Deutscher in Ungarn wegen Gewalt gegen Rechtsextremisten verurteilt

    Der Angeklagte gestand am ersten Verhandlungstag: In Ungarn ist ein Deutscher verurteilt worden, weil er echte und vermeintliche Rechtsextreme in Budapest angegriffen hat. Er soll zur Gruppe der Linksextremistin Lina E. gehören.
    29.01.2024, 16.48 Uhr
    Demo für die Linksextremistin Lina E. im Juni 2023 in Leipzig Foto: Christian Mang / REUTERS
    In Ungarn ist ein Deutscher wegen einer Serie gewaltsamer Angriffe auf echte oder vermeintliche Rechtsextremisten zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Bei den Taten im vergangenen Februar waren in Budapest neun Menschen verletzt worden, sechs davon schwer.
    Die Staatsanwaltschaft warf dem 29-Jährigen vor dem Budapester Stadtgericht vor, für die Angriffe eine »mit der linksextremen Ideologie sympathisierende Organisation« gegründet zu haben.
    Hauptangeklagte in diesem Verfahren ist eine Italienerin. Ihr wird versuchte lebensgefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Eine deutsche Frau ist mitangeklagt.
    Der Angeklagte räumte seine Schuld am ersten Verhandlungstag am Montag ein. »Ich bitte das Gericht und die Staatsanwaltschaft um Entschuldigung. Ich erkenne meine Schuld an und verzichte auf die mir im Verfahren zustehenden Rechte«, zitierte ihn die ungarische Zeitung »Blikk«. Die Staatsanwaltschaft hatte dreieinhalb Jahre Haft beantragt.
    Der Mann und die Frau aus Deutschland gehören der Anklage zufolge der gewalttätigen Gruppe der deutschen Linksextremistin Lina E. an. Diese war im vergangenen Mai von einem Gericht in Dresden wegen mehrerer Angriffe auf Rechtsextremisten zu fünf Jahren und drei Monaten Gefängnis verurteilt worden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
    Bundesanwaltschaft legt Revision im Fall Lina E. ein
    Die drei in Ungarn Angeklagten sollen im Februar nach Budapest gereist sein, um mit Gewalt gegen Teilnehmerinnen und Teilnehmer eines jährlichen SS-Gedenkens vorzugehen. Zusammen mit anderen sollen sie Menschen, von denen sie glaubten, dass sie zum SS-Gedenken gekommen waren, mit Teleskopschlagstöcken, Hämmern und Bleihandschuhen misshandelt haben.
    05.06.2023
    Die Italienerin und die deutsche Mitangeklagte bestritten am Montag vor Gericht die Taten. Für die Italienerin verlangt die Staatsanwaltschaft elf Jahre Haft und für die Deutsche dreieinhalb Jahre. In der Sache fahnden Ungarns Behörden nach 14 weiteren mutmaßlichen Täterinnen und Tätern, darunter zehn Deutsche.
    Am 11. Februar feiern ungarische Rechtsextremisten – oft mit Gesinnungsgenossen aus dem Ausland – alljährlich den sogenannten Tag der Ehre. Er erinnert an die erfolglosen Versuche verbündeter deutscher und ungarischer Truppen, an dem Tag 1945 den sowjetischen Belagerungsring um Budapest zu durchbrechen.
    kha/dpa
    https://www.spiegel.de/


    Erste Stadt in Niedersachsen stimmt über AfD-Verbot ab

    Stand:27.01.2024, 23:43 Uhr
    Von: Fabian Raddatz
    Während in ganz Deutschland über ein AfD-Verbot diskutiert wird, hat die Stadt Hannover bereits darüber abgestimmt. Doch darf sie das überhaupt?
    Hannover – Nicht nur sorgte das Geheimtreffen zwischen AfD-Politikern und Rechtsextremen dafür, dass deutschlandweit viele Tausende Menschen auf den Straßen demonstrierten, auch die Stimmen um ein AfD-Verbot wurden lauter.
    Nun hat der Stadtrat in Hannover über ein AfD-Verbot abgestimmt. Vorher hatten die Grünen zusammen mit Volt und der Piratenpartei einen Dringlichkeitsantrag eingebracht. Darin stand: „Der Rat der Landeshauptstadt Hannover fordert das Land Niedersachsen und den Bund auf, ein Verbotsverfahren gegen die AfD einzuleiten.“
    Erste Stadt in Niedersachsen stimmt über AfD-Verbot ab
    Im Neuen Rathaus in Hannover hatte der Stadtrat über ein AfD-Verbot abgestimmt. © Joanna Abou Boutros & Sebastian Kahnert/dpa
    Weiter hieß es: „Zudem wird die Landeshauptstadt Hannover über den niedersächsischen sowie deutschen Städtetag Unterstützung für ein solches AfD-Verbotsverfahren bei anderen Kommunen suchen, um sich gemeinsam mit ihnen an die jeweiligen Länder und den Bund zu wenden.“
    Erste Stadt in Niedersachsen stimmt über AfD-Verbot ab – doch darf sie das?
    Doch kann die Stadt Hannover einfach über ein AfD-Verbot abstimmen? Immerhin läge ein solches Verbot nicht in der Zuständigkeit eines Stadtrats. Zudem ist es mehr als fraglich, ob das Land Niedersachsen oder auch der Bund auf die Forderungen der Lokalpolitiker eingehen würden.
    Obwohl in Hannover deshalb eher von einer Scheindebatte zu sprechen ist, gingen andere Parteien wie SPD, FDP und CDU auf den Antrag ein – und brachten ihrerseits einen hervor. Als „Konkretisierung und Ergänzung“ zum bestehenden Antrag, wie SPD-Fraktionschef Lars Kelich es nannte – aber dann doch mit einigen Relativierungen im Bezug auf den Umgang mit der AfD.
    Bund und Land sollten demnach „erwägen“, die Einleitung eines Verbotsverfahrens gegen die AfD „eingehend zu prüfen“. Auch ein Verbot der Nachwuchsorganisation „Junge Alternative“ und den Ausschluss der AfD von der Parteienfinanzierung soll in Erwägung gezogen werden.
    Debatte um AfD-Verbot: „Keine juristischen Schnellschüsse machen“
    Die Parteien sind sich fraktionsübergreifend einig: „Unsere wehrhafte Demokratie kann und muss sich gegen die AfD als verfassungsfeindliche Partei durch ein vom Bundesverfassungsgericht ausgesprochenes Parteiverbot gemäß Artikel 21 GG schützen. Voraussetzung hierfür ist ein Verbotsantrag von Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung.“
    Grünen-Ratsfrau Monika Neveling räumte gegenüber der Bild-Zeitung ein: „Natürlich entscheiden wir nicht als Rat der Stadt, aber wir setzen ein klares Zeichen.“ Es gehe auch darum, alle juristischen Möglichkeiten auszuschöpfen.
    Sie wollen ein Alleinstellungsmerkmal? Sie sind allein!
    FDP-Ratsherr Patrick Döring zu AfD-Vertretern während der Ratssitzung
    Auch CDU-Fraktionschef Felix Semper sagte: „Stand jetzt haben wir erhebliche juristische Bedenken gegen ein AfD-Verbot.“ Der relativierte Antragstext mache dies deutlich: „Wir müssen wachsam bleiben, aber dürfen keine juristischen Schnellschüsse machen.“
    Laut Bild ging FDP-Ratsherr Patrick Döring die drei AfD-Vertreter direkt an: „Sie wollen ein Alleinstellungsmerkmal? Sie sind allein!“
    SPD, CDU und FDP stimmten gemeinsam mit Grünen, Volt und Piratenpartei dem veränderten Antrag zum AfD-Verbot zu. Die AfD stimmte dagegen, die Linke enthielt sich.
    https://www.kreiszeitung.de/


    Nach Potsdamer Treffen
    Mehrheit der Bundesbürger für Verbot von drei AfD-Landesverbänden

    Viele Menschen in Deutschland wünschen sich ein AfD-Verbotsverfahren.
    Laut einer Umfrage will die Mehrheit der Deutschen ein Verbotsverfahren gegen drei AfD-Landesverbände. Der Auslöser für diesen Meinungstrend ist eindeutig.
    26.01.2024, 07:36 Uhr
    Berlin. Eine Mehrheit der Deutschen hielte ein Verbot der vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuften AfD-Landesverbände in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt für sinnvoll. Das zeigen die Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Pollytix im Auftrag der Kampagnenorganisation Campact. Dabei gaben den Angaben zufolge 59 Prozent der befragten Wahlberechtigten an, ein solches Verbot sei aus ihrer Sicht eine „sehr gute Idee“ oder eine „eher gute Idee“. Schlecht oder eher schlecht fänden so ein Verbot 38 Prozent der Bundesbürger.
    Die größte Unterstützung für ein Verbot dieser drei ostdeutschen AfD-Landesverbände fanden die Meinungsforscher unter den Anhängern von Grünen und SPD. Etwas weniger Zuspruch für diesen Vorschlag gab es den Angaben zufolge bei denjenigen, die, wenn schon am kommenden Sonntag Bundestagswahl wäre, ihr Kreuz bei CDU, CSU, Linke oder FDP machen würden. Von den Anhängern von Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) sehen demnach viele ein solches Verbot mit Skepsis. Die befragten AfD-Anhänger waren laut Pollytix fast alle dagegen.
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    Unter dem Motto "Nie wieder ist jetzt - alle zusammen gegen den Faschismus" versammelten sich am Donnerstagabend rund 6500 Menschen Teilnehmer zu einem Protestzug in Rostock.
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    Erneut mehr als 30.000 Menschen bei Demos gegen rechts
    Die französische Rechtspopulistin Marine Le Pen.
    Nach Geheimtreffen in Potsdam
    Französische Rechtspopulistin Marine Le Pen droht AfD mit Ende der Zusammenarbeit
    Hans-Georg Maaßen (CDU), früherer Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, will aus der CDU austreten.
    „Wenn ein Gaul tot ist, muss man absatteln"
    Hans-Georg Maaßen kündigt CDU-Austritt an und will Werteunion als Partei aufbauen
    Die Meinungsforscher hatten auch nach einem Bericht des Recherchezentrums Correctiv über ein Treffen radikaler Rechter in Potsdam im November gefragt, an dem AfD-Politiker sowie einzelne Mitglieder der CDU und der sehr konservativen Werteunion teilgenommen hatten. Der österreichische Rechtsextremist Martin Sellner hatte bei dem Treffen nach eigenen Angaben über „Remigration“ gesprochen. Wenn Rechtsextremisten diesen Begriff verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll – auch unter Zwang.
    Fast jeder hat Correctiv-Enthüllungen wahrgenommen
    Knapp vier von fünf Wahlberechtigten haben demnach von den Correctiv-Enthüllungen gehört oder gelesen. 68 Prozent derjenigen, die diese Berichte wahrgenommen hatten, äußerten sich besorgt zu den dort besprochenen Inhalten. Seitdem Correctiv am 10. Januar erstmals über das Treffen in Potsdam berichtete, gab es bundesweit immer wieder Proteste, bei denen vor Rechtsextremismus gewarnt und teilweise die AfD scharf kritisiert wird. Insgesamt beteiligten sich daran laut Polizeiangaben alleine am vergangenen Wochenende mehr als 900.000 Menschen.
    Felix Kolb, geschäftsführender Vorstand von Campact, sagte: „Die Proteste gegen die AfD sind ein starkes Zeichen aus der Mitte der Gesellschaft gegen Rechtsextremismus und für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte.“ Pollytix hatte nach eigenen Angaben im Zeitraum vom 19. bis 22. Januar bundesweit 1530 Wahlberechtigte ab 18 Jahren online befragt.
    RND/dpa
    https://www.rnd.de/


    PARTEIENFINANZIERUNG
    Faeser nimmt Finanzen rechtsextremer Netzwerke ins Visier

    26.01.2024, 21:07 Uhr
    Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat angekündigt, Finanzflüsse und Spenden an Rechtsextreme genauer zu kontrollieren. Man schaue etwa auf die Identitäre Bewegung sowie Vereine und Parteien am rechten Rand.
    Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will Finanzflüsse in rechtsextremen Kreisen genauer unter die Lupe nehmen. "Es hat für uns hohe Priorität, die persönlichen und finanziellen Verbindungen in rechtsextremen Netzwerken auszuleuchten und aufzudecken", sagte Faeser den Zeitungen des "Redaktionsnetzwerks Deutschland".
    Verfassungsschutz: Finanzermittlungen zu Rechtsextremen ausgebaut
    Niemand, der an rechtsextreme Organisationen spendet, solle sich darauf verlassen, hierbei unentdeckt zu bleiben, sagte Faeser. "Das haben wir zu einem Schwerpunkt der Bekämpfung des Rechtsextremismus gemacht und werden dies jetzt noch weiter intensivieren."
    Nancy Faeser (SPD), Bundesministerin für Inneres und Heimat2 min
    MDR AKTUELL - DAS NACHRICHTENRADIO
    Innenministerin will Finanzströme im rechten Spektrum kontrollieren
    Persönliche und finanzielle Verbindungen sollen durchleuchtet werden
    MDR AKTUELL
    Fr 26.01.2024
    15:11Uhr
    01:31 min >>>>
    Der Verfassungsschutz hat demnach seine Fähigkeiten für Finanzermittlungen in den letzten eineinhalb Jahren bereits stark ausgebaut. "Wir schauen genau hin, welche Kreise hier am Werk sind: von der Identitären Bewegung bis hinein in die Parteien und Vereine am rechten Rand – und bis zu Unternehmern oder Privatpersonen, die diese mit ihrem Geld fördern."
    Mit Blick auf das Potsdamer Treffen von AfD-Vertretern und CDU-Mitgliedern mit Rechtsextremisten im November, bei dem auch Pläne zur Vertreibung von Menschen mit Migrationshintergrund Thema waren, sagte Faeser: "Dass rechtsextreme Netzwerke Menschen aufgrund ihrer ethnischen Herkunft massenhaft aus Deutschland vertreiben wollen, das ist ein Angriff auf die Menschenwürde und damit auf die Grundfesten unserer Gesellschaft."
    Blick auf ein Gästehaus in Potsdam, in dem AfD-Politiker nach einem Bericht des Medienhauses Correctiv im November an einem Treffen teilgenommen haben sollen.4 min
    MDR AKTUELL - DAS NACHRICHTENRADIO
    Potsdam: Die AfD-Erzählung von einem privaten Treffen >>>
    AfD RechtsextremMIT VIDEO
    Erwiesen rechtsextrem: Was bedeutet das für die AfD Sachsen? >>>
    Faeser: Ausschluss der AfD von Parteienfinanzierung möglich
    Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Dienstag, mit dem der rechtsextremen Partei "Die Heimat – ehemals NPD – die staatliche Parteienfinanzierung gestrichen worden war, hatte Faeser gesagt, von diesem Urteil gehe ein klares Signal aus: "Unser demokratischer Staat finanziert keine Verfassungsfeinde."
    Hunderttausende Euro geschenkt – Wie fair ist das System der Parteispenden?
    Wie viel Geld Parteien vom Staat bekommen
    Im ZDF-Morgenmagazin vom Donnerstag schloss Faeser einen solchen Schritt auch für die AfD nicht aus: "Man darf diese Instrumente, um eine Demokratie auch wehrhaft zu machen, nie ausschließen." Gleichzeitig verwies Faeser aber auf die hohen rechtlichen Hürden. Die Sicherheitsbehörden müssten hier entsprechende Vorlagen liefern, um so etwas begründen zu können.
    Nancy Faeser spricht zur Presse.
    2 min
    VIDEO
    Nach NPD-Urteil: Der AfD die Parteienfinanzierung kappen? >>>
    AFP,dpa(ewi)
    von MDR AKTUELL
    26. Januar 2024, 21:07 Uhr
    Dieses Thema im Programm:
    MDR AKTUELL RADIO | 26. Januar 2024 | 08:55 Uhr
    https://www.mdr.de/


    Wegen Teilnahme an Potsdamer Radikalen-Treffen
    CDU stellt Antrag auf Parteiausschluss von Simone Baum

    Sie nahm an dem Treffen mit Martin Sellner und AfD-Mitgliedern in Potsdam teil: Simone Baum. Nun will die CDU in Nordrhein-Westfalen die dortige Landeschefin der »Werteunion« aus der Partei werfen.
    26.01.2024, 17.46 Uhr
    Die stellvertretende Bundesvorsitzende und NRW-Landeschefin der »Werteunion«, Simone Baum Foto: Christoph Hardt / Future Image / IMAGO
    Wegen der Teilnahme an einem Treffen radikaler Rechter in Potsdam will die CDU ein nordrhein-westfälisches Parteimitglied ausschließen. Dabei handelt es sich um die stellvertretende Bundesvorsitzende und NRW-Landeschefin der »Werteunion«, Simone Baum. Bei einer Vorstandssitzung in Rösrath beschloss der CDU-Kreisverband Oberberg am Freitag, einen förmlichen Antrag beim Kreisparteigericht zu stellen.
    Die CDU nennt aus parteirechtlichen Gründen keine Namen. Das Ausschlussverfahren ist nicht öffentlich. Die »Werteunion« hat den Vorgang aber auf Anfrage bestätigt und eingeräumt, dass Baum, die seit 2008 CDU-Mitglied sei, an dem Treffen teilgenommen habe – allerdings nicht als entsandte Vertreterin des Vereins.
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    Der CDU-Kreisverband Oberberg hatte vor zwei Wochen bereits eine Anhörung in Gang gesetzt, um Baum zu ihrer Teilnahme zu befragen. Die Frist lief am Freitag aus.
    »In ihrer Stellungnahme an die CDU hat Simone Baum den Besuch des Treffens in Potsdam nicht bestritten«, antwortete ein Sprecher der »Werteunion« auf Anfrage. »Sie bestritt aber ausdrücklich, dass die in den Medien behauptete ›massenhafte Vertreibung‹ oder etwa die Entziehung deutscher Staatsbürgerschaften nach ethnischen Kriterien dort besprochen oder gar konkret geplant wurden.«
    Baum habe in ihrem Schreiben ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie dort nur Themen gehört habe, über die Bundes- und Landespolitiker von SPD bis CDU auch bereits vielfach gesprochen hätten – etwa die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber oder sogenannter Clankrimineller.
    Bis »Werteunion« zur Partei wird, wollte Baum in CDU bleiben
    Der Schlusssatz ihres Schreibens zur CDU-Anhörung lautet demnach: »Wenn die Werteunion eine Partei wird, trage ich mich gegebenenfalls mit dem Gedanken, aus der CDU Deutschlands auszutreten, um zukünftig einer Partei anzugehören, in der die wahren Werte der CDU vertreten werden. Bis zu meinem Austritt verbleibe ich in der CDU.«
    Das Medienhaus Correctiv hatte in der vorletzten Woche ein Treffen radikaler Rechter am 25. November in Potsdam öffentlich gemacht, an dem AfD-Politiker sowie einzelne Mitglieder der CDU und der sehr konservativen »Werteunion« teilgenommen hatten. Der frühere Kopf der »Identitären Bewegung« in Österreich, Martin Sellner, hatte bei dem Treffen nach eigenen Angaben über »Remigration« gesprochen. Wenn Rechtsextremisten diesen Begriff verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll – auch unter Zwang.
    mfh/dpa
    https://www.spiegel.de/


    „Gute Reise - dann geht es in die Heimat“
    Bei Bürgerdialog spricht AfD-Mann plötzlich offen über „Remigration“

    Roger Beckamp im Landtag Nordrhein-Westfalen (Archivbild)
    picture alliance / SvenSimon
    Mittwoch, 24.01.2024, 14:29
    Über das Treffen in einer Potsdamer Villa und die dort besprochenen „Remigrations“-Pläne hüllt sich die AfD in Schweigen. Nun spricht ein Parteimitglied bei einem Bürgerdialog ganz offen darüber und die Abschiebung von Syrern.
    Gegen den AfD-Bürgerdialog im 20.000-Seelen-Ort Eitorf im Rhein-Sieg-Kreis gab es am Dienstagabend viel Protest. Etwa 3000 Menschen demonstrierten gegen den Auftritt von Bundestagsabgeordneten der AfD, wie „ t-online “ berichtet. Der Dialog stand unter dem Motto „Bericht aus dem Bundestag“.
    AfD-Bürgerdialog: Applaus beim Wort „Remigration“
    Rund 90 Personen nahmen an der Veranstaltung im Bürgerzentrum teil, wie das Nachrichtenportal berichtet. Das Publikum soll dabei größtenteils aus Männern und Frauen mittleren und älteren Alters bestanden haben. Es sprachen Rüdiger Lucassen, verteidigungspolitischer Sprecher der AfD-Fraktion im Bundestag sowie Roger Beckamp - ebenfalls Mitglied des Bundestags.
    Lucassen war der erste Redner an dem Abend, der über „Remigration“, was schlichtweg „Vertreibung“ meint, sprach. „Warum holen wir Vietnamesen als Fachkräfte nach Deutschland?“, fragte er. Als das Schlagwort „Remigration“ fiel, soll im Saal Applaus ausgebrochen sein. Weiter sagte er: „Wir werden das tun, wir werden darüber nachdenken.“
    Beckamp: „Liebe Syrer, ihr habt hier etwas gelernt“
    Beckamp sprach ebenfalls offen über „Remigration“ - und schiebt einen eindeutig ausländerfeindlichen Satz hinterher: „Liebe Syrer, ihr habt hier etwas gelernt. Gute Reise – und dann geht es in die Heimat.“ Wieder habe es Applaus in dem Saal gegeben.
    Der AfD-Mann fragte sich, warum so viele Menschen auf ihrer Flucht nach Deutschland wollen. „Fast alle, die hierhin kommen, kommen durch sichere Länder. Wer hier hinkommt, ist durch zahlreiche Länder gegangen.“ Über genaue Maßnahmen, wie diese „Remigration“ aussehen soll, sprach keiner der Politiker.
    Vor dem Bürgerzentrum gab es enormen Protest. Demonstranten skandierten und pfiffen. Die Rufe soll man sogar im Inneren des Bürgerzentrums noch vernommen haben. Zudem waren Transparente mit Aufschriften wie „Das Siegtal bleibt bunt“ und „Hass ist keine Meinung“ zu sehen.
    seb
    https://www.focus.de/


    Die Partei Die Heimat (vormals NPD) ist für die Dauer von sechs Jahren von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen
    Bundesverfassungsgericht -Pressemitteilung Nr. 9/2024 vom 23. Januar 2024
    Urteil vom 23. Januar 2024
    2 BvB 1/19

    Mit heute verkündetem Urteil hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts entschieden, dass die Partei Die Heimat (HEIMAT, vormals: Nationaldemokratische Partei Deutschlands – NPD) für die Dauer von sechs Jahren von der staatlichen Finanzierung nach § 18 Parteiengesetz (PartG) ausgeschlossen ist.
    Art. 21 Abs. 3 Satz 1 Grundgesetz (GG) sieht den Ausschluss verfassungsfeindlicher Parteien von der staatlichen Teilfinanzierung vor. Ausgeschlossen sind Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden. Auf dieser Grundlage beantragten Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung, die Partei Die Heimat von der staatlichen Parteienfinanzierung auszuschließen.
    Die Voraussetzungen eines Finanzierungsausschlusses gemäß Art. 21 Abs. 3 Satz 1 GG liegen vor: Die Partei Die Heimat missachtet die freiheitliche demokratische Grundordnung und ist nach ihren Zielen und dem Verhalten ihrer Mitglieder und Anhänger auf deren Beseitigung ausgerichtet. Sie zielt auf eine Ersetzung der bestehenden Verfassungsordnung durch einen an der ethnischen „Volksgemeinschaft“ ausgerichteten autoritären Staat. Ihr politisches Konzept missachtet die Menschenwürde aller, die der ethnischen „Volksgemeinschaft“ nicht angehören, und ist zudem mit dem Demokratieprinzip unvereinbar. Dass die Partei Die Heimat auf die Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ausgerichtet ist, wird insbesondere durch ihre Organisationsstruktur, ihre regelmäßige Teilnahme an Wahlen und sonstigen Aktivitäten sowie durch ihre Vernetzung mit nationalen und internationalen Akteuren des Rechtsradikalismus belegt.
    Die Entscheidung ist einstimmig ergangen.
    Sachverhalt:
    Das Verfahren betrifft den Antrag des Deutschen Bundestages, des Bundesrates und der Bundesregierung (Antragsteller) auf Feststellung, dass die Partei Die Heimat (Antragsgegnerin) von der staatlichen (Teil-)Finanzierung für politische Parteien ausgeschlossen ist. Gemäß Art. 21 Abs. 3 Satz 1 GG, § 46a Abs. 1 Satz 1 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) sind Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, für die Dauer von sechs Jahren von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen.
    Gegen die Antragsgegnerin wurden 2001 und 2013 Parteiverbotsanträge gestellt, die im Ergebnis erfolglos blieben. Zuletzt bestätigte der Zweite Senat mit Urteil vom 17. Januar 2017 (BVerfGE 144, 20) zwar, dass die Antragsgegnerin nach ihren Zielen und dem Verhalten ihrer Anhänger die Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung anstrebe. Da konkrete Anhaltspunkte von Gewicht fehlten, die ein Erreichen der von der Antragsgegnerin verfolgten Ziele zumindest möglich erscheinen ließen (Potentialität), scheiterte der Antrag dennoch.
    Der Antragsgegnerin flossen in der Vergangenheit nicht unerhebliche Beträge aus der staatlichen Parteienfinanzierung zu. Nach der Bundestagswahl 2021 verlor sie jedoch infolge unzureichender Wahlergebnisse ihren Anspruch auf staatliche Mittel.
    Wesentliche Erwägungen des Senats:
    A. Der Durchführung des Finanzierungsausschlussverfahrens gegen die Antragsgegnerin stehen keine Verfahrenshindernisse entgegen.
    Im Urteil vom 17. Januar 2017 (BVerfGE 144, 20) hat das Bundesverfassungsgericht die Maßstäbe zu unbehebbaren Verfahrenshindernissen im Parteiverbotsverfahren konkretisiert. Diese Maßstäbe sind auf das Finanzierungsausschlussverfahren zu übertragen.
    Nach diesen Maßgaben stehen der Durchführung des Finanzierungsausschlussverfahrens gegen die Antragsgegnerin keine unbehebbaren Verfahrenshindernisse entgegen. Ein Verstoß gegen das Gebot strikter Staatsfreiheit im Sinne des Verzichts auf den Einsatz von V-Leuten und Verdeckten Ermittlern auf den Führungsebenen der Antragsgegnerin während des laufenden Finanzierungsausschlussverfahrens liegt nicht vor. Aufgrund der vorgelegten Testate ist ebenso von der Quellenfreiheit des zulasten der Antragsgegnerin vorgelegten Beweismaterials auszugehen. Auch die Einhaltung der Anforderungen an ein faires, rechtsstaatliches Verfahren, insbesondere durch den Verzicht auf eine Ausspähung der Prozessstrategie der Antragsgegnerin, wird durch die vorgelegten Testate hinreichend belegt.
    B. Das Nichterscheinen der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung vom 4. Juli 2023 steht dem Fortgang des Verfahrens ebenfalls nicht entgegen. Verzichten Verfahrensbeteiligte auf die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung, obwohl sie dazu ohne Weiteres in der Lage wären, verstößt deren Durchführung nicht gegen die Grundsätze der Gewährung rechtlichen Gehörs und des fairen Verfahrens.
    C. Der zulässige Finanzierungsausschlussantrag ist begründet.
    I. Gegen den in Art. 21 Abs. 3 Satz 1 GG verankerten Ausschluss verfassungsfeindlicher Parteien von der staatlichen Finanzierung bestehen keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.
    1. Die Regelungsbefugnis des verfassungsändernden Gesetzgebers wird durch Art. 79 Abs. 3 GG (sog. Ewigkeitsgarantie) begrenzt. Danach ist eine Änderung des Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Art. 1 und 20 GG niedergelegten Grundsätze berührt werden, unzulässig. Verfassungsänderungen, welche die durch Art. 79 Abs. 3 GG gezogenen Grenzen nicht beachten, stellen sich als „verfassungswidriges Verfassungsrecht“ dar und sind nichtig. Die Aufzählung der geschützten, nicht abänderbaren Inhalte in Art. 79 Abs. 3 GG ist abschließend.
    2. Davon ausgehend werden die von Art. 79 Abs. 3 GG geschützten Regelungsgehalte durch Art. 21 Abs. 3 GG nicht berührt.
    a) Der Ausschluss verfassungsfeindlicher Parteien aus der staatlichen Finanzierung stellt sich nicht als eine die Ewigkeitsgarantie des Art. 79 Abs. 3 GG berührende Aushöhlung des Demokratieprinzips dar. Nach dem grundgesetzlichen Konzept der „wehrhaften Demokratie“ können Parteien, die auf die Abschaffung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ausgehen, gemäß Art. 21 Abs. 2 GG verboten und damit vollständig an der Wahrnehmung des Verfassungsauftrags zur Mitwirkung an der politischen Willensbildung des Volkes gemäß Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG gehindert werden. Zugleich schließt das Konzept der „wehrhaften Demokratie“ auch die gleichheitswidrige Benachteiligung solcher Parteien durch den Ausschluss aus der staatlichen Finanzierung ein.
    Die durch Art. 79 Abs. 3 GG garantierte Substanz des Demokratieprinzips wird dadurch nicht tangiert. Das Demokratiegebot umfasst den Grundsatz der Chancengleichheit der politischen Parteien nur, soweit diese ihrerseits die grundlegenden demokratischen Prinzipien anerkennen und achten. Fehlt es daran, stellt der darauf gestützte Ausschluss einer Partei von der Vergabe staatlicher Leistungen keinen Eingriff in den durch Art. 79 Abs. 3 GG garantierten Kerngehalt des Demokratieprinzips dar.
    Die neugeschaffene Regelung des Art. 21 Abs. 3 Satz 1 GG knüpft den Ausschluss von der staatlichen Finanzierung gerade daran, dass die betroffene Partei selbst die Beseitigung der für den demokratischen Wettbewerb konstitutiven freiheitlichen Grundordnung anstrebt oder den Bestand des Staates gefährdet. Damit betrifft der Ausschluss nur solche Parteien, deren chancengleiche Beteiligung an der politischen Willensbildung nicht Teil des grundgesetzlichen Demokratiekonzepts ist. Der Verzicht auf deren staatliche Unterstützung berührt daher nicht die Substanz des Grundsatzes der Demokratie im Sinne des Art. 79 Abs. 3 GG.
    b) Auch der durch Art. 79 Abs. 3 GG vor Verfassungsänderungen geschützte Schutz- und Achtungsanspruch der Menschenwürde gemäß Art. 1 Abs. 1 GG wird nicht verletzt. Der Ausschluss verfassungsfeindlicher Parteien aus der staatlichen Finanzierung greift nicht in den Anspruch auf demokratische Selbstbestimmung der Bürgerinnen und Bürger ein. Dieser Anspruch bezieht sich auf die gleichberechtigte Teilhabe an der Ausgestaltung der freiheitlichen demokratischen Ordnung. Entfällt aufgrund des Entzugs staatlicher Mittel die Möglichkeit, eine Partei zu unterstützen, die auf die Abschaffung dieser Ordnung zielt, hat dies nicht zur Folge, dass Wahlberechtigte zu bloßen Objekten staatlichen Handelns würden und an der Wahrnehmung ihres demokratischen Selbstbestimmungsrechts gehindert wären.
    II. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Ausschlusses einer Partei von staatlicher Finanzierung gemäß Art. 21 Abs. 3 GG sind durch den weitgehenden Gleichlauf mit den materiellen Voraussetzungen des Parteiverbots gemäß Art. 21 Abs. 2 GG geprägt. Sowohl das Parteiverbots- als auch das Finanzierungsausschlussverfahren verlangen eine Betroffenheit des Schutzguts der „freiheitlichen demokratischen Grundordnung“, auf deren „Beeinträchtigung oder Beseitigung“ eine Partei „nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger“ entweder ausgehen (Art. 21 Abs. 2 GG) oder ausgerichtet sein (Art. 21 Abs. 3 Satz 1 GG) muss. Die Voraussetzungen des „Darauf Ausgehens“ und des „Darauf Ausgerichtetseins“ sind dabei nicht identisch. Ein „Darauf Ausgerichtetsein“ setzt ein qualifiziertes und planvolles Handeln zur Beeinträchtigung oder Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung voraus, ohne dass es auf das Erfordernis der Potentialität ankommt.
    III. Nach diesen Maßstäben ist der Antrag auf Ausschluss der Antragsgegnerin von der staatlichen Parteienfinanzierung begründet. Im Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Januar 2017 wurde die Verfassungsfeindlichkeit der Antragsgegnerin im Sinne des Art. 21 Abs. 3 GG zum damaligen Entscheidungszeitpunkt festgestellt. Dies gilt fort. Die Antragsgegnerin missachtet unverändert die freiheitliche demokratische Grundordnung und ist nach ihren Zielen und dem Verhalten ihrer Mitglieder und Anhänger auf deren Beseitigung ausgerichtet.
    1. Die Antragsgegnerin wendet sich weiterhin gegen die Grundprinzipien, die für den freiheitlichen demokratischen Verfassungsstaat unverzichtbar sind.
    a) Sowohl durch die Fortgeltung des Parteiprogramms aus dem Jahr 2010 in seinen wesentlichen Teilen als auch durch verschiedene Äußerungen führender Funktionäre der Antragsgegnerin im Anschluss an das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Januar 2017 zeigt sich, dass sich die Antragsgegnerin nicht von ihren bereits damals vertretenen Zielen distanziert hat, sondern diese weiterhin vertritt. Relevante Änderungen des politischen Programms der Antragsgegnerin sind nicht ersichtlich.
    b) Das politische Konzept der Antragsgegnerin ist weiterhin mit der Garantie der Menschenwürde im Sinne von Art. 1 Abs. 1 GG nicht vereinbar. Dies ergibt sich, wie das Bundesverfassungsgericht schon im Urteil vom 17. Januar 2017 festgestellt hat, bereits aus dem Parteiprogramm unter dem Titel „Arbeit. Familie. Vaterland.“
    Die nunmehr von den Antragstellern vorgelegten Belege zeigen, dass die Antragsgegnerin weiterhin ein dem Parteiprogramm entsprechendes und damit auf eine Missachtung der Menschenwürde zielendes politisches Konzept vertritt. Sie hält am ethnischen Volksbegriff und der Vorstellung von der deutschen „Volksgemeinschaft“ als Abstammungsgemeinschaft fest. Auf dieser Grundlage negiert sie das Gebot elementarer Rechtsgleichheit und fordert die Trennung von Kulturen und Ethnien. Sie diffamiert einzelne gesellschaftliche Gruppierungen und Minderheiten. Zugleich räumt sie dem Kollektiv der „Volksgemeinschaft“ Vorrang gegenüber dem einzelnen Menschen ein. Konsequenz des exkludierenden Charakters der „deutschen Volksgemeinschaft“ ist die Forderung der Antragsgegnerin nach umfassender rechtlicher Besserstellung aller Angehörigen dieser Gemeinschaft und der Abwertung des rechtlichen Status derjenigen, die dieser Gemeinschaft nicht angehören.
    Die Vorstellung der ethnisch definierten „Volksgemeinschaft“ führt zu einer gegen die Menschenwürde verstoßenden Missachtung von Ausländern, Migranten und Minderheiten. Die nunmehr vorgelegten Belege lassen erkennen, dass die rassistische, insbesondere antimuslimische, antisemitische und antiziganistische Grundhaltung der Antragsgegnerin sowie ihre ablehnende Haltung gegenüber gesellschaftlichen Minderheiten wie transsexuellen Personen fortbesteht.
    c) Die Antragsgegnerin missachtet weiterhin das Demokratieprinzip. Sie fordert in ihrem Parteiprogramm die „Einheit von Volk und Staat“. Das Postulat „Volksherrschaft setzt Volksgemeinschaft voraus“ zeigt, dass die Antragsgegnerin den Anspruch auf gleichberechtigte Teilhabe an der politischen Willensbildung als Kernelement des grundgesetzlichen Demokratieprinzips nicht anerkennt. Denn es hat denknotwendig den Ausschluss derjenigen aus dem demokratischen Prozess zur Folge, die der ethnisch definierten „Volksgemeinschaft“ nicht angehören. Entsprechend ist in einem durch die „Einheit von Volk und Staat“ geprägten Nationalstaat im Sinne der Antragsgegnerin für die freie und gleiche Beteiligung „ethnisch Nichtdeutscher“ an der politischen Willensbildung – unabhängig von der Staatsangehörigkeit – kein Raum.
    Die vorgelegten neuen Belege dokumentieren, dass die Antragsgegnerin an der Beschränkung demokratischer Mitwirkungsrechte auf die Angehörigen der „Volksgemeinschaft“ unabhängig von der Staatsangehörigkeit festhält. Zudem macht sie das bestehende parlamentarische System verächtlich und ruft zu dessen Überwindung auf.
    d) Anknüpfend an die Feststellungen im Urteil vom 17. Januar 2017 zeigen die von den Antragstellern nunmehr vorgelegten Belege auch den Fortbestand der Wesensverwandtschaft der Antragsgegnerin mit dem Nationalsozialismus. Sowohl das Konzept der „Volksgemeinschaft“ als auch die antisemitische Grundhaltung und die Verächtlichmachung der bestehenden demokratischen Ordnung lassen deutliche Parallelen zum Nationalsozialismus erkennen.
    2. Die Antragsgegnerin zielt nach wie vor unter Missachtung der Menschenwürde und des grundgesetzlichen Demokratieprinzips auf eine Ersetzung der bestehenden Verfassungsordnung durch einen an der ethnischen „Volksgemeinschaft“ ausgerichteten autoritären „Nationalstaat“. Damit strebt sie nach ihren Zielen und dem Verhalten ihrer Anhänger eine Beseitigung der bestehenden freiheitlichen demokratischen Grundordnung an.
    3. Die Antragsgegnerin ist schließlich auf die Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ausgerichtet. Dies setzt voraus, dass sie über das bloße Bekennen ihrer verfassungsfeindlichen Ziele hinaus die Grenze zum Bekämpfen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung überschreitet. Dass sie in geplanter und qualifizierter Weise zur Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung unmittelbar ansetzt, wird durch ihre Organisationsstruktur, ihre regelmäßige Teilnahme an Wahlen und ihre sonstigen Aktivitäten sowie durch ihre nationale und internationale Vernetzung belegt. Dabei ist die Antragsgegnerin bestrebt, sich veränderten Rahmenbedingungen anzupassen.
    a) Sie hat bis zum Jahr 2020 an der staatlichen Parteienteilfinanzierung teilgenommen. Ein Anspruch hierauf besteht nur, wenn ein Quorum von 0,5 % der Stimmen bei der letzten Europa- oder Bundestagswahl oder 1 % der Stimmen bei einer Landtagswahl erzielt wird. Ohne eine hinreichende Organisation, ein politisches Konzept, ein ausreichendes Maß an Öffentlichkeitsarbeit und den ernsthaften Versuch der Verwirklichung ihrer politischen Ziele kann ein entsprechendes Wahlergebnis nicht erreicht werden.
    b) Die Antragsgegnerin ist bundesweit organisiert. Sie verfügt neben regionalen Untergliederungen über eine eigene Jugendorganisation, die Jungen Nationalisten, sowie über eine Kommunalpolitische Vereinigung und den Ring Nationaler Frauen als Unterorganisationen. Ausweislich des Rechenschaftsberichts 2020 hatte sie am 31. Dezember 2020 3.199 Mitglieder.
    c) Sie richtet weiterhin regelmäßig Parteiveranstaltungen in Form von Parteitagen, Tagungen, Konferenzen und Schulungen aus. Sie verfügt über Publikationsorgane in Printversionen und digitalen Formaten, wodurch sie in der breiten Öffentlichkeit präsent sein will. Insbesondere die Nutzung der sozialen Medien und die dortige Werbung um Mitglieder und Unterstützer dokumentieren das „Darauf Ausgerichtetsein“ der Antragsgegnerin im Sinne des Art. 21 Abs. 3 Satz 1 GG.
    d) In der Vergangenheit nahm die Antragsgegnerin mit abnehmendem Erfolg regelmäßig an Wahlen auf den unterschiedlichen politischen Ebenen teil. Bei der Europawahl 2019 entfielen 0,3 % der abgegebenen gültigen Stimmen auf sie; bei den Bundestagswahlen im Jahr 2017 0,4 % und im Jahr 2021 0,1 % der abgegebenen gültigen Zweitstimmen. Auch an Landtagswahlen nahm sie – allerdings nicht durchgängig – teil. Gegenwärtig ist sie in keinem Parlament auf Bundes- oder Landesebene vertreten.
    e) Sie verfügt weiterhin über ein geschlossenes politisches Konzept zur Durchsetzung ihrer politischen Ziele. Wie im Urteil vom 17. Januar 2017 dargestellt, lag der politischen Arbeit der Antragsgegnerin die sogenannte „Vier-Säulen-Strategie“ zugrunde. Dabei handelt es sich um ein strategisches Konzept, das der damalige Vorsitzende in den „Kampf um die Köpfe“, den „Kampf um die Straße“, den „Kampf um die Parlamente“ und den „Kampf um den organisierten Willen“ unterteilte.
    Von dieser „Vier-Säulen-Strategie“ hat sich die Antragsgegnerin zwar äußerlich entfernt, sie stellt aber in der Sache weiterhin den zentralen Rahmen für ihr politisches Handeln dar. Ihr beträchtlicher Bedeutungsverlust, der durch sinkende Mitgliederzahlen, schwache Wahlergebnisse und fehlende Parlamentsbeteiligungen geprägt ist, zwingt sie zur Anpassung ihrer Handlungskonzepte. Durch eine strategische Neuausrichtung und organisatorische Verschlankung soll aus der ehemaligen „Wahlpartei“ eine „patriotische NGO“ unter Auf- und Ausbau eines vorpolitischen Umfelds werden, ohne dass dabei die „Vier-Säulen-Strategie“ für überholt erklärt wurde. Auch in der Umbenennung der Partei in „Die Heimat“ liegt der Versuch der Überwindung bestehender Stigmatisierungen der Antragsgegnerin, mit der jedoch keine inhaltliche Neuaufstellung verbunden sei.
    f) Die Antragsgegnerin versucht, ihr strategisches Konzept auf unterschiedliche Weise umzusetzen und dadurch ihre verfassungsfeindlichen Ziele zu verwirklichen.
    Im Rahmen des „Kampfes um die Köpfe“ organisiert sie Veranstaltungen, die bewusst nicht nur an Parteianhänger gerichtet sind, sondern eine breitere Öffentlichkeit ansprechen sollen. Neben den beiden zentralen Kampagnen „Schutzzonen“ und „Deutsche helfen Deutschen“ haben die Antragsteller eine Vielzahl an Festen, Feiern, Wanderungen, Spenden- und Wohltätigkeitsveranstaltungen, Tagen der offenen Tür und Infoständen seit Herbst 2017 aufgelistet.
    Die Antragsgegnerin führt den „Kampf um die Straße“, indem sie sich bemüht, eine hohe Präsenz bei Demonstrationen und Bürgerprotesten zu zeigen, von denen sie einen beträchtlichen Teil selbst organisiert.
    Auch nach 2017 fand eine erhebliche Zahl von Veranstaltungen zur Darstellung der politischen Positionen und Forderungen der Antragsgegnerin statt. Sie greift dabei sowohl auf traditionelle als auch neuartige Veranstaltungsformate zurück. Durch gemeinsame Veranstaltungen mit anderen rechtsextremen Parteien und Organisationen sowie durch die Teilnahme an Veranstaltungen Dritter versuchte sie zudem, ihre Reichweite zu erhöhen.
    Im Rahmen des „Kampfes um den organisierten Willen“ strebt die Antragsgegnerin eine enge nationale und internationale Vernetzung mit anderen rechtsextremistischen Parteien und Gruppierungen an. Sie pflegt intensive Kontakte zu solchen Parteien und nicht parteigebundenen Rechtsextremisten und solidarisiert sich mit Holocaust-Leugnern.
    D. Insgesamt ergibt sich, dass die Antragsgegnerin trotz einer Entwicklung, die durch Mitgliederschwund, zurückgehende Wahlergebnisse und ein dadurch bedingtes Ausscheiden aus der staatlichen Parteienfinanzierung sowie durch eine strategische Neuorientierung geprägt ist, mit einer Vielzahl von Aktivitäten versucht, ihre verfassungsfeindlichen Ziele umzusetzen. Sie überschreitet damit die Schwelle vom bloßen Bekenntnis der Ablehnung zur Bekämpfung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung und ist auf deren Beseitigung ausgerichtet. Die Antragsgegnerin ist daher für die Dauer von sechs Jahren von staatlicher Finanzierung auszuschließen.
    https://www.bundesverfassungsgericht.de/


    13 FESTNAHMEN
    : Rechtsextremisten greifen Blogger in Dortmund an

    AKTUALISIERT AM 21.01.2024-23:18
    Eine Gruppe vermummter Männer attackiert am Sonntag einen 24 Jahre alten Blogger in Dortmund. Die Polizei nimmt 13 Verdächtige fest. Einige von ihnen sind dem Staatsschutz als rechtsextrem bekannt.
    Mehrere polizeibekannte Rechtsextremisten sollen einen 24-Jährigen in Dortmund angegriffen und verletzt haben. 13 Tatverdächtige seien festgenommen worden, teilte die Polizei am Sonntagabend mit. Unter ihnen sind demnach dem Staatsschutz bekannte und einschlägig vorbestrafte Rechtsextreme. Darüber, wie viele der 13 Tatverdächtigen der rechtsextremen Szene zugeordnet werden können, machte der Sprecher zunächst keine Angaben.
    Der Polizei wurde den Angaben nach am Sonntagnachmittag eine Auseinandersetzung in Dortmund-Dorstfeld gemeldet. Der 24-Jährige, der den Angaben zufolge als Internet-Blogger aktiv ist, wurde von einer Gruppe von vermummten Männern körperlich angegriffen. Einer der Täter habe die Kamera des jungen Mannes entwendet, hieß es weiter. Der 24-jährige wurde laut Polizei leicht verletzt.
    Die Einsatzkräfte trafen wenig später in einem nahegelegenen Wohnhaus mehrere Verdächtige an und nahmen 13 Personen fest. Inzwischen habe der polizeiliche Staatsschutz die Ermittlungen übernommen, hieß es. Weitere Angaben zu Hintergründen machte der Sprecher zunächst nicht.
    Quelle: dpa
    https://www.faz.net/


    Juristische Mittel gegen AfD
    Welche Alternativen es zum Parteiverbot gibt

    Stand: 20.01.2024 15:56 Uhr
    Politik und Gesellschaft debattieren, wie juristisch gegen die AfD vorgegangen werden könnte. Ein Parteiverbot wäre die radikalste, aber nicht die einzige Möglichkeit. Das Bundesverfassungsgericht wäre fast immer beteiligt.
    ParteiverbotsverfahrenFür das Verbot einer Partei gelten in Deutschland hohe Hürden. Im Grundgesetz ist in Artikel 21, Absatz 2 definiert:
    Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.
    Eine politische Partei kann in der Bundesrepublik nur vom Bundesverfassungsgericht verboten werden. Den Antrag für ein solches Verbot können die Bundesregierung, der Bundestag oder der Bundesrat stellen. Bei Parteien, die nur in einem Bundesland organisiert sind, auch die jeweilige Landesregierung.Der frühere Verfassungsrichter Peter Huber zählte im Dezember im MDR die Kriterien auf, um die es bei einem Parteiverbot geht. Das seien die Gefährdung von Menschenwürde, Demokratie und der grundsätzlichen rechtsstaatlichen Einhegung, "dass Mehrheitswillen sich nicht über Minderheitenschutz, Grundrechte, unabhängige Gerichte und anderes hinwegsetzen kann".Das Verbreiten von verfassungswidrigen Haltungen allein reicht nach der bisherigen Karlsruher Rechtsprechung für ein Verbot nicht aus. Hinzukommen muss eine "aktiv kämpferische, aggressive Haltung" gegenüber der demokratischen Grundordnung. Huber wies auf eine weitere Voraussetzung hin: Die Partei müsse eine realistische Chance haben, die Gefährdung umzusetzen.Der letzte Punkt wurde 2017 vom Bundesverfassungsgericht betont, als es entschied, die NPD nicht zu verbieten. Die Partei scheiterte regelmäßig an der Fünf-Prozent-Hürde. Die letzte politische Partei, die vom Bundesverfassungsgericht verboten wurde, war 1956 die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD).
    Barette der Richter des Bundesverfassungsgerichts (Erster Senat)
    Player: videoDiskussionen über ein mögliches Verbot der AfD
    HINTERGRUND
    05.01.2024
    Parteiverbot
    Das schärfste Schwert des Rechtsstaats
    Vor den Landtagswahlen 2024 werden Rufe laut, die AfD zu verbieten. Welche Voraussetzungen gelten für ein Parteiverbot? mehr
    Verbot einzelner Landesverbände oder der AfD-JugendorganisationEs kann auch beantragt werden, einzelne Landesverbände einer Partei zu verbieten - beispielsweise Landesverbände, die der Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch einstuft. Diese Forderung stellte etwa der Bonner Staatsrechtler Klaus Ferdinand Gärditz in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" auf. Derzeit werden drei AfD-Landesverbände als "gesichert rechtsextremistisch" eingestuft: Dies sind die Verbände in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.Auch ein Verbot der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative wird diskutiert. Da es sich um einen Verein handelt, wäre das leichter umzusetzen. Vereine können vom Bundesinnenministerium verboten werden, wenn sie den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richten. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte zum Beispiel im November 2023 ein Betätigungsverbot für Hamas und Samidoun in Deutschland erlassen.
    Polizisten sichern Beweismittel in dem Haus eines bekannten Rechtsextremisten
    Player: audioVerbote rechtsextremer Vereinigungen
    05.11.2023
    Kampf gegen Rechtsextremismus
    Was bringen die Verbote rechtsextremer Vereine?
    In Deutschland sind rund 80 rechtsextreme Vereine verboten. Was bringen solche Verbote? mehr
    Eine Grundrechtsverwirkung für einzelne PolitikerIn einer Online-Petition des Kampagnennetzwerks Campact wird die Bundesregierung aufgefordert, beim Bundesverfassungsgericht einen Antrag auf Grundrechtsverwirkung für den AfD-Politiker Björn Höcke zu stellen. Fast 1,5 Millionen Menschen haben die Petition bisher unterschrieben.Wie das Parteienverbot ist auch die Grundrechtsverwirkung eine Regelung der "wehrhaften Demokratie". Die Grundrechtsverwirkung steht im Grundgesetz, damit nie wieder Feinde der Demokratie ihre Freiheiten missbrauchen können, um die Demokratie abzuschaffen. Auch sie kann nur vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ausgesprochen werden. Es muss ein eigenes Verfahren durchführen, in dem der Betroffene angehört werden muss.
    Eine Frau hält bei einer Demonstration ein Schild mit einem Bild von Björn Höcke und der Aufschrift "Nie wieder! Keine Bühne der AfD".
    Player: audioGrundrechtsverwirkung im Fall von Björn Höcke?
    FAQ
    15.01.2024
    Petition gegen Höcke
    Wie eine Grundrechtsverwirkung funktioniert
    Eine Petition fordert die Bundesregierung dazu auf, einen Antrag auf Grundrechtsverwirkung gegen Höcke zu stellen. mehr
    Dabei geht es nicht um alle Grundrechte. Im Grundgesetz ist geregelt, dass jemand beispielsweise seine Versammlungsfreiheit oder Meinungsäußerungsfreiheit verwirkt hat, wenn er sie zum Kampf gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung missbraucht. Das heißt nicht, dass derjenige keine Meinung mehr haben dürfte. Er könnte sich aber nicht mehr auf das Grundrecht berufen, wenn ihm etwa eine bestimmte öffentliche Äußerung verboten würde. Von demjenigen muss dafür eine ernsthafte Gefahr ausgehen.Auch das Recht, gewählt zu werden oder ein öffentliches Amt zu bekleiden, könnte entzogen werden, auch nur für einen bestimmten Zeitraum. Die Verwirkung von Grundrechten kann befristet werden, mindestens muss sie aber ein Jahr dauern.Bundesinnenministerin Faeser sieht allerdings wenig Chancen, Höcke die Grundrechte zu entziehen. "Das Bundesverfassungsgericht hat in der Geschichte der Bundesrepublik noch in keinem Fall entschieden, dass eine Person ihre Grundrechte verwirkt hat", sagte Faeser den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Es gebe hier "hohe Hürden".Ausschluss von der staatlichen ParteienfinanzierungDer bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sprach sich in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" für Konsequenzen für AfD-Mitglieder aus, die "erkennbare Verfassungsfeinde" seien. Dazu zählten etwa "die Unvereinbarkeit mit dem öffentlichen Dienst oder Beschränkungen bei der Parteienfinanzierung".Man kann eine Partei von staatlichen Zuschüssen ausschließen, wenn diese die freiheitlich demokratische Grundordnung beeinträchtigen oder beschädigen oder den Bestand der Bundesrepublik gefährden. Auch darüber würde das Bundesverfassungsgericht auf Antrag von Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung entscheiden. Ein solcher Ausschluss setzt - anders als ein Parteiverbot - nicht voraus, dass die Partei ihre verfassungsfeindlichen Ziele auch potenziell erreichen kann.Am kommenden Dienstag entscheidet das Bundesverfassungsgericht über einen Ausschluss von der Parteienfinanzierung - zur Partei Die Heimat, wie sich die NPD inzwischen nennt.
    Player: audioDiskussion um AfD-VerbotsverfahrenHintergrundbild für den Audioplayer | ARD-aktuell
    Diskussion um AfD-Verbotsverfahren
    00:0001:39
    Lothar Lenz, ARD Berlin, tagesschau, 17.01.2024 12:24 Uhr
    Dieses Thema im Programm:
    Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 20. Januar 2024 um 11:26 Uhr.
    https://www.tagesschau.de/


    Plenardebatte zur Aktuellen Stunde "Wehrhafte Demokratie gegen Demokratiefeinde und Vertreibungspläne"
    Rede von Bundesministerin des Innern und für Heimat Nancy Faeser

    REDE   18.01.2024
    Ort
    Deutscher Bundestag
    Rednerin oder Redner
    Bundesinnenministerin Nancy Faeser
    Es gilt das gesprochene Wort.
    Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren!
    In diesem Jahr feiern wir, dass Deutschland seit 75 Jahren wieder eine Demokratie ist. Wir feiern unsere freiheitliche Verfassung, das Grundgesetz. Es ist eine Verfassung, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt, seine Würde, seine Rechte, die universelle Gleichheit aller vor dem Gesetz. Hinter diesen Errungenschaften stehen sehr bittere Lehren. Wir haben sie aus den Fehlern der Vergangenheit gezogen: aus dem Scheitern von Weimar, aus den unsäglichen Verbrechen, die dem Aufstieg der Nationalsozialisten folgten, als Rassismus, Antisemitismus und nationalsozialistischer Größenwahn in millionenfachem Mord, Vertreibung und grenzenlosem Leid endeten.
    Eigentlich sollten wir alle diese Lehren verstanden und verinnerlicht haben, in der ganzen Gesellschaft, aber ganz besonders hier im Deutschen Bundestag. Der Anlass, auf den diese Aktuelle Stunde zurückgeht, legt leider nahe, dass dem nicht so ist. Denn die aktuelle Berichterstattung ruft eine schmerzhafte Wahrheit ins Bewusstsein: Auch in Deutschland gibt es bereits seit Jahrzehnten rechte Netzwerke, die lange unterschätzt wurden. Ihre Vordenker hüllen ihre Absichten in beschönigende Verpackungen wie „Ethnopluralismus“ oder „Remigration“. Aber es geht ihnen in Wahrheit darum, Menschen zu diskriminieren und zu drangsalieren – aufgrund ihrer Abstammung, ihres Aussehens, ihrer Herkunft oder ihrer Haltung – oder, wenn sie freie Hand hätten, gleich zu deportieren. Machen Sie sich doch ehrlich, Herr Baumann! Darum geht es hier doch, und darum ging es bei dem Treffen in Potsdam, meine Damen und Herren.
    Es ist auch im Buch von Herrn Höcke nachzulesen. Im Kern steht dahinter der Traum von einer gleichgeschalteten Gesellschaft, die alles ausschließt, was nicht in ihre rassistische und freiheitsfeindliche Ideologie passt. Das ist ein menschenverachtender Albtraum, den wir alle gemeinsam verhindern müssen und gemeinsam verhindern werden, meine Damen und Herren. Die sogenannte Neue Rechte sieht vielleicht anders aus und benutzt andere Begriffe. In ihrer Ideologie und in ihren Zielen unterscheidet sie sich aber nicht von den Rechtsextremisten, die so viel Leid über die Welt gebracht haben. Deshalb müssen wir genau hinsehen, welche Kreise hier am Werk sind: von der Identitären Bewegung und dem Spektrum dieser angeblich Neuen Rechten bis weit hinein in die Parteien- und Vereinslandschaften am rechten Rand. Es ist kein Zufall, dass in Potsdam ein bekannter Rechtsextremist seine Ideen auch Vertretern von AfD und WerteUnion vortragen durfte.
    Die größte Bedrohung für unsere demokratische Grundordnung ist der Rechtsextremismus; ich habe das an dieser Stelle hier im Plenum schon häufiger gesagt. Und warum? Er ist es deshalb, weil er diese demokratische Grundordnung überwinden will – mit Abgeordneten, die sich in deutschen Parlamenten zu seinem parlamentarischen Arm machen. Dagegen müssen alle Demokratinnen und Demokraten in unserem Land gemeinsam aufstehen und kämpfen!
    Wir sehen seit Jahrzehnten aktive Bestrebungen, die Grenzen zwischen „demokratisch rechts“ und „rechtsextrem“ zu verschieben. Demokratieverachtung und Menschenfeindlichkeit in die Mitte der Gesellschaft zu tragen, darum geht es doch hier. Seit Langem hat der Verfassungsschutz deshalb diese Szene im Blick. Verschiedene Organisationen der sogenannten Neuen Rechten sind als gesichert rechtsextremistisch eingestuft und stehen entsprechend auch unter Beobachtung.
    Und das ist richtig und wichtig, wie sich gerade wieder zeigt. Denn wer von „Reconquista“ und „Remigration“ fantasiert, knüpft genau an diese Gedanken an, die den menschenverachtenden Rassengesetzen der Nationalsozialisten, der Wannsee-Konferenz und der Shoa den Weg bereitet haben. Kein Teilnehmer an einem solchen Treffen kann sich mit Unwissenheit dazu rausreden, meine Damen und Herren. Die erklärten Vorbilder sind die Wegbereiter der NS-Ideologie; ihre Vordenker kokettieren mit dem Etikett, Faschisten zu sein. Sie wollen, dass Abstammung und Herkunft entscheiden, wer zu Deutschland gehört und wer nicht. Aber das werden wir nicht zulassen! Das werden wir nicht zulassen, denn diese Demokratie weiß sich zu wehren!
    Deshalb – hören Sie jetzt ganz genau zu am rechten Rand dieses Parlamentes, Frau Weidel, Herr Chrupalla, Frau Huy – ist es richtig und notwendig, dass der Verfassungsschutz die AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall genau beobachtet. Denn sosehr Sie auch abwiegeln, wenn es um rechtsextreme Vernetzung geht, Herr Baumann: Nichts davon ist harmlos! Nichts davon ist bürgerlich! Und nichts davon dürfen wir dulden, meine Damen und Herren, nichts davon!
    Die Feinde der Demokratie setzen auf die Macht von Provokation und Emotionen. Sie spalten und verhetzen. Sie heizen Wut an, und sie streuen Angst. Sie haben das heute hier schon wieder getan. Sie sind nicht auf die Debatte eingegangen, sondern Sie haben schon wieder Wut und Hetze hier von diesem Pult aus losgelassen.
    Man merkt ja, dass Sie getroffen sind. Und ich will es noch einmal sagen: Die Freiheit und Offenheit, die unsere Gesellschaft auszeichnet, wenden Sie gegen die Demokratie selbst. Sie nutzen die Meinungsfreiheit, um den öffentlichen Diskurs zu vergiften. Sie wollen die Versammlungsfreiheit nutzen, um mit Ihren antidemokratischen Parolen legitime Proteste zu unterwandern. Sie nutzen den Schutz, den unsere Verfassung Parteien bietet, um gegen das demokratische System und den Parlamentarismus zu agitieren.
    Und trotzdem bleibt es richtig, dass unsere Verfassung diese Schutzrechte garantiert. Sie spiegelt Lehren aus der NS-Zeit wider. Doch seien Sie versichert, meine Damen und Herren: Wir nutzen alle Instrumente, die unserer wehrhaften Demokratie zur Verfügung stehen: die Mittel des Strafrechts genauso wie Vereinsverbote, wie wir sie im Fall der „Artgemeinschaft“ und der „Hammerskins“ im letzten Jahr schon ausgesprochen haben. Darauf können Sie sich verlassen!
    Und mehr noch: Wir wollen auch die Finanzströme dieses Milieus trockenlegen. Wir werden auf diesem Feld dort weitermachen, wo wir mit dem Verfassungsschutz begonnen haben. Wir haben die Kapazitäten in diesem Bereich als Koalition ausgebaut und werden dort auch weiter vertieft tätig sein. Wir werden alles nutzen, was uns zur Verfügung steht. Sie sehen: Diese Regierung handelt. Wir zerschlagen rechtsextreme Netzwerke. Wir entwaffnen die rechtsextreme Szene, meine Damen und Herren. Wir entfernen Verfassungsfeinde aus dem öffentlichen Dienst, und dafür haben wir das Disziplinarrecht in diesem Haus erst vor wenigen Monaten verändert.
    Wir bekämpfen rechte Propaganda und Verschwörungstheorien aller Art. Wir werden daran arbeiten, diese Demokratie zu stärken. Wir werden sie gegen Verfassungsfeinde verteidigen, und wir werden die Opfer rechter Gewalt nicht alleinlassen. Die Abgeordnete Haßelmann hat es gesagt: Wir stehen an der Seite all derer, die durch Ihren Hass und Ihre Hetze derzeit unter Bedrohung stehen; Menschen, die sich nicht sicher fühlen und darüber nachdenken, dieses Land zu verlassen. Wir stehen an der Seite all dieser Menschen, die gute Freunde sind – unsere Ärzte, unsere Kolleginnen und Kollegen –, die sich durch nichts unterscheiden. Wir werden sie mit allen Mitteln dieses Rechtsstaates verteidigen. Wir stehen an ihrer Seite, meine Damen und Herren!
    https://www.bmi.bund.de/


    Rechtsextremismus
    Was spricht für und was gegen ein AfD-Verbotsverfahren?

    Die AfD liegt in Umfragen bei mehr als 20 Prozent. Drei ihrer Landesverbände gelten als „gesichert rechtsextremistisch“. Nun wird über ein Parteiverbotsverfahren diskutiert. Einfach wäre das nicht – so viel verrät ein Blick in die Vergangenheit.
    16.01.2024
    Auf dem Landesparteitag in Saarbrücken halten AfD-Mitglieder Abstimmungskarten in die Höhe.
    Die AfD gewinnt im Osten, aber auch im Westen an Zustimmung. (picture alliance / BeckerBredel)
    Die Feinde der Demokratie sollen nicht die Möglichkeit bekommen, die Demokratie abzuschaffen. Das ist der Grundsatz, der hinter dem Begriff der wehrhaften Demokratie steht. Deswegen ist es auch möglich, demokratiefeindliche Parteien zu verbieten.
    Aber was bedeutet das für den Umgang mit einer Partei wie der AfD, deren Landesverbände in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen vom Verfassungsschutz bereits als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft werden? Ist es höchste Zeit, ein AfD-Verbotsverfahren einzuleiten, um unsere Demokratie zu schützen – zumal die Partei laut Umfragen zur Bundestagswahl bei über 20 Prozent liegt?
    Eine Demonstrantin hält ein Plakat mit dem AfD-Funktionär Björn Höcke, der seine Hand zum Hitlergruß hebt. Darunter steht: "Nie wieder. Keine Bühne der AfD"
    AfDGroßdemonstrationen und Verbotsdiskussion
    05:06 Minuten15.01.2024
    Dafür sprechen sich inzwischen zahlreiche Politikerinnen und Juristen aus. Andere sehen ein Parteiverbotsverfahren kritisch. Und manche befürchten, dass ein solcher Schritt unserem demokratischen System sogar schaden könnte.
    Inhalt
    Was sind die Voraussetzungen, um eine Partei zu verbieten?
    Welche Parteiverbote und Anträge darauf gab es bereits?
    Was spricht für ein AfD-Verbot?
    Was spricht gegen ein AfD-Verbot?
    Welche Alternativen gibt es zu einem AfD-Verbot?
    Was sind die Voraussetzungen, um eine Partei zu verbieten?
    Das Verbot von demokratiefeindlichen Parteien oder Vereinen ist eines der Mittel, mit denen eine wehrhafte Demokratie gegen ihre Feinde und somit gegen ihre eigene Abschaffung vorgehen kann. Grundlage für ein solches Verbot ist der Artikel 21 des Grundgesetzes. Dort heißt es:
    Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.
    Was das genau bedeutet, legte das Bundesverfassungsgericht in weiteren Entscheidungen fest. So muss die Partei sich beispielsweise in „aktiv-kämpferischer Weise“ für die Abschaffung der Demokratie einsetzen. Es genüge also nicht, oberste Verfassungswerte abzulehnen, heißt es in einer Erläuterung des Bundesinnenministeriums. „Die Partei muss vielmehr planvoll das Funktionieren der freiheitlichen demokratischen Grundordnung beseitigen wollen“ – also aktiv gegen den Staat vorgehen.
    Das Podcastlogo von "Deutschlandfunk - Der Tag" zeigt den Schriftzug "Der Tag" in großen weißen Lettern vor blauem Hintergrund. Der Schriftzug wiederholt sich zwei Mal, immer kleiner im Hintergrund.
    HintergrundWie funktionieren Parteiverbotsverfahren? (ab 12:18)
    28:04 Minuten03.01.2024
    Staatsrechtler Prof. Christoph Moellers bei einem Interview in Berlin.
    Verfassungsrechtler Möllers: Kein AfD-Verbotsverfahren ohne öffentliche Debatte
    24:43 Minuten28.01.2024
    Ein weiter entscheidender Punkt: Es müssen konkrete Anhaltspunkte vorliegen, die es möglich erscheinen lassen, dass das Handeln der Partei erfolgreich sein kann. Das heißt, eine Partei kann nur verboten werden, wenn sie auch eine gewisse Chance hat, ihre verfassungsfeindlichen Ziele durchzusetzen.
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    Auch gegen welche Werte des Grundgesetzes die Partei vorgehen müsste, ist recht eng gefasst. Es handelt sich dabei um die drei zentralen Kernwerte. Diese sind die Würde des Menschen – der Grundsatz, dass alle Menschen gleich viel wert sind –, das Demokratieprinzip und schließlich das Rechtsstaatsprinzip, also die Rechtsbindung der öffentlichen Gewalt und eine Kontrolle durch unabhängige Gerichte.
    Den Antrag auf ein Parteiverbot können nur der Bundestag, der Bundesrat oder die Bundesregierung stellen. Über ein Parteiverbot entscheidet dann das Bundesverfassungsgericht.
    Welche Parteiverbote und Anträge darauf gab es bereits?
    Zweimal hat das Bundesverfassungsgericht bisher Parteien verboten: die nationalsozialistisch orientierte Sozialistische Reichspartei (SRP) und die stalinistische Kommunistische Partei Deutschlands (KPD), beide in den 1950er-Jahren.
    Gegen die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) wurde gleich zweimal ein Verbotsverfahren eingeleitet – und beide scheiterten. Das erste 2003 aus verfahrensrechtlichen Gründen, noch bevor es zur Verhandlung in Karlsruhe kam: Denn damals saßen V-Leute des Verfassungsschutzes in der Führungsebene der Partei und hatten möglicherweise die Entscheidungen der NPD beeinflusst. Drei der sieben Richter des zweiten Senats sahen darin ein Verfahrenshindernis.
    Karlsruhe, 17. Januar 2017: Verfassungsrichter um Andreas Voßkuhle (2.v.l.) bei der Bekanntgabe der Entscheidung gegen ein Verbot der NPD
    ParteiverbotsverfahrenWarum die NPD nicht verboten wurde
    18:57 Minuten04.12.2022
    2017 entschied das Bundesverfassungsgericht dann erneut über ein NPD-Verbot. Damals stellte das Gericht fest, dass die Partei zwar verfassungsfeindliche Ziele vertrete, die auf die Beseitigung der bestehenden freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerichtet seien. Dem Gericht fehlten jedoch „konkrete Anhaltspunkte von Gewicht, die es zumindest möglich erscheinen lassen, dass dieses Handeln zum Erfolg führt“. Das Parteiverbot wurde deswegen abgelehnt.
    Was spricht für ein AfD-Verbot?
    Über ein AfD-Verbot ist schon öfter diskutiert worden – beispielsweise 2022, als über Verbindungen zwischen Reichsbürgern und der AfD berichtet wurde. Für eine erneute Debatte sorgt im Januar 2024 ein Bericht des Recherchenetzwerks „Correctiv“ über ein geheimes Treffen in Potsdam, bei dem unter anderem Vertreter der AfD und der rechtsextremen Identitären Bewegung über die Vertreibung von Millionen Menschen mit Migrationsgeschichte aus Deutschland berieten.
    Blick auf ein Gästehaus in Potsdam, in dem AfD-Politiker nach einem Bericht des Medienhauses Correctiv im November an einem Treffen mit Rechtsextremen teilgenommen haben sollen.
    Geheimtreffen der RechtenWie groß ist die Gefahr?
    23:13 Minuten11.01.2024
    Claus Leggewie trägt ein hellblaues Hemd und ein dunkelblaues Sakko
    „Correctiv“-Recherche Politologe Leggewie: „Das demokratische Deutschland pennt“
    14:11 Minuten10.01.2024
    Blick durch Bäume auf das Landhaus Adlon bei Potsdam.
    „Correctiv“-RechercheRechtsextremes Geheimtreffen gehört für AfD zur Normalität
    06:39 Minuten11.01.2024
    Durch den Bericht sei es leichter geworden, die Partei zu verbieten, sagt der Publizist und Jurist Heribert Prantl – denn „die fatalen Pläne der Partei“ seien noch deutlicher geworden. Für Prantl ist es „höchste Zeit“, ein Verbotsverfahren zu initiieren. „Man muss die Kraft haben intolerant gegenüber denjenigen zu sein, die die Demokratie umbringen wollen.“
    Zuvor hatten bereits einige SPD-Politiker und -Politikerinnen wie die Parteivorsitzende Saskia Esken oder der ehemalige Bundestagspräsident Wolfgang Thierse die Prüfung eines Verbotsverfahrens gefordert. Wenn der Verfassungsschutz die Partei in drei Bundesländern als gesichert rechtsextremistisch einstufe, habe der Staat die Pflicht, ein Verbotsverfahren in die Wege zu leiten, sagte Thierse. Es sei wichtig, „dass über ein AfD-Verbot gesprochen wird und so auch Wählerinnen und Wähler aufgerüttelt werden“, begründete Esken ihren Vorstoß.
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    Die AfD ausschließlich politisch zu bekämpfen, reicht auch aus Sicht des Juristen und Politologen Bijan Moini nicht aus. Dieses Konzept sei gescheitert: „Es gehören alle Instrumente auf den Tisch – bevor es für ihren Einsatz zu spät ist.“
    Vor dem Bundeskanzleramt hat die Künstlergruppe "Zentrum für Politische Schönheit" eine Installation aufgebaut, die Abgeordnete der AfD hinter Gittern zeigt.
    Kommentar für ein AfD-VerbotMit allen Mitteln gegen den Rechtsextremismus – bevor es zu spät ist
    04:35 Minuten03.01.2024
    Was spricht gegen ein AfD-Verbot?
    Die Gegner eines AfD-Verbotsverfahrens verweisen auf mögliche negative Folgen und Reaktionen in der Bevölkerung. Ein Verbotsverfahren – so die Befürchtung – würde dazu führen, dass sich erhebliche Teile der Bevölkerung weiter von der Demokratie entfremden.
    Letztendlich könnte das Verbot der AfD sogar weitere Sympathien einbringen, vermutet der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider (SPD). „Wenn wir eine Partei verbieten, die uns nicht passt, die in Umfragen aber stabil vorne liegt, dann führt das zu einer noch größeren Solidarisierung mit ihr“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“. „Die Kollateralschäden wären sehr hoch.“
    Bei einer Demonstration trägt ein Teilnehmer eine Fahne des niedersächsischen Landesverbandes der Partei AfD.
    Kommentar gegen ein AfD-VerbotEin Parteiverbot käme der Kapitulation des Politischen gleich
    03:08 Minuten03.01.2024
    Auch an den rechtsextremen Einstellungen in der Bevölkerung würde das Verbot grundsätzlich nichts ändern, so die Argumentation einiger Verbotsgegner. Es sei besser, sich politisch mit der AfD auseinandersetzen. Das Ziel müsse sein, die AfD inhaltlich zu stellen und den Wählern zu verdeutlichen, „was die Konsequenzen ihrer inhaltlichen Positionen wären“, sagt Schneider.
    Viele Kritiker verweisen auch auf die beiden gescheiterten NPD-Verbotsverfahren und die geringen Erfolgschancen eines AfD-Verbots.
    Welche Alternativen gibt es zu einem AfD-Verbot?
    Der Publizist und Jurist Heribert Prantl wirbt dafür, rechtsextremen Politikern wie Björn Höcke mit dem Artikel 18 des Grundgesetzes Grundrechte zu entziehen und die Wählbarkeit abzuerkennen. Das sei schneller möglich und einfacher zu handhaben als ein Parteiverbot, so Prantl. Auf der Plattform WeAct gibt es dazu eine Petition, die bereits über eine Million Unterschriften gesammelt hat.
    Ein Aufkleber an der Tür eines Restaurants verbietet AfD-Anhängern oder AfD-Mitgliedern den Eintritt, im Stadtteil Kreuzberg.
    Artikel 18 GGHeribert Prantl: Höcke mit „Grundrechtsverwirkung“ stoppen
    10:56 Minuten14.01.2024
    Die Beweissituation sei bei Artikel 18 GG leichter als bei einem Parteiverbot, sagt Prantl – weil man nur das „verfassungswidrige und systemstürzlerische Agieren“ von einzelnen Personen, und nicht von einer ganzen Partei, nachweisen müsse. Ein Antrag auf Verwirkung der Grundrechte kann vom Bundestag, von der Bundesregierung oder von einer Landesregierung gestellt werden. Das Bundesverfassungsgericht entscheidet dann über Ausmaß und Dauer der Verwirkung.
    Björn Höcke, AfD-Fraktionschef im Thüringer Landtag.
    Grundrechtsverwirkung
    Wie man Björn Höcke von Wahlen ausschließen könnte
    Die AfD hat sich in den letzten Jahren immer weiter radikalisiert. Eine Petition fordert nun, dem AfD-Rechtsaußen Björn Höcke die Grundrechte zu entziehen. Doch ob ein solches Verfahren Erfolg hätte, ist unklar.
    Die Journalistin Ulrike Herrmann plädiert hingegen dafür, sich mit den Inhalten der AfD verstärkt politisch auseinanderzusetzen. Höcke die Grundrechte abzuerkennen ändere nichts an den Einstellungen der AfD-Wähler: „Das Problem an Höcke ist ja nicht nur Höcke, das Problem sind die Wähler. Die wollen das.“
    Podcast: Studio 9 – Der Tag mit ...
    Journalistin Ulrike HerrmannDie AfD als „moderne Form des Nationalsozialismus“
    07:05 Minuten15.01.2024
    Herrmann plädiert deswegen für eine Zukunftskommission Migration, um „Realitäten ins Bewusstsein“ zu bringen. Es sei klar, dass Migration notwendig sei und ohne sie alles in Deutschland zusammenbrechen würde – „auch in Ostdeutschland“.
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    https://www.deutschlandfunk.de/


    Parteien am rechten Rand
    Geheimdokument offenbart die ideologische Nähe von AfD und NPD

    News Themen der Woche KW17 News Bilder des Tages Zukunft fuer Deutschland - Demo der AfD in Erfurt 29.04.2023, Erfurt, T
    IMAGO/Karina Hessland Alice Weidel und AfD-Parteifreund Björn Höcke lassen sich auf einer Demo in Erfurt von ihren Anhängern feiern
    Samstag, 11.11.2023, 14:21
    Die AfD rückt zunehmend nach rechts außen, Verfassungschützer schauen immer genauer auf die extremistischen Umtriebe innerhalb der Partei. Die Gesinnung der AfD zeigt sich auch anhand von Gemeinsamkeiten mit der NPD.
    Teile der AfD sind laut Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch anzusehen. Zuletzt wurde der Landesverband in Sachsen-Anhalt entsprechend eingestuft. Damit steigen die Möglichkeiten der Verfassungsschützer, die Partei in dem Land zu beobachten. Das scheint auch dringend angebracht.
    AfD und NPD: Ähnliche Rhetorik, ähnliche Strategie
    Denn eine aktuelle Recherche des „Spiegel“ zeigt, wie groß die ideologischen Übereinstimmungen zwischen der AfD und der rechtsextremen Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) sind. Diese Nähe zwischen AfD und NPD zeige sich laut „Spiegel“ durch die Analyse eines vertraulichen Behördendokuments aus dem Jahr 2012, das als Grundlage für das zweite Verbotsverfahren gegen die NPD dienen sollte. Darin wurden die „Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung“ der NPD aufgezeigt, die sich unter anderem durch Antisemitismus, Rassismus, Islam- und Menschenfeindlichkeit, übersteigerten Nationalismus oder Revisionismus ausdrücken könnten.
    Laut des Nachrichtenmagazins nutzten sowohl AfD als auch NPD in ihren Reden Schlüsselbegriffe rechtsextremer Narrative wie „Umvolkung“ oder „Volkstod“. Bei Themen wie Rassismus und Islamfeindlichkeit gebe es ebenfalls viele Übereinstimmungen, wobei der Antisemitismus bei der AfD sprachlich meist eleganter versteckt werde.
    Auch die Strategien der beiden Parteien ähnelten sich, so der „Spiegel“. Beide Parteien suchten den Weg über die Kommunen und inszenierten sich als „Kümmererpartei“, indem sie Kinder- und Bürgerfeste veranstalteten und zur Bewerbung als Schöffe aufriefen. Beide Parteien nutzten ihre Parlamentssitze als „Bühne zum Transport ihrer Botschaften“ (Zitat von NPD-Vorstand Thorsten Heise, der AFD-Rechtsaußen Björn Höcke nahe stehe) und verharmlosten Gewalt in ihren Reihen.
    Faeser ist gegen AfD-Verbotsverfahren
    Das Bundesverfassungsgericht hatte im Jahr 2017 letztlich gegen ein Verbot der NPD entschieden, da es an „konkreten Anhaltspunkten von Gewicht“ fehlte, die einen Erfolg ihrer verfassungsfeindlichen Ziele wahrscheinlich machten.
    Das Bundesamt für Verfassungsschutz führt die AfD auf Bundesebene als rechtsextremistischen Verdachtsfall.  Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hält nichts von einem möglichen Verbotsverfahren gegen die AfD. „Ich bin Juristin. Ich halte nichts davon, auf politisch komplexe Probleme eine solch einfache Antwort zu liefern“, sagte Faeser dem Magazin „Stern“. Die grundgesetzlichen Hürden für ein Parteienverbot seien zu Recht sehr hoch. „Natürlich kann das niemand als letztes Mittel ausschließen, wenn sich die AfD überall zu einer Art Höcke-Partei entwickelt. Aber ich setze auf die politische Auseinandersetzung.“
    Und auch der Politikwissenschaftler Professor Johannes Varwick von der Universität Hall  glaubt nicht, dass die AfD ein Verbot befürchten müsse. Zwar sei Kennzeichnung zweier Landesverbände als rechtsextrem ein Anhaltspunkt, um über ein Parteiverbotsverfahren nachzudenken, sagte er laut Merkur.de. „Die Frage ist aber, ob das von anderen Parteien politisch klug wäre“, so Varwick.
    mta
    https://www.focus.de/



    Sieben Strafverfahren eingeleitet
    Polizei beendet Konzert der rechten Szene in Gelsenkirchen

    In einer Kleingartenanlage in Gelsenkirchen rückte die Polizei am Samstagabend mit zahlreichen Kräften zu einem Rechtsrock-Konzert an. Die Beamten stellten CDs mit mutmaßlich rechtsradikalen Inhalten sicher.
    29.10.2023, 12.22 Uhr
    Polizeieinsatz in der Kleingartenanlage: Auch Beamte der Stadt Gelsenkirchen waren vor Ort Foto: Christoph Reichwein / dpa
    Die Polizei hat ein illegales Konzert der rechten Szene in Gelsenkirchen beendet und zahlreiche Strafverfahren eingeleitet. In einem Vereinsheim einer Kleingartenanlage waren am Samstagabend 78 Personen zu der Veranstaltung zusammengekommen, teilte die Polizei in der Nacht zu Sonntag mit . Die Polizei leitete nach einer ersten Bilanz ihres Einsatzes sieben Strafverfahren, darunter in zwei Fällen wegen des Verdachts der Volksverhetzung ein. Sie stellten CDs mit mutmaßlich rechtsradikalen Inhalten sicher. Die weiteren Ermittlungen hinsichtlich etwaiger Verstöße dauerten an.
    Nach Angaben von NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) handelte es sich um ein illegales Konzert einer Rechtsrock-Band, gegen das die Polizei vorgegangen ist. »Denn was da gesungen wird, ist reiner Hass, Hetze und Menschenverachtung«, erklärte Reul und fügte hinzu: »Die Verherrlichung der deutschen nationalsozialistischen Vergangenheit bekommt bei uns keine Bühne. Daher haben wir das Konzert beendet.« Beamte stellten die Identität der Teilnehmer fest und erteilten zur Verhinderung weiterer Straftaten Platzverweise, erklärte die Polizei.
    Die Polizei listete in einer ersten Bilanz des Einsatzes auf: In zwei Fällen wurden Strafverfahren wegen des Verdachts der Volksverhetzung mit Bezug zu sichergestellten CDs, ein Strafverfahren wegen des Verdachts des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen sowie ein Strafverfahren wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte eingeleitet. Außerdem ein Strafverfahren wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte und jeweils ein Strafverfahren wegen des Verstoßes gegen das Waffengesetz sowie wegen des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz.
    Auch Beamte der Stadt Gelsenkirchen waren vor Ort. Sie stellten ebenfalls Verstöße fest und kündigten weitere Prüfungen an. Gelsenkirchens Oberbürgermeisterin Karin Welge (SPD) sagte in der Mitteilung zum Einsatz von Polizei und Stadt: »In Gelsenkirchen darf kein Platz sein für Menschenfeindlichkeit – egal aus welcher Ecke.« Die Stadt Gelsenkirchen stellte den Angaben zufolge Verstöße gegen das Gaststättengesetz, das Nichtraucherschutzgesetz und wegen fehlender Preisauszeichnungen fest.
    Darüber hinaus prüfe die Stadt, ob die Veranstaltung mit dem Vereinsrecht des Kleingartenvereins vereinbar ist und die Räume entgegen der Konzession genutzt wurden.
    swe/dpa
    https://www.spiegel.de/


    Nach Demo-Samstag in Dresden: Wie sich die "Querdenken"-Bewegung verändert hat

    29.10.2023 15:22
    "Querdenker", Reichsbürger und Rechtsextreme haben am Samstag in Dresden gemeinsam demonstriert. Corona ist nur noch ein Nebenthema.
    Von Henry Berndt & Dominique Bielmeier & Theresa Hellwig & Sandro Pohl-Rahrisch & Fionn Klose
    5 Min.
    Etwa 2.000 Menschen um Marcus Fuchs, Reichsbürger und „Freie Sachsen“ demonstrierten am Samstag in Dresden.
    © Matthias Rietschel
    Dresden. Es sind um die 2.000 Menschen, die "Querdenken 351"-Mitbegründer Marcus Fuchs an diesem Samstagnachmittag durch die Dresdner Innenstadt folgen. Bei weitem nicht so viele wie zur ersten großen Corona-Demo der Bewegung. Als im Oktober 2020 gegen Masken, Mindestabstand, Testpflicht und Ladenschließungen protestiert wurde, konnte Fuchs bis zu 5.000 Teilnehmer mobilisieren. Viele verunsicherte Menschen, aber auch Rechtsextreme, die sich als "Querdenker" sahen und zusammen den Theaterplatz füllten. Zahlenmäßig überrascht dieser Demo-Samstag also nicht.
    https://www.saechsische.de/


    Bayern
    SZ: Haftbefehl gegen AfD-Abgeordneten

    In Bayern ist ein Haftbefehl gegen den AfD-Abgeordneten Halemba erlassen worden.
    27.10.2023
    Ein Plakat mit dem Logo der Partei Alternative für Deutschland (AfD) hängt an einem Zaun.
    Gegen den bayerischen AfD-Abgeordneten Halemba liegt ein Haftbefehl vor. (picture alliance / dpa / Nicolas Armer)
    Das bestätigte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Würzburg der Süddeutschen Zeitung. Nach dem 22-Jährigen Politiker werde gesucht. Zuvor hatte die AfD-Fraktion im Landtag bestätigt, dass ein Haftbefehl gegen ein Mitglied vorliegt.
    Immunität besitzt der im Oktober neu gewählte Abgeordnete nicht.
    Halemba wird als Beschuldigter in einem Ermittlungsverfahren wegen des möglichen Verwendens von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen und Volksverhetzung geführt. Hintergrund ist eine Razzia bei der als rechtsextremistisch geltenden Würzburger Burschenschaft Teutonia Prag. Halemba hatte die Vorwürfe zurückgewiesen.
    Diese Nachricht wurde am 27.10.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.
    https://www.deutschlandfunk.de/


    Urteil des Bundesgerichtshofs: AfD-Politiker Maier darf nicht mehr als Richter arbeiten

    Das Gericht hat entschieden, dass der AfD-Politiker in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden darf. In der Verhandlung ging es um die Frage, ob Jens Maier für den Posten noch tragbar ist.
    05.10.2023, 15:25 Uhr
    Die Versetzung des früheren AfD-Bundestagsabgeordneten Jens Maier in den vorgezogenen Ruhestand als Richter bleibt bestehen, wie unter anderem die französische Presseagentur Agence France-Presse (AFP) berichtet.
    Das Dienstgericht in Sachsen habe bei seiner entsprechenden Entscheidung keine Rechtsfehler gemacht, entschied das Dienstgericht des Bundes am Bundesgerichtshof in Karlsruhe am Donnerstag. Maier hatte nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag 2021 wieder in den Justizdienst zurückkehren wollen.
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    Prozess gegen Jens Maier: Worum geht es?
    Maier wehrte sich gegen seine Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand, die vom sächsischen Richterdienstgerichts in Leipzig auf Antrag des Justizministeriums ausgesprochen worden war. In Karlsruhe trat nun das Dienstgericht des Bundes zusammen und beriet über Maiers Revision gegen die entsprechende Entscheidung vom Dezember.
    Das Dienstgericht hatte im Dezember vergangenen Jahres Maiers vorzeitige Versetzung in den Ruhestand für zulässig erklärt. Begründet wurde dies damit, dass Maier als Richter nicht mehr tragbar sei. Er habe unter anderem in Reden und auch Äußerungen auf der Plattform X, seinerzeit noch Twitter, rassistische und abwertende Begriffe benutzt.
    Verfassungsschutz stuft Maier als rechtsextrem ein
    Der 61-Jährige hatte sein Mandat bei der Bundestagswahl 2021 verloren und wollte danach in den Richterdienst zurückkehren. Laut Abgeordnetengesetz wäre dies möglich gewesen, wenn auch ohne Anspruch auf die frühere Dienststelle.
    Maier, vor seiner Abgeordnetentätigkeit am Landgericht Dresden beschäftigt, war daraufhin dem Amtsgericht Dippoldiswalde im Osterzgebirge zugeteilt worden.
    Parallel dazu ging das Justizministerium aber juristisch gegen seine Weiterbeschäftigung vor. Schon seit einem Eilantrag seitens des Ministeriums ruht Maiers Tätigkeit. Grundlage des Verfahrens ist Paragraf 31 des Richtergesetzes. Danach kann ein Richter in den Ruhestand geschickt werden, wenn „eine schwere Beeinträchtigung der Rechtspflege“ abgewendet werden muss.
    Gegen den AfD-Politiker läuft außerdem ein Disziplinarverfahren in Sachsen, bei dem es auch um seine Pensionsansprüche geht.
    Der sächsische Verfassungsschutz stuft Maier seit 2020 als rechtsextrem ein. Dagegen klagt der 61-Jährige in einem separaten Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Dresden. (AFP/dpa)
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    Radikalisierung
    Ökonomen und Verbände warnen vor wirtschaftlichem Schaden durch zunehmenden Extremismus

    Führende Forschungsinstitute und Wirtschaftsvertreter warnen, dass zunehmendes extremes Gedankengut den Wirtschaftsstandort Deutschland bedrohen könnte.
    Dietmar Neuerer, Julian Olk
    30.09.2023 - 13:33 Uhr
    Zunehmender Extremismus kann wirtschaftlichen Wohlstand erheblich gefährden. Foto: dpa
    Berlin. Es sind nur 15 Zeilen, ein einziger Absatz in einem fast 100 Seiten langen Gutachten. Doch unter Ökonomen sorgen die Ausführungen der fünf führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute in ihrer gemeinsamen Konjunkturprognose gerade für Furore.
    Denn sie enthalten eine vielsagende Warnung: „Derzeit ist etwas in Gefahr, das bis vor Kurzem in Deutschland als selbstverständlich galt: nämlich ein gesellschaftliches Klima, welches Haushalten und Unternehmen das Vertrauen gibt, dass die Grundregeln unserer Gesellschaft allgemein akzeptiert werden, und dass diese Grundregeln deshalb auch in Zukunft Bestand haben werden.“
    Darunter fielen Selbstverständlichkeiten wie der Respekt vor allen Mitmenschen und vor dem Eigentum und der Handlungsfreiheit anderer, heißt es in der Prognose. Seit einiger Zeit gewinne extremes Gedankengut an Boden, welches diese Selbstverständlichkeiten in Frage stelle. Die Schlussfolgerung: „Mögen die unmittelbaren Konjunkturrisiken dieser Tendenz auch begrenzt sein, so gehen von ihr doch erhebliche Risiken aus, auch für die langfristigen Wachstums- und Wohlstandsaussichten.“
    Die Formulierungen sind recht unbestimmt, doch die Botschaft des Absatzes lässt sich durchaus zusammenfassen mit: Zunehmender Extremismus kann unseren wirtschaftlichen Wohlstand gefährden.
    Die Institute erstellen im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums zweimal jährlich eine gemeinsame Konjunkturprognose. Die ist stets mit allerhand Zahlen, Daten und nüchternen Beschreibungen der wirtschaftlichen Lage gespickt. Auch wirtschaftspolitische Empfehlungen finden sich darin, allerdings geht es dabei mehr um Details der Strommarkt-Regulierung etwa oder um Steuerausfälle bei Kommunen. Doch im besagten Absatz wagen sich die Institute politisch vor, wie sie es in der jüngeren Vergangenheit nie getan haben.
    Wirtschaftsverbände bestätigen den darin geschilderten Eindruck. „Die zunehmende Radikalisierung in verschiedenen Bereichen der Gesellschaft, in Deutschland und in Europa, erfüllt uns mit Sorge“, sagt der Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), Dirk Jandura. „Das Vertrauen in und der Respekt vor dem Rechtsstaat, der gesellschaftliche Zusammenhalt und die starke Mitte waren immer Stabilisatoren und Garanten auch für eine gute wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland.“
    Rechte Tendenzen verschärfen den Fachkräftemangel
    Stellt sich bloß die Frage: Welchen Extremismus meinen die Wirtschaftsinstitute? „Wir sehen hier sowohl Risiken vom rechten als auch vom linken Spektrum der Gesellschaft“, erklärte Oliver Holtemöller, Vize-Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) und Hauptverantwortlicher für das aktuelle Gutachten.
    Die rechte Seite bedrohe die deutsche Wirtschaft, weil diese zunehmend auf Zuwanderung angewiesen sei. „Stimmen vom rechten Rand, die sich migrationsfeindlich äußern, sind von der Seite her eine Bedrohung für das Wirtschaftswachstum in Deutschland.“
    Das ist ein bekanntes Problem. Es gibt zahlreiche Beispiele insbesondere von Mittelständlern im ländlichen Raum, die gern auf Fachkräfte aus dem Ausland zurückgreifen würden und das auch müssten. Einige berichten aber, dass ihnen das nicht möglich ist, weil Fremdenfeindlichkeit diese Menschen abschreckt.
    Der Vorstandsvorsitzende des Startup-Verbands, Christian Miele, beschreibt es so: „Ein raues gesellschaftliches Klima hilft uns nicht bei der Bewältigung unserer großen Zukunftsaufgaben.“ Und weiter: „Intoleranz und Rechtsextremismus bedrohen unseren Wohlstand ebenso wie Bürokratismus, Risikoscheu und Verzagtheit.“
    Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken warnte insbesondere vor dem Erstarken des Rechtextremismus. „Die AfD ist nicht nur ein Wohlstandsrisiko für Deutschland, sondern auch eine Gefahr für unsere Demokratie“, sagte Esken dem Handelsblatt. „Die um sich greifende Verhetzung der Zuwanderung gefährdet unseren Zusammenhalt und unsere wirtschaftliche Prosperität, denn der Zuzug und die gute Integration ausländischer Fachkräfte sind angesichts des hohen Fachkräftemangels unerlässlich.“
    Ein Erstarken rechter Tendenzen sei ein wirtschaftlicher Schaden auf mehreren Ebenen, sagte vor einiger Zeit schon Michael Woywode, Direktor des Instituts für Mittelstandsforschung: „Zum einem werden die Direktinvestitionen, insbesondere die aus dem Ausland, zurückgehen. Aber auch Kunden aus dem In- und Ausland könnten abgeschreckt werden. Und schließlich hat es Auswirkungen auf die Personalsituation in den ostdeutschen Betrieben, wenn Zuwanderung ausbleibt und dringend benötigte Fachkräfte den Osten meiden.“
    „Gefahr für die Stabilität des Standorts“
    Aber in welcher Form soll das linke Spektrum dem Wirtschaftsstandort schaden? Holtemöller erklärte es so: „Von der linken Seite sehen wir eine zunehmende Infragestellung des Rechtsstaatsprinzips.“ Investitionen basierten maßgeblich darauf, dass Vertrauen herrsche, dass die Bedingungen, unter denen eine Unternehmerin oder ein Unternehmer beziehungsweise ein Haushalt eine Investition tätigt, auch in Zukunft noch Bestand haben würden.
    „Mögen die unmittelbaren Konjunkturrisiken dieser Tendenz auch begrenzt sein, so gehen von ihr doch erhebliche Risiken aus, auch für die langfristigen Wachstums- und Wohlstandsaussichten“, schreiben die Institute. Foto: dpa
    „Wenn Gesellschaftsgruppen aufgrund ihrer eigenen Argumentation überlegene rechtsstaatliche Prinzipien einfach nicht mehr gelten lassen sollten, sondern andere Formen der Willensbildung für die Gesellschaft bedeutender werden könnten, dann ist das eben auch eine Gefahr für die Stabilität des Standortes“, führte Holtemöller aus.
    Welche Gruppen die Ökonominnen und Ökonomen dabei konkret im Blick haben, etwa auch die als „Klimakleber“ bekannte „Letzte Generation“, lassen sie offen. Generell gibt es im linksextremen Spektrum durchaus Gruppen, die mit ihren Aktionen die freiheitlich demokratische Grundordnung angreifen, was prinzipiell auch das Investitionsklima und damit den Wirtschaftsstandort belasten kann. Das bedeutet allerdings keine Gleichsetzung der Gefahr von links und rechts.
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    NSU-MORDE
    Zschäpe von Extremisten-Aussteigerprogramm in Sachsen abgelehnt

    von MDR SACHSEN
    Stand: 29.09.2023, 12:10 Uhr
    Die Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU) hat ganz Deutschland erschüttert. Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe haben als rechtsextremistische Terrorgruppe viele Menschenleben auf dem Gewissen. Jetzt hat die verurteilte und inhaftierte Zschäpe den Ausstiegswunsch aus der Szene signalisiert.
    Eine Frau mit dunkelbraunem lockigen Haar und schwarzer Kleidung und einem bunten Schalt steht in einem Raum. Im Hintergrund sind Sicherheitsbeamte zu sehen.
    Die verurteilte Rechtsterroristin Beate Zschäpe hat einen Antrag um die Aufnahme ins sächsische Aussteigerprogramm gestellt. (Archivbild)
    Das Aussteigerprogramm Sachsen hat einen Aufnahmeantrag der verurteilten Rechtsterroristin Beate Zschäpe offenbar abgelehnt. Das teilte ihr Anwalt Mathias Grasel mit.
    Ablehnung Anfang September
    Zschäpe habe Anfang Mai die Bemühungen gestartet, ins Aussteigerprogramm zu kommen, für das auch in ihrem Gefängnis in Chemnitz geworben wurde. Anfang September sei nun die Ablehnung gekommen, "mit der relativ lapidaren Begründung, dass das Haftende noch zu weit weg sei", so Grasel. Die Antwort habe ihn irritiert. Denn das Projekt weist im Internet auf die Möglichkeit einer frühzeitigen Kontaktaufnahme bereits während der Inhaftierung hin. Zschäpes Wille sich am Aussteigerprogramm zu beteiligen, sei nach wie vor vorhanden, sagte ihr Anwalt.
    Vom Aussteigerprogramm Sachsen gab es dazu keine offizielle Information. "Zu konkreten Fallanfragen oder Fällen des Aussteigerprogramms Sachsen erteilen wir keine Auskünfte", sagte der Geschäftsführer des Landespräventionsrates, Sven Forkert, auf Anfrage der dpa.
    Zschäpe weiterhin in Haft
    Das Programm wendet sich an Personen, die sich aktiv und gewaltbereit gegen die demokratischen Grundlagen der Gesellschaft richteten und nunmehr für einen Wandel und Neustart bereit scheinen. Die Mitarbeiter des Programms begleiten und beraten bis zum Zeitpunkt einer Stabilisierung des neuen Lebensentwurfs, heißt es auf der Internetseite des Projektes.
    Zschäpe war 2018 als Mittäterin an der Mordserie der Terrorzelle NSU zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Wegen der besonderen Schwere der Schuld ist eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren so gut wie ausgeschlossen.
    Mehr zum Thema
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    NSU und kein Ende - Staatsversagen, Opferleid und Rassismus >>>
    MDR (ama)/dpa 
    Dieses Thema im Programm:
    WEITERFÜHRENDE LINKS
    22. Mai 2023
    Beate Zschäpe räumt vor Untersuchungsausschuss Mitschuld an NSU-Morden ein >>>
    MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 29. September 2023 | 09:00 Uhr
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    Rechtsextreme Gruppierung „Artgemeinschaft“ verboten

    MELDUNG   SICHERHEIT   27.09.2023
    26 Wohnungen von 39 Vereinsmitgliedern sowie Räumlichkeiten des Vereins in zwölf Bundesländern durchsucht.
    Bundesinnenministerin Faeser Pressestatement am 27.09.2023Quelle: Henning Schacht
    Rund 700 Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte der Länder waren heute im Einsatz um das Verbot der rechtsextremistischen, rassistischen und antisemitischen Vereinigung "Die Artgemeinschaft – Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung e.V." ("Artgemeinschaft") zu vollstrecken.
    Bundesinnenministerin Faeser
    "Wir verbieten eine sektenartige, zutiefst rassistische und antisemitische Vereinigung. Das ist ein weiterer harter Schlag gegen den Rechtsextremismus."
    BUNDESINNENMINISTERIN NANCY FAESER ZUM VERBOT DER RECHTSEXTREMEN GRUPPIERUNG "ARTGEMEINSCHAFT"
    Extremistische Literatur, Gold, Bargeld und Schusswaffen
    Die "Artgemeinschaft" ist eine neonazistische, rassistische, fremden- und demokratiefeindliche Vereinigung mit rund 150 Mitgliedern. Sie richtet sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung und insbesondere aufgrund antisemitischer Inhalte auch gegen den Gedanken der Völkerverständigung.
    Bei den Durchsuchungen in zwölf Bundesländern (Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen) wurden Devotionalien, Gold, Armbrüste und andere Waffen und Munition beschlagnahmt. Auch waffenrechtliche Erlaubnisse wurden im Zuge der Vollstreckung aberkannt.
    Pseudoreligiöser Götterglaube zur Tarnung rassistischer Gesinnung
    Zentrales Ziel der "Artgemeinschaft" war die Erhaltung und Förderung der eigenen "Art", welche mit dem nationalsozialistischen Terminus der "Rasse" gleichzusetzen ist. Dazu waren die Vereinsmitglieder angewiesen bei der "Gattenwahl" innerhalb der nord- und mitteleuropäischen "Menschenart" zu bleiben, um der rassistischen Ideologie des Vereins entsprechend das "richtige" Erbgut weiterzugeben. Menschen anderer Herkunft wurden herabgewürdigt.
    PRESSEMITTEILUNG · 27.09.2023
    Verbot der rechtsextremen Gruppierung "Artgemeinschaft": Extremistische Literatur, Gold, Bargeld, Schusswaffen und Armbrüste sichergestellt
    Bundesinnenministerin Faeser dankt 700 Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten für heutigen Einsatz
    zur Pressemitteilung
    Das Ausleben der rechtsextremistischen Weltanschauung, die Weitergabe ihrer Ideologien an Kinder und Jugendliche waren Zweck des Vereins. Dazu vertrieb der Verein einschlägige, zum Teil aus der NS-Zeit stammende und nur minimal abgewandelter Literatur. Durch das Betreiben eines vereinseigenen "Buchdienstes", einer Webseite und von Präsenzen in sozialen Medien wurden auch Nicht-Mitglieder mit rechtsextremistischem Gedankengut ideologisiert, radikalisiert und auch geworben.
    Das Vereinsverbot wurde seit mehr als einem Jahr vorbereitet und Durchsuchungsbeschlüsse erwirkt. Maßgeblich waren insbesondere Erkenntnisse des Bundesamtes für Verfassungsschutz sowie der Landesämter für Verfassungsschutz. Die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern haben auch bei diesem Vereinsverbot intensiv zusammengewirkt. "Ich danke den 700 Einsatzkräften der Polizei sehr herzlich für ihren heutigen Einsatz zum Schutz unserer Demokratie gegen Rechtsextremisten." so Bundesinnenministerin Nancy Faeser.
    Mit dem Vereinsverbot wird jede Fortführung der Vereinsaktivität durch die bisherigen Mitglieder und jede Aktivität Dritter zugunsten des verbotenen Vereins untersagt. Verstöße hiergegen sind Straftaten nach § 20 Vereinsgesetz (bis zur Bestandskraft des Verbots) bzw. nach § 85 Strafgesetzbuch (ab Bestandskraft des Verbots).
    https://www.bmi.bund.de/


    Razzien in zwölf Bundesländern
    :Faeser verbietet rechtsextreme Gruppe

    Datum:
    27.09.2023 07:12 Uhr
    Innenministerin Faeser hat eine rechtsextremistische Vereinigung verboten, die sich "Artgemeinschaft" nennt. Die Polizei durchsuchte Wohnungen und Räume in zwölf Bundesländern.
    Bundesinnenministerin Faeser hat die rechtsextreme Gruppe "Artgemeinschaft" verboten. Die Polizei führte in zwölf Bundesländern Razzien durch.
    Datum:
    27.09.2023
    Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat eine rechtsextremistische Vereinigung verboten, die sich "Die Artgemeinschaft - Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung" nennt.
    Wie das Ministerium mitteilte, durchsuchten Einsatzkräfte der Polizei am Mittwochmorgen 26 Wohnungen von 39 Vereinsmitgliedern und Räume des Vereins in zwölf Bundesländern. Faeser erklärte:
    Mit der 'Artgemeinschaft' verbieten wir eine sektenartige, zutiefst rassistische und antisemitische Vereinigung. Das ist ein weiterer harter Schlag gegen den Rechtsextremismus und gegen die geistigen Brandstifter, die bis heute NS-Ideologien verbreiten.
    Nancy Faeser, Bundesinnenministerin
    Faeser: Kinder und Jugendliche indoktriniert
    Die rechtsextremistische Gruppierung habe versucht, durch eine "widerwärtige Indoktrinierung von Kindern und Jugendlichen neue Verfassungsfeinde heranzuziehen", so die Innenministerin. Die Vereinigung verbinde verschiedene Strömungen der extremen Rechten und gefährde damit die freiheitlich demokratische Grundordnung in besonderem Maße. Das Vereinsverbot sei seit mehr als einem Jahr vorbereitet und Durchsuchungsbeschlüsse erwirkt worden.
    Die Neonazi-Vereinigung "Hammerskins Deutschland" und die Teilorganisation "Crew 38" wurden verboten, in mehreren Bundesländern gab es Razzien.
    Das Bundesinnenministerium gibt die Zahl der Mitglieder der Vereinigung mit rund 150 an. Ihr Ziel sei es gewesen, eine rechtsextremistische Weltanschauung auszuleben und zu verfestigen. Das sei insbesondere durch die Weitergabe der Ideologie an Kinder und Jugendliche mittels einschlägiger Literatur erfolgt, die zum Teil aus der NS-Zeit stammt und nur minimal abgewandelt wurde.
    Auch Teilorganisationen verboten
    Durch das Betreiben eines vereinseigenen "Buchdienstes" und einer Webseite sowie mittels sozialer Medien seien auch Nichtmitglieder mit rechtsextremistischem Gedankengut radikalisiert und geworben worden.
    Vom Vereinsverbot seien auch alle Teilorganisationen der "Artgemeinschaft" betroffen. Dazu gehörten sogenannte Gefährtschaften, Gilden, Freundeskreise und das Familienwerk e.V..
    Einsatzkräfte der Polizei durchsuchten Wohnungen und Vereinsräume in Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen.
    Quelle: dpa, AFP, epd
    https://www.zdf.de/


    RECHTSEXTREMISMUS
    Was zum Verbot der "Ar
    tgemeinschaft" geführt hat

    von Axel Hemmerling und Johanna Hemkentokrax, MDR THÜRINGEN
    Stand: 27. September 2023, 08:30 Uhr
    Das Bundesinnenministerium hat die rechtsextreme Gruppierung "Artgemeinschaft" verboten. Doch was ist eigentlich diese Gruppierung, die als älteste Neonazi-Organisation Deutschlands gilt? Die völkisch-heidnischen Rechtsextremisten waren auch in Thüringen aktiv.
    Am Mittwochmorgen ist die Polizei in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt gegen Mitglieder rechtsextremen Gruppierung "Artgemeinschaft" vorgegangen. (Symbolbild)
    Bildrechte: IMAGO / Future Image
    Die rechtextreme Gruppierung "Artgemeinschaft" wurde verboten.
    Sie hatte auch Verbindungen nach Mitteldeutschland.
    Vergangene Woche war die Polizei bereits gegen die "Hammerskins" vorgegangen.
    Es ist ein Verbot mit Symbolcharakter, denn die 1951 vom ehemaligen Waffen-SS-Mitglied Wilhelm Kusserow gegründete sogenannte "Artgemeinschaft - Germanisch- Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung e.V." mit Sitz in Berlin gilt als älteste Neonazi-Organisation Deutschlands.
    Razzia im Zuge des Verbots der „Artgemeinschaft“ im sächsischen Leisnig, Ortsteil Naunhof.
    RAZZIA
    Bundesinnenministerium verbietet rechtsextreme "Artgemeinschaft"
    Laut der Vorbemerkung einer Anfrage der Linke-Fraktion im Bundestag vom Mai 2022 will der Glaubensbund "der Bewahrung, Erneuerung und Weiterentwicklung der Kultur der nordeuropäischen Menschenart" dienen und an die Wertvorstellungen der heidnischen Vorfahren anknüpfen. Dabei vertritt sie völkisch-rassistisches und antisemitisches Gedankengut und fungiert als Schnittstelle zwischen dem völkisch religiösen Spektrum und der Neonaziszene".
    Zum Dokument: Kleine Anfrage der Linken-Bundestagsfraktion zur "Artgemeinschaft"
    Schamanen, Hexen, neue Heiden: Die Rückkehr der alten GötterMIT AUDIO
    FRAGEN & ANTWORTEN
    FAQ: Wer sind die neuen Heiden? >>>
    Demnach war Stephan Ernst, der Mörder des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke Mitglied der "Artgemeinschaft". "Beate Zschäpe und andere Personen aus dem NSU-Umfeld nahmen an Veranstaltungen der Gruppierung teil", heißt es weiter in der Vorbemerkung der Fraktion.
    Die Antwort der Bundesregierung fiel damals spärlich aus. Lediglich die Siedlungsbestrebungen der Rechtsextremisten bestätigte die Bundesregierung. Eine weitergehende Beantwortung der Anfrage wurde verweigert mit dem Verweis auf mögliche Rückschlüsse auf den Kenntnisstand und die Arbeit des Verfassungsschutzes.
    Sendungsbezogen
    29 min
    VIDEO
    Ein Dorf verstummt - Völkische Nachbarn im Harz
    Verbindungen nach Mitteldeutschland >>>
    Der Leiter der "Artgemeinschaft" Jens B. hat nach MDR-Informationen den verurteilten NSU-Unterstützer Ralf Wohlleben mit seiner Familie nach der Haftentlassung auf seinem Hof in Bornitz in Sachsen-Anhalt aufgenommen. Der MDR hatte 2018 über Wohllebens Aufenthalt in Bornitz im Burgenlandkreis berichtet.
    Ortseingangsschild Wienrode und alter Gasthof
    35 min
    PODCAST: MDR INVESTIGATIV - HINTER DER RECHERCHE
    Was tun gegen völkische Siedler im Dorf? >>>
    In Thüringen hat die Gruppierung laut der Antwort des Innenministeriums auf eine Anfrage der Linken-Abgeordneten Katharina König-Preuss im Thüringer Landtag vom Juli 2022 lediglich Mitglieder im niedrigen zweistelligen Bereich, bundesweit sind es rund 150. Allerdings finden regelmäßig Treffen der Rechtsextremisten im Freistaat statt, sogenannte "Gemeinschaftstagungen".
    Zum Dokument: Kleine Anfrage der Abgeordnete Katharina König-Preuß zur "Artgemeinschaft" >>>
    So organisierte die Gruppe zwischen Dezember 2019 und Juli 2022 laut Thüringer Innenministerium unter Ausschluss der Öffentlichkeit sechs Treffen in einer Wanderherberge im nordthüringischen Ilfeld mit zum Teil mehreren hundert Mitgliedern, Förderern und Abonnenten der vierteljährlich erscheinenden "Nordischen Zeitung" aus dem gesamten Bundesgebiet.
    Podiumsdiskussion mit fünf Teilnehmern.
    2 min
    VIDEO
    Völkisch besetzt oder identitätsstiftend? – Diskussion um "Das Grüne Herz Deutschlands" >>>
    Zweiter Schlag gegen die Neonaziszene
    Mit dem Verbot der "Artgemeinschaft" ist das Bundesinnenministerium bereits zum zweiten Mal innerhalb von zwei Wochen gegen die organisierte Neonaziszene in Deutschland vorgegangen. Am vergangenen Dienstag wurden der deutsche Ableger der so genannten "Hammerskins" verboten, allerdings galten die damit einhergehenden Durchsuchungen nach MDR-Recherchen lediglich den Chefs der Regionalableger und nicht den Vertretern der wichtigen Wirtschafts- und Sicherheitstrukturen der Gruppierung.
    Ein seltenes Bild: Hammerskins marschieren mit ihren Symbolen – zwei gekreuzte Zimmermannshämmer auf einem Zahnrad – auf. In der Regel scheuen sie die Öffentlichkeit.MIT VIDEO
    EXTREMISMUS
    Schlag gegen Neonazis in Thüringen: Das sind die "Hammerskins" >>>
    Das Verbot dürfte die Szene zwar geschwächt, aber keinesfalls handlungsunfähig gemacht haben. Mit der "Artgemeinschaft" traf das Verbot nun eine verhältnismäßig wenige Mitglieder zählende, aber symbolträchtige alte Gruppierung der Neonaziszene, die die völkische Siedlungsbewegung vorangetrieben hatte.
    Mehr zu Rechtsextremismus und völkischen Siedlern
    Teilnehmer einer Demonstration der rechtsextremen NPD-Nachwuchsorganisation Junge Nationaldemokraten ziehen unter dem Motto "Tag der deutschen Zukunft" durch die Stadt an einer Gegenkundgebung (hinten) vorüber. MIT VIDEO
    STUDIE
    Rechtsextreme Einstellungen nehmen deutlich zu >>>
    NS ZONE steht auf einem Stromkasten. MIT VIDEO
    VERBRECHEN-CHRONIK
    Die Neonazis, die niemand stoppte: Prozess gegen Eisenacher "Knockout 51" startet
    Im Harzort Wienrode hat sich eine völkische Gruppe angesiedelt.MIT VIDEO >>>
    GRUPPE "WEDA ELYSIA"
    Interview: Wie Bürger mit völkischen Siedlern in Wienrode umgehen
    Gasthof von "Weda Elysia" in Wienrode >>>
    EIN DORF VERSTUMMT
    Völkische Siedler: Blankenburgs Bürgermeister fordert, ein Verbot zu prüfen
    Ortseingangsschild Wienrode und alter Gasthof MIT VIDEO >>>
    MDR INVESTIGATIV - HINTER DER RECHERCHE (FOLGE 66)
    Was tun gegen völkische Siedler im Dorf? >>>
    Anastasia-Siedler mit rechtsextremen Kontakten - Ein Dorf verstummt >>>
    MDR (ahem/cfr)
    Dieses Thema im Programm:
    MDR FERNSEHEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 27. September 2023 | 19:00 Uhr
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    Extremismus
    Deutlich mehr Menschen teilen rechtsextreme Positionen

    Rechtsextreme Einstellungen haben in der deutschen Bevölkerung laut einer aktuellen Studie seit 2021 stark zugenommen. Aktuell hat jeder zwölfte Erwachsene ein rechtsextremes Weltbild, wie eine heute veröffentlichte Untersuchung von Forschern der Universität Bielefeld feststellt. Mit 8,3 Prozent ist der Anteil gegenüber dem Niveau der Vorjahre von knapp 2 bis 3 Prozent erheblich gestiegen.
    21.09.2023 - 06:39 Uhr
    Quelle: dpa
    Demonstranten - unter anderem aus der sogenannten Reichsbürger-Szene - stehen 2020 auf den Stufen zum Berliner Reichstagsgebäude. Zu sehen sind auch zahlreiche Reichsflaggen. Foto: dpa
    Berlin. Dabei kann man der Studie zufolge von einer rechtsextremen Einstellung nicht automatisch darauf schließen, wo sich jemand selbst politisch verortet. „Unter jenen, die sich klar als „links” positionieren, gibt es dabei mehr Menschen, die ein gefestigtes rechtsextremes Weltbild teilen (12 Prozent) als es in der politischen Mitte der Fall ist (7 Prozent)”, halten die Forscher um Andreas Zick fest.
    Zugenommen habe auch der Anteil der Befragten, der sich rechts der Mitte verortet, heißt es in der Studie mit dem Titel „Die distanzierte Mitte”. Während sich demnach aktuell 15,5 Prozent der Bevölkerung selbst rechts der Mitte sehen, waren es bei der zurückliegenden Befragung lediglich knapp zehn Prozent.
    Überraschend ist das nicht, wenn man auf die Ergebnisse der Wählerumfragen der vergangenen Wochen schaut. Dort lag die rechtspopulistische AfD bundesweit bei etwa 22 Prozent. Grundsätzlich spiegeln Wahlumfragen nur ein Meinungsbild zum Zeitpunkt der Befragung wider und sind keine Prognosen auf den Wahlausgang. Sie sind zudem immer mit Unsicherheiten behaftet.
    „Ideologie der Ungleichwertigkeit und Gewalt”
    Für die „Mitte-Studie” der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung werden alle zwei Jahre mit einer repräsentativen Befragung vor allem rechtsextreme Einstellungen untersucht. Als zentrales Merkmal des Rechtsextremismus definieren die Autoren „eine Ideologie der Ungleichwertigkeit und Gewalt beziehungsweise die Billigung von Gewalt zur Durchsetzung der Ideologie”. Im Vergleich zu den Vorjahren werde der Vorwurf der beschnittenen Meinungsfreiheit von deutlich mehr Befragten geteilt, heißt es in der Studie. „Gleiches gilt für die völkische Forderung, unterschiedliche Völker sollten sich nicht miteinander vermischen”.
    Die 2027 Teilnehmer einer Telefonumfrage durch das UADS Institut in Duisburg im Zeitraum vom 2. Januar bis 28. Februar dieses Jahres waren aufgefordert worden, sich zu bestimmten Aussagen zu positionieren, etwa ob sie eine Diktatur befürworten würden. Von der Gesamtstichprobe ausgehend liegt die Fehlergrenze nach Angaben der Autoren bei +/- 2,2 Prozent.
    Der Aussage „Die regierenden Parteien betrügen das Volk” stimmten den Angaben zufolge 30 Prozent der Befragten zu - fast doppelt so viele wie zwei Jahre zuvor. Mehr als verdoppelt hat sich demnach der Anteil derjenigen, die politische Gewalt billigen. Laut Studie liegt er aktuell bei 13,2 Prozent. Vor zwei Jahren vertraten 5,3 Prozent der Befragten diese Auffassung.
    Signifikante Unterschiede zwischen Westen und Osten
    Die Autoren der Studie wollten diesmal außerdem wissen, welche Sorgen die Menschen in Deutschland im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine am meisten umtreiben. Sie fanden heraus, dass die Sorge um eine Ausweitung des Krieges mit 62 Prozent zwar relativ dominant ist, die Sorge hinsichtlich steigender Energiepreise jedoch mit 66 Prozent an erster Stelle steht. Grundsätzlich gilt dabe: Frauen bereiten die Auswirkungen des Krieges insgesamt mehr Sorgen als Männern.
    Signifikante Unterschiede gibt es auch zwischen den Menschen, die im Westen und im Osten Deutschlands wohnen. So befürchten den Angaben zufolge rund 45 Prozent der Menschen im Westen, als Konsequenz aus diesem Krieg ihren eigenen Lebensstandard dauerhaft nicht halten zu können. Im Osten treibt diese Sorge etwa 61 Prozent der Menschen um. Eine Ausweitung des Krieges befürchten laut der Studie etwa 70 Prozent der Menschen im Osten und etwa 60 Prozent der Bevölkerung im Westen.
    Abgefragt wurde darüber hinaus, ob sich Menschen einsam fühlen. Die Forscherinnen und Forscher stellten dabei fest, dass das Gefühl der Einsamkeit in Städten und ländlichen Gebieten ähnlich verbreitet ist. „In Ostdeutschland fühlten sich Menschen lange Zeit einsamer als im Westen, das hat sich mittlerweile nahezu angeglichen”, heißt es in der Studie. Insgesamt gaben demnach 28 Prozent der Befragten an, es fehle ihnen öfter oder häufig an Gesellschaft. 15 Prozent der Bevölkerung fühlen sich laut den Ergebnissen der Studie von anderen isoliert. Damit liege die Einsamkeit nun wieder auf ähnlichem Niveau wie vor der Corona-Pandemie mit ihren Kontaktbeschränkungen.
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    Bundesinnenministerin Nancy Faeser verbietet Neonazi-Vereinigung "Hammerskins Deutschland"

    PRESSEMITTEILUNG   19.09.2023
    Bundesinnenministerin Nancy Faeser verbietet Neonazi-Vereinigung "Hammerskins Deutschland". Seit den frühen Morgenstunden laufen 28 Durchsuchungsmaßnahmen in zehn Bundesländern.
    Stadtplatz des Bundesministerium des Innern und für HeimatQuelle: Henning Schacht
    Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat heute den rechtsextremistischen Verein "Hammerskins Deutschland" einschließlich seiner regionalen Chapter und seiner Teilorganisation "Crew 38" auf Grundlage des Vereinsgesetzes verboten. Einsatzkräfte durchsuchen seit den frühen Morgenstunden die Wohnungen von 28 Vereinsmitgliedern in zehn Bundesländern (Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Thüringen).
    Bundesinnenministerin Nancy Faeser: „Das Verbot der "Hammerskins Deutschland" ist ein harter Schlag gegen den organisierten Rechtsextremismus. Mit diesem Verbot beenden wir in Deutschland das menschenverachtende Treiben einer international agierenden Neonazi-Vereinigung. Damit setzen wir ein klares Signal gegen Rassismus und Antisemitismus.
    Der Rechtsextremismus bleibt die größte extremistische Bedrohung für unsere Demokratie. Deshalb handeln wir weiter mit aller Entschiedenheit, um rechtsextremistische Strukturen zu zerschlagen.

    Bei den umfangreichen Vorbereitungen zu diesem Vereinsverbot haben Bund und Länder intensiv über ein Jahr lang kooperiert. Außerdem haben wir eng mit unseren amerikanischen Partnern zusammengearbeitet. Ich möchte mich daher ganz ausdrücklich bei allen Einsatzkräften vor Ort, den zuständigen Behörden von Bund und Ländern und unseren amerikanischen Partnern für ihre Unterstützung und die sehr gute Zusammenarbeit bedanken."
    Das Verbot der Vereinigung stützt sich auf alle drei in § 3 des Vereinsgesetzes genannten Verbotsgründe. Der Verein richtet sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung sowie gegen den Gedanken der Völkerverständigung. Zweck und Tätigkeit laufen den Strafgesetzen zuwider.
    Die "Hammerskins Deutschland" sind ein Ableger der im Jahr 1988 in den Vereinigten Staaten von Amerika gegründeten "Hammerskins Nation". In der rechtsextremistischen Szene in Europa nehmen die "Hammerskins Deutschland" eine herausragende Rolle ein. Weltweit bezeichnen sich die Mitglieder dieser Vereinigung als "Brüder" und verstehen sich als elitäre "Bruderschaft", die ihre subkulturelle Lebensweise innerhalb einer Gruppe praktizieren möchten, die sich als Elite der rechtsextremistischen Skinhead-Szene versteht. In Deutschland umfasst die Gruppierung rund 130 Mitglieder.
    Kernelement des Gedankenguts der Gruppierung ist die Propagierung einer an die NS-Ideologie angelehnten Rassenlehre. Zweck der Vereinigung "Hammerskins Deutschland" ist es, ihre rechtsextremistische Weltanschauung auszuleben und zu verfestigen. Dies erfolgt insbesondere durch Konzertveranstaltungen. Hier werden auch Nicht-Mitglieder mit rechtsextremistischem Gedankengut konfrontiert, ideologisiert und radikalisiert.
    Die rechtsextreme Ausrichtung der international vernetzten Gruppierung manifestiert sich insbesondere durch den Vertrieb von Tonträgern mit rechtsextremistischer und antisemitischer Musik, die Organisation rechtsextremistischer Konzerte und den Verkauf von rechtsextremistischen Merchandise-Artikeln.
    Bei dem Verbot der "Hammerskins Deutschland" handelt es sich um das 20. Verbot einer rechtsextremistischen Vereinigung durch das Bundesinnenministerium. Bei den umfangreichen Vorbereitungen haben Bund und Länder intensiv über ein Jahr lang kooperiert. Das Bundesinnenministerium hat bei diesem Verbot einer rechtsextremistischen und rassistischen Organisation eng mit amerikanischen Partnerbehörden zusammengearbeitet.
    https://www.bmi.bund.de/


    Bundesweite Razzia
    Neonazi-Gruppe "Hammerskins" verboten

    Stand: 19.09.2023 06:38 Uhr
    Das Bundesinnenministerium hat die Neonazi-Gruppe "Hammerskins" verboten. Bundesweit durchsucht die Polizei Wohnungen von führenden Mitgliedern. Einige Anhänger sind wegen Gewaltdelikten und illegalem Waffenbesitz vorbestraft.
    Von Julian Feldmann, Florian Flade, Reiko Pinkert und Sebastian Pittelkow, NDR/WDR
    Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat die Neonazi-Gruppierung "Hammerskins" aufgelöst. Seit heute früh setzt die Polizei das Vereinsverbot um und durchsucht nach Informationen von WDR und NDR bundesweit die Wohnungen von 28 mutmaßlichen Führungspersonen. Die Gruppe trat vor allem mit konspirativ organisierten Musikveranstaltungen auf. Mit den "Hammerskins" verbot das Innenministerium auch deren Unterstützer-Gruppe "Crew 38".Die heutigen Razzien richten sich primär gegen die führenden Mitglieder der Organisationen. Beamte von Bundeskriminalamt (BKA) und den Landespolizeien durchsuchen zeitgleich in zehn Bundesländern die Wohnungen von "Hammerskins"-Funktionären. Bei den Durchsuchungen soll das Vereinsvermögen beschlagnahmt werden. Das Verbot der Gruppe erfolgte, weil die "Hammerskins" sich nach Auffassung des Bundesinnenministeriums "gegen die verfassungsmäßige Ordnung" und "gegen den Gedanken der Völkerverständigung" stellten. Der Verfassungsschutz stuft die "Hammerskins" als "gewaltorientiert" ein.
    Player: videoFlorian Flade, WDR, zu Recherchen über Neonazi-Gruppe "Hammerskins"
    Sendungsbild | ARD-aktuell4 Min
    Florian Flade, WDR, zu Recherchen über Neonazi-Gruppe "Hammerskins"
    tagesschau24, 19.09.2023 09:00 Uhr
    Seit Jahrzehnten gefestigte StrukturenDie "Hammerskins" sind bisher vor allem in der rechtsextremen Musikszene aktiv gewesen. So organisierten sie regelmäßig klandestine Konzerte und den Vertrieb von CDs. Auch im Bereich der Sicherheitsdienstleistungen sollen sich die "Hammerskins" betätigt haben. Ähnlich wie Rocker-Gruppierungen sind die "Hammerskins" in sogenannten Chaptern, also regionalen Untergliederungen, organisiert.
    Auf einem Schild steht der Schriftzug "Bundesamt für Migration und Flüchtlinge"
    11.07.2019
    Flüchtlingsbehörde
    Rechtsextremist arbeitete beim BAMF
    Ein als Rechtsextremist eingestufter Mann hat längere Zeit beim BAMF gearbeitet. mehr
    Die Behörden gehen bundesweit von etwa 120 Anhängern, darunter rund 90 Vollmitgliedern aus, die in 13 "Chaptern" organisiert sein sollen. Der Vorwurf: Nach Innen würden  die "Hammerskins" eine rassistische und nationalsozialistische Weltsicht propagieren. Auch die Bands, die dem Umfeld der "Hammerskins" zugerechnet werden, würden in ihren Texten rassistische Hetze verbreiten.In den Verfassungsschutzberichten des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) der letzten Jahre tauchen die "Hammerskins" nicht auf. Die Gruppierung soll jedoch seit Jahrzehnten über gefestigte Strukturen sowohl in Deutschland als auch in zahlreichen weiteren Ländern verfügen, Mitglieder in der Neonazi-Szene gut vernetzt sein, unter ihnen mehrere bekannte und umtriebige Rechtsextremisten.
    Polizisten durchsuchen bei einer Razzia ein Fabrikgebäude in Gotha (Thüringen).
    16.06.2022
    Razzia gegen Neonazi-Szene
    Polizei findet Schusswaffen und Handgranaten
    Mehr als 500 Beamte durchsuchten Wohn- und Geschäftsräume in mehreren Städten in Thüringen. mdr
    "Kampf der Nibelungen" initiiertAuch das größte rechtsextreme Kampfsport-Event in Deutschland, der "Kampf der Nibelungen", soll 2013 laut Sicherheitsbehörden durch die "Hammerskins" initiiert worden sein. Seit 2019 werden diese Veranstaltungen verboten. Daneben organisierten die "Hammerskins" ein alljährliches Treffen, das sogenannte Hammerfest, bei dem ebenfalls zahlreiche Neonazi-Bands auftreten."Entsprechend ihrem Selbstverständnis als Elite der rechtsextremistischen Skinhead-Bewegung unterhalten sie Kontakte zu zahlreichen anderen subkulturell-rechtsextremistischen und auch neonazistischen Organisationen", hieß es zuletzt 2018 vom Bundesinnenministerium auf eine Kleine Anfrage der Linke-Bundestagsfraktion zu der Gruppe. Die "Hammerskins" sind heute laut Verfassungsschutz die einzige bundesweit aktive rechtsextreme Skinhead-Organisation. Allerdings scheut die Gruppe das Licht der Öffentlichkeit, agiert konspirativ im Hintergrund.
    Polizeiabsperrung vor dem Haus von Walter Lübcke
    27.06.2019
    Razzia nach Lübcke-Mord
    Mutmaßlicher Helfer als Neonazi bekannt
    Einer der mutmaßlichen Helfer des Lübcke-Mörders Stephan E. wurde 2006 zu einem der NSU-Morde vernommen. mehr
    Gewaltdelikte und illegaler WaffenbesitzDie Behörden zählten die "Hammerskins" bislang zum gewaltorientierten Teil der rechtsextremen Szene. Zuletzt verfügten dem Bundesinnenministerium 2018 zufolge "einzelne Hammerskins-Mitglieder" über Waffenberechtigungen. Anhänger fallen immer wieder mit Straftaten auf, einige sind etwa wegen Gewaltdelikten und illegalem Waffenbesitz vorbestraft.Mit der "Crew 38" verbot das Innenministerium auch den an die "Hammerskins" angegliederten Unterstützer-Club. Die 38 in dem Namen steht für den dritten und den achten Buchstaben im Alphabet - C und H, was wiederum für "Crossed Hammers" (Gekreuzte Hämmer) steht. Das Logo der "Hammerskins" bilden zwei gekreuzte Hämmer. Mit der Auflösung der Vereinigung dürfen auch ihre Symbole nicht mehr öffentlich verwendet werden.
    Player: videoRazzien in zehn Bundesländern gegen verbotene Neonazi-Gruppe "Hammerskins"
    Sendungsbild | ARD-aktuell2 Min
    Razzien in zehn Bundesländern gegen verbotene Neonazi-Gruppe "Hammerskins"
    A. Henze/F. Flade/R. Pinkert, WDR, tagesschau, 19.09.2023 20:00 Uhr
    Die "Hammerskins" entstanden Ende der 1980er-Jahre in den USA in der rechtsextremen Skinhead-Szene. Weltweit unterhält die Gruppe "Divisionen" in verschiedenen Ländern, die alle in der sogenannten Hammerskin-Nation organisiert sind. In Deutschland bauten die "Hammerskins" seit Anfang der 1990er-Jahre Strukturen auf, einer der ältesten Ableger ist der Chapter "Berlin".Das nun verfügte Verbot der "Hammerskins" ist das 20. Verbot einer rechtsextremen Vereinigung durch das Bundesinnenministerium. Zuletzt waren 2020 drei Gruppierungen verboten worden: "Combat 18 Deutschland", "Nordadler" und "Sturm-/Wolfsbrigade 44".  Die "Hammerskins" galten in der Rechtsrock-Szene lange Zeit als Konkurrent des "Blood and Honour"-Netzwerks. Als "Blood and Honour" im Jahr 2000 in Deutschland verboten wurde, blieben die "Hammerskins" als legale Struktur übrig. Mit "Combat 18 Deutschland" war 2020 ebenfalls eine Neonazi-Organisation verboten worden, die in der konspirativen Rechtsrock-Szene aktiv war.Die "Hammerskins" können gegen das heutige Vereinsverbot Klage einreichen, dann müsste das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig darüber entscheiden.
    https://www.tagesschau.de/

    Innenministerin Faeser verbietet „Hammerskins Deutschland“

    Stand: 19.09.2023 | Lesedauer: 3 Minuten
    Nancy Faeser äußert sich zum „Hammerskins Deutschland“-Verbot
    Die rechtsextreme Gruppe „Hammerskins Deutschland“ ist von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) verboten worden. 28 Vereinsmitglieder in zehn Bundesländern wurden durch Einsatzkräfte durchsucht. Welche Gefahr konkret von der Gruppe ausgegangen war, beschreibt Faeser in einem Statement.
    Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat die rechtsextreme Gruppe „Hammerskins Deutschland“ verboten. Einsatzkräfte durchsuchten am Dienstagmorgen die Wohnungen von 28 Vereinsmitgliedern in zehn Bundesländern. Die Razzia sei mehr als ein Jahr lang vorbereitet worden.
    Die rechtsextreme Gruppe „Hammerskins Deutschland“ ist von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) verboten worden. 28 Vereinsmitglieder in zehn Bundesländern wurden am Dienstagmorgen durch Einsatzkräfte durchsucht. Auch die regionalen „Chapter“ und die Teilorganisation „Crew 38“ der Gruppe seien verboten worden.
    Wie das Ministerium am Dienstag mitteilte, durchsuchten Einsatzkräfte der Polizei am frühen Morgen Wohnungen von 28 mutmaßlichen Mitgliedern des Vereins in zehn Bundesländern: Bayern, Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Thüringen und dem Saarland.
    Nach Angaben des Schweriner Innenministeriums wurden in Mecklenburg-Vorpommern auch Waffen gefunden, sodass der Munitionsbergungsdienst zum Einsatz kommen musste.
    Die Behörden schätzen die Zahl der Mitglieder auf rund 130. Der Verein richte sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung, gegen den Gedanken der Völkerverständigung, hieß es zur Begründung. Zudem liefen Zweck und Tätigkeit der Vereinigung den Strafgesetzen zuwider. Bei Konzertveranstaltungen der Gruppe würden auch Nicht-Mitglieder mit rechtsextremistischem Gedankengut ideologisiert. Mitglieder der Vereinigung sind auch in der Kampfsportszene aktiv. Nach Angaben aus Sicherheitskreisen boten sie sich als Sicherungsdienst für rechtsextremistische Veranstaltungen an.
    Bei den Vorbereitungen für das Verbot haben Bund und Länder nach Angaben des Ministeriums mehr als ein Jahr lang zusammengearbeitet. Auch mit US-Partnerbehörden sei kooperiert wurden.
    Das Verbot sei „ein harter Schlag gegen den organisierten Rechtsextremismus“, sagte Bundesinnenministerin Faeser. Damit werde „ein klares Signal gegen Rassismus und Antisemitismus“ gesetzt. Der Rechtsextremismus sei nach wie vor „die größte extremistische Bedrohung für unsere Demokratie“. Sie betonte: „Deshalb handeln wir weiter mit aller Entschiedenheit, um rechtsextremistische Strukturen zu zerschlagen.“
    Die „Hammerskin-Nation“ (HSN) ist laut Verfassungsschutz eine international agierende Organisation, die Ende der 1980er-Jahre in den USA gegründet wurde und sich als Elite der rechtsextremistischen Skinhead-Szene versteht. In Deutschland ist die Gruppe seit den 90er-Jahren aktiv. In der Bundesrepublik gibt es eine Division, der insgesamt etwa zehn Chapter angehören.
    Die Hammerskins propagieren ein rassistisches und zum Teil nationalsozialistisches Weltbild und sehen sich als Elite der rechtsextremistischen Skinheads. Struktur und Aufnahmeverfahren der Hammerskins ähneln laut Verfassungsschutz Bayern dem der Hell Angels.
    Laut Verfassungsschutz Brandenburg verfolgt die „Hammerskin-Nation“ das Ziel, die „weiße Rasse“ zu beschützen und alle rechtsextremistischen weißen Skinheads weltweit zu vereinigen. Ihr Symbol der gekreuzten Zimmermannshämmer vor einem Zahnrad steht für die „weiße Arbeiterklasse“, die sich dem rassistischen Leitsatz der Bewegung des US-amerikanischen Rechtsextremisten David Lane verpflichtet sieht. Dessen „14 words“ lauten: „We must secure the existence of our people and a future for white children“ („Wir müssen die Existenz unseres Volkes und eine Zukunft für unsere weißen Kinder sichern.“).
    Laut Verfassungsschutz finanzieren sich die „Hammerskins“ durch Mitgliedsbeiträge und durch Einnahmen aus Musikveranstaltungen. Wobei die Strahlkraft begrenzt sei. „Bisher erzielen die Hammerskins jedoch keine besonders hohe Außenwirkung, da sie aufgrund ihres elitären Selbstanspruches zumeist unter sich bleiben“, schreibt der Verfassungsschutz Brandenburg in seiner Analyse.
    Bei der bundesweiten Razzia gegen die rechtsextremen „Hammerskins“ durchsuchte die Polizei auch Objekte in Berlin-Alt-Hohenschönhausen
    Quelle: dpa/Dominik Totaro
    Benjamin Jendro, Sprecher der Gewerkschaft der Polizei (GdP), dankte in einer Mitteilung den Einsatzkräften und Sacharbeitern, welche die Razzien vorbereitet und durchgeführten hatten. „Wir haben in unserem Land großen Raum für demokratischen Diskurs und andere Meinungen. Für extremistisches Gedankengut aber darf kein Millimeter Platz sein. Die Sicherheitsbehörden beweisen heute einmal mehr, dass man da keinen Zweifel zulässt.“
    Zu den rechtsextremistischen Vereinigungen, die in den vergangenen Jahren verboten wurden, zählen unter anderem „Combat 18“ und „Nordadler“. Laut Ministerium ist es das 20. Verbot einer rechtsextremistischen Vereinigung durch das Bundesinnenministerium.
    Bei der Razzia wurden in Mecklenburg-Vorpommern drei Objekte durchsucht, in Brandenburg waren vier Verdächtigte betroffen, in Berlin zwei Orte, im Saarland sechs Objekte und in Hessen ein Verdächtigter.
    AFP/dpa/mak/jag/ad/ll/shem
    https://www.welt.de/


    FAQ
    Razzien gegen Neonazi-Gruppe
    :Das steckt hinter dem "Hammerskins"-Verbot

    Datum:
    19.09.2023 17:35 Uhr
    Innenministerin Nancy Faeser hat die rechtsextreme Gruppe "Hammerskins Deutschland" verboten. Einsatzkräfte durchsuchten mehrere Wohnungen in zehn Bundesländern.
    Die Neonazi-Vereinigung "Hammerskins Deutschland" und die Teilorganisation "Crew 38" wurden verboten, in mehreren Bundesländern gab es Razzien.
    Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat den rechtsextremistischen Verein "Hammerskins Deutschland" sowie seine regionalen Ableger und die Teilorganisation "Crew 38" verboten. Wie das Ministerium mitteilte, durchsuchten Einsatzkräfte der Polizei am frühen Morgen Wohnungen von 28 mutmaßlichen Mitgliedern des Vereins in diesen zehn Bundesländern:
    Bayern
    Baden-Württemberg
    Berlin
    Brandenburg
    Hessen
    Mecklenburg-Vorpommern
    Nordrhein-Westfalen
    Rheinland-Pfalz
    Saarland
    Thüringen
    Was wurde bei den Razzien gefunden?
    Bei den Durchsuchungen wurden laut Faeser neben Bargeld auch große Mengen rechtsextremistische Devotionalien beschlagnahmt - darunter Fahnen mit Hakenkreuzen, Wimpel, Tonträger, Embleme und Bücher wie Hitlers "Mein Kampf".
    Zudem sei eine Granate gefunden worden. Bei ihr war zunächst nicht klar, ob sie noch funktionsfähig ist. Außerdem habe man eine Armbrust und mehrere Dolche gefunden.
    Warum wurde die Gruppe verboten?
    Der Verein richte sich "gegen die verfassungsmäßige Ordnung sowie gegen den Gedanken der Völkerverständigung", teilte das Bundesinnenministerium mit. Zudem liefen Zweck und Tätigkeit der Vereinigung den Strafgesetzen zuwider. Bei Konzertveranstaltungen der Gruppe würden auch Nicht-Mitglieder mit rechtsextremistischem Gedankengut ideologisiert.
    Rechtsextremismus ist ein Problem in Deutschland. Das zeigt auch eine Studie der Uni Leipzig mit Blick auf Sachsen-AnhaltDas Verbot sei "ein harter Schlag gegen den organisierten Rechtsextremismus", sagte Innenministerin Faeser (SPD). Damit werde "ein klares Signal gegen Rassismus und Antisemitismus" gesetzt.
    Mit diesem Verbot beenden wir in Deutschland das menschenverachtende Treiben einer international agierenden Neonazi-Vereinigung.
    Nancy Faeser, Bundesinnenministerin
    Was sind die "Hammerskins" für eine Gruppe?
    Die Neonazi-Gruppe ist nach Angaben des Innenministeriums ein Ableger der im Jahr 1988 in den USA gegründeten "Hammerskins Nation". Zu den rechtsextremistischen Vereinigungen, die in den vergangenen Jahren verboten wurden, zählen unter anderem "Combat 18" und "Nordadler". Laut Ministerium ist es das 20. Verbot einer rechtsextremistischen Vereinigung durch das Bundesinnenministerium.
    Die Behörden schätzen die Zahl der Mitglieder der konspirativ handelnden Vereinigung bundesweit auf rund 130.
    Welche Rolle spielen Vereinigungen wie die "Hammerskins" bei der Verbreitung von rechtsextremistischem Gedankengut?
    Die Außenwirkung der "Hammerskins" sei eher gering, ordnet Extremismusexperte Felix Neumann im Interview mit dem ZDF Hauptstadtstudio ein. Das liege daran, "dass es eine Art elitäres Verhältnis in dieser Organisation gibt und man auch gar nicht so stark nach außen wirken möchte".
    Anders sieht das natürlich aus, wenn man sich die Organisation nach innen anschaut - die rechte Szene. Da spielen die Hammerskins natürlich eine zentrale Rolle, was die Verbreitung von rechtem Gedankengut angeht.
    Felix Neumann, Extremismusexperte
    Außerdem seien die "Hammerskins" sowohl innerhalb von Deutschland als auch international gut vernetzt, berichtet Experte Neumann von der Konrad-Adenauer-Stiftung.
    Die "Hammerskins" waren insbesondere auf Rechts-Rock-Konzerten präsent. Welchen Einfluss kann das haben?
    Rechtsrock-Konzerte haben auf junge Menschen einen großen Einfluss, so Neumann. Denn auf Konzerten könnten die Fans sich austauschen und Merchandise wie Hoodies kaufen. Dadurch entwickle sich ein starkes Identitätsgefühl, erklärt Neumann.
    Und das ist die Einstiegstür in den Extremismus, was die Hammerskins durch die Organisation nicht nur von Musikevents, sondern auch Kampfsportevents erzeugen wollen.
    Felix Neumann, Extremismusexperte
    Die "Hammerskins" seien wie ein "Mitgliederanwerbungstool".
    Welche Rolle spielt das Verbot?
    Das Verbot der "Hammerskins" ist laut Extremismusexperte Neumann zentral. Weil "der juristische Rahmen geschaffen werden muss, damit weitere Maßnahmen ergriffen werden können." Nur deshalb konnten die Razzien am Dienstag überhaupt stattfinden. "Und demzufolge müssen auch in Zukunft weitere Verbote ausgesprochen werden. Wenn man ähnlich agieren möchte", sagt Neumann.
    Über Jahrzehnte war "Michael" in der rechtsextremen Szene. Auch mit den "Hammerskins" kam er in Kontakt. Die Geständnisse eines Neo-Nazis in einer dreiteiligen ZDF-Doku-Reihe, je 30 Minuten:
    Doku|
    Geständnisse eines Neonazis
    -Radikalisiert von klein auf (1/3)
    Rechte Gesinnungsschulungen und Waffentrainings: Damit wächst Michael auf.
    Videolänge
    34 min
    von Dennis Leiffels
    Quelle: mit Material von dpa und AFP
    https://www.zdf.de/


    Was Reul gegen Rechtsextreme in der Polizei tun will

    Stand: 17.09.2020, 15:11 Uhr
    Laut Innenminister Reul, sind nicht nur 29, sondern 30 Beamte und Beamtinnen vom Dienst suspendiert worden. Es soll ein Lagebild zu Rechtsextremismus in der Polizei geben.
    Von Sabine Tenta
    Die am Mittwoch von NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) öffentlich gemachte, neue Dimension von Rechtsextremismus in der Polizei hat am Donnerstag auch den NRW-Landtag beschäftigt. In einer kurzfristig anberaumten Unterrichtung des Landtags sagte Reul: "Wer extremistisch handelt, verwirkt sein Recht, diese Uniform zu tragen."
    Einmal mehr zeigte sich Reul betrübt und empört angesichts der Ausmaße von Rechtsextremismus in der Polizei. Selbstkritisch fragte er: "Warum sind uns, sind mir diese Chatgruppen nicht früher aufgefallen?" Seit 2012 seien die Chatgruppen aktiv gewesen und erst acht Jahre später aufgefallen.
    Mehr Beamte betroffen
    Anders als am Vortag gemeldet, seien nicht nur 29, sondern 30 Polizist*innen betroffen, sagte Reul im Landtag. Alle seien am Mittwoch vom Dienst suspendiert worden. 43 Mobiltelefone, 19 SIM-Karten, 21 USB-Sticks, 20 Festplatten, 9 Tablets und 9 PCs seien sichergestellt worden, zudem eine Dekowaffe und eine geringe Menge "Betäubungsmittel", also Drogen.
    Neues Lagebild
    Der Innenminister sagte: "Das Einzige, was jetzt hilft, ist cool bleiben, wie meine Tochter sagen würde, und handeln." Und zu diesen Handlungen soll auch die Erstellung eines Lagebildes "Rechtsextremismus in der Polizei" sein. Ein Lagebild ist eine wiederkehrende polizeiliche Statistik, die vergleichbare Daten zu bestimmten Kriminalitätsphänomen liefert.
    Reul sieht auch die Führungen der Polizeibehörden in der Verantwortung. Er habe die Absicht, mit den "unteren Führungsetagen" persönlich zu reden und diese in die Pflicht zu nehmen. Es brauche zudem eine neue Kultur in der Polizei, eine Besinnung auf das Grundgesetz.
    Bereits im März hatte Herbert Reul wegen rechtsextremer Vorfälle in der NRW-Polizei angeordnet, dass jede Polizeibehörde einen Extremismus-Beauftragten benennen muss. Ihnen sollen Verdachtsfälle gemeldet werden können.
    SPD will wissenschaftliche Studie
    Sven Wolf (SPD) forderte eine zentrale Stelle beim LKA, wo extremistische Vorfälle gemeldet werden können. Zudem sei es wichtig, zu wissen, wie groß das Problem ist. "Wir benötigen mehr Erkenntnisse statt Bauchgefühl als Grundlage unseres gemeinsamen Handelns", so Wolf. Darum brauche man neben einem Lagebild auch eine wissenschaftliche Studie. Die müsse nun in Auftrag gegeben werden. "Nach einer solchen Studie ist niemand dümmer geworden."
    Der Innenminister hatte sich bislang gegen eine Studie ausgesprochen.
    Grüne für unabhängigen Polizei-Beauftragten
    Die innenpolitische Sprecherin der Grünen, Verena Schäffer, forderte erneut einen unabhängigen Polizei-Beauftragten, ansprechbar für Bürger und Polizisten. Einen entsprechenden Gesetzentwurf hatten die Grünen im Juni erfolglos im Plenum eingebracht. Der bisherige Polizei-Beauftragte sei im Innenministerium angesiedelt und damit nicht unabhängig, er müsse stattdessen dem Parlament unterstehen, so Schäffer.
    Auch Schäffer plädierte für eine wissenschaftliche Untersuchung. Sie zitierte aus einer bereits vorliegenden Studie der "Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung Nordrhein-Westfalen". Demnach nehmen Vorurteile während des Studiums für den Polizeidienst ab, aber im Dienst wieder zu. Für Schäffer ein "deutlicher Hinweise, dass wir mehr in Fortbildung und Supervision" investieren müssen.
    FDP und AfD appellieren an die Polizei
    Marc Lürbke (FDP) sagte, in der Polizei müssten die Beamten aufstehen, das erfordere Mut, wenn man sich gegen seine Kollegen aussprechen müsse. Es gelte, einen "falsch verstandenen Korpsgeist" zu durchbrechen. "Wer nicht aufsteht, der ist im Grunde das Kameradenschwein, denn der bringt alle rechtschaffenen Kollegen in Verruf."
    Ähnlich äußerte sich Markus Wagner (AfD): "Vollidioten, die Gaskammerbilder posten, sind in keiner Weise repräsentativ für unsere Polizei", sie würden der Polizei "einen Bärendienst" erweisen, "allein deshalb gehören sie aussortiert".
    https://www1.wdr.de/


    THÜRINGEN
    Streit nach Votum - Absprachen zwischen CDU und AfD?

    Hat sich die CDU mit der AfD in Thüringen abgesprochen? Foto: Daniel Karmann/dpa
    16.09.2023, 14:09
    In der Debatte nach dem Thüringer Steuerbeschluss wird der Ton rauer. Staatskanzlei und oppositionelle CDU überziehen sich gegenseitig mit Vorwürfen.
    Die im Thüringer Landtag von der oppositionellen CDU mit Hilfe der AfD beschlossene Steuersenkung sorgt weiter für Wirbel. Die Staatskanzlei von Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) bezichtige die CDU, mit der AfD gezielte Absprachen zur durchgesetzten Steuersenkung getroffen zu haben. Die CDU versicherte am Samstag erneut, dass es weder Absprachen noch eine Zusammenarbeit mit der AfD gegeben habe. Unterdessen zeigt eine neue Umfrage, dass Thüringen nach der Landtagswahl im nächsten Jahr wieder auf eine äußerst schwierige Regierungsbildung zusteuern könnte.
    Die CDU hatte am Donnerstag im Landtag eine Senkung der Grunderwerbsteuer beim Immobilienkauf durchsetzen können, weil die rechtsextreme AfD, die FDP und fraktionslose Abgeordnete zustimmten. Die rot-rot-grüne Regierung hat keine eigene Mehrheit.
    Staatskanzleichef Benjamin-Immanuel Hoff (Linke) bejahte im Berliner "Tagesspiegel" (Samstag) die Frage, ob er Hinweise auf konkrete Absprachen der beiden Parteien habe. "CDU, FDP und AfD haben sich am Donnerstag gezielt abgestimmt", sagte er. "Es wurden parallel eigene Punkte von der Tagesordnung genommen, um dann die Grunderwerbsteuer behandeln zu können. Alle drei haben gemeinsam die Beschlussempfehlung im Haushaltsausschuss abgegeben. Die AfD hat im Vorfeld öffentlich klargestellt, dass sie das Vorhaben unterstützen wird." Er fügte hinzu: "Es gibt seit geraumer Zeit Absprachen, die augenfällig sind."
    Was sagt die CDU?
    Der Thüringer CDU-Generalsekretär Christian Herrgott warf Hoff daraufhin am Samstag vor, Lügen zu verbreiten. Die Regierung von Ministerpräsident Ramelow betreibe "eine gezielte Strategie der Verleumdung", konterte Herrgott. "Die CDU Thüringen macht eigenständig Politik und sinnvolle Vorschläge für die Menschen. Dabei fragt sie nicht bei einer Minderheitsregierung um Erlaubnis." Rot-Rot-Grün habe selbst im Landtag mehrmals Mehrheiten mit Stimmen der AfD erreicht.
    Der CDU-Parlamentsgeschäftsführer Andreas Bühl sagte der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Samstag), er habe am Donnerstag - wie an jedem Plenartag falls angebracht - seine Amtskollegen der anderen Fraktionen lediglich darüber informiert, dass die CDU einen anderen Tagesordnungspunkt zurückziehe.
    Der Steuersenkungsbeschluss der Thüringer CDU mit AfD-Stimmen ist auch in der Union nicht unumstritten. Kritik an den Thüringer Parteifreunden kam von Schleswig-Holsteins Ministerpräsident. Im ZDF bekräftigte Daniel Günther am Freitagabend: "Ich halte das für eine schwerwiegende Fehlentscheidung, die da getroffen worden ist."
    Der CDU-Bundestagsabgeordnete Kai Whittaker schrieb auf der Plattform X (früher Twitter): "Verstößt das gegen den Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU und damit das Ende der "Brandmauer" zur AfD? Ich finde: Ja, das gestrige Verhalten war falsch." Der CDU-Vizevorsitzende Jens Spahn drang hingegen auf ein Ende der Diskussion. "Den größten Gefallen, den man gerade der AfD tun kann, ist, diese Debatte noch drei Wochen so zu führen, dann hat sie nochmal zwei Prozent mehr", sagte er der "Frankfurter Rundschau" (Samstag).
    Was sagen SPD, Grüne und Linke?
    Im Lager von SPD, Grünen und Linken hält die Empörung über das Vorgehen der CDU weiter an. Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken bezog sich in "Stuttgarter Zeitung"/"Stuttgarter Nachrichten" (Samstag) auf die Aussage des CDU-Chefs, dass die "Brandmauer" zur AfD stehe: "Wie viel ist das Wort von Friedrich Merz in der CDU noch wert, und wo bleibt der Aufschrei innerhalb der Union?", fragte sie.
    Der Grünen-Politiker und Europaausschuss-Vorsitzende Anton Hofreiter vermutet hinter dem Schritt der Thüringer CDU-Fraktion eine bewusste und zentral gelenkte Strategie: "Diesem Agieren bereitet Merz von Berlin aus den Weg", sagte er der "Augsburger Allgemeinen" (Samstag).
    Eine vor dem Steuerbeschluss erhobene repräsentative Umfrage des Erfurter Meinungsforschungsinstituts Insa im Auftrag der Funke Medien Thüringen belegt das Dilemma der Thüringer Parteien bei der Bildung einer neuen Regierung nach der Landtagswahl im nächsten Jahr. Demnach kann ohne und gegen die CDU keine Regierung gebildet werden. Die Partei stünde demnach vor der Entscheidung, entweder mit der Linken oder der AfD eine Mehrheit zu erreichen.
    AfD in Umfragen stark
    Bei der Sonntagsfrage ist die AfD demnach zurzeit mit 32 Prozent stärkste Kraft. Mit deutlichen Abstand folgt die Linke mit 22 Prozent und die sich im Vergleich zur Juli-Umfrage um einen Punkt auf 21 Prozent verbessernde CDU. Die SPD verharrt bei 10 Prozent und die Grünen legen um einen Punkt auf sechs Prozent zu. Die FDP würde mit vier Prozent den Wiedereinzug in den Landtag verpassen. Für sonstige Parteien entscheiden sich fünf Prozent.
    Rot-Rot-Grün hätte damit zusammen nur 38 Prozent. Auch für ein Bündnis von Linke und CDU würde es den Demoskopen zufolge mit 43 Prozent nicht reichen. Selbst eine Koalition von CDU, SPD und Grünen wie in Sachsen läge in Thüringen nur bei 37 Prozent.
    Für die Umfrage wurden vom 7. bis 13. September 1000 volljährige Thüringer und Thüringerinnen online befragt. Es ist ein statistischer Fehler von 1,5 bis 3 Prozentpunkten (Fehlertoleranz) zu beachten, wobei sich die Höhe des statistischen Fehlers an der Höhe der Prozentpunkte einer Partei orientiert.
    dpa
    https://www.stern.de/


    Ermittler durchsuchen Burschenschaft in Bayern: Verdacht auf Volksverhetzung – Beweismittel beschlagnahmt

    Stand:15.09.2023, 12:42 Uhr
    Von: Felix Herz
    Die Polizei hat eine Burschenschaft in Würzburg durchsucht. Der Grund: Verdacht auf Volksverhetzung.
    Würzburg – Die Polizei hat eine Burschenschaft in Würzburg ins Visier genommen und deren Räumlichkeiten durchsucht. Der Grund: Verdacht auf Volksverhetzung. Die Burschenschaft, deren Name aus der Pressemitteilung der Polizei nicht hervorgeht, war bereits in der Vergangenheit verdächtigt worden, einen Hang zum Rechtsextremismus zu haben.
    Wegen des Verdachts der Volksverhetzung wurden die Räumlichkeiten einer Burschenschaft in Würzburg durchsucht. Die Polizei stellte dabei Beweismaterial sicher. (Symbolbild) © Rolf Poss / IMAGO
    Razzia bei Burschenschaft in Würzburg: Polizei stellt Beweismaterial sicher
    Bei einer Razzia am Donnerstag, 14. September, konnten Beweismittel gesichert werden, so eine Sprecherin der Ordnungskräfte am Freitag, 15. September. Diese werden derzeit untersucht.
    Vorab hatte die Polizei Informationen erhalten, dass in der Burschenschaft Symbole von verfassungsfeindlichen Gruppen genutzt werden könnten. Die Polizei hielt sich jedoch mit weiteren Details zurück. Unklar ist auch, von wem die Polizei die entsprechenden Hinweise erhalten hatte, die letztlich wohl ausschlaggebend für die Durchsuchung der Burschenschaft waren.
    Die Burschenschaft hat bislang nicht auf eine Anfrage der Deutschen Presse-Agentur nach einem Statement reagiert. Es ist jedenfalls nicht das erste Mal, dass ein Verdacht in diese Richtung naheliegt. Schon in der Vergangenheit wurde der Burschenschaft in Würzburg eine Neigung zum Rechtsextremismus zur Last gelegt. (fhz)
    Dieser Artikel wurde mithilfe maschineller Unterstützung bearbeitet und vor der Veröffentlichung vom Redakteur Felix Herz sorgfältig geprüft.
    https://www.tz.de/


    Polizei : Burschenschaft wegen Verdachts auf Volksverhetzung durchsucht

    15. September 2023, 13:09 Uhr
    Polizei: Aufmarsch rechter Burschenschafter am Volkstrauertag.Detailansicht öffnen
    Aufmarsch rechter Burschenschafter am Volkstrauertag. (Foto: Stephan Rumpf)
    Der betreffenden Würzburger Burschenschaft wurden bereits in der Vergangenheit rechtsextreme Tendenzen vorgeworfen.
    Eine Würzburger Burschenschaft steht unter dem Verdacht der Volksverhetzung. Bei einer Durchsuchung am Donnerstag wurden Beweismittel beschlagnahmt, wie eine Polizeisprecherin am Freitag sagte. Diese würden nun ausgewertet.
    Zuvor habe die Polizei Hinweise erhalten, dass bei der Burschenschaft Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verwendet würden. Genauere Angaben machte die Polizei nicht.
    Eine Anfrage der Deutschen Presse-Agentur nach einer Stellungnahme ließ die Burschenschaft bisher unbeantwortet. Der Burschenschaft wurden bereits in der Vergangenheit rechtsextreme Tendenzen vorgeworfen.
    https://www.sueddeutsche.de/


    Neonazi-Gefahrenabwehr: Polizei durchsucht Kinderzimmer von 13-Jährigem in Köln

    Stand: 15.09.2023, 16:42 Uhr
    Die Polizei hat das Kinderzimmer eines erst 13-Jährigen in Köln durchsucht. Das berichtet das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Es sei dabei um Gefahrenabwehr gegangen. Das Kind habe Gewaltfantasien gegen Flüchtlingsunterkünfte gezeigt.
    Der Hinweis auf das noch nicht strafmündige Kind sei von einem "deutschen Dienst" gekommen, sagte ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft in Düsseldorf am Freitag auf Anfrage der dpa.
    Gewaltfantasien gegen Flüchtlinge
    Der Schüler habe Gewaltfantasien gezeigt, die sich gegen Flüchtlingsunterkünfte richteten, sagte eine Staatsschützerin der Kölner Polizei. Das Jugendamt habe ihn aus seiner Familie herausgenommen und in einer Einrichtung untergebracht. Ob seine rechtsextremen Einstellungen familiär begünstigt wurden, werde noch untersucht.
    Neonazi-Prozess gegen drei Jugendliche in Detmold | audio >>>
    Dem "Spiegel" zufolge hatte der Junge in einer Telegram-Chatgruppe namens "Feuerkrieg Division" mit mehreren Dutzend Teilnehmern Anschläge gegen Geflüchtete, Juden und Schwarze propagiert. Dort habe er auch Anleitungen zum Bombenbau gepostet und den rechtsextremen Attentäter von Neuseeland verherrlicht, der 2019 zwei Moscheen gestürmt und 51 Menschen ermordet hatte.
    Kinderzimmer durchsucht
    Ende August hatte die Polizei schließlich das Kinderzimmer des 13-Jährigen durchsucht. Bombenbauteile oder Sprengstoff habe man dabei aber nicht gefunden, betonte die Polizei am Freitag. Mit 13 Jahren ist der Junge noch nicht strafmündig. Die Ermittler prüfen aber, ob sich in dem Zusammenhang ein Straftatverdacht gegen weitere strafmündige Personen ergibt.
    Kampf gegen Neonazis: Dortmunder Polizei sieht Erfolge | mehr >>>
    Im Fall des 13-Jährigen gehe es um Gefahrenabwehr. Der Junge stehe für einen Trend, den die Sicherheitsbehörden mit Sorge beobachten. Junge Neonazis würden sich auf Online-Kanälen zusammenschließen mit dem Ziel, durch Anschläge Chaos zu stiften und einen "Rassenkrieg" zu provozieren, wie "Der Spiegel" berichtet.
    Quellen:
    Nachrichtenagentur dpa
    Nachrichtenmagazin "Der Spiegel"
    https://www1.wdr.de/


    Gerichtsentscheid
    :Verfassungsschutz darf Bayern-AfD beobachten

    Datum:
    15.09.2023 12:50 Uhr
    Bayerns Verfassungsschutz darf die AfD als Gesamtpartei beobachten und die Öffentlichkeit darüber informieren. Das entschied ein Gericht - und wies einen Eilantrag der AfD zurück.
    Der Verfassungsschutz in Bayern darf die AfD im Freistaat als gesamte Partei beobachten und die Öffentlichkeit darüber informieren. Das hat der bayerische Verwaltungsgerichtshof in München in einem Eilverfahren entschieden, wie das Gericht am Freitag mitteilte.
    Bereits im Juni 2022 hatte das bayerische Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) entschieden, die AfD als Gesamtpartei sowohl aus öffentlichen Quellen als auch mit nachrichtendienstlichen Mitteln zu beobachten.
    Die Behörde begründete dies damit, dass sie herausfinden wolle, welchen Einfluss extremistische Strömungen innerhalb der Gesamtpartei hätten und in welche Richtung sich die Partei entwickle.
    Steigende Umfragewerte, gewonnene Kommunalwahlen. Die AfD strotzt gerade vor Kraft. Ein Erfolg durch Radikalisierung. Doch genau das ist auch ihr Problem. Für andere Parteien ist sie so nicht koalitionsfähig.
    AfD-Landesverband wehrt sich mit Klage
    In der Folge hatte der AfD-Landesverband sich dagegen mit einer Klage gewehrt und gefordert, sowohl die Beobachtung als auch die Information der Öffentlichkeit darüber zu unterlassen.
    Der Landesverband begründete dies mit dem Grundsatz der Chancengleichheit der Parteien und stellte einen Eilantrag, weil ihn die Beobachtung mit maximaler Schwere treffe und eine weitere Beobachtung bis zum Abschluss des Klageverfahrens unzumutbar sei.
    Nach radikalen Forderungen der AfD bei ihrer Europa-Wahlversammlung stellt sich nun die Frage, wie mit der Partei umgegangen werden sollte.
    Richter weisen Antrag der AfD zurück
    Nachdem das Verwaltungsgericht München den Eilantrag bereit am 17. April 2023 in erster Instanz abgelehnt hatte, erhob der AfD-Landesverband Beschwerde am Verwaltungsgerichtshof. Doch auch in dieser Instanz wiesen die Richter den Antrag der AfD zurück. Das Gericht teilte dazu mit:
    Das LfV geht zu Recht davon aus, dass tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen der AfD als Gesamtpartei bestehen.
    Verwaltungsgerichtshof Bayern
    Die Richter erklärten weiter: Dies ergebe sich insbesondere aus dem Einfluss von Parteimitgliedern auf die Gesamtpartei, die der mittlerweile aufgelösten Sammlungsbewegung "Der Flügel" angehörten, sowie aus bekannt gewordenen "Umsturzphantasien" von Mitgliedern des bayerischen Landesverbands.
    Gericht: Anhänger vertreten völkischen Volksbegriff
    Zudem hieß es in der Mitteilung des Gerichts: "Zahlreiche Anhänger des ehemaligen "Flügels" würden ebenso wie hochrangige Vertreter der Jugendorganisation der AfD "Junge Alternative" einen mit dem Grundgesetz nicht vereinbaren völkischen Volksbegriff vertreten."
    Zudem gebe es zahlreiche Hinweise dafür, dass das Politikkonzept der Gesamtpartei gegen die Menschenwürde von Personen islamischen Glaubens verstoße.
    https://www.zdf.de/


    Gesamte Partei
    Verfassungsschutz darf AfD in Bayern beobachten

    Stand: 15.09.2023 13:30 Uhr
    Der Verfassungsschutz in Bayern darf die AfD im Freistaat als gesamte Partei beobachten. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof gab der Behörde recht, dass Hinweise auf verfassungsfeindliche Bestrebungen der AfD bestehen.
    Von Petr Jerabek
    Juristische Niederlage für die AfD in Bayern gut drei Wochen vor der Landtagswahl: Laut einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs darf das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) die AfD als Gesamtpartei beobachten und die Öffentlichkeit über diese Beobachtung informieren. Das LfV gehe zu Recht davon aus, dass tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen der AfD bestünden, teilte der Verwaltungsgerichtshof mit.Dies ergebe sich insbesondere aus dem Einfluss von Parteimitgliedern auf die Gesamtpartei, die der offiziell aufgelösten Sammlungsbewegung "Der Flügel" angehörten, sowie aus bekannt gewordenen "Umsturzphantasien" von Mitgliedern des bayerischen Landesverbands. Den Richtern zufolge vertreten zahlreiche Anhänger des ehemaligen "Flügels" sowie hochrangige Vertreter der AfD-Jugendorganisation "Junge Alternative" einen völkischen Volksbegriff, der mit dem Grundgesetz nicht zu vereinbaren sei. Darüber hinaus gebe es zahlreiche Hinweise darauf, dass das Politikkonzept der Gesamtpartei gegen die Menschenwürde von Personen islamischen Glaubens verstoße.AfD-Landeschef: "Zur Kenntnis genommenAfD-Landeschef Stephan Protschka sagte auf BR-Anfrage, er habe die Entscheidung "zur Kenntnis genommen". Ihm sei von vornherein klar gewesen, dass der "Regierungsschutz" kurz vor der Landtagswahl "damit beauftrag wird, die AfD als angeblich rechtspopulistische Partei" zu beobachten. " Aber wir sehen das Ganze das ganz chillig", betonte Protschka. Die AfD sei die "einzige demokratische Partei auf deutschem Boden" und verbiete keinem die Meinung.Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze begrüßte die Entscheidung der Verwaltungsrichter. "Sehr gut", schrieb sie im Kurznachrichtendienst X. "Die AfD ist eine brandgefährliche Partei, die unsere Demokratie und unser Zusammenleben bedroht." Die Grünen hätten schon seit Jahren die Beobachtung gefordert. "Gut, dass das jetzt gemacht wird! "AfD klagte gegen den FreistaatDer bayerische Verfassungsschutz hatte vor einem Jahr mitgeteilt, dass er die gesamte AfD im Freistaat beobachte. Dies diene der Aufklärung, "inwieweit sich tatsächliche Anhaltspunkte, dass die AfD als Gesamtpartei Bestrebungen verfolgt, die den Kernbestand des Grundgesetzes zu beeinträchtigen oder zu beseitigen versuchen, verfestigen". Dabei umfasse der Beobachtungsauftrag aber nicht sämtliche Funktionäre und Mitglieder.Der bayerische AfD-Landesverband Bayern erhob daraufhin Klage gegen den Freistaat. Die Partei wollte erreichen, dass sowohl die Beobachtung als auch die Information der Öffentlichkeit eingestellt wird. Zur Begründung berief sich der Landesverband laut Verfassungsgerichtshof auf den Grundsatz der Chancengleichheit der Parteien. Zusätzlich stellte er einen Eilantrag, weil ihn die Beobachtung mit maximaler Schwere treffe und eine weitere Beobachtung bis zum Abschluss des Klageverfahrens unzumutbar sei.Auswertung von mehreren tausend AktenseitenIm April lehnte das Verwaltungsgericht München den Eilantrag in erster Instanz ab. Die Beschwerde der AfD gegen diese Entscheidung wiesen nun die obersten bayerischen Verwaltungsrichter "ganz überwiegend" zurück - "nach umfangreichem Schriftwechsel der Beteiligten und einer Sichtung und Auswertung von mehreren tausend Aktenseiten".Demnach durfte der Verfassungsschutz die Öffentlichkeit grundsätzlich auch über die Beobachtung der Partei informieren, "weil die Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen hinreichend gewichtig" seien. Lediglich die konkrete Formulierung in der Überschrift und dem ersten Absatz der Pressemitteilung vom 8. September 2022 sei rechtswidrig, weil sie den Eindruck vermittele, dass die AfD insgesamt gesichert extremistisch sei, was selbst der Verfassungsschutz derzeit nicht behaupte. Gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs gibt es kein Rechtsmittel. Die Entscheidung in der Hauptsache steht noch aus.
    https://www.tagesschau.de/

    AfD in Bayern darf im Fokus des Verfassungsschutzes bleiben

    München: Der Verfassungsschutz in Bayern darf die AfD im Freistaat als gesamte Partei beobachten und die Öffentlichkeit darüber informieren. Das hat der bayerische Verwaltungsgerichtshof in München in einem Eilverfahren entschieden. Das bayerische Landesamt für Verfassungsschutz hatte die Beobachtung bereits vor gut einem Jahr beschlossen, um den Einfluss extremistischer Strömungen in der Gesamtpartei und deren Entwicklung einzuschätzen. Dagegen hatte der AfD-Landesverband geklagt. Der Verwaltungsgerichtshof begründete seine Entscheidung unter anderem mit "Umsturzphantasien" von Mitgliedern des bayerischen Landesverbands. Weiter teilte das Gericht mit: Zahlreiche Anhänger des ehemaligen "Flügels" würden ebenso wie hochrangige Vertreter der Jugendorganisation der AfD einen völkischen Volksbegriff vertreten, der mit dem Grundgesetz nicht vereinbar sei.
    Sendung: Bayern 2 Nachrichten, 15.09.2023 13:00 Uhr
    https://www.br.de/nachrichten/


    Ermittlungen gegen acht Polizisten wegen rechtsextremer Äußerungen in Chatgruppen

    14.09.2023 11:09:00
    Ermittlungen gegen acht Polizisten wegen rechtsextremer Äußerungen in Chatgruppen
    Die Ermittlungsunterlagen lassen ein menschenverachtendes Weltbild der Beschuldigten erahnen. Innenminister Reul will jetzt eine Gesetzeslücke schließen.
    Die Ermittlungsunterlagen lassen ein menschenverachtendes Weltbild der Beschuldigten erahnen. Innenminister Reul will jetzt eine Gesetzeslücke schließen. Köln (mak). Wegen rechtsextremer Beiträge in Chatgruppen ermittelt die Staatsanwaltschaft Essen inzwischen gegen acht Beamte der Polizeibehörden Recklinghausen, Kleve und Borken.
    Seit Bekanntwerden der Fälle ist die Zahl der Beschuldigten damit um drei gestiegen. Schon am 2. August waren die Wohnungen der Polizeibeamten durchsucht worden. Ermittlungsunterlagen, die jetzt dem"Kölner Stadtanzeiger" vorliegen, lassen ein menschenverachtendes Weltbild der beschuldigten Polizisten im Alter zwischen 22 und 25 Jahren erahnen.
    https://headtopics.com/


    Update Nach Verwendung von SA-Parole: Thüringer AfD-Chef Höcke muss sich wegen NS-Vokabular vor Gericht verantworten

    Das Landgericht Halle ließ am Mittwoch die Anklage der Staatsanwaltschaft zu. Der Vorwurf gegen den AfD-Chef: Höcke soll bei einer Rede im Mai 2021 eine verbotene Losung benutzt haben.
    13.09.2023, 12:58 Uhr | Update: 13.09.2023, 15:38 Uhr
    Der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke muss wegen des Vorwurfs der Verwendung von NS-Vokabular vor Gericht.
    Das Landgericht Halle in Sachsen-Anhalt ließ die Anklage der Staatsanwaltschaft Halle wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen zur Hauptverhandlung zu, wie das Gericht am Mittwoch mitteilte.
    Die Tagesspiegel-App Aktuelle Nachrichten, Hintergründe und Analysen direkt auf Ihr Smartphone. Dazu die digitale Zeitung. Hier gratis herunterladen.
    Allerdings soll das Verfahren - anders als von der Anklagebehörde gefordert - nicht vor dem Landgericht, sondern vor dem Amtsgericht Merseburg stattfinden.
    Warum muss sich Höcke vor Gericht verantworten?
    Höcke soll Ende Mai 2021 in einer Rede in Merseburg in Sachsen-Anhalt eine verbotene Losung der Sturmabteilung (SA) der NSDAP verwendet haben. Bei der Veranstaltung waren etwa 250 Zuhörer zugegen.
    Warntag 2024 Der Termin für den nächsten bundesweiten Probealarm steht schon fest
    Höcke soll gewusst haben, dass es sich beim letzten Teil der Formel „Alles für unsere Heimat, alles für Sachsen-Anhalt, alles für Deutschland“ um eine verbotene Losung handele, so der Vorwurf.
    Die Kammer des Landgerichts sei der Auffassung gefolgt und habe nun die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen. Die Staatsanwaltschaft hatte bereits im Mai dieses Jahres Anklage gegen Höcke erhoben. In einer Einlassung zu diesem Vorwurf habe Höcke „die strafrechtliche Relevanz seiner Äußerung in Abrede gestellt“, teilten die Strafverfolger damals mit.
    7 Mal wurde bei Höcke bereits die Immunität aufgehoben (nach eigenen Angaben).
    Weitere Anklage gegen Höcke wegen Volksverhetzung
    Erst Anfang dieses Monats hatte der Justizausschuss des Thüringer Landtags nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur aus Ausschusskreisen den Weg für eine weitere Anklage der Staatsanwaltschaft Mühlhausen (Thüringen) gegen Höcke freigemacht.
    Außer den drei AfD-Abgeordneten stimmten demnach alle anwesenden Parlamentarier der erneuten Aufhebung der Immunität Höckes zu. Der AfD-Politiker selbst äußerte auf der Plattform X (früher Twitter), seine Immunität sei bereits zum siebten Mal aufgehoben worden. Er schrieb von einer „Justizkeule gegen Dissidenten“.
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    Die Staatsanwaltschaft Mühlhausen wirft Höcke vor, sich durch einen Beitrag beim sozialen Netzwerk Telegram der Volksverhetzung schuldig gemacht zu haben. (tsp/AFP/dpa)
    https://www.tagesspiegel.de/


    Rechtsextremismus bei der Polizei NRW

    18.09.22023 Übersichtseite
    Bei der Polizei NRW stehen 30 Beamte unter Verdacht, an rechtsextremen Chatgruppen beteiligt gewesen zu sein. Innenminister Herbert Reul will nun ein Lagebild zu Rechtsextremismus in der Polizei erstellen. Meldungen über Polizisten, die sich als Rassisten oder Reichsbürger entpuppten, gab es schon öfter.
    https://www1.wdr.de/nachrichten/uebersicht-polizei-rechtsextremismus-100.html


    Hetze in Reihen der Polizei
    NRW will Gesetzeslücke schließen und rechtsextreme Inhalte in Chats bestrafen

    Von Detlef Schmalenberg
    12.09.2023, 16:59 Uhr
    Lesezeit 3 Minuten
    Benjamin Limbach (Bündnis 90/Die Grünen, l), Justizminister von Nordrhein-Westfalen, und Herbert Reul (CDU), Innenminister von Nordrhein-Westfalen, stellen auf einer Pressekonferenz in der Staatskanzlei die Beschlüsse des Kabinetts zur Strafbarkeit von extremistischen Äußerungen von Amtsträgerinnen und Amtsträgern vor.
    Benjamin Limbach (Bündnis 90/Die Grünen, l.), Justizminister von Nordrhein-Westfalen, und Herbert Reul (CDU), Innenminister, stellen auf einer Pressekonferenz die Beschlüsse des Kabinetts vor.
    Copyright: dpa
    Chatnachrichten mit Volksverhetzung und rechtem Gedankengut sollen auch in „geschlossenen Chatgruppen“ betraft werden.
    Sie hatten Hitler-Bilder gepostet, üble Flüchtlingshetze oder KZ-Karikaturen, in denen Muslime in die Gaskammer wandern. Der im September 2020 bekannt gewordene Skandal um rechtsextreme Chats auf der Polizeiwache Mülheim/Ruhr und in Essen sorgte für reichlich Schlagzeilen.
    Wenngleich es zumindest in einigen wenige Fällen disziplinarrechtliche Maßnahmen gab und 21 dieser Verfahren noch anhängig sind, wurden die strafrechtlichen Ermittlungen mittlerweile eingestellt. Und zwar aus formaljuristischen Gründen: Für einen Schuldspruch wegen Volksverhetzung oder dem Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen hätten diese rechtsextremen Dateien in der Öffentlichkeit breit gestreut werden müssen. Dies sei hier nicht der Fall gewesen, teilte die Staatsanwaltschaft Duisburg mit.
    Reul: „Verfassungstreu bis unter die Hirnrinde“
    Um diese Gesetzeslücke zu schließen, haben NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) und Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) am Dienstag in Düsseldorf eine Bundesratsinitiative zur Verschärfung des Strafgesetzbuches sowie des Wehrstrafgesetzbuches für Soldaten angekündigt. „Der Austausch rassistischer, antisemitischer oder fremdenfeindlicher Inhalte soll für Amtsträgerinnen und Amtsträger demnach auch in sogenannten geschlossenen Chatgruppen strafbar werden“, sagte Limbach. Die Kommunikation solcher Inhalte unter Staatsdienern sei „keine bloße Meinungsäußerung mehr unter Kolleginnen und Kollegen“.
    Hierbei gehe es „übrigens auch um die Wahrung der Integrität des öffentlichen Dienstes“, ergänzte Reul. Es gehe um das „höchste Gut, das wir haben, um Vertrauen“. Personen, die für den Staat arbeiten, müssten deshalb „bis unter die Hirnrinde verfassungstreu, demokratisch und lupenrein sein“.
    Geld- oder Freiheitsstrafe geplant
    Bei den rechtsextremen Vorkommnissen in Mülheim und Essen hatte es sich um mehrere geschlossene Chatgruppen gehandelt. Die Gruppen hatten nach Angaben einer Behördensprecherin maximal 15 Teilnehmer, „die alle untereinander bekannt und freundschaftlich verbunden waren“: „Keiner musste damit rechnen, dass die geteilten Inhalte der breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden und eine Verbreitung entsprach auch nicht dem Willen der Chatteilnehmer.“
    Hitlerbilder in Essener Polizei-Chats
    Rechtsextreme Nachrichten haben noch keinen Beteiligten den Job gekostet
    Von
    Gerhard Voogt
    Die Polizeiwache in Mülheim/Ruhr: Die Backstein-Fassade ist zu sehen, daran montiert ein blau-weißes Schild mit der Aufschrift Polizei.
    Bei der strafrechtlichen Bewertung soll dies nach dem Willen der NRW-Regierung zukünftig aber keine Rolle mehr spielen. Die bundesweit gültigen Gesetze sollen so präzisiert werden, dass sie auch bei geschlossenen Chats greifen. Wenn Amtsträger darin Volksverhetzendes verbreiten oder wenn sie verfassungswidrige Kennzeichen verwenden, sollen sie mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft werden können. Voraussetzung ist, dass die Äußerungen in Chats fallen, die auch dienstlich genutzt werden.
    Bund soll Strafgesetzbuch ergänzen
    Konkret soll ein Abschnitt zu „Straftaten im Amt“ im Strafgesetzbuch neu gefasst werden. Außerdem sollen über eine Änderung im Wehrstrafgesetz auch Soldatinnen und Soldaten abgedeckt werden. Der Gesetzesantrag aus NRW geht zunächst in den Bundesrat. Es habe in der Justizministerkonferenz bereits Forderungen gegeben, dass der Bund tätig werde, sagte Limbach. Da aber nichts geschehen sei, habe man auf Idee von Innenminister Herbert Reul (CDU) hin eine Eigeninitiative aus NRW gestartet.
    https://www.ksta.de/


    EXKLUSIV
    Interviews mit AfD-Sympathisanten
    DJV kritisiert Ermittlung gegen Journalisten

    Stand: 12.09.2023 13:28 Uhr
    Die Internetplattform "Hessencam" dokumentierte teils extreme Aussagen auf einer AfD-Veranstaltung. Nun geht die Justiz gegen den betreffenden Journalisten vor. Der DJV spricht von "übermäßigem Ermittlungseifer".
    Eric Beres
    Von Eric Beres, SWR
    Das Video ist eine Minute und 17 Sekunden lang und wurde auf der Plattform "X", vormals "Twitter", mehr als eine Million Mal angeschaut: Auf offener Straße sind mehrere Personen zu sehen, die mutmaßlich eine AfD-Veranstaltung in einer nahe gelegenen Halle im hessischen Ort Rabenau-Geilshausen besuchen wollen.Einige von ihnen versuchen, den Kameramann aktiv beim Filmen zu hindern. Ein Mann nennt sich vor laufender Kamera selbst "Nationalsozialist", ein anderer bezeichnet einen örtlichen SPD-Abgeordneten, dessen Wahlkampfbus vor der Veranstaltungshalle Halt machte, als "Dr. Mengele", weil dieser der Impfpflicht zugestimmt habe. Eine längere Fassung mit weiteren Interviews erschien zwischenzeitlich auch auf Youtube.Angeblicher Verstoß gegen das KunsturhebergesetzDiese viel beachteten Aufnahmen haben nun womöglich strafrechtliche Konsequenzen für den Kameramann, den freien Journalisten Joachim Schaefer. Er ist im Hauptberuf Pastoralreferent in der katholischen Domgemeinde Wetzlar, besitzt allerdings auch einen Presseausweis, weil er im Rahmen des kirchlichen Jugendmedienprojekts "Hessencam" regelmäßig Interviews führt - oft auch unter Teilnehmerinnen und Teilnehmern von "Querdenker"-Demos oder Veranstaltungen im rechten Milieu.Wegen seiner Dreharbeiten in Rabenau-Geilshausen ermittelt gegen ihn nun die Staatsanwaltschaft Gießen. Der Vorwurf: Verstoß gegen das Kunsturhebergesetz (KUG). Das bestätigte die Behörde dem SWR.
    Joachim Schaefer
    Joachim Schaefer führt im Rahmen des kirchlichen Jugendmedienprojekts "Hessencam" regelmäßig Interviews.
    Tatsächlich umfasst das KUG auch das so genannte "Recht am eigenen Bild". Wer Personen ohne deren Einverständnis filmt und die Aufnahmen veröffentlicht, kann sich strafbar machen. Es drohen Geldstrafe, bis hin zu einer einjährigen Haftstrafe. In ihrem Arbeitsalltag können sich Journalisten allerdings auf Ausnahmen berufen. Das Einverständnis einer gefilmten Person kann etwa schon dann gegeben sein, wenn für sie erkennbar ist, dass sie beim Interview gefilmt wird (sog. konkludentes Verhalten). Genau das zieht die Polizei in Gießen im Fall Rabenau-Geilshausen in Zweifel. Dem SWR teilte sie mit, es sei "aus Hüfthöhe heraus" gefilmt worden und der Kameramann sei "offenbar nicht als Journalist" zu erkennen gewesen.Dem widerspricht der Journalist vehement im Interview mit dem SWR: "Die Kamera ist keine kleine Kamera, keine versteckte Kamera. Das Mikro ist ein externes Mikro, ist also sichtbar. Und von weitem wurde auch jeder Besucher, jede Besucherin schon gewarnt von dem AfD-Ordner: Achtung, gebt dem kein Interview. Es war sichtbar, es war öffentlich und von daher kann ich diesen Vorwurf nicht verstehen." Zudem habe er sich bei dem Veranstalter als Betreiber von "hessencam" vorgestellt und dies bei den Interviews auf Nachfrage mitgeteilt.
    AfD-Fraktionschefin Weidel spricht wegen der im Plenum geltenden 2G-Plus-Coronaregel von der Tribüne des Bundestags.
    Player: videoLeak offenbart geheime Chatgruppe von AfD-Abgeordneten
    40.000 interne Chat-Nachrichten AfD-Abgeordneter zeigen ein desolates Selbstbild und radikales Gedankengut mehr
    DJV sieht falsches SignalDer Fall beschäftigt inzwischen auch den Deutschen Journalistenverband (DJV). Dieser wirft den Ermittlungsbehörden "übermäßigen Ermittlungseifer" vor. Denn: Nach den Vorgängen in Rabenau-Geilshausen leitete die Polizei Gießen "von Amts wegen" ein Verfahren gegen Schaefer ein. Ein Sachbearbeiter habe zudem "per Mail Kontakt mit dem Anmelder der Veranstaltung aufgenommen, um den Personenkreis von möglichen Zeugen und Geschädigten zu erfahren," heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme.Die Staatsanwaltschaft Gießen billigt die "Ermittlung von Zeugen" als "grundsätzlich zulässig", obwohl es sich bei den einschlägigen Straftatbeständen um so genannte Antragsdelikte handelt. Das heißt, die Ermittlungsbehörden werden eigentlich erst dann tätig, wenn Betroffene aktiv eine Strafverfolgung beantragen.Hanna Möllers, DJV-Justiziarin, kritisiert im Interview mit dem SWR: "Hier haben die Beamten aktiv nach Zeugen gesucht und die Sache der Staatsanwaltschaft vorgelegt, obwohl es sich um ein Antragsdelikt handelt und eine Verurteilung in Anbetracht einer Abwägung mit der Rundfunk- und Pressefreiheit eher unwahrscheinlich erscheint." Dies sende "ein völlig falsches Signal".
    Kurz vor den Aufstellungen für die Europawahl ist die Atmosphäre unter den EU-Parlamentariern in der AfD vergiftet. mehr
    AfD vermittelt bis zu 30 Personen an die PolizeiDer zuständige AfD-Kreisverband Gießen hat die Kontaktaufnahme seitens der Polizei offenbar dankend angenommen. Nach den Ereignissen in Rabenau-Geilshausen wendet sich dieser in einem Brief mit der Überschrift "Manchmal lohnt sich der Glaube an den Rechtsstaat doch noch!" an Parteimitglieder und andere "Freunde" der AfD.Der Brief liegt dem SWR vor. Dort heißt es, man sei "auf der Suche nach sämtlichen Geschädigten" des Journalisten, einem "AfD-Jäger" und einem "unserer schärfsten Widersacher". Dabei unterbreitet die AfD das Angebot, Daten wie Namen oder Geburtsdatum "gesammelt an die Polizei" weiterzuleiten. Offenbar mit Erfolg: Man habe inzwischen "ca. 25-30 Personen als potentiell Betroffene oder Zeugen" an die Polizei gemeldet, teilte der zuständige Kreisvorsitzende dem SWR mit.
    Immer mehr Politiker sind bei TikTok. Vor allem eine Partei weiß die Plattform für sich zu nutzen: Die AfD mehr
    Schaefer kritisiert "Presse-Mobbing"Schaefer kann das Vorgehen der Ermittler nicht nachvollziehen: "Ich frage mich: Ist das die Aufgabe der Polizei? Ist da noch der Sachverstand und auch die Gelassenheit, die Presse wirklich offen arbeiten zu lassen?", so Schaefer. Es mache ihn sehr betroffen, dass er seitens der Polizei quasi als Gefährder angesehen werde, da es ihm selbst darum gehe, die Demokratie zu schützen. Nach den Ereignissen im August habe er bereits konkret erlebt, wie ihn ein CDU-Politiker mit den Ermittlungen konfrontiert habe. Schaefer empfindet das als eine Art "Presse-Mobbing".DJV-Justiziarin Möllers kritisiert: "Die Rundfunk- und Pressefreiheit gebietet, dass sich Polizei und Staatsanwaltschaft schützend vor Reporter stellen, die dem Publikum das wahre Gesicht der AfD-Anhängerschaft zeigen wollen, anstatt mit fernliegenden Ermittlungsverfahren ihre Arbeit zu erschweren."
    Player: audioDJV kritisiert Ermittlungen gegen hessischen JournalistenHintergrundbild für den Audioplayer | ARD-aktuell
    DJV kritisiert Ermittlungen gegen hessischen Journalisten
    00:0000:59
    Eric Beres, SWR, tagesschau, 12.09.2023 14:36 Uhr
    AfD
    Dieses Thema im Programm:
    Über dieses Thema berichtete HR Fernsehen am 22. August 2023 um 19:30 Uhr.
    https://www.tagesschau.de/


    EXTREMISMUS
    NRW will Gesetzeslücke schließen: Gegen rechte Chats

    Nordrhein-Westfalens Justizminister Benjamin Limbach und Innenminister Herbert Reul. Foto: Roberto Pfeil/dpa
    12.09.2023, 17:21
    Die nordrhein-westfälische Landesregierung hat Gesetzesänderungen angestoßen, um Volksverhetzung und rechtem Gedankengut in "geschlossenen Chatgruppen" bei Polizisten und anderen Amtsträgern besser beizukommen. "Derzeit besteht eine Gesetzeslücke", sagte NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) am Dienstag in Düsseldorf bei der Vorstellung des Gesetzesantrags aus NRW.
    Wenn sich Staatsbedienstete in dienstlich genutzten Chatgruppen antisemitisch oder rassistisch äußern, bleibt das derzeit in der Regel straffrei, wie Limbach erklärte. Denn die entsprechenden Paragrafen setzen eine Form von Öffentlichkeit voraus - die bei Chats in einem überschaubaren Kreis aber fehlt. Der Gesetzesantrag aus NRW geht zunächst in den Bundesrat.
    Nach den Plänen von NRW-Justiz- und Innenministerium sollen bundesweit gültige Gesetze so präzisiert werden, dass sie auch bei geschlossenen Chats greifen. Wenn Amtsträger darin Volksverhetzendes verbreiten oder wenn sie verfassungswidrige Kennzeichen verwenden, sollen sie mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft werden können. Voraussetzung ist, dass die Äußerungen in Chats fallen, die auch dienstlich genutzt werden.
    Konkret soll ein Abschnitt zu "Straftaten im Amt" im Strafgesetzbuch neu gefasst werden. Außerdem sollen über eine Änderung im Wehrstrafgesetz auch Soldatinnen und Soldaten abgedeckt werden. Der Gesetzesantrag aus NRW geht zunächst in den Bundesrat. Es habe in der Justizministerkonferenz bereits Forderungen gegeben, dass der Bund tätig werde, sagte Limbach. "Das haben wir nicht erlebt." Daraufhin habe man auf Idee von Innenminister Herbert Reul (CDU) hin eine Eigeninitiative aus NRW gestartet.
    Reul sagte, die Menschen müssten darauf vertrauen können, dass jemand die blaue Uniform anhabe, "der bis unter die Hirnrinde verfassungstreu ist". In den vergangenen Jahren waren immer wieder Fälle rechter Chats etwa bei Polizisten bekannt geworden, die Beschuldigten wurden aber regelmäßig nicht verurteilt.
    dpa
    https://www.stern.de/


    Nordrhein-Westfalen
    Wegen Polizei-Chatgruppen: Land will Gesetzesverschärfung

    Stand: 12.09.2023 15:25 Uhr
    Menschenverachtende Memes, rechtsextreme Parolen: Chatgruppen mit solchen Inhalten etwa bei der Polizei machten schon öfter Schlagzeilen. Per Bundesratsinitiative will das Land härter dagegen vorgehen.
    Von Martin Teigeler
    Die Landesregierung reagiert auf die Fälle von rechtsextremen Chats bei der Polizei. Innenminister Herbert Reul (CDU) und Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) kündigten am Dienstag in Düsseldorf eine Bundesratsinitiative zur Verschärfung des Strafgesetzbuches an.
    NRW-Innenminister Herbert Reul
    NRW-Landtag: Bekämpfung des Rechtsextremismus in der Polizei NRW
    Wer kontrolliert die Polizei?
    Der Vorschlag: "Der Austausch rassistischer, antisemitischer oder fremdenfeindlicher Inhalte soll für Amtsträgerinnen und Amtsträger demnach auch in sogenannten geschlossenen Chatgruppen strafbar werden." Die Kommunikation solcher Inhalte unter Staatsdienern sei "keine bloße Meinungsäußerung mehr unter Kolleg innen und Kollegen".
    Player: audioDas unternimmt NRW gegen Polizisten in rechtsextremen ChatsPolizei | imago images/Future Image
    Das unternimmt NRW gegen Polizisten in rechtsextremen Chats
    00:0004:27
    Seit Jahren werden immer wieder Fälle bekannt, bei denen rechtsextremistisches Material in sogenannten privaten, oder "geschlossenen Chatgruppen" in Messenger-Diensten geteilt wird. Regelmäßig waren Polizeibeamte, Justizvollzugsbedienstete oder Soldaten Mitglieder der Chatgruppen.Gesetzeslücke soll geschlossen werdenBislang wurden geteilte Inhalte aus geschlossenen Gruppen nicht als volksverhetzend bestraft, da sie nicht als öffentliche Verbreitung galten. Deshalb sollen künftig für Amtsträger, die in Chatgruppen dienstliche Dinge austauschen, schärfere Regeln gelten, so Limbach. Die Bundesratsinitiative sei Teil der "Null-Tolerenz"-Strategie der Landesregierung, betonte Innenminister Reul.Unsere Quellen:
    Limbach und Reul bei PK in Düsseldorf und in Pressemitteilung
    WDR-Berichte über vergangene Fälle von rechtsextremen Polizeichats
    Neue rassistische Polizei-Chatgruppe: Alltag oder Ausnahme?
    Wie Aachens Polizeipräsident mit rechten Chatgruppen kämpfte
    Westdeutscher Rundfunk
    Quelle: WDR
    https://www.tagesschau.de/


    Prozess gegen rechtsextreme Kampfsportgruppe in Jena
    Vorsitzender Richter wird in Video verhöhnt und beleidigt

    Ein Standbild, auf dem Rechtsextreme posieren, dazu Musik voller Beschimpfungen: Im Prozess gegen vier mutmaßliche Rechtsextreme in Jena ist ein Video aufgetaucht, in dem der Vorsitzende Richter verbal angegriffen wird.
    10.09.2023, 08.21 Uhr
    Angeklagter im Prozess am Oberlandesgericht Jena Foto: Bodo Schackow / dpa
    Im Zusammenhang mit dem Staatsschutzprozess gegen eine rechtsextreme Kampfsportgruppe am Oberlandesgericht in Jena ist in rechtsextremen Kreisen ein Video aufgetaucht, in dem der Vorsitzende Richter des dortigen Staatsschutzsenats verhöhnt und beleidigt wird. Nun laufen in dem Gericht die Beratungen dazu, welche Konsequenzen daraus gezogen werden.
    Das Video sei dem Oberlandesgericht bekannt, sagte eine Gerichtssprecherin auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. »Der Sachverhalt wird noch geprüft.« Auch unabhängig von diesem Video sei das Gericht ständig bemüht, möglichen Bedrohungen oder Einschüchterungen von Richtern entgegenzuwirken. »Die Sicherheitsvorkehrungen vor und in dem Gebäude werden laufend überprüft und angepasst.«
    In dem seit rund zwei Wochen laufenden Prozess sind vier mutmaßliche Rechtsextremisten aus Thüringen angeklagt. Den 21- bis 25-Jährigen wird unter anderem vorgeworfen, als Mitglieder einer Gruppe namens »Knockout 51« insbesondere im Raum Eisenach schwere Straftaten vorbereitet zu haben.
    Applaus für Anwalt des Hauptangeklagten
    Das Video war kurz nach dem Ende des ersten Verhandlungstags in diesem Verfahren im Internet aufgetaucht. Es zeigt ein Standbild, auf dem mehrere Rechtsextreme hinter einem Eingangsschild posieren, das direkt vor dem Gerichtsgebäude des Justizzentrums Jena steht. In diesem Gebäudekomplex hat auch das Oberlandesgericht seinen Sitz. In der Musik, mit der das Bild unterlegt ist, wird der Richter mit unflätigen Worten beschimpft. Die mutmaßlichen Rechtsextremen auf dem Standbild sind zu erkennen, ihre Gesichter sind nicht verpixelt oder anderweitig unkenntlich gemacht.
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    An den ersten beiden Prozesstagen waren mehrere Unterstützer der Angeklagten aus verschiedenen Teilen des Bundesgebiets im Gerichtssaal anwesend gewesen und hatten den Ausführungen eines Anwalts des Hauptangeklagten laut applaudiert .
    Die Personen auf dem Video sollen der Gerichtssprecherin zufolge nicht von der weiteren Teilnahme als Zuschauer an diesem Prozess ausgeschlossen werden. Es sei »grundsätzlich unzulässig, eine Auswahl unter den erschienenen Zuschauern zu treffen, soweit sie den Mindestanforderungen an Erscheinungsbild und Sicherheit genügen«, so die Sprecherin. »Der Grund hierfür ist die hohe Bedeutung des Öffentlichkeitsgrundsatzes bei Gerichtsverhandlungen, der nur in bestimmten Ausnahmefällen eingeschränkt werden darf.« Gründe, die den Ausschluss von bestimmten Personen von der Hauptverhandlung rechtfertigen würden, »waren bislang nicht erkennbar.«
    Der »Knockout 51»-Prozess gehört zu den größten Verfahren gegen mutmaßliche Rechtsextremisten in Deutschland in der jüngeren Vergangenheit. Nach den Ermittlungen waren die Angeklagten Mitglieder der rechtsextremen Kampfsportgruppe »Knockout 51« in Eisenach. »Spätestens ab April 2021 war die Vereinigung ›Knockout 51‹ neben der Begehung von Körperverletzungen auch auf die Tötung von Angreifern aus dem linksextremen Lager ausgerichtet«, hatte der Vertreter des Generalbundesanwalts bei der Verlesung der Anklage gesagt.
    ktz/dpa
    https://www.spiegel.de/


    Rechtsextremes Video verhöhnt und beleidigt „Knockout 51“-Richter

    10.09.2023, Stand: 09:32 Uhr | Lesedauer: 2 Minuten
    Prozessbeginn am Oberlandesgericht
    Einer der Angeklagten im Verhandlungssaal in Jena
    Quelle: dpa/Bodo Schackow
    In Jena läuft einer der größten Prozesse gegen mutmaßliche Rechtsextremisten in der jüngeren Vergangenheit. Die Kampfsportgruppe „Knockout 51“ soll Linke gejagt haben. Nun ist ein Drohvideo gegen den Richter im Internet aufgetaucht.
    Im Zusammenhang mit dem Staatsschutzprozess gegen eine rechtsextreme Kampfsportgruppe am Oberlandesgericht in Jena ist in rechtsextremen Kreisen ein Video aufgetaucht, in dem der Vorsitzende Richter des dortigen Staatsschutzsenats verhöhnt und beleidigt wird. Nun laufen in dem Gericht die Beratungen dazu, welche Konsequenzen daraus gezogen werden.
    Das Video sei dem Oberlandesgericht bekannt, sagte eine Gerichtssprecherin auf Anfrage. „Der Sachverhalt wird noch geprüft.“ Auch unabhängig von diesem Video sei das Gericht ständig bemüht, möglichen Bedrohungen oder Einschüchterungen von Richtern entgegenzuwirken. „Die Sicherheitsvorkehrungen vor und in dem Gebäude werden laufend überprüft und angepasst.“
    In dem seit rund zwei Wochen laufenden Prozess sind vier mutmaßliche Rechtsextremisten aus Thüringen angeklagt. Den 21- bis 25-Jährigen wird unter anderem vorgeworfen, als Mitglieder einer Gruppe namens „Knockout 51“ insbesondere im Raum Eisenach schwere und schwerste Straftaten vorbereitet zu haben.
    Das Video war kurz nach dem Ende des ersten Verhandlungstags in diesem Verfahren im Internet aufgetaucht. Es zeigt ein Standbild, auf dem mehrere Rechtsextreme hinter einem Eingangsschild posieren, das direkt vor dem Gerichtsgebäude des Justizzentrums Jena steht. In diesem Gebäudekomplex hat auch das Oberlandesgericht seinen Sitz. In der Musik, mit der das Bild unterlegt ist, wird der Richter mit unflätigen Worten beschimpft. Die mutmaßlichen Rechtsextremen auf dem Standbild sind zu erkennen, ihre Gesichter sind nicht verpixelt oder anderweitig unkenntlich gemacht.
    Applaus im Gerichtssaal
    An den ersten beiden Prozesstagen waren mehrere Unterstützer der Angeklagten aus verschiedenen Teilen des Bundesgebiets im Gerichtssaal anwesend gewesen und hatten den Ausführungen eines Anwalts des Hauptangeklagten laut applaudiert.
    Die Personen auf dem Video sollen der Gerichtssprecherin zufolge nicht von der weiteren Teilnahme als Zuschauer an diesem Prozess ausgeschlossen werden. Es sei „grundsätzlich unzulässig, eine Auswahl unter den erschienenen Zuschauern zu treffen, soweit sie den Mindestanforderungen an Erscheinungsbild und Sicherheit genügen“, so die Sprecherin. „Der Grund hierfür ist die hohe Bedeutung des Öffentlichkeitsgrundsatzes bei Gerichtsverhandlungen, der nur in bestimmten Ausnahmefällen eingeschränkt werden darf.“ Gründe, die den Ausschluss von bestimmten Personen von der Hauptverhandlung rechtfertigen würden, „waren bislang nicht erkennbar.“
    Der „Knockout 51“-Prozess gehört zu den größten Verfahren gegen mutmaßliche Rechtsextremisten in Deutschland in der jüngeren Vergangenheit. Nach den Ermittlungen waren die Angeklagten Mitglieder der rechtsextremen Kampfsportgruppe „Knockout 51“ in Eisenach.
    „Spätestens ab April 2021 war die Vereinigung ‚Knockout 51‘ neben der Begehung von Körperverletzungen auch auf die Tötung von Angreifern aus dem linksextremen Lager ausgerichtet“, hatte der Vertreter des Generalbundesanwalts bei der Verlesung der Anklage gesagt.
    dpa/sos
    https://www.welt.de/


    Beleidigung gegen Richter im «Knockout 51»-Prozess

    10.09.2023
    Im Zusammenhang mit dem Staatsschutzprozess gegen eine rechtsextreme Kampfsportgruppe am Oberlandesgericht in Jena ist in rechtsextremen Kreisen ein Video aufgetaucht, in dem der Vorsitzende Richter des dortigen Staatsschutzsenats verhöhnt und beleidigt wird. Nun laufen in dem Gericht die Beratungen dazu, welche Konsequenzen daraus gezogen werden. Das Video sei dem Oberlandesgericht bekannt, sagte eine Gerichtssprecherin auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. «Der Sachverhalt wird noch geprüft.» Auch unabhängig von diesem Video sei das Gericht ständig bemüht, möglichen Bedrohungen oder Einschüchterungen von Richtern entgegenzuwirken. «Die Sicherheitsvorkehrungen vor und in dem Gebäude werden laufend überprüft und angepasst.»
    In dem seit rund zwei Wochen laufenden Prozess sind vier mutmaßliche Rechtsextremisten aus Thüringen angeklagt. Den 21- bis 25-Jährigen wird unter anderem vorgeworfen, als Mitglieder einer Gruppe namens «Knockout 51» insbesondere im Raum Eisenach schwere und schwerste Straftaten vorbereitet zu haben.
    Das Video war kurz nach dem Ende des ersten Verhandlungstags in diesem Verfahren im Internet aufgetaucht. Es zeigt ein Standbild, auf dem mehrere Rechtsextreme hinter einem Eingangsschild posieren, das direkt vor dem Gerichtsgebäude des Justizzentrums Jena steht. In diesem Gebäudekomplex hat auch das Oberlandesgericht seinen Sitz. In der Musik, mit der das Bild unterlegt ist, wird der Richter mit unflätigen Worten beschimpft. Die mutmaßlichen Rechtsextremen auf dem Standbild sind zu erkennen, ihre Gesichter sind nicht verpixelt oder anderweitig unkenntlich gemacht.
    An den ersten beiden Prozesstagen waren mehrere Unterstützer der Angeklagten aus verschiedenen Teilen des Bundesgebiets im Gerichtssaal anwesend gewesen und hatten den Ausführungen eines Anwalts des Hauptangeklagten laut applaudiert.
    Die Personen auf dem Video sollen der Gerichtssprecherin zufolge nicht von der weiteren Teilnahme als Zuschauer an diesem Prozess ausgeschlossen werden. Es sei «grundsätzlich unzulässig, eine Auswahl unter den erschienenen Zuschauern zu treffen, soweit sie den Mindestanforderungen an Erscheinungsbild und Sicherheit genügen», so die Sprecherin. «Der Grund hierfür ist die hohe Bedeutung des Öffentlichkeitsgrundsatzes bei Gerichtsverhandlungen, der nur in bestimmten Ausnahmefällen eingeschränkt werden darf.» Gründe, die den Ausschluss von bestimmten Personen von der Hauptverhandlung rechtfertigen würden, «waren bislang nicht erkennbar.»
    Der «Knockout 51»-Prozess gehört zu den größten Verfahren gegen mutmaßliche Rechtsextremisten in Deutschland in der jüngeren Vergangenheit. Nach den Ermittlungen waren die Angeklagten Mitglieder der rechtsextremen Kampfsportgruppe «Knockout 51» in Eisenach. «Spätestens ab April 2021 war die Vereinigung «Knockout 51» neben der Begehung von Körperverletzungen auch auf die Tötung von Angreifern aus dem linksextremen Lager ausgerichtet», hatte der Vertreter des Generalbundesanwalts bei der Verlesung der Anklage gesagt.
    © dpa-infocom, dpa:230910-99-139802/3
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    Freie-Wähler-Chef in der Kritik
    Hakenkreuze im Schulklo: Neue Vorwürfe gegen Aiwanger

    Von
    t-online
    cck
    Aktualisiert am 08.09.2023 - 12:53 Uhr
    Lesedauer: 2 Min.
    Hubert Aiwanger: "Judenfeindliche Witze über Auschwitz und so weiter, die sind definitiv gefallen, hundert Prozent!", sagt ein früherer Mitschüler. (Quelle: Sven Hoppe/dpa)
    Weitere Ex-Mitschüler von Bayerns Vize-Ministerpräsident Aiwanger erheben Vorwürfe gegen ihn. Die Rede ist von Hakenkreuzen auf der Schultoilette und einer Begeisterung für Adolf Hitler.
    Weitere ehemalige Mitschüler erheben Vorwürfe gegen Bayerns stellvertretenden Ministerpräsidenten Hubert Aiwanger (Freie Wähler): "Ab und zu, wenn die Klasse schon drin war und er reinkam, hat er halt so einen Hitlergruß gezeigt. Judenfeindliche Witze über Auschwitz und so weiter, die sind definitiv gefallen, hundert Prozent!", sagt Mario Bauer dem ARD-Magazin "Kontraste" über den Chef der Freien Wähler.
    Aiwanger war vor knapp zwei Wochen nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" massiv in die Kritik geraten. Die "SZ" hatte berichtet, dass der 52-Jährige während seiner Schulzeit am Burkhart Gymnasium im niederbayerischen Mallersdorf-Pfaffenberg ein antisemitisches Pamphlet verfasst haben soll. Es folgten weitere Berichte, die eine Nähe des jungen Aiwangers zum Rechtsextremismus nahelegten.
    Umstrittene Personalie|41528 Teilnehmer
    Sollte Aiwanger als Chef der Freien Wähler, Minister und Vize-Ministerpräsident wegen der Vorwürfe zurücktreten?
    "Eine Begeisterung für Hitler"
    Der Politiker streitet entschieden ab, das Flugblatt verfasst zu haben. Sein Bruder Helmut Aiwanger übernahm kurz nach Bekanntwerden der Vorwürfe die Verantwortung. Zugleich räumte Aiwanger ein, dass "ein oder wenige Exemplare" in seiner Schultasche gefunden worden waren. Warum sich diese dort befunden hätten, sei ihm nicht mehr erinnerlich, so Aiwanger. Er sieht sich als Opfer einer Schmutzkampagne.
    In der aktuellen "Kontraste"-Sendung melden sich neben Bauer noch weitere frühere Mitschüler zu Wort. So sagte Doris Thanner: "Eine ganz stramm konservative Haltung, die sich eindeutig verbunden hat mit einer Begeisterung für Hitler und für Inhalte, die damals eindeutig nationalsozialistisch waren. Jemand, der eindeutig sympathisiert mit braunem Gedankengut."
    Hakenkreuz-Schmiererei auf der Toilette
    Auch Stephan Winnerl erinnert sich an eine Begebenheit: "Das war eine Sache, da war ich als Schülersprecher befasst, da ging es um eine Hakenkreuz-Schmiererei auf der Toilette. Das waren vielleicht acht oder zehn Hakenkreuze über so eine Wand verteilt, relativ groß."
    Der Verdacht sei schnell auf Aiwanger gefallen, weil dieser bereits einen einschlägigen Ruf gehabt habe, berichtet "Kontraste". "Der Direktor hat mir dann zurückgemeldet, dass es tatsächlich Hubert Aiwanger war und dass er sich gefreut hat, dass das schnell aufgeklärt werden konnte und Hubert das beseitigen musste."
    Die Affäre um das Flugblatt hat die bayerische Landespolitik in den vergangenen zwei Wochen schwer beschäftigt. Ministerpräsident Markus Söder hatte seinen Stellvertreter nach Bekanntwerden der Vorwürfe einbestellt und 25 Fragen beantworten lassen. Aiwanger antwortete auf die meisten Fragen ungenau oder gab an, er könne sich nicht erinnern. Anschließend verkündete Söder am vergangenen Sonntag, an Aiwanger festhalten zu wollen. Ein Antrag auf Entlassung der Oppositionsparteien SPD und Grüne war am Donnerstag gescheitert.
    https://www.t-online.de/


    Ein österreichischer Waffendealer und die Spuren nach Deutschland

    07.09.2023 ∙ Kontraste ∙ Das Erste
    UT
    Kontraste (Quelle: rbb)
    Im November 2022 wird ein Deutscher bei der Einreise nach Deutschland aus Österreich kontrolliert – man finde bei ihm schussbereite Waffen, darunter Maschinenpistolen. Der Fund löst umfangreiche Ermittlungen und Hausdurchsuchungen im Rotlicht-, Rocker- und Neonazi-Milieu aus und offenbart ein grenzüberschreitendes, gewaltbereites rechtsextremes Netzwerk. Doch für wen waren die Waffen bestimmt? Kontraste auf Spurensuche im Osten der Republik.
    Beitrag von Silvio Duwe, Michael Götschenberg, Daniel Laufer und Markus Pohl
    Mehr anzeigen
    Bild: BMI/Gerd Pachauer
    Video verfügbar:
    bis 07.09.2024 ∙ 23:59 Uhr
    https://www.ardmediathek.de/


    Kommentar: Aiwangers Erinnerungslücken kaum glaubhaft

    03.09.2023, 22:26 Uhr
    Hubert Aiwanger verstrickt sich in Widersprüche. Und wahre Reue lässt er vermissen. Sein Verbleib im Amt kann zum Freifahrtschein für Populismus werden. Söders Absolution ist riskant.
    Ein Kommentar von BR-Chefredakteur Christian Nitsche.
    Von
    Christian Nitsche
    Über dieses Thema berichtete BR24 im Radio am 03.09.2023 um 21:30 Uhr.
    Das sind schon reichlich viele Erinnerungslücken, die Hubert Aiwanger der Öffentlichkeit präsentiert. Wer als Schüler zum Direktor zitiert wird, wem da mit der Polizei gedroht wird, wer ein mieses, antisemitisches Flugblatt im Schulranzen hatte, der vergisst das alles normalerweise nicht. Oder nur dann, wenn es für jemanden eben nichts Besonderes war. Aber es soll ja ein "einschneidendes Erlebnis" für ihn gewesen sein, wie Aiwanger sagt. Und damit verwickelt er sich in Widersprüche. Erinnert er sich nur an das, was ihm nutzt?
    Aktuelle Nachrichten und Hintergründe zur Landtagswahl 2023 in Bayern
    An einer offenen Aufarbeitung seiner Jugend, die mehrere Mitschüler als rechtsextrem beschreiben, hat er offenbar kein Interesse. Wie kann man dann zu wahrer Reue und Demut fähig sein?
    CSU im Klammergriff der Freien Wähler
    Aiwanger setzt auf die Strategie: Ich bin das Opfer. Dabei war er es, der versäumt hat, reinen Tisch zu machen, schon vor Jahren, als er in die Politik eintrat. Die Freien Wähler driften unter Aiwanger nach rechts und werden für Ministerpräsident Markus Söder ein immer größeres Problem. Denn die Wenigsten in der CSU würden eine Koalition mit SPD oder Grünen begrüßen. Und die FDP ist in Bayern für eine Koalition bisher zu schwach. Deshalb hatte Söder Aiwanger in die Arme geschlossen und kann sich aus seinem Klammergriff nicht befreien.
    Deutschlands Erinnerungskultur in Gefahr
    Seine Absolution für Aiwanger kann nun zum Freifahrtschein für Populismus werden. Und man fragt sich schon, wie weit es in Deutschland gekommen ist, wenn ein Politiker wie Aiwanger mit Erinnerungslücken durchkommt, Mitschüler Angst haben, auszusagen, wenn eine Schmutzkampagne konstruiert wird. Die deutsche Geschichte und der Holocaust gebieten einen anderen Umgang mit schweren Vorwürfen. Wer sich an eigene Verfehlungen nur schemenhaft erinnern mag, beschädigt die deutsche Erinnerungskultur insgesamt.
    https://www.br.de/


    Brandenburg
    Morddrohung gegen linke Aktivistin in Eisenhüttenstadt

    Stand: 03.09.2023 18:06 Uhr
    Nach öffentlichen Morddrohungen gegen eine Jugendliche in Eisenhüttenstadt (Oder-Spree) hat die Polizei Ermittlungen aufgenommen. Unbekannte hatten die Drohungen auf dem Platz der Jugend an Mauern gesprüht.
    Die Linksjugend Brandenburg veröffentlichte am vergangenen Donnerstag auf der Online-Plattform X (ehemals Twitter) Bilder des Schriftzuges. Darauf sind auch SS-Runen und rechtsextreme Hetze zu erkennen. Die Polizei ermittle wegen der Bedrohung der 16-Jährigen und wegen der Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole, bestätigte ein Sprecher am Samstag.
    Bedrohte Jugendliche ist in der Lokalpolitik aktivDie 16-Jährige setzt sich nach Angaben der Linksjugend in Eisenhüttenstadt für die Vertretung von Jugendinteressen in der Lokalpolitik ein und engagiert sich zudem ehrenamtlich in Projekten. Eines dieser Projekte, gefördert durch das Kulturland Brandenburg, war die Wiederbelebung des Platzes der Jugend. Über 50 Workshops und zahlreiche Kunstaktionen wurden den Angaben nach dort organisiert.Brandenburger Linkenschef will kein zweites BurgBrandenburgs Linksfraktionschef Sebastian Walter verurteilte die Drohungen. "Die Rechten in diesem Land fühlen sich in der Offensive. Das erinnert in dieser Dynamik an dunkle Zeiten", sagte er der Deutschen Presse-Agentur am Sonntag. "Wir werden diesen Fall im Landtag diskutieren." Eine Situation wie in der Schule in Burg im Spreewald dürfe sich nicht wiederholen. Dort hatten zwei Lehrkräfte im April öffentlich gemacht, dass sie täglich mit Rechtsextremismus, Sexismus und Homophobie konfrontiert seien. Sie waren danach rechten Anfeindungen ausgesetzt und verließen die Schule.Erst vergangene Woche sind - ebenfalls auf dem Platz der Jugend - Graffiti-Kunstwerke des Projekts "Auf den Platz, Fertig, Los!" verfassungsfeindlich beschmiert worden. Nach Angaben der Kriminalpolizei seien 25 Hakenkreuze entdeckt worden.Sendung: rbb24 Inforadio, 02.09.2023, 13:33
    Rundfunk Berlin-Brandenburg
    Quelle: rbb
    https://www.tagesschau.de/


    Rechte Hetze in Eisenhüttenstadt
    :Entsetzen nach Morddrohung gegen Jugendliche

    Update (19.25 Uhr) In Eisenhüttenstadt ermittelt die Polizei wegen Morddrohungen gegen eine 16-Jährige. Die Graffiti waren verbunden mit rechtsextremer Hetze. Nun gibt es ein Angebot an die Verursacher.
    02. September 2023, 12:28 Uhr •Eisenhüttenstadt
    Ein Artikel von
    Janet Neiser, dpa
    Graffiti mit rechtsradikaler Hetze in Eisenhüttenstadt.
    © Foto: Janet Neiser
    Das Entsetzen nach den Morddrohungen gegen eine Jugendliche in Eisenhüttenstadt (Oder-Spree) ist groß. Unbekannte hatten rechte Hetze und konkrete Drohungen an verschiedene Fassaden auf dem Platz der Jugend gesprüht. „Nazi Kiez“ ist da seit Tagen zu lesen, „Tod für Links“ und „Haut ab sonst Tod“. Auch eine konkrete Drohung gegenüber einer Jugendlichen wird ausgesprochen. Nach deren Namen heißt es „wir kriegen dich“. An anderer Stelle stand das Wort „Tod“ über ihrem Namen, neben „Free Hitler“.
    Etliche Hakenkreuze waren zu sehen, ebenso die Buchstaben SS. Ein Teil dieser rechten Schmierereien ist mittlerweile übersprüht worden. Unter anderem mit „Schöner leben ohne Nazis“. Etliche Spuren aber bleiben, genau wie Angst und Entsetzen – vor allem bei der betroffenen 16-Jährigen aus Eisenhüttenstadt.
    Stadt und Jugendliche haben Anzeige erstattet
    Nun ermittelt die Polizei wegen der Bedrohung der 16-Jährigen und wegen der Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole, bestätigte ein Sprecher am Samstag. Die MOZ berichtete bereits über die Vorfälle auf dem Platz der Jugend. Die Linksjugend Brandenburg hatte den Fall am 2. September auf der Online-Plattform X (ehemals Twitter) publik gemacht.
    Zum Stand der Ermittlungen konnte der Polizeisprecher zunächst nichts sagen. Unter anderem die Stadt und die Jugendliche hätten in der vergangenen Woche Anzeige erstattet.
    Die 16-jährige Schülerin der 11. Klasse setzt sich in Eisenhüttenstadt für die Vertretung von Jugendinteressen in der Lokalpolitik ein, hat schon wiederholt der dortigen Stadtverordnetenversammlung Fragen gestellt und auf Probleme aufmerksam gemacht und engagiert sich zudem ehrenamtlich in Projekten.
    Das sagt Martin Maleschka
    Eines dieser Projekte, gefördert durch das Kulturland Brandenburg, war die Wiederbelebung des Platzes der Jugend in Eisenhüttenstadt und dem Motto „Auf den Platz, fertig, los“. Etwa 50 Workshops und zahlreiche Kunstaktionen waren dort in den vergangenen Monaten organisiert worden. Mehrere Vereine, Schulen und das Museum Utopie und Alltag waren involviert.
    „Dass sich P. in der Jugendarbeit in der Stadt schon in so jungem Alter engagiert, ist nicht nur wichtig, sondern auch richtig“, betont Martin Maleschka, der in Eisenhüttenstadt geboren und aufgewachsen ist und mittlerweile über die Grenzen bekannt ist als Fotograf, Dokumentarist und Chronist von DDR-Architektur.
    Bei Maleschka und seinem Team liefen die Fäden für „Auf den Platz, fertig, los“ zusammen. Er ist schockiert über die Schmierereien. „Verfassungsfeindliche Symbole, personifizierte Morddrohungen und hetzende Sprüche – gegen wen auch immer – sind absolut nicht tolerierbar und völlig inakzeptabel“, erklärt er gegenüber moz.de.
    Maleschka spricht Verursacher direkt an
    Er hatte über verschiedene soziale Medien von den „miesen Nachrichten“ erfahren, war zu diesem Zeitpunkt nicht in der Stadt und sei selbst wie vor den Kopf gestoßen gewesen, nachdem das baukulturelle Festival „Auf den Platz, fertig, los!“ so erfolgreich verlaufen war. „Ich war völlig konsterniert.“ Das alles greife zudem indirekt auch seine Arbeit am Platz der Jugend an, sagt er. Dort ging es immer um Weltoffenheit und Toleranz.
    Aufgrund der Graffititechnik denkt Maleschka, der früher selbst aktiv gesprüht hat, dass die Täter eher jung waren. „Ich verurteile Aktionen wie diese aufs Schärfste und würde die Verursacher gern zu einer Talkrunde am 29.9. bei einem geplanten vorerst letzten Event in diesem Jahr am Platz der Jugend einladen.“ Prävention sei einmal mehr das Gebot der Stunde, der Tage, der Wochen, der kommenden Jahre. „Das Strafrechtliche muss die Polizei regeln“, sagt er.
    Auch im Museum Utopie und Alltag war man entsetzt, nachdem man die Schmierereien auf dem Platz Ende August gesehen hatte. Schon jetzt wird überlegt, was und wie man dem deutlich erkennbaren Hass etwas entgegensetzen kann.
    Nach Einschätzung von Anton Wiezorek, Landessprecher der Linksjugend Brandenburg, setzten sich immer weniger junge Menschen politisch für ihre Interessen ein. „Wenn politisch aktive Jugendliche fürchten müssen, von Neonazis umgebracht zu werden, ist das eine Gefahr für unsere Demokratie.“
    https://www.moz.de/


    Stadt Achim ehrt „Omas gegen Rechts“ für Zivilcourage

    Stand: 01.09.2023, 17:39 Uhr
    Sie sehen den Ehrenamtspreis als Aufforderung weiterzumachen (von links): Eli Verwijmeren, Alke Buddensiek, Sophia Kemlein, Renate Witzel-Diekmann und Beate Mewis. © Leipold
    Achim – In Sachsen ist die AfD laut aktuellen Umfragen stärkste Kraft, Bayerns Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger steht derzeit wegen eines antisemitischen Flugblatts in der Kritik und in Verden gehen die Montagsspaziergänge weiter.
    Den „Omas gegen Rechts“ gehen deshalb die Gründe, Haltung zu zeigen und ihre Stimme zu erheben, nicht aus. „Heute ist es dringender als zuvor“, sagt Renate Witzel-Diekmann, die die Achimer Gruppe 2021 initiiert hatte. „Durch die Zuwächse müssen gerade wir ältere Frauen warnen und Mitstreiterinnen gewinnen. Es sind zu wenige, die für die Demokratie auf die Straße gehen.“
    „Was man früher nicht zu denken wagte, sagt und macht man jetzt“, beobachtet sie allzu oft und kann nicht verstehen, wie die menschenfeindlichen Äußerungen befürwortet werden können. „Wenn man sieht, was bei denen auf den Plakaten steht, ist das besorgniserregend“, berichtet sie von den Spaziergängen der Coronaleugner, die die Gruppe zumindest aus Achim habe vertreiben können.
    „Das geht zu weit nach rechts“, betont auch Alke Buddensiek, die die Entwicklung seit dem Aufkommen von Pegida 2015 verfolgt. Sie nutzt ihre freie Zeit, um auf die Straße zu gehen und was zu tun. „Wir machen die Erfahrung, dass gerade junge Leute das schätzen, was wir tun, sie machen Bilder mit uns. Wir zeigen, es ist uns nicht egal, was passiert“, sagt Sophia Kemlein. „Wir haben die Zeit, uns politisch zu engagieren – wir nehmen es ihnen nicht ab, aber wir tun es für sie.“
    Wenn sie mit ihren Plakaten und Schildern an einem Stand informieren, Mahnwachen halten, Stolpersteine putzen, demonstrieren gehen und mit anderen „Omas gegen Rechts“ bei den AfD-Parteitagen wie kürzlich in Celle Haltung zeigen, dann löst das Gegenreaktionen aus. Denn sie sitzen eben nicht am Herd und stricken Socken, wie das manche gerne hätten. Sie werden beschimpft, bedroht, besonders Männer wollen sie vom Gegenteil ihrer Meinung überzeugen, die AfD kommentiert ihre Aktionen auf Facebook. „Beleidigungen und Bedrohungen sind keine Äußerung der Meinungsfreiheit“, betont Witzel-Diekmann nachdrücklich. Dabei würden sie aber noch in einer Komfortzone leben: „Im Osten werden die ,Omas gegen Rechts‘ sehr stark bedroht.“
    „Es ist keine Alternative, die AfD zu wählen, da man damit die Demokratie abwählt“, sagt Witzel-Diekmann. „Man muss genau schauen, wofür eine Partei steht und das Wahlprogramm prüfen.“ Auch sie und ihre Mitstreiterinnen hätten Kritikpunkte an der Regierung, die AfD zu wählen fiele ihnen deshalb aber nicht ein. „Sie inszenieren sich als Partei des kleinen Bürgers, was ihr Wahlprogramm nicht hergibt.“ Stattdessen äußerten sie in drei Sätzen einfache und verkürzte Behauptungen, die aufheizen, hat Beate Mewis in den sozialen Netzwerken beobachtet.
    Deshalb findet Buddensiek, dass Politik anders erklärt und besser rübergebracht werden müsse. „Da haben die etablierten Parteien nicht überblickt, was sich da entwickelt“, sagt Witzel-Diekmann.
    Um in ihrer Arbeit weiterzukommen, lassen sie sich demnächst von zwei Trainern in Achim zu „Stammtisch-Kämpferinnen“ ausbilden. Es gehe darum, das Argumentieren zu lernen, sich nicht einschüchtern und von despektierlichen Äußerungen herunterziehen zu lassen, erklärt Witzel-Diekmann. „Wir versuchen, die Leute wach zu bekommen, damit sie besser nachdenken“, sagt Eli Verwijmeren, die sich um die Zukunft ihrer Kinder und Enkelkinder sorgt.
    Inzwischen konnten die hiesigen Omas ein Netzwerk in der Stadt aufbauen. Rund 90 Achimer haben sich in eine Adressenliste eintragen lassen, um über Aktionen informiert zu werden und mitzumachen. Auch in der lokalen Politik haben sie Unterstützer, die Grüne Jugend engagiert sich mit ihnen, sie sind Teil des Netzwerks Unantastbar in Verden. Als Nächstes werden sie in Uphusen am Gedenkstein an das ehemalige Arbeitslager, in das kurz vor Kriegsende im Februar 1945 Jüdinnen untergebracht worden waren, erinnern und über das Lager informieren. „Das Gedenken gehört dazu und muss nach vorne gerichtet sein“, sagt Mewis. Wer sich ebenfalls engagieren möchte, kann sich unter omasgegenrechts-achim@web.de bei ihnen melden. Einmal im Monat treffen sie sich im Clüverhaus. „Wir müssen alle Kräfte mobilisieren, damit es nicht zu einer Regierungsbeteiligung kommt“, betont Kemlein. Sie sehen den Achimer Ehrenamtspreis als Aufforderung weiterzumachen. Denn angesichts der Umfragen findet Witzel-Diekmann: „Es ist nicht mehr fünf vor zwölf.“ 
    https://www.kreiszeitung.de/


    Vorgetäuschter linker Angriff
    Ermittler finden abgetrennte Finger von Neonazi – in Braunglascontainer

    Der Rechtsextremist Alexander W. behauptete, vermummte Linksextremisten hätten ihn in einem Chemnitzer Park überfallen. Ermittler gehen nun jedoch davon aus, dass ihm ein Bekannter die drei Finger abgetrennt hat.
    01.09.2023, 17.07 Uhr
    Polizisten suchen Mitte August in Chemnitz nach den Fingern: Verdacht auf schwere Körperverletzung Foto: HärtelPRESS / IMAGO
    Die drei Finger sind ab, doch die Geschichte dahinter offensichtlich frei erfunden. Alexander W. hatte in den sozialen Medien Linksextreme beschuldigt, ihm in einem Chemnitzer Park die Finger abgetrennt zu haben. Die speziell dafür zuständige Soko LinX schaltete sich ein, doch von der öffentlichkeitswirksamen Inszenierung als Opfer eines linken Überfalls bleibt offenbar wenig übrig.
    Den Polizisten kamen Zweifel, sodass nun gegen den 29-jährigen Neonazi selbst wegen Vortäuschens einer Straftat ermittelt wird. Für das Abtrennen verantwortlich soll ein zweiter Beschuldigter Mitte 30 sein – ein Bekannter von W., wie ein Sprecher des sächsischen Landeskriminalamts (LKA) sagte.
    In welcher Beziehung die beiden genau zueinander stehen, sei allerdings offen, teilte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Chemnitz mit. Nähere Angaben, insbesondere zum Tatmotiv, könnten derzeit keine gemacht werden. Dem zweiten Tatverdächtigen werfen die Ermittler schwere Körperverletzung vor.
    Razzien bei Tatverdächtigen
    Vorige Woche waren nach dem Angriff Mitte August bereits die Wohnungen der beiden durchsucht worden. Es wurden umfangreiche Beweismittel sichergestellt. Die beiden Beschuldigten haben sich bislang nicht zu den Vorwürfen geäußert – allerdings wurden nach dem offensichtlich fingierten Überfall nun die drei abgetrennten Finger des Mannes entdeckt.
    Die Finger seien im Zuge einer Suchaktion in einem Braunglascontainer gefunden worden, sagte der LKA-Sprecher. Laut »Bild«-Zeitung soll dort auch die Tatwaffe entdeckt worden sein. Wie und womit die Finger abgetrennt wurden, ist offiziell allerdings bislang unklar. Dazu laufen Ermittlungen, hieß es. Alexander W. hatte behauptet, sie seien mit einer Machete amputiert und anschließend von den Tätern mitgenommen worden.
    Der mysteriöse Fall sorgt seit Wochen für Schlagzeilen. Der bereits vorbestrafte Alexander W. stammt ursprünglich aus Nordrhein-Westfalen und war dort SPIEGEL-Informationen zufolge einst in der rechten Szene Dortmunds aktiv. 2016 wurde er demnach unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung, Diebstahls mit Waffen sowie Brandstiftung zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Weil er sich Leistungen erschlich, musste er schließlich hinter Gitter.
    apr/dpa
    https://www.spiegel.de/


    RECHTSPOPULISTISCHE PARTEI: Der Boom der AfD – Diese Grafiken erklären die Hintergründe
    Die hohen Umfragewerte für die AfD setzen die Politik unter Handlungsdruck. Ein Blick auf die Gründe für den Erfolg der Rechten liefert Hinweise, wie sich deren Aufschwung stoppen ließe.

    Dietmar Neuerer
    29.08.2023 - 11:54 Uhr 9
    Berlin. Die Ausgangslage für die Kabinettsklausur in Meseberg könnte kaum schlechter sein für die Ampel. Deutschland steckt in der wirtschaftlichen Stagnation. Viele Unternehmen sind unzufrieden mit dem Krisenmanagement der Koalition. Und auch in der Bevölkerung wachsen die Zweifel, ob die Regierung imstande ist, die drängenden Probleme des Landes zu lösen. Das schlägt sich in den Umfragen nieder.
    Die drei Koalitionsparteien zusammen sind inzwischen weit von einer Mehrheit entfernt. Selbst die stärkste Regierungspartei SPD liegt nicht nur weit hinter der stärksten Oppositionskraft CDU/CSU – die Sozialdemokraten sind von der AfD sogar von Platz zwei verdrängt worden. Die Partei gewinnt immer mehr an Einfluss und setzt die Politik unter Handlungsdruck – auch und vor allem in Meseberg.
    Wie könnte eine Strategie gegen die vom Bundesamt für Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestufte AfD aussehen? Zehn Jahre nach ihrer Gründung ist diese Frage noch immer nicht beantwortet. Dabei kann die Partei entzaubert werden, wie neue Umfragebefunde und fünf Grafiken zeigen.
    Mit der AfD in der Regierung würde kaum etwas besser
    „Bereit für mehr“ war das Motto des AfD-Europaparteitags Ende Juli in Magdeburg, auf dem die Partei als Ziel die Regierungsverantwortung formulierte. Für die nächste Bundestagswahl plant sie eine eigene Kanzlerkandidatur. Die in zwei Ost-Bundesländern errungenen Kommunalämter sind für die Partei nur eine Etappe.
    THEMEN DES ARTIKELS
    AfD Europawahl Bundestagswahl Gesellschaft Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Bundesamt für Verfassungsschutz
    Parteichef Tino Chrupalla erklärte jüngst, andere Parteien hätten Angst davor, dass es den Bürgern besser gehe, wenn die AfD regiere. Die AfD könne nicht nur Opposition, sondern auch Leistung zeigen.
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    Doch die Skepsis in der Wählerschaft ist groß. Nur 15 Prozent glauben, dass es mit der AfD in Regierungsverantwortung wesentlich besser würde. Das ist ein kleinerer Anteil als die aktuellen Umfragewerte für die AfD von rund 20 Prozent.
    Die politische Arbeit der AfD überzeugt kaum Wähler
    Schon das derzeitige Wirken der AfD kommt in der Bevölkerung nicht sonderlich gut an. Die politische Arbeit der Partei wird entsprechend negativ bewertet.
    Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang auch der Befund einer aktuellen Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Würde das Programm der AfD umgesetzt, wären die eigenen Wähler die „Hauptleidtragenden“ und stünden wirtschaftlich schlechter da als zuvor.
    Die Deutschen trauen der AfD wenig zu
    Warum bewegt sich die AfD in Umfragen trotzdem auf Rekordniveau? Bundesweit sehen mehrere Institute die Partei mittlerweile zwischen 19 und 23 Prozentpunkten. In Ostdeutschland liegen die Werte noch höher. Im September 2024 wird in Brandenburg, Sachsen und Thüringen gewählt – und in allen drei Bundesländern ist die Partei in Umfragen derzeit stärkste politische Kraft.
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    Eine Erklärung könnte sein, dass die AfD insbesondere wegen Identitätsthemen wie Zuwanderung und Multikulturalismus gewählt werde, wie der Mainzer Politikwissenschaftler Kai Arzheimer meint. Das belegt auch eine neue, repräsentative Umfrage des Allensbach Instituts für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“. 71 Prozent nennen die Einwanderungspolitik als wichtigen Grund, warum sie die AfD wählen wollen.
    Andere wiederum wollen den anderen Parteien schlicht einen Denkzettel verpassen. Allerdings ist die AfD-Präferenz keineswegs nur Ausdruck diffusen Protests. So signalisieren im ARD-Deutschlandtrend vom Juli drei Viertel der AfD-Anhänger, dass die Partei ihren eigenen politischen Grundvorstellungen nahe- oder sehr nahesteht. Gleichzeitig erwarten sie von der AfD nicht einmal, dass sie irgendwelche Probleme löst.
    Die dürftigen Problemlösungsfähigkeiten, die der AfD zugetraut werden, führt der Politikwissenschaftler Arzheimer darauf zurück, dass die Partei ihren politischen Fokus vor allem auf das Migrationsthema legt. Andere Punkte im sehr umfangreichen Parteiprogramm seien für die Wähler weniger wichtig und vielleicht auch gar nicht genau bekannt: „Das hat auch damit zu tun, dass die AfD auch aus Sicht vieler ihrer Anhängerinnen und Anhänger weit von der Regierungsverantwortung entfernt zu sein scheint.“
    Populismus rückt in die Mitte der Gesellschaft
    Verabschieden muss man sich von der Vorstellung, die AfD sei ausschließlich oder vor allem in den unteren Gesellschaftsschichten verankert. Grundlegender Tenor zahlreicher Studien ist, dass antidemokratische Einstellungen auch in der Mitte der Gesellschaft zu finden sind oder von Personen vertreten werden, die sich selbst politisch oder ökonomisch in der Mitte verorten.
    Schon vor sechs Jahren kam eine Untersuchung des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zu dem Ergebnis, dass die AfD keineswegs nur ein Sammelbecken der Abgehängten sei. Vielmehr sei die Partei in der Mitte der Gesellschaft zu Hause.
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    Mit durchschnittlich 2200 Euro netto im Monat stünden AfD-Sympathisanten laut IW etwas besser da als der deutsche Durchschnitt. 55 Prozent der AfD-Sympathisanten hätten zudem ein mittleres Bildungsniveau (Realschule), 25 Prozent ein hohes, 20 Prozent ein niedriges Niveau.
    Inzwischen konnte sich die AfD im bürgerlichen Segment noch stärker etablieren, wie eine aktuelle Analyse des Sinus-Instituts zeigt. Die Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass Populismus in Deutschland mehrheitsfähig wird.
    Der Mainzer Politikwissenschaftler Arzheimer wies zudem auf Erkenntnisse der vergangenen Bundestagswahl hin. Der Stimmenanteil der AfD sei bei Männern etwa zweimal so hoch wie bei Frauen. Die Partei sei außerdem bei Menschen mittleren Alters deutlich beliebter als bei jungen und älteren Wahlberechtigten. Überdies habe die AfD bei Arbeiterinnen und Arbeitern sowie bei Menschen mit einfacher und mittlerer Bildung „sehr viel mehr Erfolg“ als bei Hochgebildeten.
    Laut Arzheimer gibt es zwei weitere Besonderheiten: „Fast alle, die AfD wählen, stehen Zuwanderung und Zugewanderten sehr negativ gegenüber.“ Und die Partei sei im Osten, vor allem in Sachsen und Thüringen, sehr viel erfolgreicher als im westdeutschen Mittel.
    Statusängste treiben der AfD Wähler zu
    Rechtspopulistische Einstellungen in der Bevölkerung werden oft dadurch befördert, dass Menschen Angst davor haben, ihren Lebensstandard nicht mehr halten zu können. Laut einer Studie im Auftrag der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung geht es dabei weniger um „die reale Erfahrung sozialer Ausgrenzung, sondern eher um die Angst vor weiteren Verlusten“.
    Die 2017 veröffentlichte Untersuchung des Meinungsforschungsinstituts policy matters ergab demnach, dass es häufig Menschen mit Abstiegsängsten und der Sorge vor Kontrollverlust seien, die Rechtspopulisten wählen. Eine Mehrheit der Befragten sorgt sich zum Beispiel um die Zukunft ihrer Kinder oder um ihre Altersversorgung.
    Fazit
    Ziehen die anderen Parteien die richtigen Schlüsse aus den Befunden, könnte der AfD womöglich das Wasser abgegraben werden. Einen Ansatzpunkt sieht Silke Borgstedt, Geschäftsführerin des Sinus-Instituts in dem Befund, dass der Anteil des bürgerlichen Segments unter AfD-Wählern desto mehr wachse, je mehr der Zukunftsoptimismus schwinde.
    Das bedeute umgekehrt auch, dass die gesellschaftliche Mitte für die Politik weiterhin erreichbar sei. „Gewünscht ist eine konstruktive und zukunftsorientierte Politik“, sagte Borgstedt. „Die Mitte braucht eine Perspektive mit Zielorientierung und eine Roadmap, wie dies gelingen kann.“
    Der Politikwissenschaftler Arzheimer glaubt, mittel- und langfristig sei die politische Bildung innerhalb und außerhalb der Schule enorm wichtig. „Demokratie kann nur mit aktiven und politisch kompetenten Bürgerinnen und Bürgern gelingen“, sagte er.
    Kurzfristig sieht Arzheimer Politik, Medien und die Gesellschaft in der Verantwortung. „Wir müssen Extremismus innerhalb und außerhalb der AfD klar benennen, ohne Extremisten eine Bühne zu bieten“, erklärte er. Auch müssten Unterschiede in Sachfragen herausgearbeitet, aber dabei zugleich das gemeinsame Eintreten für die demokratischen Werte deutlich gemacht werden. „Und dafür müssen wir uns auf allen Ebenen klar vom Extremismus abgrenzen.“
    Das Fazit von DIW-Präsident Marcel Fratzscher lautet: „Be careful what you wish for.“ Die alte Weisheit, wonach man vorsichtig sein sollte, was man sich wünscht, treffe auf AfD-Wähler und -Sympathisanten ganz besonders zu. Die Aufgabe von Politik und Gesellschaft sei es daher, so Fratzscher, „die Widersprüche der AfD-Positionen offenzulegen, die individuellen und kollektiven Fehleinschätzungen zu benennen und den AfD-Populismus durch den öffentlichen Diskurs zu entlarven“.
    https://www.handelsblatt.com/


    NS-Heute
    Gericht: Nazi-Verleger aus Dortmund bleibt verurteilt

    22.08.2023, 17:49
    DORTMUND.  Ein rechtrextremer Dortmunder Verleger bleibt wegen Volksverhetzung verurteilt. Der Dorstfelder hatte aktiv zum Sturz der Demokratie aufgerufen.
    Der Bundesgerichtshof hat eine einjährige Bewährungsstrafe für den wegen Volksverhetzung und verfassungsfseindlicher Propaganda verurteilten rechtsextremistischen Kleinverleger Sascha Krolzig (36) aus Dortmund bestätigt. Die vom Landgericht Dortmund im Februar verhängte Strafe gegen ihn sei rechtsfehlerfrei zustandegekommen und damit nun rechtskräftig, teilt das Gericht mit. Krolzigs Revision sei verworfen worden.
    RECHTSEXTREMISMUS
    Bei einem Marsch der rechtsextremen Partei Die Rechte waren am 25. Mai 2019 in Dortmund rund 180 Teilnehmende beteiligt. Etwa 800 Menschen haben gegen eine Kundgebung der Rechtsextremen demonstriert. Jetzt ist die Partei Vergangenheit. Von nun an will „Die Rechte Dortmund“ mit neuem Namen unter dem Dach der NPD arbeiten. (Archivfoto)
    „Heimat Dortmund“: Neonazis gründen NPD-Kreisverband neu
    Das Landgericht hatte den Chefredakteur und Herausgeber des in Eigenverlag erscheinenden Magazins "N.S. Heute" wegen Volksverhetzung und der Verbreitung von Propaganda für verfassungswidrige Organisationen zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt.

    Gegen Asylbewerber gehetzt und zum Sturz der Demokratie aufgerufen
    Sascha Krolzig hatte demnach in einem Beitrag selbst gegen Asylbewerber gehetzt. Darüber hinaus veröffentlichte er auch Artikel, in denen aktiv zum Sturz der Demokratie aufgerufen und ein völkischer Volksbegriff propagiert wurde. Das Magazin des Dorstfelders hatte nach Gerichtsangaben einige hundert Abonnenten.
    Krolzig war zum Zeitpunkt des Urteils bereits einschlägig vorbestraft. Zudem ist der Jurist und Ex-"Die Rechte"-Bundesvorsitzende aktuell Vorsitzender der im Januar 2023 gegründeten NPD-Nachfolgerin "Heimat Dortmund". Sein "Sturmzeichen-Verlag" sitzt laut eigener Aussage in der als Nazi-Hochburg bekannten Thusneldastraße in Dortmund-Dorstfeld. (mit AFP)
    https://www.waz.de/


    Rechtsextremismus-Prozess
    : Mindestens 80 Kilo Kampfgewicht

    21.08.2023, 15:31 Uhr
    Der Angeklagte Leon R. wird als mutmaßlicher Rädelsführer in den Verhandlungssaal des OLG Jena geführt. (Foto: Bodo Schackow/DPA)
    In Jena stehen vier mutmaßliche Mitglieder der rechtsextremen Gruppe "Knockout 51" vor Gericht. Laut Anklage soll ein Ziel der Vereinigung gewesen sein, Linksextremisten zu töten.
    Von Iris Mayer, Jena
    Spätestens bei der Einlasskontrolle am Oberlandesgericht Jena wird am Montag klar, dass der Staatsschutzprozess gegen vier mutmaßliche Mitglieder der rechtsextremen Kampfsportgruppe "Knockout 51" kein normales Verfahren wegen einer Serie von Körperverletzungen ist. Beim Betreten des Justizgebäudes werden Besucher und Berichterstatter penibel kontrolliert, müssen einen Metalldetektor passieren. Im Verhandlungssaal schirmt eine doppelte Reihe aus Polizeibeamten die Prozessbeteiligten von den Zuschauern ab.
    Der Hauptangeklagte Leon R. , nach Überzeugung der Bundesanwaltschaft Rädelsführer und Kopf von "Knockout51", wird als letzter der vier Angeklagten in Handschellen in den Saal geführt. Alle sitzen seit April 2022 in Untersuchungshaft, sind zwischen 21 und 25 Jahre alt. Als Oberstaatsanwalt Michael Neuhaus von der Bundesanwaltschaft die Anklageschrift verliest, lässt sich keine Regung in ihren Gesichtern ablesen, auch die Unterstützer aus der rechtsextremen Szene bleiben still. Sie sind zahlreich zum Prozessauftakt erschienen, auch die Familie von Leon R. ist im Saal.
    Hartes körperliches Training, zweimal pro Woche
    Etwa eine Stunde lang zeichnet die Anklage das Bild einer kriminellen Vereinigung, die körperliche Fitness nutzte, um zielgerichtet rechtsextreme Interessen durchzusetzen und in Eisenach als selbst ernannte Ordnungsmacht einen Nazi-Kiez zu schaffen. Von Beginn an sei es um körperliche Gewalt gegangen, spätestens ab April 2021 sei auch das Töten von Linksextremisten Ziel der Vereinigung gewesen. Leon R. habe ein straffes Regiment geführt, die ideologische Schulung übernommen, sich überregional mit anderen Neonazis vernetzt und die Regeln definiert.
    Wer bei "Knockout 51" mitmachen wollte, musste demnach bereit sein für die rechtsextreme Sache zu kämpfen. Dazu gehörte neben hartem körperlichen Training zweimal pro Woche ein Mindestkörpergewicht von 80 Kilo. Im Bankdrücken hätten die Männer 80 bis 90 Kilo schaffen müssen, so schildert es Oberstaatsanwalt Neuhaus. Ein halbes Jahr lang hätten sich Anwärter beweisen müssen, bevor sie aufgenommen wurden. Erst dann hätten sie die Kleidung von "Knockout 51" tragen oder sich entsprechende Tattoos stechen lassen dürfen. Einen der Mitangeklagten habe R. zwischenzeitlich ausgeschlossen, als dessen Disziplin nachließ.
    Das Gericht ließ den Vorwurf der Bildung einer terroristischen Vereinigung nicht zu
    Die Vereinskasse führte R. laut Anklage selbst, er verlangte 20 Euro Monatsbeitrag fürs Training. Systematisch seien die Kämpfer bei den Trainings in der NPD-Parteizentrale im "Flieder Volkshaus" in Eisenach an Schmerzen gewöhnt worden. Neben mehrfacher gefährlicher Körperverletzung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte wirft die Bundesanwaltschaft Leon R. und seinem Mitangeklagtem Bastian A. auch Verstöße gegen das Waffengesetz vor. R. habe versucht, mittels eines 3D-Druckers wesentliche Teile einer Maschinenpistole zu produzieren.
    Geht es nach der Bundesanwaltschaft, müssten sich die Angeklagten wegen der Bildung einer terroristischen Vereinigung verantworten. Das Gericht ließ aber nur den weniger schweren Vorwurf der Bildung einer kriminellen Vereinigung zu. Für nächste Woche haben die Anwälte von Leon R. eine Erklärung angekündigt.
    https://www.sueddeutsche.de/

    EXTREMISMUS
    „Knockout 51-Prozess”: Angeklagte schweigen zum Auftakt

    Zum Beginn des Prozesses gegen vier mutmaßliche Mitglieder der rechtsextremen Gruppierung „Knockout 51” haben die Angeklagten vor dem Oberlandesgericht in Jena geschwiegen. Der Verteidiger des Hauptangeklagten kündigte jedoch für kommenden Montag an, dass sich sein Mandant äußern wolle.
    21.08.2023 - 15:43 Uhr 
    dpa
    Jena Der Anwalt eines weiteren Angeklagten signalisierte für seinen Mandanten Interesse an einem Deal mit Gericht und Staatsanwaltschaft - was der Vertreter des Generalbundesanwalts ablehnte. „Ich sehe im Moment keinen Anlass und keinen Grund für ein Rechtsgespräch”, sagte er.
    In dem Verfahren wirft der Generalbundesanwalt den vier Männern im Alter zwischen 21 und 25 Jahren vor, schwerste Straftaten vorbereitet zu haben. Unter anderem sollen sie sich der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, des Landfriedensbruchs und verschiedener Körperverletzungsdelikte strafbar gemacht haben. Zwei der Angeklagten sollen zudem gegen das Waffengesetz verstoßen haben.
    Die vier Männer waren Anfang April 2022 bei einem großangelegten Schlag gegen die militante Neonazi-Szene festgenommen worden. Sie sitzen seither in Untersuchungshaft.
    Wohl auch Tötungen geplant
    Die Anklage geht davon aus, dass die Männer Mitglieder der in Eisenach angesiedelten, rechtsextremen Kampfsportgruppe „Knockout 51” waren. „Spätestens ab April 2021 war die Vereinigung "Knockout 51‘ neben der Begehung von Körperverletzungen auch auf die Tötung von Angreifern aus dem linksextremen Lager ausgerichtet”, sagte der Vertreter des Generalbundesanwalts bei der Verlesung der Anklage. Sie hätten demnach geplant, ihre politischen Gegner durch den Einsatz von Messern, Äxten und Macheten zu töten, heißt es.
    Zudem habe der Hauptangeklagte versucht, mit einem 3D-Drucker eine scharfe Schusswaffe herzustellen. Der 25-Jährige habe so zwischen Februar und April 2021 begonnen, die wesentlichen Teile einer Maschinenpistole zu produzieren.
    Das Oberlandesgericht hat für den Prozess derzeit Verhandlungstermine bis März 2024 vorgesehen. Der Prozessauftakt hatte unter massiven Sicherheitsvorkehrungen stattgefunden. Sowohl am Eingang zum Gerichtsgebäude als auch beim Einlass in den Sitzungssaal wurden die Zuschauer kontrolliert, zahlreiche Polizei- und Justizbeamte waren im Einsatz.
    https://www.handelsblatt.com/

    DEUTSCHLAND
    RECHTSEXTREMISMUS
    „Knockout 51“-Prozess beginnt – Angeklagte schweigen vor Gericht

    Stand: 21.08.2023 | Lesedauer: 3 Minuten
    Der Angeklagte Leon R. wird als mutmaßlicher Rädelsführer in den Verhandlungssaal geführt
    Quelle: dpa/Bodo Schackow
    Sie sollen in Thüringen einen „Nazi-Kiez“ aufgebaut und Linken nach dem Leben getrachtet haben: Seit Montag müssen sich vor dem Thüringer Oberlandesgericht mutmaßliche Mitglieder der rechtsextremen Gruppierung „Knockout 51“ verantworten. Das Gericht plant drei Verhandlungstermine bis März 2024.
    Zum Beginn des Prozesses gegen vier mutmaßliche Mitglieder der rechtsextremen Gruppierung „Knockout 51“ haben die Angeklagten am Montag vor dem Oberlandesgericht in Jena (Thüringen) geschwiegen. Der Verteidiger des Hauptangeklagten kündigte für kommenden Montag (28.8.) an, dass sich sein Mandant äußern wolle.
    Der Anwalt eines weiteren Angeklagten signalisierte für seinen Mandanten Interesse an einem Deal mit Gericht und Staatsanwaltschaft – was der Vertreter des Generalbundesanwalts ablehnte. „Ich sehe im Moment keinen Anlass und keinen Grund für ein Rechtsgespräch“, sagte er.
    Der Generalbundesanwalt wirft den vier Männern im Alter zwischen 21 und 25 Jahren vor, schwerste Straftaten vorbereitet zu haben. Unter anderem sollen sie sich der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, des Landfriedensbruchs und verschiedener Körperverletzungsdelikte strafbar gemacht haben. Zwei der Angeklagten sollen zudem gegen das Waffengesetz verstoßen haben.
    Die Anklage geht davon aus, dass die Männer Mitglieder der in Eisenach angesiedelten, rechtsextremen Kampfsportgruppe „Knockout 51“ waren. Der Hauptangeklagte gilt als Rädelsführer. „Spätestens ab April 2021 war die Vereinigung ,Knockout 51‘ neben der Begehung von Körperverletzungen auch auf die Tötung von Angreifern aus dem linksextremen Lager ausgerichtet“, sagte der Vertreter des Generalbundesanwalts bei der Verlesung der Anklage. Dabei machte er deutlich, wie schwer sich die Männer den Ermittlungen zufolge bereits bewaffnet hätten. Sie planten demnach, ihre politischen Gegner durch den Einsatz von Messern, Äxten und Macheten zu töten, hieß es. Solche Waffen hätten sie auch besessen.
    Verdächtige sollen „Nazi-Kiez“ mit eigenen Regeln etablieren wollen
    Zudem sollen sie versucht haben, in Eisenach einen „Nazi-Kiez“ zu etablieren, in dem sie eigene Regeln mit Gewalt durchsetzen wollten. Außerdem habe der Hauptangeklagte versucht, mit einem 3D-Drucker eine scharfe Schusswaffe herzustellen. Dazu habe der 25-Jährige zwischen Februar und April 2021 begonnen, mit dieser Technik die wesentlichen Teile einer Maschinenpistole zu produzieren. „Die weiteren für die Fertigstellung einer einsatzbereiten Waffe erforderlichen Bestandteile hatte er sich bis dahin ebenfalls beschafft.“ Auch habe er begonnen, die für die fertige Waffe passende Munition selbst herzustellen. Erst eine Razzia der Polizei habe ihn bei diesem Versuch gestoppt.
    An einem Pfahl ist ein Aufkleber mit der Aufschrift „Nazi Kiez“ zu sehen (Archiv)
    An einem Pfahl ist ein Aufkleber mit der Aufschrift „Nazi Kiez“ zu sehen (Archiv)
    Quelle: dpa/Martin Wichmann TV
    Die vier Männer waren Anfang April 2022 bei einem groß angelegten Schlag gegen die militante Neonazi-Szene festgenommen worden. Sie sitzen seither in Untersuchungshaft.
    Das Oberlandesgericht hat für den Prozess derzeit Verhandlungstermine bis März 2024 vorgesehen. Der Prozessauftakt hatte unter massiven Sicherheitsvorkehrungen stattgefunden. Sowohl am Eingang zum Gerichtsgebäude als auch beim Einlass in den Sitzungssaal wurden die Zuschauer kontrolliert. Auch mehrere Zuschauer, offenbar aus dem rechten Spektrum, waren aus verschiedenen Teilen des Bundesgebiets angereist. Polizei und Justiz waren mit zahlreichen Beamten im Einsatz.
    Im Verfassungsschutzbericht 2021 wird „Knockout 51“ als rechtsextremistische Kampfsportvereinigung geführt, die 2019 erstmals in den sozialen Medien öffentlich in Erscheinung trat. Bei den Hauptprotagonisten handele es sich um mitunter langjährige Rechtsextremisten aus dem Raum Eisenach, heißt es darin.
    dpa/con
    https://www.welt.de/


    Eilverfahren in Münster
    AfD klagt gegen Verfassungsschutz

    Die AfD geht erneut juristisch gegen den Verfassungsschutz vor. Beim Oberverwaltungsgericht Münster klagt sie gegen eine Benennung als rechtsextremer »Verdachtsfall« – so steht es im aktuellen Jahresbericht der Behörde.
    10.08.2023, 16.57 Uhr
    Bild vergrößern
    AfD-Chefs Tino Chrupalla und Alice Weidel beim Parteitag in Magdeburg Foto: Klaus-Dietmar Gabbert / dpa
    Nachdem der Verfassungsschutz in seinem Jahresbericht die AfD erstmals als rechtsextremen »Verdachtsfall« aufführt, hat die Partei erneut Klage eingereicht. Wie das Oberverwaltungsgericht Münster dem SPIEGEL mitteilte, habe die AfD dort bereits im Juli Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt.
    Damit solle das Bundesamt für Verfassungsschutz verpflichtet werden, die AfD vorerst nicht weiter als »Verdachtsfall« zu beobachten und öffentlich zu benennen – oder die Partei gar als »gesichert extremistisch« einzustufen und dies bekannt zu geben.
    Im Ende Juni vorgestellten Jahresbericht widmet der Verfassungsschutz der Partei erstmals einen eigenen Abschnitt. Aus der Partei vernehme man »zahlreiche ausländer- und muslimfeindliche Positionen«, begründet das Amt dort die Beobachtung. Teile der AfD betrieben eine »Verächtlichmachung des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland«.
    Der Grund, warum sich die AfD an die Münsteraner Richterinnen und Richter wendet: Das dortige Oberverwaltungsgericht beschäftigt sich seit geraumer Zeit mit einem Berufungsverfahren der Partei gegen den Verfassungsschutz. In erster Instanz hatte das Verwaltungsgericht Köln im März 2022 entschieden: Das Bundesamt darf die gesamte AfD als rechtsextremen »Verdachtsfall« beobachten.
    Extrem verharmlost
    Dagegen hatte die AfD Berufung eingelegt, die entsprechende Begründung legte die Partei Ende 2022 vor. Das Verfahren hat inzwischen enorme Ausmaße angenommen. Nach Angaben des Oberverwaltungsgerichts Münster sind die Gerichtsakten in diesem und in zwei damit zusammenhängenden Verfahren auf rund 10.000 Seiten angewachsen. Dazu kämen mehrere Hundert Beiakten, die einen ganzen Raum füllten.
    Wann genau das Gericht über die Berufung entscheiden will, ist noch unklar. Bis Ende September laufe eine letzte Frist für Stellungnahmen, teilte das Münsteraner Gericht mit. Danach solle »zeitnah« die »vertiefte Bearbeitung« des Berufungsverfahrens beginnen.
    Zunächst werde sich der zuständige Senat aber mit dem aktuellen Antrag der AfD auf einstweiligen Rechtsschutz befassen.
    wow
    https://www.spiegel.de/


    „Ich mache den Alarmismus um die AfD einfach nicht mehr mit“

    Stand: 08.08.2023 | Lesedauer: 3 Minuten
    Sieht die Umfragewerte der AfD als eine Art Trotzreaktion: Bodo Ramelow
    Quelle: pa/dpa/Martin Schutt
    Bodo Ramelow wünscht sich ein Ende der Dauerdebatte über die AfD. Diese führe zu einer „gefährlichen Entpolitisierung“, sagt der Ministerpräsident von Thüringen. In Magdeburg will die Partei an diesem Sonntag über ihr Europawahlprogramm beraten.
    Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow hält die Dauerdebatte über die AfD in Deutschland für demokratiegefährdend. „Ich finde es einfach falsch, dass nur noch über die AfD geredet, gesendet und geschrieben wird. In der Zwischenzeit scheint Sachpolitik kaum noch stattzufinden“, sagte der Linken-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt. „Wenn es nur noch darum geht, ,wie hältst du es mit der AfD?‘, erleben wir meiner Meinung nach eine gefährliche Entpolitisierung.“ Das sei auch mit Blick auf die drei Landtagswahlen 2024 in Thüringen, Sachsen und Brandenburg ein Problem.
    In den ostdeutschen Bundesländern kommt die AfD, die bundesweit vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft und beobachtet wird, in Umfragen auf Werte von bis zu 30 Prozent. In Thüringen, wo die Partei mit ihrem Landesvorsitzenden Björn Höcke als erwiesen rechtsextremistisch eingestuft ist, waren es im Juli bei Infratest dimap für den MDR 34 Prozent.
    Das Meinungsforschungsinstitut Yougov sieht die Zustimmung für die Partei bundesweit derzeit bei 23 Prozent. Im ARD-„Deutschlandtrend“ von Donnerstag erzielte sie mit 21 Prozent einen neuen Höchstwert. Im „Sonntagstrend“ der „Bild am Sonntag“ hingegen verlor die Partei zuletzt im Vergleich zur Vorwoche an Zustimmung. Im Thüringer Kreis Sonneberg stellt die AfD seit einigen Wochen ihren ersten Landrat bundesweit.
    „Ich mache den Alarmismus um die AfD einfach nicht mehr mit“, sagte Ramelow. Er führe dazu, dass die Partei keine Erklärungen mehr abgeben müsse zu dem, was sie wirklich wolle. „Niemand fragt mehr, was die Thüringer AfD meint, wenn sie ein Drittel der Parlamentssitze anstrebt, um dadurch alle anderen Parteien im Landtag vor sich herzutreiben. Oder was Herr Höcke für Folgen sieht, wenn er propagiert, dass die Europäische Union sterben müsse und letztlich damit der Europäische Wirtschaftsraum für unsere Thüringer Betriebe abgeriegelt wird und die Europäischen Solidaritätsgelder für Thüringen endgültig verloren gehen.“
    Nach Einschätzung von Ramelow „zieht die AfD magisch die Unzufriedenen an“. Das gelte für West- wie Ostdeutschland. Die höheren Umfragewerte im Osten hätten auch etwas damit zu tun, „dass die materielle Einheit ganz gut gelungen ist, die psychologische Einheit aber eine Katastrophe ist“. Ramelow sprach von einer „seelischen Heimatlosigkeit“ eines Teils der Ostdeutschen, der sich nicht ausreichend anerkannt sehe. „Bei den zu niedrigen Löhnen müssen sich die ostdeutschen Arbeitnehmer organisieren und solidarisch um höhere Löhne kämpfen. Da helfen Herr Höcke oder der vermeintliche Denkzettel über die AfD nicht weiter.“
    Viele Ostdeutsche seien inzwischen der Meinung, dass es Aufmerksamkeit dann gebe, wenn sie etwas täten, „was in Westdeutschland für Empörung sorgt“. Hohe Umfragewerte für die AfD sind nach Einschätzung von Ramelow damit auch eine Art Trotzreaktion, „keine bockige, sondern eine permanente“. Sie seien Ausdruck einer Überforderung durch Nichtverstehen oder Nichtanerkennen, was in Ostdeutschland in den vergangenen Jahrzehnten geleistet worden sei.
    In Magdeburg hatte die AfD zuletzt ihre Kandidatenkür für die Europawahl 2024 abgeschlossen. An diesem Sonntag wollen die Delegierten über ihr Wahlprogramm beraten. Zur Debatte steht ein Entwurf, der die „geordnete Auflösung der EU“ sowie ein Ende des Euro fordert. Einige Delegierte bei der Europawahlversammlung plädierten auch für einen deutschen Austritt der Europäischen Union, den sogenannten Dexit. Gesucht wird ein Kompromiss, wie Parteichef Tino Chrupalla der Deutschen Presse-Agentur sagte.
    „Insgesamt wollen wir natürlich die Formulierung reinbekommen, dass wir einen Neustart dieser EU wollen“, sagte Chrupalla. Reformen habe die AfD bereits vor fünf Jahren gefordert. Es sei jedoch nichts passiert. „Wenn das nicht möglich ist, muss es möglich sein, auch als Nationalstaat zu sagen: Es reicht.“ Aus Sicht der AfD soll an die Stelle der EU „ein Bund europäischer Nationen“ treten. Freihandel, Zollunion und eine europäische Sicherheitsarchitektur seien weiter gewünscht. „Es ist ja nicht so, dass wir einen Austritt fordern und danach kommt nichts“, betonte Chrupalla.
    POLITIK
    https://www.welt.de/


    Radikalisierung und Popularitätsgewinn der AfD
    Extrem verharmlost

    Die AfD zeigt immer offener, wie demokratiefeindlich sie ist, und wird trotzdem immer erfolgreicher. Doch es gibt wieder Streit und neue Machtnetzwerke extremer Karrieristen. Der SPIEGEL-Report.
    Von Ann-Katrin Müller
    04.08.2023, 13.01 Uhr • aus DER SPIEGEL 32/2023
    https://www.spiegel.de/

    "Omas gegen Rechts" für Zivilcourage geehrt

    03.07.2022, 18:34 Uhr
    Tobias Schulze von Tennis Borussia Berlin und Gerda Smorra (l) und Anna Ohnweiler von "Omas gegen Rechts" vor der Verleihung.
    (Foto: dpa)
    Auf die "Omas gegen Rechts" war in den letzten Jahren in Berlin Verlass: Die Gruppe war bei zahlreichen Protesten unter anderem gegen Rassismus, Antisemitismus und Frauenfeindlichkeit am Start. Für ihre Zivilcourage wird die Initiative nun zusammen mit dem Fußballverein Tennis Borussia Berlin mit dem Paul-Spiegel-Preis des Zentralrats der Juden ausgezeichnet. Auch Tennis Borussia Berlin engagiert sich gegen Homophobie, Rassismus, Rechtsextremismus und Antisemitismus. Unter anderem ging aus dem Verein die Initiative "Fußballfans gegen Homophobie" hervor, die in Fußballstadien für mehr Toleranz gegenüber Schwulen und Lesben wirbt. Der Preis ist mit 5000 Euro dotiert.
    Tennis-Borussia-Vorstandsmitglied Tobias Schulze sagt, Vereine und Fußballverbände könnten es sich im Kampf gegen Rechtsradikalismus und Rassismus einfach machen. Sein Verein habe sich anders entschieden. Wer zu Hass und Diskriminierung schweige, überlasse den Extremisten "den Raum". Und die Gründerin der deutschen "Omas gegen Rechts", Anna Ohnweiler, sagt, der Preis sei für die Initiative so wertvoll, "weil er uns zeigt, dass wir wahrgenommen werden".
    Quelle: ntv.de
    https://www.n-tv.de/


    Europawahl
    Forderung nach EU-Auflösung – AfD spricht von »redaktionellem Versehen«

    »Wir streben daher die geordnete Auflösung der EU an«: Dieser Satz fand sich im Leitantrag der AfD für den Europaparteitag. Nun will es die rechtsextreme Partei nicht so gemeint haben.

    15.07.2023, 11.58 Uhr
    Dass die AfD der Europäischen Union (EU) kritisch gegenübersteht, ist kein Geheimnis. Ganz offensiv die Auflösung der Staatengemeinschaft zu fordern, geht der rechtsextremen Partei offenbar dann aber doch zu weit. Zumindest hat sich die Parteispitze von einem Satz distanziert, der im Leitantrag für den bevorstehenden Europaparteitag zu finden gewesen war.
    In dem ursprünglichen Antrag der Bundesprogrammkommission, der auch im Internet veröffentlicht wurde, heißt es: »Wir streben daher die geordnete Auflösung der EU an.« Von dieser Forderung nahm die Parteiführung am Freitag aber ausdrücklich Abstand: Es habe sich bei der Formulierung um ein »redaktionelles Versehen« gehandelt, sagte ein Parteisprecher. Zuerst hatte tagesschau.de  über den Fall berichtet.
    Europawahlversammlung am 29. Juli
    Von einer Auflösung der EU sei im Programmprozess der Bundesfachausschüsse und der Bundesprogrammkommission nie die Rede gewesen, sagte der Sprecher. Gemäß Leitantrag strebe die AfD vielmehr die Neugründung eines Bundes europäischer Nationen oder einer europäischen Wirtschafts- und Interessengemeinschaft an. Die Passage werde entsprechend korrigiert.
    Im Bericht der »Tagesschau« heißt es, es klinge etwas skurril, dass solch eine gravierende Forderung ohne einen Beschluss der Bundesprogrammkommission redaktionell »aus Versehen« in einen Leitantrag geraten sein soll. Unter Berufung auf Parteikreise heißt es weiter, vor allem Co-Parteichefin Alice Weidel habe im EU-Auflösungsstreben ein Problem gesehen und daher eine Umformulierung vorgezogen. Demnach soll Weidel auch eine Formulierung aus dem Bundestagswahlprogramm 2021 nicht für geeignet gehalten haben. Dort hieß es, die AfD halte einen Austritt Deutschlands aus der Europäischen Union für notwendig.
    Die Partei kommt vom 29. Juli an für eine mehrtägige Europawahlversammlung in Magdeburg zusammen. Dabei soll ein europapolitischer Antrag verabschiedet werden, zudem sollen die Kandidatinnen und Kandidaten für die Europawahl im kommenden Jahr aufgestellt werden.
    Der Leitantrag für den Parteitag schlägt einen sehr EU-kritischen Ton an. Unter anderem heißt es dort, man lehne die Weiterentwicklung der EU zu einem »europäischen Bundesstaat« ab.
    ulz/AFP
    https://www.spiegel.de/


    Sachsen-Anhalt
    Rechtsextremist Liebich wegen Volksverhetzung zu Haftstrafe verurteilt

    Stand: 13.07.2023 12:39 Uhr
    Im Prozess gegen den Rechtsextremisten Sven Liebich ist das Urteil gefallen: Liebich muss nach Ansicht des Amtsgerichts Halle für ein Jahr und sechs Monate ins Gefängnis, ohne Bewährung. Außerdem muss er die Kosten des Verfahrens zahlen und zwei Nebenkläger finanziell entschädigen. Verurteilt wurde er unter anderem wegen Volksverhetzung und übler Nachrede.
    Player: videoHalle: Urteilsverkündung gegen Rechtsextremist Sven Liebich
    Das Amtsgericht Halle hat Sven Liebich zu einer Haftstrafe verurteilt. | MDR/MDR um 112 Min
    Halle: Urteilsverkündung gegen Rechtsextremist Sven Liebich
    Von MDR SACHSEN-ANHALT >>>
    Liebich wurde zu einem Jahr und sechs Monaten Gefängnis verurteilt.
    Das Gericht sprach ihn unter anderem wegen Volksverhetzung und übler Nachrede schuldig.
    Liebich wurde bereits zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.
    Der Rechtsextremist Sven Liebich wurde vom Amtsgericht Halle zu einer Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Die Strafe wird nicht zur Bewährung ausgesetzt. Das Gericht verurteilte ihn am Donnerstag unter anderem wegen Volksverhetzung und übler Nachrede. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Liebich hat eine Woche Zeit, Berufung einzulegen. Zur Begründung sagte die Richterin, Liebich sei ein Gratwanderer und überschreite in manchen Fällen die Grenze des Rechts. Man könne politisch Andersdenkende nicht überzeugen, indem man sie beleidigt oder anschreit, so die Richterin. Sie verglich Liebich mit einem Kind, das süchtig nach Aufmerksamkeit sei.
    Sie sind das beste Beispiel dafür, dass man in Deutschland bis zur Grenze der Unerträglichkeit seine Meinung sagen darf. Aber sie dürfen nicht beleidigen. Richterin im Fall Liebich |
    1.500 Euro Schmerzensgeld Außerdem muss Liebich 1.000 beziehungsweise 500 Euro Schmerzensgeld an zwei Nebenkläger zahlen und die Kosten des Verfahrens tragen. Liebich zeigte während der Urteilsverkündung keine Regung und hörte ruhig zu. Im Gegensatz zu vergangenen Verfahren sei er höflich und angemessen aufgetreten, sagte die Richterin. Zwar habe er gute Chancen auf eine Bewährungsstrafe gehabt, sich jedoch nicht von seinem Verhalten distanziert.
    Die Staatsanwaltschaft hatte eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren gefordert. Die Verteidigung Liebichs beantragte einen Freispruch. Seit 2014 veranstaltet Liebich regelmäßig Demonstrationen – viele davon auf dem Marktplatz in Halle. Der Prozess gegen den aus Merseburg stammenden Rechtsextremisten war Mitte Mai eröffnet worden.
    Sven Liebich
    Sven Liebich am Donnerstag im Amtsgericht in Halle
    Volksverhetzung und üble Nachrede
    Die Strafe setzt sich laut Urteilsbegründung wie folgt zusammen: Für den Verkauf von Baseballschlägern mit der Aufschrift "Abschiebehelfer" über seinen Online-Shop wird Sven Liebich wegen Volksverhetzung verurteilt. "Das ist widerlich und gefährlich", so die Richterin. Ebenfalls als Volksverhetzung wertete das Gericht Liebichs verbale Angriffe auf die Gruppe "Omas gegen Rechts". An Liebich gewand sagte die Richterin: "Sie behaupten, eine Kunstfigur zu sein. Ich halte das für Unsinn." Kunst könne auch fies sein, dürfe Menschen aber nicht diffamieren. In elf Fällen wurde Liebich zudem wegen übler Nachrede verurteilt. Von den Vorwürfen des Hausfriedensbruchs und des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr wurde er freigesprochen. Aus den einzelnen Fällen hat das Gericht eine Gesamtstrafe gebildet, in die auch eine frühere Verurteilung Liebichs mit eingeflossen ist.
    Player: video Sven Liebich: Viele Anzeigen, kaum Verurteilungen
    Liebich | MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK9 Min
    Sven Liebich: Viele Anzeigen, kaum Verurteilungen >>>
    Liebich bereits verurteilt. Gegen den Rechtsextremisten laufen seit Jahren mehrere Verfahren vor verschiedenen Gerichten. Seit Ende März ist ein Urteil gegen ihn unter anderem wegen Verleumdung von Personen des politischen Lebens und Volksverhetzung rechtskräftig. >>>
    Das Landgericht Halle hatte ihn Ende Oktober 2022 zu zehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Außerdem muss Liebich 250 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten.MDR, dpa (Max Schörm, Roland Jäger, Thomas Vorreyer, Fabienne von der Eltz) | Erstmals veröffentlicht am 13.07.2023 um 05:00 Uhr. >>>
    Mitteldeutscher Rundfunk
    Quelle: MDR
    https://www.tagesschau.de/


    Verfassungsschutz in Brandenburg
    AfD-Jugend "gesichert rechtsextremistisch"

    Stand: 12.07.2023 13:24 Uhr
    Brandenburgs Verfassungsschutz hat die Bewertung der AfD-Jugendorganisation verschärft - die Junge Alternative gilt im Land nun als gesichert rechtsextremistisch. Ihre Positionen seien eindeutig nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.Der Brandenburger Verfassungsschutz hat die AfD-Jugendorganisation Junge Alternative (JA) nach eigenen Angaben als gesichert rechtsextremistische Bestrebung im Land eingestuft. Das teilten Verfassungsschutzchef Jörg Müller und Innenminister Michael Stübgen in Potsdam mit. Die Junge Alternative gilt bereits in mehreren Bundesländern als gesichert rechtsextremistische Bewegung.Die Positionen seien eindeutig nicht mit dem Grundgesetz vereinbar, sagte Stübgen. Der Verfassungsschutz habe wiederholt Verstöße gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung festgestellt. Die JA sei eine "Gefahr für unsere Jugend, unsere Demokratie, unsere Freiheit und unsere Sicherheit", so Stübgen. Die AfD-Jugend war seit 2019 im Land als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft.Die Brandenburger AfD kündigte rechtliche Schritte an. Sie "verspreche schon jetzt, dass wir juristisch gegen diese unhaltbaren Vorwürfe gegen die JA vorgehen werden", sagte die Landesvorsitzende Birgit Bessin.
    Podium mit Logo der Jungen Alternativen 15.06.2023 Nachwuchsorganisation der AfD. Junge Alternative zunächst wieder Verdachtsfall >>>
    Die AfD hatte einen Eilantrag gestellt. Die Hochstufung sei ein "Eingriff in den demokratischen Wettbewerb". mehr
    Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hatte im April bekannt gegeben, dass die Junge Alternative bundesweit als gesichert rechtsextremistische Bestrebung beobachtet wird. Zuvor war sie als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft.Die Bundesbehörde hatte die bundesweite Hochstufung nach AfD-Angaben vom Juni wegen eines Gerichtsverfahrens vorläufig allerdings wieder zurückgenommen.Neubewertung nach BfV-EntscheidungDas Brandenburger Innenministerium hatte im April mitgeteilt, dass in Brandenburg noch zwei Klageverfahren der AfD anhängig seien, aber ausgehend von der BfV-Entscheidung eine Neubewertung geprüft werde.Seit dem vergangenen Oktober ist der AfD-Bundestagsabgeordnete Hannes Gnauck aus der Uckermark neuer Bundesvorsitzender der AfD-Jugendorganisation. Er und andere JA-Mitglieder pflegen Kontakte zum Institut für Staatspolitik in Sachsen-Anhalt, das beim BfV ebenfalls als gesichert rechtsextremistische Bestrebung gilt.
    Teilnehmer einer Wahlkampfveranstaltung tragen am 23.09.2022 Kleidung mit der Aufschrift "Junge Alternative Brandenburg". (Quelle: picture alliance/Frank Hammerschmidt)
    12.07.2023 Brandenburg. Brandenburger Verfassungsschutz stuft AfD-Jugend als rechtsextremistisch ein
    Die AfD-Organisation Junge Alternative war in Brandenburg bisher als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft. mehr >>>

    https://www.tagesschau.de/


    Brandenburgs Verfassungsschutz stuft AfD-Jugend als rechtsextremistisch ein

    Stand: 12.07.2023 | Lesedauer: 2 Minuten
    Der Brandenburger Verfassungsschutz hat seine Einschätzung der AfD-Jugendorganisation „Junge Alternative“ verschärft. Die Organisation sei gesichert rechtsextrem, so Verfassungsschutzchef Jörg Müller und Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU).
    Quelle: WELT
    Die AfD-Organisation Junge Alternative war in Brandenburg bisher als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft. Nun hat der Verfassungsschutz des Landes eine neue Entscheidung getroffen. Brandenburgs AfD-Landesvorsitzende Birgit Bessin kündigt juristische Schritte gegen die Einstufung an.
    Brandenburgs Verfassungsschutz hat die Bewertung der AfD-Jugendorganisation verschärft und die „Junge Alternative“ als gesichert rechtsextrem eingestuft.
    Damit wird die Organisation, die bereits seit 2019 vom märkischen Verfassungsschutz als Verdachtsfall beobachtet wurde, eine Gefahrenstufe heraufgesetzt, hieß es bei der Vorstellung der Entscheidung am Mittwoch in Potsdam.
    Innenminister Michael Stübgen (CDU) betonte, die „Junge Alternative“ sei eine „Gefahr für unsere Jugend, unsere Demokratie, unsere Freiheit und unsere Sicherheit“. Die Positionen seien eindeutig nicht mit dem Grundgesetz vereinbar, so Stübgen weiter. Der Verfassungsschutz habe wiederholt Verstöße gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung festgestellt.
    Auch in anderen Bundesländern ähnliche Einstufungen
    Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte im April bekanntgegeben, dass die Junge Alternative bundesweit als gesichert rechtsextremistische Bestrebung beobachtet wird. Zuvor war sie als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft. Die Bundesbehörde hatte die bundesweite Hochstufung nach AfD-Angaben vom Juni wegen eines Gerichtsverfahrens vorläufig allerdings wieder zurückgenommen.
    Die „Junge Alternative“ gilt bereits in mehreren Bundesländern als gesichert rechtsextremistische Bewegung.
    Der Brandenburger Verfassungsschutz hatte den AfD-Landesverband 2020 als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft. Im vergangenen Jahr galten nach Einschätzung der Behörde in der AfD 730 Menschen als Rechtsextremisten, bei der „Jungen Alternative“ 90.
    Die Brandenburger AfD hat daraufhin juristische Schritte gegen die Einstufung der „Junge Alternative“ angekündigt. Die Landesvorsitzende Birgit Bessin sagte am Mittwoch, nachdem CDU-Innenminister Michael Stübgen im April erklärt habe, keine hinreichenden Belege für eine Hochstufung des AfD-Landesverbandes zu haben, „macht man sich nun unverschämterweise über unsere Parteijugend her“. Sie „verspreche schon jetzt, dass wir juristisch gegen diese unhaltbaren Vorwürfe gegen die „Junge Alternative“ vorgehen werden“.
    dpa/tba/krott
    https://www.welt.de/


    Thüringen
    Nazi-Parolen und Hitlergruß: Polizei ermittelt gegen Jugendliche in Gera

    Stand: 12.07.2023 12:17 Uhr
    In Gera-Lusan haben Jugendliche in der Nähe eines Jugendclubs mehrfach den Hitlergruß gezeigt und "Sieg Heil!" skandiert. Die Polizei ermittelt. Ein Video des Vorfalls kursierte in sozialen Netzwerken.
    Von MDR THÜRINGEN
    Die Polizei in Gera ermittelt nach einem rechtsradikalen Vorfall vor einem Jugendclub im Stadtteil Lusan. Zeugen hatten am Montagabend gegen 21 Uhr die Beamten in die Werner-Petzold-Straße gerufen. Dort hielten sich mehrere Jugendliche auf, skandierten mehrfach lautstark "Sieg Heil!" und zeigten dazu den Hitlergruß.
    Wohnhäuser und Grünflächen sind im Stadtteil Gera-Lusan zu sehen.
    Der Vorfall passierte im Geraer Stadtteil Lusan. (Archivbild)
    Die Polizei sprach Platzverweise aus. In den sozialen Netzwerken kursiert ein Video des Vorfalls. Am Mittwochmorgen warnte die Polizei bei Twitter davor, dieses Video zu verbreiten oder weiterzuleiten. Das sei eine Straftat. Jugendclub distanziert sich von rechtsradikalem Vorfall in GeraBei dem Jugendclub handelt es sich um eine Einrichtung des gemeinnützigen Vereins "Kindervereinigung Gera". Der Verein distanzierte sich entschieden von dem Vorfall. Geschäftsführerin Andrea Schramm sagte MDR THÜRINGEN, sie habe selbst erst durch das Video von den Vorfällen erfahren und sei geschockt. Vorwürfe, solche rechtsradikalen Auftritte seien dort an der Tagesordnung, wies sie zurück. Zumindest während der Öffnungszeiten der Einrichtung gebe es das nicht, sagte sie. Der Verein arbeite seit 29 Jahren mit Jugendlichen zusammen, oft gehe es dabei um Demokratie-Projekte. Die Wiese hinter dem Jugendklub, auf der die Rechtsradikalen beobachtet wurden, sei außerdem für jedermann frei zugänglich. "Kindervereinigung Gera" betreut vielfältige MenschenDie "Kindervereinigung Gera" betreut nach eigenen Angaben monatlich rund 500 Kinder zwischen acht und 17 Jahren und bietet auch für ältere Bewohner Kurse an. Dort treffen sich den Angaben nach ganz unterschiedliche Gruppen, auch Jugendliche aus ukrainischen Flüchtlingsfamilien nutzen die Angebote. In der ersten Ferienwoche ist der Jugendklub laut Andrea Schramm geschlossen, weil die Kinder in einer Ferienfreizeit sind.MDR (ls)
    Mitteldeutscher Rundfunk
    Quelle: MDR
    https://www.tagesschau.de/


    Sesselmann besteht Demokratiecheck – Ergebnis für Thüringer Linke „absolut schleierhaft“

    Stand: 11.07.2023 | Lesedauer: 2 Minuten
    Robert Sesselmann (AfD)
    Quelle: dpa/Martin Schutt
    Das Thüringer Landesverwaltungsamt hat den AfD-Politiker Robert Sesselmann auf seine Verfassungstreue überprüft und keine Beanstandungen gemacht. Damit kann er Landrat des Kreises Sonneberg bleiben. Die Sprecherin für Antifaschismus der Thüringer Linken hält das für nicht nachvollziehbar.
    Die Linke-Abgeordnete Katharina König-Preuss hat mit Unverständnis auf das Ergebnis einer Verfassungstreue-Überprüfung des AfD-Landrats Robert Sesselmann reagiert. Sesselmann sei nicht nur Mitglied einer Partei, die als gesichert rechtsextrem eingestuft ist, „er ist auch durch seine Rolle im Landesvorstand in herausgehobener Stellung dieser extrem rechten Partei aktiv“, sagte König-Preuss der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt. Das bedeute, dass „er die Inhalte nicht nur vertritt, sondern selber mit erarbeitet“.
    Sesselmann wurde am 25. Juni im südthüringischen Landkreis Sonneberg in einer Stichwahl zum ersten AfD-Landrat Deutschlands gewählt. Er nahm die Wahl an und ist inzwischen im Amt. Die Thüringer AfD mit ihrem Landespartei- und Fraktionschef Björn Höcke wurde bereits im März 2021 vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft. Der Landesverband ging dagegen bislang nicht juristisch vor.
    Aufgrund der Einstufung wurde nach Sesselmanns Wahl eine Überprüfung gestartet, ob er Gewähr dafür bietet, jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung einzustehen. Am Montag erklärte das Thüringer Landesverwaltungsamt, bei Sesselmann würden „derzeit keine konkreten Umstände gesehen, die von hinreichendem Gewicht und objektiv geeignet sind, eine ernsthafte Besorgnis an dessen künftiger Erfüllung der Verfassungstreuepflicht auszulösen“. Der Demokratiecheck gilt damit als bestanden.
    König-Preuss nannte das Ergebnis unbefriedigend. Es gebe Entscheidungen von Oberverwaltungsgerichten in Thüringen und Sachsen sowie mehrere Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes, „welche in Summe ausdrücken, dass die Treuepflichtverletzung bereits mit Mandatskandidaturen für extrem rechte Parteien und der exponierten Stellung durch die Landesvorstandsmitgliedschaft bejaht werden sollte, noch dazu, wenn gar keine Distanzierung erkennbar ist, sondern sich der Amtsträger weiter hinter Höcke stellt“, so König-Preuss. Wie das Landesverwaltungsamt angesichts dessen zu dem für Sesselmann positiven Ergebnis kommen konnte, sei ihr „absolut schleierhaft“.
    Die Sprecherin für Antifaschismus der größten Fraktion im Thüringer Landtag nannte es ein methodisches Problem, dass nicht schon der Wahlausschuss vor der Landratswahl im Kreis Sonneberg aktiv wurde. „Das Innenministerium und das Landesverwaltungsamt müssen diese Gremien künftig noch stärker bei der Bewertung der Frage Zulässigkeit ja/nein unterstützen“, forderte sie.
    Für Menschen, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren, sage das Ergebnis der Überprüfung aus, dass diese auf sich selbst gestellt seien. „Ich frage mich, wie wehrhaft – ausgehend von diesem Ergebnis – die Demokratie ist, wenn Personen, die in herausgehobener Stellung für extrem rechte Parteien tätig sind, faktisch einen Persilschein durch die Verwaltung ausgestellt bekommen“, sagte König-Preuss.
    https://www.welt.de/


    AfD-Landrat darf bleiben
    : Sesselmann besteht Demokratie-Check

    Datum:
    10.07.2023 21:56 Uhr
    Der Sonneberger AfD-Landrat hat seine Verfassungstreueprüfung überstanden. Robert Sesselmann darf im Amt bleiben, obwohl die Thüringer AfD vom Verfassungsschutz beobachtet wird.
    Thüringen, Sonneberg: Robert Sesselmann (AfD)
    Robert Sesselmann war im Juni zum ersten AfD-Landrat Deutschlands gewählt worden.
    Quelle: dpa
    Er ist Landrat und bleibt es, jetzt mit amtlich geprüfter Demokratietauglichkeit. Das Thüringer Landesverwaltungsamt hat AfD-Mann Robert Sesselmann bestätigt, es hätte "derzeit keine konkreten Umstände gesehen, die von hinreichendem Gewicht und objektiv geeignet sind, eine ernsthafte Besorgnis an dessen künftiger Erfüllung der Verfassungstreuepflicht auszulösen".
    Es ist der letzte formelle Akt rund um die Sonneberger Landratswahl - und eine Vorschau, was denn kommen könnte bei den nächsten Landrats- und Bürgermeisterwahlen, nicht nur in Thüringen.
    Warum gab es einen nachträglichen Demokratie-Check?
    Lange hatte das Amt im Freistaat um seine Formulierung gerungen, immer wieder verzögerte sich die Bekanntgabe des Ergebnisses. Denn der nachträgliche Demokratie-Check hatte in Thüringen die Gemüter erhitzt. Warum überhaupt nochmal eine Prüfung, wenn der Kandidat doch zur Wahl zugelassen war? Und warum erst nach dem Votum der Wähler?
    Die Antwort steht im Thüringer Kommunalwahlgesetz. Dort ist festgelegt, dass nicht zum Landrat gewählt werden darf, "wer nicht die Gewähr dafür bietet, dass er jederzeit für die freiheitliche Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und der Landesverfassung eintritt".
    Denn Sesselmann ist als Landrat Wahlbeamter - und da schaut der Staat eben genau hin. Besonders, wenn der zukünftige Staatsdiener gleichzeitig Mitglied einer Partei ist, deren Thüringer Landesverband vom Verfassungsschutz als erwiesen rechtsextrem eingestuft wird. Als Rechtsaufsicht greift das Verwaltungsamt aber nicht in die Arbeit der ehrenamtlichen Wahlausschüsse vor der Wahl ein, sondern prüft erst im Nachhinein.
    Landkreistag: "Gut und richtig, dass es solche Verfahren gibt"
    "Also die Thüringer rechtliche Regelung ist meines Erachtens eine kluge", sagt der Geschäftsführer des Deutschen Landkreistages, Hans-Günter Henneke. "Das ist ja kein geringes Amt. Da wird jemand für sechs Jahre in eine verantwortungsvolle Beamtenstelle gewählt. Und deshalb ist es gut und richtig, dass es solche Verfahren gibt."
    Das hat nichts mit Gesinnungsschnüffelei zu tun.
    Hans-Günter Henneke, Deutscher Landkreistag
    Rechtlich also nachvollziehbar, politisch aber ist der bestandene Demokratie-Check auch ein Geschenk für die AfD, meint Politikwissenschaflter Andre Brodocz von der Uni Erfurt. Denn "nun wird die AfD mit Sicherheit versuchen, deutlich zu machen, dass das nicht nur für Herrn Sesselmann gilt, sondern für die Partei im Ganzen und Allgemeinen und alle ihre Kandidatinnen und Kandidaten. Und das werden sie sicherlich bei den nächsten Kommunalwahlen, die anstehen, nach vorn tragen."
    So könnte eine Einzelfallentscheidung umgedeutet werden zum Parteierfolg. Oder andersherum als Beweis für "eine nachträgliche Korrektur einer unliebsamen Wahl" dienen, wenn das Nach-Prüfergebnis bei zukünftigen Wahlen und anderen Kandidaten möglicherweise negativ ausfällt. "Eine hervorragende Situation, ganz strategisch für die AfD. Sie muss nur weiter daneben stehen und kann in beiden Fällen nur gewinnen."
    Wie künftig mit Landrats- und Bürgermeisterwahlen umgehen?
    Für die Zukunft rechnet Hans-Gunter Henneke damit, dass auch in anderen Bundesländern die Überprüfung von Amtsbewerbern zunehmen wird. Denn die Bevölkerung brauche auch "Vertrauen in den Amtsinhaber von Verwaltung, die regelmäßig 500 bis 1.000 Mitarbeiter haben." Danach aber, so auch in Sonneberg, solle man versuchen, vernünftig zusammen arbeiten.
    In Thüringen wird jetzt überlegt, wie man für die kommenden Landrats- und Bürgermeisterwahlen mit diesen Demokratie-Checks umgeht. Und ob nicht doch die Wahlausschüsse die Kandidaten schon im Vorfeld genauer unter die Lupe nehmen müssten. Die Frage drängt, schon am 10. September wird in Nordhausen eine neue Bürgermeisterin oder einen neuer Bürgermeister wählt. Auch hier stellt die AfD einen Kandidaten.
    https://www.zdf.de/


    Rechtspopulisten sind europaweit auf dem Vormarsch – ein Überblick

    Länder wie Schweden oder Finnland galten einst als besonders liberal - inzwischen gibt es dort einen Rechtsruck. Auch in Deutschland schauen Politiker mit bangem Blick auf kommende Wahlen.
    dpa
    /
    BLZ
    09.07.2023 | 15:52 Uhr
    Gegendemonstranten protestieren gegen eine Kundgebung der AfD.
    Heiko Becker/Imago
    In Stockholm, Helsinki und Rom sitzen sie - direkt oder indirekt - bereits an den Schalthebeln der Macht: rechte und populistische Parteien. Nach dem Bruch der Vier-Parteien-Koalition von Ministerpräsident Mark Rutte könnte das auch den Niederlanden bald bevorstehen. Und in Deutschland sehen Meinungsumfragen die rechte AfD ebenfalls auf dem Vormarsch. Auffallend ist: Überall spielt die Migrationspolitik dabei eine große Rolle. Rutscht Europa politisch nach rechts?
    Schweden
    Bei der Parlamentswahl 2022 wurden die rechtspopulistischen Schwedendemokraten (SD) mit über 20 Prozent der Stimmen erstmals zweitstärkste Kraft hinter den abgelösten Sozialdemokraten. Die Partei hat Wurzeln in der Neonazi-Szene der 90er Jahre und wird von vielen Schwedinnen und Schweden äußerst kritisch gesehen. Dennoch entschied sich der Chef der konservativen Partei „Die Moderaten“, Ulf Kristersson, auf seinem Weg ins Amt des Regierungschefs zu einer engen Zusammenarbeit mit den SD. Die Rechten sitzen zwar nicht direkt in seiner konservativ-liberaler Koalition - die Minderheitsregierung ist aber auf ihre Unterstützung angewiesen.
    Die Regierungspolitik ist daher stark von den Wahlversprechen der SD gefärbt. Das betrifft vor allem die Migrationsfrage, aber auch die Klima-, Umwelt- und Sozialpolitik. Zudem hat Schweden ein großes Problem mit organisierter Bandenkriminalität. 2022 gab es fast 400 Schusswaffenvorfälle, 62 Menschen wurden dabei getötet, so viele wie noch nie in einem Jahr. Es geht in erster Linie um die Markthoheit im Drogengeschäft. Und immer wieder sind junge Einwanderer involviert.
    Finnland
    Rechtsruck auch in Helsinki: Seit Ende Juni regiert hier eine Vier-Parteien-Koalition unter der Führung des konservativen Ministerpräsidenten Petteri Orpo. Seine Nationale Sammlungspartei war bei der Wahl Anfang April stärkste Kraft vor der rechtspopulistischen Partei Die Finnen und den Sozialdemokraten seiner Vorgängerin Sanna Marin geworden. Anders als in Schweden sitzen die Rechten in Finnland nun mit in der Regierung. In Orpos Mitte-Rechts-Bündnis fielen der Finnen-Partei gleich mehrere Schlüsselressorts wie Finanzen, Wirtschaft, Inneres und Justiz sowie Gesundheit und Soziales zu.
    Die Chefin der Finnen-Partei, Riikka Purra, wurde Finanzministerin und Vize-Regierungschefin. Sie kündigte einen „Paradigmenwechsel“ bei der Migration an. In der Zusammenarbeit mit Purras Partei knirschte es aber von Beginn an: Nach nur zehn Tagen im Amt musste der rechtspopulistische Wirtschaftsminister Vilhelm Junnila im Zuge eines Skandals um seine Kontakte in die rechtsextreme Szene und Scherze über Nazi-Symbole zurücktreten. Selbst Finnlands Präsident Sauli Niinistö, der sich eigentlich mit Kommentaren zurückhält, bezeichnete die Situation als peinlich für die Regierung.
    Niederlande
    Die nun zerbrochene Regierung in den Niederlanden war bereits die vierte in Folge unter Führung der rechtsliberalen VVD mit dem seit fast 13 Jahren regierenden Mark Rutte. Zu dieser Koalition hatten sich vier Parteien verschiedenster Ausrichtung in neun Monaten Koalitionsverhandlungen zusammengerauft. Doch bei vielen wichtigen Themen wurden kaum Entscheidungen getroffen. Einig waren sich alle, dass der Flüchtlingszuzug in das kleine und dicht bevölkerte Land begrenzt werden soll - die VVD aber pochte auf eine Beschränkung des Familiennachzugs, was den anderen Parteien zu weit ging.
    Ob es bei einer Neuwahl zu einem Rechtsruck kommt, ist noch unklar. Das Kalkül von Rutte könnte auch sein, mit dem Reizthema Migration von der neuen Kraft auf der rechten Seite, der rechtspopulistischen Bauerbürgerbewegung BBB, Wähler zurückzugewinnen. Bei der Provinzialwahl im März wurde die BBB auf Anhieb stärkste Kraft. Bei einer Neuwahl wird ihr ein großer Erfolg vorhergesagt.
    Italien
    2022 kam Giorgia Meloni von der ultrarechten Partei Fratelli d'Italia an die Macht zusammen mit den kleineren Rechtspopulisten der Lega und der rechtskonservativen Forza Italia. Meloni konnte praktisch alle Unzufriedenen - Corona-Zweifler, EU-Kritiker, Ausländerfeinde, Russland-Freunde und Gegner von Waffenlieferungen an die Ukraine - auf sich vereinen. Ihre Rechts-Rechts-Mitte-Koalition regiert Italien seitdem relativ skandalfrei - zumindest gemessen an den Befürchtungen wegen Melonis Wurzeln in einer aus dem Faschismus hervorgegangenen Partei. International blieb Italien unter ihr ein verlässlicher Partner.
    Just beim Thema Migration konnte sie ihr größtes Versprechen an die Wähler bislang nicht erfüllen - im Gegenteil: Statt die vielen Mittelmeermigranten aus Nordafrika von den süditalienischen Küsten abzuhalten, kamen in diesem Jahr bislang mehr als doppelt so viele Leute in Booten an wie im selben Vorjahreszeitraum. Meloni arbeitet fieberhaft an Deals mit der EU, europäischen Partnern und Ländern wie Tunesien und Libyen, um die Menschen vor der Überfahrt aufzuhalten. Wie erfolgreich sie dabei ist, dürfte große Auswirkungen auf die Dauer ihrer Regierung haben.
    Frankreich
    In Frankreich legte das rechtsnationale Rassemblement National von Marine Le Pen bei der Parlamentswahl vor gut einem Jahr kräftig zu und ist nun größte Oppositionsfraktion in der Nationalversammlung. Für das Mitte-Lager von Präsident Emmanuel Macron ist die rechte Partei inzwischen der gefürchtetste Gegner, der gestärkt aus den Rentenprotesten hervorgegangen ist und auch von den jüngsten Vorstadtkrawallen profitieren dürfte. Da Frankreich erst 2027 wieder wählt, ist aber offen, ob all das zu einem Rechtsruck führen wird.
    Dass die Politik des Liberalen Macron sich bereits etwas nach rechts verschoben hat, hat damit zu tun, dass das Präsidentenlager bei der Parlamentswahl die absolute Mehrheit verloren hat. Als Partner für eine Regierungszusammenarbeit scheiden Le Pens Rechtsnationale und das Linksbündnis aus. Als einziger Partner mit Gewicht verbleiben die konservativen Républicains, deren rechter Flügel mit teils extremen Positionen auf dem Thema Migration herumreitet. Die Regierung versucht darauf einzugehen. Das aktuelle Ringen um ein neues Migrationsgesetz zeigt aber, dass ein gemeinsamer Kurs schwierig ist.
    Deutschland
    Seit Monaten sonnt sich die rechtspopulistische und vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall beobachtete AfD im Umfragehoch. Bundesweit liegt sie bei etwa 20 Prozent - und damit vor der Kanzlerpartei SPD. 2013 als Anti-Euro-Partei gestartet, wurde die AfD in der Flüchtlingskrise 2015/16 stark. Das Thema Migration ist bis heute zentral für sie und durch die stark gestiegenen Asylbewerberzahlen aktueller denn je. Der jüngste Sprung in den Zustimmungswerten wird aber auch als Folge des Streits in der Ampel-Koalition etwa über das Heizungsgesetz gewertet, das viele Menschen in Deutschland verunsichert.
    Derweil feiert die AfD Erfolge in der Kommunalpolitik. Im Thüringer Landkreis Sonneberg wurde soeben erstmals ein AfD-Politiker Landrat, in Raguhn-Jeßnitz in Sachsen-Anhalt wurde ein AfD-Mann zum hauptamtlichen Bürgermeister gewählt. Mit großer Sorge blicken Union, SPD, Grüne und FDP auf die drei Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg im September kommenden Jahres. Aktuelle Umfragen sehen die AfD dort überall als stärkste Kraft.
    https://www.berliner-zeitung.de/


    Nach dem Urteil gegen Lina E.: Wie gefährlich sind linke Szene und Antifa?

    Erstellt: 09.07.2023, 13:45 Uhr
    Von: Matthias Lohr
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    Fünf Jahre Haft: Gericht verurteilt Linksextremistin Lina E.
    Nach dem Urteil gegen die Kasseler Studentin Lina E. warnte nicht nur Bundesinnenministerin Faeser vor einer Radikalisierung der linken Szene. Aber nimmt die Militanz wirklich zu?
    Kassel – Die Kasseler Studentin Lina E. ist für Nancy Faeser ein Beispiel dafür, dass Gefahren für die Demokratie nicht nur von rechts lauern. Nach dem Urteil gegen die 28-Jährige, die mit einer linken Gruppe Neonazis und vermeintliche Rechtsextreme brutal angegriffen haben soll, warnte die Bundesinnenministerin vor einer zunehmenden Gefahr von links: „In linksextremistischen Gruppen sind Hemmschwellen gesunken, politische Gegner auch mit äußerster Brutalität anzugreifen.“ Mit dieser Einschätzung ist die SPD-Politikerin nicht allein.
    Auch der Politikwissenschaftler Hajo Funke erkennt Anzeichen für eine vermehrte Militanz der linken Szene. Die AfD, die in Teilen als rechtsextrem gilt, sieht sich ohnehin als Opfer der linken Szene. Im hessischen Landtag verwies die Partei auf 14 Anschläge auf das Eigentum von AfD-Politikern in Nordhessen in den vergangenen Monaten. Ist die linke Szene tatsächlich radikaler geworden? Eindeutige Antworten darauf gibt es nicht.
    Hessischer Verfassungsschutz fürchtet Gewaltspirale zwischen links und rechts
    Beim hessischen Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) heißt es auf Anfrage: „Die größte Gefahr für unsere freiheitliche demokratische Grundordnung und die öffentliche Sicherheit stellt aktuell weiterhin der Rechtsextremismus dar.“ Dies lässt sich im jüngsten Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2021 auch in Zahlen belegen: 946 rechtsextremistischen Straf- und Gewalttaten stehen lediglich 131 linksextremistische gegenüber. Der Inlandsgeheimdienst zählte 860 gewaltorientierte Rechts- und 590 Linksextremisten.
    Gleichwohl befürchtet man beim LfV, dass „Rechts-Links-Konflikte“ zu einer Gewaltspirale und einer Radikalisierung von Personen oder Gruppen führen könnten. Dies könne auch Folgen für den Staat haben, denn: „Weil Linksextremisten in der Regel auch den Staat, die freiheitliche demokratische Grundordnung, staatliche Institutionen und Repräsentanten als faschistisch ansehen, betrachten sie diese ebenfalls als bekämpfenswert.“
    Nicht nur Bundesinnenministerin Nancy Faeser warnt vor einer Radikalisierung der linken Szene: Nach dem Urteil gegen die Kasseler Studentin Lina E. Ende Mai protestierten Autonome auch in Leipzig. Archi
    Nicht nur Bundesinnenministerin Nancy Faeser warnt vor einer Radikalisierung der linken Szene: Nach dem Urteil gegen die Kasseler Studentin Lina E. Ende Mai protestierten Autonome auch in Leipzig. Archi © Jan Woitas/dpa
    Das „Personenpotenzial im Bereich der aktionsrelevanten linksextremistischen Gruppierungen im Raum Kassel“ schätzt der Verfassungsschutz auf eine niedrige dreistellige Zahl. Vor allem beim Antifaschismus sei in der Szene in der jüngeren Vergangenheit eine erhöhte Handlungsbereitschaft festzustellen.
    Demokratieforscher sieht nur geringe Gefahr durch radikale Linke
    Immer wieder veröffentlichen Antifaschisten Rechercheergebnisse über AfD-Politiker sowie Neonazis und outen die Personen auch. Nach Sachbeschädigungen tauchen regelmäßig entsprechende Bekennertexte auf der linken Plattform Indymedia auf. „Eine einmal als Faschist klassifizierte Person kann jederzeit, auch ohne Vorwarnung, zum Ziel linksextremistisch motivierter Aktionen werden“, heißt es beim LfV.
    Nicht nur die Gewalt ist ein Problem. Experte Alexander Deycke hält gerade das Outing von tatsächlichen und vermeintlichen Rechtsextremisten für problematisch. Der Wissenschaftler arbeitet in der Bundesfachstelle Linke Militanz, die am Institut für Demokratieforschung an der Universität Göttingen angesiedelt ist. Das Urteil von Faeser kann er nicht nachvollziehen, wie er sagt: „Dass von der radikalen politischen Linken eine große Gefahr für die Demokratie ausginge, kann ich absolut nicht sehen.“
    Statistisch kein Anstieg bei Gewalttaten von links
    Deycke weist darauf hin, dass Antifaschismus erst einmal nichts Problematisches und auch nicht zwangsläufig mit Gewalt verbunden sei: „Zunächst bedeutet es nur eine Gegnerschaft zur extremen Rechten.“ In der Statistik zu Gewalttaten habe es in den vergangenen zehn Jahren keine auffälligen Veränderungen gegeben. Die lokal organisierte Kleingruppe sei nach wie vor die zentrale Organisationsform.
    Der Kasseler Politik-Professor Wolfgang Schroeder hat die Antifa einmal als „eine Art alternativer Verfassungsschutz außerhalb der Verfassung“ bezeichnet. Auch Deycke weist auf die „umfangreichen Recherchen“ hin, auf die bisweilen auch der Verfassungsschutz zurückgreift.
    Vergleiche zur RAF im Kontext von Lina E.
    Erschreckend sind jedoch Morddrohungen aus der linken Szene wie vor zwei Jahren, als Vermummte in Leipzig einem Polizei-Chef drohten, bald im Kofferraum zu liegen – eine Anspielung auf den RAF-Mord an Arbeitgeberpräsident Hanns-Martin Schleyer 1977. Auch diese Rhetorik der Militanz ist für Deycke kein neues Phänomen. In Teilen der Linken habe es so etwas immer schon gegeben. Daraus könne man nicht auf die Handlungsebene schließen: „Und auf dieser gibt es keine Anzeichen dafür, dass sich etwas entwickelt, das mit der RAF vergleichbar wäre.“
    Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) zieht dennoch weiter Vergleiche zur RAF. Nach dem Urteil gegen Lina E. (fünf Jahre und drei Monate Gefängnis, die sie erst nach ihrer Haftverschonung absitzen muss) kündigte er weitere Ermittlungen gegen die linke Szene an. So wurde am Donnerstag eine Wohnung in Leipzig-Connewitz durchsucht. Laut Generalbundesanwaltschaft gibt es einen Zusammenhang mit dem Fall um Lina E. (Matthias Lohr)
    https://www.hna.de/


    Kritik an Haldenwang-Aussagen
    AfD schickt Verfassungsschutz-Präsident Abmahnung

    Berlin · Die AfD fühlt sich durch Äußerungen von Verfassungsschutz-Chef Thomas Haldenwang im politischen Wettbewerb benachteiligt und will sich dagegen juristisch zur Wehr setzen.
    03.07.2023, 17:15 Uhr 2 Minuten Lesezeit
    Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur hat die Partei durch ihren Anwalt beim Bundesinnenministerium Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Haldenwang erhoben. Außerdem schickte die AfD eine Abmahnung an Haldenwang und ein weiteres Aufforderungsschreiben an einen Anwalt des Bundesamtes für Verfassungsschutz.
    Dabei geht es jeweils um Äußerungen Haldenwangs im Zusammenhang mit der Veröffentlichung des Verfassungsschutzberichts 2022 im Juni. Der Behördenchef hatte unter anderem gesagt, dass Teile der AfD „Hass und Hetze verbreiten gegen alle Formen von Minderheiten“. Außerdem sagte er: „Wir sehen, dass in Teilen der AfD eben auch antisemitische Haltungen vertreten und verbreitet werden, und wir sehen, dass auch Teile der AfD sehr stark von Moskau beeinflusst sind und russische Narrative weiterverbreiten aktuell hier in Deutschland.“ Dies seien alles „Umstände, die auch die deutschen Wählerinnen und Wähler bei ihrer Entscheidung mit im Hinterkopf haben sollten.“
    Das Bundesinnenministerium wollte sich zu der Dienstaufsichtsbeschwerde auf Anfrage am Montag nicht äußern. Eine Sprecherin des Bundesamtes für Verfassungsschutz bestätigte den Eingang eines entsprechenden Abmahnschreibens der AfD, ging auf dessen Inhalt jedoch nicht weiter ein.
    Die AfD-Vorsitzenden, Alice Weidel und Tino Chrupalla, erklärten, aus ihrer Sicht habe Haldenwang eine „Wahlempfehlung gegen die AfD“ ausgesprochen. Es sei aber nicht die Aufgabe des Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, „eine demokratisch gewählte Partei zu diskreditieren und damit in den politischen Wettbewerb einzugreifen“.
    Der Inlandsgeheimdienst hat laut Gesetz die Aufgabe, die Öffentlichkeit zu informieren über „Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben“. Voraussetzung dafür ist, dass dafür „hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte“ vorliegen.
    Die AfD wird vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall beobachtet. Die Einstufung als Verdachtsfall hatte das Kölner Verwaltungsgericht im März 2022 bestätigt. Die AfD legte Berufung ein. Das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster ist noch nicht abgeschlossen.
    (felt/dpa)
    https://rp-online.de/


    Wegen Haldenwang-Aussagen
    :AfD mit Beschwerde gegen Verfassungsschutz

    Datum:
    03.07.2023 18:15 Uhr
    Die AfD will juristisch gegen den Verfassungsschutz vorgehen. Die Partei fühle sich im politischen Wettbewerb benachteiligt - und legt Beschwerde gegen Behördenchef Haldenwang ein.
    Mann mit einem AfD-Schild
    Die AfD wird vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall beobachtet.
    Quelle: dpa
    Die AfD fühlt sich durch Äußerungen von Verfassungsschutz-Chef Thomas Haldenwang im politischen Wettbewerb benachteiligt und will sich dagegen juristisch zur Wehr setzen. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur hat die Partei durch ihren Anwalt beim Bundesinnenministerium Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Haldenwang erhoben.
    Außerdem schickte die AfD eine Abmahnung an Haldenwang und ein weiteres Aufforderungsschreiben an einen Anwalt des Bundesamtes für Verfassungsschutz.
    Haldenwang: AfD verbreitet "Hass und Hetze"
    Dabei geht es jeweils um Äußerungen Haldenwangs im Zusammenhang mit der Veröffentlichung des Verfassungsschutzberichts 2022 im Juni. Der Behördenchef hatte unter anderem gesagt, dass Teile der AfD "Hass und Hetze verbreiten gegen alle Formen von Minderheiten". Außerdem sagte er:
    Wir sehen, dass in Teilen der AfD eben auch antisemitische Haltungen vertreten und verbreitet werden, und wir sehen, dass auch Teile der AfD sehr stark von Moskau beeinflusst sind und russische Narrative weiterverbreiten aktuell hier in Deutschland.
    Thomas Haldenwang, Verfassungsschutzpräsident
    Rechts- und Linksextreme in Deutschland werden immer gewaltbereiter. Das ist eines der Ergebnisse des Verfassungsschutzberichts 2022. Beitragslänge: 1 min Datum: 20.06.2023 >>>
    Dies seien alles "Umstände, die auch die deutschen Wählerinnen und Wähler bei ihrer Entscheidung mit im Hinterkopf haben sollten".
    Weidel und Chrupalla werfen Haldenwang "Wahlempfehlung gegen die AfD" vor
    Das Bundesinnenministerium wollte sich zu der Dienstaufsichtsbeschwerde auf Anfrage zunächst nicht äußern. Eine Sprecherin des Bundesamtes für Verfassungsschutz bestätigte den Eingang eines entsprechenden Abmahnschreibens der AfD, ging auf dessen Inhalt jedoch nicht weiter ein.
    Die AfD-Vorsitzenden, Alice Weidel und Tino Chrupalla, erklärten, aus ihrer Sicht habe Haldenwang eine "Wahlempfehlung gegen die AfD" ausgesprochen. Es sei aber nicht die Aufgabe des Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, "eine demokratisch gewählte Partei zu diskreditieren und damit in den politischen Wettbewerb einzugreifen".
    2022 habe es große Herausforderungen in allen Bereichen gegeben, sagt Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang. Die Gefahr: Junge Akteure, eine hohe Gewaltaffinität und Mischszenen. Beitragslänge: 6 min Datum: 20.06.2023 >>>
    Inlandsgeheimdienst soll Öffentlichkeit informieren
    Der Inlandsgeheimdienst hat laut Gesetz die Aufgabe, die Öffentlichkeit zu informieren über "Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben".
    Voraussetzung dafür ist, dass dafür "hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte" vorliegen.
    Haldenwang: AfD teilt "russische Narrative"
    Verfassungsschutz-Chef sieht Extremisten in der AfD gestärkt
    Wie gefährlich ist die AfD?
    Verfassungsschutz beobachtet AfD als rechtsextremen Verdachtsfall
    Die AfD wird vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall beobachtet. Die Einstufung als Verdachtsfall hatte das Kölner Verwaltungsgericht im März 2022 bestätigt. Die AfD legte Berufung ein. Das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster ist noch nicht abgeschlossen.
    "Die Partei steht für Rassismus, für Ausgrenzung von Minderheiten, für Verächtlichmachen unseres ganzen Systems", so Thomas Haldenweg, Präsident Bundesamt für Verfassungsschutz. Beitragslänge: 4 min Datum: 09.03.2022 >>>
    Quelle: dpa
    https://www.zdf.de/

    Eklat beim CSD in München: Ukrainischer Sänger performt Loblied auf Faschisten

    Der schwule Sänger Mélovin wurde beim Christopher Street Day bejubelt. Doch nun distanzieren sich die Veranstalter von seiner Verherrlichung eines radikalen Faschisten.
    Author - Valeria Forshayt
    03.07.2023 | 17:26 Uhr
    Der CSD wurde am 24. Juni in München gefeiert.
    Uwe Lein/dpa
    Eine Woche nach dem CSD in München zeigen sich die Veranstalter empört: Der ukrainische Sänger Mélovin (eigentlich Kostjantyn Botscharow) hat während der queeren Demonstration eine Hymne auf den ukrainischen Nazi-Kollaborateur Stepan Bandera vor Zehntausenden Besuchern angestimmt – ohne Absprache mit den Machern des CSD.
    Die Veranstalter des Münchner Christopher Street Days distanzieren sich jetzt von dem Song „Bandera ist unser Vater, die Ukraine ist unsere Mutter“, wie die Süddeutsche Zeitung am Montag berichtet. Der Auftritt des queeren Musikers wurde im Vorhinein beraten. Zudem wurde eine Songliste abgesegnet – die faschistische Hymne war nicht dabei.
    Auf der Pride in München singt der ukrainische Musiker Melovin "Bandera ist unser Vater", eine Lobpreisung jenes ukrainischen Faschisten, dessen Anhänger zehntausende Juden, Polen und Russen ermordeten und mit der Wehrmacht kollaborierten. pic.twitter.com/94AE7WGbNH
    — Lower Class Magazine (@LowerClassMag) June 30, 2023
    https://www.berliner-zeitung.de/


    Kritik an Popstar Mélovin: Ukrainischer Star sang Loblied auf Faschisten – Münchner CSD in Erklärungsnot

    Der ukrainische Sänger Mélovin steht für Münchner CSD-Auftritt in der Kritik
    Instagram/ melovin_official Der ukrainische Sänger Mélovin steht für Münchner CSD-Auftritt in der Kritik
    Mittwoch, 05.07.2023, 11:14
    Nach dem Auftritt des ukrainischen Sängers Mélovin beim Münchner Christopher Street Day 2023 distanzieren sich die Veranstalter jetzt von dem Künstler. Mélovin stimmte auf der Bühne ein Loblied auf den früheren ukrainischen Faschisten Stepan Bandera an.
    Die Veranstalter des CSD München haben sich von einem ihrer diesjährigen Musikacts distanziert: dem ukrainischen Popstar Mélovin. Der bisexuelle Aktivist und Sänger trat am 24. Juni auf der Hauptbühne am Münchner Marienplatz vor Zehntausenden Zuschauern auf.
    Dort stimmte der ehemalige ESC-Teilnehmer plötzlich den Song „Bandera ist unser Vater, die Ukraine ist unsere Mutter“ an. In dem Text wird der frühere ukrainische Politiker Stepan Bandera verherrlicht. Der radikale Nationalist war zur Zeit des Dritten Reichs für Massenermordungen von jüdischen und polnischen Menschen mit verantwortlich. Trotzdem gilt Bandera heute vor allem im Westen der Ukraine als Nationalheld. Der Song wird heute als Widerstandshymne gegen den russischen Angriffskrieg gesungen.
    https://www.instagram.com/p/Ct6uyzGLeOO/?hl=de
    Ukrainer Mélovin sang Faschisten-Hymne: „Große Schande, mitten in München“
    Während viele CSD-Besucher dem 25-jährigen Sänger zujubelten, regte sich nach Mélovins Auftritt Kritik im Netz. In den Kommentaren bei Instagram hieß es etwa, es sei eine „große Schande, mitten in München über jemanden zu singen, der ein großer Nazi war und Hitler unterstützt“ habe.
    Einige Tage später reagierten die CSD-Veranstalter auf den umstrittenen Auftritt von Mélovin. Man hätte erst am 29. Juni durch Mails von Einzelpersonen und Medien davon erfahren, dass er „diesen Song gesungen hat bzw. welche Inhalte er hat“, erklären sie in dem Statement. Die Liste der Songs sei vorab abgesprochen worden; „das Lied 'Bandera ist unser Vater, die Ukraine ist unsere Mutter' stand nicht darauf. Wir hätten es sonst nicht zugelassen.“
    Nationalist Stephan Bandera steht Werten des CSD München „maximal entgegen“
    Weiter schreiben die Verantwortlichen: „Auch wenn wir um die neue Deutung des inzwischen viral gegangenen Liedes in der Ukraine nicht wussten“, stehe Stephan Bandera aufgrund seiner Verantwortung für Massenmorde an Jüdinnen*Juden und Pol*innen „den Werten, für die der CSD München steht, maximal entgegen“. Dass Bandera nun als „Kämpfer für die Unabhängigkeit seines Landes im Mittelpunkt“ stehe, könne daran nichts ändern.
    Mélovin dürfte die Kritik egal sein. Er besuchte sogar in München das Grab von Nazi-Kollaborateur Bandera und schrieb dazu bei Instagram: „Wer hat gesagt, dass Bandera homophob ist?“
    ck
    https://www.focus.de/


    Überprüfung in Thüringen
    :Minister verteidigt Check von AfD-Politiker

    Datum:
    30.06.2023 10:21 Uhr
    Ist AfD-Politiker Sesselmann als Landrat geeignet? Das Thüringer Verwaltungsamt unterzieht ihn einem Demokratiecheck. Innenminister Maier verteidigt das Vorgehen.
    Der Thüringer Innenminister Georg Maier hat die Überprüfung des AfD-Landrates Robert Sesselmann auf Verfassungstreue gerechtfertigt. "Das ist Recht und Gesetz, das ist die Gesetzeslage in Thüringen. Und die wenden wir an", sagte der SPD-Politiker im Deutschlandfunk. Da gebe es keinen Handlungsspielraum und kein Ermessen. Er habe als Innenminister keinen Einfluss darauf.
    Das Verwaltungsamt sei die Rechtsaufsicht, die müsse sich an das Thüringer Kommunalwahlgesetz halten. Eine solche Prüfung finde auch in jedem anderen Fall statt, wenn es Hinweise gebe, dass der gewählte Beamte "nicht die Gewähr dafür bietet, jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetze einzutreten". So lautet die Formulierung im Gesetz.
    Sesselmann war am Sonntag im Landkreis Sonneberg zum ersten AfD-Landrat Deutschlands gewählt worden, was bei vielen Politikern anderer Parteien für Entsetzen sorgte. Die Thüringer AfD wird vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft und beobachtet.
    Aufgrund dieser Einstufung will das Landesverwaltungsamt nun prüfen, ob Sesselmann als Landrat geeignet ist.
    Aus Sicht des Jenaer Verfassungsrechtlers Michael Brenner wäre ein Verfassungstreue-Check des AfD-Politikers Robert Sesselmann vor der Landratswahl in Sonneberg besser gewesen. Eine nachträgliche Überprüfung sei zwar rechtlich möglich, aber "politisch heikel", sagte Brenner der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt.
    Seiner Meinung nach ist immer eine Einzelfallprüfung nötig, dafür wäre aber auch vor der Wahl genügend Zeit gewesen. "Dann hätte ein unabhängiges Verwaltungsgericht geprüft, ob eine Nicht-Zulassung zur Wahl rechtmäßig gewesen wäre oder nicht", sagte Brenner.
    Verbot der AfD? Maier: "Bin noch nicht so weit"
    Maier - zugleich SPD-Landeschef in Thüringen - äußerte sich indes zurückhaltend zu Forderungen nach einem Verbot der AfD. "Ich bin da noch nicht so weit." Die AfD sei eine radikale Partei, eine weitere Radikalisierung zu befürchten. Insofern könne man das Parteiverbot als Instrument der wehrhaften Demokratie nicht ausschließen.
    Wenn man aber vorpresche und das schiefgehe, füge man der Demokratie einen großen Schaden zu. Das Mittel der Wahl sei zunächst, die AfD "politisch zu stellen".
    Nach Maiers Ansicht sollte der Westen "nicht so vorwurfsvoll" auf den Osten schauen, sondern gerne mal tiefer einsteigen, "was hier Sache ist". Es würden sich auch 30 Jahre nach der Einheit soziale Fragen und vor allem Gerechtigkeitsfragen stellen, etwa warum im Osten deutlich weniger verdient werde und es weniger Vermögen gebe. Deshalb könnten die Ostdeutschen schlechter mit Krisen umgehen.
    Quelle: dpa, epd
    https://www.zdf.de/


    SCHULTERSCHLUSS AM RECHTEN RAND
    Junge Alternative und AfD ohne Distanz

    von Torben Lehning, Hauptstadtkorrespondent MDR AKTUELL
    Stand: 28.06.2023, 15:01 Uhr
    Sie sind jung, gut vernetzt und rechtsextrem. Die Mitglieder der Jungen Alternative werden vom Bundesamt für Verfassungsschutz als gesichert rechtsextreme Vereinigung beobachtet. Von rassistischer Hetze gegenüber Andersgläubigen in ihrer Jugendorganisation will die Mutterpartei AfD nichts wissen.
    Hauptstadtkorrespondent Torben Lehning analysiert den Schulterschluss der AfD mit ihrer Jugendorganisation, der Jungen Alternative, am rechten Rand.
    Verfassungsschützer haben die "Junge Alternative" vier Jahre lang beobachtet.
    Der Jugendorganisation wird eine klar verfassungsfeindliche Gesinnung zugeschrieben.
    Über die sozialen Netzwerke rekrutiert die "Junge Alternative" Nachwuchs.
    Von Distanz ist bei der AfD keine Spur. Im Gegenteil: der Bundesvorstand der AfD steht Schulter an Schulter mit seiner Jugendorganisation. Ein genauer Blick zeigt: Weder personell noch ideologisch zieht die AfD Grenzen zu ihrer Jugendorganisation.
    Rechtsextreme Jugendorganisation
    Am Anfang stand ein Verdacht. Was folgte, war akribische Arbeit. Vier Jahre lang haben Verfassungsschützer von Bund und Ländern die "Junge Alternative" (JA), die Jugendorganisation der AfD intensiv analysiert. Öffentliche Äußerungen und Auftritte gehörten ebenso dazu, wie Botschaften der JA in den sozialen Netzwerken.
    Mit großen rechtlichen Hürden durften Hüter unserer Verfassung JA-Mitglieder auch nachrichtendienstlich überwachen. Seit Ende April ist die Beweisführung der obersten deutschen Staatsschutzbehörde abgeschlossen. Die Verfassungsschützer kommen zu einer für sie eindeutigen Einschätzung.
    «Die Jugend steht auf!» steht auf dem Transparent der Jugendorganisation der AfD. MIT VIDEO
    JUNGE ALTERNATIVE
    Verfassungsschutz stuft AfD-Jugend auch in Sachsen als rechtsextremistisch ein
    Rechte Vereine und Institute
    Die Junge Alternative wird als "gesichert rechtsextrem" eingestuft. Das gilt auch für das Institut für Staatspolitik, mit Sitz in Schnellroda, Sachsen-Anhalt. Laut Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang verstoße das Institut "gegen das Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip". Die Verfassungsschützer haben sich auch den Verein "Ein Prozent" mit Sitz in Sachsen genauer angeschaut. Auch dieser wird als rechtsextrem eingestuft.
    "Ein Prozent" vertreibt Klamotten und Aufkleber oder Comics und finanziert damit unter anderem die rechtsextreme Identitäre Bewegung. Außerdem treten Mitglieder von "Ein Prozent" mit Mahnwachen und Demonstrationen in Erscheinung. Die Einschätzung der Verfassungsschützer: Der Verein "Ein Prozent" versuche ein "rassistische und völkisch-nationalistische" Ideologie in "die Mitte der Gesellschaft zu transportieren."
    AfD als rechtsextremer Verdachtsfall
    Die AfD-Bundespartei wird ihrerseits als rechtsextremer Verdachtsfall vom Verfassungsschutz beobachtet. Bisher wird nur der Thüringer Landesverband vom dortigen Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft.
    Die JA handelt vielfach verfassungswidrig
    Verfassungsschutz-Präsident Thomas Haldenwang zieht nach vier Jahren intensiver Beobachtung der Jungen Alternative Bilanz. In einer Pressemitteilung vom 26. April 2023 macht Haldenwang den Standpunkt seiner Behörde unmissverständlich klar. Er schreibt der Jungen Alternative eine klar verfassungsfeindliche Gesinnung zu.
    Zum einen versuche die Junge Alternative das "demokratische System der Bundesrepublik herabzuwürdigen", indem sie politische Gegner, den Staat und seine Repräsentanten an sich "verunglimpfe und diffamiere". Zum anderen würden ihre Mitglieder Deutsche Mitbürger mit Migrationshintergrund als "Deutsche zweiter Klasse abwerten" und Erzählungen verbreiten, wonach "die größte Gefahr in einem vermeintlich gesteuerten Bevölkerungsaustausch zur Vernichtung der organisch gewachsenen europäischen Völker" bestehe.
    Die Idee, dass jetzt irgendwelche Eliten, die sogenannten Biodeutschen gegen andere Passdeutsche austauschen würden ist kruder Unsinn. Abgesehen davon stößt diese Idee gegen die Grenzen unserer Verfassung. Es wird letztlich unsere Verfassungsordnung und auch die einschlägige Verfassungsbestimmung in Frage gestellt.
    Michael Brenner Verfassungsrechtler
    Verfassungsrechtler stützen diese Feststellung: eine Einteilung in Passdeutsche oder Biodeutsche kenne die Deutsche Verfassung schlichtweg nicht, so die Einschätzung des Verfassungsrechtlers, Michael Brenner, der Friedrich-Schiller-Universität in Jena. Für Brenner ist auch die Verbreitung von Verschwörungserzählungen einer Umvolkung extremistisch: "Die Idee, dass jetzt irgendwelche Eliten, die sogenannten Biodeutschen gegen andere Passdeutsche austauschen würden ist kruder Unsinn. Abgesehen davon stößt diese Idee gegen die Grenzen unserer Verfassung. Es wird letztlich unsere Verfassungsordnung und auch die einschlägige Verfassungsbestimmung in Frage gestellt."
    Vorwurf der Instrumentalisierung
    Sowohl die AfD-Bundesspitze als auch der JA-Vorsitzende und Bundestagsabgeordnete Gnauck bestreiten, dass die Junge Alternative rechtsextrem sei. Vielmehr sei "der Verfassungsschutz politisch instrumentalisiert und würde insbesondere von SPD und CDU benutzt, um die AfD bei ihren Wählern zu diskreditieren." Für Verfassungsrechtler und auch laut Verfassungsschutz-Kreisen lässt sich der Rechtsextremismus der JA klar belegen.
    Von Staatsbürgern erster und zweiter Klasse spricht der Vorsitzende der Jungen Alternative Hannes Gnauck dagegen häufig. Ein Beispiel. Bei einer AfD-Veranstaltung in seiner Heimatstadt Prenzlau redet Gnauck den Bevölkerungstausch der etablierten Parteien regelrecht herbei: "Die Altparteien von Bund und Land betreiben hier einen Bevölkerungsaustausch und werden nicht ruhen, bis jeder Winkel unseres Landes und jedes friedliche Dorf mit illegalen Migranten vollgestopft ist."
    Rechtsextreme Rhetorik nennen das Verfassungsschützer und Verfassungsrechtler. Gnauck ist nicht der Einzige. Beobachter der rechten Szene sehen das als Stimmungsmache im Stile der 1930er-Jahre. Die Jugendorganisation der AfD wisse das modern zu verpacken und zu vermarkten. In sozialen Netzwerken wie YouTube, Telegram, TikTok und Instagram macht die Junge Alternative aus ihrer Gesinnung keinen Hehl.
    Die Altparteien von Bund und Land betreiben hier einen Bevölkerungsaustausch und werden nicht ruhen, bis jeder Winkel unseres Landes und jedes friedliche Dorf mit illegalen Migranten vollgestopft ist.
    Hannes Gnauck Bundesvorsitzender Junge Alternative
    Hier ein paar Beispiele: Auf Instagram fordert die JA "die Wehrhaftigkeit von Einheimischen" ein, die sich "gegen ethnisch motivierte Angriffe zu Wehr setzen" müssten. "Die deutsche Jugend" dürfe sich dabei nicht von "Inländerfeindlichkeit" unterdrücken lassen. Neben professionell erstellten Promo-Videos rechtsextremer Produzenten von Demonstrationen und Protest-Aktionen finden sich auch Aufrufe zum Widerstand gegen einen Staat, der das Land zerstören wolle. All das ist öffentlich einsehbar.
    Ein Klick auf die Profile der verlinkten JA-Mitglieder offenbart schnell eine Welt von jungen Menschen, die sich digital zu Hause fühlen, sich selbstbewusst präsentieren und zum Mitmachen auffordern. Da ist ein junger Mann, der sich mit Reichsflaggen-Emoji auf der Brust vor den Spiegel stellt. Auf seinem T-Shirt prangt der Aufdruck der rechtsextremen Identitären Bewegung "Defend Europe", Europa verteidigen.
    Ein paar Klicks und eine Social-Media-Plattform weiter befinden sich die TikTok-Videos einer rechtsextremen Influencerin, die ebenfalls JA-Mitglied ist, als Wahlkämpferin für den rechtsextremen Landeschef Björn Höcke auftritt und bei ihrer jungen Zielgruppe für einen Partei-Eintritt bei der AfD wirbt. "AfD Mitglied kann man erst ab 16 werden […] bei der Jungen Alternative geht das schon mit 14 Jahren."
    Eine andere JA-Vertreterin posiert mit einem T-Shirt, auf dem der Schriftzug "Heimattreu" abgedruckt ist. Sie wirbt für den Onlinehandel der rechtsextremen Vereinigung "Ein-Prozent" und ihre neusten Interviews mit AfD-Politikern für den YouTube-Kanal der Jungen Alternative.
    Das ehrt eigentlich, sagen die Jugendlichen, dass sie jetzt angeblich überwacht werden. Die haben keine Angst, die kommen genauso zu uns, wie es vorher war.
    Jürgen Pohl AfD-Bundestagsabgeordneter Thüringen
    Anstatt sich von der eigenen Jugendorganisation zu distanzieren, scheinen viele mit der Einstufung durch den Bundesverfassungsschutz zu kokettieren. Er befürchte nicht, dass die Mitgliederzahlen schrumpfen, erklärt der Thüringer AfD-Abgeordnete Jürgen Pohl: "Das ehrt eigentlich, sagen die Jugendlichen, dass sie jetzt angeblich überwacht werden. Die haben keine Angst, die kommen genauso zu uns, wie es vorher war."
    Sie alle eint ihre Nähe zu AfD Landes- und Bundespolitikern, die sie mit Bildern und Videos belegen. Viele der JAler arbeiten für die Partei, machen Wahlkampf oder sitzen in Abgeordnetenbüros. Sie haben Zugang zu Landtagen, dem EU-Parlament oder zum Bundestag, in wenigen Fällen sind sie sogar selbst Abgeordnete. Der JA-Bundesvorsitzende Hannes Gnauck ist Abgeordneter des Bundestages, der Vorsitzende des sächsischen JA-Landesverbandes sitzt im sächsischen Landtag.
    All die Postings, Videos und Textbeiträge, so Verfassungsschützer gegenüber dem Mitteldeutschen Rundfunk, wurden auch vom Verfassungsschutz beobachtet. Auch Belege wie diese sorgten für die Einstufung der JA als "gesichert rechtsextrem".
    Götz Kubitschek steht auf dem Stand des Loci Verlages auf der Frankfurter Buchmesse.MIT VIDEO
    VERFASSUNGSSCHUTZ
    AfD-Jugend und "Institut für Staatspolitik" in Schnellroda als extremistisch eingestuft
    Rekrutieren für den Straßenwahlkampf
    Die Junge Alternative weiß die sozialen Netzwerke geschickt für ihre Zwecke zu nutzen. Die Mitgliederzahl der Jungen Alternative ist laut Verfassungsschützer-Kreisen zwar noch nicht groß, über die sozialen Medien erreichen sie aber eine größere Zahl von Sympathisanten. Der JA-Vorsitzende Hannes Gnauck gibt die Linie vor. In einem öffentlichen Interview mit dem ebenfalls als rechtsextrem eingestuften Verleger und Leiter des Instituts für Staatspolitik, Götz Kubitschek, erklärt Gnauck auf YouTube: "Aber es müssen deutlich mehr junge Leute in die Mandate kommen, gepaart mit dem Straßenkampf."
    AfD finanziert Junge Alternative
    Laut Verfassungsschützer-Kreisen sind soziale Netzwerke das Hauptmedium für die Botschaften der Extremisten. Geld für etwa kostspieligere Videoproduktionen käme dabei aus den Mitgliederbeiträgen der Jugendorganisation und auch der Mutterpartei, welche Zugang zur staatlichen Parteienfinanzierung hat. Somit landen auch Steuergelder in den Kassen einer rechtsextremen Partei-Jugendorganisation, der es laut Verfassungsschutz "um eine generelle Herabwürdigung des demokratischen Systems der Bundesrepublik Deutschland" geht.
    Junge Alternative und AfD verneinen
    Und was machen Weidel und Co? Trotz Einstufung durch den Verfassungsschutz sucht die Parteispitze der AfD den öffentlichen Schulterschluss mit ihrer Jugendorganisation. Am Samstag, dem 29. April zeigten Bundesspitze, Thüringer Landesverband und Junge Alternative, dass sie nach wie vor zusammenstehen. Alice Weidel machte in Erfurt Wahlkampf für Landeschef Björn Höcke, danach stellen sich die beiden Spitzenpolitiker mit Vertretern ihrer Jugendorganisation vor ein Plakat mit der Aufschrift "Unsere Heimat, unsere Zukunft".
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    Für sie sei die Junge Alternative "nichts Anderes als die Junge Union" und "gehöre zur AfD", sagt Parteichefin Alice Weidel gegenüber dem Mitteldeutschen Rundfunk. Dass der Verfassungsschutz ihre Jugendorganisation als gesichert rechtsextrem eingestuft hat, spielt für die Parteichefin keine Rolle.
    Von Distanz keine Spur
    Auch anderen AfD-Spitzenpolitikern ist das Treiben ihrer Jugendorganisation nicht zu extrem. Der parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Bundestagsfraktion, Bernd Baumann, sieht in der Jungen Alternative nichts Verfassungsfeindliches. Baumann versucht die Wortwahl der Jungen Alternative schön zu reden. "Umvolkung" könne man "so als Begriff verwenden oder nicht". Er selbst würde das nicht tun, sagt Baumann in einem Interview mit dem MDR-Hauptstadtstudio.
    Das sei reine "Definitionssache", doch es sei "ein Faktum, dass in bestimmten Stadtvierteln die Menschen den Eindruck einer Umvolkung haben könnten, weil dort der Ausländeranteil den Anteil der dort schon länger lebenden Deutschen um ein Vielfaches übersteigt." Neben der deutschen Staatszugehörigkeit, so Baumann weiter, gebe es für ihn auch ein ethnisch-kulturell deutsches Volk, was so auch im Grundgesetz vermerkt sei. Rückendeckung für die JA von höchster Stelle.
    Dass die AfD-Bundesspitze sich nach der Einstufung ihrer Jugendorganisation jetzt nicht klarer von dieser distanziere, ist für Verfassungsschützer nicht verwunderlich. Das Vorpreschen am rechten Rand und die Kritik daran, weiß die Alternative für Deutschland geschickt für sich zu nutzen, um Wähler für sich zu gewinnen.
    Der Absender der schlechten Botschaft wird selbst delegitimiert, die Aussagen des Verfassungsschutzes als unglaubwürdig abgetan. Die Einstufung der Jungen Alternative als rechtsextreme Organisation, wird mit einer Diffamierung von Staat und Behörden quittiert. Eine Einstufung, die die Junge Alternative und ihre Mutterpartei nicht hinnehmen wollen. Die JA will jetzt dagegen klagen.
    Hinweis der Redaktion:
    Im Nachgang zu dem mit Herrn Dr. Baumann geführten Interview gab es einen Schriftwechsel zwischen dem MDR und den von Herrn Dr. Baumann beauftragten Rechtsanwälten zum Verständnis des Interviews, zu dem es unterschiedliche Auffassungen gab. Herr Dr. Baumann ließ in diesem Zusammenhang klarstellend übermitteln, dass es für ihn eine "ethno-kulturelle Staatsangehörigkeit" nicht gebe. Der Artikel wurde daher an der besagten Stelle dementsprechend geändert sowie um die erläuternde Passage "in bestimmten Stadtvierteln … übersteigt" ergänzt.
    Dieses Thema im Programm:
    MDR FERNSEHEN | MDR AKTUELL TV | 11. Mai 2023 | 19:30 Uhr
    https://www.mdr.de/


    Rechtsruck in Deutschland
    :AfD-Wählende sind keine Schafherde

    Mit 18 Prozent erreichte die AfD ein Rekord-Umfragehoch in Deutschland. Doch statt sich zu distanzieren, nähern sich die anderen Parteien thematisch an.
    07.06.2023
    Schafe einer Schafherde und ihre Lämmer am Stadtrand von KölnFoto: Henning Kaiser/dpa
    Es geht wieder los. Deshalb schreibe ich jetzt etwas Ähnliches wie vor vier Wochen. Es ist wieder zu lesen, dass man schockiert ist von 18 Prozent. Dass Po­pu­lis­t*in­nen eben von Krisen profitieren, weil sie falsche Versprechungen machen, weil sie Sündenböcke finden, ohne Rücksicht auf lebensbedrohliche Verluste, weil sie vermeintlich einfache Antworten hinhalten in ihren ausgestreckten Händen auf irgendwelchen Kleinstadtmarktplätzen, um die sich seit Jahren niemand schert.
    Es sind jetzt wieder die anderen Schuld, die „schwache und beständig streitende Regierung“, so Friedrich Merz. Seine Partei hingegen habe mit der AfD „nichts zu tun“. Als hätte er nie von „kleinen Paschas“ gesprochen, als hätte die CDU keine Vornamen abfragen wollen, als hätte der Bautzener Landrat keinem AfD-Antrag zugestimmt, als setze man Rechtsextremismus nicht regelmäßig mit Linksextremismus gleich, als forderte man nicht mehr Flaggen und Nationalhymnen, als hätte man nichts am Hut mit einem Altkanzler, der weder nach Mölln noch nach Solingen fuhr.
    „Wir haben mit diesen Leuten nichts zu tun“, ist leicht behauptet. Aber dieses Land hat mit diesen Leuten alles zu tun. Das deutsche Naziproblem, die anhaltende Rechtsweitoffenheit, wird hier hausgemacht, nicht nur von Konservativen. Die Große Koalition hat ein Heimatministerium gegründet, die Grünen haben die Offenlegung der NSU-Akten blockiert, ein FDPler hat sich in Thüringen mit AfD-Stimmen zum Ministerpräsidenten wählen lassen. Und für die wachsende soziale Ungleichheit sind alle Parteien verantwortlich.
    Es macht die Sache nicht besser, dass rund zwei Drittel der 18 Prozent sagen, sie würden nicht aus Überzeugung AfD wählen, sondern aus Enttäuschung über die anderen Parteien. Ich bin auch oft enttäuscht.
    Zärtliche Zugewandtheit für die 18 Prozent
    Aber Rechtsradikale wählt nur, wer ihre Agenda unterstützt, wer sie gefährlich unterschätzt oder glaubt, sich gar nicht erst informieren zu müssen. Das könnten Po­li­ti­ke­r*in­nen häufiger in Kameras sagen, auch wenn es nur verbale Grenzen zieht.
    Stattdessen kehrt die fast zärtliche Zugewandtheit für die 18 Prozent zurück, über die man spricht wie über eine Schafherde: Was treibt sie in die Arme der Rechten? Wie erreichen wir sie nur, die besorgten Bürger*innen?
    Ich frage mich jedes Mal, was mit den anderen Besorgten ist. Die Angst haben, weil sie wissen, wie sich kleine Dammbrüche zu einem großen verbinden. Die sich nicht trauen, an einen See in Brandenburg zu fahren. Die Hakenkreuze in ihren Hausfluren finden. Die keine Rente bekommen, obwohl dieses Land ihnen Wohlstand verdankt. Die verhaftet werden, weil sie auf die Klimakrise aufmerksam machen.
    Wer Schuld trägt an deren Enttäuschungen und wie wir ihren Einsatz endlich anerkennen, darum geht es viel zu selten. Dabei wäre das demokratiestärkend – und das kann dieses Land dringend brauchen.
    https://taz.de/


     

    Staatsanwaltschaft Halle
    :Björn Höcke wegen NS-Vokabular angeklagt

    Datum:
    05.06.2023 15:48 Uhr
    Gegen Thüringens AfD-Fraktionschef Björn Höcke ist Anklage erhoben worden. Ihm wird vorgeworfen, bei einer Rede NS-Vokabular verwendet zu haben. Höcke bestreitet die Vorwürfe.
    Björn Höcke hält beim Landesparteitag der Alternative für Deutschland in Thüringen im Hotel Pfiffelburg eine Rede.
    Björn Höcke streitet die strafrechtliche Relevanz seiner Aussagen ab.
    Quelle: dpa
    Die Staatsanwaltschaft Halle hat Anklage gegen den Thüringer Fraktionschef der AfD, Björn Höcke, wegen der Verwendung von NS-Vokabular erhoben. Ihm wird das öffentliche Verwenden von Kennzeichen einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation zur Last gelegt, wie die Behörde am Montag mitteilte.
    Höcke soll vor zwei Jahren auf einer AfD-Wahlkampfveranstaltung in Merseburg in Sachsen-Anhalt die verbotene Losung der Sturmabteilung (SA) der nationalsozialistischen NSDAP "Alles für Deutschland" benutzt haben, wobei er nach Auffassung der Ermittler um die Herkunft dieses Ausdrucks gewusst haben soll. Höcke war vor seiner politischen Karriere Geschichtslehrer.
    Höcke bestritt demnach über seine Verteidigung die strafrechtliche Relevanz seiner Äußerung. Die Staatsanwaltschaft Halle wies darauf hin, dass ein hinreichender Tatverdacht keine Vorverurteilung bedeute und die Unschuldsvermutung gelte.
    Das Prinzip, "dagegen" zu sein, beschert der AfD aktuell Umfragerekorde. Inflation und Heizungsstreit befeuern Stimmverluste bei den Regierungsparteien. Profiteur ist die AfD.
    Anklage gegen AfD-Fraktionschef Björn Höcke bereits im Mai erhoben
    Im April hatte der Justizausschuss im Thüringer Landtag die bereits zuvor erfolgte Aufhebung von Höckes Immunität als Landtagsabgeordneter erweitert und damit den Weg für eine Anklageerhebung frei gemacht. Die Anklage sei bereits am 16. Mai erhoben worden, wie die Staatsanwaltschaft heute mitteilte. Die Ermittlungen gehen auf eine Anzeige des damaligen Grünen-Chefs von Sachsen-Anhalt, Sebastian Striegel, zurück.
    Die Immunität des Thüringer AfD-Rechtsaußen war bereits mehrmals wegen strafrechtlicher Ermittlungen aufgehoben worden. So verlor der AfD-Politiker seine Immunität im Dezember 2020 zeitweise, nachdem eine Anzeige wegen Volksverhetzung gestellt worden war. In einem weiteren Fall wurde Höckes Sonderstatus als Abgeordneter im Dezember 2018 auf Antrag der Staatsanwaltschaft Chemnitz vorübergehend aufgehoben. Zum Prozess gegen ihn kam es bislang nicht.
    Seit März 2021 wird der Thüringer Landesverband der AfD um seinen Vorsitzenden Höcke vom Landesamt für Verfassungsschutz als Beobachtungsobjekt im Bereich Rechtsextremismus eingestuft. Die Jugendorganisation der AfD "Junge Alternative" wurde kürzlich vom Bundesamt für Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft.
    Im Politbarometer vor den Grünen
    -Warum befindet sich die AfD im Höhenflug?
    Die AfD liegt im aktuellen ZDF-Politbarometer bei 17 Prozent - und damit erstmals seit ihrem Bundestag-Einzug vor den Grünen. Woher kommt dieser Erfolg?
    von Nicole Diekmann
    Quelle: AFP, ZDF
    https://www.zdf.de/


    Ganze AfD Verdachtsfall
    Ein Urteil und seine möglichen Folgen

    Stand: 09.03.2022 13:11 Uhr
    Der Verfassungsschutz darf die gesamte AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall einstufen. Die Partei prüft, ob sie gegen dieses Urteil in Berufung geht - denn die Folgen könnten gravierend sein.
    Jim-Bob Nickschas
    Von Jim-Bob Nickschas, ARD Berlin
    "Uns hat das Urteil des Gerichts überrascht" - mit dieser Aussage steht AfD-Bundessprecher Tino Chrupalla im politischen Berlin weitgehend alleine da. Und doch ist das Urteil des Kölner Gerichts eine Zäsur.Dass nun erstmals eine im Bundestag vertretene Partei im Ganzen vom Verfassungsschutz beobachtet werden könnte, sei nicht nur ein relevanter, sondern auch ein sicherheitspolitischer Vorgang, betont Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz. "Und er wirft natürlich Fragen auf, auch für den Deutschen Bundestag selbst, zum Beispiel bei der Geheimdienstkontrolle."Denn die AfD ist Mitglied im Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestags, das unter anderem die Arbeit des Verfassungsschutzes kontrollieren soll. Das könne so aber nicht bleiben, sagt der Vorsitzende des Gremiums, Roderich Kiesewetter. "Wenn dieses Urteil letztinstanzlich bestätigt ist, ist das natürlich nicht möglich, dass eine Partei, die als Verdachtsfall eingestuft ist, Mitglied des Kontrollgremiums ist", so der CDU-Politiker.
    Michael Huschens, Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht, steht im Gerichtssaal vor Beginn des AfD-Prozesses hinter seinem Stuhl.
    Player: videoFrank Bräutigam, SWR, zur weiteren Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz
    ANALYSE 08.03.2022 AfD unterliegt vor Gericht. Beobachten erlaubt >>>
    Frank Bräutigam analysiert das Urteil zur AfD und die möglichen Folgen. mehr
    Können AfD-Mitglieder Beamte bleiben?Doch nicht nur für die Arbeit im Bundestag könnte das Kölner Urteil weitreichende Folgen haben - sondern auch für bestimmte Mitglieder der AfD: Beamtinnen und Beamte, Beschäftigte im Öffentlichen Dienst.Sie alle hätten schließlich einen Eid auf die Verfassung abgelegt, betont der Präsident des Verfassungsschutzes, Thomas Haldenwang, im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF:
    Insofern ist eine Mitgliedschaft in der AfD durchaus kritisch zu sehen, und ich könnte mir vorstellen, dass es jetzt in zahlreichen Fällen Einzelfallprüfungen geben wird, ob diese Personen im Öffentlichen Dienst verbleiben können.
    Fähnchen mit dem Logo der AfD
    Player: audioChristoph Möllers, Staatsrechtler, zum VG-Urteil über die AfD als Verdachtsfall FAKTENFINDER
    10.03.2021 Möglicher Verdachtsfall Was passiert mit Beamten in der AfD? >>>
    Die Einstufung als Verdachtsfall könnte für manche Parteimitglieder zum Problem werden. mehr
    AfD befürchtet offenbar AustrittswelleDass solche Prüfungen für Beamtinnen und Beamte tatsächlich Konsequenzen haben, hält man im AfD-Bundesvorstand offenbar für nicht sehr wahrscheinlich. In mehreren Rundschreiben vor und nach dem Kölner Urteil, die dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegen, versucht man zu beruhigen: Beamte und Angestellte des öffentlichen Dienstes in der AfD, die nachweisbar für die freiheitlich-demokratische Grundordnung einträten, hätten weder Disziplinarmaßnahmen noch eine Kürzung ihrer Pensionsansprüche zu befürchten, heißt es da - wohl auch, um eine Austrittswelle aus der Partei zu verhindern. Offenbar hatten sich nach dem Urteil am Abend zahlreiche AfD-Mitglieder beim Vorstand gemeldet.Politisch gesehen kommt die Entscheidung für die AfD auch zur Unzeit - kurz vor mehreren Landtagswahlen. Bundesjustizminister Marco Buschmann von der FDP sprach bereits von einem Signal an die Bürgerinnen und Bürger, "sich sehr genau zu überlegen, ob man einer solchen Partei die Stimme geben kann, die eben ein Verdachtsfall ist, mindestens ein gespaltenes Verhältnis zu unserem Rechtsstaat zu haben."
    Player: audioVerdachtsfall-und jetzt? Das AfD-Urteil und seine möglichen Folgen Hintergrundbild für den Audioplayer | ARD-aktuell Verdachtsfall-und jetzt? Das AfD-Urteil und seine möglichen Folgen 00:0002:31. Jim-Bob Nickschas, Jim-Bob Nickschas, ARD Berlin, 09.03.2022 12:01 Uhr >>>
    https://www.tagesschau.de/

    AfD als Verdachtsfall eingestuft

    Deine tägliche Dosis Politik
    09.03.2022 / 2 Minuten zu lesen
    Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf die Bundes-AfD als Verdachtsfall einstufen. Das hat gestern das Kölner Verwaltungsgericht entschieden.
    Verdachtsfall AfD
    Landesverbände der AfD werden bereits in verschiedenen Bundesländern (Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg) als sogenannter extremistischer Verdachtsfall oder sogar als erwiesen rechtsextremistisches Beobachtungsobjekt (Thüringen) von den Landesbehörden des Verfassungsschutz eingestuft und beobachtet.
    Im März 2021 wurde bekannt, dass auch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) die Bundespartei als Verdachtsfall einstuft.
    Das sollte eigentlich geheim bleiben, um die Chancengleichheit der Parteien zu wahren. Das Kölner Verwaltungsgericht untersagte daraufhin bis auf weiteres die Behandlung als Verdachtsfall. Die AfD stellte zudem Eilanträge gegen die Einstufung des BfV.
    Die Entscheidung
    Das Kölner Gericht hat nun entschieden, dass die Einstufung der AfD als Verdachtsfall durch das BfV gerechtfertigt sei. Es gebe "ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen innerhalb der Partei".
    Trotz offizieller Auflösung des sogenannten "Flügels" der AfD, der als erwiesen extremistisch galt. Protagonisten dieser Gruppierung würden immer noch maßgeblichen Einfluss innerhalb Partei ausüben.
    Diese wie auch die AfD-Jugendorganisation würden einen ethnischen Volksbegriff (u. a. Ausschluss von "Fremden") propagieren, der im Widerspruch zum Grundgesetz stehe.
    Die Folgen
    Bei als Verdachtsfall eingestuften Organisationen darf der Verfassungsschutz auch verdeckt Informationen sammeln, indem es Personen observiert oder Informanten anwirbt (nach richterlichem Beschluss).
    Das BfV darf die Einstufung auch öffentlich mitteilen, um eine politische Auseinandersetzung zu ermöglichen.
    Die AfD will das Urteil prüfen und ggf. weitere Schritte dagegen einleiten.
    https://www.bpb.de/kurz-knapp/


    „Die AfD ist eine rechtsextreme Partei, die das Land aus den Fugen bringen will“

    Stand: 02.07.2023 | Lesedauer: 2 Minuten
    Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil will dem Umfragehoch der AfD mit mehr Bürgernähe entgegentreten. Die Partei sei „der politische Gegner aller Demokraten“. Auch die Kampfansage von CDU-Chef Friedrich Merz an die Grünen kritisiert er.
    SPD-Chef Lars Klingbeil sieht mehr Bürgernähe der Politiker als ein Mittel gegen das Umfragehoch der AfD. „Ich glaube, wir brauchen drei Dinge. Erstens: gute Politik, die die Alltagsprobleme der Menschen anpackt.“ Die Themen seien Löhne, Wohnen, Rente und bezahlbare Energie, sagte er der „Bild am Sonntag“. „Zweitens: einen politischen Stil, der den Leuten nicht erklärt, wie sie sein sollen, sondern ernst nimmt, was sie umtreibt. Und drittens: öfter mal raus aus Berlin und mit den Menschen im ganzen Land reden. Wir dürfen nicht ,die da in Berlin‘ sein.“
    Auf die Frage, ob die SPD zu viel übers Gendern und zu wenig über die konkreten Probleme der Menschen rede, sagte Klingbeil: „Also der Einzige, den ich kenne, der ständig übers Gendern redet, ist Friedrich Merz. Diese unnützen Debatten auf Nebenschauplätzen stärken am Ende nur die, die verächtlich auf unsere Gesellschaft gucken.“
    Klingbeil kritisierte auch die Aussage von CDU-Chef Merz, die Grünen seien die Hauptgegner der Union in der Bundesregierung. „Die Ansage musste ich erst mal sacken lassen. Man kann doch nicht unmittelbar, nachdem der erste AfD-Landrat gewählt wurde, die Grünen zum größten politischen Gegner erklären“, sagte Klingbeil. „Die AfD ist eine rechtsextreme Partei, die das Land aus den Fugen bringen und die Gesellschaft spalten will. Sie ist der politische Gegner für alle Demokraten.“
    Am vergangenen Wochenende war der AfD-Kandidat Robert Sesselmann im Landkreis Sonneberg zum ersten AfD-Landrat Deutschlands gewählt worden, was bei vielen Politikern anderer Parteien für Entsetzen sorgte. Die Thüringer AfD wird vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft und beobachtet.

    Klingbeil erklärte in dem Interview zudem, die SPD wolle sich für eine Erhöhung des Mindestlohns auf bis zu 14 Euro pro Stunde einsetzen. „Wir werden dafür sorgen, dass Deutschland die Europäische Mindestlohnrichtlinie im nächsten Jahr umsetzt. Darauf wird die SPD in der Bundesregierung drängen“, sagte der SPD-Chef. „Dann kann auch der Mindestlohn noch einmal ansteigen. Bei einer vollständigen Umsetzung wären das laut Experten zwischen 13,50 und 14 Euro.“
    Auf Vorschlag der Mindestlohnkommission vom Montag soll der Mindestlohn in Deutschland zum 1. Januar 2024 von 12 auf 12,41 Euro und ein Jahr später auf 12,82 Euro angehoben werden. Klingbeil sagte dazu, dass die Erhöhung nicht ausreichend sei. „Das Leben ist teurer geworden, deshalb brauchen wir generell höhere Löhne im Land.“ Er sei erschrocken darüber, dass die Arbeitgeberseite nicht sehe, wie die Lebensrealität von vielen Millionen Arbeitnehmern in Deutschland sei.
    dpa/gub
    https://www.welt.de/


    Umfrage des FOCUS-Magazins
    Fast jeder dritte Unions-Anhänger lehnt „Brandmauer“ zur AfD ab

    Fast jeder dritte Unions-Anhänger lehnt „Brandmauer“ zur AfD ab
    FOCUS online/Wochit Fast jeder dritte Unions-Anhänger lehnt „Brandmauer“ zur AfD ab
    Freitag, 30.06.2023, 13:13
    Eine repräsentative Umfrage, die im Juni im Auftrag des FOCUS-Magazins durchgeführt wurde, ergab, dass 55 Prozent der Deutschen eine Koalition von Union, SPD, Grünen, FDP oder Linken mit der AfD kategorisch ablehnen. 36 Prozent finden eine solche ,,Brandmauer" falsch. Vor allem Anhänger der Union lehnen sie ab.
    Eine Mehrheit der Deutschen will keine politische Zusammenarbeit von Union, SPD, Grünen, FDP und Linken mit der Alternative für Deutschland (AfD). Das ergibt eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Kantar für das FOCUS-Magazin (1006 Befragte am 27. und 28. Juni 2023). Demnach sind 55 Prozent der Bundesbürger für eine sogenannte „Brandmauer“ zur AfD. Dagegen finden es 36 Prozent nicht richtig, dass Parteien Abstimmungen und Koalitionen mit der AfD kategorisch ausschließen.
    Insbesondere unter den Anhängern von CDU und CSU ist die Ablehnung einer solchen „Brandmauer“ mit 31 Prozent recht groß, am höchsten ist sie mit 90 Prozent unter Anhängern der AfD.
    Merz lehnte Zusammenarbeit mit der AfD schon 2021 ab
    CDU-Chef Friedrich Merz hatte im Jahr 2021 für seine Partei jegliche Zusammenarbeit ausgeschlossen: „Mit mir wird es eine Brandmauer zur AfD geben. Da werde ich sehr konsequent sein“, sagte er schon vor zwei Jahren.
    Nach Ansicht des konservativen Politologen Werner Patzelt sind die Zeiten vorbei, „in denen die CDU ein Zusammenwirken mit einer systemtragenden AfD hätte anbahnen können“. Entsprechende Angebote an die heutige AfD würde laut Patzelt „kein CDU-Anführer politisch überleben“.
    De Vries: „Abgrenzung zur AfD ersetzt keine politische Strategie“
    Vor allem Abgeordnete aus dem konservativen Flügel der CDU fordern indes einen härteren Umgang mit der Bundesregierung, um AfD-Wähler zu überzeugen. „Unsere Aufgabe als Union muss es sein, sich deutlich und wahrnehmbar gegen die desolate Ampelpolitik zu positionieren“, sagt der Hamburger Bundestagsabgeordnete Christoph de Vries.
    „Mit Beschimpfung und Wählerschelte à la Grüne und SPD wird man die Menschen nicht für die demokratische Mitte zurückgewinnen können.“ Der Abgrenzungsbeschluss zur AfD sei „ohne Abstriche richtig“, ersetze aber „keine politische Strategie in der Auseinandersetzung mit der AfD“, erklärte er.
    wop/FOCUS Magazin
    https://www.focus.de/


    Verfassungsrechtler kritisiert nachträglichen Demokratie-Check

    Stand: 30.06.2023 | Lesedauer: 3 Minuten
    Björn Höcke (l.) und AfD-Landrat Robert Sesselmann
    Quelle: AFP/FERDINAND MERZBACH
    Robert Sesselmann wurde als erster AfD-Landrat Deutschlands gewählt. Nun soll seine Verfassungstreue überprüft werden. Der Jenaer Verfassungsrechtlers Michael Brenner hält den Zeitpunkt der Untersuchung für falsch.
    Aus Sicht des Jenaer Verfassungsrechtlers Michael Brenner wäre ein Verfassungstreue-Check des AfD-Politikers Robert Sesselmann vor der Landratswahl in Sonneberg besser gewesen. Eine nachträgliche Überprüfung sei zwar rechtlich möglich, aber „politisch heikel“, sagte Brenner der Nachrichtenagentur dpa in Erfurt.
    Seiner Meinung nach ist immer eine Einzelfallprüfung nötig, dafür wäre aber auch vor der Wahl genügend Zeit gewesen. „Dann hätte ein unabhängiges Verwaltungsgericht geprüft, ob eine Nicht-Zulassung zur Wahl rechtmäßig gewesen wäre oder nicht. Und die wären dann schon in eine tiefe Sachverhaltsprüfung eingestiegen“, sagte Brenner.
    Robert Sesselmann wurde am Sonntag im Landkreis Sonneberg zum ersten AfD-Landrat Deutschlands gewählt, was bei vielen Politikern anderer Parteien für Entsetzen sorgte. Die Thüringer AfD wird vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft und beobachtet. Aufgrund dieser Einstufung will das Landesverwaltungsamt nun prüfen, ob Sesselmann als Landrat geeignet ist.
    Hintergrund ist das Thüringer Kommunalwahlgesetz, wonach als Landrat nicht gewählt werden kann, „wer nicht die Gewähr dafür bietet, dass er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und der Landesverfassung eintritt“. Dies sei der Maßstab für die Überprüfung, hatte Kommunalstaatssekretärin Katharina Schenk gesagt, bei Sesselmann gebe es Zweifel. Der parlamentarische Geschäftsführer der Thüringer AfD-Fraktion, Torben Braga, nannte die Überprüfung einen „Angriff auf die Demokratie“.
    Auf welche Grundlage wird geurteilt?
    „Man will ja keinen Verfassungsfeind als Chef eines Landratsamtes haben“, betont Brenner. Allerdings sei eine umfassende Gesamtbeurteilung nötig. Da gehe es etwa darum, ob sich Sesselmann verfassungsfeindlich geäußert hat – und vor welchen Zuhörern.
    Es mache beispielsweise einen Unterschied, ob jemand bei einer Wahlkampfveranstaltung auftritt und plakative Thesen vertrete oder ob man bei einer Veranstaltung des „Flügels“ der AfD auftrete. Der „Flügel“ als Gruppierung innerhalb der AfD um Thüringens AfD-Landesparteichef Björn Höcke wurde im März 2020 als erwiesen rechtsextrem eingestuft und später von der AfD formal aufgelöst.
    Brenner sagte, ein solches Gesamtbild dürfe sich wohl auch nicht nur auf Landtagsreden stützen, denn Abgeordnete genießen Indemnität. Indemnität bedeutet vereinfacht, dass ein Abgeordneter weder dienstlich noch gerichtlich verfolgt werden kann, wegen Äußerungen, die er im Parlament tätigt. Brenner zufolge können Landtagsreden ein „Mosaikstein“ in der Gesamtabwägung sein. „Ich würde jetzt, wenn ich es bewerten müsste, Äußerungen auf einem AfD-Parteitag viel größere Bedeutung beimessen“, sagte Brenner.
    Komme die Überprüfung zu dem Schluss, dass Sesselmann für den Posten nicht geeignet sei, müsse er aus dem Amt entfernt werden, sagte Brenner. „Dann wäre natürlich der nächste Schritt, dass er gegen diese Entfernung aus dem Amt klagt. Und dann sind wir auch wieder beim Verwaltungsgericht.“
    dpa/ll
    https://www.welt.de/


    Maschinengewehre, Pistolen, Munition
    Ermittler stellen riesiges Waffenlager bei rechter Rockerbande in Österreich sicher

    Sie horteten mehr als 10.000 Schuss Munition, Gewehre, Pistolen, NS-Devotionalien: Bei einer Razzia in Österreich haben die Behörden ein Waffenarsenal ausgehoben. Es wird einer rechten Rockerbande zugerechnet.
    29.06.2023, 14.49 Uhr
    Artikel zum Hören•3 Min
    Ein Teil der sichergestellten Waffen und Munition: Die Waffen sollen in einem Bauernhof und im Keller eines Rotlichtlokals gefunden worden sein Foto: Gerd Pachauer / BMI / AP
    Der Zugriff erfolgte bereits am Montag, nun haben die Behörden in Österreich darüber informiert: Die Polizei hat bei Hausdurchsuchungen in Oberösterreich und Niederösterreich ein großes Waffenarsenal bei Rockern sichergestellt, die der rechtsextremen Szene zugerechnet werden. Die Gruppe ist ein Ableger der »Bandidos«, die auch in vielen anderen Ländern aktiv sind.
    Es seien mehr als 70 Langwaffen gefunden worden, darunter Maschinengewehre und Maschinenpistolen, sagte der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Franz Ruf. Außerdem wurden nach Angaben der Ermittler Granatwerfer, rund hundert Pistolen, 400 teils schussbereite Signalwaffen, mehr als 10.000 Schuss Munition unterschiedlichen Kalibers sowie 1000 Waffenteile gefunden, die zur Herstellung von 500 Pistolen geeignet gewesen wären. Die Waffen hatten laut Behörden einen Gesamtwert von 1,5 Millionen Euro. Die Waffen sollen etwa in einem Bauernhof und im Keller eines Rotlichtlokals gefunden worden sein.
    Auch etwa 550 NS-Devotionalien wie Medaillen, Fahnen und Schriften, sowie 600.000 Euro Bargeld seien sichergestellt worden. Ermittler fanden zudem ein Kilogramm Kokain und fünf Kilo Cannabis, berichtete die Zeitung »Standard« .
    NS-Devotionalien: Razzia mit 13 Hausdurchsuchungen Foto: BMI/Gerd Pachauer / AP
    Zehn Verdächtige wurden unter anderem wegen Verstößen gegen das Waffengesetz festgenommen. Der Zeitung zufolge fielen sie bereits in der Vergangenheit durch Körperverletzungen und Erpressungen, aber auch Hetze gegen die migrantische Community und antisemitische Aussagen auf. Es handle sich um österreichische Staatsbürger im Alter zwischen 35 und 50 Jahren.
    »Die Sicherstellung von automatischen Waffen ist ein alarmierender Hinweis darauf, wie gefährlich diese Szene ist«, sagte Justizministerin Alma Zadić (Grüne). Die Verdächtigen, die zu den Vorwürfen nach Angaben der Behörden schweigen, seien äußerst konspirativ vorgegangen, hieß es.
    Ein Festgenommener »sehr hohe Führungsperson« einer ehemaligen Neonazi-Gruppe
    Generell sei zu beobachten, dass sich die Szene in einem »Professionalisierungsschub« befinde und sich stärker denn je international zu vernetzen versuche, sagte der Leiter der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DNS), Omar Haijawi-Pirchner. 2022 habe es in der rechtsextremen Szene in Österreich 660 Ermittlungsverfahren, 100 Hausdurchsuchungen und 37 Festnahmen gegeben.
    Die Ermittlungen gegen die Rocker hätten begonnen, nachdem die Fahnder 2021 von Expansionsplänen der Gruppe »Bandidos« nach Österreich erfahren hätten. Unter den Festgenommenen sei auch eine »sehr hohe Führungsperson« einer ehemaligen Neonazi-Gruppe.
    ulz/dpa
    https://www.spiegel.de/


    Nach Landratswahl in Sonneberg : Darum muss AfD-Landrat Sesselmann zum Demokratie-Test

    27.06.23, 17:29 Uhr | Von Helge Denker
    Im Landkreis Sonneberg haben sich die Bürger entschieden: Der AfD-Politiker Robert Sesselmann soll ihr neuer Landrat werden. Doch der Rechtsanwalt und Landtagsabgeordnete gehört dem Thüringer Landesverband der AfD mit ihrem Chef Björn Höcke an, die vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft wurde und beobachtet wird. Kann so jemand ein kommunales Spitzenamt übernehmen? Das soll nun überprüft werden, sagte Thüringens Innenstaatssekretärin Katharina Schenk (SPD) am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur.
    Die wichtigsten Fragen und Antworten im Fall Sesselmann:
    Müssen Landräte auf dem Boden der demokratischen Grundordnung stehen?
    Da ist das Thüringer Kommunalwahlgesetz klar: Ja, müssen sie genauso wie Bürgermeister. In dem Gesetz steht, dass zum Landrat nicht gewählt werden kann, „wer nicht die Gewähr dafür bietet, dass er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und der Landesverfassung eintritt“. Nach Schenks Angaben sei dies bei Sesselmann der Prüfmaßstab.
    Lesen Sie auch:  >> Gibt es bei Sesselmann Zweifel?
    Ja, weil sein AfD-Landesverband schon im März 2021 vom Thüringer Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextremistische Bestrebung eingestuft wurde und beobachtet wird. Im Thüringer Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2021 heißt es unter anderem: „Funktionäre und Mandatsträger traten nicht öffentlich gegen das extremistische Gepräge des Landesverbandes und seine in erheblichen Teilen erwiesen extremistische Programmatik auf. Bemühungen, Extremisten durch parteiinterne Verfahren auszuschließen oder zur Mäßigung anzuhalten, blieben aus.“ Sesselmann sitzt für die AfD als Abgeordneter im Thüringer Landtag und ist als Beisitzer im Vorstand der Thüringer AfD.
    Schenk sagte, dass es sich bei der Überprüfung um einen regulären Vorgang und um eine Einzelfallprüfung handele. Allerdings müsse es schon Anhaltspunkte für einen solchen Prüfvorgang geben. Bei Sesselmann sei dies mit der Einstufung der Thüringer AfD durch den Landesverfassungsschutz gegeben.
    Wie läuft so eine Überprüfung genau ab?
    Zuständig ist das Thüringer Landesverwaltungsamt - als Rechtsaufsichtsbehörde. Es kann nun unter anderem beim Landesverfassungsschutz oder beim Bundesarchiv Informationen einholen, um sich ein Bild zu machen.
    Hätte bereits Sesselmanns Kandidatur überprüft werden müssen?
    Tatsächlich muss der Wahlausschuss im jeweiligen Landkreis prüfen, ob die Kandidatinnen und Kandidaten für eine Landratswahl alle nötigen Voraussetzungen erfüllen. Nach Angaben des Landratsamts Sonneberg hatte der Wahlausschuss beschlossen, dass der Wahlvorschlag der AfD formal die Anforderungen erfüllte. „Die Unterlagen waren vollständig und rechtzeitig eingegangen. Die Erklärung des Bewerbers zur Frage der wissentlichen Zusammenarbeit mit der Staatssicherheit wurde verneint und die Eignung für die Berufung in ein Beamtenverhältnis erklärt“, teilte ein Sprecher mit. Schenk sagte, dass Wahlausschüsse für eine solche Überprüfung in der Regel nicht viel Zeit hätten, sich aber an den Verfassungsschutz wenden könnten, um Informationen über den jeweiligen Bewerber zu erhalten.
    Können auch Bürger die Wahl anfechten?
    Ja, das geht. Nach Angaben des Innenministeriums kann jeder Wahlberechtigte die Wahl anfechten, Parteien oder Wählergruppen dürfen dies hingegen nicht. Außerdem gibt es zeitliche Grenzen: Zwei Wochen sind Zeit, um die Wahl anzufechten - ab der Bekanntgabe des Wahlergebnisses. Im Fall von Sesselmann findet nun aber zunächst eine Überprüfung von Amtswegen statt. Wann mit einem Ergebnis zu rechnen ist, war zunächst unklar.
    Wie stark kann Sesselmann als Landrat politisch gestalten?
    Ein Landrat ist Chef einer Behörde, die in der Regel Hunderte Mitarbeiter hat. Er muss die Beschlüsse des Kreistages umsetzen, aber auch Gesetze, Verordnungen und Regelungen von Landtag und Bundestag. Er hat keinen Einfluss auf Grundsätze der Migrations- oder Energiepolitik, kann aber zusammen mit dem Kreistag entscheiden, wo Geflüchtete untergebracht werden oder ob und wo Flächen für erneuerbare Energien entstehen. Der Landrat ist eine Art Geschäftsführer des Kreises, in der Praxis geht es um die Infrastruktur wie Straßen und ÖPNV, Tourismus oder die Sanierung von Schulen.
    https://www.berliner-kurier.de/


    Robert Sesselmann: Was der Demokratie-Check bei Sonnebergs AfD-Landrat bedeutet

    Dienstag, 27.06.2023, 22:21
    Das Landesverwaltungsamt in Thüringen prüft, ob Robert Sesselmann als Landrat geeignet ist. Es bestünden Zweifel, da die Thüringer AfD als rechtsextremistisch eingestuft wurde.
    Das Thüringer Landesverwaltungsamt soll beim Sieger der Landratswahl im Landkreis Sonneberg, dem AfD-Politiker Robert Sesselmann, einen Demokratie-Check durchführen. Es gebe eine Überprüfung von Amtswegen, sagte Thüringens Innenstaatssekretärin Katharina Schenk am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Hintergrund sind Regeln im Thüringer Kommunalwahlgesetz. Sesselmann wurde am Sonntag mit 52,8 Prozent der Stimmen bei einer Stichwahl zum ersten AfD-Landrat Deutschlands gewählt.
    Müssen Landräte auf dem Boden der demokratischen Grundordnung stehen?
    Da ist das Thüringer Kommunalwahlgesetz klar: Ja, müssen sie genauso wie Bürgermeister. In dem Gesetz steht, dass zum Landrat nicht gewählt werden kann, „wer nicht die Gewähr dafür bietet, dass er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und der Landesverfassung eintritt“. Nach Schenks Angaben sei dies bei Sesselmann der Prüfmaßstab.
    Gibt es bei Sesselmann Zweifel?
    Ja, weil sein AfD-Landesverband schon im März 2021 vom Thüringer Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextremistische Bestrebung eingestuft wurde und beobachtet wird. Im Thüringer Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2021 heißt es unter anderem: „Funktionäre und Mandatsträger traten nicht öffentlich gegen das extremistische Gepräge des Landesverbandes und seine in erheblichen Teilen erwiesen extremistische Programmatik auf. Bemühungen, Extremisten durch parteiinterne Verfahren auszuschließen oder zur Mäßigung anzuhalten, blieben aus.“ Sesselmann sitzt für die AfD als Abgeordneter im Thüringer Landtag und ist als Beisitzer im Vorstand der Thüringer AfD.
    Schenk sagte, dass es sich bei der Überprüfung um einen regulären Vorgang und um eine Einzelfallprüfung handele. Allerdings müsse es schon Anhaltspunkte für einen solchen Prüfvorgang geben. Bei Sesselmann sei dies mit der Einstufung der Thüringer AfD durch den Landesverfassungsschutz gegeben.
    Wie läuft so eine Überprüfung ab?
    Zuständig ist das Thüringer Landesverwaltungsamt - als Rechtsaufsichtsbehörde. Es kann nun unter anderem beim Landesverfassungsschutz oder beim Bundesarchiv Informationen einholen, um sich ein Bild zu machen.
    Hätte bereits Sesselmanns Kandidatur überprüft werden müssen?
    Tatsächlich muss der Wahlausschuss im jeweiligen Landkreis prüfen, ob die Kandidatinnen und Kandidaten für eine Landratswahl alle nötigen Voraussetzungen erfüllen. Nach Angaben des Landratsamts Sonneberg hatte der Wahlausschuss beschlossen, dass der Wahlvorschlag der AfD formal die Anforderungen erfüllte. „Die Unterlagen waren vollständig und rechtzeitig eingegangen. Die Erklärung des Bewerbers zur Frage der wissentlichen Zusammenarbeit mit der Staatssicherheit wurde verneint und die Eignung für die Berufung in ein Beamtenverhältnis erklärt“, teilte ein Sprecher mit. Schenk sagte, dass Wahlausschüsse für eine solche Überprüfung in der Regel nicht viel Zeit hätten, sich aber an den Verfassungsschutz wenden könnten, um Informationen über den jeweiligen Bewerber zu erhalten.
    Können auch Bürger die Wahl anfechten?
    Ja, das geht. Nach Angaben des Innenministeriums kann jeder Wahlberechtigte die Wahl anfechten, Parteien oder Wählergruppen dürfen dies hingegen nicht. Außerdem gibt es zeitliche Grenzen: Zwei Wochen sind Zeit, um die Wahl anzufechten - ab der Bekanntgabe des Wahlergebnisses. Im Fall von Sesselmann findet nun aber zunächst eine Überprüfung von Amtswegen statt. Wann mit einem Ergebnis zu rechnen ist, war zunächst unklar.
    Wie stark kann Sesselmann als Landrat politisch gestalten?
    Ein Landrat ist Chef einer Behörde, die in der Regel Hunderte Mitarbeiter hat. Er muss die Beschlüsse des Kreistages umsetzen, aber auch Gesetze, Verordnungen und Regelungen von Landtag und Bundestag. Er hat keinen Einfluss auf Grundsätze der Migrations- oder Energiepolitik, kann aber zusammen mit dem Kreistag entscheiden, wo Geflüchtete untergebracht werden oder ob und wo Flächen für erneuerbare Energien entstehen. Der Landrat ist eine Art Geschäftsführer des Kreises, in der Praxis geht es um die Infrastruktur wie Straßen und ÖPNV, Tourismus oder die Sanierung von Schulen.
    cei/dpa
    https://www.focus.de/


    „Die AfD schürt ein Klima, das dem Standort Deutschland schadet“

    Stand: 14:46 Uhr | Lesedauer: 3 Minuten
    Bundesinnenministerin Nancy Faeser warnt nach dem AfD-Sieg in Sonnenberg vor negativen Folgen für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Die Partei werde „zum Chancen-Tod“ für Regionen, die einen Aufschwung bräuchten.
    Bundesinnenministerin Nancy Faeser warnt nach dem AfD-Sieg in Sonnenberg vor negativen Folgen für den Wirtschaftsstandort. Und Thüringens Verfassungsschutzpräsident Stephan Kramer würde im Fall einer Regierungsbeteiligung der AfD Deutschland noch am selben Tag mit seiner Familie verlassen.
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    Nach der Wahl des bundesweit ersten AfD-Landrats in Thüringen hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser eine klare Abgrenzung gegenüber der Partei gefordert. „Es darf keinerlei Anbiederung und keinerlei Übernahme der politischen Positionen und der menschen- und demokratieverachtenden Sprache der AfD geben“, sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Die AfD wird immer dann stark, wenn in der Mitte der Gesellschaft rechte Themen hochgepeitscht und Begriffe und Positionen übernommen werden.“
    Kein Demokrat dürfe Zweifel daran aufkommen lassen, dass „die Brandmauer nach rechts“ stehe. „In Thüringen hat diese Brandmauer schon spätestens seit der kurzzeitigen Wahl eines Ministerpräsidenten mit Stimmen der AfD gewackelt.
    So verschieben sich Grenzen im politischen Spektrum, die nicht verschoben werden dürfen.“ 2020 war der FDP-Politiker Thomas Kemmerich mit Stimmen von CDU, AfD und FDP zum Thüringer Ministerpräsidenten gewählt worden, nach großer öffentlicher Empörung aber kurz darauf wieder zurückgetreten.
    LESEN SIE AUCH WELT-Chefredakteur Ulf Poschardt LANDRATSWAHL Das Untergangsgeheul hilft allein der AfD >>>
    „Die AfD schürt ein Klima, das dem Standort Deutschland schadet“, sagte Faeser. „Ein solches Klima schreckt qualifizierte Arbeits- und Fachkräfte aus dem Ausland, die unsere Wirtschaft dringend braucht, ab. So wird die AfD zum Chancen-Tod gerade für die Regionen, die wirtschaftlichen Aufschwung brauchen und dafür dringend auf qualifizierte Arbeitskräfte angewiesen sind.“
    Kramer: Würde Deutschland bei AfD-Regierungsbeteiligung verlassen
    Thüringens Verfassungsschutzpräsident Stephan Kramer würde nach eigenen Angaben im Fall einer Regierungsbeteiligung der AfD Deutschland noch am selben Tag mit seiner Familie verlassen. Das sagte Kramer in einem Gespräch mit dem israelischen Kan-Sender, das am Dienstag in Teilen vorab veröffentlicht wurde und das am Abend ausgestrahlt werden sollte. Kramer war 15 Jahre lang Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland.
    „Die AfD ist der parlamentarische Arm einer viel größerem Verschwörung, einer revolutionären Verschwörung, sie wollen die Regierung bezwingen, den Staat, und das ganze System, das in der Bundesrepublik Deutschland eingerichtet wurde“, sagte Kramer in dem auf Englisch geführten Interview.
    Auf die Frage des israelischen Interviewers, ob der AfD-Politiker Björn Höcke ein „Nazi im Anzug“ sei, sagte Kramer: „Er ist ein Rechtsextremer, aber das ist mehr oder weniger dieselbe Beschreibung, aber etwas höflicher.“ Höcke ist Chef des AfD-Landesverbands Thüringen, der vom Verfassungsschutz als erwiesen rechtsextremistisch eingestuft und beobachtet wird. Der Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, bezeichnet Höcke selbst als „Rechtsextremisten“.
    „Die Mütter und Väter unserer Verfassung haben sehr deutlich gemacht, dass es eine rote Linie gibt“, sagte Kramer. Eine Demokratie könne die Feinde der Demokratie nicht tolerieren. Die Frage, ob die AfD mit der roten Linie spiele, bejahte er.
    Im südthüringischen Kreis Sonneberg war am Sonntag erstmals in Deutschland ein AfD-Kandidat zum Landrat gewählt worden. Dies hatte die Debatte über die Verantwortung für den aktuellen Höhenflug der AfD weiter angefacht. Der Landes-Verfassungsschutz bewertet die Thüringer AfD als „gesichert rechtsextrem“, bundesweit stuft der Verfassungsschutz die Partei als Verdachtsfall ein.
    https://www.welt.de/


    BUNDESINNENMINISTERIN
    AfD-Sieg in Thüringen: Innenministerin Faeser warnt deutlich – und hat Forderung

    27.06.2023, 06:22
    Jochen Gaugele undThorsten Knuf
    Sonneberg: Erstmals AfD-Politiker zum Landrat gewählt
    Der AfD-Kandidat Robert Sesselmann hat die Landrats-Stichwahl in Sonneberg in Thüringen gewonnen und ist damit der erste Politiker der Partei in seinem solchen kommunalen Spitzenamt.
    Nach dem AfD-Sieg bei einer Landratswahl warnt die Bundesinnenministerin vor wirtschaftlichen Konsequenzen – und hat eine Forderung.
    Nach dem Sieg des AfD-Kandidaten bei der Landratswahl im südthüringischen Kreis Sonneberg hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) vor negativen Folgen für den Wirtschaftsstandort Deutschland gewarnt. Faeser sagte unserer Redaktion, die AfD habe auf die Herausforderungen des Landes keinerlei Antworten. „Im Gegenteil: Die AfD schürt ein Klima, das dem Standort Deutschland schadet. Ein solches Klima schreckt qualifizierte Arbeits- und Fachkräfte aus dem Ausland, die unsere Wirtschaft dringend braucht, ab.“ Die Innenministerin ergänzte: „So wird die AfD zum Chancen-Tod gerade für die Regionen, die wirtschaftlichen Aufschwung brauchen und dafür dringend auf qualifizierte Arbeitskräfte angewiesen sind.“
    Faeser: Brandmauer nacht rechts muss stehen
    Faeser sagte mit Blick auf die politischen Wettbewerber, kein Demokrat dürfe Zweifel daran aufkommen lassen, dass die Brandmauer nach rechts steht. Deshalb dürfe es keine Anbiederung und keinerlei Übernahme der politischen Positionen und der „menschen- und demokratieverachtenden Sprache“ der AfD geben. „Die AfD wird immer dann stark, wenn in der Mitte der Gesellschaft rechte Themen hochgepeitscht und Begriffe und Positionen übernommen werden. Die Lehre für alle Demokraten muss sein, um die besten Lösungen zu ringen, ohne in die hasserfüllte Sprache der Populisten zu verfallen.“
    Am Sonntag hatte der AfD-Kandidat Robert Sesselmann klar die Stichwahl um das Amt des Landrats im Landkreis Sonneberg gewonnen. Er setzte sich gegen einen Bewerber von der CDU durch, zu dessen Wahl auch SPD, Linke, Grüne und FDP aufgerufen hatten. Damit bekleidet erstmals ein AfD-Vertreter ein kommunales Spitzenamt in Deutschland. Thüringens Verfassungsschutz stuft den dortigen AfD-Landesverband um dessen Chef Björn Höcke als „gesichert rechtsextremistisch“ ein. Sesselmann ist Beisitzer im Landesvorstand seiner Partei.
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    Axel Reitz: Ehemaliger „Hitler von Köln“ warnt jetzt vor der AfD

    Die Bundessprecher Tino Chrupalla und Alice Weidel feiern zehn Jahre AfD.
    Michael Kappeler/dpa Die Bundessprecher Tino Chrupalla und Alice Weidel feiern zehn Jahre AfD.
    Freitag, 23.06.2023, 14:36
    Der ehemalige Neonazi Axel Reitz erhebt seine Stimme gegen den rasanten Aufstieg der AfD und warnt vor den möglichen Konsequenzen. Besorgniserregend seien vor allem die Verschiebungen im öffentlichen Diskurs, bei denen rechtsextreme Ideologien zunehmend Raum gewännen.
    Die AfD befindet sich bundesweit im Umfragehoch und liegt nach aktuellen Umfragen mit 19 Prozent auf Platz zwei. Die Parteivorsitzende Alice Weidel hat sogar eine Kanzlerkandidatur für die nächste Bundestagswahl 2025 angekündigt. Für den Verfassungsschutz sind die hohen Umfragewerte besorgniserregend. Im Gespräch mit dem „ZDF“ erklärte Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang, die Bevölkerung und Politik müsse „wachgerüttelt“ werden.
    Auch Axel Reitz, ehemaliger hochrangiger Neonazi-Kader, äußerte im Gespräch mit der „Welt“ seine besorgte Sicht auf die gegenwärtige Stimmung in Deutschland und warnte vor einem Erstarken von Extremismus. Der Aussteiger, der auch als „Hitler von Köln“ bekannt war, wandte sich 2011 von der rechtsextremen Szene ab und arbeitet heute in der Extremismusprävention.
    „Wir haben heute tatsächlich Zustände in diesem Land, von denen ich als Neonazi nur hätte träumen können“, sagte Reitz im Interview mit der „Welt“. Besorgniserregend seien vor allem die Verschiebungen im öffentlichen Diskurs, bei denen rechtsextreme Ideologien zunehmend Raum gewännen. Dabei zog er Parallelen zwischen seiner eigenen Vergangenheit und der Rhetorik von Thüringens AfD-Chef Björn Höcke.
    https://www.focus.de/


    Bautzener Rede: „Unsere Gesellschaft rutscht nach rechts weg“

    BAUTZEN
    04.06.2023, 15:15
    Der Direktor der Gedenkstätte Buchenwald Jens-Christian Wagner fordert im Bautzener Dom mehr Widerspruch gegen Geschichtsverdrehung, Verschwörungslegenden und die AfD.
    3 Min.
    Jens-Christian Wagner, Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, sprach bei den Bautzener Reden im Dom St. Petri.
    © Steffen Unger
    Bautzen. Es ist eine Zahl, die aufmerken lässt: Bis zu 18 Prozent der Stimmen würde die AfD nach aktuellen Umfragen bei der nächsten Bundestagswahl erhalten. Vor allem in Ostdeutschland ist die Zustimmung groß. Besorgniserregend, nennt der Historiker Jens-Christian Wagner diese Situation. Wagner ist Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald. Am Freitag sprach er im Rahmen der „Bautzener Reden“ im Dom St. Petri. Deutlich wandte er sich dabei gegen die Vorstellung, die AfD oder die sogenannten Montagsspaziergänge nur als Protest-Phänomen zu verstehen. Wer die AfD oder andere extrem Rechte wähle, wisse für welche menschenverachtende Politik er stimme.
    Wagners Vortrag vor 150 Zuhörern stand unter dem Motto „Aus der Geschichte lernen?“. Ausgangspunkt seiner Gedanken war ein offenkundiger Widerspruch: So gilt Deutschland als „Erinnerungsweltmeister“ mit einem umfassenden Netz an Gedenkorten an die Zeit des Nationalsozialismus, zugleich jedoch herrsche in der Öffentlichkeit häufig ein falscher Eindruck vor: Nach wie vor seien viele Menschen überzeugt, dass die Verbrechen der NS-Zeit im Verborgenen begangen wurden und die meisten Deutschen nichts oder wenig davon wussten.
    NS-Verbrechen ohne Bevölkerung nicht denkbar
    Tatsächlich jedoch war Deutschland überzogen mit einem dichten Netz an KZ-Haupt- und Außenlagern, stellt Wagner fest. Hinzu kamen Tausende Lager anderer Kategorien: für Kriegsgefangene oder Sinti und Roma. Dazu Gefängnisse, Euthanasieanstalten, Gestapolager. „Mit den Lagern und Tatorten waren auch die Verbrechen an den Insassen für die deutsche Bevölkerung deutlich sichtbar – es waren öffentliche Verbrechen“, so der Historiker. Überdies sei das Geschehen in den Lagern nicht denkbar ohne die Gesellschaft jenseits des Lagerzauns: ohne Deutsche, die von den Arisierungen profitierten; ohne Unternehmer, die auf Zwangsarbeit setzten; ohne Anwohner, die bewusst wegsahen.
    Als Gründe führt Wagner eine ganze Reihe von Punkten an: die Gewöhnung an Gewalt und Ausgrenzung, Gruppendruck, aber auch rassistische und antisemitische Überzeugungen. Gerade hier sieht der Historiker einen erschreckenden Gegenwartsbezug: Denn das seien die Mittel, mit denen die Gegner der liberalen Demokratie bis heute in aller Welt arbeiten: Angst vor vermeintlich Fremden, Schüren von Nationalismus, die Ausgrenzung politischer Gegner als „Volksfeinde“.
    Massive Verdrehung der Geschichte durch Querdenker
    Zugleich beobachte er eine massive Verdrehung der Geschichte durch Querdenker und Montagsdemonstranten – etwa, wenn diese sich mit den verfolgten Juden gleichsetzten. Das Spektrum der Teilnehmer sei zwar breit. „Sie alle verbindet jedoch die Neigung, sich angesichts komplizierter und bedrohlicher Lagen in simple Verschwörungslegenden zu flüchten.“ Viele dieser Legenden seien zudem nicht neu: Fast immer knüpften sie an die klassischen Muster des Antisemitismus an, wonach wenige reiche Personen – meist jüdischen Glaubens – die Weltherrschaft anstreben.
    „Man mag solche Legenden als lächerlich abtun. Aber sie werden geglaubt“, warnt Wagner. Die Folge sei: „Unsere Gesellschaft rutscht nach rechts weg.“ Gerade in Ostdeutschland rückten antiliberale und anti-westliche Vorurteile immer weiter in die Mitte der Gesellschaft.
    Dafür gebe es Erklärungen wie die demütigenden Erfahrungen in den 1990er Jahren. Doch dies dürfe nicht dazu führen, dieses Verhalten zu entschuldigen. „Die demokratische Zivilgesellschaft, die noch immer die Mehrheit ist, darf das nicht hinnehmen“, appellierte Wagner an die Zuhörer. „Wenn gegen Geflüchtete gehetzt wird, wenn Verschwörungslegenden und Antisemitismus verbreitet werden, müssen wir widersprechen.“ (SZ)
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    00:06 / 00:15
    Die Bautzener Reden sind eine Veranstaltungsreihe der Initiative "Bautzen gemeinsam". Am 23. Juni spricht um 19.30 Uhr im Dom St. Petri: Prof. Dr. Klaus Neumann von der Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur zum Thema: "Boot voll, Grenzen dicht? 30 Jahre nach Asylkompromiss und Grundgesetzänderung".
    https://www.saechsische.de/


    BADEN-WÜRTTEMBERG
    Verfassungschutz: Russische Spionage, Extremismus, Gewalt

    Stand: 23.06.2023 | Lesedauer: 4 Minuten
    Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl und Verfassungsschutzpräsidentin Beate Bube.
    Quelle: Bernd Weißbrod/dpa/Archivbild
    Auch Baden-Württemberg steht seit Beginn des Ukraine-Krieges im Fokus russischer Spione und Hacker, zeigt der Bericht des Verfassungsschutzes. Auch die Zahl der Rechtsextremisten im Südwesten ist deutlich gestiegen - vor allem wegen der Beobachtung der AfD.
    Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine beschäftigen die Aktivitäten der russischen Geheimdienste auch in Baden-Württemberg verstärkt den Verfassungsschutz. Aber auch sogenannte Reichsbürger, Rechtsextremisten und linke Gewalt beobachtet der Geheimdienst genau. Bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts für das vergangene Jahr, erstmals in einer öffentlichen Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums, sprach Innenminister Thomas Strobl (CDU) von einem «ereignisreichen Jahr mit multiplen Krisen». Ein Überblick:
    Spionage und Cyberangriffe
    Seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine registriert der Verfassungsschutz in Baden-Württemberg eine erhöhte Aktivität russischer Geheimdienste. «Cyberangriffe, Spionage, Propaganda und Desinformation sind Werkzeuge dieses Krieges, der an Landesgrenzen nicht Halt macht. Auch wir in Baden-Württemberg sind betroffen», sagte Strobl.
    Besonders im Fokus der russischen Spione stünden Behörden, die Rüstungsindustrie, Universitäten und Forschungseinrichtungen. «Das Interesse Russlands an Informationen, die den eigenen Interessen nützen oder dem Gegner schaden, ist so hoch wie nie seit dem Ende des Kalten Kriegs», sagte Verfassungsschutzpräsidentin Beate Bube.
    Als hoch schätzen die Verfassungsschützer auch die Gefahr durch Hackerangriffe ein, gesteuert durch die Nachrichtendienste. Bube sprach von einem «erhöhtem Fallaufkommen», genaue Zahlen seien geheim. Urheber der Angriffe sei Russland, aber auch Staaten wie China, Iran oder Nordkorea führten Angriffe durch. In Baden-Württemberg seien die IT-Strukturen verschiedener Stellen im vergangenen Jahr wiederholt Ziel von Cyber-Attacken gewesen, sagte Strobl.
    Desinformation
    Spürbar zugenommen habe im vergangenen Jahr die Verbreitung russischer Desinformation über den Krieg in der Ukraine, sagte Bube. Man registriere vermehrt prorussische Propaganda, die gezielt in die russische Community im Land gespielt werde. Wichtige Kanäle seien dafür zunehmend soziale Medien, zum Beispiel Telegram. «Inwieweit das auf fruchtbaren Boden fällt, ist nicht zu messen. Es wird aber auch in Baden-Württemberg auf fruchtbaren Boden fallen», sagte Bube.
    Rechtsextremismus
    Die Zahl der Rechtsextremisten in Baden-Württemberg ist im vergangenen Jahr deutlich angestiegen. Der Verfassungsschutz verzeichnete 2460 Mitglieder der Szene. Im Vorjahr hatte der Wert bei 1970 gelegen. Das entspricht einem Anstieg um rund 25 Prozent.
    Als Grund für den Anstieg nannte der Geheimdienst die Beobachtung der Landes-AfD. Dadurch sei das rechtsextreme Potenzial innerhalb der Partei in den Bericht aufgenommen worden. Die AfD, die auch mit einer Fraktion im baden-württembergischen Landtag vertreten ist, wird seit dem vergangenen Jahr vom Verfassungsschutz als Verdachtsfall eingestuft und beobachtet.
    Die Zahl der rechtsextremistischen Straftaten ging leicht zurück. Die Verfassungsschützer verzeichneten im vergangenen Jahr 1410 Straftaten mit rechtsextremem Hintergrund. Im Jahr 2021 waren es 1482 gewesen. Leicht zugenommen hat dagegen die rechtsextreme Gewalt. 2022 registrierte der Verfassungsschutz 34 Gewalttaten durch Rechtsextreme, im Vorjahr waren es 28.
    Linksextremismus
    Deutlich gesunken sind im vergangenen Jahr die Angriffe von Linksextremisten. Die Zahl der linksextremen Straftaten sank 2022 auf 352, im Vorjahr hatten die Verfassungsschützer noch 659 linksextreme Straftaten registriert. Auch die Zahl der Gewalttaten ging deutlich zurück: von 62 auf 39. Das ist der tiefste Wert seit fünf Jahren.
    Als Grund für den deutlichen Rückgang sieht die Behörde fehlende politische Großereignisse wie Bundestags- oder Landtagswahlen. Insgesamt gehen die Verfassungsschützer von 2690 Linksextremisten in Baden-Württemberg aus, davon seien 870 gewaltbereit. «Der Trend zur Gewaltbereitschaft bricht auch in der linksextremen Szene nicht ab», sagte Strobl.
    «Reichsbürger»
    Nach mehreren Angriffen auf Polizeibeamte durch sogenannte Reichsbürger geht der Verfassungsschutz weiter von einer hohen Gefahr durch die Szene aus. Innenminister Strobl sprach von einer «anhaltend hohen Bedrohungslage durch die Szene». Aus dem Bericht des Geheimdienstes geht hervor, dass in Baden-Württemberg rund 3800 Menschen dem Milieu der sogenannten Reichsbürger und Selbstverwalter angehören. Im Vergleich zum Vorjahr blieb der Wert stabil. Jeden zehnten «Reichsbürger» hält der Verfassungsschutz für gewaltbereit.
    Im Februar vergangenen Jahres hatte ein «Reichsbürger» bei einer Verkehrskontrolle in Lörrach einen Polizisten angefahren und schwer verletzt. Gut zwei Monate später wurden Polizisten bei einer Durchsuchung in Boxberg (Main-Tauber-Kreis) beschossen - mutmaßlich von einem «Reichsbürger». Ein Beamter wurde verletzt.
    Islamismus
    Die Gefahr von Anschlägen durch islamistische Terroristen ist laut Verfassungsschutz weiter hoch. «Wir müssen von einer anhaltend hohen Gefahr durch islamistische Extremisten ausgehen», sagte Verfassungsschutzpräsidentin Bube. Die Zahl der Islamisten ist allerdings in Baden-Württemberg leicht gesunken. Dem Verfassungsschutzbericht zufolge lebten 2022 im Südwesten 4070 Islamisten. Im Vorjahr waren es 4230.
    dpa-infocom GmbH
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    Polizei-Großeinsatz gegen rechte Szene: 190 Einsatzkräfte sprengen Musikveranstaltung

    Erstellt: 04.06.2023, 18:09 Uhr
    Von: Moritz Bletzinger

    Musikveranstaltung aufgelöst: Die Polizei in Rheinland-Pfalz ging am Samstagabend gegen ein Treffen der rechten Szene vor. (Symbolbild) © Torsten Silz/dpa/picture alliance
    In Rheinland-Pfalz hat die Polizei eine rechte Musikveranstaltung aufgelöst. 190 Beamt:innen waren im Landkreis Altenkirchen im Einsatz.
    Frankfurt/Koblenz – „Rechtsextremisten können in Rheinland-Pfalz nicht machen, was sie wollen“, sagt Michael Ebeling (SPD) dem Focus. Der Innenminister von Rheinland-Pfalz lobt den einen Einsatz gegen Rechts: „Wir dulden nicht, dass Verfassungsfeinde ungehindert ihre Strukturen stärken und ihr verabscheuungswürdiges Gedankengut verbreiten. Die Polizei unterbindet solches Treiben konsequent.“
    Polizei stoppt rechte Musikveranstaltung in Rheinland-Pfalz: Mehrere Dienststellen im Einsatz
    190 Polizisten und Polizistinnen hatten am Samstagabend eine Veranstaltung der rechtsextremistischen Szene im Landkreis Altenkirchen aufgelöst. 80 Teilnehmende waren in einer Grillhütte zusammengekommen. Die Polizei stellte die Identitäten fest und verpasste ihnen Platzverweise, teilte das Polizeipräsidium Koblenz am Sonntag mit.
    Zahlreiche andere Dienststellen hatten den Einsatz „aus gefahrenabwehrenden Gründen“ unterstützt. Rheinland-Pfalz zeigt klare Kante gegen Rechts. „Musikveranstaltungen dieser Art dienen der Stärkung und Verfestigung rechtsextremistischer Strukturen sowie der Verbreitung rechten Gedankenguts“, schreibt die Polizei in einer Pressemeldung.
    Solche Veranstaltungen könnten die Teilnehmenden weiter radikalisieren, warnt die Pressestelle. „In den Liedtexten rechtsextremistisch beeinflusster Bands können Gewaltbereitschaft, Ausländerhass, Nationalismus und Rassismus zum Ausdruck kommen.“
    Ende April konnte die Polizei in Hessen ein rechtes Kampfsport-Treffen verhindern. Die Szene hatte sich in einem Fitnessstudio in Bad Wildungen verabredet. Dort fanden die Einsatzkräfte Rechtsrock-CDs und ein Messer.
    https://www.fr.de/


    Nach dem Urteil gegen Lina E.: Wie gefährlich sind Linksextremisten?

    Linksextremistische Gewalt hat sich verändert, sagen Experten. Sie sei nicht mehr primär ereignisbezogen, sondern von langer Hand geplant.
    Von Lea Schulze
    01.06.2023, 17:18 Uhr
    Das Urteil gegen die Linksextremistin Lina E., das vom Oberlandesgericht Dresden am Mittwoch nach fast 100 Verhandlungstagen gesprochen wurde, hat hohe Wellen geschlagen. Fünf Jahre und drei Monate soll die 28-jährige Studentin ins Gefängnis. In der Bundesregierung wurde das Urteil positiv aufgenommen.
    Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bezeichnete linksextreme Gewalt als zunehmende Gefahr. In linksextremistischen Gruppen seien Hemmschwellen gesunken, politische Gegner auch mit äußerster Brutalität anzugreifen, sagte die Politikerin.
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    Die Zahlen des Bundeskriminalamts sprechen auf den ersten Blick eine andere Sprache: In einer Statistik zu politisch motivierten Kriminalität nahm die Zahl der linksmotivierten Straftaten von 10.113 auf 6976 um 31 Prozent ab, während die rechtsmotivierten Straftaten von 21.964 auf 23.493 um sieben Prozent stiegen.
    Inzwischen werden die Opfer systematisch ausgewählt, Menschen gezielt über Tage lang ausgespäht, Teams gebildet, Kampfsport trainiert, Perücken genutzt, Wegwerfhandys, falsche Kennzeichen.
    Hendrik Hansen, Extremismusforscher und Professor an der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung.
    Doch wer diese Zahlen miteinander vergleicht, macht mitunter einen Denkfehler, erklärt Extremismusforscher Hendrik Hansen. Die rechtsmotivierten Straftaten seien bei jeder Erhebung etwa doppelt so hoch wie die linksmotivierten, der Grund dafür seien die Propagandastraftaten, die es nur auf der rechten Seite gebe, sagte Hendrik Hansen, Extremismusforscher und Professor an der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung, dem Tagesspiegel.
    „Wer den Hitlergruß zeigt oder ein Hakenkreuz irgendwohin schmiert, der macht sich im Sinne des Strafgesetzbuches strafbar“, erklärt der Professor. „Ein roter Stern als Zeichen für den Kommunismus ist hingegen keine Straftat. Wenn man solche Delikte herausrechnet und sich auf die Gewalttaten konzentriert, dann liegen Rechtsextremismus und Linksextremismus im Durchschnitt ungefähr gleich auf.“
    6976
    linksmotivierte Straftaten hat es im Jahr 2021 in Deutschland gegeben.
    Laut dem Verfassungsschutzbericht aus dem Jahr 2021 ist das linksextremistische Personenpotenzial in Deutschland um 1,2 Prozent auf 34.700 Personen gestiegen – mehr als jeder vierte Linksextremist sei als gewaltorientiert einzustufen, heißt es weiter. Das rechtsextremistische Personenpotenzial liegt bei 33.900 Personen, von denen 13.500 als gewaltorientiert gelten.
    Anders als durch rechtsextreme Gewalt sind durch linksextreme Gewalt seit der RAF keine Menschen mehr zu Tode gekommen. Hansen spricht aber von einer neuen Qualität der Gewalttaten. Früher sei von Links vor allem ereignisbezogene Gewalt ausgegangen, etwa auf Demonstrationen.
    „Inzwischen werden die Opfer systematisch ausgewählt, Menschen gezielt über Tage lang ausgespäht, Teams gebildet, Kampfsport trainiert, Perücken genutzt, Wegwerfhandys, falsche Kennzeichen“, sagt Hansen. Da werde geplant. „Einer spricht die Zielperson an, wenn er abgelenkt ist, greift der Rest der Gruppe an.“, berichtet der Extremismusforscher. „Diese kaltblütige Brutalität in dieser Form ist neu.“
    Extremismus bekämpft man nicht mit Extremismus. Wir müssen unsere liberale Demokratie schützen vor ihren Feinden, doch nicht mit Selbstjustiz. Recht & Gesetz gelten für alle. Wo die Grenzen der Rechtsordnung überschritten werden, sind Staatsanwaltschaft & Polizei gefordert.#LinaE
    Ähnlich dürften auch Lina E., inzwischen eine Ikone in der linksextremistischen Szene, und ihre Mittäter vorgegangen sein. Zwischen Oktober 2018 und Frühjahr 2020 haben sie in Sachsen und Thüringen mindestens sechs Überfälle auf Rechtsextreme begangen - heimlich geplant, präzise ausgeführt, mit brutaler Gewalt.
    „Hemmschwellen gesunken“ Innenministerin Faeser sieht nach Fall Lina E. wachsende Gefahr durch Linksextremismus
    Woher rührt die erhöhte Gewaltbereitschaft? Felix Neumann, Sicherheitsexperte bei der Konrad-Adenauer-Stiftung nennt dem Tagesspiegel verschiedene Erklärungsansätze.
    Echokammern in den sozialen Medien fördern Radikalisierung
    „In der Szene wird davon ausgegangen, dass der Staat übergriffig handelt und in manchen Bereichen einschränkend wirkt“, sagt Neumann. „Man argumentiert damit, dass der Staat aktuelle Probleme nicht zielführend lösen kann, wodurch die Tendenz entsteht, das Recht in die eigene Hand zu nehmen und entsprechend zu handeln.“
    Nach Urteil gegen Lina E. Klage gegen Verbot der „Tag X“-Demo in Leipzig eingereicht
    Nicht zu vernachlässigen sei auch die Rolle der sozialen Medien mit ihren Echokammern – also Gruppen in denen verstärkt die eigene Meinung repliziert werde, während andere, teils den Diskurs fördernde Aspekte, nur schwer den Weg nach innen fänden.
    Die linke Szene argumentiert damit, dass der Staat aktuelle Probleme nicht zielführend lösen kann, wodurch die Tendenz entsteht, dass Recht in die eigene Hand zu nehmen und entsprechend zu handeln.
    Felix Neumann, Sicherheitsexperte der Konrad-Adenauer-Stiftung.
    Thomas Haldenwang, Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, äußert sich am Mittwoch nach der Urteilsverkündung besorgt darüber, dass eine zunehmende Anzahl gewalttätiger Linksextremisten versuche, sich der Strafverfolgung zu entziehen und möglicherweise untergetaucht sei. So vermutlich auch der Partner von Lina E.
    Immer mehr Linksextremisten befinden sich im Untergrund
    Hansen sieht hier eine mögliche Parallele zum NSU und der RAF. „In der Vergangenheit hat sich durch das Verschwinden in den Untergrund Terrorismus entwickelt“, sagt Hansen. Das habe Logik. „Wer untertaucht, verschwindet absolut in der radikalen Szene, trifft nur noch auf Extremisten“, erklärt der Extremismusexperte. „Das ist sehr gefährlich.“
    Er warnt davor, den Linksextremismus zu verklären. „Die haben was gegen Rechtsextremismus, wir doch auch, so klingt es oft, wenn über das Thema gesprochen wird - oder auch: Wir sind alle Antifa“, sagt Hansen. „Dabei wird aber verkannt, dass ein autonomer, linksextremistischer Antifaschist den Staat abschaffen will und unsere Demokratie ablehnt. Die Taten richten sich nicht nur gegen Personen, sondern gegen unsere Verfassung.“
    Berlins Polizeipräsidentin vor dem 1. Mai „Die linke Szene versucht, Kinder und Jugendliche zu agitieren“
    Unvermindert Anlass zur Sorge gebe laut Verfassungsschutzbericht die Entwicklung in den Szeneschwerpunkten Berlin, Hamburg und Leipzig. Aber auch in anderen Bundesländern radikalisierten sich einzelne Kleingruppen, schotten sich vom Rest der Szene ab und begehen konspirativ, arbeitsteilig und planvoll zahlreiche Straf- und Gewalttaten.
    Thomas Haldenwang sieht die Schwelle zum Terrorismus aktuell noch nicht überschritten, sprach aber von einer Radikalisierungsspirale. „Wenn die sich weiterdreht und die Taten immer brutaler und hemmungsloser werden, dann rückt der Moment näher, in dem man auch von Linksterrorismus sprechen muss.“
    https://www.tagesspiegel.de/


    Fall Lina E. vor dem OLG Dresden
    Urteil gegen eine linke Symbolfigur

    Stand: 31.05.2023 05:00 Uhr
    In Dresden wird das Urteil gegen Lina E. und drei weitere Angeklagte erwartet. Sie sollen eine kriminelle Vereinigung gegründet und Neonazis angegriffen haben. Nach dem Ende des Linksextremismus-Verfahrens werden heftige Proteste erwartet.
    Von Edgar Lopez, MDR
    Am Ende ergreift noch einmal die Angeklagte das Wort. Lange habe sie überlegt, was sie sagen soll. Worte zum Verfahren oder gar den Taten werde sie nicht verlieren. "Ich möchte mich für all die Unterstützung bedanken, die ich in den letzten zweieinhalb Jahren bekommen habe", erklärt die 28-Jährige stattdessen mit resoluter Stimme und bedankt sich bei ihrer Familie, ihren Freunden und allen Unterstützern.Es ist der vorläufige Höhepunkt eines Verfahrens, das seit September 2021 vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Dresden geführt wird. Lina E. und drei Männern wird vorgeworfen eine linksextreme, kriminelle Vereinigung gegründet zu haben. Die soll zwischen 2018 und 2020 mehrere Angriffe auf Rechtsextreme und Neonazis in Sachsen und Thüringen verübt haben.Seitdem sie im November 2020 in Handschellen gefesselt mit einem Hubschrauber nach Karlsruhe geflogen und dort dem Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof vorgeführt wurde, ist Lina E. zu einem Symbol der linken Szene geworden. Lina E. kam in Untersuchungshaft und draußen nahm der Kampf darüber Fahrt auf, wie die Ereignisse gedeutet werden müssen - angeheizt auch dadurch, dass Behördenkreise schon kurz nach der Verhaftung mit den Worten zitiert worden, die Aktivitäten der mutmaßlichen Gruppe hätten sich "an der Schwelle zum Terrorismus" bewegt.
    "Flexibles Geflecht" bis Budapest?
    Die Beteiligung von Johann G. an Überfällen auf Neonazis könnte helfen, linksextreme Strukturen aufzudecken. mehr
    Hoffnung auf kurzen Prozess zerschlagen
    So begann das Verfahren vor dem OLG Dresden unter großer medialer Aufmerksamkeit. Zunächst plante der Senat, das Verfahren möglicherweise schon bis Weihnachten 2021 zu beenden. Diese Vorstellung musste aber recht schnell verworfen werden. Stundenlange Befragungen zu DNA-Gutachten oder Videoaufzeichnungen konnten nicht dazu beitragen, ein klares Bild zu zeichnen. Viele der Beweisketten setzten sich allein aus Indizien zusammen.Ebenso entwickelten sich bei den Vorladungen der Überfallopfer aus der rechtsextremen Szene teilweise stundenlange Kreuzverhöre durch die Verteidigung der Angeklagten. Exemplarisch dafür stehen die gerichtlichen Verhöre des Eisenacher Rechtsextremisten Leon R..Der nächtliche Überfall auf ihn im Dezember 2019 brachte die Ermittlungen gegen die Angeklagten einst ins Rollen, denn am Ende jener Nacht befanden sich Lina E. und ihr Mitangeklagter Lennart A. nach einem erfolglosen Fluchtversuch in Polizeigewahrsam.
    Gegen den Mann läuft ein Ermittlungsverfahren unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung. mehr
    Problematische Zeugenaussage
    Bereits ein paar Wochen zuvor wurde Leon R.s Kneipe "Bull's Eye" von einer Gruppe Vermummter mit Schlagstöcken und Pfefferspray überfallen. Er und weitere Zeugen des Geschehens wollen damals eine Angreiferin erkannt haben, die R. später als jene Frau identifizierte, die ihn überfallen hat.R. war ursprünglich Hauptbelastungszeuge der Bundesanwaltschaft. Seine Aussagen wurden in ihre Anklageschrift aufgenommen. Im Lauf des Verfahrens ließen sie sich jedoch nicht zweifelsfrei erhärten. Ob bei dem Überfall auf das "Bull's Eye" tatsächlich eine Frau dabei war und R. diese auch erkannt hat, lässt sich für Beobachter im Gericht nach der Beweisaufnahme nicht sagen.Eine Tatortrekonstruktion konnte die Aussage eines anderen Zeugen nicht stützen, eine Frau aus dem "Bull's Eye" rennen gesehen zu haben. Gegen Leon R. und weitere wird von der Bundesanwaltschaft mittlerweile selbst wegen Bildung einer rechtsextremen, kriminellen und terroristischen Vereinigung ermittelt.
    Der Verfassungsschutz beobachtet in der linksradikalen Szene eine wachsende Gewaltbereitschaft. mehr
    Zweifel an ErmittlungsarbeitIm Frühjahr 2022 erbrachte die Verteidigung eines Berliner Angeklagten ein Alibi für ihren Mandanten. Grundlage für den Tatvorwurf gegen ihn war ein von Ermittlern abgehörtes Gespräch, das jedoch offenbar falsch interpretiert wurde.Es war das erste Mal, dass im Verfahren grundlegende Zweifel an der fehlerfreien Arbeit der Bundesanwaltschaft aufkamen. Im Februar 2023 erbrachte die Verteidigung des vierten Angeklagten Jannis R. ebenfalls ein Alibi für eine der angeklagten Taten. Auch in diesem Fall war die falsche Interpretation eines abgehörten Gesprächs Basis für die Verdächtigung.
    Belastungszeuge aus eigenen Reihen
    Bis zum Sommer 2022 hatte die Verhandlung vieles von ihrer Dynamik verloren. Das änderte sich erst, als die Anklage mit Johannes D. einen Zeugen aus dem engsten Bekanntenkreis der Tatverdächtigen präsentierte. D. sagte an insgesamt zwölf Tagen vor dem OLG Dresden aus und belastete Lina E. dabei schwer. Laut seiner Aussage sei sie maßgeblich in die Planungen und Durchführung von Überfällen involviert gewesen. Außerdem sagte D. zu sogenannten "Szenario"-Trainings aus, bei denen die Mitglieder der Gruppe die gewalttätigen Angriffe auf ihre politischen Gegner geübt haben sollen.
    Plädoyers beim Lina E.-Prozess: Verteidiger fordern Freisprüche
    Im Prozess gegen Lina E. und drei weitere Angeklagte wurden am Oberlandesgericht Dresden weitere Plädoyers gesprochen. mehr
    Prozess basiert auf Indizien
    Auch Johannes D.s Aussagen sind nicht frei von Zweifeln. Für den Staatsschutzsenat hat sein Zeugnis, vor allem zu den gemeinsamen Trainings, jedoch eine erhebliche Bedeutung, wie der Vorsitzende Richter Schlüter-Staats im Verfahren mehrfach betonte. So bleiben in den meisten Fällen am Ende Indizien, die das Gericht interpretieren muss. Auch die Bundesanwaltschaft sieht "nicht den einen, erdrückenden Beweis". Für sie ist eher "die Gesamtschau" der Geschehnisse ausschlaggebend dafür, die Vorwürfe gegen die vier Angeklagten als überwiegend bestätigt anzusehen.Für Lina E. fordert die Bundesanwaltschaft acht Jahre Haft, für die anderen Angeklagten mehrjährige Haftstrafen. Die Verteidigung wiederum sieht überwiegend die Unschuld ihrer Mandanten bestätigt und fordert in den meisten Fällen Freispruch.
    Haus mit Solidaritätsbannern für Lina E.
    Für den "Tag X" der Urteilsverkündung wurden Proteste angekündigt.
    Ausschreitungen angekündigtIn jedem Fall wird das Urteil wohl Folgen haben. Autonome Gruppen haben für den Samstag nach dem Urteil zu einer "Tag X"-Demonstration in Leipzig aufgerufen. Die Polizei wappnet sich für Ausschreitungen, die Anreise von Gewaltbereiten aus ganz Europa und deren Drohung, "eine Million Euro Sachschaden für jedes verurteilte Jahr" anzurichten.Ob das so kommt, bleibt aufgrund differenzierter Stimmen aus der Szene abzuwarten. Eine Diskussion über Für, Wider und Ausprägungen politischer Gewalt wird dort längst geführt, wenn auch nicht zwingend öffentlich. Nicht wenige in der Szene bezeichnen "angesichts der hohen Fallzahlen rechtsextremer Gewalttaten" die Maßnahmen der Behörden als "maßlos übertrieben".Weitere Radikalisierung befürchtetBKA und Verfassungsschutz gehen davon aus, dass Personen aus dem Umfeld der Angeklagten, die teilweise auch Tatverdächtige für gewalttätige Überfälle in Budapest sind, untertauchen und sich weiter radikalisieren könnten - bis hin zur seit einigen Jahren befürchteten "Schwelle zum Terrorismus".Vergangene Woche durchsuchte die Polizei in Jena die Wohnungen eines Mannes. Eine Verbindung zum Dresdner Verfahren ist derzeit nicht gegeben. Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden verdächtigt ihn und einen weiteren Mann aber der Bildung einer kriminellen Vereinigung, die ebenfalls Überfälle auf Rechtsextreme durchgeführt haben soll.
    Dieses Thema im Programm:
    Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 31. Mai 2023 um 06:00 Uhr.
    https://www.tagesschau.de/


    RECHTSEXTREMISMUS
    30 Jahre Anschlag von Solingen: Wie die Medien Betroffene ausgrenzten

    STAND
    30.5.2023, 15:08 UHR
    KRISTINE HARTHAUER
    Wie wir die Wirklichkeit wahrnehmen, darauf haben Medien und ihre Berichterstattung einen erheblichen Einfluss. Was das etwa für die Berichterstattung über den rechtsextremen Brandanschlag in Solingen am 29. Mai 1993 bedeutet, hat die Linguistin Dr. Derya Gür-Şeker in einem Artikel für das Buch „Solingen, 30 Jahre nach dem Brandanschlag“ untersucht.
    Wortwahl kann Menschen aus der Gesellschaft ausgrenzen
    Die Wahl der Worte spiele eine zentrale Rolle dabei, wie die Wahrnehmung konstruiert wird, sagt Gür-Şeker: „Es macht einen Unterschied, ob man von ‚rechter Gewalt‘ spricht, von einem ‚Anschlag‘ oder man das genauer bezeichnet und sagt, dass das ein rechtsextremer Brandanschlag war“.
    Wichtig sei auch, wie die Betroffenen bezeichnet und benannt werden. Also, in welchen Kontexten sie auftauchten und mit welchen Beschreibungen. Das alles führe dazu, dass wir als Lesende eine bestimmte Perspektive einnehmen, „die durch die Sprache und die Medien transportiert wird und die sich durch das stetige Wiederholen auch verfestigen kann“, so Darya Gür-Şeker.
    Heute mehr Sensibilität in den Medien
    1993 sei der Name der Familie Genç häufig falsch geschrieben worden, ohne dass das reflektiert worden sei. Doch das ändere sich mittlerweile, dank des Einsatzes der Betroffenen: „Viele Betroffene weisen darauf hin und korrigieren. Dadurch entsteht eine Sensibilität, die damals nach dem rechtsextremen Brandanschlag nicht gegeben war.“
    Bei ihrer linguistischen Analyse habe Darya Gür-Şeker Muster entdeckt, sie sich wiederholen. So wäre die Überlebende Mevlüde Genç häufig als ‚Türkin‘ bezeichnet worden. Die Folge: „Es wurde das Bild erzeugt, es seien überwiegend Menschen betroffen gewesen, die nicht Teil der Gesellschaft sind, weil es eben Türken sind.“
    Aber Gür-Şeker habe auch positive Gegenbeispiel gefunden. Nämlich Artikel, in denen Mevlüde Genç als Solingerin bezeichnet wurde. „Und das macht den Unterschied, weil das den Blickwinkel auf den Brandanschlag ändert“, so Darya Gür-Şeker.
    Sammelband 30 Jahre Solingen
    Der Sammelband „Solingen, 30 Jahre nach dem Brandanschlag“ ist im transcript Verlag erschienen. Man kann ihn kostenlos auf der Seite des Verlages herunterladen.
    aus der Sendung vom
    Sa., 27.5.2023 8:07 Uhr, SWR2 Journal am Morgen, SWR2
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    BERLIN & BRANDENBURG
    Forscher sieht Standort wegen Vorfällen teils bedroht

    Stand: 14:58 Uhr | Lesedauer: 2 Minuten
    Der Politikwissenschaftler Gideon Botsch sieht angesichts rechtsextremer Vorfälle teilweise Unsicherheiten für Brandenburg als Wirtschaftsstandort. «Die Landesregierung setzt sehr stark darauf, diese Region so zu entwickeln, dass sie ein international attraktiver Standort wird», sagte der Politikprofessor an der Universität Potsdam der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf die Region zwischen Berlin und der Lausitz. Allein der Bund investiert in die Lausitz in Brandenburg wegen des Braunkohleausstiegs rund 10 Milliarden Euro.
    «Ich weiß nicht, wie das funktionieren wird, wenn wir die ganze Zeit aus dieser Region immer Signale gesetzt bekommen, dass ein erheblicher Teil der Bevölkerung - durch das Alltagsverhalten etwa in Burg oder Heidesee oder durch Wahlen - sagt, wir wollen dieser internationale Standort nicht sein», sagte Botsch. Er leitet die Forschungsstelle Antisemitismus und Rechtsextremismus am Moses Mendelssohn Zentrum der Uni Potsdam.
    In einer Schule in Burg im Spreewald (Landkreis Spree-Neiße) hatten Lehrkräfte in einem Brief beklagt, sie seien täglich mit Rechtsextremismus, Sexismus und Homophobie konfrontiert. In einem Feriencamp in Heidesee (Dahme-Spreewald) wurden im Mai Berliner Schülerinnen und Schüler, die größtenteils einen Migrationshintergrund haben, von anderen Gästen rassistisch beleidigt. Die Ermittlungen dazu laufen noch.
    Bei der Stichwahl der Landratswahl in Oder-Spree - wo in Grünheide US-Elektroautobauer Tesla eine Fabrik hat - gewann SPD-Kandidat Frank Steffen Mitte Mai mit 52,4 Prozent knapp gegen AfD-Kandidat Rainer Galla mit 47,6 Prozent. Der Verfassungsschutz Brandenburg führt den AfD-Landesverband seit 2020 als rechtsextremistischen Verdachtsfall.
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    Berlin & Brandenburg
    Forscher: Standort wegen rechtsextremer Vorfälle bedroht

    29.05.2023, 13:54 Uhr
    Dietmar Woidke (SPD), Ministerpräsident von Brandenburg.
    (Foto: Patrick Pleul/dpa/Archivbild)
    Brandenburgs Regierungschef Woidke warb im Landtag nach rechtsextremen Vorfällen für Weltoffenheit. Der Potsdamer Politikwissenschaftler Botsch warnt vor möglichen Folgen für den Wirtschaftsstandort.
    Potsdam (dpa/bb) - Der Politikwissenschaftler Gideon Botsch hält Brandenburg als Wirtschaftsstandort angesichts rechtsextremer Vorfälle teilweise für bedroht. "Die Landesregierung setzt sehr stark darauf, diese Region so zu entwickeln, dass sie ein international attraktiver Standort wird", sagte der Politikprofessor an der Universität Potsdam der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf die Region zwischen Berlin und der Lausitz.
    "Ich weiß nicht, wie das funktionieren wird, wenn wir die ganze Zeit aus dieser Region immer Signale gesetzt bekommen, dass ein erheblicher Teil der Bevölkerung - durch das Alltagsverhalten etwa in Burg oder Heidesee oder durch Wahlen - sagt, wir wollen dieser internationale Standort nicht sein", sagte Botsch. Er leitet die Forschungsstelle Antisemitismus und Rechtsextremismus am Moses Mendelssohn Zentrum der Uni Potsdam.
    In einer Schule in Burg im Spreewald (Landkreis Spree-Neiße) hatten Lehrkräfte in einem Brief beklagt, täglich mit Rechtsextremismus, Sexismus und Homophobie konfrontiert zu sein. Seitdem meldeten die Schulämter mehr solcher Fälle. In einem Feriencamp in Heidesee (Dahme-Spreewald) wurden im Mai Berliner Schülerinnen und Schüler, die größtenteils einen Migrationshintergrund haben, von anderen Gästen rassistisch beleidigt. Die Ermittlungen dazu laufen noch.
    Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hatte in der jüngsten Landtagssitzung für Weltoffenheit geworben und Rechtsextremismus und Rassismus als "Gefahr für unser Land" bezeichnet.
    Bei der Stichwahl der Landratswahl in Oder-Spree - wo in Grünheide US-Elektroautobauer Tesla eine Fabrik hat - gewann SPD-Kandidat Frank Steffen Mitte Mai mit 52,4 Prozent knapp gegen AfD-Kandidat Rainer Galla mit 47,6 Prozent. Der Verfassungsschutz Brandenburg führt den AfD-Landesverband seit 2020 als rechtsextremistischen Verdachtsfall.
    Die rot-schwarz-grüne Landesregierung sieht Brandenburg verstärkt als Standort für Investitionen. Das betrifft zum Beispiel die Lausitz, in die wegen des Braunkohleausstiegs verstärkt Fördermittel fließen. Allein der Bund investiert in die Lausitz in Brandenburg im Rahmen des Strukturwandels rund 10 Milliarden Euro.
    Eine Studie im Auftrag der Wirtschaftsförderung ergab, dass sich Brandenburg zu einem Zentrum für Batterieindustrie entwickelt. In Grünheide südöstlich von Berlin siedelte sich im vergangenen Jahr der US-Elektroautobauer Tesla an, dort steht auch eine Batteriefabrik. In Guben baut das kanadische Unternehmen Rock Tech eine Lithiumfabrik.
    Quelle: dpa
    https://www.n-tv.de/


    PRESSEMITTEILUNG Generalbundesanwaltschaft

    Anklage gegen vier mutmaßliche Mitglieder einer rechtsextremistischen kriminellen und terroristischen Vereinigung erhoben
    Ausgabejahr 2023
    Datum15.05.2023
    Die Bundesanwaltschaft hat am 2. Mai 2023 vor dem Staatsschutzsenat des Thüringer Oberlandesgerichts Anklage gegen die deutschen Staatsangehörigen
    Leon R.
    Bastian A.
    Maximilian A. und
    Eric K.
    erhoben.
    Die Angeschuldigten sind hinreichend verdächtig, eine inländische kriminelle und terroristische Vereinigung gegründet oder sich darin mitgliedschaftlich betätigt zu haben (§ 129 Abs. 1 und 2, § 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB), wobei Leon R. zur Last gelegt wird, Rädelsführer gewesen zu sein (§ 129 Abs. 5 Satz 2, § 129a Abs. 4 StGB). Im Zusammenhang damit werden Leon R. zudem mehrfache gefährliche Körperverletzung (§ 223 Abs. 1, § 224 Abs. 1 StGB), Widerstand gegen und tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte (§ 113 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 114 Abs. 1 und 2 StGB), Landfriedensbruch (§ 125 Abs. 1 Nrn. 1, 2, § 125a Nr. 2 StGB), versuchte Gefangenenbefreiung (§ 120 Abs. 1, Abs. 3, §§ 22, 23 StGB) und Verstöße gegen das Waffenrecht (§ 52 Abs. 3 WaffG) vorgeworfen. Bastian A., Maximilian A. und Eric K. sind zusätzlich der mehrfachen gefährlichen Körperverletzung hinreichend verdächtig. Gegen Bastian A. besteht weiter der Verdacht der versuchten Körperverletzung (§ 223 Abs. 1, §§ 22, 23 StGB), des Widerstands gegen und tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte, des Landfriedensbruchs, der versuchten Gefangenenbefreiung und des Verstoßes gegen das Waffengesetz (§ 52 Abs. 3 WaffG). Eric K. werden auch Nötigung (§ 240 Abs. 1 StGB), Diebstahl (§ 242 Abs. 1 StGB), Sachbeschädigung (§ 303 Abs. 1 StGB) sowie Verstöße gegen das Versammlungsgesetz (§ 26 Nr. 2, § 27 Abs. 2 Nr. 3c VersammlG) vorgeworfen. In dem angeklagten Zeitraum waren Bastian A. und Maximilian A. zu Beginn noch Heranwachsende (§§ 1, 105 JGG). Eric K. handelte zunächst als Jugendlicher mit Verantwortungsreife, danach als Heranwachsender (§§ 1, 3, 104, 105 JGG).
    In der nunmehr zugestellten Anklageschrift ist im Wesentlichen folgender Sachverhalt dargelegt:
    Gemeinsam mit anderen Personen gründeten Leon R., Maximilian A. und Eric K. spätestens im März 2019 in Eisenach die Vereinigung „Knockout 51“. Hierbei handelte es sich um eine rechtsextremistische Kampfsportgruppe, die unter dem Deckmantel des gemeinsamen körperlichen Trainings junge, nationalistisch gesinnte Männer anlockte, diese bewusst mit rechtsextremem Gedankengut indoktrinierte und für körperliche Auseinandersetzungen mit Polizeibeamten, Angehörigen der politisch linken Szene und sonstigen als bekämpfenswert erachteten Personen ausbildete. „Knockout 51“ war von Beginn an zumindest auf die Begehung von Körperverletzungsdelikten angelegt. Spätestens seit April 2021 erstreckte sich das Ziel der Vereinigung auf die Tötung von Personen der linksextremen Szene. In die Gruppierung brachten sich regelmäßig etwa zehn Mitglieder aktiv ein.
    Leon R. fungierte als Anführer von „Knockout 51“. Er gab die Aufnahmebedingungen für eine Mitgliedschaft in der Gruppierung vor, leitete die regelmäßig in den Räumlichkeiten der Landesgeschäftsstelle der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) – dem „Flieder Volkshaus“ in Eisenach – stattfindenden Kampftrainings, sorgte für die ideologische Schulung der Teilnehmer und betrieb zusammen mit anderen Mitgliedern der Vereinigung die gezielte Anwerbung von Personen. Über persönliche Kontakte verschaffte er „Knockout 51“ zudem eine überregionale Vernetzung in ganz Thüringen sowie bundesweit mit anderen gewaltbereiteten rechtsextremen Kampfsportgruppen. Die übrigen Angeschuldigten nahmen leitende Funktionen in der Vereinigung wahr. Bastian A. und Maximilian A. taten sich insbesondere durch Gewalttätigkeiten und Provokationen gegenüber dem politischen Gegner hervor. Eric K. leitete ab November 2021 unter der Aufsicht von Leon R. die Anwärter von „Knockout 51“.
    „Knockout 51“ beschränkte sich nicht auf die Ausbildung von Anwärtern und Mitgliedern, sondern trat zur Umsetzung der Vereinigungsziele wiederholt in Aktion. So unternahm es die Gruppierung, in Eisenach einen sogenannten „Nazi Kiez“ zu schaffen und sich dort als bestimmende Ordnungsmacht zu etablieren. Dazu führte sie in dem Gebiet unter anderem „Kiezstreifen“ durch und sicherte Veranstaltungen der NPD im „Flieder Volkshaus“. Bei solchen Gelegenheiten kam es unter wechselnder Beteiligung der Angeschuldigten zur Anwendung massiver körperlicher Gewalt gegen andere Personen. Zwischen Ende August 2020 und Ende März 2021 reisten Mitglieder von „Knockout 51“ unter der Führung von Leon R. zu diversen Protestveranstaltungen gegen Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie, um eine Auseinandersetzung mit der Polizei zu suchen. Ab November 2021 trat „Knockout 51“ auch bei Demonstrationen in Eisenach regelmäßig gewalttätig gegenüber Polizeibeamten und politisch Andersdenkenden auf und nutzte die Veranstaltungen als Gelegenheit zur Eskalation.
    Die Durchführung von Überfällen und Anschlägen aus dem linksextremistischen Spektrum auf Angehörige und ein Objekt der Vereinigung führte zu einem Wandel in der Ausrichtung von „Knockout 51“. Spätestens seit April 2021 suchten die Mitglieder gezielt die Auseinandersetzung mit Linksextremisten, um unter dem Deckmantel der Selbstverteidigung tödlich wirkende Gewalt anwenden zu können. Für diesen Kampf statteten sie sich mit Messern und anderen Hieb- und Stichwaffen aus. Zudem verschafften sich Leon R. und Bastian A. verbotene Waffen(teile) und hielten diese vor, unter anderem Schlagringe, ein Butterflymesser, eine manipulierte Gaspistole sowie wesentliche Teile für halbautomatische Schusswaffen. Darüber hinaus wurden Schießtrainings unternommen. Trotz immer wieder durchgeführter provokanter Aktionen fanden keine weiteren Überfälle durch Mitglieder aus dem linksextremistischen Spektrum statt, die zu einem tödlich wirkenden Gegenschlag hätten genutzt werden können.
    Im Einzelnen werden den Angeschuldigten im Zusammenhang mit ihrer mutmaßlichen Mitgliedschaft in einer kriminellen oder terroristischen Vereinigung folgende Ereignisse zur Last gelegt:
    1. Am 29. August 2020 mischten sich Leon R. und Bastian A. gemeinsam mit anderen Mitgliedern von „Knockout 51“ maskiert unter die Teilnehmer einer Corona-Demonstration in Berlin. Ein mit schlagverstärkenden Quarzsand-Handschuhen ausgerüstetes Mitglied der Gruppe versuchte, eine von der Polizei festgenommene Person zu befreien und stieß dazu einen Beamten zur Seite. Wenig später trat das Gruppenmitglied einem anderen Polizeibeamten in den Bauch. Zur Fixierung der Gruppe um die Angeschuldigten waren mehrere Polizeibeamte nötig. Leon R. wurde vorläufig festgenommen. Bastian A. floh in die Menge.
    2. Am 7. November 2020 nahm Bastian A. mit anderen Mitgliedern von „Knockout 51“ an einer von der „Querdenken“-Bewegung organisierten Demonstration in Leipzig teil. Dort warf Bastian A. eine leere Glasflasche in Richtung der eingesetzten Polizeibeamten und traf damit auch eine dahinterstehende Person, die leicht verletzt wurde.
    3. Am 21. November 2020 reisten Leon R., Bastian A. und andere Mitglieder von „Knockout 51“ zu einer Demonstration der „Querdenken“-Bewegung nach Leipzig, um erneut die gewaltsame Auseinandersetzung mit Polizeibeamten und Anhängern des linksextremistischen Spektrums zu suchen. Vor dem Hauptbahnhof attackierte ein vermeintlicher Anhänger des politischen Gegners die gewaltbereite Gruppe um Leon R. und Bastian A. Als der Angreifer floh, nahmen beide mit weiteren Personen die Verfolgung auf. Aus dieser Gruppe um die Angeschuldigten wurden in der Folge Bierflaschen auf den Fliehenden und seine Begleiter geworfen. In jedenfalls drei Fällen kam es zu körperlichen Übergriffen.
    4. Am Abend des 10. Februar 2021 schlugen Leon R. und Maximilian A. an einer Sporthalle in Eisenach auf vier Personen ein, wobei ein Geschädigter Knochenbrüche im Gesichtsbereich erlitt. Leon R. und Maximilian A. hatten die Personen als Randalierer ausgemacht und wollten in dem von ihnen beanspruchten „Nazi Kiez“ für Ordnung sorgen.
    5. Am 20. März 2021 stellten Leon R., Bastian A. und andere Mitglieder von „Knockout 51“ auf einer Corona-Demonstration in Kassel einer Gruppe nach, die sie dem politisch linken Lager zuordneten. Leon R. schlug einer Person aus dieser Gruppe mit der Faust gegen den Kehlkopf, Kiefer und Kinn.
    6. In der Nacht vom 14. auf den 15. August 2021 führte Bastian A. in einem Nachtclub in Wutha mit großer Wucht einen Kopfstoß in das Gesicht einer Person aus, die er der Beteiligung an einem vorangegangenen Angriff durch Angehörige des linken Spektrums auf das von Leon R. betriebene Lokal in Eisenach verdächtigte.
    7. Am 31. Oktober 2021 versetzte Maximilian A. in einem Lokal in Eisenach zur Behauptung seiner und der von „Knockout 51“ im „Nazi Kiez“ beanspruchten Stellung einer anderen Person mehrere Schläge und Tritte, bis diese bewusstlos zu Boden ging. Das Vorgehen war vorher mit Leon R. abgesprochen. Dieser war vor Ort anwesend und sorgte gemeinsam mit Bastian A. dafür, dass Umstehende nicht eingriffen.
    8. Am 1. Januar 2022 suchte Eric K. gemeinsam mit Mitgliedern der von ihm angeführten Jugendgruppe von „Knockout 51“ ein Gartengrundstück am Rande von Eisenach auf. Dort fand eine Silvesterparty statt, auf der sich auch Drogenkonsumenten befinden sollten. Mit Quarzsand-Handschuhen ausgerüstet schlug Eric K. einer Person mehrfach ins Gesicht und gegen den Kopf, bis diese das Bewusstsein verlor. Seine Begleiter misshandelten zwei weitere Geschädigte mit Faustschlägen und Kopfstößen ins Gesicht. Beim endgültigen Verlassen des Grundstücks entwendete Eric K. die Kopfhörer (AirPods) eines Gastes.
    9. Am Abend des 4. Februar 2022 begab sich Eric K. zusammen mit anderen Personen uneingeladen zu einer Feier, die von vermeintlichen Anhängern des politisch linken Lagers ausgerichtet wurde. Einem Gast schlug er mit Quarzsand-Handschuhen so heftig ins Gesicht, dass dieser diverse Brüche erlitt. Mit der Tat unterstrich Eric K. seine besondere Stellung im „Nazi Kiez“ als Mitglied von „Knockout 51“. Unter Vorhalt eines Messers versuchte er sodann, den unter starken Schmerzen leidenden Geschädigten am Verlassen der Örtlichkeit zu hindern und einen Arzt aufzusuchen.
    10. Am 8. Februar 2022 führte Eric K. zusammen mit der von ihm geleiteten Jugendgruppe von „Knockout 51“ durch Eisenach einen Aufzug gegen staatliche Coronamaßnahmen an. Eric K. hatte den Aufzug bewusst nicht angemeldet, um die Polizei zu überraschen. Seine Gruppierung legte es auf eine gewaltsame Konfrontation mit den anwesenden Polizeibeamten an und trat teilweise vermummt auf. Zu diesem Zweck rotteten sich mehrere organisierte Gruppen zusammen.
    11. Am Abend des 16. März 2022 schlug Eric K. gemeinsam mit anderen Mitgliedern seiner Jugendgruppe an der Sporthalle in Eisenach aus Vergeltung für die Beleidigung einer Anhängerin von „Knockout 51“ und um den Machtanspruch der Vereinigung im „Nazi Kiez“ zu behaupten, auf eine Person mit Quarzsand-Handschuhen ein und besprühte diese mit Pfefferspray.
    12. Am 26. März 2022 warf Eric K. mit Wissen von Leon R. zusammen mit anderen Personen drei schwere Steine gegen das Jugend- und Wahlkreisbüro der Partei DIE LINKE in Eisenach. Hierdurch zersplitterte eine Fensterscheibe, was einen Schaden in Höhe von knapp 3.000 Euro verursachte.
    13. Am Abend des 26. März 2022 fand im „Flieder Volkshaus“ eine Party statt, bei der „Knockout 51“ den sogenannten Saalschutz organisierte. Hieran beteiligte sich auch Eric K. Als sich zwei Gäste miteinander stritten, schlug Eric K. einem der beiden mehrfach mit der Faust gegen den Hinterkopf und ins Gesicht.
    14. In der Nacht vom 5. auf den 6. April 2022 versetzte Bastian A. einer Person nahe Eisenach mehrere Tritte gegen den Brustkorb sowie Faustschläge ins Gesicht, wodurch die Person einen Nasenbeinbruch erlitt. Die Tat diente der Bestrafung des Geschädigten für dessen Angaben zu „Knockout 51“ im Rahmen einer Hauptverhandlung vor dem Oberlandesgericht Dresden.
    Die Angeschuldigten wurden am 6. April 2022 auf Grund von Haftbefehlen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs festgenommen und befinden sich seitdem in Untersuchungshaft (vgl. Pressemitteilungen Nr. 20 und 21 vom 6. und 7. April 2022).
    https://www.generalbundesanwalt.de/


    Mehr rechte politisch motivierte Straftaten im Norden

    Stand: 19.05.2023

    Rechtsextremistische Bestrebungen bleiben im Fokus des Verfassungsschutzes. Im Norden beobachten die Behörden eine Zunahme politisch motivierter Kriminalität von rechts. Eine Szene hat gleich aus mehreren Gründen Zulauf.
    Bei rechten politisch motivierten Straftaten haben Verfassungsschützer in Schleswig-Holstein 2022 einen weiteren Anstieg registriert. Deren Zahl stieg im Vorjahresvergleich um 32 Fälle oder 4,8 Prozent auf 699 Taten, wie Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) am Mittwoch bei der Vorstellung des aktuellen Verfassungsschutzberichts sagte. «Dieser erneute Anstieg ist nicht gut.» Es sei jedoch mehr als jedes zweite Delikt aufgeklärt worden. Bei den Gewaltdelikten in dem Bereich waren es den Angaben zufolge sogar mehr als neun von zehn.
    Einen Zulauf beobachtete der Verfassungsschutz bei «Reichsbürgern» und sogenannten Selbstverwaltern im Norden um rund ein Drittel auf 640 Personen. «Der massive Zulauf in dieser Szene hing teilweise mit diffusen Zukunftsängsten zusammen», sagte die Ministerin. Auslöser seien als existenziell wahrgenommene Krisen wie die Corona-Pandemie, der Krieg in der Ukraine oder der Klimawandel. «Personen mit einer Affinität zu Verschwörungstheorien haben Anschluss an die Szene bekommen, die genau diese Themen aufgegriffen hat.»
    Die Behörden registrieren Siedlungsbestrebungen. Ende Oktober war ein von mutmaßlichen «Reichsbürgern» errichtetes Camp in Owschlag (Kreis Rendsburg-Eckernförde) geräumt worden. Für die Siedlung gab es keine Baugenehmigung. Sogenannte Selbstverwalter nutzten oftmals eigene Immobilien, luden Gleichgesinnte ein, wie der stellvertretende Leiter des Verfassungsschutzes Wolfgang Klonz sagte. «Dann kann es in Einzelfällen anwachsen.»
    Laut Verfassungsschutz ist ein Teil der Szene bereit, Gewalt anzuwenden. Die Verfassungsschützer gehen davon aus, dass die erkennbare Radikalisierung der Szene sich fortsetzen werde. Sie vernetze sich vor allem über Telegramkanäle.
    Krampfadern entfernen: In Hamburg setzen Experten auf moderne Methoden
    Rechtsextremistische Bestrebungen und Netzwerke stehen weiter im Fokus des Verfassungsschutzes. Dazu zählen im Norden aktuell 1220 Personen (plus 1,7 Prozent). Konstant 350 gelten als gewaltorientiert.
    Im Bereich Linksextremisten beobachten Verfassungsschützer, dass für diese weiterhin die Klimabewegung ein bedeutsames Themenfeld ist. «In Schleswig-Holstein trat insbesondere nach der Corona-Pandemie die TurboKlimaKampfGruppe (TKKG) als linksextremistischer Akteur in Erscheinung», sagte Sütterlin-Waack. Diese widme sich neben Klima- und Umweltfragen verstärkt anderen, linksextremistisch geprägten Aktionsfeldern im Bereich Antifaschismus und Antirepression (gegen staatliche Überwachung und Strafverfolgung). TKKG fungiere als bedeutendste linksextremistische Gruppierung in der ansonsten bürgerlich geprägten Klimabewegung.
    Von einer weiter konstant hohen abstrakten Gefährdungslage gehen Verfassungsschützer im Bereich des islamistischen Terrorismus aus. Von den derzeit insgesamt 868 als islamistisch geltenden Menschen ordnen sie etwa 750 Personen dem Salafismus zu.
    Eine Zunahme gab es im Bereich der politisch motivierten Straftaten mit dem Stichwort «Ausländische Ideologie» von 85 auf 92 Taten insgesamt. Schwerpunkte waren der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und das Protestgeschehen im Iran.
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    Neuer Höchststand politisch motivierter Kriminalität

    PRESSEMITTEILUNG   09.05.2023
    Statistik für das Jahr 2022 veröffentlicht: Viele Taten aus diffuser Motivation, insbesondere bei Corona-Protesten / Meiste Gewaltopfer durch rechtsmotivierte Straftaten
    Die Zahl der politisch motivierten Straftaten ist im Jahr 2022 erneut deutlich um über sieben Prozent auf 58.916 Delikte angestiegen. Damit befindet sich die politisch motivierte Kriminalität (PMK) auf dem höchsten Stand seit Einführung der Statistik im Jahr 2001. Auch die Zahl der politisch motivierten Gewalttaten ist um vier Prozent auf 4.043 Delikte angestiegen.
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    Politisch motivierte Kriminalität im Jahr 2022 - Bundesweite Fallzahlen
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    Bundesinnenministerin Nancy Faeser: "Wir müssen unsere Demokratie mit aller Kraft verteidigen – gegen innere genauso wie gegen äußere Bedrohungen. Die politisch motivierte Kriminalität ist ein Spiegelbild der gesellschaftlichen Konflikte in unserem Land. Der Jahresanfang 2022 war noch geprägt von der Corona-Pandemie. Seither spüren wir die tiefgreifenden Auswirkungen von Putins verbrecherischem Krieg gegen die Ukraine auch in unserer Gesellschaft. Besondere Sorge macht mir, dass Angriffe auf Geflüchtete stark zugenommen haben. Es ist in höchstem Maße menschenverachtend, Menschen zu attackieren, die bei uns Schutz vor Krieg und Terror gefunden haben. Das zeigt: Vom Rechtsextremismus geht nach wie vor eine besonders hohe Gefahr aus.
    Prävention und Härte sind Kern unserer Strategie zur Bekämpfung von Extremismus. Dazu gehören gut ausgestattete Sicherheitsbehörden, eine konsequente Strafverfolgung, politische Bildung und eine starke Zivilgesellschaft. Gleichzeitig gilt: Wir müssen Extremisten noch konsequenter die Waffen entziehen. Dafür brauchen wir die von mir vorgeschlagenen, dringend notwendigen Verschärfungen des Waffenrechts.
    Die Gefährdung durch islamistischen Terrorismus ist weiter hoch. Nach dem Fall in Castrop-Rauxel Anfang Januar konnten wir vor kurzem in Hamburg schon den zweiten mutmaßlich islamistischen Anschlag in diesem Jahr verhindern. Wir sind sehr wachsam und handeln international wie national eng vernetzt. Wir setzen unsere harte Gangart gegen Islamisten fort."
    Holger Münch, Präsident des Bundeskriminalamts: "Im Jahr 2022 war abermals ein neuer Höchststand der Fallzahlen der politisch motivierten Kriminalität zu verzeichnen. In Teilen der Bevölkerung bestehen zudem Radikalisierungstendenzen. Diese Entwicklungen – insbesondere in den Bereichen der politisch motivierten Kriminalität -rechts- und der Hasskriminalität - sind sehr ernst zu nehmen. Sie richten sich gegen unsere freiheitliche demokratische Grundordnung und gefährden unseren gesellschaftlichen Frieden. Die Bekämpfung der politisch motivierten Kriminalität ist deshalb weiterhin hoch priorisiert – im BKA genauso wie in den anderen Sicherheitsbehörden.
    Gemeinsam mit den Länderpolizeien halten wir daher an den Bekämpfungskonzepten fest und entwickeln diese weiter. Wir werden vorhandene Instrumente im Risikomanagement, wie RADAR-rechts, konsequent anwenden und ausbauen, in komplexe Ermittlungsverfahren investieren und die Zentrale Meldestelle für strafbare Inhalte im Internet im BKA – einschließlich unserer Kooperationen mit NGOs – weiter ausbauen. Die Polizei bleibt auch in Krisenzeiten ein Garant für Stabilität in Demokratie und Gesellschaft."
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    Übersicht "Hasskriminalität": Entwicklung der Fallzahlen 2001 – 2022
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    Straf- und Gewalttaten im Bereich Hasskriminalität 2021 und 2022
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    Straftaten nach Deliktsbereichen 2021 und 2022
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    24.080 Straftaten entfallen aufgrund ihrer diffusen ideologischen Motivation auf den Phänomenbereich "PMK nicht zuzuordnen" (seit 1. Januar 2022: "PMK sonstige Zuordnung"), der nach einem Anstieg um 13 Prozent damit den aufkommensstärksten Bereich bildet. Ein wesentlicher Teil dieser Straftaten steht im Zusammenhang mit den Protesten gegen Einschränkungen aufgrund der Covid-19-Pandemie (13.988 Straftaten).
    Die zweitmeisten politisch motivierten Straftaten wurden im Jahr 2022 im Phänomenbereich "PMK rechts" begangen. Nach einem Rückgang im Jahr 2021 sind die Fallzahlen um rund sieben Prozent auf 23.493 Straftaten angestiegen. Auch bei den Gewalttaten wurde ein Anstieg um rund 12 Prozent auf 1.170 registriert. Im vergangenen Jahr wurden 41 Prozent der insgesamt erfassten Opfer von Gewalttaten von rechtsmotivierten Tätern verletzt. Das bestätigt erneut, was für eine große Bedrohung von Rechtsextremisten ausgeht.
    Im vergangenen Jahr haben auch die Straftaten gegen Geflüchtete wieder zugenommen. Die Polizeibehörden registrierten 1.420 Straftaten gegen Schutzsuchende – das entspricht einem Anstieg um neun Prozent. Die Zahl der Gewaltdelikte ist um 22 Prozent auf 278 gestiegen. Auch Asylunterkünfte werden immer häufiger zum Ziel von Straftaten, hier ist gegenüber 2021 ein Anstieg um 67 Prozent auf 120 Fälle zu beobachten.
    Die antisemitischen Straftaten sind im Jahr 2022 um 12,75 Prozent auf 2.641 Taten (2021: 3.027 Taten) zurückgegangen. Dies ist wegen des Höchststands im Jahr 2021 und der hohen Zahl von 88 Gewaltdelikten (2021: 64 Gewaltdelikte) kein Grund zur Entwarnung. Der weit überwiegende Anteil der Taten von ca. 84 Prozent der antisemitischen Taten sind der politisch rechts motivierten Kriminalität zuzurechnen. Zugleich sind Taten durch islamistisch geprägten Antisemitismus zu beobachten.
    Im Themenfeld "Reichsbürger/Selbstverwalter" sind die Fallzahlen erheblich auf 1.865 Straftaten angestiegen. Dies entspricht einer Zunahme um rund 39,7 Prozent. Die Zahl der Gewalttaten hat sich um rund 40 Prozent auf 333 Delikte erhöht. Die Landesbehörden haben zwischen 2016 und dem Ende des vergangenen Jahres 1.100 waffenrechtliche Erlaubnisse von "Reichsbürgern" und "Selbstverwaltern" entzogen.
    Im Bereich der Hasskriminalität hat sich eine deutliche Zunahme um rund zehn Prozent auf 11.520 gezeigt. Drei von vier dieser Straftaten sind dem Bereich "PMK rechts" zuzuordnen. Die Zahl der Gewalttaten ist noch deutlicher um 33 Prozent auf nun 1.421 gestiegen.
    Im Phänomenbereich "PMK links" ist die Zahl der Delikte deutlich um rund 31 Prozent auf 6.976 Straftaten gesunken. Bei den Gewalttaten haben die Polizeibehörden einen Rückgang um etwa 30 Prozent auf rund 842 Delikte registriert. Etwa die Beschädigung von Wahlplakaten spielte nach dem Superwahljahr 2021 im Jahr 2022 keine wesentliche Rolle mehr. Außerdem waren wenige wirkstarke Kampagnen und relevante Großveranstaltungen im linken Spektrum zu beobachten.
    Gleichzeitig haben sich Klimaproteste im Jahr 2022 zu einem deutlichen Themenschwerpunkt linksmotivierter Straftaten entwickelt. Hier wurden 1.585 Straftaten registriert. Dies entspricht etwa einer Verdoppelung gegenüber 2021. Mehr als 80 Prozent der registrierten Straftaten wurden der "PMK links" zugeordnet.
    Die Fallzahlen im Bereich "PMK religiöse Ideologie" sind weitgehend konstant (2022: 481 Straftaten; 2021: 479). Es ist aber weiter von einer erheblichen Gefährdung durch islamistischen Extremismus und Terrorismus auszugehen.
    Im Phänomenbereich "PMK ausländische Ideologie" wurde ein starker Anstieg auf 3.886 Straftaten registriert, davon 372 Gewalttaten (2021: 140). Ursächlich sind insbesondere Resonanzstraftaten im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und im Kontext des Konfliktes zwischen der Türkei und der PKK sowie der Situation im Iran.
    Die Fallzahlen im Phänomenbereich "PMK religiöse Ideologie" entsprachen mit 481 Delikten etwa dem Vorjahresniveau. Die Anzahl der Gewalttaten nahm hier um rund 15 Prozent auf 51 Fälle ab.
    Im Themenfeld "frauenfeindlich" wurden 206 Delikte an das Bundeskriminalamt gemeldet, im Themenfeld "geschlechtsbezogene Diversität" waren es 417. Die Themenfelder wurden im vergangenen Jahr neu geschaffen, um die Phänomene besser erfassen zu können, vorher wurde übergreifend das Themenfeld "Geschlecht/Sexuelle Identität" genutzt (2021: 340 Straftaten). Bei den Gewaltdelikten wurde ein Zuwachs um 42,5 Prozent registriert. Im Themenfeld "sexuelle Orientierung", in dem homophobe Straftaten erfasst werden, sind die Fallzahlen um rund 15 Prozent auf 1.005 Delikte angestiegen. Bei diesen Themenfeldern ist jedoch von einer besonders hohen Dunkelziffer auszugehen.
    Die Statistik zur politisch motivierten Kriminalität 2022 ist unter www.bmi.bund.de/pmk2022 abrufbar.
    https://www.bmi.bund.de/

    Rechtsextremismus
    : Immer mehr untergetauchte Nazis in Bayern

    16. 05.2022, 18:11 UhrLesezeit: 2 min
    Beschlagnahmte Gegenstände - Waffen, Munition und CDs - aus der rechtsextremen Szene. (Foto: Sven Hoppe/picture alliance/dpa)
    Die Zahl der Rechtsextremen, nach denen gefahndet wird, steigt - vor allem im Freistaat. Mögliche Ursache ist laut BKA ein "gewisser Corona-Effekt".
    Von Ronen Steinke, Berlin
    Seit Jahren steigt die Zahl der Neonazis, die in Deutschland per Haftbefehl gesucht, aber nicht gefunden werden. Waren es vor zehn Jahren nach damaligen Angaben des Bundeskriminalamts (BKA) 266 Personen, so hat sich die Zahl seither mehr als verdoppelt. Zuletzt zählte das BKA 596 Rechtsextreme, nach denen gefahndet werde. Auffällig ist dabei: Ganz besonders viele Fälle liegen in Bayern. Aus dem Freistaat sind sogar mehr Rechtsextreme untergetaucht als aus jeglichem anderen Bundesland.
    Nach einer Recherche, bei der die Süddeutsche Zeitung mit der Plattform Frag den Staat zusammengearbeitet hat, vermissten die Fahnder in Bayern zuletzt 128 Rechtsextreme. Das sind mehr als doppelt so viele wie in Sachsen (47) oder Berlin (56), viermal so viele wie in Niedersachsen (30) und sogar sechsmal so viele wie in Hessen (21). Die Zahlen geben den Stand vom 30. September 2021 wieder. Auf dem Platz hinter Bayern folgt erst mit weitem Abstand das Bundesland Nordrhein-Westfalen (98). Nordrhein-Westfalen hat indes auch wesentlich mehr Einwohner als Bayern.
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    Das Problem untergetauchter Rechtsextremer ist spätestens seit Auffliegen der Terrorserie der Neonazi-Gruppe NSU besonders brisant. Die mit Haftbefehl gesuchten Mitglieder der Terrorzelle waren 1998 abgetaucht und konnten fast 14 Jahre lang ihren Fahndern entwischen. In dieser Zeit verübten sie - angefangen in Bayern - zehn Morde, drei Bombenanschläge und weitere Straftaten. Aus Thüringen, dem Land, aus dem der NSU stammte, werden derzeit 42 Rechtsextreme mit Haftbefehl gesucht, wie die aktuelle Recherche zeigt. Auch das ist im Vergleich zur Bevölkerungszahl auffällig viel.
    Der Anstieg hat sich vor allem in der jüngsten Zeit beschleunigt. So sind zur Gesamtmenge der untergetauchten Rechten allein zwischen März und September 2021 bundesweit noch einmal 137 neue hinzugekommen. Zwar geht es nicht in allen Fällen um Gewalttäter. Manche Rechtsextreme werden auch wegen gewaltloser Delikte wie Volksverhetzung gesucht, oder auch wegen unpolitischer Taten. In den vergangenen drei Jahren verdreifachte sich aber insbesondere die Zahl der untergetauchten Rechten, die wegen eines Gewaltdelikts gesucht werden. 2019 waren es 23, 2020 waren es 30, 2021 waren es 87.
    Ein Grund für den insgesamt zu beobachtenden Anstieg, so sagte der Präsident des BKA, Holger Münch, kürzlich im SZ-Interview, liege an einem "gewissen Corona-Effekt". Dieser bestehe darin, dass "manche Bundesländer die Vollstreckung von Haftbefehlen, die aufgrund von minderschweren Vergehen aus dem nichtpolitischen Bereich erlassen wurden, zurückgestellt haben". Kurz: Der Fahndungsdruck sei aktuell mancherorts nicht so hoch, wenn ein Rechtsextremer "nur" wegen eines unpolitischen Delikts wie Diebstahl oder einer Verkehrsstraftat gesucht wird.
    In anderen Bundesländern bleiben Haftbefehle unveröffentlicht
    Beim bayerischen Landeskriminalamt heißt es, Bayern sei im Vergleich zu anderen Bundesländern nicht langsamer oder nachlässiger, sondern vielleicht ehrlicher. Man gehe mit Haftbefehlen gegen Rechtsextreme offen um und veröffentliche diese so oft wie möglich im Computersystem der Polizei. In anderen Bundesländern komme es hingegen öfter vor, dass Haftbefehle gegen Rechtsextreme unveröffentlicht blieben. Das würde bedeuten, dass nur spezielle Einheiten der Polizei von diesem Haftbefehl erfahren. Diese Haftbefehle würden dann auch in keiner Statistik auftauchen.
    Nach Erkenntnissen des Bundeskriminalamts aus dem vergangenen Dezember wird bei 87 deutschen Rechtsextremen, die mit offenem Haftbefehl gesucht werden, ein Aufenthalt im Ausland vermutet. Die meisten deutschen Neonazis - 13 - seien demnach nach Polen abgetaucht, gefolgt von Österreich (11), der Schweiz (7) und Italien (6). In einem Fall bezog sich ein Haftbefehl im Jahr 2021 auf eine rechtsterroristische Tat, dieser Haftbefehl wurde später jedoch wieder aufgehoben. In zwei weiteren Fällen betrachtet die Polizei die untergetauchten Rechtsextremen als sogenannte Gefährder. Das heißt, sie traut ihnen Anschläge zu.
    https://www.sueddeutsche.de/


    Rechte, rassistische und antisemitische Gewalt in Deutschland 2022 – Jahresbilanzen der Opferberatungsstellen

    09.05.2023
    Die Opferberatungsstellen im VBRG haben ihre Bilanzen zum Ausmaß rechter, rassistischer und antisemitisch motivierter Gewalt im Jahr 2022 veröffentlicht. In zehn von 16 Bundesländern wurden insgesamt 2.093 rechte, rassistisch und antisemitisch motivierte Angriffe registriert. Mehr als die Hälfte aller Angriffe ist rassistisch motiviert. Trans- und Queerfeindliche Angriffe nehmen zu und forderten ein Todesopfer. Täglich werden mindestens fünf Menschen Opfer rechts, rassistisch oder antisemitisch motivierter Gewalt. Die Beratungsstellen stellen außerdem erneut eine gravierende Untererfassung rechter Gewalt durch Strafverfolgungsbehörden fest –  auch bei schweren Gewalttaten. Hier finden Sie alle Informationen.
    Übersicht:
    Pressemitteilung des VBRG e.V. vom 09.05.2022
    Grafiken und Hintergrundinformationen als Download
    [Video folgt] Bundespressekonferenz des VBRG „Jahresstatistik rechte Gewalt 2022„
    Pressespiegel
    Jahresbilanzen der Opferberatungsstellen in den Bundesländern
    Pressemitteilung des VBRG e.V. vom 09.05.2023
    Rechte Gewalt 2022: Jahresbilanz der Gewaltopferberatungsstellen
    ++ Rassistische Mobilisierungen und Gewalt schaffen insbesondere in Ostdeutschland ein flächendeckendes Klima von Angst und Unsicherheit ++ Anstieg von mehr als 15 Prozent bei rechten Gewalttaten – insbesondere Körperverletzungsdelikten ++ Täglich ereigneten sich im Jahr 2022 bis zu fünf rechte Angriffe alleine in 10 von 16 Bundesländern ++ Rassismus ist bei mehr als der Hälfte der Fälle das dominante Tatmotiv ++ 2.871 Menschen waren 2022 von 2.093 politisch rechts motivierten Angriffen allein in Ostdeutschland, Baden-Württemberg, Berlin, Hamburg und Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein direkt betroffen. ++ Antisemitisch motivierte Angriffe haben sich im Vergleich zum Vorjahr vervierfacht. ++ Opferberatungsstellen registrieren auch eine Verdoppelung von Gewalttaten gegen Menschen LGBTIQA*+ Community, insbesondere gegen queere People of Colour und Transpersonen wie Malte C., der in Folge eines queer- und transfeindlich motivierten Angriffs starb. ++
    „Der Anstieg rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt im Jahr 2022 ist vor dem Hintergrund der pandemiebedingten Ausgangsbeschränkungen im Frühjahr 2022 besonders gravierend. Rassistische Mobilisierungen gegen Geflüchtete in Ostdeutschland, Brandanschläge auf Unterkünfte sowie eine vielerorts unerträgliche Normalisierung von Antisemitismus und Rassismus belasten den Alltag sehr vieler Menschen“, sagt Robert Kusche vom Vorstand des VBRG e.V. ++ Dabei müssen die Reaktionen der Strafverfolgungsbehörden stärker in den Fokus genommen werden. „Allzu oft werden insbesondere rassistische Motive von Ermittlungsbehörden und auch von Gerichten nicht als solche erkannt oder nicht berücksichtigt“, kritisiert Dr. Doris Liebscher, Juristin und Leiterin der Ombudsstelle für das Berliner Antidiskriminierungsgesetz. „Es fehlen flächendeckend Rassismus-Beauftragte bei Polizei und Justiz.“ ++ „Rassistisch motivierte Angriffe gegen Kinder und Jugendliche haben sich innerhalb von einem Jahr verdoppelt und beeinflussen den Alltag der betroffenen Familien massiv“, sagt Sultana Sediqi von „Jugendliche ohne Grenzen“ aus Thüringen. „Allzu oft fühlen sich die Familien von den Institutionen des Rechtsstaats im Stich gelassen.“
    Grafik: Die Anzahl rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalttaten im Vergleich 2012 bis 2022.
    Die im VBRG e.V. zusammengeschlossenen Beratungsstellen haben für das Jahr 2022 einen Anstieg rechten, rassistischen und antisemitischen Gewalttaten in den ostdeutschen Bundesländern, Baden-Württemberg, Berlin, Hamburg Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein dokumentiert. Trotz Ausgangsbeschränkungen aufgrund der Pandemie bis zum Frühjahr 2022 wurden 2.093 rechts, rassistisch und antisemitisch motivierte Angriffe mit 2.871 Betroffenen registriert. Dabei hat sich die Anzahl der betroffenen Kinder und Jugendlichen im Vergleich zum Vorjahr auf 520 Angegriffene nahezu verdoppelt (2021: 288). Besorgniserregend ist sowohl der Anstieg von mehr als 15 Prozent bei rechten Gewalttaten (2022: 1340; 2021: 1151) – insbesondere Körperverletzungsdelikten – als auch eine Verdreifachung der Nötigungen und Bedrohungen insbesondere aus rassistischen und antisemitischen Motiven (2022: 653; 2021: 197).
    Damit wurden in mehr als der Hälfte aller Bundesländer im Jahr 2022 täglich mindestens fünf Menschen Opfer rechter Angriffe. Rassismus war auch 2022 – wie schon in den Vorjahren – das häufigste Tatmotiv. Mehr als die Hälfte aller Angriffe (1088 Fälle) waren rassistisch motiviert und richteten sich überwiegend gegen Menschen mit Migrations- oder Fluchterfahrungen und Schwarze Deutsche. Immer wieder verschwiegen Ermittlungsbehörden Rassismus als Tatmotiv, etwa bei einer schweren Brandstiftung im Keller eines Mehrfamilienhauses in der Nacht vom 9./10. Oktober 2022 in Berlin-Lichtenberg. Rassismus als Tatmotiv wurde erst Wochen später durch Nennung des Brandanschlags in einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zu Angriffen gegen Geflüchtete (Drs. 20/5773) und durch Kontaktaufnahme der Bewohner*innen des Hauses mit der Berliner Opferberatungsstelle ReachOut bekannt.
    Grafik: Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt 2022.
    Sehr hoher Anstieg bei antisemitisch motivierten Angriffen und Verdoppelung von trans- und queerfeindlich motivierter Gewalt
    Besonders Besorgnis erregend ist, dass die Anzahl antisemitisch motivierter Angriffe im Vergleich zum Vorjahr um das Vierfache gestiegen ist (2022: 204; 2021: 54) und auf Bedrohungen innerhalb sehr kurzer Zeit schweren Gewalttaten folgen, wie etwa in Brachwitz (Saalekreis/Sachsen-Anhalt). In dem Dorf wurde ein 52-Jähriger im Sommer 2022 über Wochen von seinem Nachbarn massiv antisemitisch bedroht. Kurz darauf folgten zwei antisemitisch motivierte Brandanschläge auf das Auto und ein Nebengebäude des Wohnhauses des Angegriffenen durch den mittlerweile in erster Instanz verurteilten Nachbarn.
    Die Anzahl der von den Opferberatungsstellen registrierten trans- und queerfeindlichen Angriffe hat sich im Vergleich zum Vorjahr auf 174 verdoppelt und forderte ein Todesopfer. Malte C. starb am 02. September 2022, als er bei einem queerfeindlich motivierten Angriff beim CSD-Münster intervenierte und dabei tödliche Verletzungen erlitt. Ebenfalls im Vergleich zu den Vorjahren angestiegen ist die Anzahl von Angriffen gegen sogenannte politische Gegner*innen (387 Fälle). Unter den Betroffenen sind auch 84 Journalist*innen (2021: 51), die von Anhänger*innen der Coronaleugner- und anderer Verschwörungsideologien als „Lügenpresse“ diffamiert, bedroht und angegriffen wurden.
    Grafik: Die Straftatbestände rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt 2022
    Expert*innen kritisieren Kompetenzlücken bei der Strafverfolgung von rassistisch motivierten Gewalttaten durch Polizei und Justiz – diese führten zu „Angst, Täter-Opfer-Umkehr und Ohnmacht“.
    „Allzu oft wird Opfern rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt selbst die Schuld oder eine Mitverantwortung an einem Angriff zugeschrieben“, stellt Dr. Doris Liebscher, Juristin und Leiterin der Ombudsstelle zum Berliner Antidiskriminierungsgesetz fest. „Hinzukommt, dass insbesondere rassistische Motive von Ermittlungsbehörden und auch von Gerichten nicht als solche erkannt oder nicht berücksichtigt werden.“ Während in Berlin und in anderen Bundesländern inzwischen bei Polizei und Staatsanwaltschaften Beauftragte für Antisemitismus und in Berlin auch für Hasskriminalität gegen LSBTI zu Sensibilisierung in den Behörden beigetragen haben und Fortschritte bei der Strafverfolgung und Erkennung verzeichnet werden konnten, „besteht beim Thema Rassismus eine große Lücke“, betont Dr. Doris Liebscher. „Es fehlen flächendeckend Rassismus-Beauftragte bei Polizei und Justiz.“
    Grafik: Die Tatmotive rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt 2022
    Bei vielen Angegriffenen führten Täter-Opfer-Umkehr und „die mangelnde Rassismuskompetenz bei Polizist*innen und Justiz dazu, dass ihr Vertrauen in den deutschen Rechtsstaat fundamental erschüttert wird“, betont die Juristin.  Dies zeige sich beispielsweise im Fall des rassistischen Angriffs auf die Schülerin Dilan S. im Februar 2022 in Berlin. Die junge Frau hatte in einer Berliner Straßenbahn Zivilcourage gezeigt und eine Gruppe Erwachsener aus dem rechten Hooliganspektrum aufgefordert eine Maske zu tragen. Daraufhin wurde die damals 17-Jährige rassistisch und misogyn beleidigt, angegriffen und verletzt. Die rassistische Täter-Opfer-Umkehr der Angreifer wurde in der ersten Polizei-Pressemitteilungen übernommen; die Schülerin als Maskenverweigerin dargestellt, die den Angriff selbst zu verantworten hätte. Erst ihre auf Instagram veröffentlichte Richtigstellung aus dem Krankenhaus führte dazu, dass gegen die Täter*innen ermittelt wurde. Auf eine Entschuldigung der Polizei wartet die junge Frau bis heute vergebens. „Auch im Strafprozess gegen die Angreifer*innen am Amtsgericht Tiergarten wiederholte sich dann die Relativierung der Tat“, kritisiert Dr. Doris Liebscher. „Die Richterin ging nicht angemessen auf das rechte Umfeld und einschlägige Vorstrafen der Angeklagten ein, sie stellte den Angriff von sechs Erwachsenen auf eine 17-jährige Frau als ‚berlintypische‘ Auseinandersetzung dar und bewertete die psychologischen Folgen des rassistischen Angriffs nicht als strafschärfend.“
    „Rassistisch motivierte Angriffe gegen Kinder und Jugendliche haben sich innerhalb von einem Jahr verdoppelt und beeinflussen den Alltag der betroffenen Familien massiv“, sagt Sultana Sediqi von „Jugendliche ohne Grenzen“ aus Thüringen. „Allzu oft fühlen sich die Familien von den Institutionen des Rechtsstaats im Stich gelassen.“ Insbesondere rassistische Bedrohungen, Diskriminierungen und Gewalt im Wohnumfeld und an Schulen führen zu massiven Einschränkungen und Belastungen im Alltag der betroffenen Familien. „Die von den Opferberatungsstellen registrierten Angriffe stellen nur die Spitze des Eisberges dar“, betont Sultana Sediqi. „Hinzu kommen rassistische Diskriminierungen durch Behörden, auf dem Wohnungs- und Arbeitsmarkt – das führt zu einer ständig präsenten Angst und Ohnmacht.“
    Grafik: Die Anzahl der Betroffenen rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt im Vergleich von 2012 bis 2022.Gefahr der Entpolitisierung und Untererfassung politisch rechts motivierter Gewalt
    Die bedrohliche Zunahme von Angriffen gegen Journalist*innen und politische Gegner*innen, die Auswirkungen rechter Angriffe durch AfD-Kommunalpolitiker*innen sowie die zunehmende Verbreitung von Waffen und Tag-X-Terrorplänen in den rechten Bewegungen der Reichsbürger*innen, Coronaleugner*innen und Anhänger*innen von Verschwörungsideologien haben sich weiter verschärft. Die Normalisierung von Antisemitismus und Rassismus und Verschwörungsnarrativen zeigt sich auch in der Verdreifachung der Anzahl der von den Opferberatungsstellen registrierten Bedrohungen und Nötigungen (2022: 653; 2021: 197). In Cottbus (Brandenburg) beispielsweise lauerten am 22. November 2022 zwei mit Messern bewaffnete Männer einem Cottbusser Studierenden spät abends am Parkplatz eines Supermarktes auf und bedrohten, und verfolgten ihn. Der Studierende erstattet Anzeige bei der Polizei und gibt Rassismus als einzig für ihn erklärliches Tatmotiv an.
    Anstieg rechter Gewalt in Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern
    Die Entwicklung ist in den Bundesländern uneinheitlich. In zwei ostdeutschen Bundesländern – Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern – sind rechte und rassistische Gewalttaten im Vergleich zum Vorjahr erheblich gestiegen. Gemessen an der Einwohner*innenzahl wurden im unabhängigen Monitoring der Opferberatungsstellen die meisten rechten Gewalttaten[1] in Berlin (7,9 pro 100.000 Einwohner*innen), Sachsen-Anhalt (6,3 pro 100.000 Einwohner*innen), Thüringen (5,9 pro 100.000 Einwohner*innen), Mecklenburg-Vorpommern (5,5 Angriffe pro 100.000 Einwohner*innen) und Hamburg (5,4 pro 100.000 Einwohner*innen) registriert. In Brandenburg (4,5 Angriffe pro 100.000 Einwohner*innen) und Sachsen (3,8 pro 100.000 Einwohner*innen) blieb die Anzahl der Gewalttaten auf unverändert hohem Niveau. Wie schon in den Vorjahren ist die Zahl erfasster rechter Gewalttaten in westdeutschen Flächenländern wie Schleswig-Holstein (2,3 Angriffe pro 100.000 Einwohner*innen) und im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen (1,3 pro 100.000 Einwohner*innen) und Baden-Württemberg (0,4 pro 100.000 Einwohner*innen) im Vergleich zu Ostdeutschland und Berlin geringer.
    Grafik: Die Anzahl rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalttaten im Vergleich zwischen Ostdeutschland und Berlin und offiziellen Zahlen des Bundesinnenministeriums 2012 bis 2022.
    Untererfassung rechter Gewalt durch Strafverfolgungsbehörden wächst und behindert wirksame Gegenmaßnahmen
    Auch für 2022 gehen die Opferberatungsstellen von einer hohen Anzahl nicht registrierter rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalttaten sowie von einer eklatanten Untererfassung von rassistischen, antisemitischen und rechten Tatmotivationen durch Polizei und Justiz aus. „Wir sehen mit Besorgnis, dass die Untererfassung rechter Gewalt zunimmt. Dies zeigt sich insbesondere auch bei der Verortung von Gewalttaten durch Anhänger*innen von Verschwörungsideologien und der Coronaleugner-Bewegung in der polizeilichen Kategorie ‚PMK nicht zuzuordnen/verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates’“, sagt Robert Kusche. Die nach wie vor mangel- und lückenhafte Erfassung und Anerkennung von Rassismus, Antisemitismus und Rechtsextremismus als Tatmotive durch Polizei und Justiz verschleiert das Ausmaß der Bedrohung und Dimensionen rechter Gewalt und lässt die Betroffenen im Stich“, resümiert Robert Kusche.
    Pressekontakte, Anlagen und Verweise
    VBRG e.V., www.verband-brg.de, @rechte_gewalt
    E-Mail: info(at)verband-brg.de; Tel.: +49 (0)30 – 33 85 97 77
    Robert Kusche: E-Mail robert.kusche(at)raa-sachsen.de
    Dr. Doris Liebscher; E-Mail: doris.liebscher(at)senjustva.berlin.de
    [1] Um die Vergleichbarkeit zur „PMK Rechts/Hasskriminalität Gewalttaten“ des BMI/BKA zu gewährleisten, werden hier nur die Gewaltdelikte im Sinne der PMK aufgeführt: Vollendete/versuchte Tötungsdelikte, sowie schwere, gefährliche, einfach Körperverletzungsdelikte und Brandstiftungsdelikte.
    https://verband-brg.de/


    Politisch motivierte Kriminalität
    Opferberatungsstellen warnen vor Untererfassung rechter Gewalt

     

    Der Tankstellenmord von Idar-Oberstein im Jahr 2021: Für Landes- und Bundeskriminalamt bis heute keine rechte Gewalttat, sondern „politisch motivierte Kriminalität“ der Kategorie „nicht zuzuordnen“.
    Am Dienstag stellen Bundesinnenministerin Nancy Faeser und BKA-Chef Holger Münch die Statistik zur politisch motivierten Kriminalität vor. Vorab warnen die Beratungsstellen für Opfer rechter Gewalt vor einer Untererfassung rechtsextremer Gewalttaten.
    Felix Huesmann
    08.05.2023, 10:11 Uhr
    Berlin. Der Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (VBRG) hat vor der Vorstellung der bundesweiten Statistik zur politisch motivierten Kriminalität am Dienstag vor einer Untererfassung rechter Gewalttaten gewarnt. „Wir müssen aus der Erfahrung der letzten zwei Jahre davon ausgehen, dass das Ausmaß der Untererfassung rechter Gewalt durch die Polizei und Ermittlungsbehörden dramatisch zugenommen hat“, sagte VBRG-Vorstandsmitglied Robert Kusche, der die sächsische Opferberatungsstelle „Support“ leitet, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Stattdessen hat sich das Ausmaß der politisch motivierten Kriminalität, die vermeintlich ‚nicht zuzuordnen‘ ist, in nur zwei Jahren quasi verdreifacht“, kritisierte Kusche.
    Als „nicht zuzuordnen“ stuft das Bundeskriminalamt (BKA) in seiner Statistik über politisch motivierte Kriminalität (PMK) unter anderem Taten aus der „Querdenker“-Szene ein. Solche Straftaten also, die zwar eindeutig politisch motiviert sind, aus Behördensicht jedoch keinen eindeutigen linken oder rechten Hintergrund haben. Der Verband der Opferberatungsstellen kritisiert diese Einstufung grundsätzlich.
    Für die drastische Zunahme der „nicht zuzuordnenden“ Delikte könne es nur zwei Gründe geben, „und beide sind dramatisch“, sagte Robert Kusche dem RND. „Entweder sind die Strafverfolgungsbehörden nicht in der Lage zu erkennen, dass der moderne Rechtsextremismus nur das Gewand, aber nicht die Ideologie gewechselt hat. Denn den Verschwörungsnarrativen liegt im Kern Antisemitismus und Rassismus zugrunde“, sagte Kusche. Oder in den Köpfen der Ermittlungsbehörden seien rechte Gewalttäter „immer noch die Nazi-Skinheads der 1990er-Jahre – und nicht die Familienväter, die AfD wählen, Rechtsrock hören und Haus, Kind und bürgerlichen Beruf haben und in ihrer Freizeit zum Beispiel bei Corona-Leugner-Demonstrationen oder rassistischen Mobilisierungen mitlaufen“.
    Kritik bereits im vergangenen Jahr
    Der Verdacht liege nahe, dass rechte Gewalttaten gezielt entpolitisiert würden, indem sie in die Kategorie „nicht zuzuordnen“ verschoben würden, sagte VBRG-Vorstandsmitglied Kusche.
    Mehr zum Thema
    Thüringens AfD-Landesparteichef Björn Höcke hat den Bundesverfassungsschutz massiv kritisiert und der als gesichert rechtsextremistisch eingestuften „Jungen Alternative“ (JA) Unterstützung versprochen.
    „Jungen Alternative“
    Höcke stellt sich hinter rechtsextremistische AfD-Jugendorganisation – Kritik an Rede am 8. Mai
    Rechtsextreme Vorfälle an einer Schule in Südbrandenburg haben Politik und Behörden aufgeschreckt. Engagierte Akteure vor Ort versuchen mit Bildungsangeboten aufzuklären. Sie sprechen von einem langen Weg - die betroffene Schule sei kein Einzelfall.
    Vor Ort in Burg (Spreewald)
    Nach rechtsextremen Vorfällen in Brandenburger Schule: „Wir haben Angst!“
    Abgeführt: Die Bundesanwaltschaft hat am 7. Dezember mehrere Menschen aus der „Reichsbürgerszene" im Zuge einer Razzia festnehmen lassen.
    Verhinderter „Putschist“ und Ex-Offizier
    In Untersuchungshaft: Mutmaßlicher Reichsbürger im Hungerstreik ins Krankenhaus verlegt
    Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und BKA-Chef Holger Münch stellen die Statistik zur politisch motivierten Kriminalität im Jahr 2022 am Dienstag in der Bundespressekonferenz in Berlin vor. Im vergangenen Jahr hatte das BKA für 2021 einen leichten Rückgang der rechtsextremen Straftaten auf 21.964 festgestellt –gleichzeitig aber fast ebenso viele (21.339) Delikte als „nicht zuzuordnen“ registriert.
    Kritik übte der Opferberatungsstellenverband VBRG bereits im vergangenen Jahr an der Einstufung des Mordes an dem Tankstellenmitarbeiter Alex W. im rheinland-pfälzischen Idar-Oberstein. Landes- und Bundeskriminalamt stufen die Tat in ihren Statistiken als „nicht zuzuordnen“ ein. Dabei zeichnete das Landgericht Bad-Kreuznach im Gerichtsprozess gegen den Mörder dessen über Jahre gefestigte rechtsextreme Einstellung nach. Der VBRG fordert die Behörden deshalb auf, den Mord als rechtsextreme Gewalttat anzuerkennen.
    https://www.rnd.de/


    Höcke und Weidel in Thüringen
    Gegendemo kontert AfD-Kundgebung in Erfurt

     

    29.04.2023, 20:37 Uhr
    Laut Polizei kamen rund 800 Gegendemonstration zur AfD-Kundgebung.
    (Foto: IMAGO/Jacob Schröter)
    In Erfurt versammeln sich die AfD-Spitzen: Zu Alice Weidel gesellt sich Björn Höcke, Vorsitzender des Thüringer Landesverbandes, der vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuft wird. Auch Gegendemonstranten sind da - und verschaffen sich mit Zwischenrufen Gehör.
    Mehrere Hundert Menschen haben am Samstag in Erfurt gegen eine Kundgebung der AfD mit der Co-Bundesvorsitzenden Alice Weidel und dem Thüringer Landeschef Björn Höcke demonstriert. Die Polizei sprach von etwa 800 Demonstranten, die zum Versammlungsort der AfD zogen. Dort hatten sich etwa 1000 Parteianhänger versammelt. Höcke und Weidel bekundeten in ihren Reden den Willen der AfD, Regierungsverantwortung zu übernehmen.
    POLITIK
    29.04.23
    Brandbrief aus Brandenburg
    Minister: Rechtsextremismus an Schulen "keine Überraschung"
    "Wir wollen dieses Land regieren, wir wollen gestalten und wir werden regieren und wir werden gestalten", erklärte Höcke. Der Thüringer AfD-Landesverband wird vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft.
    Lautstarke Gegendemo
    Bereits jetzt operiere die AfD aus einer "Position der Stärke" heraus, sagte Höcke. Er verwies auf eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Insa, nach der die Partei bei einer jetzigen Wahl mit 28 Prozent stärkste Kraft in Thüringen würde und sechs Prozentpunkte vor der Linken läge, die mit SPD und Grünen regiert. Thüringen solle "zu einer Blaupause für einen echten politischen Neuanfang in Deutschland" werden, sagte er. 2024 ist dort Landtagswahl.
    Weidel, die laut AfD-Landesverband erstmals in Thüringen als Rednerin auftrat, erklärte, ein klarer Wählerwille könne weder ignoriert noch weggewischt werden. Während der Reden machten sich die Gegendemonstranten mit Trillerpfeifen und Zwischenrufen wie "Nazis raus" lautstark bemerkbar. Beide Lager waren durch Sperrgitter und ein großes Polizeiaufgebot getrennt. AfD-Kundgebung und Gegendemonstration seien friedlich geblieben, hieß es zunächst von der Polizei.
    Quelle: ntv.de, cls/dpa
    https://www.n-tv.de/politik/Gegendemo-kontert-AfD-Kundgebung-in-Erfurt-article24089071.html


    »Neustart Kultur« des Bundes
    Auch rechtsextreme Buchprojekte wurden mit Coronahilfen gefördert

     

    Zur Leipziger Buchmesse hat der Deutschlandfunk Kultur recherchiert, wer in der Buchbranche von den Corona-»Kulturmilliarden« profitierte. Dass auch rechtsextreme Projekte darunter sind, sorgt nun für Schuldzuweisungen.
    26.04.2023, 15.25 Uhr
    Die Bundesregierung hat einem Medienbericht zufolge im Rahmen des Corona-Hilfsprogramms »Neustart Kultur« auch rechtsextreme Buchprojekte gefördert. Wie der Deutschlandfunk Kultur am Mittwoch berichtete , erhielten einzelne rechtsextreme Buchprojekte, darunter ein vom Bundesamt für Verfassungsschutz im Nachgang als »in Teilen extremistisch« eingestuftes Buch, vierstellige Fördersummen. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels konnte die Gelder demnach ohne inhaltliche Prüfung zuteilen.
    Während der Coronapandemie wurden die Fördermittel dem Deutschlandfunk zufolge von der Bundesregierung nicht direkt an die Empfänger gesandt, sondern an zwischengeschaltete Branchenverbände, Stiftungen und Vereine. Das habe zwar die Prozesse und somit die Hilfe beschleunigt, andererseits bedeutete es für den Staat einen Kontrollverlust.
    »Inhaltliche Prüfungen sind unter dieser Voraussetzung nicht möglich«
    Denn laut der Recherche des Deutschlandfunks Kultur führte der für die Verlagswirtschaft zuständige Börsenverein des Deutschen Buchhandels keine qualitative Prüfung der Förderanträge durch. Bei den Onlineanträgen hätten Antragsstellende lediglich versichern müssen, mit dem staatlichen Geld »keine jugendgefährdenden, gewaltverherrlichenden, verfassungsfeindlichen oder strafbaren Inhalte« zu produzieren. Nach Ansicht des Börsenvereins seien damit die von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) gestellten Vorgaben eingehalten worden.
    Das Büro Roths verwies demnach auf Anfrage des Deutschlandfunks darauf, es sei darum gegangen, möglichst schnell und unbürokratisch zu helfen. Es sei »eine bewusste Entscheidung« gewesen, mit dem »Programm in die Breite zu wirken«. »Inhaltliche Prüfungen sind unter dieser Voraussetzung nicht möglich«, hieß es dem Bericht zufolge. Der Börsenverein solle aber »Hinweisen« auf eine Förderung rechtsextremer Buchprojekte »nachgehen«; er könne die Fördersumme zudem zurückfordern.
    Während der Coronapandemie konnten Verlage im Rahmen des milliardenschweren Programms »Neustart Kultur« Druck- und Produktionskostenzuschüsse für Neuerscheinungen in Höhe von bis zu 10.000 Euro beantragen. Für Buchhandlungen standen zur Digitalisierung ihrer Vertriebswege Fördermittel von bis zu 7500 Euro pro Geschäft zur Verfügung. Der datenjournalistischen Recherche des Deutschlandfunks Kultur zufolge flossen insgesamt mindestens 93,7 Millionen Euro in den Bereich Literatur. Claudia Roth ist seit dem 8. Dezember 2021 Staatsministerin; das Förderprogramm »Neustart Kultur« wurde erstmals unter ihrer Vorgängerin Monika Grütters (CDU) aufgelegt.
    »Vorgehen erinnert an die ›Bild‹-Zeitung«
    Kritik an der Aufmachung der Recherche äußerte der Deutsche Kulturrat. Dieser vertritt als Spitzenverband wiederum mehrere kulturelle Fachverbände, darunter auch die Deutsche Literaturkonferenz, in der die für die Verteilung der »Neustart Kultur« verantwortlichen Verbände vertreten sind. Zwar begrüßte der Kulturrat ausdrücklich, »dass die Medien sich mit der wirtschaftlichen Lage des Kulturbereiches beschäftigen«. Aber der Deutschlandfunk Kultur versuche »durch eine tendenziöse Berichterstattung, die Coronaunterstützung der Bundesregierung für den Kulturbereich zu skandalisieren«, so Geschäftsführer Olaf Zimmermann.
    Die Überschrift der Recherche »Corona-Fördermittel für rechtsextreme Buchprojekte« lege nahe, dass ein erheblicher Teil der Fördermittel für rechtsextreme Inhalte vergeben wurde, findet Zimmermann. Die Rechercheergebnisse sagten aber nichts über die Größenordnung aus. »Dieses Vorgehen erinnert nicht an die Arbeit eines öffentlich-rechtlichen Senders, sondern an die ›Bild‹-Zeitung«, kommentierte der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats.
    feb/AFP
    https://www.spiegel.de/


    Unter Staatsfeinden: Mein Leben im braunen Sumpf der Neonaziszene

     

    Als Einzelheiten über die Zwickauer Terrorzelle ans Licht kamen, fragten sich viele, warum die Neonazis nur so lange ungestört operieren konnten. Neonazi-Aussteiger Manuel Bauer weiß warum und erhebt schwere Vorwürfe gegen den Thüringer Verfassungsschutz. "Der Staat hat den Rechtsextremismus unterschätzt, sich immer nur auf die Antifa-Szene konzentriert", sagt Bauer. Noch aus seiner aktiven Zeit in der rechten Szene weiß er aus Erfahrung, "dass Leute im Verfassungsschutz nicht anders gedacht haben als wir … Viele Beamte waren wohl zu sehr involviert, deshalb haben sie nicht so gut gearbeitet". Auch die zahlreichen V-Männer, die der Staat auf die Szene ansetzt, seien für die Neonazis eher hilfreich als gefährlich, da sie meist die rechte Gesinnung teilen: "Die V-Leute kassieren das Geld vom Staat, geben es an die Szene weiter – und melden dem Staat im Gegenzug bewusst falsche Informationen", beschreibt Bauer die skandalösen Zustände, die nur die Spitze des Eisbergs bilden. Noch nie hat ein Insider so schonungslos aufgedeckt, wie tief unser Land wirklich im braunen Sumpf steckt.


    VERFASSUNGSSCHUTZ:
    AfD-Jugend als rechtsextremistische Bestrebung eingestuft

     

    VON HELENE BUBROWSKI, BERLIN-AKTUALISIERT AM 26.04.2023-12:11

    Die „Junge Alternative“ propagiert laut Verfassungsschutz ein völkisches Gesellschaftskonzept. Auch zwei andere Vereinigungen zielen demnach auf die Ausgrenzung vermeintlich Fremder.
    Der Bundesverfassungsschutz nimmt Vereinigungen der Neuen Rechten schärfer in den Blick. Die Behörde stuft das „Institut für Staatspolitik“, den Verein „Ein Prozent e.V.“ und die AfD-Jugendorganisation „Junge Alternative“ (JA) als gesichert rechtsextremistische Bestrebungen ein. Die Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung hätten sich „inzwischen zur Gewissheit verdichtet“, teilte der Verfassungsschutz am Mittwoch mit.
    Helene Bubrowski
    Politische Korrespondentin in Berlin.
    Folgen
    Die „Junge Alternative“ war bereits im Januar 2019 als Verdachtsfall eingestuft worden. Seit 2020 stehen zudem das „Institut für Staatspolitik“ und „Ein Prozent e.V.“ unter Beobachtung des Bundesamtes für Verfassungsschutz...
    https://www.faz.net/


    Digitaler Faschismus: Die sozialen Medien als Motor des Rechtsextremismus (Duden - Sachbuch) Taschenbuch – 5. Oktober

     

    Digitale Revolution: Chance oder Gefahr für die Demokratie? Einst galten das Internet und die sozialen Medien als Chance auf unbegrenzten Zugang zu Wissen - und damit als Basis für eine neue Hochphase der demokratischen Debattenkultur. Doch stattdessen sind wir heute mit Hass im Netz, Fake-News und Verschwörungstheorien konfrontiert. Rechte Parteien und Organisationen wie die AfD, Pegida und die Identitäre Bewegung können fast ungehindert ihre Ideologien verbreiten. Doch dabei handelt es sich nicht um eine reine »Online-Radikalisierung«. Das beweist die Welle rechtsmotivierter Gewalt wie die Anschläge von Halle und Hanau und eine wachsende Akzeptanz rechter Positionen in der Bevölkerung. Maik Fielitz und Holger Marcks analysieren diese Entwicklung und gehen den Ursachen auf den Grund: Die Rolle der sozialen Medien beim Erstarken des Ultranationalismus und rechts motivierter Straftaten Die Manipulationstechniken der Rechtsextremen: Verwirrung stiften, Ängste schüren und Mehrheitsverhältnisse verzerren Rechtsextreme Kommunikation im Internet: Verschwörungstheorien, Bedrohungsmythen, Lügen und Hassbotschaften Die sozialen Medien als digitaler Brandbeschleuniger: Fakten, Hintergründe und Analysen Selbstregulation oder politische Eingriffe? Auswege aus der digitalen Hasskultur Die autoritäre Revolte stellt eine große Herausforderung für Demokratien und offene Gesellschaften dar. Wie können wir rechtsextremen Tendenzen begegnen? Politik aber auch Internetkonzerne sind aufgerufen, zu handeln. Wie lässt sich der »digitale Faschismus« bändigen, ohne unser Recht auf freie Meinungsäußerung einzuschränken? Diese Fragen diskutieren Maik Fielitz und Holger Marcks intensiv. Sie untersuchen die manipulativen Strategien und psychologischen Tricks der rechtsextremen Akteure und zeigen mögliche Auswege aus der Misere. Ihr Sachbuch ist ein wichtiger Beitrag zur politischen Debatte!


    GRIMME-PREIS: u.a. für das RBB-Magazin "Kontraste"

     

    Georg Heil: "Grimme-Preis bestärkt uns"WDR 5 Töne, Texte, Bilder - Interviews 22.04.2023 09:18 Min. Verfügbar bis 20.04.2024 WDR 5Freitag wurden die Grimme-Preise verliehen, u.a. für das RBB-Magazin "Kontraste", das zeigt, wie Rechtsradikalismus in die Mitte der Gesellschaft eindringt. Über Nazis zu berichten macht keinen Spass, erzählt Redaktionsleiter Georg Heil im Gespräch.
    https://www1.wdr.de/mediathek

    21.04.2023 - GRIMME-PREIS: u.a. für das RBB-Magazin "Kontraste", das zeigt, wie Rechtsradikalismus in die Mitte der Gesellschaft eindringt. Über Nazis zu berichten macht keinen Spass, erzählt Redaktionsleiter Georg Heil im Gespräch


    Grimme-Preis für "Kontraste"

     

    Kultur
    Der lange Atem der Redaktion "Kontraste" ist bemerkens- und lobenswert. Seit vielen Jahren bearbeiten Mitarbeiter:innen der rbb-Redaktion Randthemen des Rechtsradikalismus'. Sie taten das auch im Jahr 2022 und leisteten damit unter dem Dach der Magazinsendung einen wertvollen Beitrag zur Aufklärung und zur öffentlichen Debatte, der aus Sicht der Jury in diesem Jahr herausragte. Auch deshalb, weil derartige Recherchen im zurückliegenden Krisen- und Kriegsjahr insgesamt seltener waren als in anderen Jahren – aber kein bisschen weniger wichtig.
    DATUM:
    21.04.2023
    https://www.3sat.de/kultur/grimme-preis/grimme-preis-2023-kontraste-102.html


    Rechtsextremismus: 33 Fragen - 33 Antworten 5 Taschenbuch – 12. Oktober 2020

     

    Rechtsextreme Positionen werden immer offener vertreten, spalten die Gesellschaft und erschüttern unsere Demokratie. Woher kommt der Hass? Gegen wen richtet er sich? Welche Strategien verfolgen rechtsextreme Parteien und Individuen? Wer unterstützt sie – und mit welchen Mitteln? Was ist die Neue Rechte? Kann man mit Rechtsextremen diskutieren? Sollte man es? Was kann die Politik, was kann jeder Einzelne tun, um die Demokratie zu stärken und gegen Rechtsextremismus vorzugehen? Der bekannte Rechtsextremismus-Forscher Matthias Quent bietet in diesem Buch Antworten auf die wichtigsten Fragen.


    Kalender symbolträchtiger rechtsextremistischer Daten

     

    Teile der rechtsextremistischen Szene pflegen zu bestimmten symbolträchtigen Daten eine Erinnerungskultur, bei der auch jährlich wiederkehrend bestimmte Aktionen durchgeführt werden. Neonazistische Gruppen orientieren sich dabei stark an Personen und Ereignissen aus der NS-Zeit und nutzen sie als Aufhänger, um einseitige beziehungsweise revisionistische Geschichtsbilder zu vermitteln. Ebenso gibt es Frühlings- oder Sonnwendfeiern, die an vermeintlich jahrtausendealte bzw. heidnische Traditionen anknüpfen. Teilweise kommt es hier auch zu Überschneidungen der verschiedenen rechtsextremistischen Spektren.
    Entsprechende Aktionen können auch am jeweiligen vorherigen oder nachfolgenden Wochenende durchgeführt werden; dies ist z. B. öfters der Fall, wenn ein symbolträchtiges Datum auf einen Wochentag fällt. Die nachfolgende Zusammenstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, zumal Szene-Gepflogenheiten auch Wandlungen unterliegen. Die Daten werden von den verschiedenen Spektren der rechtsextremistischen Szene unterschiedlich genutzt. Darüber hinaus bedeutet die Nennung eines Datums nicht automatisch, dass an diesem auch regelmäßig öffentlichkeitswirksame Aktivitäten durch Rechtsextremisten in Bayern entfaltet werden oder in der Vergangenheit entfaltet wurden.
    Inhaltsverzeichnis
    27. Januar – Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus
    30. Januar – Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler
    11. Februar – „Tag der Ehre“ in Ungarn
    13. Februar – Gedenkveranstaltungen zur Bombardierung Dresdens
    16. März – „Heldengedenktag“
    20. März – Frühlingsfeiern / „Ostarafest"
    20. April – Geburtstag Adolf Hitlers
    25. April – Gedenkwache Reinhold Elstner
    1. Mai – Tag der Arbeit
    8. Mai – Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa
    8. Mai – Charlemagne-Gedenken
    26. Mai – Todestag von Albert Leo Schlageter
    21. Juni – Sommersonnenwende
    13. Juli – Szene-Kampagne „Schwarze Kreuze“
    20. Juli – Attentat auf Adolf Hitler
    17. August – Todestag von Rudolf Heß
    23. September – Todestag von Ian Stuart Donaldson
    Zweiter Sonntag im September – „Heimatvertriebenen-Gedenken“
    1. Sonntag im Oktober – Reichserntedankfest
    9. November – „Gedenktag für die Gefallenen der Bewegung“
    9. November – Reichspogromnacht
    Vorletzter November-Sonntag vor dem ersten Advent – Volkstrauertag
    21. Dezember – Wintersonnenwende / „Julfest"
    27. Januar – Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus
    Am 27. Januar 1945 befreiten Soldaten der Roten Armee das NS-Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Seit 1996 wird auf Initiative des damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog der 27. Januar jährlich als offizieller Gedenktag in Deutschland begangen, der den Opfern nationalsozialistischer Gewaltherrschaft gewidmet ist. In der rechtsextremistischen Szene, in der die Verbrechen des NS-Regimes häufig verharmlost oder geleugnet werden, wird der Gedenktag als Ausdruck eines angeblich staatlich verordneten „Schuldkultes“ abgelehnt.
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    30. Januar – Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler
    Am 30. Januar 1933 wurde Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt, was seine Partei, die NSDAP, als „Machtübernahme“ bzw. „Machtergreifung“ wertete. Das Datum markiert symbolhaft das Ende der Demokratie der Weimarer Republik mit dem Beginn des Ausbaus des NS-Führerstaates. Während der Zeit des Nationalsozialismus war der 30. Januar als „Gründungstag des Dritten Reiches“ ein Feiertag. In den Teilen der rechtsextremistischen Szene, die sich in der Tradition des historischen Nationalsozialismus sehen, kommt dem Datum heute noch ideelle Bedeutung zu.
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    11. Februar – „Tag der Ehre“ in Ungarn
    Am 11. Februar 1945 versuchten Einheiten der Waffen-SS aus der durch die Rote Armee belagerten ungarischen Hauptstadt Budapest auszubrechen. An diese Schlacht des Zweiten Weltkriegs erinnern ungarische Rechtsextremisten jährlich gemeinsam mit internationalen Gesinnungsgenossen als „Tag der Ehre“. Dabei findet auch ein Geländemarsch statt, der grob der damaligen Strecke des Ausbruchs ungarischer und deutscher Soldaten folgt. Bayerische Rechtsextremisten der neonazistischen Kleinstpartei Der Dritte Weg reisten in vergangenen Jahren anlässlich der Aktionen nach Ungarn.
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    13. Februar – Gedenkveranstaltungen zur Bombardierung Dresdens
    Zwischen dem 13. Februar und dem 15. Februar 1945 wurde Dresden durch alliierte Luftangriffe weitgehend zerstört. Rechtsextremisten veranstalten jedes Jahr einen Gedenkmarsch für die deutschen Opfer der Luftangriffe, an dem sich Szene-Aktivisten aus ganz Deutschland beteiligen. Die Bombardierung Dresdens wird oftmals als „Bombenholocaust“ bezeichnet. Mit dieser bewusst gewählten Vokabel wird eine Gleichsetzung mit dem Völkermord an den europäischen Juden vorgenommen, der so relativiert werden soll.
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    16. März – „Heldengedenktag“
    Das „Heldengedenken“ im März geht auf den Nationalsozialismus zurück. Die Nationalsozialisten interpretierten dabei den zuvor in der Weimarer Republik praktizierten Volkstrauertag um, der ursprünglich den Gefallenen des Ersten Weltkriegs gewidmet war, und stellten die Heldenverehrung anstatt des Totengedenkens in den Mittelpunkt. Rechtsextremisten nutzen das Datum heute vorrangig, um Gefallenen der Waffen-SS und der Wehrmacht zu gedenken. Diese werden als Helden verklärt und als unschuldige Opfer der Alliierten dargestellt. Bayerische Rechtsextremisten begehen den „Heldengedenktag“ mit entsprechenden Aktionen, z. B. an Denkmälern oder Kriegergräbern. Im Herbst wird am Volkstrauertag ebenfalls „Heldengedenken“ durchgeführt.
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    20. März – Frühlingsfeiern / „Ostarafest"
    Jährlich um den 20. März markiert die Tagundnachtgleiche – das Datum, an dem Tag und Nacht etwa gleich lang sind – den kalendarischen Frühlingsbeginn. Die Feiern der rechtsextremistischen Szene stehen oftmals in Verbindung mit vermeintlichen vorchristlich germanischen Festen. Der Begriff „Ostara“ ist angelehnt an die wissenschaftlich nicht belegte Bezeichnung einer germanischen Gottheit und eine vermeintlich nach dieser benannten keltischen Frühlingstradition. Rechtsextremisten versuchen mit derartigen Unternehmungen auch, eine vorgeblich vorchristliche Erinnerungskultur zu pflegen. Die hierbei vermittelten historischen Motive sind jedoch größtenteils mystisch verklärt und durch Überhöhung des Germanentums geprägt.
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    20. April – Geburtstag Adolf Hitlers
    Am 20. April 1889 wurde der nationalsozialistische Diktator Adolf Hitler im österreichischen Braunau am Inn geboren. Rechtsextremisten, vor allem aus dem neonazistischen Spektrum, begehen deutschlandweit den so genannten „Führergeburtstag“ mit internen Feiern oder terminieren Szene-Veranstaltungen auf dieses Datum. Die Person Hitlers besitzt nach wie vor hohe Symbolkraft für Teile der rechtsextremistischen Szene; die untrennbar mit Hitler verbundene rassistische Ideologie dient für viele Rechtsextremisten weiterhin als politische Richtschnur.
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    25. April – Gedenkwache Reinhold Elstner
    Der frühere Wehrmachtsangehörige Elstner verstarb Ende April 1995, kurz nachdem er sich auf den Stufen der Münchner Feldherrnhalle selbst angezündet hatte. Die Selbstverbrennung war politisch motiviert. In seinem Abschiedsbrief stellte Elstner, der revisionistisches Gedankengut vertrat, seinen Freitod in einen Zusammenhang mit der von ihm strikt abgelehnten Münchner Wehrmachtsausstellung, die über die Kriegsverbrechen der Wehrmacht informierte. Bayerische Rechtsextremisten veranstalten seit 2003 jährlich am 25. April in München eine Gedenkwache für den aus ihrer Sicht als Märtyrer gestorbenen Elstner.
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    1. Mai – Tag der Arbeit
    Der 1. Mai wurde in der Zeit des Nationalsozialismus zum gesetzlichen „Feiertag der nationalen Arbeit“ erklärt. Dadurch versuchte die NS-Führung, in der Arbeiterschaft die Sympathien für den Nationalsozialismus zu befördern. Rechtsextremisten in ganz Deutschland begehen den so genannten Arbeiterkampftag mit Szene-Veranstaltungen wie Kundgebungen. Dabei werden z. B. die Wirtschaftsordnung und die Sozialpolitik der Bundesrepublik propagandistisch angegriffen, häufig in Verbindung mit ausländerfeindlichen Inhalten. Bayerische Rechtsextremisten beteiligen sich an entsprechenden Aktionen außerhalb Bayerns oder entfalten eigene Aktivitäten im Freistaat.
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    8. Mai – Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa
    Am 8. Mai 1945 endeten die Kampfhandlungen des Zweiten Weltkrieges in Europa, nachdem am Vortag Vertreter der deutschen Streitkräfte eine bedingungslose Kapitulation erklärt hatten. Unter dem Motto „Wir feiern nicht!“ halten bayerische Rechtsextremisten, insbesondere von NPD und Der Dritte Weg, an Kriegsgräberstätten Gedenkveranstaltungen für deutsche Kriegsopfer ab. Das Kriegsende wird nicht als Befreiung, sondern als Ende der deutschen Souveränität angesehen.
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    8. Mai – Charlemagne-Gedenken
    Am 8. Mai 1945 wurden zwölf Angehörige der Waffen-SS-Division Charlemagne im Bad Reichenhaller Ortsteil Karlstein nach einem missglückten Fluchtversuch hingerichtet. Diese nach Karl dem Großen benannte Waffen-SS-Division bestand überwiegend aus kollaborierenden französischen Freiwilligen, die am Ende des Krieges in der Gebirgsjäger-Kaserne in Bad Reichenhall interniert wurden. Bayerische Rechtsextremisten begehen seit mehreren Jahrzehnten organisationsübergreifend Anfang Mai eine Gedenkveranstaltung in Bad Reichenhall. Die geschichtsrevisionistische Verherrlichung der Waffen-SS ist in Teilen der rechtsextremistischen Szene nach wie vor identitätsstiftend.
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    26. Mai – Todestag von Albert Leo Schlageter
    Albert Leo Schlageter war Soldat im Ersten Weltkrieg und in der Zeit der Weimarer Republik aktiv in Freikorps und NS-Kreisen. Während der französisch-belgischen Besetzung des Ruhrgebiets Anfang der 1920er Jahre wirkte er in einer paramilitärischen Widerstandsgruppe mit; u. a. bei der Bespitzelung von mit den Besatzungstruppen kollaborierenden Deutschen und bei Sabotageaktionen. Am 7. April 1923 wurde Schlageter in Essen verhaftet und anschließend von einem französischen Militärgericht wegen Spionage sowie mehrerer Sprengstoffanschläge zum Tode verurteilt. Am 26. Mai 1923 wurde er hingerichtet. Nationalistische Kreise in Deutschland verklärten Schlageter rasch als „Helden“ und „nationalen Märtyrer“. Die Nationalsozialisten griffen dies auf, sprachen in ihrer Propaganda vom „ersten Soldaten des Dritten Reiches“ und begründeten einen „Heldenkult“ um Schlageter. Dieser wird in Teilen der rechtsextremistischen Szene bis heute gepflegt.
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    21. Juni – Sommersonnenwende
    Im historischen Nationalsozialismus ließ man die angeblich altgermanischen Sonnenwendfeiern wiederaufleben. Sie wurden als offizielle Feiertage in die Symbolik von „Volk, Blut und Boden“ integriert, insbesondere durch die SS. In dieser Tradition führen Rechtsextremisten deutschlandweit und auch in Bayern zu diesem Datum Sonnwendfeiern als szeneverbindende kulturelle Veranstaltungen durch.
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    13. Juli – Szene-Kampagne „Schwarze Kreuze“
    Im Rahmen eines selbstinszenierten „Volkstrauertages“ werden seit 2014 jährlich schwarze Holzkreuze durch Rechtsextremisten bundesweit und organisationsübergreifend rund um den 13. Juli im öffentlichen Raum platziert. Damit soll an durch vermeintliche Ausländergewalt getötete Deutsche seit 1990 erinnert werden. Die Holzkreuze werden zum Teil versehen mit Inschriften wie „Deutsche Opfer – Fremde Täter“ und mit Personendaten wie den Vornamen konkreter Kriminalitätsopfer. So sollen Ängste vor Kriminalität geschürt und Ressentiments gegen Personen mit Migrationshintergrund verbreitet werden. Auch bayerische Rechtsextremisten beteiligen sich immer wieder an den Aufstell-Aktionen.
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    20. Juli – Attentat auf Adolf Hitler
    Am 20. Juli 1944 versuchte eine Gruppe aus dem deutschen Offizierskorps Adolf Hitler durch eine Bombe zu töten. Das Attentat sollte der Auftakt zur Beendigung des NS-Regimes sein, die eine Widerstandsbewegung aus militärischen und zivilen Kreisen anstrebte. Hitler wurde jedoch nur leicht verletzt. In der Folge wurden etwa 5.000 Menschen hingerichtet, die den Widerstand unterstützt hatten oder dessen verdächtigt wurden. Anders als in der öffentlichen Wahrnehmung sehen viele Rechtsextremisten in den Widerstandskämpfern „Verräter“ und nutzen den Tag, um dieses Narrativ zu pflegen.
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    17. August – Todestag von Rudolf Heß
    Der am 26. April 1894 geborene Rudolf Heß war ein Nationalsozialist der ersten Stunde und Vertrauter Adolf Hitlers. Ab April 1933 fungierte er als „Stellvertreter des Führers“, stand was seinen realen Einfluss anging aber hinter anderen NS-Führungspersonen zurück. Am 10. Mai 1941 flog er auf eigene Faust nach Großbritannien. Dort wollte er einen Friedensschluss der Briten mit dem Deutschen Reich vorschlagen, um mehr Spielraum für den geplanten Russland-Feldzug zu schaffen. Es kam zu keinen Verhandlungen, Heß wurde direkt inhaftiert. Seine Aktion stieß im Dritten Reich auf tiefe Ablehnung, er wurde für psychisch krank erklärt. Nach Kriegsende wurde Heß von dem alliierten Kriegsverbrecher-Tribunal in Nürnberg verurteilt und in Berlin-Spandau inhaftiert. Am 17. August 1987 beging er dort im Alter von 93 Jahren Selbstmord. Teile der rechtsextremistischen Szene leugnen dies und verbreiten Verschwörungstheorien, wonach Heß ermordet worden sei. Seine letzte Ruhestätte befand sich im oberfränkischen Wunsiedel, bis das Grab 2011 aufgelöst wurde. Der Person Heß kommt eine ungebrochene Anziehungskraft in Teilen der rechtsextremistischen Szene zu. Heß wird als „Märtyrer des Friedens“, „Friedensflieger“ oder „längster Kriegsgefangener der Welt“ verklärt. Rechtsextremisten nutzen ihn als Ersatzfigur für Hitler, dem sie nicht öffentlich huldigen können, weil er das Grauen des NS-Regimes verkörpert. Dagegen wird Heß offensiv zu einem Sinnbild für Ehre, Pflichterfüllung und Opferbereitschaft stilisiert. Aufgrund gerichtlicher Entscheidungen wurden Veranstaltungen mit Bezug zu ihm in Wunsiedel untersagt. Aktionen zu einem allgemeinen Heldengendenken finden mittlerweile am Volkstrauertag im November statt.
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    23. September – Todestag von Ian Stuart Donaldson
    Am 23. September 1993 verstarb der Brite Ian Stuart Donaldson bei einem Verkehrsunfall in London. Er war Sänger der rassistischen Rechtsrock-Band Skrewdriver und Mitbegründer der neonazistischen „Blood and Honour“-Bewegung. Seiner Person kommt bis heute Kultstatus in der subkulturellen rechtsextremistischen Skinhead-Szene zu. Jedes Jahr werden in zeitlicher Nähe zu seinem Todestag in verschiedenen europäischen Ländern „ISD-Memorials“ genannte Gedenkveranstaltungen veranstaltet, meist Rechtsrock-Konzerte.
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    Zweiter Sonntag im September – „Heimatvertriebenen-Gedenken“
    Im Jahr 2013 wurde der zweiten Sonntag im September zum Bayerischen Gedenktag für die Opfer von Flucht, Vertreibung und Deportation erklärt. Zum Ende des Zweiten Weltkrieges und in den Jahren danach mussten mehrere Millionen Menschen ihre Heimat verlassen. Die neonazistische Kleinpartei Der Dritte Weg begeht das Datum als „Heimatvertriebenen-Gedenken“ seit 2014 in Bayern mit eigenen Aktionen. Aktivisten besuchen Denkmäler und stellen Kerzen auf oder legen Kränze nieder. Sie wollen vor allem an die ehemaligen deutschen Ostgebiete erinnern, die sie in revisionistischer Manier als „noch immer völkerrechtswidrig besetzt“ bezeichnen.
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    1. Sonntag im Oktober – Reichserntedankfest
    Im Dritten Reich war der erste Sonntag im Oktober als „Erntedanktag“ ein nationaler Feier- und Gedenktag. Von 1933 bis 1937 gab es eine zentrale offizielle Feier als Reichserntedankfest bei Hameln in Niedersachsen, bei der auch Adolf Hitler auftrat. Die Nationalsozialisten instrumentalisierten das aus christlicher Tradition stammende und im ländlichen Raum stark verankerte Erntedankfest im Sinne ihrer „Blut- und Boden“-Ideologie. Danach sei das Leben wesentlich durch zwei Elemente bestimmt: durch das Blut, also die rassisch gedachte Abstammung, und durch die „Scholle“, also den Boden als Lebensraum eines Volkes. Blut und Boden würden untrennbar zusammengehören. Der Bauernstand wurde in der NS-Propaganda idealisiert und zum Urquell des „deutschen Menschen“ erklärt. Zahlreichen NS-Größen hingen trotz der technologischen und industriellen Hochrüstung des Dritten Reiches dem imaginierten Idealbild eines bäuerlich-dörfisch geprägten Staates nach. Auch heute noch veranstalten Rechtsextremisten Erntedankfeste als interne Szene-Veranstaltungen. Dabei knüpfen sie an die „Blut- und Boden“-Ideologie des Nationalsozialismus an.
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    9. November – „Gedenktag für die Gefallenen der Bewegung“
    Im Krisenjahr 1923 der Weimarer Republik mit Hyperinflation und politischen Unruhen plante Adolf Hitler von München aus einen Putsch gegen die Reichsregierung in Berlin. Nach dem Vorbild des italienischen Faschistenführers Benito Mussolini und dessen „Marsch auf Rom“ wollte er von München nach Berlin ziehen. Die erhoffte Unterstützung von nationalkonservativen Kreisen in Politik und Militär blieb aber aus. Einen Demonstrationszug von etwa 2.000 teils bewaffneten Putschisten stoppte die bayerische Landespolizei am 9. November 1923 am Münchner Odeonsplatz. Bei dem Zusammenstoß starben 20 Menschen, darunter 16 Putschisten. Sie wurden später von Hitler „Blutzeugen der Bewegung“ genannt. Im Dritten Reich wurde der 9. November zum „Gedenktag für die Gefallenen der Bewegung“ erklärt. Rechtsextremisten gedenken heutzutage ihrer „Helden“ eher am 16. März, dem so genannten Heldengedenktag, sowie im November am Volkstrauertag.
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    9. November – Reichspogromnacht
    Der 9. November steht als Datum heute vor allem für die Reichspogromnacht. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 kam es zu landesweiten Übergriffen gegen Juden, die vom NS-Regime organisiert wurden. Ihnen fielen etwa 400 Menschen zum Opfer; Synagogen, jüdische Friedhöfe, Geschäfte und Privatwohnungen wurden zerstört. Wegen der vielen zerschlagenen Fensterscheiben wurde das Pogrom zynisch „Reichskristallnacht“ genannt. Aufgrund des bei Rechtsextremisten verbreiteten Antisemitismus kommt dem Datum heute noch Bedeutung in Teilen der Szene zu.
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    Vorletzter November-Sonntag vor dem ersten Advent – Volkstrauertag
    Seit 1952 ist der vorletzte Sonntag vor dem ersten Advent als Volkstrauertag ein staatlicher Gedenktag in Deutschland. Er dient dem Andenken an alle Opfer von Kriegen und Gewaltherrschaft. Rechtsextremisten nehmen den Volkstrauertag zum Anlass, um als „Heldengedenken“ ausschließlich der deutschen Gefallenen und Kriegsopfer beider Weltkriege zu gedenken. Andere Kriegstote werden bewusst ausgeklammert. Bayerische Rechtsextremisten begehen den Volkstrauertag mit eigenen Gedenk-Aktionen, z. B. werden Devotionalien an Kriegerdenkmälern und -gräbern abgelegt.
    Seit 2014 organisiert die neonazistische Kleinpartei Der Dritte Weg federführend im oberfränkischen Wunsiedel eine groß angelegte „Heldengedenken“-Kundgebung. In Wunsiedel befand sich die letzte Ruhestätte des durch Rechtsextremisten bis heute verehrten Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß, bis das Grab 2011 aufgelöst wurde. Im März werden ebenfalls „Heldengedenken“ durchgeführt.
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    21. Dezember – Wintersonnenwende / „Julfest"
    Im historischen Nationalsozialismus ließ man die angeblich altgermanischen Sonnenwendfeiern wiederaufleben. Sie wurden als offizielle Feiertage in die Symbolik von „Volk, Blut und Boden“ integriert, insbesondere durch die SS. Zur Wintersonnenwende – die längste Nacht des Jahres – feierten die Germanen das „Jul“ als Opferfest für ihre Götter. Heutige Rechtsextremisten knüpfen bei ihrer Deutung des christlichen Weihnachtsfestes als Julfest an die Ideologie und den Germanenkult der SS an. In dieser Tradition führen Rechtsextremisten deutschlandweit Ende Dezember Veranstaltungen wie interne Feiern durch.
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    Bayerns Bischöfe nehmen rechte Tendenzen in den Blick

     

     

     

    16. März 2023, 13:24 UhrQuelle: dpa Bayern
    Bayerns Bischöfe nehmen rechte Tendenzen in der katholischen Kirche in den Blick. Das Kompetenzzentrum für Demokratie und Menschenwürde (KDM) lege ein Augenmerk «auf das Agieren der radikalen Rechten in kirchlichen Kreisen», hieß es am Donnerstag in einer Erklärung zum Abschluss der Frühjahrsvollversammlung der Freisinger Bischofskonferenz in der Abtei Münsterschwarzach im unterfränkischen Landkreis Kitzingen. Als Beispiel wurde die Tagung «Die katholische Kirche und die radikale Rechte – eine notwendige Debatte» genannt.
    «In der Diskussion über die Arbeit des KDM machten die Bischöfe deutlich, dass neben dem Rechtsextremismus weiterhin auch der Antisemitismus, der Islamismus und der Linksextremismus Bedrohungen darstellen.»
    Die Bischöfe tauschten sich laut der Erklärung auch über die Situation der rund 300 Schulen von Kirche und Caritas mit etwa 90 000 Schülern im Freistaat aus.
    In der Freisinger Bischofskonferenz sind die sieben bayerischen Erzdiözesen und Diözesen Bamberg, München und Freising, Augsburg, Eichstätt, Passau, Regensburg und Würzburg sowie das Bistum Speyer vertreten.
    © dpa-infocom, dpa:230316-99-977836/2
    https://www.zeit.de/


    PRESSEMITTEILUNG 15.03.2022
    Bundesinnenministerin Nancy Faeser stellt den Aktionsplan gegen Rechtsextremismus vor

    Gemeinsam mit den Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, des Bundeskriminalamts, Holger Münch, und der Bundeszentrale für politische Bildung, Thomas Krüger, hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser heute den Aktionsplan gegen Rechtsextremismus vorgestellt.
    Mit dem Aktionsplan setzt das Bundesministerium des Innern und für Heimat erste wichtige Schwerpunkte im Kampf gegen Rechtsextremismus in der neuen Legislaturperiode. Dazu gehört ein effektives Bündel kurzfristig wirksamer repressiver und präventiver Maßnahmen.
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    Aktionsplan gegen Rechtsextremismus
    Rechtsextremismus ganzheitlich bekämpfen – mit Prävention und harter Hand
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    Bundesinnenministerin Nancy Faeser: "Unsere Demokratie ist wachsam und wehrhaft. Wir schützen unsere Demokratie im Äußeren wie im Inneren. Die größte extremistische Bedrohung für unsere Demokratie ist der Rechtsextremismus. Wir wollen Rechtsextremismus ganzheitlich und frühzeitig bekämpfen – mit Prävention und Härte. Politische Bildung, Prävention und das konsequente Handeln unserer Sicherheitsbehörden gehören zusammen.
    Wir werden rechtsextreme Netzwerke zerschlagen. Wir werden die Finanzaktivitäten rechtsextremistischer Netzwerke aufklären und unterbinden. Wir werden Rechtsextremisten konsequent entwaffnen. Wir werden Hetze im Internet entschieden bekämpfen, um den Nährboden von Hass und Gewalt auszutrocknen. Wir werden Verfassungsfeinde aus dem öffentlichen Dienst entfernen. Wir werden Verschwörungsideologien entkräften, die demokratische Streitkultur fördern und Radikalisierungen stärker vorbeugen.
    ARTIKEL
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    Und: Wir wollen für einen besseren Schutz von Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker sorgen. Der starke Anstieg dieser Taten zeigt eine Verrohung und eine Verachtung von Staat und Demokratie, die konsequentes Handeln erfordert."
    https://www.bmi.bund.de/


    Erklärung der Freisinger Bischofskonferenz
    Frühjahrsvollversammlung der bayerischen Bischöfe vom 14. bis 16. März 2023 in Münsterschwarzach

     

     

     

    2.     Kompetenzzentrum für Demokratie und Menschenwürde
    Mit dem Kompetenzzentrum für Demokratie und Menschenwürde (KDM) setzt die katholische Kirche in Bayern durch Bildungsarbeit weiter ein klares Zeichen gegen Rechtsextremismus, Populismus und menschenverachtende Einstellungen. Bestimmendes Thema im vergangenen Jahr war neben der anhaltenden Covid-19-Pandemie der russische Angriffskrieg auf die Ukraine. Die radikale und extreme Rechte machte sich durch den Krieg ausgelöste Krisenpotenziale zunutze – wie die stark gestiegenen Energiepreise und Lebenshaltungskosten oder die Thematik der steigenden Zahl an Menschen, die hierzulande Schutz suchen. Eine zunehmende Ausdifferenzierung der äußersten Rechten und ihr Bestreben, Brücken in neue gesellschaftliche Milieus zu schlagen, fordert die politische Bildung heraus. Ein Augenmerk legte das KDM auch auf das Agieren der radikalen Rechten in kirchlichen Kreisen. Zugleich wollte das Kompetenzzentrum auch im vergangenen Jahr Menschen stärken im Umgang mit einer aufkommenden „rechten Theologie“ und breit thematisieren, wie die vielen Christinnen und Christen, die sich für Menschenwürde, Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit einsetzen, wirksam handeln und für ihre positiven Werte aktiv eintreten können. Dies geschah mit zahlreichen Formaten: Darunter Tagungen zu Themen wie „Die katholische Kirche und die radikale Rechte – eine notwendige Debatte“ oder „Politische Bildung in der Migrationsgesellschaft“ sowie online-Workshops mit Klassen und Kursen aller Schularten oder die online-Diskussionsreihe „Radikal-rechte Refugien“. Zugleich vernetzte sich das KDM weiter in der Zivilgesellschaft und kooperiert unter anderem mit der Arbeiterwohlfahrt, der Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus oder dem Bayerischen Bündnis für Toleranz und wird als kompetenter Ansprechpartner in ökumenischen Zusammenhängen angefragt. Die digitale Vernetzung forciert das KDM zunehmend auch in den Sozialen Medien. In der Diskussion über die Arbeit des KDM machten die Bischöfe deutlich, dass neben dem Rechtsextremismus weiterhin auch der Antisemitismus, der Islamismus und der Linksextremismus Bedrohungen darstellen.
    https://www.erzbistum-muenchen.de/news/bistum/Erklaerung-der-Freisinger-Bischofskonferenz-43728.news


    Rechtsextremismus
    : Zahl der Teilnehmer an Neonazidemonstrationen hat sich verdoppelt

     

     

     

    Die extreme Rechte hat im Jahr 2022 doppelt so viele Menschen mobilisiert wie noch im Vorjahr. Die Linke warnt davor, die Naziszene zu unterschätzen.
    23. Februar 2023, 2:30 Uhr Quelle: ZEIT ONLINE
    Die rechtsradikale Szene in Deutschland hat im vergangenen Jahr wieder mehr Menschen mobilisieren können. Wie aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag hervorgeht, hat sich die Anzahl der Teilnehmer an Naziaufmärschen mehr als verdoppelt. Im Jahr 2022 hätten 15.700 Menschen an Kundgebungen der extremen Rechten teilgenommen, zitiert die Neue Osnabrücker Zeitung aus dem Dokument, im Vorjahr seien es 7.745 gewesen. Dies sei allerdings auch auf die Corona-Auflagen zurückzuführen gewesen.
    Im Jahr 2021 war die Zahl der Nazikundgebungen demnach auf den Tiefststand der vergangenen zehn Jahre gesunken. Im vergangenen Jahr gab es aber wieder 140 Veranstaltungen der extremen Rechten – so viele wie vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie.
    Die Linkenabgeordnete Petra Pau warnte davor, die Naziszene zu unterschätzen: "Die Mobilisierungskraft der extremen Rechten ist leider größer, als es die Zahlen der Bundesregierung abbilden", sagte sie der Zeitung. Denn die Behörden würden die von der rechtspopulistischen Partei AfD und ihrem Umfeld organisierten Aufmärsche unberücksichtigt lassen, wie etwa den AfD-Aufmarsch in Berlin Anfang Oktober 2022 mit bis zu 10.000 Teilnehmern. Pau forderte: "Die Regierung muss endlich die Wandlung des Rechtsextremismus besser in den Blick nehmen, der sich heute eben nicht mehr nur in der rechten Schmuddelecke findet, sondern bis weit in die bürgerliche Mitte reicht."
    Auch bei den Nazikonzerten zeigt der Trend mit dem Auslaufen der Corona-Pandemie wieder nach oben. Allerdings lagen die Teilnehmerzahlen mit 13.600 noch deutlich unter dem Stand früherer Jahre.
    https://www.zeit.de/


    Verfassungsfeinde schnell aus Staatsdienst entfernen

    Pressemitteilung, Stand: 15.02.2023
    Elisabeth Kaiser, Sprecherin der Arbeitsgruppe Strategien gegen Rechtsextremismus:
    Das Kabinett hat heute den von Bundesinnenministerin Nancy Faeser vorgelegten Gesetzentwurf zur Beschleunigung von Disziplinarverfahren in der Bundesverwaltung und zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften beschlossen. Damit sollen künftig Extremisten schneller aus dem öffentlichen Dienst entfernt werden können. Nicht zuletzt die Reichsbürger-Razzia hat noch einmal deutlich gemacht, wie dringend notwendig das ist.
    „Der Gesetzentwurf zum Disziplinarrecht setzt eine drängende Maßnahme des Aktionsplans gegen Rechtsextremismus um. Es ist gut, dass Bundesinnenministerin Nancy Faeser seit Beginn der Legislatur so konsequent gegen Rechtsextremisten und andere Verfassungsfeinde vorgeht und nun einen weiteren Meilenstein dafür legt. Auch wenn fast alle Beamtinnen und Beamten unseres Staates fest auf dem Boden des Grundgesetzes stehen, gilt: Verfassungsfeinde müssen schneller aus dem Staatsdienst entfernt werden können. Die Kündigung auf Basis einer Disziplinarverfügung ist entscheidend, um Verfahren zu beschleunigen.
    Es darf nicht länger sein, dass eine kleine Minderheit an Extremisten versucht, den öffentlichen Dienst zu unterwandern und teils über Jahre weiter staatliche Bezüge erhält. Die Reichsbürger-Razzia und der Maulwurf im BND haben wieder einmal verdeutlicht, dass Rechtsextremisten und Staatsfeinde in den Sicherheitsbehörden eine immense Gefahr darstellen, gerade wenn sie Zugang zu Schusswaffen oder vertraulichen Informationen haben. Neben der laufenden Verschärfung des Waffenrechts ist das Disziplinarrecht ein weiterer wichtiger Baustein, um konsequent gegen Extremisten und Verfassungsfeinde vorzugehen.“
    https://www.spdfraktion.de/


    Dritter Jahrestag
    Gedenken an die Opfer von Hanau

    Neun Menschen wurden bei dem rassistischen Anschlag in Hanau getötet. Der 19. Februar 2020 sei ein Einschnitt gewesen, ein Schock für uns alle, der bis heute nachwirke, sagte Kulturstaatsministerin Roth anlässlich des dritten Jahrestags. Das Leid der Opfer und ihrer trauernden Hinterbliebenen müsse mehr Beachtung in unserem Erinnern finden, forderte Roth.
    Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtović, Vili Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu, Ferhat Unvar und Kalojan Velkov – so hießen die neun Männer und Frauen, die am 19. Februar 2020 Opfer des rassistischen Anschlags in Hanau wurden. „Ihre Namen sind unvergessen“, betonte Kulturstaatsministerin Claudia Roth zum dritten Jahrestag in einer Videobotschaft.
    Hanau sei kein Einzelfall, sondern Teil einer Kette rassistisch motivierter Gewaltexzesse im wiedervereinten Deutschland, sagte Roth. Überall, wo Rassismus sich zeige, wo Menschen diskriminiert werden, sei auch unser Leben, unser demokratisches Zusammenleben gefährdet. „Deshalb sind wir alle gefragt: Erhebt eure Stimme! Zeigt Gesicht! Zeigt Haltung! Denn nur gemeinsam, im Zusammenstehen aller Demokratinnen und Demokraten können wir Rassismus und Rechtsextremismus bekämpfen“, forderte die Staatsministerin.
    Aus Anlass des dritten Jahrestags des Anschlags hat Kulturstaatsministerin Roth gemeinsam mit der Initiative kulturelle Integration einen Aktionstag ins Leben gerufen, um das Leid der Opfer und ihrer Familien sichtbarer zu machen und aktives Engagement gegen Rassismus und Diskriminierung zu stärken. Zwölf Schultheatergruppen aus ganz Deutschland kamen dafür vom 6. bis zum 8. Februar in Berlin zusammen. Weitere Informationen zu dem Aktionstag finden Sie hier.
    Sonntag, 19. Februar 2023
    https://www.bundesregierung.de/


    "Der Rechtsextremismus ist weiterhin die größte extremistische Bedrohung für unsere Demokratie“
    Bundesministerium des Innern und für Heimat

     

    MELDUNG   SICHERHEIT   20.02.2023
    Gedenken an den rassistischen Anschlag in Hanau vor drei Jahren
    Gedenkveranstaltung Hanau 2023Quelle: Peter Jülich
    Vor drei Jahren wurden bei einem rassistischen Anschlag in Hanau neun Menschen getötet. Die schreckliche Tat hat tiefe Wunden in das kollektive Gedächtnis der Stadt Hanau, aber auch der Bundesrepublik, gerissen. Der Schmerz über den Verlust von Familienmitgliedern und Freunden begleitet die Angehörigen weiter. Bundesinnenministerin Nancy Faeser nahm zum dritten Jahrestag des Anschlags an der Gedenkveranstaltung auf dem Hanauer Marktplatz teil.
    "Wir werden Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtović, Vili Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu, Ferhat Unvar und Kaloyan Velkov nie vergessen."
    Im Anschluss der Veranstaltung besuchte Faeser gemeinsam mit Überlebenden und Angehörigen der Opfer des Anschlags eine Ausstellung, welche sich mit der Tat und dem Hergang auseinandersetzt.
    Hanauer Zentrum für Vielfalt und Demokratie als Nationales Projekt des Städtebaus 2022
    In Folge des rassistischen Anschlags im Februar 2020 beschloss der Magistrat der Stadt Hanau und die Stadtverordnetenversammlung das Zentrum für Vielfalt und Demokratie in Hanau zu gründen. Dieses Zentrum wurde vom Bund als eines von bundesweit 18 "Vordenker"- Vorhaben als "Nationales Projekt des Städtebaus 2022" ausgewählt. Die Bundesinnenministerin Faeser überreichte am Sonntag dem Oberbürgermeister der Stadt Hanau, Claus Kaminsky, den Zuwendungsbescheid in Höhe von 3,4 Millionen Euro.
    Bundesinnenministerin Faeser betonte: "Diese Förderung wird die Einrichtung eines Erinnerungs- und Begegnungsortes ermöglichen und damit ein deutliches Zeichen gegen Rechtsextremismus und für unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt setzen. Rechtsextremismus bleibt eine der größten Bedrohungen für unsere Demokratie. Wir werden alles tun, um die Menschen, die in unserem Land bedroht und angegriffen werden, besser zu schützen."
    https://www.bmi.bund.de/


    Gedenkfeier für Hanau-Opfer
    "Wir sind mehr! Und wir sind stärker als euer Hass"

     

    Aktualisiert am 19.02.23 um 13:12 Uhr

    Vor drei Jahren erschoss ein Mann in Hanau neun Menschen aus rassistischen Motiven. Bei einer Gedenkstunde rief Oberbürgermeister Kaminsky zum Kampf gegen Rassismus auf. Ein Angehöriger forderte weitere Aufklärung zu dem was in der Tatnacht geschah.
    Im Gedenken an die Opfer des rassistischen Anschlags von Hanau hat der Hanauer Oberbürgermeister, Claus Kaminsky (SPD), zum Kampf gegen Hass, Rassismus und Hetze aufgerufen.
    "All das richtet sich gegen Menschen, die unter uns leben, die zu uns gehören, zu unserer Stadt und unserer Nachbarschaft", sagte Kaminsky am Sonntag auf dem Hanauer Marktplatz.
    Bei einer Gedenkstunde wurde dort an die neun Menschen erinnert, die ein 43-jähriger Mann am 19. Februar 2020 aus rassistischen Motiven ermordet hatte, bevor er seine Mutter und sich selbst tötete.
    Kaminsky sagte, die Demokratie müsse "endlich ihr wehrhaftes Antlitz zeigen" - und zwar konkret und erfahrbar. "Nehmen wir die Verantwortung an, die uns alle trifft, und halten wir dagegen an, wenn Einzelnen oder Minderheiten in unserem Land die Würde genommen wird", forderte er.
    Die Grundrechte seien wertvoll, teils aber auch fragil und müssten geschützt werden. "Deshalb sagen wir allen Rassisten, allen Antidemokraten, ja allen, die mit ihren Parolen unser Land vergiften wollen: Wir sind mehr! Und wir sind stärker als euer Hass!"
    Angehöriger: "Weiterhin zentrale Fragen zur Tatnacht ungeklärt"
    Als einer der Angehörigen sprach Çetin Gültekin, dessen Bruder Gökhan Gültekin bei dem Anschlag getötet wurde. "Ich denke, wir haben unsere Versprechen gehalten", sagte Gültekin an die Verstorbenen gerichtet. "Eure Namen sind nicht vergessen. Im Gegenteil: Eure Namen stehen für den Widerstand gegen den Rassismus."
    An den hessischen Ministerpräsidenten Boris Rhein (CDU) gewandt, forderte Gültekin weitere Aufklärung: "Wir müssen leider immer noch aufrütteln und sensibilisieren". Bis heute seien zentrale Fragen zur Tatnacht ungeklärt.
    Faeser und Rhein legen Blumen nieder
    https://www.hessenschau.de


    Landgericht Dortmund verurteilt Neonazi wegen Volksverhetzung

    Stand: 03.02.2023, 18:53 Uhr
    Der bundesweit bekannte Neonazi Sascha Krolzig ist am Dortmunder Landgericht zu einer einjährigen Bewährungsstrafe wegen Volksverhetzung verurteilt worden.
    Krolzig hatte in seiner Zeitung Texte veröffentlicht, die Hass gegen Ausländer und Asylsuchende schüren. Ein Artikel rufe zum Umsturz der Demokratie auf, so die Richter.
    Dafür kämpft Krolzig seit mehr als zwei Jahrzehnten. Oft am Rande dessen, was Demokratie als Meinungsfreiheit noch aushält. Lange hat er mit der Dortmunder Szene so für Provokationen gesorgt, etwa mit Demonstrationen. Doch das gelingt immer seltener. Jetzt haben Krolzig und die Dortmunder Neonazis sogar ihre selbstgegründete Partei „Die Rechte“ aufgegeben. Und schließen sich der rechtsextremen NPD an.
    Die Dortmunder Neonaziszene bröckelt
    Der Sozialwissenschaftler Dierk Borstel von der Dortmunder Fachhochschule wertet das eher als Zeichen des Zerfalls: "Hier hat eine Partei keine Idee, kein Programm, kein Personal, kein Geld mehr, keine Strategie, keine Andockung an die Mitte der Gesellschaft und verbindet sich mit denjenigen, die genau dasselbe Problem haben. Und von daher ist es einfach ein Wechsel des Namens, ein Wechsel der Hülle, aber ich sehe darin jetzt keinerlei Aufwind."
    Rechtsradikale Youtube-Videos beunruhigen
    Für viel gefährlicher hält Borstel eine andere Strategie der Dortmunder Neonazis. Krolzig und andere sind immer häufiger auf YouTube zu sehen. Geben sich dort gesprächsbereit: "Eine der gefährlichsten Sachen ist, dass sich rechtsextreme Ideologien und hier reden wir über einen knallharten Rassismus, der sich darin äußert, dass der einfach unwidersprochen zu einer Normalität wird, zu einer Position wie alle anderen auch. Und das ist es eben nicht, wir reden immer noch über Nationalsozialismus, über Rassismus und Menschenfeindlichkeit. Und ich bin strikt dagegen, solchen Personen einfach ein freies Forum zu geben und sich gerade gegenüber jungen Leuten, Kindern und Jugendlichen zu präsentieren."
    Revisionsprozeß möglich
    Der bekennende Dortmunder Rechtsextremist Sascha Krolzig hat angekündigt, gegen das heutige Urteil Revision einzulegen.
    https://www1.wdr.de/



    90 Jahre nach Hitlers Machtergreifung: "Wir müssen wachsam sein"

    Fackelzug der "nationalen Verbände" SA, SS und Stahlhelm zur Feier der "Machtübernahme" durch das Brandenburger Tor am 30. Januar 1933. | picture alliance / akg-images
    INTERVIEW
    90 Jahre nach Hitlers Machtergreifung
    "Wir müssen wachsam sein"
    Stand: 30.01.2023 04:30 Uhr
    Vor genau 90 Jahren übernahmen die Nationalsozialisten die Macht in Deutschland - mit schrecklichen Folgen. Eine der Lehren für heute laute, wachsam zu sein, sagt der Historiker Wirsching. Demokratien müssten aktiv verteidigt werden.tagesschau.de: Am 30. Januar 1933 kam Hitler an die Macht, nicht durch einen gewaltsamen Umsturz, sondern durch einen regulären Regierungswechsel.
    Wie konnte es dazu kommen? Andreas Wirsching: Es gab zwei wichtige Voraussetzungen für die Machtübernahme: Zum einen war die parlamentarische Demokratie seit 1932 nicht mehr wirklich funktionsfähig. Es gab zahlreiche Regierungswechsel, dadurch entstand ein Machtvakuum. Und zum anderen war die NSDAP eine Massenbewegung geworden, sowohl auf der Straße als auch im Parlament. Dadurch kamen die konservativen Eliten der Weimarer Republik um Reichspräsident Paul von Hindenburg in die Versuchung, diese Massenbewegung zu steuern und sie als eigene Machtbasis zu benutzen. Deshalb hat Hindenburg auf Anraten seines Schützlings Franz von Papen letztlich - obwohl er das lange Zeit nicht wollte - Hitler doch zum Reichskanzler ernannt. Das ist bekanntlich grandios gescheitert: Hitler konnte die konservativen Eliten, die ihn in den Sattel gehoben haben, übertrumpfen. Deshalb ist der 30. Januar 1933 auch bis heute ein Menetekel für Demokratien, dass man mit Rechtsradikalen oder überhaupt Extremisten lieber gar nicht erst anfängt.
    Andreas Wirsching | Institut für Zeitgeschichte München-Berlin
    Zur Person
    Der Historiker Andreas Wirsching unterrichtet Neuste Geschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Zudem ist er Leiter des Instituts für Zeitgeschichte München-Berlin. Seine Forschungsschwerpunkte sind die deutsche Geschichte im 20. Jahrhundert und Demokratieforschung.
    Umbau auf mehreren Ebenentagesschau.de: Hitler hat die Weimarer Demokratie danach in nur wenigen Monaten in eine Diktatur verwandelt - wie ging er dabei vor? Wirsching: Hitler setzte nur wenige Wochen danach - unter großem Druck und Terror wohlgemerkt - die Reichstagsbrandverordnung und das Ermächtigungsgesetz durch. Damit war die Weimarer Verfassung in ihrer Grundrechtsebene praktisch außer Kraft gesetzt, denn Hitler konnte fortan am Parlament vorbei Gesetze erlassen. Interessant für uns heute sind die Mechanismen dahinter: Dadurch, dass die Nazis erfolgreich glauben machten, es habe sich um eine legale Machtübernahme gehandelt, konnten sie auch die Justiz und die Exekutive, also die Polizei und die Verwaltung, hinter sich bringen. Die waren natürlich auch vorher schon rechter Ideologie nicht abgeneigt, haben sich aber sofort von den Nazis in den Dienst nehmen lassen - weil sie glaubten, oder glauben wollten, dass sie völlig rechtmäßig handeln. Dazu kam eine Gleichschaltung der Medien und die gewaltsame Verfolgung der Opposition. Und ähnliche Mechanismen des Demokratieabbaus sehen wir auch heute wieder in einigen Ländern. Ganz deutlich natürlich in Russland, aber in abgeschwächter Form auch in der Türkei oder in Ungarn.
    18.01.2023
    Offenbar rechtsextreme Chats
    Ermittlungen gegen vier LKA-Beamte mdr >>>
    Nach Informationen des MDR sind unter ihnen zwei Personenschützer von Ministerpräsident Haseloff.
    "Gegnern der Demokratie gewaltfrei entgegen treten" tagesschau.de: Welche Lehren können wir für unsere heutige Demokratie ziehen? Wie können sich Demokratien gegen einen Umsturz von innen schützen? Wirsching: Die Lehre aus 1933 ist: Wir müssen wachsam sein, und zwar rechtzeitig. Dafür müssen wir Gefährdungen der Demokratie zunächst einmal erkennen und ihnen dann entgegentreten, solange die Rechte dafür gegeben sind. Wir sind gefordert, Gegnern der Demokratie gewaltfrei entgegenzutreten und einfach den Rechtsstaat und die Demokratie aktiv zu verteidigen. Denn wenn die Freiheit erst einmal verloren ist - wie etwa in Russland heute -, dann ist es extrem schwierig, da noch etwas zu unternehmen."Keine falschen Kompromisse mit Extremisten" tagesschau.de: Die Sehnsucht nach einer starken Führerfigur nimmt in vielen Ländern wieder zu - warum? Wirsching: Wir leben in einer Zeit, die in gewisser Weise vergleichbar ist mit den 1920er- und 1930er-Jahren. Es besteht auch heute offenkundig das Bedürfnis, eine komplexe Welt zu reduzieren, einfache Antworten zu geben und Freund-Feind-Gegensätze aufzubauen. Das kann auch der vermeintliche Gegensatz zwischen "Wir, das Volk" und den "korrupten Eliten" sein. Und in solchen Zeiten wächst die Sehnsucht nach jemandem, der einfach gordische Knoten durchschlägt und sagt: "So ist es."
    17.05.2022
    "Bevölkerungsaustausch"
    Rechtsextreme Idee wird Mainstream >>>
    Auch der Schütze von Buffalo beruft sich auf den Kampf gegen den "Großen Austausch". Was steckt dahinter?
    tagesschau.de: Aus diesem Bedürfnis schlagen Rechtspopulisten in ganz Europa Profit. Wirsching: Die Weimarer Republik und ihr Ende lehren uns auch, keine falschen Kompromisse mit extremistischen Kräften zu machen. Denn im Zweifelsfall wählen die Wähler das Original und nicht die Nachahmung. Zudem wird eine extremistische Partei immer dazu neigen, ihre demokratischen Partner zu instrumentalisieren, zu manipulieren und am Ende in der Öffentlichkeit bloßzustellen. Insofern ist es geboten, eine klare rote Linie zu ziehen, in diesem Fall nach rechts. Keine großen Sorgentagesschau.de: Wie gefestigt ist unsere heutige Demokratie in Deutschland?Wirsching: Im Vergleich zur Weimarer Republik müssen wir uns heute weitaus weniger Sorgen machen. Denn unsere Eliten, seien sie in der Wirtschaft, in den Medien, in der Politik, aber auch in der Justiz zum Beispiel, stehen doch weitestgehend auf dem Boden des Grundgesetzes und fühlen sich wirklich der Demokratie verpflichtet. Auch die Wähler übrigens, denn bei den letzten Bundestagswahlen haben gut 80 Prozent völlig demokratisch gewählt und das ist schon ein Stabilitätsausweis. Trotzdem: Was man im Auge behalten muss und was eine Gefahr bedeutet, ist, dass die Demokratie ihre Problemlösungskapazität zu verlieren droht, sodass am Ende weniger Menschen an demokratische Lösungen glauben. Also dass sie keine befriedigenden Antworten auf die großen Herausforderungen geben kann. Und dann wird es in der Tat gefährlich. So weit sind wir aber in Deutschland lange nicht.
    18.01.2023
    Nach Schüssen auf Polizisten
    "Reichsbürger" wird versuchter Mord vorgeworfen >>>
    Zwei Beamten wurden bei einer Razzia im baden-württembergischen Boxberg verletzt.
    tagesschau.de: Wie gefestigt sehen Sie andere Länder, etwa die USA? Wirsching: Die gute Nachricht zuerst: Was die USA aber auch beispielsweise Brasilien betrifft, ist, dass dort Regierungen, die sicher ein diktatorisches Potenzial in sich trugen, auch wieder abgewählt werden konnten. Erkauft wird das allerdings mit einer tiefergehenden Spaltung der Politik und Gesellschaft. Und das gefährdet diese Demokratien schon. Um die USA muss man sich meines Erachtens schon Sorgen machen, weil die Gräben mittlerweile so tief sind, dass fast nicht mehr vorstellbar ist, wie gemeinsame Spielregeln als selbstverständlich eingehalten werden. Und das ist entscheidend für die Demokratie.
    14.12.2022
    Extremismusprävention
    Ein Gesetz, das die Demokratie stärken soll >>>
    Der beschlossene Entwurf soll unter anderem Initiativen gegen Extremismus langfristig unterstützen.
    Mehr Partizipationtagesschau.de: Wie können wir die Menschen wieder von der Demokratie überzeugen? Wirsching: Das ist die große Frage, vor der wir heute stehen. Meines Erachtens ist es wichtig, dass wir neue partizipatorische Elemente finden. Da sind zum Beispiel die Parteien aufgefordert, sich stärker in die Gesellschaft zu öffnen, deren Stimme noch besser zu hören und auch zu integrieren. In den USA beispielsweise wird die Washingtoner Elite von vielen gehasst, weil sie als abgehoben erscheint. Und das ist natürlich auch in Deutschland ein Standardargument der AfD. Durch mehr Partizipation verbessert sich auch die Problemlösungsfähigkeit: Wenn die Amts- und Mandatsträger noch besser Bescheid wissen, was die Leute wirklich bewegt und was ihre Probleme sind, dann steigt die Chance, dass sie zielführender an die Probleme rangehen, als das manchmal vielleicht der Fall ist.
    Das Interview führte Alexander Steininger, tagesschau.de
    21.12.2022
    Verfassungsschutzschef zur AfD
    "Es geht weiter nach rechtsaußen" >>>
    Die AfD driftet nach Einschätzung von Verfassungsschutzchef Haldenwang weiter nach rechtsaußen ab.
    Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 28. Januar 2023 um 23:26 Uhr.
    https://www.tagesschau.de/


    CHRONOLOGIE
    Rechts, rechter, am rechtesten – Austritte aus der AfD

    von Rebecca Nordin Mencke und Nikta Vahid-Moghtada, MDR AKTUELL
    Stand: 21. Januar 2023, 10:19 Uhr
    Vom Parteichef bis zu Landtagsabgeordneten und Kommunalpolitikern – keine Partei hat in den vergangenen Jahren so viele Funktionäre verloren wie die AfD. Besonders häufig genannter Grund für einen Austritt seit Jahren: Der Rechtsruck der Partei. Ein Überblick über die zwei vergangenen Legislaturperioden.
    Anhänger von u.a. AFD, Freies Thüringen, Freien Sachsen und Pegida demonstrierten vor dem Thüringer Landtag Erfurt.
    Keine Partei hat in den vergangenen Jahren so viele Funktionäre verloren wie die AfD.
    Auf dieser Seite:
    AfD-Austritte in Sachsen
    AfD-Austritte in Sachsen-Anhalt
    AfD-Austritte in Thüringen
    AfD-Austritte im Bund/andere Bundesländer
    Mehr als 30 AfD-Politikerinnen und Politiker haben in den vergangenen zwei Legislaturperioden ihre Partei verlassen – allein in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Die Begründung lautete häufig: Die Partei sei nicht mehr die, die sie mal war. Vielen wurde der rechte Rand zu rechts. Auch die Haltung der Partei gegenüber der Corona-Politik der Bundesregierung und Missachtung wissenschaftlicher Fakten im Zuge der Pandemie wurden als Trennungsgründe genannt.
    AfD-Austritte in Sachsen
    Der jüngste Fall stammt aus Sachsen: Im Dezember hat der sächsische Landtagsabgeordnete Ivo Teichmann seinen Austritt aus der AfD verkündet. Der Abgeordnete begründete seinen Schritt mit der Nähe der Partei zum Extremismus, wie zum Beispiel zur rechtsextremistischen Kleinstpartei "Freie Sachsen". Teichmann vertritt den Wahlkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. In seinem Austrittsschreiben verwies Teichmann, der künftig für die neue Partei "Bündnis Deutschland" Politik machen möchte, unter anderem darauf, dass sich die AfD öffentlich zu wenig von "extremistischen Personen, Vereinigungen oder Parteien wie zum Beispiel den 'Freien Sachsen'" abgrenze. "Die Einstufung der AfD als erwiesen rechtsextremistisch ist nur noch eine Frage der Zeit", schrieb Teichmann weiter. Teichmann hatte dem MDR schon zuvor gesagt, dass er die "Freien Sachsen" für eine "NPD 2.0" hält.
    Der Parteivorsitzende Steffen Große (M) stellt zusammen mit Walter Münnich (l-r), Ellen Walther-Klaus, Niklas Stadelmann und Jonathan Sieber in einem Berliner Hotel die neue Partei „Bündnis Deutschland“ vor.MIT VIDEO
    FRISCH GEGRÜNDET
    Welche Chancen die neue Partei "Bündnis Deutschland" hat
    Damit steht Teichmann bei Weitem nicht allein. Mit Wolfram Keil und Christopher Hahn verließen im April 2021 zwei Landtagsabgeordnete aus dem Zwickauer Verband die Alternative für Deutschland. Ihre Begründung: die weitere Radikalisierung von Partei und Fraktion.
    Drei weitere Abgeordnete verließen in diesem Zuge im April 2021 die AfD-Fraktion im Zwickauer Stadtrat: Mario Hoffmann, Danny Schäfer und Alexander Schwarz.
    Die Bundestagsabgeordnete aus dem Wahlkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, Verena Hartmann, hat ihren Austritt aus Partei und Fraktion im Januar 2020 mit der wachsenden Macht des rechtsnationalen "Flügels" in der AfD begründet. Die Partei habe sich stark verändert. Der MDR berichtete.
    Hans-Thomas Tillschneider (l), kulturpolitischer Sprecher der AfD-Landtagsfraktion, spricht im am Rednerpult des Plenarsaales zu den AbgeordnetenMIT AUDIO
    TROTZ KRITIK
    Russland-Reise bleibt für AfD-Abgeordnete in Sachsen-Anhalt ohne Konsequenzen
    Auch der sächsische Bundestagsabgeordnete Lars Herrmann begründete seinen Austritt im Dezember 2019 unter anderem damit, dass der sächsische Landesverband und sein Kreisverband Leipzig-Land mit Vertretern des rechtsnationalen "Flügels" besetzt seien. Ausschlaggebend sei für ihn auch die Pressekonferenz von Bundesinnenminister Horst Seehofer gemeinsam mit Verfassungsschutz und Bundeskriminalamt gewesen. Diese hätten den "Flügel" als rechtsextremistisch eingestuft. Daher sei er aus Protest aus der Partei und demzufolge auch aus der Bundestagsfraktion ausgetreten.
    Zuvor verkündeten auch Egbert Ermer, Jörg Borasch, Ute Fugmann und Bernhard Wedlich aus dem AfD-Kreisverband Sächsische Schweiz-Osterzgebirge im Januar 2019 ihren Parteiaustritt. Egbert Ermer war Chef des AfD-Kreisverbands Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. So soll in diesem Zusammenhang unter anderem auch das AfD-Mitglied Benjamin Przybylla aus Zwickau ausgetreten sein.
    Auch die damalige AfD-Bundesvorsitzende Frauke Petry hat der AfD bereits im September 2017 den Rücken gekehrt. Kurz darauf gründete sie die "Blaue Partei". Zuvor hatte sie bereits zusammen mit dem Parlamentarischen Geschäftsführer Uwe Wurlitzer und dem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Kirsten Muster ihr Amt als Fraktionsvorsitzende im Sächsischen Landtag niedergelegt. Es folgte der Austritt aus der Fraktion, während sie ihre Mandate als Einzelabgeordnete behielten. Als Grund wurden grundsätzliche Meinungsunterschiede mit Teilen der Partei genannt.
    05.11.2019 | 15:46 UHR
    Blaue Partei von Frauke Petry löst sich auf
    AfD-Austritte in Sachsen-Anhalt
    Auch die AfD in Sachsen-Anhalt hat Parlaments-Mitglieder verloren: Der Wochenzeitung "Die ZEIT" sagte der Bundestagsabgeordnete Robert Farle, er wolle "künftig mehr im Wahlkreis arbeiten können" und mehr Zeit für Demonstrationen haben. Seinen Austritt begründet er jedoch nicht mit einem Rechtsruck. Dem Vernehmen nach soll der 72-jährige Farle unzufrieden mit seiner Position in der Fraktion gewesen sein. Auch soll ihm diese zu kritisch gegenüber Russland eingestellt gewesen sein. Die AfD-Fraktion fordert zwar die Rücknahme aller Sanktionen, erkennt allgemeinhin aber an, dass Russland völkerrechtswidrig die Ukraine angegriffen hat.
    Bekanntestes Austrittsbeispiel aus Sachsen-Anhalt ist André Poggenburg. Schon mit Parteiaustritt im Januar 2019 warb Poggenburg für seine neue Partei "Aufbruch Deutscher Patrioten". Der Sachsen-Anhalter wollte zunächst in der AfD-Landtagsfraktion bleiben, kam aber mit seinem Austritt einem Parteiausschluss zuvor. Er war bereits als "Flügel"-Mitglied umstritten, er selbst warf der AfD in der "Welt" eine "Hysterie" angesichts der drohenden Beobachtung durch den Verfassungsschutz vor. Poggenburg gehörte zusammen mit dem Thüringer AfD-Landes- und Fraktionschef Björn Höcke zu den bekanntesten Figuren am rechten Rand der Partei, die sich im "Flügel" organisierten.
    LANDTAGSWAHL
    Der Steigflug der AfD
    Auch abgeschreckt vom rechten Rand: Der Landtagsabgeordnete Jens Diederichs begründete seinen Austritt aus Fraktion und Partei im Juni 2017 mit dem "Rechtsruck" der AfD und deren Nähe zur rechtsextremen "Identitären Bewegung". Im Landtag folgte zunächst der Wechsel zur CDU-Fraktion, 2020 dann zu den Freien Wählern. Sein Mandat übte er bis 2021 als fraktionsloser Abgeordneter aus.
    Andere Wahlkreis, ähnliche Begründung: Der Landtagsabgeordnete Gottfried Backhaus (Wahlkreis Querfurt) begründete seinen Fraktionsaustritt im Juni 2017 ebenfalls mit der "Entwicklung hin zu extremen und radikalen Auffassungen und Handlungen" in der Landes-AfD und sprach von gezielter Diskreditierung von kritischen Mitgliedern der Fraktion – dieses Prozedere in der Partei nannte er eine "Säuberungsaktion".
    AfD-Austritte in Thüringen
    Drei Austritte auf einen Streich in Thüringen: Oskar Helmerich, Jens Krumpe, Siegfried Gentele: Nach dem Landtagsabgeordneten Siegfried Gentele verließen auch seine Kollegen Oskar Helmerich und Jens Krumpe im Jahr 2015 die AfD. Helmerich sagte MDR THÜRINGEN damals, die Partei habe einen sehr starken Rechtsruck bekommen. Dieser sei so stark, dass sich die Partei an den rechten Rändern befinde. Die Partei gehe schon "ins Ausländerfeindliche". "Das ist nicht mehr die AfD, die mich mal bewogen hat, mitzuarbeiten und meine Energie reinzustecken", sagte Helmerich. Kurz zuvor hatte Gentele mitgeteilt, dass er die Partei verlassen habe. Auch er hatte den Schritt mit einem Rechtsruck der AfD begründet.
    Die drei Abgeordneten waren bei der Landtagswahl in Thüringen im September 2014 über die Landesliste der AfD in das Parlament eingezogen. Gentele war im April aus der Fraktion ausgeschlossen worden, Helmerich und Krumpe hatten sie im Mai aus eigenem Willen verlassen. Grund waren Streitigkeiten über den Kurs von Landespartei- und Fraktionschef Björn Höcke, dem die drei Abgeordneten zudem einen autoritären Führungsstil vorwarfen. Ihre Landtagsmandate wollten die drei Politiker aber behalten. Oskar Helmerich wechselte anschließend zur SPD-Fraktion.
    Weitere Austritte in Thüringen
    15.1.2019: Klaus Rietschel, fortan fraktionslos
    13.10.2021: Lars Schütze, Ausschluss aus der Fraktion, fortan fraktionslos
    6.12.2022: Tosca Kniese, Austritt aus der Fraktion, fortan fraktionslos.
    22.3.2022: Birger Gröning, Austritt – nennt keine Gründe, dann fraktionslos
    Birger Gröning, Tosca Kniese, Ute Bergner (zuvor fraktionslos) und Lars Schütze gründeten Mitte 2022 die Gruppe "Bürger für Thüringen", die aber bereits im Dezember, also nur wenige Monate nach Gründung, vom Landtag aufgelöst wurde. Ihnen wurde eine Nähe zur Querdenken-Bewegung nachgesagt.
    NACH PARTEIAUSTRITTEN
    Landtag löst Gruppe "Bürger für Thüringen" einstimmig auf
    AfD-Austritte im Bund/andere Bundesländer
    Im Januar des vergangenen Jahres trat der damalige AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen von seinem Amt zurück und aus der Partei aus. "Das Herz der Partei schlägt heute sehr weit rechts und es schlägt eigentlich permanent hoch", sagte Meuthen dem ARD-Hauptstadtstudio damals. Teile der Partei stünden "nicht auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung", heißt es weiter, darüber hinaus kritisierte Meuthen auch die Corona-Politik der Partei, die "etwas Sektenartiges" an sich habe. Sein Mandat als Abgeordneter des Europaparlamentes in der rechtspopulistischen Fraktion "Identität und Demokratie" behielt er zunächst, trat aber im Februar auch von diesem Posten zurück. Im Juni 2022 gab Meuthen seinen Eintritt in die Deutsche Zentrumspartei bekannt.
    Jüngster Fall ist der der hessischen Bundestagsabgeordneten Joana Cotar. Zu viele "rote Linien" seien überschritten worden, schrieb sie auf ihrer Webseite. Cotar zählte sich zur moderaten Strömung der Alternative für Deutschland und warf der Partei neben internem "Dauermobbing" auch Opportunismus vor. Auch die "Anbiederung an die diktatorischen und menschenverachtenden Regime in Russland, China und jetzt auch den Iran", sei einer "aufrechten demokratischen und patriotischen Partei" unwürdig.
    Deutlichere Worte fand Uwe Witt. Der Politiker war bis Ende 2021 Mitglied der AfD-Bundestagsfraktion. Danach war er bis Juli 2022 Mitglied der Deutschen Zentrumspartei. Heute ist er partei-und fraktionslos. Weite Teile der AfD seien rechtsradikal, sagte Witt dem Tagesspiegel. Er zählte sich zu den "Gemäßigten" der AfD und grenzte sich vor allem vom rechtsextremen, von Björn Höcke geführten "Flügel" der Partei ab.
    Auch die AfD-Fraktion im hessischen Landtag verlor im Dezember 2022 zwei Mitglieder: Die Abgeordneten Walter Wissenbach und Rainer Rahn erklärten ihren Austritt aus der Partei und der AfD-Landtagsfraktion. "Eine weitere Zusammenarbeit in einer Fraktion, deren Atmosphäre von Lügen, Intrigen und antidemokratischem Geist geprägt ist, ist mir nicht mehr möglich", zitierte die Deutsche Presse-Agentur Rainer Rahn. "In weiten Teilen der Partei dominiert inzwischen die Ideologie über faktenbasierte Politik - erkennbar nicht zuletzt an den Beispielen Corona-Pandemie und Ukraine-Konflikt."
    Rahn nannte als Beispiel die Haltung der Fraktion zu Fakten im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. Diese sei getragen "von der unsinnigen ideologischen Überzeugung, dass Regierungen und Ärzte die Pandemie zur Unterdrückung der Bevölkerung missbrauchen würden", hieß es.
    Ein Schwenk nach Bayern: Auch der Bundestagsabgeordnete Johannes Huber hat die AfD Ende 2021 verlassen. Sueddeutsche.de zufolge trat Huber zuletzt als Mitstreiter des gemäßigten AfD-Lagers auf und erntete nach seiner Austrittserklärung Kritik seitens des rechten "Flügels".
    Selbstbildnis der "Freien-Sachsen" auf Demo in Roßwein
    11 min
    VIDEO
    Demonstrationen in Mitteldeutschland - Wer geht da auf die Straße?
    Dieses Thema im Programm:
    MDR FERNSEHEN | 22. September 2022 | 11:11 Uhr
    https://www.mdr.de/


    Dokumentationsstelle Rechtsextremismus: Neue Ausgabe von RECHTS.GESCHEHEN erschienen

    19.01.2023
    Die Dokumentationsstelle Rechtsextremismus im Generallandesarchiv Karlsruhe hat die neueste Ausgabe (Nummer 5) ihres Journals RECHTS.GESCHEHEN vorgelegt. Wesentlicher Bestandteil der vierteljährlich erscheinenden Publikation ist das GESCHEHEN im rechtspopulistischen bis rechtsextremen Spektrum des Berichtsquartals.
    Erfasst wird bislang schwerpunktmäßig der deutschsprachige Raum von ewig gestrigen Kleinstparteien über die Corona- und Querdenkerszene bis hin zur intellektuellen Neuen Rechten. Auf ca. 50 Seiten wird der Zeitraum des GESCHEHENS von Juli bis September 2022 dokumentiert.
    Themenschwerpunkt der aktuellen Ausgabe ist das Attentat auf israelische Sportler bei der Olympiade in München 1972. Die investigative Recherche der Dokumentationsstelle Rechtsextremismus legt enge Verbindungen zwischen den palästinensischen Terroristen und der rechtsextremen Szene in Deutschland offen. Darüber hinaus wird in einem Artikel auf ein Kleinunternehmen im Schwarzwald hingewiesen, dessen Betreiber rechtskräftig wegen Volksverhetzung verurteilt ist.
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    https://www.landesarchiv-bw.de/


    URTEIL ÜBER „NSU 2.0“:
    Fast sechs Jahre Haft für Drohbriefschreiber

     

     

     

    AKTUALISIERT AM 17.11.2022-12:49
    Alexander M. hat an Frauen des öffentlichen Lebens mehr als 80 Schreiben mit wüsten Beschimpfungen und Todesdrohungen verschickt. Nun muss er für fünf Jahre und zehn Monate in Haft.
    Im Prozess um die Drohschreiben mit der Unterschrift „NSU 2.0“ hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main den Angeklagten Alexander M. zu fünf Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt. Die Vorsitzende Richterin Corinna Distler sprach den 54 Jahre alten Berliner am Donnerstag einer Vielzahl von Vergehen schuldig, darunter der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten, der Bedrohung, Beleidigung, Nötigung, Störung des öffentlichen Friedens und Volksverhetzung. (AZ: 5/17 KLs - 6190 Js 216386/21 (24/21))
    Die Staatsanwaltschaft hatte für M. eine Haftstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten gefordert. Der Angeklagte wies in einem letzten Vortrag alle Vorwürfe zurück. Diese seien nicht belegt. Staatsanwaltschaft und Polizei verbreiteten Lügen, um den Verdacht auf ihn als angeblichen Einzeltäter zu lenken, sagte er. Er sei lediglich Mitglied einer rechten Chatgruppe im Darknet gewesen, habe aber keine Straftaten begangen. Er beantragte nach einem Jahr und sieben Monaten Untersuchungshaft Haftverschonung gegen geeignete Auflagen.
    Zwischen August 2018 und März 2021 waren mehr als 80 Drohschreiben per E-Mail, Fax oder SMS verschickt worden. Diese waren gespickt mit wüsten Beschimpfungen und Todesdrohungen. Adressaten waren vor allem Frauen des öffentlichen Lebens, Rechtsanwältinnen, Politikerinnen, Journalistinnen, Staatsanwältinnen. Die Schreiben waren mit „Heil Hitler“ unterschrieben. Die Bezeichnung „NSU 2.0“ spielte auf die rechtsextreme Gruppe an, die von 2000 bis 2007 neun Migranten und eine Polizistin ermordete.
    Vor dem Urteilsspruch hatten Empfängerinnen der Drohschreiben weitere Aufklärung gefordert. Die Ermittlungen zu den Abrufen privater Daten der Betroffenen auf Polizeicomputern müssten mit Nachdruck fortgesetzt werden, forderten Linke-Politikerinnen wie Janine Wissler und Frauen des öffentlichen Lebens, darunter die Frankfurter Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz, die als erste Drohschreiben erhielt. Die Betroffenen gingen davon aus, dass zumindest das erste Drohfax von einem Polizisten und nicht vom Angeklagten verschickt worden sei. Die Gewerkschaft der Polizei hat diesen Verdacht zurückgewiesen.
    https://www.faz.net/


    Verfassungsschutzbericht
    Mehr extremistische Straftaten in Deutschland

     

     

     

    Stand: 07.06.2022 12:16 Uhr
    Im vergangenen Jahr hat der Verfassungsschutz 33.476 politisch motivierte Straftaten registriert - das sind gut 500 mehr als im Vorjahr. Laut Innenministerin Faeser bleibt die größte Bedrohung weiter der Rechtsextremismus. Die Zahl extremistischer Straftaten ist in Deutschland leicht gestiegen. Das geht aus dem Jahresbericht des Bundesamtes für Verfassungsschutzes (BfV) hervor, den Bundesinnenministerin Nancy Faeser und BfV-Präsident Thomas Haldenwang in Berlin vorstellten. Demnach wurden im vergangenen Jahr insgesamt 33.476 politisch motivierte Straftaten mit extremistischem Hintergrund registriert, 2020 waren es noch 32.924. Davon waren 2994 Gewalttaten, nach 2707 im Jahr zuvor.
    "Die größte extremistische Bedrohung für unsere Demokratie ist weiterhin der Rechtsextremismus", sagte Faeser. Zwar sank die Zahl der rechtsextremen Straf- und Gewalttaten im vergangenen Jahr erstmals seit 2018 wieder um 9,6 Prozent auf rund 20.200. Das Potenzial gewaltorientierter Rechtsextremer habe sich mit 13.500 "jedoch auch 2021 auf unverändert hohem Niveau" befunden. Ihre Zahl stieg laut Verfassungsschutzbericht um 200 binnen Jahresfrist. "Wir müssen Radikalisierungen stoppen, rechtsextreme Netzwerke zerschlagen und Extremisten konsequent die Waffen entziehen", sagte Faeser.
    Weniger linksextremistisch motivierte Straftaten
    Laut Bericht ging auch die Zahl linksextremistisch motivierter Straftaten mit rund 6100 Delikten um 7,4 Prozent zurück. Jedoch sei die Zahl gewaltbereiter Linksextremisten erneut angestiegen und liege nun bei 10.300. "Gegen linksextremistische Gewalt brauchen wir weiterhin ein sehr konsequentes und frühzeitiges Einschreiten", sagte Faeser.Die Anhängerschaft islamistischer Gruppen schrumpfte nach Einschätzung der Kölner Behörde erstmals seit vielen Jahren leicht um rund 1,5 Prozent auf 28.290 Menschen. Neben der unverminderten Gefährdung durch den islamistischen Terrorismus seien auch die "zunehmend komplexen geheimdienstlichen Aktivitäten anderer Staaten" eine "ernsthafte Bedrohung", sagte Faeser. Genannt wird hier insbesondere Russland. Allerdings waren laut Bericht "konkrete Beeinträchtigungen der Bundestagswahl sowie der fünf Landtagswahlen" im Jahr 2021 "nicht festzustellen" gewesen. "Mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine hat die Bedrohungslage eine neue Dimension gewonnen", sagte Faeser. "Wir verteidigen die innere Sicherheit und den inneren Frieden in Deutschland gegen russische Spionage, gegen Einflussnahmeversuche, gegen Lügen und Kriegspropaganda." Deutschland müsse sich auch "speziell auch gegenüber Cyberangriffen verstärkt wappnen", schrieb Faeser im Vorwort des Berichts.
    "Ausbreitung der Desinformation" Erstmals im Verfassungsschutzbericht aufgeführt ist das im April vergangenen Jahres neu eingerichtete Beobachtungsobjekt "Demokratiefeindliche und/oder sicherheitsgefährdende Delegitimierung des Staates". In dieser ideologisch sehr heterogenen Kategorie fasst der Inlandsgeheimdienst Gruppierungen und Akteure zusammen, die weder dem Links-, noch dem Rechtsextremismus zuzuordnen sind, bei denen es aber Anhaltspunkte dafür gibt, dass sie Verfassungsgrundsätze außer Kraft setzen oder die Funktionsfähigkeit des Staates beeinträchtigen wollen.
    Das sind Menschen und Gruppierungen, die bestimmte Verschwörungstheorien verbreiten, das demokratische Staatswesen in Zweifel ziehen oder dieses rundheraus ablehnen. Dazu, wie groß die Zahl der Anhänger dieser heterogenen Szene ist, gibt es noch keine Einschätzung. BfV-Präsident Haldenwang sagte, der Bericht zeige, dass "es zahlreiche Bedrohungen aus sehr unterschiedlichen Bereichen für unsere Demokratie und Sicherheit gibt". Auffällig sei eine "in nahezu jedem Phänomenbereich anzutreffende Ausbreitung der Desinformation", sagte Haldenwang. "Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, diese durch Richtigstellungen und Aufklärung zu neutralisieren."
    Über dieses Thema berichteten am 07. Juni 2022 Inforadio um 10:09 Uhr und die tagesschau um 12:00 Uhr.
    https://www.tagesschau.de/


    Extremisten in Sicherheitsbehörden
    Faeser will Disziplinarrecht anpassen

     

     

     

    Stand: 13.05.2022 14:45 Uhr
    327 Mitarbeiter von Sicherheitsbehörden mit Verbindungen zum Rechtsextremismus oder zu Reichsbürgern hat der Verfassungsschutz gefunden. Innenministerin Faeser will das Disziplinarrecht verschärfen, um solche Beamte leichter loszuwerden. Unter den Bediensteten der Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern sind innerhalb von drei Jahren 327 Mitarbeiter aufgefallen, die Bezüge zum Rechtsextremismus oder zur Szene der sogenannten Reichsbürger und Selbstverwalter haben. Das geht aus dem zweiten Lagebericht zu "Rechtsextremisten in den Sicherheitsbehörden" hervor, den das Bundesinnenministerium in Berlin vorgestellt hat. Betrachtet wurde darin der Zeitraum vom 1. Juli 2018 bis zum 30. Juni 2021.Prinzipiell nahm Innenministerin Nancy Faeser die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in Schutz: Die ganz überwiegende Mehrzahl stehe fest auf dem Boden des Grundgesetzes, betonte sie. Damit aber ihr Ruf nicht unter wenigen Extremisten leide, müsse jeder Extremismusfall klare Konsequenzen haben. Bund und Länder sollten alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um Verfassungsfeinde schneller als bisher loszuwerden. Dazu gehöre auch, die rechtlichen Möglichkeiten für eine Entfernung aus dem Dienst zu verschärfen: "Einen Gesetzentwurf zur Änderung des Bundesdisziplinargesetzes werde ich noch in diesem Jahr vorlegen", kündigte Faeser an. Es sei unbefriedigend, dass sich die Verfahren in der Regel über mehrere Jahre hinzögen.
    Rund 140 Fälle auf Bundesebene
    Im Geschäftsbereich des Militärischen Abschirmdienstes, der rund 242.000 Soldaten der Bundeswehr und Zivilbeschäftigte umfasst, wurden 83 Rechtsextremisten festgestellt. Bei der Bundespolizei mit ihren heute mehr als 54.000 Mitarbeitern fielen 18 Rechtsextremisten auf. Beim Zoll waren es laut Bericht vier rechtsextremistische Mitarbeiter, beim Bundeskriminalamt zwei, beim Bundesamt für Verfassungsschutz, dem Bundesnachrichtendienst und der Bundestagspolizei war es jeweils ein Mitarbeiter. Hinzu kommen insgesamt 30 Verdachtsfälle und erwiesene Extremismusfälle von Bediensteten der Sicherheitsbehörden des Bundes, die der Szene der "Reichsbürger" und Selbstverwalter zugerechnet werden. Die sogenannten Reichsbürger und Selbstverwalter zweifeln die Legitimität der Bundesrepublik Deutschland an. Sie weigern sich oft, Steuern zu zahlen. Die Sicherheitsbehörden rechneten der Szene zuletzt rund 19.000 Menschen zu.
    Verfassungsschutz sieht kein überregionales Netzwerk
    Beobachtet wurde bei den auffälligen Mitarbeitern beispielsweise die Teilnahme an extremistischen Veranstaltungen, Kontakte zu extremistischen Parteien oder "Heil-Hitler"-Rufe. Auch wenn einige Akteure gemeinsam in Chatgruppen aktiv waren, in denen rechtsextremistische Inhalte geteilt wurden, liefert der Bericht keine Hinweise auf ein überregionales Netzwerk von Extremisten aus verschiedenen Sicherheitsbehörden.
    Verbindung zur Hooligan- und Kampfsportszene
    Was dem Verfassungsschutz, der die Informationen zusammengetragen hat, allerdings auffiel, sind die zahlreichen Verbindungen der als Rechtsextremisten eingestuften Mitarbeiter zu extremistischen Akteuren und Parteien sowie zu Organisationen der Hooligan- und Kampfsportszene, die dem "subkulturellen Rechtsextremismus" zugerechnet werden. Den Angaben zufolge waren im Erhebungszeitraum die Aktivitäten von insgesamt 860 Bediensteten betrachtet worden. In 38 Prozent der bewerteten Fälle lagen laut Bericht die Voraussetzungen für eine weitere nachrichtendienstliche Bearbeitung vor.
    Auslöser Fall Franco A.
    In der zurückliegenden Wahlperiode hatte sich auch das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestags intensiv mit Rechtsextremisten in den Sicherheitsbehörden beschäftigt. Ausgangspunkt war der Fall des Bundeswehroffiziers Franco A.. Die Bundesanwaltschaft wirft ihm vor, Anschläge auf Politiker geplant zu haben. Franco A. hatte sich eine falsche Identität als syrischer Flüchtling zugelegt - aus Sicht der Ankläger, um nach einem Anschlag den Verdacht auf Flüchtlinge zu lenken und damit das Vertrauen in die Asylpolitik zu erschüttern.A. war 2017 auf dem Wiener Flughafen festgenommen worden, als er eine geladene Pistole aus einem Versteck in einer Flughafentoilette holen wollte. Was er mit der Waffe plante, ist noch nicht bekannt. Der Prozess gegen ihn läuft noch.
    Knapp 190 Fälle in den Ländern
    In den Ländern nehme Mecklenburg-Vorpommern mit 17 erfassten Fällen eine alarmierende Spitzenposition im Ländervergleich ein, erklärte der innenpolitische Sprecher der Linksfraktion im Schweriner Landtag, Michael Noetzel. Hinzu kämen aktuell neun Prüffälle. Bereits die Enttarnung des "Nordkreuz"-Netzwerks im August 2017 habe deutlich gemacht, "dass das Problem auch in Mecklenburg-Vorpommern grassiert." In der "Nordkreuz"-Causa hätten sich Polizisten zusammengeschlossen, menschenverachtende Chatnachrichten verschickt, und sich auf den Zusammensturz der staatlichen Ordnung vorbereitet, den sie mutmaßlich zur Tötung von missliebigen Personen nutzen wollten, sagte Noetzel. Ein Untersuchungsausschuss zu Rechtsterrorismus in Mecklenburg-Vorpommern solle sich auch mit Netzwerken in den Sicherheitsbehörden des Landes auseinandersetzen.
    Verdachtsfälle findet nur, wer sucht
    Im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen wurden im betrachteten Zeitraum laut Bericht 179 Sachverhalte untersucht, bei denen ein Verdacht auf Rechtsextremismus bestand. In Berlin waren es 74 Fälle. Auf Platz drei lag Hessen mit 60 überprüften Sachverhalten. In Bayern waren es 38. In Sachsen gab es 26 Prüf-, Verdachts- und erwiesenen Fälle von Rechtsextremismus. Allerdings bilden diese Zahlen nicht nur den Umfang des Phänomens in den Sicherheitsbehörden des jeweiligen Bundeslandes ab, sondern auch das Problembewusstsein, das vor Ort herrscht. Wenn einige Vorgesetzte genauer hinschauen als andere, kann dies zu mehr Verdachtsfällen führen, die andernorts unentdeckt bleiben.
    Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 13. Mai 2022 um 12.00 Uhr sowie Deutschlandfunk um 08:00 Uhr.
    https://www.tagesschau.de/


    Die „National Socialist Knights of the Ku-Klux-Klan Deutschland“ und andere Ku-Klux-Klan-Strukturen und Ku-Klux-Klan-Aktivitäten in der Bundesrepublik Deutschland

     

     

     

    Deutscher Bundestag Drucksache 20/2463
    20. Wahlperiode 23.06.2022
    Antwort
    der Bundesregierung
    auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Martina Renner, Nicole Gohlke, Gökay Akbulut, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
    – Drucksache 20/2208 –
    V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r
    Am 16. Januar 2019 wurden unter der Leitung des Landeskriminalamtes (LKA) und der Staatsanwaltschaft (StA) Baden-Württemberg zwölf Objekte der Gruppierung „National Socialist Knights of the Ku-Klux-Klan Deutschland“ (NSK KKK) durchsucht. Dabei fanden die Ermittler über 100 teils verbotene Waffen. Zu den beschlagnahmten Gegenständen gehörten Schreckschusswaffen mit Munition, Luftdruckwaffen, Schwerter und Macheten, Faust- und Butterfly-Messer, Wurfsterne und Teleskopschlagstöcke, aber auch Mitglieder- und Beitragslisten. Neben Baden-Württemberg fanden die Razzien in Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Thüringen statt.
    Den 17 Betroffenen zwischen 17 und 59 Jahren wurde die Bildung einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen. Am Ende richteten sich die Ermittlungen gegen insgesamt 57 Beschuldigte. Ein Beschuldigter aus Thüringen, der sich „Sicherheitschef“ nannte, posierte laut Medienberichten auf Fotos im Internet mit Schusswaffen, soll Bilder verbreitet haben, die zum Mord an Juden aufrufen, und sich neben dem „NSK KKK“ auch zum in Deutschland verbotenen „Blood & Honour“-Netzwerk bekannt haben (Wer steckt hinter dem deutschen Ku-Klux-Klan?; www.t-online.de).
    Nach Auskunft der Bundesregierung hat der Generalbundesanwalt (GBA) erstmals im August 2018 ein Prüfverfahren bezüglich der NSK KKK eingeleitet, seinerseits jedoch keine Ermittlungszuständigkeit festgestellt (vgl. Plenarprotokoll 19/76, S. 8921). Nach drei Jahren Ermittlungen hat die StA Stuttgart das Hauptverfahren gegen die Beschuldigten eingestellt. Es habe keinen hinreichenden Tatverdacht gegeben, um Anklage zu erheben. Es sei nicht mit Sicherheit feststellbar gewesen, ob die NSK KKK vorhatten, Straftaten zu begehen oder ihre rassenideologischen Ziele mit Gewalt umzusetzen. Die Ermittlungen gegen 23 Beschuldigte aufgrund des unerlaubten Besitzes von Waffen und Drogen sowie der Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole dauere hingegen an (Nach Razzia in Mayen: Ermittlungen gegen Ku-Klux-Klan eingestellt – SWR Aktuell).
    Deutscher Bundestag Drucksache 20/2463
    20. Wahlperiode 23.06.2022
    Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern und für Heimat vom 23. Juni 2022 übermittelt.
    https://dserver.bundestag.de/


    Verstärkte Zusammenarbeit
    :Ost-Länder sagen Rechtsextremismus Kampf an

     

     

     

    Datum:
    04.11.2022 19:37 Uhr
    Die Proteste gegen die Politik der Ampel-Regierung werden lauter und radikaler. Die ostdeutschen Innenminister sind sich einig: Sie wollen stärker gegen Rechtsextremismus vorgehen.
    Die ostdeutschen Innenministerinnen und Innenminister haben eine engere Zusammenarbeit vereinbart, vor dem Hintergrund gegen die Energie- und Corona-Politik gerichteten Demonstrationen eine engere Zusammenarbeit vereinbart. "Unsere wehrhafte Demokratie muss das Entstehen extremistischer und gewaltbereiter Strukturen aufklären und unterbinden", betonten sie am Freitag in einer Erklärung nach ihrem Treffen in Erfurt.
    An der Begegnung nahmen Minister und Staatssekretäre aus Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern teil. Das Demonstrationsgeschehen sei von Bundesland zu Bundesland sehr unterschiedlich, generell aber in den letzten Wochen stark rückläufig.
    Innenminister warnen vor Radikalisierung
    Die Ländervertreter waren sich demnach einig, dass für eine erfolgreiche Bekämpfung des Rechtsextremismus die Sicherheitsbehörden interdisziplinär "mit allen öffentlichen Stellen" ein engeres Netzwerk aufbauen müssen, um alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen zu können.
    Sachsens Ressortchef Armin Schuster (CDU) sagte, Rechtsextremisten seien "stark im Netz, schwach auf der Straße". Sie wollten daher Proteste für sich vereinnahmen. Durch die Zusammenarbeit aller Behörden sei es möglich, die Instrumentalisierung von Versammlungen wie auch Immobilienerwerb oder Rechtsrockkonzerte zu unterbinden.
    Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) betonte, es gehe darum, den "Rechtsextremismus an der Wurzel zu packen". Im ZDF-"Morgenmagazin" forderte er angesichts der großen Protestbewegung in Ostdeutschland zudem einen verstärkten Kampf gegen soziale Probleme.
    Migration als weiteres Thema des Treffens in Erfurt
    Die Innenministerinnen und Innenminister äußerten sich ferner besorgt über die Zunahme an Asylbewerbern. Kommunen, die die Hauptlast bei Unterbringung, Versorgung und Integration leisteten, seien mittlerweile an der Belastungsgrenze. Schuster schließt eine weitere Fluchtwelle nicht aus.
    Die Angriffe Russlands auf die Energieinfrastruktur in der Ukraine könnten dazu führen, "dass wir im Winter nochmal eine ziemlich starke Fluchtbewegung meistern müssen", sagte er. Bei einer neuen enormen Zuwanderungswelle würden die Kommunen "grenzwertig belastet".
    Es fehlten zunehmend Unterbringungsmöglichkeiten. Mit Blick auf illegale Migration über Balkanrouten betonten die Minister, es sei Aufgabe des Bundes, mit den europäischen Partnern den Schengen-Raum zu schützen und keine falschen Anreize für illegale Migration nach Deutschland zu setzen. Der Bund müsse überdies umgehend die Maßnahmen der angekündigten Rückführungsoffensive umsetzen.
    Gewalt und Hetze
    -Wie die Politik die Rechten unterschätzt
    In Ostdeutschland demonstrieren jede Woche Tausende gegen die Bundesregierung - Seite an Seite mit Rechtsextremisten. Der Verfassungsschutz warnt vor einer Radikalisierung.
    Videolänge
    9 min
    von Jonas Helm und Maximilian Hübner
    Quelle: epd, AFP
    https://www.zdf.de/


    BÖHMERMANN-SENDUNG
    Strafanzeige nach Veröffentlichung von Verfassungsschutz-Akten

     

     

     

    von MDR AKTUELL
    Stand: 01. November 2022, 14:24 Uhr
    Das hessische Landesamt für Verfassungsschutz hat nach der Veröffentlichung vertraulicher Akten mit Bezug zum NSU Strafanzeige gestellt. Die Plattform "Frag den Staat" und das "ZDF Magazin Royale" von Jan Böhmermann hatten die geheimen Dokumente veröffentlicht und ins Internet gestellt.
    Das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Hessen hat nach der Veröffentlichung von geheimen Akten Strafanzeige gestellt. In den Papieren wird die Rolle der Behörde in Bezug auf den NSU untersucht. Die Strafanzeige sei wegen der unrechtmäßigen Weitergabe von als Verschlusssachen eingestuften Dokumenten gegen Unbekannt gestellt worden, teilte die Behörde am Montag in Wiesbaden mit. Das hessische Landeskriminalamt habe Ermittlungen aufgenommen.
    Die Plattform "Frag den Staat" und das "ZDF Magazin Royale" von Jan Böhmermann hatten die Dokumente veröffentlicht und ins Internet gestellt. Die Strafanzeige des LfV richtet sich nur gegen die unrechtmäßigen Weitergabe der Dokumente, nicht aber gegen die Veröffentlichung. Die Akten fassen eine interne Prüfung des Verfassungsschutzes darüber zusammen, welche Erkenntnisse die Behörde von 1992 bis 2012 zum NSU hatte. Die Papiere waren ursprünglich von den Sicherheitsbehörden für 120 Jahre gesperrt worden, zuletzt war die Zeit auf 30 Jahre verkürzt worden.
    https://www.mdr.de/


    GEHEIME DOKUMENTE
    Jan Böhmermann sorgt mit Leak von "NSU-Akten" für Wirbel – Linke begrüßen die Veröffentlichung

     

     

     

    29.10.2022, 17:13
    Eigentlich sollte er 30 Jahre geheim bleiben. Doch nun will Jan Böhmermann den Bericht des hessischen Verfassungsschutzes über den NSU-Terror veröffentlicht haben. Das schlägt hohe Wellen.
    Die Plattform "Frag den Staat" und das "ZDF Magazin Royale" von Jan Böhmermann haben nach eigenen Angaben als geheim eingestufte hessische NSU-Akten veröffentlicht. "Wir glauben, die Öffentlichkeit hat das Recht zu erfahren, was genau in jenen Dokumenten steht, die ursprünglich für mehr als ein Jahrhundert geheim bleiben sollten", heißt es auf der dazu eingerichteten Webseite. Um die Quellen zu schützen, seien die Akten komplett abgetippt und ein neues Dokument erstellt worden, um keine digitalen Spuren zu hinterlassen, schrieb Böhmermann auf Twitter.
    Bei dem seit Freitag abrufbaren Dokument handelt es sich laut Deckblatt um einen Abschlussbericht zur Aktenprüfung im Landesamt für Verfassungsschutz Hessen im Jahr 2012. Der Bericht ist auf den 20. November 2014 datiert.
    Hessens Verfassungsschutz will Dokumente von Jan Böhmermann prüfen
    Zunächst gab es keine offizielle Bestätigung für die Echtheit der Dokumente vom hessischen Innenministerium oder Verfassungsschutz. Nach Einschätzung der hessischen Linken entsprechen sie offenkundig dem Original. "Sie scheinen vollständig und inhaltsgleich transkribiert worden zu sein", sagte der innenpolitische Sprecher der Linken im hessischen Landtag, Torsten Felstehausen. Man habe die Texte nebeneinander gelegt und verglichen. Die Abgeordneten hätten im Untersuchungsausschuss Zugang zu den Originalakten gehabt.
    Das hessische Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) teilte in einer sieben Zeilen langen Erklärung mit, es prüfe die veröffentlichten Dokumente. Bei daraus folgenden erforderlichen Maßnahmen, vor allem "im Hinblick auf enthaltene personenbezogene Daten und tangierte Staatswohlbelange", stehe man "im Austausch mit den Polizei- und Verfassungsschutzbehörden". Nähere Angaben wollte ein Sprecher dazu nicht machen.
    Die Linksfraktion in Wiesbaden begrüßte die Veröffentlichung. Dies hätten Opferfamilien seit langer Zeit gefordert, sagte Felstehausen. "Endlich kann die Öffentlichkeit sich ein eigenes Bild davon machen, wie der sogenannte Verfassungsschutz über Jahre mit Hinweisen auf rechten Terror umgegangen ist." Nach Ansicht der Linken wirft der Bericht "ein verheerendes Bild auf die Arbeit des Landesamts für Verfassungsschutz". Die Verfassungsschützer seien Hunderten Hinweisen auf Waffen- und Sprengstoffbesitz bei Neonazis nicht nachgegangen, sagte Felstehausen. Der Verfassungsschutz gehöre abgeschafft.
    Die Bundeschefin der Linken, Janine Wissler, sagte auf einem Landesparteitag im hessischen Dietzenbach zu der Veröffentlichung durch Böhmermann: "Dafür haben wir Jahre gekämpft." Sie warf der hessischen Landesregierung Geheimhaltung statt Aufklärung vor. Eher zurückhaltend reagierten die anderen Fraktionen im hessischen Landtag. Die SPD-Fraktion sagte, sie wolle zunächst nichts dazu sagen. Die Grünen im Landtag teilten mit: "Wir schauen uns den Vorgang sehr genau an und werden ihn zu gegebener Zeit bewerten."
    Mehr als 130.000 Personen forderten Veröffentlichung der NSU-Akten
    Die Linke-Fraktion im Thüringer Landtag forderte, den Geheimdiensten müssten die vorliegenden Akten zur rechtsextremen Terrorgruppe NSU entzogen werden. Es sei notwendig, die Akten, die zur Aufklärung des NSU-Komplexes beitragen könnten, einem Archiv zu übergeben, um die Aufarbeitung voranzutreiben, erklärte die Abgeordnete Katharina König-Preuss. Die hessischen Dokumente enthielten zudem eine Vielzahl von Informationen zu Thüringer Neonazis, sagte sie.
    Der "Nationalsozialistische Untergrund" hatte über Jahre unerkannt mordend durch Deutschland ziehen können. Die Opfer der Rechtsterroristen waren neun Gewerbetreibende türkischer und griechischer Herkunft und eine deutsche Polizistin.
    Die sogenannten NSU-Akten des hessischen Verfassungsschutzes sind Ergebnis einer Prüfung, bei der die Behörde eigene Akten und Dokumente zum Rechtsextremismus auf mögliche Bezüge zum NSU geprüft hatte. Um sie gibt es seit Jahren Streit. Die Akten waren zunächst für 120 Jahre als geheim eingestuft worden, später wurde die Zeit auf 30 Jahre verringert. Mehr als 130.000 Personen hatten in einer Petition die Veröffentlichung gefordert.
    https://www.stern.de/

    Was die Böhmermann-Leaks zu den hessischen NSU-Akten bedeuten

     

     

     

    Aktualisiert am 29.10.22 um 16:42 Uhr
    Audio 02:59 Min. | 29.10.22 |Simone Friedrich, Jan-Peter Bartels
    Was die NSU-Leaks des ZDF Magazin Royale bedeuten
    Was hat der hessische Verfassungsschutz über Rechtsextremisten und die mordenden Terroristen des NSU zusammengetragen? Welche Schlüsse wurden daraus gezogen? Eigene Erkenntnisse darüber wollte die Behörde noch lange geheim halten. Das ZDF Magazin Royale hat sie nun veröffentlicht.
    Von Jan-Peter Bartels, hr-Landtagsstudio Wiesbaden
    Der sogenannte NSU ("Nationalsozialistischer Untergrund") zog über Jahre durch die Bundesrepublik und ermordete zehn Menschen. Die Sicherheitsbehörden kamen dem NSU erst auf die Schliche, als er sich 2011 quasi selbst enttarnte. Jetzt haben die Plattform "Frag den Staat" und das ZDF Magazin Royale von Jan Böhmermann nach eigenen Angaben hessische NSU-Akten veröffentlicht, die als geheim eingestuft sind. Die Öffentlichkeit habe ein Recht zu erfahren, was die Dokumente beinhalten, "die ursprünglich für mehr als ein Jahrhundert geheim bleiben sollten", heißt es auf einer dazu eingerichteten Website.
    Was für Akten sind das?
    Bei den sogenannten NSU-Akten handelt es sich um zwei Berichte des Landesamts für Verfassungsschutz (LfV), in denen die eigene Arbeit in Sachen Rechtsextremismus analysiert wird. Die Berichte hatte 2012 der damalige Innenminister Boris Rhein (CDU), jetziger Ministerpräsident Hessens, beauftragt. Rhein wollte sich auf mögliche politische Überraschungen vorbereiten und wissen, was womöglich noch in den Archiven des Verfassungsschutzes schlummert, also was der Verfassungsschutz in den Jahren 1992 bis 2012 über Rechtsextremismus zusammengetragen hat – und über das NSU-Trio.
    Das ZDF Magazin Royale sagt, es habe die Akten aus Quellenschutz-Gründen komplett abgetippt und ein neues Dokument angelegt, das keine digitalen oder analogen Spuren enthalte. Das transkribierte Dokument entspreche in seinem Inhalt dem Original. Diese Einschätzung teilt auch die Linken-Fraktion im Landtag nach einem Abgleich der Akten, wie der innenpolitische Sprecher Torsten Felstehausen am Samstag erklärte.
    Welche neuen Erkenntnisse liefern die von Böhmermann geleakten Berichte?
    Über den NSU selbst findet sich laut den Rechercheuren von "Frag den Staat" und ZDF Neo Magazin Royale in den 173 nun veröffentlichten Seiten wenig. Das Urteil der Journalisten über den hessischen Verfassungsschutz aber ist deutlich: Man bekomme ein "mehr als zweifelhaftes Bild" von dessen Arbeit. Die Behörde habe viele Infos gesammelt, diese aber kaum miteinander verbunden oder analysiert, außerdem sei sie Hinweisen auf Waffen- und Sprengstoffbesitz von Rechtsextremen nicht nachgegangen.
    Übrigens konnten, obwohl Verschlusssache, in den vergangenen Jahren bereits einzelne Politiker und Journalisten die Akten in Untersuchungsausschüssen unter Auflagen einsehen. Ihr Fazit war dabei weitgehend ähnlich wie das des ZDF-Magazins.
    Was sagt der Verfassungsschutz zu den Berichten?
    Der hessische Verfassungsschutz teilte mit, das Landesamt habe die Sendung von Jan Böhmermann vom Freitagabend "zur Kenntnis genommen". Die "im Zusammenhang mit der Sendung erstellten und im Internet veröffentlichten Dokumente" würden nun geprüft, insbesondere im Hinblick auf enthaltene personenbezogene Daten und "tangierte Staatswohlbelange". Auf den Inhalt der Akten ging das Amt nicht ein.
    Wie fallen die Reaktionen auf die veröffentlichten Berichte zum NSU aus?
    Der langjährige Linken-Landtagsabgeordnete Hermann Schaus zeigt sich hoch erfreut: "Mein Eindruck ist, dass sich seit dem Bericht bei dem besonderen Schlendrian, der Überbürokratisierung im hessischen Verfassungsschutz, wenig Gravierendes getan hat. Ich hoffe, dass jetzt nochmal nachgearbeitet wird." Es sei beschämend für die Landesregierung, dass sie den Bericht nicht öffentlich gemacht habe, nachdem eine Petition von 134.000 Menschen das eingefordert hatte, sondern dass es dazu investigative Journalisten gebraucht habe. Schaus vermutet: "Die lange Geheimhaltung sollte wohl eher dazu dienen, Fehler zu verdecken als Mitarbeiter und Quellen zu schützen."
    Holger Bellino, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Fraktion im Landtag, bestreitet das. Die Veröffentlichung bringe den Angehörigen der NSU-Opfer keinen neuen Erkenntnisgewinn, teilte er mit, könne dafür aber großen Schaden anrichten. "Es ist nicht auszuschließen, dass Extremisten durch die Verknüpfung dieser Informationen aus anderen Dokumenten Rückschlüsse auf Arbeitsweise und Informanten der Sicherheitsbehörden ziehen können." Auch die Pressefreiheit habe Grenzen, so Bellino, und die habe Jan Böhmermann überschritten. Ohnehin frage er sich, wie das ZDF überhaupt an die Berichte gekommen sei und wie die Linke so schnell deren Echtheit habe bestätigen können.
    Die Grünen im Landtag, die mit der CDU gegen eine Veröffentlichung der Akten gestimmt hatten, teilten mit: "Wir schauen uns den Vorgang sehr genau an und werden ihn zu gegebener Zeit bewerten." SPD, FDP und AfD äußerten sich zunächst nicht.
    Die Frankfurter Rechtsanwältin Seda Başay-Yildiz, die im NSU-Prozess die Familie des Opfers Enver Şimşek vertrat, nannte die Veröffentlichung der Akten auf Twitter "sehr aufschlussreich". Es sei unfassbar, welchen Hinweisen offenkundig nicht nachgegangen worden sei.
    Was verändert die Veröffentlichung nun?
    Die Veröffentlichung wirft ein neues Schlaglicht auf das Thema, sorgt für öffentliche Aufmerksamkeit und könnte eine neue politische Debatte über den Verfassungsschutz und seine Arbeitsweise anstoßen. Und: Sie wird vielen Menschen Genugtuung bringen, die schon seit Jahren gefordert hatten, dass alle Menschen die Unterlagen einsehen können sollten. Das hatten beispielweise die 134.517 Unterzeichner*innen einer Petition gefordert.
    Insbesondere wird es wohl für die Angehörigen der Opfer große Bedeutung haben, die Dokumente einsehen zu können. So fragte Abdulkerim Şimşek, der Sohn des ersten NSU-Opfers Enver Şimşek, 2019 den Spiegel, was es ihm nütze, dass der hessische Verfassungsschutz die Sperrfrist der NSU-Akte von 120 Jahren auf 30 Jahre herabgestuft habe: "Ich will jetzt wissen, was da drinsteht". Seit Freitagabend kann er es lesen.
    Audiobeitrag
    Audio 03:12 Min. | 29.10.22 |Jan-Peter Bartels
    Reaktionen auf die Veröffentlichung der Berichte zum NSU
    Schild des Landesamts für Verfassungsschutz Audio
    Bild © picture-alliance/dpa
    Ende des Audiobeitrags
    Weitere InformationenSendung: hr-iNFO, 29.10.2022, 12 UhrEnde der weiteren Informationen
    Veröffentlicht am 29.10.22 um 13:32 Uhr
    Quelle: hessenschau.de, dpa/lhe
    https://www.hessenschau.de/

    Wirbel um Böhmermanns NSU-Akten-Veröffentlichung

     

     

     

    Erschienen am 29.10.2022
    Eigentlich sollte er 30 Jahre geheim bleiben. Doch nun will Jan Böhmermann den Bericht des hessischen Verfassungsschutzes über den NSU-Terror veröffentlicht haben. Das schlägt hohe Wellen.

    Wiesbaden/Berlin. Die Plattform "Frag den Staat" und das "ZDF Magazin Royale" von Jan Böhmermann haben nach eigenen Angaben als geheim eingestufte hessische NSU-Akten veröffentlicht.
    "Wir glauben, die Öffentlichkeit hat das Recht zu erfahren, was genau in jenen Dokumenten steht, die ursprünglich für mehr als ein Jahrhundert geheim bleiben sollten", heißt es auf der dazu eingerichteten Webseite. Um die Quellen zu schützen, seien die Akten komplett abgetippt und ein neues Dokument erstellt worden, um keine digitalen Spuren zu hinterlassen, schrieb Böhmermann auf Twitter
    Bei dem seit Freitag abrufbaren Dokument handelt es sich laut Deckblatt um einen Abschlussbericht zur Aktenprüfung im Landesamt für Verfassungsschutz Hessen im Jahr 2012. Der Bericht ist auf den 20. November 2014 datiert.
    Zunächst gab es keine offizielle Bestätigung für die Echtheit der Dokumente vom hessischen Innenministerium oder Verfassungsschutz. Nach Einschätzung der hessischen Linken entsprechen sie offenkundig dem Original. "Sie scheinen vollständig und inhaltsgleich transkribiert worden zu sein", sagte der innenpolitische Sprecher der Linken im hessischen Landtag, Torsten Felstehausen. Man habe die Texte nebeneinander gelegt und verglichen. Die Abgeordneten hätten im Untersuchungsausschuss Zugang zu den Originalakten gehabt.
    Hessische Verfassungsschützer prüfen Dokumente
    Das hessische Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) teilte in einer sieben Zeilen langen Erklärung mit, es prüfe die veröffentlichten Dokumente. Bei daraus folgenden erforderlichen Maßnahmen, vor allem "im Hinblick auf enthaltene personenbezogene Daten und tangierte Staatswohlbelange", stehe man "im Austausch mit den Polizei- und Verfassungsschutzbehörden". Nähere Angaben wollte ein Sprecher dazu nicht machen.
    Die Linke begrüßte die Veröffentlichung. "Dafür haben wir Jahre gekämpft", sagte die Bundesvorsitzende Janine Wissler auf dem Landesparteitag im hessischen Dietzenbach. Sie warf der hessischen Landesregierung Geheimhaltung statt Aufklärung vor. Opferfamilien hätten die Veröffentlichung seit langer Zeit gefordert, sagte Torsten Felstehausen. "Endlich kann die Öffentlichkeit sich ein eigenes Bild davon machen, wie der sogenannte Verfassungsschutz über Jahre mit Hinweisen auf rechten Terror umgegangen ist."
    Nach Ansicht der Linken wirft der Bericht "ein verheerendes Bild auf die Arbeit des Landesamts für Verfassungsschutz". Die Verfassungsschützer seien Hunderten Hinweisen auf Waffen- und Sprengstoffbesitz bei Neonazis nicht nachgegangen, sagte Felstehausen. Der Verfassungsschutz gehöre abgeschafft.
    Die Linke-Fraktion im Thüringer Landtag forderte, den Geheimdiensten müssten die vorliegenden Akten zur rechtsextremen Terrorgruppe NSU entzogen werden. Es sei notwendig, die Akten, die zur Aufklärung des NSU-Komplexes beitragen könnten, einem Archiv zu übergeben, um die Aufarbeitung voranzutreiben, erklärte die Abgeordnete Katharina König-Preuss. Die hessischen Dokumente enthielten zudem eine Vielzahl von Informationen zu Thüringer Neonazis, sagte sie.
    Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion im hessischen Landtag, Holger Bellino, warf Böhmermann vor, die Pressefreiheit überschritten zu haben. "Es ist nicht auszuschließen, dass Extremisten durch die Verknüpfung dieser Informationen aus anderen Dokumenten Rückschlüsse auf Arbeitsweise und Informanten der Sicherheitsbehörden ziehen können." Dadurch könnten "Menschenleben gefährdet und die Arbeit der Sicherheitsbehörden nachhaltig erschwert werden". Ähnlich hatte Hessens Innenminister Peter Beuth (ebenfalls CDU) im Mai 2021 argumentiert, als er die Entscheidung verteidigte, die Akten nicht zu veröffentlichen.
    Der "Nationalsozialistische Untergrund" hatte über Jahre unerkannt mordend durch Deutschland ziehen können. Die Opfer der Rechtsterroristen waren neun Gewerbetreibende türkischer und griechischer Herkunft und eine deutsche Polizistin.
    Akten sollten 30 Jahre lang geheim bleiben
    Die sogenannten NSU-Akten des hessischen Verfassungsschutzes sind Ergebnis einer Prüfung, bei der die Behörde eigene Akten und Dokumente zum Rechtsextremismus auf mögliche Bezüge zum NSU geprüft hatte. Um sie gibt es seit Jahren Streit. Die Akten waren zunächst für 120 Jahre als geheim eingestuft worden, später wurde die Zeit auf 30 Jahre verringert. Mehr als 130.000 Personen hatten in einer Petition die Veröffentlichung gefordert.
    Die erste parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, forderte mit Blick auf die Veröffentlichung "eine rückhaltlose Aufklärung" des NSU-Komplexes. Das sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). (dpa)
    https://www.freiepresse.de/


    Brandanschlag auf geplante Flüchtlingsunterkunft - Sachsen-Minister vermutet fremdenfeindliches Motiv

     

     

     

    Erstellt: 29.10.2022, 12:23 Uhr
    Von: Stefanie Fischhaber
    Eine geplante Flüchtlingsunterkunft in Sachsen geriet in Brand - wenige Tage, bevor die ersten Bewohner einziehen. Die Landesregierung vermutet einen Anschlag hinter der Tat.
    Bautzen - Im November sollen Geflüchtete in ein früheres Hotel in Bautzen in Sachsen einziehen. Wenige Tage vorher kam es nun zu einem Brand in dem Gebäude. Das sächsische Innenministerium geht von einem Brandanschlag aus. Vier Menschen befanden sich noch in dem brennenden Haus. Die Polizei ermittelt nun.
    Geplante Flüchtlingsunterkunft gerät in Brand: „Politischer Hintergrund kann nicht ausgeschlossen werden“
    Nach ersten Erkenntnissen der Ermittler war das Feuer am frühen Freitagmorgen (28. Oktober) ausgebrochen, nachdem Unbekannte Fensterscheiben des ehemaligen Hotels eingeworfen hatten. Während der Tat befanden sich noch vier Personen im Gebäude. Laut Mitteilung der Stadt handelte es sich bei ihnen um Mitarbeiter des Hoteleigentümers. Die Mitarbeiter des „Spreehotels“ blieben unverletzt.
    Nach Angaben des Landeskriminalamtes (LKA) wurde das Gebäude weiträumig abgesperrt, Brandursachenermittler und ein Fährtenhund waren im Einsatz. Die Behörden ermitteln nun wegen schwerer Brandstiftung. Das Polizeiliche Terrorismus- und Extremismus-Abwehrzentrum (PTAZ) habe die Ermittlungen übernommen. „Ein politischer Hintergrund kann nicht ausgeschlossen werden“, sagte ein LKA-Sprecher.
    Brandanschlag in Sachsen: Ministerpräsident Kretschmer verurteilt Angriff
    Die Landesregierung verurteilte den Angriff auf das Schärfste. Ministerpräsident Michael Kretschmer sprach von einer widerwärtigen Tat. „Das ist eine klare Aggression gegen alle Menschen in Not und das erschütternde Ergebnis von Hetze“, schrieb Kretschmer auf Twitter. Der CDU-Politiker kündigte an, die Aufklärung habe „höchste Priorität“.
    „Aus Hass Häuser anzuzünden, weil man Geflüchtete nicht in seiner Nähe haben möchte, ist zutiefst primitiv und menschenverachtend“, verurteilte Sachsens Innenminister Armin Schuster die Tat. Zwar sei noch nicht bekannt, wer die Brandsätze in das Hotel geworfen habe. „Aber wir müssen von einem fremdenfeindlichen Brandanschlag ausgehen“, so Schuster.
    https://www.merkur.de/


    NSU-Morde
    Beate Zschäpe scheitert auch vor dem Bundesverfassungsgericht

     

     

     

    Das Mord-Urteil hält: Der BGH hätte nicht mündlich verhandeln oder den EuGH anrufen müssen. Auch seine Einschätzung zur Mittäterschaft stützt das BVerfG.
    24.10.2022 Rechtsprechung

    Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die Verfassungsbeschwerde von Beate Zschäpe gegen ihre Verurteilung als vielfache Mörderin nicht zur Entscheidung angenommen. Zschäpes Vorbringen ergebe keine Verletzung von Verfassungsrecht, so die 2. Kammer des Zweiten Senats am Montag (BVerfG, Beschl v. 30.09.2022, Az. 2 BvR 2222/21).
    Beate Zschäpe, die einzige Überlebende des selbsternannten “Nationalsozialistischen Untergrunds”, war vom Oberlandesgericht München nach jahrelanger Verhandlung u.a. als Mittäterin an der rechtsextremistisch motivierten bundesweiten Mordserie von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt verurteilt worden. Sie wehrte sich vor dem BVerfG vor allem dagegen, dass der Bundesgerichtshof über ihre Revision gegen das Urteil aus München nicht aufgrund mündlicher Verhandlung, sondern durch Beschluss entschied.
    Das BVerfG hat dieses Vorgehen des Bundesgerichtshofs (BGH) hingegen nicht als Verletzung ihres rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz). Die Gelegenheit zur Stellungnahme habe Zschäpe hinreichend gehabt und in schriftlicher Form in ihrem Revisionsvorbringen auch genutzt, so die Karlsruher Richterinnen und Richter.
    Keine Gehörsverletzung, keine Willkür, gesetzlicher Richter nicht entzogen
    Was sie vorgebracht hätte, wenn es vor dem Bundesgerichtshof eine mündliche Verhandlung gegeben hätte, habe sie ebenso wenig dargelegt wie eine überraschende Abweichung des BGH von seiner bisherigen Rechtsprechung zur Mittäterschaft, so die Kammer. Der BGH hatte es für die Mittäterschaft ausreichen lassen, dass Zschäpe, die an keinem einzigen der Tatorte war, die Morde im Vorfeld mit geplant, die bürgerliche Fassade für das mörderische Trio aufrechterhalten und versprochen hatte, das Bekennervideo zu veröffentlichen, wenn etwas schief gehen sollte. Das BVerfG erklärt das für plausibel, auch vor dem Hintergrund der bisherigen Rechtsprechung des BGH zur Mittäterschaft.
    Auch die Verwerfung von Zschäpes Revision ohne mündliche Verhandlung als “offensichtlich unbegründet” im Sinne von § 349 Abs. 2 Strafprozessordnung tolerieren die Karlsruher Richterinnen und Richter. Der BGH habe klargestellt, dass er sich mit Zschäpes Revision auseinandergesetzt habe, ihre Argumente aber nicht teile. Ein Verstoß gegen das Willkürverbot liege darin nicht. Schließlich hätte der BGH das Verfahren auch nicht dem Europäischen Gerichtshof vorlegen müssen.
    Beate Zschäpe ist in der Justizvollzugsanstalt Chemnitz untergebracht. Sie ist zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt, das OLG München hat die besondere Schwere der Schuld festgestellt.
    https://www.brak.de/


    10 Jahre NSU-Enttarnung - die Gefahr des rechten Terrors

     

     

     

    BR24 PODCAST
    Politik und Hintergrund · 05.11.2021 · 26 Min.

    Zehn Jahre ist es her, dass der NSU sich durch den Selbstmord von Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos selbst enttarnte und Beate Zschäpe sich wenige Tage später der Polizei stellte. Auch nach zehn Jahren sind viele Fragen rund um den NSU-Komplex nicht geklärt. Und militante Neonazis planen weiter den gewaltsamen Umsturz. Auch in Bayern.

    https://www.ardaudiothek.de/


    AfD in Sachsen: Deutschlands rechter Rand

    Hans Pfeifer
    13.09.202113. September 2021
    Ganz im Osten Deutschlands hat die Alternative für Deutschland (AfD) ihre Hochburgen. Spitzenkandidat Chrupalla könnte seinen Wahlkreis erneut gewinnen. Von der Oberlausitz aus bekämpft er den gesellschaftlichen Wandel.
    Deutschland Tino Chrupalla beim AfD-Bundesparteitag
    AfD-Spitzenkandidat Tino ChrupallaBild: Kay Nietfeld/dpa/picture alliance
    Wenn Tino Chrupalla in die deutsche Hauptstadt Berlin fährt, braucht er Polizeischutz. Hier ist er für viele Menschen der Vorsitzende einer rechtsextremen Partei, die mit rassistischen Parolen gegen Einwanderer hetzt, und deren Mitglieder teils immer wieder durch Nähe zum Nationalsozialismus oder dessen Relativierung auffallen.
    Wenn Chrupalla dagegen in der sächsischen Oberlausitz ist, schüttelt er auch in Corona-Zeiten Hände und wird freundlich gegrüßt. Polizeischutz braucht er nicht. In der Region ist er zu Hause, und Berlin ist weit weg. Seinen Wahlkreis Görlitz hat er schon bei der Bundestagswahl vor vier Jahren mit über 32 Prozent der Stimmen für seine Partei Alternative für Deutschland (AfD) gewonnen. Den Erfolg will er jetzt wiederholen.
    Infografik Karte Landkreis Görlitz DEInfografik Karte Landkreis Görlitz DE
    Östlichster Zipfel Detuschlands und Hochburg der AfD: der Landkreis Görlitz an der Grenze zu Polen und Tschechien.
    An einem Mittwochmittag im September macht Chrupalla Straßenwahlkampf in der Kleinstadt Löbau, rund 35 Kilometer nördlich der tschechischen Grenze. Er steht entspannt unter einem Sonnenschirm zum Gespräch bereit.
    Am Wahlstand ist nicht viel los. Heiner Putzmann kommt aus Löbau: "Hausgeburt. Winter 1952. Eisige Kälte war das." Er sagt, eigentlich lebt es sich ganz gut in der Oberlausitz. Schöne Berge, schicke Städte. "Deswegen leben wir hier und wollen auch nie in einer Großstadt leben." Aber die Infrastruktur sei schlecht. Und es gebe viel zu viele Einbrüche und Autodiebstähle. Putzmann spricht damit für viele Oberlausitzer - auch wenn die Kriminalität seit Jahren zurück geht.
    Löbau AfD-Spitzenkandidat Tino Chrupalla im WahlkampfLöbau AfD-Spitzenkandidat Tino Chrupalla im Wahlkampf
    Wahlkampf in der Oberlausitz: AfD-Spitzenkandidat Tino Chrupalla (links)Bild: Hans Pfeifer/DW
    Hier in der Oberlausitz ist Chrupalla der Handwerksmeister mit eigenem Malerbetrieb, der bodenständig für die einfachen Leute kämpft: "Die Arbeiterschaft und diejenigen, die wirklich wertschöpfend arbeiten, fühlen sich nicht mehr politisch vertreten", sagt er der DW am Wahlstand. Damit trifft er den Nerv vieler Menschen in der Region.
    Kein Platz für Flüchtlinge und Gendersprache
    Black Lives Matter, Gendersprache, LGBTQI+-Rechte, die Lage in Afghanistan und Syrien - diese Debatten interessieren in der Oberlausitz nicht besonders. Sie taugen höchstens als Feindbilder. "Die Politiker in Berlin und Dresden müssen sich endlich auch um das eigene Volk kümmern, bevor sie das Geld der eigenen Leute ins Ausland tragen", sagt Chrupalla.
    Die Oberlausitz ist geprägt vom Wandel. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieg kamen die Flüchtlinge aus dem Osten. Nach dem Ende der sozialistischen DDR brach die Wirtschaft zusammen. In der Folge löste sich der soziale Zusammenhalt auf. Die Abwertung anderer Menschen, Rassismus und sozialer Neid wurden zur herrschenden Jugendkultur. Das verstärkte die Abwärtsspirale noch, weil junge und gut ausgebildete Menschen möglichst schnell wegzogen. Heute ist die Oberlausitz eine der strukturschwächsten Regionen Deutschlands. Und eine Hochburg für rechte Parteien, wie der AfD.
    Demokratie und Zusammenhalt fördern
    Bernd Stracke kämpft seit Ende der 1990er Jahre gegen rechtsextreme Strukturen vor Ort. Er war damals freiwillig in die Oberlausitz gezogen. "Meine Eltern und Freunde waren erschüttert: "Geht's noch?" Stracke war in der sozialistischen DDR als Punkmusiker ein Staatsfeind. Ein bunter Hund. Die Oberlausitz galt auch in DDR-Zeiten schon als abgeschnittenes "Tal der Ahnungslosen".
    Heute berät Stracke den sächsischen Ministerpräsidenten. Er soll Bürger und Politiker zusammenbringen. Denn viele Städte, Gemeinden und Familien sind zerrissen zwischen gesellschaftlichem Aufbruch und reaktionärer Abkehr von der Demokratie. Stracke soll einen neuen Zusammenhalt fördern. Er nennt das eine Revolution von Innen. Denn die Veränderung lasse sich nicht von Außen verordnen. "Wir sehen das ja jetzt auch in Afghanistan. Das geht nicht. Das hier rein zu importieren, das wird nicht funktionieren."
    Bernd StrackeBernd Stracke
    "Die emanzipatorischen Bewegungen sind von Innen heraus entstanden": der Regierungsberater Bernd StrackeBild: Hans Pfeifer/DW
    Bernd Stracke setzt auf Dialog - auch mit der AfD: "Es braucht auch eine gewisse Toleranz-Fähigkeit, um Dinge auszuhalten, die anders sind, als man selber denkt."
    Die Oberlausitz ist eine Region voller Gegensätze: Manche Städte sehen noch aus wie Ruinen der untergegangenen DDR. Dagegen ist die Stadt Görlitz ein Touristenmagnet. Die Bomben des Zweiten Weltkriegs verschonten die Stadt. Die makellosen alten Straßenzüge der Patrizier-Häuser ziehen auch das große Hollywoodkino an: Quentin Tarantino drehte hier seinen Kinofilm "Inglorious Bastards" und erweckte darin die Nazizeit wieder zum Leben. "Görliwood" nennt sich die Stadt wegen der vielen Filmproduktionen deswegen stolz.
    Wahlkampf mit rechtsextremem Einschlag
    Gasthof Kretscham im Örtchen Lawalde. Tino Chrupalla hat zum Wahlkampf geladen. 300 Menschen drängen sich dicht an dicht. Maske trägt hier keiner. Als Reporter wird man für seinen Mund-Nase-Schutz spöttisch bis feindselig gemustert. Gleich an der Saaltür steht ein junger Mann. Dass er rechtsextrem ist, macht schon seine Szenekleidung deutlich. Die Arme seines Nachbarn sind mit Totenköpfen tätowiert. Jeder zweite Ankommende grüßt ihn. Man kennt sich.
    AfD-Wahlkampf in SachsenAfD-Wahlkampf in Sachsen
    AfD-Wahlkampf in der Oberlausitz: gegen Flüchtlinge und die Corona-Politik der Regierung in BerlinBild: Hans Pfeifer/DW
    Die meisten Gäste sind Rentner. Bürgertum, wie man in Deutschland so schön sagt. Aber dazwischen auch immer wieder Totenkopftätowierte - manche mit Runen, die in der NS-Zeit beliebt waren, manche mit umgehängten Patronenhülsen. Der Übergang zwischen rechts und rechtsextrem ist fließend. Distanz zum rechtsextremen Parteiflügel ist von Chrupalla hier nicht zu hören. Dieser Flügel hat ihn auch erst erfolgreich gemacht und an die Parteispitze gewählt. Wenn er hier von vermeintlichen deutschen Tugenden, vor überfälligen Abschiebungen ins Ausland und einer drohenden Diktatur warnt, schallt es durch den Saal: "Jawoll!"
    Chrupalla hat es mit seinem vermeintlich pragmatischen Kurs weit gebracht in der AfD. Seinen Wählern in der Oberlausitz kündigt er an: Ab 2025 wolle die AfD in Deutschland mitregieren.
    In einer früheren Fassung des Artikels wurde die Kleinstadt Löbau fälscherlicherweise als "Löbenau" bezeichnet. Dies haben wir korrigiert. Die Redaktion bittet, den Fehler zu entschuldigen.
    https://www.dw.com/


    Kampf gegen Rechtsextremismus: nicht entschlossen genug

    Schwarz-weiß-rote Reichsflaggen während einer Demonstration von „Reichsbürgern“ und anderen Rechtsextremen für die Wiedereinführung der Monarchie am Neuen Palais in Potsdam, 14. November 2020.
    Am Dienstag wurde der Verfassungsschutzbericht vorgestellt. Auch wurde bekannt, dass das Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr bestehen bleibt. Hier wie dort zeigte sich, dass die Eindämmung des Rechtsextremismus noch intensiver werden muss, kommentiert Markus Decker.
    Markus Decker
    15.06.2021, 17:38 Uhr
    Am Dienstag fielen zwei Ereignisse zusammen, die direkt nichts miteinander zu tun haben, indirekt aber doch. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) stellte den Verfassungsschutzbericht vor, in dessen Zentrum einmal mehr der Rechtsextremismus steht.
    Fast zeitgleich verkündete Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), dass das Kommando Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr weiter bestehen, sein Kommandeur Markus Kreitmayr aber abgelöst wird. Das KSK war wegen rechtsextremistischer Vorfälle ins Gerede gekommen. Kreitmayr hatte angeordnet, dass Soldaten entwendete Waffen und Munition zurückgeben konnten, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen.
    40 Prozent der Rechtsextremisten gelten als gewaltbereit
    Nein, es ist nicht allein der Rechtsextremismus, der Sorgen bereitet. Die Militanz nimmt auch in der linksextremistischen Szene zu; in Thüringen und andernorts gibt es Hinweise darauf, dass sich beide Seiten regelrecht bekriegen. Islamisten begehen unverändert Anschläge; zuletzt wurde ein Mann in Dresden erstochen. Dreierlei ragt aber beim Rechtsextremismus aktuell heraus: Die Szene wächst; von den offiziell 33.300 Rechtsextremisten gelten 40 (!) Prozent als gewaltbereit. Rechtsextremisten bringen die meisten Menschen um.
    Und schließlich wuchert die Grauzone zur Mitte. So wies Seehofer darauf hin, dass die rechtsextremistische Gefahr im Zuge der Corona-Pandemie erneut gewachsen sei und sich bürgerliche Demonstranten bei einschlägigen Gelegenheiten nicht genug abgrenzten.
    Seehofer schätzt Maaßen falsch ein
    Zu nennen ist ferner der ehemalige Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen, der sich immer weiter radikalisiert, aber dennoch als Bundestagskandidat der CDU in Südthüringen antreten darf, ohne dass ihn die Führungen von Landes- oder Bundes-CDU in die Schranken weisen würden. An dieser Grauzone liegt es wohl auch, dass die Sicherheitsbehörden bei ihrer Entschlossenheit im Kampf gegen den Rechtsextremismus bisweilen ins Stocken geraten.
    Gewiss ist die Entschlossenheit gewachsen. Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang macht eine gute Arbeit. Seehofer benennt die Risiken klarer. Der harte Kern der Szene steht unter Verfolgungsdruck. Allerdings hat derselbe Seehofer am Dienstag erklärt, sein einstiger Angestellter Maaßen stehe „zweifelsfrei auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung“. Das ist nach allem, was man weiß, irritierend falsch.
    Kramp-Karrenbauer, die Maaßen ehedem aus der CDU ausschließen wollte, hat die einschlägig bekannte zweite Kompanie des KSK auflösen lassen und die Existenz der Spezialeinheit anfangs unter Vorbehalt gestellt. Davon ist sie aber bald wieder abgerückt. Kreitmayr hat sie zunächst im Amt belassen. Dabei ermittelt die Staatsanwaltschaft Tübingen seit Monaten gegen den Kommandeur.
    Unter dem Strich entsteht der Eindruck, dass die politisch Handelnden nicht so weit gehen, wie sie müssten – vermutlich auch weil sie nicht können, ohne intern auf größere Widerstände zu stoßen.
    Spurenelemente der AfD sind längst in alle anderen Bereiche eingesickert
    Nichts bleibt jedenfalls besorgniserregender als die Übergänge von rechts außen zur Mitte hin – und das Aufploppen wöchentlich neuer Rechtsextremismusfälle in den Sicherheitsbehörden selbst. Deshalb kann die Eindämmung der AfD bei Wahlen nur bedingt beeindrucken. Denn Spurenelemente von AfD sind längst in alle anderen Bereiche von Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und leider auch Medien eingesickert.
    Der statistische Verfassungsschutzbericht erfasst diese Dynamik nicht. Das liegt unter anderem daran, dass jene, die ihn politisch verantworten, nicht ausreichend Abstand zu dieser Dynamik haben. Es ist Aufgabe der Gesellschaft, sie im Auge zu behalten. Der Schutz der Demokratie ist und bleibt Aufgabe aller Demokraten.
    https://www.rnd.de/


    Mehr als 13.000 gewaltbereite Rechte
    RECHTSEXTREMISMUS

    ThemenExtremismus und politisch motivierte Kriminalität in Deutschland
    von
    Frauke Suhr,
    16.06.2021
    Das Bundesinnenministerium (BMI) hat den aktuellen Verfassungsschutzbericht 2020 vorgelegt. Demnach ist die Zahl der Rechtsextremisten in Deutschland im vergangenen Jahr erneut gestiegen, auf insgesamt 33.300 (geschätzter Wert).
    Der BMI definiert Rechtsextremismus eine Einstellung mit Ausprägung eines überhöhten Nationalismus, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus, Geschichtsrevisionismus und Demokratiefeindlichkeit. Im vergangenen Jahr waren Rechtsextremisten unter anderem bei den Corona-Protesten in der Öffentlichkeit aufgefallen.
    Von den 33.300 Rechtsextremisten in Deutschland sind laut Angaben des Verfassungsschutzes rund 13.300 gewaltbereit. Dass dies im Extremfall zu terroristischen Anschlägen führen kann, zeigt der Anschlag von Hanau vom 19. Februar 2020.
    https://de.statista.com/


    Rechtsextremismus: SPD-Fraktionsvize Wiese kritisiert „inakzeptable Verweigerung“ der Union

    Der stellvertretende SPD-Bundestagsfraktionsvorsitzende Dirk Wiese in einer Debatte im Bundestag.
    Anlässlich der Veröffentlichung des Verfassungsschutzberichts hat der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Dirk Wiese, Kritik an der Union geäußert. Die Union blockiere trotz der großen Bedrohung durch Rechtsextremismus ein Demokratiefördergesetz. Wiese nannte das eine völlig inakzeptable Verweigerung.
    Felix Huesmann
    15.06.2021, 14:11 Uhr
    Berlin. Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Dirk Wiese, hat die Union anlässlich des am Dienstag vorgestellten Verfassungsschutzberichts für die Blockade des Demokratiefördergesetzes kritisiert.
    „Der Verfassungsschutzbericht bestätigt erneut, dass Rechtsextremismus und Antisemitismus die größten Bedrohungen unserer Demokratie sind“, sagte Wiese dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Schlimmer noch: Rechtsextreme haben während der Pandemie gezielt die Nähe zum bürgerlichen Lager gesucht. Das macht sie noch gefährlicher, weil schwerer abgrenzbar.“
    Diese Erkenntnisse seien jedoch nicht neu. „Wir von der SPD-Bundestagsfraktion versuchen seit Jahren mit allen Mitteln gegenzusteuern. Zu unserem Ärger und Unverständnis schaffen wir es gleichzeitig nicht, mit der Union zu einer Gesetzgebung zu kommen, die wirksame Prävention und bürgerschaftliches Engagement gegen solche Tendenzen ausreichend fördert.“
    „Inakzeptable Verweigerung“
    Rechtsextremismus zu begegnen sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, nicht nur eine der Sicherheitsbehörden. „Die demokratischen Kräfte, die sich in unterschiedlichen Projekten und Initiativen im ganzen Land gegen rechte Entwicklungen stemmen, müssen wir gezielt und nachhaltig finanziell fördern. Es ist völlig inakzeptabel, dass sich die Union hier, angesichts der im Verfassungsschutzbericht ausgewiesenen Entwicklung, derart verweigert“, sagte der SPD-Fraktionsvize dem RND.
    Wiese kritisierte auch den CDU-Vorsitzenden Armin Laschet. Der spreche stets von einer Brandmauer gegen rechts, spreche in dieser Sache jedoch kein Machtwort.
    Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang hatten am Dienstag in Berlin den Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2020 vorgestellt. Horst Seehofer bezeichnete Rechtsextremismus und Antisemitismus als größte Bedrohung für die öffentliche Sicherheit in Deutschland.
    Das Demokratiefördergesetz sollte ursprünglich Teil eines umfassenden Maßnahmenkatalogs der Bundesregierung als Reaktion auf die rechtsextremen Anschläge von Halle und Hanau und die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke sein. Vor allem die SPD setzte sich für ein solches Gesetz zur Stärkung zivilgesellschaftlicher Demokratieprojekte ein, auch Horst Seehofer zählt zu den Unterstützern. Aus der Union gibt es jedoch Widerstand gegen das Gesetz, weil eine Förderung extremistischer Organisationen durch staatliche Mittel befürchtet wird.
    https://www.rnd.de/


    Studie: Teile der politischen Mitte sind offen für rechten Populismus

    Eine "Querdenken"-Demonstration in Stuttgart: Teile der politischen Mitte sind laut einer aktuellen Studie anfällig für Rechtspopulismus.
    Die Mehrheit der Deutschen sieht Rechtsextremismus als große Bedrohung unserer Gesellschaft. Trotzdem sei die politische Mitte in Teilen anfällig für rechten und demokratiefeindlichen Populismus, erklären die Autorinnen und Autoren der Studie „Die geforderte Mitte“. Die Forschenden haben zum wiederholten Mal Rechtsextremismus, menschenfeindliche Einstellungen und Verschwörungsmythen in Deutschland untersucht.
    Felix Huesmann
    Felix Huesmann
    22.06.2021, 12:50 Uhr
    Berlin. Eine große Mehrheit der Deutschen vertraut in die Demokratie und fordert mehr Engagement für eine offene und vielfältige Gesellschaft.
    Zu dem Schluss kommt eine am Dienstag in Berlin vorgestellte Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung und der Universität Bielefeld.
    Die Forscherinnen und Forscher warnen jedoch, dass Teile der politischen Mitte in Deutschland anschlussfähig für einen antidemokratischen Populismus seien, der zum Einfallstor für Rechtsextremismus werde. Bei immer mehr Menschen weiche etwa die klare Ablehnung von Antisemitismus auf.
    Die politische Mitte sei gefordert, sich nicht nur gegen Rechtsextremismus und offenen Hass zu stellen, sondern auch gegen demokratiegefährdende Haltungen in ihren eigenen Reihen Position zu beziehen, schlussfolgern die Autorinnen und Autoren der Studie. Die Studie „Die geforderte Mitte“ ist Teil einer seit 2006 im Zweijahresrhythmus veröffentlichten Studienreihe über rechtsextreme und demokratiegefährdende Einstellungen in der Mitte der deutschen Gesellschaft.
    Dafür wurden vergangenen Dezember und Januar 1750 repräsentativ ausgewählte Personen befragt.
    Zweifel an der Demokratie
    Mehr als jede fünfte befragte Person zweifelt demnach daran, dass die Demokratie zu sachgerechten Entscheidungen führt. 16 Prozent glauben, Deutschland gleiche „inzwischen mehr einer Diktatur als einer Demokratie“.
    Die Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer wurden auch gefragt, ob sie darauf vertrauen, „dass die Wahlen in Deutschland alles in allem korrekt durchgeführt werden.“ Zwei Drittel der Befragten stimmten dem uneingeschränkt zu. Weitere 21 Prozent vertrauen zumindest eher in den Wahlprozess. Fast acht Prozent haben zumindest Zweifel und fast sechs Prozent vertrauen eher nicht oder gar nicht in die korrekte Durchführung der Wahlen. Ein extremes Misstrauen in den Wahlprozess gibt es demnach jedoch bei Nichtwählerinnen und Nichtwählern, so wie bei AfD-Wählerinnen und -Wählern. Die Hälfte derer, die gar kein Vertrauen in die Wahlen haben, sind Nichtwähler, gefolgt von mehr als 26 Prozent, die die AfD wählen würden.
    Etwa 20 Prozent der Befragten der Studie meinen darüber hinaus, es würde zu viel Rücksicht auf Minderheiten genommen und gut ein Viertel stimmt der Aussage „im nationalen Interesse können wir nicht allen die gleichen Rechten gewähren“ zu. Mehr als ein Viertel glaubt, „die Parteien betrügen das Volk“.
    Wer für einen elitenkritischen Populismus anfällig ist, werte auch eher soziale Minderheiten wie Sinti und Roma, Asylsuchende und Muslime ab und tendiere zur Ablehnung von Gleichstellungsmaßnahmen, beobachten die Studienautorinnen und -autoren.
    Insgesamt neigen demnach 25 Prozent der Befragten zu Populismus, 13 Prozent zu Rechtspopulismus. In Ostdeutschland sind die Werte dabei deutlich höher als in Westdeutschland. Jede fünfte Person halte es außerdem für sinnlos, sich politisch zu engagieren.
    Mehrheit sieht Rechtsextremismus als große Bedrohung
    Eindeutig rechtsextreme Einstellungen werden der Studie zufolge jedoch vom überwältigenden Großteil der Gesellschaft abgelehnt. Nur ein sehr kleiner Teil habe ein „geschlossen rechtsextremes Weltbild“. Vor allem die Verbreitung von Fremdenfeindlichkeit sei deutlich gesunken.
    Eine Mehrheit sieht die Gesellschaft außerdem durch Rechtsextremismus bedroht. Fast 70 Prozent der Befragten sehen ihn als große Herausforderung für Deutschland – noch knapp vor dem Klimawandel und gefolgt von Sozialer Spaltung und der Corona-Pandemie. Zuwanderung sieht nur noch ein Viertel der Bevölkerung als große Bedrohung.
    Sozialdarwinistische Einstellungen nehmen der Studie zufolge jedoch zu: So stimmen mehr als 16 Prozent der Befragten der Aussage, es gebe „wertvolles und unwertes Leben“, ganz oder zumindest teilweise zu.
    Gegner der Corona-Maßnahmen haben ein Podest aufgebaut und daran Transparente mit ihren Parolen aufgehängt.
    © Quelle: J.F. Martinez/dpa
    Großer Graubereich
    Die Forschenden weisen außerdem darauf hin, dass es in vielen Fragen, die auf eine rechtsextreme Gesinnung hindeuten, einen großen Graubereich gebe. Wenn es um die Befürwortung einer Diktatur oder die Billigung von Gewalt geht, sind mehr als 10 Prozent der Befragten „unentschlossen“, beim Thema Fremdenfeindlichkeit sogar über 20 Prozent.
    Antisemitische Einstellungen haben laut den Erkenntnissen der Studie zwar nicht insgesamt, aber doch in manchen Facetten zugenommen. „Was wir erkennen können, ist ein Aufweichen der klaren Ablehnung von Antisemitismus“, sagte die Psychologin und Sozialarbeits-Professorin Beate Küpper bei der Studienvorstellung in Berlin.
    Etwa jeder Fünfte lehnt demnach klassische antisemitische Verschwörungsmythen nicht klar ab. Hohe Zustimmung gibt es auch zu der Aussage, „bei der Politik, die Israel macht, kann ich gut verstehen, dass man etwas gegen Juden hat“.
    Die Studie betrachtete auch die Zustimmung zu Verschwörungserzählungen und legt in diesem Jahr ein besonderes Augenmerk auf die Corona-Pandemie. Dabei gelangen die Autorinnen und Autoren zu einem überraschenden Befund: Im Vergleich zur letzten Erhebung im Jahr 2018 habe die Zustimmung zu Verschwörungsmythen abgenommen.
    Etwas mehr als 20 Prozent der Befragten glauben, dass Politiker und Führungspersönlichkeiten „nur Marionetten der dahinterstehenden Mächte“ sind. Ein weiteres Viertel der Befragten zeigte sich in dieser Frage unentschlossen.
    24 Prozent der Befragten stimmen außerdem der Aussage zu, Medien und Politik steckten unter einer Decke. Auch hier stimmten weitere 23 Prozent mit „teils/teils“. 17 Prozent glauben voll und ganz oder teilweise, die Corona-Pandemie werde genutzt, um Zwangsimpfungen einzuführen, rund 10 Prozent machen „geheime Mächte“ für die Pandemie verantwortlich.
    Besonders hoch sei die Zustimmung zu Verschwörungsmythen bei Wählerinnen und Wählern der AfD, erklärte Beate Küpper.
    Die Studie zeigt jedoch auch erneut: Eine große Mehrheit der Bevölkerung lehnt die Corona-Proteste ab, nur ein kleiner Teil findet die Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen gut. Besonders hoch sei Zustimmung zu den Protesten bei Menschen, die auch sonst populistische Einstellungen vertreten, sagte Andreas Zick, Direktor des Instituts für Interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung und Autor der Mitte-Studie.
    https://www.rnd.de/


    Verfassungsschutz-Bericht: Zahl gewaltorientierter Rechtsextremisten steigt

    Horst Seehofer (CSU), Bundesinnenminister, und Thomas Haldenwang (l), Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, bei einer Pressekonferenz.
    Bundesinnenminister Horst Seehofer hat am Dienstag den Verfassungsschutzbericht für 2020 vorgestellt. Demnach ist die Zahl gewaltbereiter Rechtsextremisten in Deutschland gewachsen. Und auch die Reichsbürgerszene vergrößert sich.
    15.06.2021, 10:26 Uhr
    Berlin. Die Zahl der Menschen mit rechtsextremistischen Einstellungen ist in Deutschland im vergangenen Jahr erneut angestiegen. Das geht aus dem Verfassungsschutzbericht für 2020 hervor, den Bundesinnenminister Horst Seehofer am Dienstag in Berlin gemeinsam mit dem Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, vorgestellt hat.
    Danach wuchs das Personenpotenzial im rechtsextremistischen Spektrum um 3,8 Prozent auf 33.300 Menschen an. Knapp 40 Prozent von ihnen schätzt der Verfassungsschutz als „gewalttätig, gewaltbereit, gewaltunterstützend oder gewaltbefürwortend ein“.
    Rechtsextremisten und Treffpunkte der rechten Szene waren in den vergangenen Monaten nach Angaben aus Sicherheitskreisen auch mehrfach Ziel von Angriffen. In Erfurt waren ein mutmaßlicher Angehöriger der gewaltbereiten rechtsextremen Hooligan-Szene und seine schwangere Freundin im Mai nachts in ihrer Wohnung überfallen und von als Polizisten verkleideten Eindringlingen misshandelt worden.
    Zu den Rechtsextremisten, die der Verfassungsschutz auf dem Schirm hat, zählen auch rund 1000 sogenannte Reichsbürger. Das sind Menschen die die Bundesrepublik und ihre demokratischen Strukturen nicht anerkennen. Oft stehen sie deshalb im Konflikt mit Behörden. Nicht alle Menschen, die von den Sicherheitsbehörden zu den „Reichsbürgern und Selbstverwaltern“ gezählt werden, rechnet der Verfassungsschutz dem Rechtsextremismus zu.
    RND/dpa
    https://www.rnd.de/


    Verfassungsschutz: Sachsen ist Sammelbecken für Neonazis

    Besucher eines Rechtsrock-Festivals in Themar (Thüringen).
    Der Verfassungsschutz in Sachsen beobachtet eine „innerdeutsche Migration von Rechtsextremisten nach Sachsen“. Dort gebe es eine große Gleichgültigkeit vieler Menschen gegenüber Rechtsextremisten, so Behördenleiter Dirk-Martin Christian. Das zeige sich vor allem bei Demonstrationen gegen die Corona-Politik.
    21.06.2021, 08:51 Uhr
    Dresden. Die Gleichgültigkeit vieler Menschen gegenüber Rechtsextremisten macht Sachsen aus Sicht des sächsischen Verfassungsschutzes zum Sammelort für Neonazis. „Es lässt sich zunehmend eine innerdeutsche Migration von Rechtsextremisten nach Sachsen beobachten - beispielsweise aus Nordrhein-Westfalen“, sagte Behördenleiter Dirk-Martin Christian der „Leipziger Volkszeitung“.
    Dabei spielen demnach auch andere Faktoren eine Rolle: „Preiswerte Immobilien, auf dem Land auch eine gewisse Form von Abgeschiedenheit, eine gute Arbeitsmarktsituation sowie moderne Infrastruktur.“
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    Schwarz-weiß-rote Reichsflaggen während einer Demonstration von „Reichsbürgern“ und anderen Rechtsextremen für die Wiedereinführung der Monarchie am Neuen Palais in Potsdam, 14. November 2020.
    Kampf gegen Rechtsextremismus: nicht entschlossen genug
    Es scheine jedoch dieses ein Problem zu sein: „Es wird sich vielfach nicht mehr von politischen Extremisten distanziert.“ Das zeige sich etwa bei Demonstrationen gegen die Corona-Politik. „Den sonstigen Protest-Teilnehmern ist es inzwischen offenbar egal, dass sie zusammen mit Rechtsextremisten demonstrieren.“
    Die mangelnde Abgrenzung vom Rechtsextremismus sei eine ernstzunehmende Gefahr. Kein Verfassungsschutz könne dieses Problem lösen.
    RND/dpa
    https://www.rnd.de/


    Video: NSU-Prozess – Das Urteil

    ARD-Brennpunkt
    11.07.18 | 20:08 Min. Über fünf Jahre dauerte der NSU-Prozess gegen Beate Zschäpe und vier weitere Angeklagte. Nun fiel das Urteil. Der "Brennpunkt" analysiert den Urteilsspruch und bilanziert die bisherige Aufarbeitung des NSU-Komplexes.
    https://www.daserste.de/


    NSU-Prozess
    Das Ende eines Mammutverfahrens

    Stand: 12.07.2018 16:07 Uhr
    Nach fünf Jahren ist das Urteil gefallen: Es war einer der größten Strafprozesse in der Geschichte der Republik. Ein Dossier mit Hintergründen und Analysen zum NSU-Prozess.
    Nach 437 Verhandlungstagen ist das Urteil im NSU-Mammutverfahren gefallen. Einer der größten Strafprozesse in der Geschichte der Republik geht zu Ende – ein Rückblick.
    Von Tim Aßmann, BR6. Mai 2013: Im Blitzlichtgewitter im Schwurgerichtssaal des Münchner Strafjustizzentrums steht eine schlanke Frau im schwarzen Hosenanzug. Von Anfang ist Beate Zschäpe der Mittelpunkt des Strafverfahrens. War sie Mitglied einer terroristischen Vereinigung namens NSU? Ist sie mitverantwortlich für zehn Morde, zwei Bombenanschläge und 15 Raubüberfälle?"Nein", sagt Wolfgang Heer, einer von drei Pflichtverteidigern, mit denen Zschäpe ins Verfahren startet, vor Beginn des Prozesses: "Die Bundesanwaltschaft geht davon aus, dass Frau Zschäpe Mittäterin an den Taten war. Wir ziehen dies grundsätzlich in Zweifel", sagt der Kölner Jurist.Erste Überraschung: ein bisher unbekannter NSU-AnschlagZschäpe schweigt zu Prozessbeginn. Anders als Carsten S., einer von vier mit angeklagten, mutmaßlichen NSU-Unterstützern. S., der sein Gesicht mit einem Kapuzenpulli vor den Kameras verbirgt, ist der Kronzeuge der Anklage. Er räumt ein, im Jahr 2000 eine Pistole mit Schalldämpfer an die untergetauchten Neonazis Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt übergeben zu haben - mutmaßlich jene Ceska-Pistole, mit der neun von zehn NSU-Morden begangen wurden.Carsten S. sorgt auch für einen Paukenschlag, als er aussagt, Mundlos und Böhnhardt hätten Andeutungen über einen Bombenanschlag gemacht. Die Angaben des Kronzeugen passen zu einer Explosion in einem Nürnberger Lokal 1999. Der sogenannte Taschenlampen-Anschlag gilt mittlerweile als erste bekannte Tat der Terrorzelle.
    Bewegende ZeugenaussagenDer Prozess beschäftigt sich zunächst mit der Brandstiftung in der letzten Wohnung des Neonazi-Trios in Zwickau. Die Beweislast gegen Zschäpe ist hier erdrückend. Danach befasst sich das Gericht mit den zehn Morden. Das Grauen zieht ein in den Verhandlungssaal. Schreiend liegt der Vater des in Kassel ermordeten Halit Yozgat auf dem Boden vor der Anklagebank und schildert, wie er seinen sterbenden Sohn fand. Beate Zschäpe starrt an die Wand.Die Angehörigen beschrieben auch, wie sie unter den falschen Verdächtigungen der Mordermittler litten. Nach den Mordanschlägen ist das Umfeld des Trios Mundlos, Böhnhardt, Zschäpe Thema im Gerichtssaal. Zahlreiche Zeugen aus der Neonazi-Szene eiern herum, können sich an frühere Aussagen plötzlich nicht mehr erinnern und strapazieren die Nerven der Prozessbeteiligten.Und Zschäpe redet schließlich dochZschäpes Schweigestrategie beginnt im Sommer 2014 zu wackeln. Sie entzieht ihren bisherigen drei Pflichtverteidigern das Vertrauen. Das Gericht entlässt die Anwälte aber nicht aus dem Mandat, um den Prozess nicht zu gefährden. Zschäpe lässt sich von zwei neuen Anwälten verteidigen und im Dezember 2015 schließlich eine Erklärung verlesen. Sie berichtet, dass Mundlos und Böhnhardt die zehn Morde und zwei Bombenanschläge begingen. Sie selbst habe aber immer erst im Nachhinein von den Taten erfahren und diese abgelehnt, lässt Zschäpe ihren Anwalt verlesen.Das Versenden der Bekenner-DvDs des NSU und die Brandstiftung in Zwickau räumt Zschäpe ein. In der Folge beantwortet sie auch Fragen des Gerichts - schriftlich. Insgesamt zwei Mal, zuletzt wenige Tage vor dem Urteil, spricht die 43-Jährige selbst, drückt ihr Mitgefühl mit den Opferangehörigen aus, erklärt mit rechtsradikalem Gedankengut abgeschlossen zu haben und bittet darum, sie nicht für etwas zu verurteilen, dass sie nicht getan habe.Zwei Bilder von der AngeklagtenZu diesem Zeitpunkt hat Bundesanwalt Herbert Diemer im Plädoyer der Anklage längst lebenslange Haft wegen Mittäterschaft an den Morden und Anschlägen gefordert: "Ich meine, dass klar geworden ist, dass es sich bei der Angeklagten ganz klar um einen eiskalt kalkulierenden Menschen handelt, für den Menschenleben für die Durchsetzung ihrer wirtschaftlichen und ideologischen Ziele keine Rolle spielen und dass sie auch eine bedeutende und eine wichtige Rolle in der terroristischen Vereinigung NSU gespielt hat."Zschäpes Verteidiger fordern einen Freispruch vom Vorwurf der Mittäterschaft. Für die vier mitangeklagten mutmaßlichen NSU-Unterstützer wie den Jenaer Ex-NPD-Politiker Ralf Wohlleben hat die Anklage langjährige Haftstrafen beantragt.Am Ende des Verfahrens ist klar: Das Gericht sieht Zschäpe als gleichberechtigte Mittäterin der Mordserie.
    Fünf Jahre dauerte der NSU-Prozess - fünf Jahre lang richtete sich der Blick der Öffentlichkeit auf Beate Zschäpe und die weiteren Angeklagten. Die Schicksale der Opfer gerieten in den Hintergrund.
    Bilderstrecke
    Die Opfer des NSU
    Enver Simsek
    Enver Şimşek ist das erste Opfer des NSU. Bekannt wird das aber erst elf Jahre später, als Fotos des Sterbenden im Bekennervideo des NSU auftauchen. Şimşek wurde in einer Kleinstadt in der Nähe von Antalya geboren. Als 23-Jähriger kam er nach Deutschland. Er arbeitete zunächst in einer Fabrik. Nebenher verkaufte er Blumen, bis er sich selbstständig machte und seinen Betrieb zu einem Blumengroßhandel ausbaute. Er war Vater von zwei Kindern. Am 9. September 2000 wird Şimşek an einem seiner mobilen Blumenstände in Nürnberg niedergeschossen. Zwei Tage später stirbt er in einem Krankenhaus. Die Polizei vermutet hinter der Tat zunächst eine Familientragödie und ermittelt gegen seine Frau und deren Bruder. Bild: picture alliance/dpa
    Abdurrahim Özudogru
    Auch Abdurrahim Özüdoğru wurde in der Türkei geboren. Im mittelfränkischen Röthenbach an der Pegnitz war er als Maschinenarbeiter tätig. Später arbeitete Özüdoğru in der Schneiderei seiner Frau in der Nürnberger Innenstadt. Am 13. Juni 2001 schießen die beiden Täter dem 49-Jährigen dort zweimal in den Kopf. Als ihn ein Passant am Abend entdeckt, ist er schon lange tot. Er hinterlässt eine 19-jährige Tochter. Auch Özüdoğru fotografieren die Täter noch am Tatort, um das Bild im Bekennervideo zu veröffentlichen. Bild: picture alliance / dpa
    Süleyman Tasköprü
    Süleyman Taşköprü wurde nur 31 Jahre alt. Als Kind war er aus der Türkei nach Deutschland gekommen. Er ging in Hamburg zur Schule. Im Stadtteil Bahrenfeld arbeitete im Lebensmittelladen seines Vaters. Am Vormittag des 27. Juni 2001 wird er dort erschossen. Er hinterlässt eine zweijährige Tochter. Die Ermittler vermuten Drogenhandel und Schutzgeld-Erpressung als Tathintergrund. Verdächtige werden in der Familie gesucht. Auch viele Medien übernehmen die falsche Spur der Ermittler ungeprüft. Bild: picture alliance / dpa
    Habil Kılıç
    Habil Kilic hilft am 29. August 2001 in einem Obst- und Gemüseladen im Münchner Südosten aus. Der Laden gehört eigentlich seiner Frau, die zu diesem Zeitpunkt aber im Urlaub ist. Mit zwei Schüssen wird der 38-Jährige dort getötet. Die Ermittlungen der Behörden rufen Empörung hervor: Sie vermuten einen Zusammenhang zur kurdischen Arbeiterpartei PKK oder zur organisierten Kriminalität. Kilic ist das vierte Opfer der Mordserie der Terrorzelle NSU.Bild: picture alliance / dpa
    Mehmet Turgut
    Mehmet Turgut wird am 25. Februar 2005 ermordet, als er gerade den Imbissstand eines Freundes in Rostock aufsperren will. Ein Polizeibeamter spricht von einer Hinrichtung mit "fast aufgesetzten Schüssen". Mehmet Turgut, der von Freunden und Familie "Memo" genannt wurde, wohnte eigentlich in Hamburg. Seine Familie erklärte, dass sie nach der Tat keine Unterstützung durch die Behörden bekam. Die polizeilichen Maßnahmen gegen sie seien unzumutbar gewesen. Eine "Soko Bosporus" fahndete jahrelang nach einem türkischstämmigen Täter und ging von einem Mord im "Milieu" aus. Bild: picture alliance / dpa
    Ismail Yasar
    Ismail Yaşar ist 50 Jahre alt, als er am 9. Juni 2005 in seinem Nürnberger Imbiss erschossen wird. Bis zu acht Schüsse werden auf ihn abgefeuert. Er hinterlässt einen Sohn und eine Tochter. Die Ermittler sprechen zunächst fälschlicherweise offen von "Verbindungen mit türkischen Drogenhändlern aus den Niederlanden". In den Medien kommt der Begriff "Döner-Morde" auf. Heute erinnert eine Bronzeplatte in der Nähe des Tatortes an Yaşar. Bild: picture alliance / dpa
    Theodoros Boulgarides
    Theodoros Boulgarides kam 1973 aus Griechenland mit seiner Familie nach München, wo er Abitur und eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann machte. Boulgarides arbeitete bei Siemens und der Deutschen Bahn, bevor er zusammen mit einem Geschäftsparter den Schlüsseldienst eröffnete. Am 15. Juni 2005 wird er dort erschossen. Die Polizei ermittelt unter anderen in Richtung Drogendealer, Mafia und Prostitution. Nach diesen ergebnislosen Ermittlungen ziehen seine Mutter und sein Bruder zurück nach Griechenland.Bild: picture alliance / dpa
    Mehmet Kubasik
    Geboren wurde Mehmet Kubaşık 1966 in Hanobasi in der Türkei. Er arbeitete dort im Landwirtschaftsbetrieb seines Vaters. Mit seiner Frau und Tochter floh er 1991 nach Deutschland, weil er als alevitischer Kurde in der Türkei politisch verfolgt wurde. Er erhielt politisches Asyl. Kubaşık arbeitete zunächst als Hilfsarbeiter im Großhandel und als Bauarbeiter, bevor er sich selbstständig machte und einen Kiosk in der Dortmunder Nordstadt eröffnete. Am 4. April 2006 wird er dort ermordet. Eine Kundin findet ihn hinter dem Tresen seines Kiosks. Bis zur Enttarnung des NSU wird nicht in Richtung Rechtsterrorismus ermittelt. Bild: picture alliance / dpa
    Halit Yozgat
    Nur zwei Tage später wird Halit Yozgat am 6. April 2006 in dem von ihm betriebenen Internetcafé in Kassel ermordet. Er ist mit 21 Jahren das jüngste Opfer des NSU. Yozgats Vater war aus der Türkei eingewandert. Er selbst ist in Kassel geboren. Zur Tatzeit befindet sich ein Mitarbeiter des hessischen Verfassungsschutzes in dem Laden, der bis heute bestreitet, von der Tat etwas mitbekommen zu haben. In unmittelbarer Nähe des Ladens gibt es heute einen Gedenkstein und den nach Yozgat benannten "Halitplatz".Bild: picture alliance / dpa
    Michéle Kiesewetter
    Michèle Kiesewetter wurde nur 22 Jahre alt. Sie wuchs in Oberweißbach in Thüringen auf. Mit 16 verließ sie den Ort, mit dem Ziel, Polizistin zu werden. Am 25. April 2007 wird Kiesewetter während eines Einsatzes auf einem Parkplatz in Heilbronn getötet, ihr Kollege mit einem Kopfschuss lebensgefährlich verletzt. Das Tatmotiv gilt bis heute als ungeklärt. Die Dienstwaffen der beiden Polizisten werden später im ausgebrannten Wohnmobil von Mundlos und Böhnhardt in Eisenach gefunden. Bild: picture alliance / dpa
    Frank Bräutigam
    Von Frank Bräutigam, ARD-Rechtsexperte
    Es ist kurz vor zehn Uhr im prall gefüllten Münchener Gerichtssaal. Ohne erkennbare Regung nach außen nimmt Beate Zschäpe das Ergebnis dieses Mammutprozesses auf. Lebenslange Haft plus "besondere Schwere der Schuld". Anders als bei großen Prozessen häufig üblich, beginnt der Vorsitzende Richter nicht mit einer Art Vorspann zu den großen Linien des Urteils. Nach dem reinen Ergebnis folgt gleich die ausführliche Begründung.
    Beate Zschäpe als Mittäterin
    Schnell schlägt der Vorsitzende Richter die ersten inhaltlichen Pflöcke zur Begründung ein. Alle drei, also Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Zschäpe, hätten 1998 einen gemeinsamen Tatplan für ideologisch begründete, rechtsextremistische Anschläge gefasst und damals die terroristische Vereinigung "Nationalsozialistischer Untergrund" gegründet. Das Gericht sieht Zschäpe als gleichberechtigte Mittäterin der Mordserie. Wenn ein Beteiligter dabei im Hintergrund agiert und nicht an den Tatorten selbst geschossen hat, muss man das rechtlich besonders genau begründen.Richter Götzl zitiert die Kriterien des Bundesgerichtshofs und argumentiert: Ohne Zschäpes Rolle als Hüterin des Zufluchtsortes, der gemeinsamen Wohnung, hätte es die Taten nicht geben können. Vor allem habe zum Gesamtkonzept gehört: Zunächst sollte die Mordserie geheim bleiben. Wenn aber einmal etwas schief gehe und man auffliege, solle die Wohnung samt allen Beweismitteln angezündet und das zutiefst rassistische Bekennervideo verschickt werden, um Angst und Schrecken zu verbreiten. Dieser zentrale Baustein im Gesamtkonzept sei die planmäßige Aufgabe von Zschäpe gewesen, so das Gericht.Das Gericht glaubt Zschäpe nichtIm Laufe der Begründung wird immer klarer: Das Gericht glaubt den Aussagen von Beate Zschäpe so gut wie nicht. Sie hatte ausgesagt, stets erst im Nachhinein von den Taten der beiden Uwes erfahren und diese missbilligt zu haben. Nicht glaubhaft findet das Gericht auch Zschäpes Angaben zur Brandstiftung der Zwickauer Wohnung am 4. November 2011.In der angrenzenden Wohnung befand sich nämlich eine fast 90-Jährige Frau. Zschäpe hatte argumentiert, sie habe dort noch geklingelt und gerade nicht in Kauf genommen, dass der Frau etwas passieren könnte. Das Gericht sieht das anders und wertet die Tat als "versuchten Mord".Was bedeutet die Strafe "lebenslang"?Auf Mord steht laut Gesetz lebenslange Haft. "Das heißt doch ohnehin nur 15 Jahre", hört man immer wieder. Doch das stimmt so nicht.Nach 15 Jahren wird eigentlich geprüft, ob man eine lebenslange Strafe zu Bewährung aussetzen kann. An dieser Stelle kommt dann die "besondere Schwere der Schuld" ins Spiel, die das Gericht wegen der Vielzahl der Taten festgestellt hat. Das sorgt dafür, dass sich die Prüfung nach 15 Jahren um mehrere Jahre nach hinten schiebt. Dann ist das entscheidende Kriterium: Ist Zschäpe irgendwann nicht mehr gefährlich und kann daher auf Bewährung frei kommen? Solange das nicht der Fall ist, bleibt sie in Haft. Daher sei auch die von der Bundesanwaltschaft beantragte Sicherungsverwahrung nicht nötig, so das Gericht.Trio contra Netzwerk vor OrtViele Angehörige der Opfer und ihre Anwälte vermuten, dass Böhnhardt und Mundlos bei ihren Taten vor Ort Helfer gehabt haben müssen. Davon war in der mündlichen Urteilsbegründung heute nicht die Rede. Richter Götzl betonte dagegen mehrfach seine Ergebnisse der Beweisaufnahme im Gerichtssaal, dass Böhnhardt und Mundlos sich mit Stadtplänen, Adresslisten und persönlichen Notizen akribisch auf die Taten vorbereitet hätten.In diesem Punkt bleiben sicher offene Fragen, vor allem die drängende nach dem Warum. Allein, weil sie ausländischer Herkunft waren, war die Antwort der Anklagevertreter. Hier werden die Nebenkläger weiter bohren.
    Mehr Details im schriftlichen UrteilZur Einordnung und zum heutigen Ablauf sei gesagt: Die mündliche Urteilsbegründung ist noch nicht das schriftliche Urteil. Das wird erst in einigen Monaten vorliegen. Es wird zwar keine anderen Inhalte haben, aber sicher viel ausführlicher sein als die knappe Zusammenfassung heute.Sicher hätte sich zum Beispiel Familie Yozgat schon heute einige Worte zu jenem Verfassungsschützer gewünscht, der im Kasseler Internetcafe anwesend war, als der Sohn der Familie erschossen wurde - von Böhnhardt und Mundlos, wie das Gericht erklärte.
    Das OLG München hat sein Urteil im NSU-Prozess gesprochen, doch das ist nicht das Ende, sagt Christoph Arnowski. Noch fehlten die schriftliche Begründung und die bereits angekündigte Revision.
    Revision in KarlsruheEin Schlussstrich ist das Urteil auch nach fünfjährigem Prozess gleich in mehrfacher Hinsicht nicht. Es wird sicher eine Revision zum Bundesgerichtshof in Karlsruhe geben, der die umstrittenen Rechtsfragen überprüfen wird.Gerade die Frage der Mittäterschaft einer Person im Hintergrund reizt im Fall von Zschäpe die rechtlichen Möglichkeiten aus und ist zumindest kein Selbstläufer. Außerdem hat die Bundesanwaltschaft angekündigt, weiter im NSU-Komplex zu ermitteln. Untersuchungsausschüsse versuchen weiterhin, das Versagen staatlicher Behörden aufzuarbeiten.Diskussion über André E.Für Turbulenzen im Gerichtssaal sorgt am Ende noch das Urteil gegen André E. Zwölf Jahre Haft wegen Beihilfe zum Mord hatte die Bundesanwaltschaft gefordert. Zwei Jahre und sechs Monate bekam er heute, weil man ihm laut Gericht nicht mehr als die Unterstützung der terroristischen Vereinigung nachweisen könne.Als Richter Götzl die Aufhebung des Haftbefehls gegen E. verkündete, jubelten Vertreter der rechtsextremen Szene auf der Besuchertribüne laut. Götzl wies sie heftig zurecht. Der Fall André E. wird weiter für Diskussionen sorgen, vielleicht auch in der Revision. Am Ende dankte Richter Götzl, der über fünf Jahre lang den Gerichtssaal im Griff hatte, allen Beteiligten. Mit heiserer Stimme endete er: "Die Hauptverhandlung ist geschlossen."
    Von Holger Schmidt, SWRDie Ermittlungen im Fall "NSU" begannen mit einem gescheiterten Banküberfall. Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos hatten am Morgen des 4. November 2011 eine Sparkasse in Eisenach überfallen und flüchteten mit einem Wohnmobil. Als die Polizei sie kurz darauf kontrollieren wollte, zündeten sie das Wohnmobil an und erschossen sich.Vom Bankraub zum PolizistenmordBeim Durchsuchen des Wohnmobils fanden die Beamten nicht nur die Leichen der beiden Männer, sondern auch ein umfangreiches Waffenarsenal, erinnert sich Einsatzleiter Michael Menzel: "Da war eigentlich schon klar, dass das wahrscheinlich Täter sind, die nicht nur diesen einen Bankraub verübt haben." Dennoch sei das Erstaunen groß gewesen, als die Ermittler in der Nacht die Waffe P2000 gefunden hatten, denn: "Wir haben den Treffer bekommen, dass das die Waffe von unserer verstorbenen Kollegin Kiesewetter ist."
    Ein Mann steht vor einer Gedenktafel. | dpa
    Der türkische Imbiss "Munich Premium Döner" in München. Hier hatte früher der Schlüsseldienstbetreiber Theodoros Boulgarides sein Geschäft. 2005 wurde er vom NSU erschossen. Bild: dpa
    Für die Ermittler wurde aus dem Banküberfall ein Polizistenmord. Dann brannte noch am selben Tag das Wohnhaus der Bankräuber in Zwickau ab. Dort wurden weitere Waffen gefunden. Darunter die seit mehr als zehn Jahren gesuchte Pistole vom Typ Ceska 83, die zu einer Serie von neun Morden passte. Einer Serie, die bis dahin "Döner-Morde" genannt wurde. Doch es war rechter Terror, stellten die Ermittler fest.Warum wurde die Terrorzelle elf Jahre nicht entdeckt?Der Generalbundesanwalt übernahm nun das Verfahren, das Bundeskriminalamt koordinierte die Ermittlungen. Unter dem Namen "BAO Trio" ermittelten bundesweit hunderte Polizeibeamte in dem Fall. Rund 600 Stehordner Akten wurden zusammengetragen, Stück für Stück entstand ein Bild von der Terrorzelle.Doch je konkreter das Bild wurde, desto mehr gerieten die Ermittler selbst unter Druck. Warum hatten sie die Terrorzelle elf Jahre lang nicht entdeckt? Hinzu kam, dass sich einige Angehörige der Mordopfer bitter beschwerten, weil die Täter jahrelang im persönlichen Umfeld der Opfer gesucht worden waren.Zu den wenigen Mordermittlern, die sich dieser Kritik offensiv stellten, gehörte Josef Wilfling von der Münchner Mordkommission. Er versuchte zu erklären: "Die Suche beginnt man immer im Umfeld des Opfers. Das ist das erste, was man tut: die Ermittlungen von innen nach außen zu führen. Gab es denn jemanden, der einen Grund gehabt haben könnte, diesen Menschen zu töten?" Einen solchen Grund suchten die Ermittler jahrelang verzweifelt, aber eben vergebens.Terrorismus ohne BekennerschreibenDas besondere an den NSU-Morden war, dass sie terroristisch motiviert waren, es aber kein Bekennerschreiben gab. Erst nach dem Auffliegen der Gruppe tauchte ein Film auf, in der die Taten mit dem NSU in Verbindung gebracht wurden.Terror ohne Bekennung, damit hatten die Ermittler nicht gerechnet, wie sie hinterher zugaben. Rainer Griesbaum, damals Leiter der Terrorismusabteilung beim Generalbundesanwalt, sagt: "Man wird für die Sicherheitsbehörden insgesamt einräumen müssen: Die ermittlerische Phantasie hat nicht gereicht, eine solche furchtbare Tatserie zu denken und damit auch rechtzeitig aufklären zu können."Ermittlerische Fantasie hat nicht gereichtMit rechten Tendenzen in der Polizei und beim Verfassungsschutz habe das ganze nichts zu tun gehabt, sagen die Ermittler und wehren sich gegen den Vorwurf bis heute. Es sei allein fehlende Phantasie gewesen, sagen sie, deswegen könne aber so eine Tat nun auch nicht mehr passieren. Weil man gewarnt sei, heißt es heute bei Ermittlern.Der Münchner Mordermittler Josef Wilfling ist inzwischen im Ruhestand. Trotzdem verfolgt ihn der Fall weiter. Er steht bis heute dazu, dass damals auch bei ihm die Phantasie einfach nicht ausgereicht hat: "Auf der einen Seite habe ich mich sehr gefreut, als ich gehört habe, die Täter sind gefasst, die Tat ist geklärt." Auf der anderen Seite müsse er aber zugeben: "Ich hab’s nicht glauben können. Ich hab’s bis zuletzt nicht glauben können, dass sowas möglich ist bei uns, dass es eine solche Terrorzelle gegeben hat."
    Neben der Hauptangeklagten Beate Zschäpe standen in dem jahrelangen Prozess in München vier Männer vor Gericht.
    Von Holger Schmidt, SWRBeate ZschäpeViel ist über Beate Zschäpe berichtet worden - und trotzdem bleibt die Hauptangeklagte im NSU-Prozess ein Rätsel. Von den Morden ihrer Mitbewohner will sie sieben Jahre lang immer nur im Nachhinein erfahren haben, sagte sie vor Gericht aus. Jede einzelne Tat habe sie abgelehnt, aber die Kraft nicht gefunden, sich von ihrer "Familie", bestehend aus Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos, zu befreien. Diese hätten nämlich angekündigt, sich eher zu töten, als ins Gefängnis zu gehen. Auch in ihrem letzten Wort beteuerte sie zum wiederholten Mal, nichts von den Morden gewusst zu haben und entschuldigte sich bei den Hinterbliebenen.Wie auch im letzten Wort, bezeichnete sich Zschäpe auch im Prozess selbst als Opfer. Die Schuld für die Morde schob sie auf ihre toten Freunde.Für die Bundesanwaltschaft ergibt sich dagegen ein gänzlich anderes Bild. Sie sieht in der Person Zschäpe einen der Gründe, warum sich das Trio mehr als elf Jahre lang erfolgreich verstecken konnte: Weil sie unter falschem Namen für eine Tarnung sorgte und Nachbarn und Bekannten die ungewöhnliche Dreier-WG mit Lügengeschichten erklärte. Nicht zuletzt, weil sie nach dem Auffliegen der Gruppe die gemeinsame Wohnung in Zwickau in Brand steckte.
    Sieht man sich genauer an, was die Beweisaufnahme ergeben hat, so kann man Zschäpe ihre Version der Ereignisse kaum glauben. Immer wieder, über Jahre hinweg, war sie eine Meisterin im Lügen und Erfinden. Einmal ging sie selbst zur Polizei und machte unter falschem Namen eine Aussage nach einem Wasserschaden in ihrem Wohnhaus, um ihre Tarnung zu retten. Mehrfach präsentierte sie sich im Urlaub arglosen Freunden in ihrer ausgedachten Rolle, wirkte dabei selbstbewusst und unbeschwert. Kann diese Frau ein Opfer der Umstände sein?Das Gericht hat ihr offenbar wenig Glauben geschenkt. Den Richtern wird auch aufgefallen sein, dass sich Zschäpe mit ihren Vorstellungen der eigenen Verteidigung erfolgreich gegen ihre drei ursprünglichen, erfahrenen Rechtsanwälte durchgesetzt und sich neue Anwälte erkämpft hat, die nach ihrer Pfeife tanzen. Wie ein wehrloses Opfer hat sie sich dabei nicht verhalten.Beate Zschäpe wurde zu lebenslanger Haft verurteilt - mit "besonderer Schwere der Schuld".Ralf WohllebenDer frühere NPD-Funktionär Ralf Wohlleben soll für das Trio die Tatwaffe beschafft haben und zusammen mit Carsten S. die Brücke in das alte, legale Leben des Trios gewesen sein. Wohlleben wird bereits seit Mitte der 1990er der Neonazi-Szene zugerechnet, organisierte Szene-Treffen und machte eine Parteikarriere in der NPD Thüringen, in der er es bis zum stellvertretenden Landesvorsitzenden und Spitzenkandidat der NPD-Landesliste brachte.
    Parallel zu seiner öffentlichen politischen Arbeit hielt er nach dem Untertauchen von Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Zschäpe zu diesen Kontakt. Er soll logistische Hilfe organisiert haben - und auch die Waffe vom Typ Ceska beschafft haben, die zum Markenzeichen der Mordserie wurde. Dabei belastet ihn vor allem die Aussage des Aussteigers Carsten S. Nach seiner Verhaftung sah sich Ralf Wohlleben offenbar als "politischer Gefangener" und interessierte sich in der Haft für die Terroristen der linken Rote Armee Fraktion und Rudolf Heß, den Stellvertreter Adolf Hitlers.Im Prozess erklärte Wohlleben, dass es sein Ziel sei, die "Kultur des Deutschen Volkes" zu erhalten. Gegen Ausländer habe er nichts, fürchte aber eine massenhafte Zuwanderung. Mit den Morden will er aber nichts zu tun gehabt haben.Ralf Wohlleben wurde zu zehn Jahren Haft verurteilt.Holger G.Er ist der unscheinbarste der Angeklagten und wurde - so legten es jedenfalls seine Verteidiger nahe - von den Terroristen als nützlicher Idiot angesehen und ausgenutzt. Holger G. soll seinen Namen und Ausweise für das Trio zur Verfügung gestellt haben und durch das Überlassen einer Geburtsurkunde sogar ermöglicht haben, dass sich Uwe Mundlos einen echten Personalausweis auf den Namen Holger G. ausstellen ließ.
    Für diese Hilfsaktionen soll er Geld und Anerkennung bekommen haben, sagt die Anklage. Holger G. will davon nichts wissen, es seien Freundschaftsdienste gewesen, die Hintergründe habe er nie verstanden.Holger G. wurde wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung zu drei Jahren Haft verurteilt.André E.André E. und seine Frau Susann (gegen die der Generalbundesanwalt in einem separaten Verfahren ermittelt) sollen zu den engsten Bezugspersonen des Trios während der Zeit im Untergrund gezählt haben. Regelmäßig besuchte das Ehepaar, auch gemeinsam mit ihren Kindern, offenbar das Trio. André und Susann E. sollen zudem ihre Namen und auch Ausweise zur Tarnung zur Verfügung gestellt haben.Möglicherweise haben sie auch ihre Kinder "verliehen", damit Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt als Familie getarnt Wohnmobile für ihre Morde und Raubüberfälle mieten konnten. Bei der Durchsuchung der Familienwohnung der E.s fand die Polizei einen Altar mit Bildern des Trios und dem Schriftzug "Unvergessen". Die beiden "S" waren in der Art der SS-Rune gestaltet. Er sei "überzeugter Nationalsozialist", ließ André E. über seinen Anwalt ausrichten.
    Im Prozess hat André E. sonst so konsequent geschwiegen, wie kein anderer der Angeklagten. Und er sorgte immer wieder durch sein Auftreten für Provokationen. Er trug im Gerichtssaal T-Shirts von Nazi-Bands oder mit dem Slogan "Brüder schweigen bis in den Tod". Durch Fotos wurde in der Hauptverhandlung bekannt, dass auf seinem Bauch die englischen Worte für "Stirb, Jude, stirb" eintätowiert sind.Das Gericht verurteilte André E. lediglich wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung und hob die Untersuchungshaft auf.Carsten S.Carsten S. gibt es nicht mehr. Der Mann, den bei seiner Festnahme die Spezialeinheit GSG9 in einem Kölner Hausflur niederrang, wird inzwischen von Zeugenschützern des Bundeskriminalamts bewacht und hat einen neuen Namen bekommen. Der "alte" Carsten S. hatte ein bewegtes Leben hinter sich. Er sagt nun, dass er mit dem Thema NSU reinen Tisch machen möchte. Es ist sehr gut möglich, dass die Richter ihm das glauben.Geboren in Neu-Delhi war Carsten S. in der Schule ein Außenseiter, wurde "der Inder" genannt. Bei Neonazis suchte er nach Anerkennung, beteiligte sich an Straftaten, machte Karriere bei der Jugendorganisation der NPD. Er lernte Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe kennen und war in deren Anfangszeit im Untergrund ein wichtiger, vielleicht sogar der wichtigste Kontaktmann. Er übergab wohl auch die Tatwaffe der NSU-Morde.
    Doch noch während das Trio im Untergrund lebte, verließ Carsten S. Thüringen und die rechte Szene. Er outete sich als homosexuell, zog nach Nordrhein-Westfalen, wurde anerkannter Sozialarbeiter, war sehr beliebt - bis ihn 2011 die Vergangenheit einholte. Doch Carsten S. entschloss sich, gegen frühere Kameraden auszupacken.Carsten S. wurde wegen Beihilfe zum Mord in neun Fällen zu drei Jahren Jugendstrafe verurteilt.
    Sie sind die Hinterbliebenen, die Überlebenden, die Trauernden - 93 Nebenkläger waren im NSU-Prozess zugelassen. Sie haben mit ihren 59 Anwälten den Prozess geprägt. Zu ihren offenen Fragen.Von Ina Krauß, BR"Mit welchem Recht haben sie meinen Sohn umgebracht", fragt İsmail Yozgat, der Vater des ermordeten 21-jährigen Halit unter Tränen, "wie wollen sie das wieder gutmachen?" Halit Yozgat war das letzte Opfer der Česká-Mordserie an insgesamt neun Migranten. Am 2. Oktober 2013, dem 42. Verhandlungstag im NSU-Prozess, richtete seine Mutter Ayşe Yozgat einen verzweifeltet Appell an Beate Zschäpe, ihr Schweigen zu brechen. Dann könne sie, die Mutter, vielleicht wieder mehr als zwei Stunden pro Nacht schlafen. In diesem ersten Jahr des NSU-Prozesses hofften die Opferfamilien noch, dass sie irgendwann Antworten auf ihre Fragen bekommen.   "Ich kann eigentlich nicht ertragen, sie zu sehen. Es ekelt mich an", sagt Elif Kubaşık über die Hauptangeklagte. Beate Zschäpe behauptete in schriftlichen Einlassungen, immer erst im Nachhinein von den Morden und Bombenattentaten erfahren zu haben. Die ganze Schuld schiebt sie auf die verstorbenen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt. Die Opferfamilien glauben ihr diese Version nicht und nehmen die Entschuldigung an die Adresse der Opferangehörigen nicht an.
    "Institutioneller Rassismus" und die FolgenDoch die Nebenkläger erhoffen sich nicht nur Aufklärung durch Beate Zschäpe. Sie wollen auch wissen, warum die Polizei dem NSU fast vierzehn Jahre lang nicht auf die Spur kam. Die Familien Yozgat, Kubaşık und Şimşek hatten bereits 2006 für Ermittlungen in Richtung Rechtsextremismus demonstriert.Doch die Ermittler unterstellten den Opfern kriminelle Machenschaften und Kontakte zu einer angeblichen Türken-Mafia. "Ich glaube in der Tat, dass es die Denke gibt: Wenn es ein türkisches Opfer gibt, dann müssen wir erst mal nach Drogen schauen, dann müssen wir erst mal schauen, ob er selber kriminell war", kritisiert Nebenklage-Anwalt Mehmet Daimagüler und spricht von "institutionellem Rassismus".
    Zweifel an These vom abgeschotteten TrioNormalerweise ziehen Nebenkläger und Staatsanwaltschaft in einem Verfahren an einem Strang. Im NSU-Prozess ist das von Anfang an anders. Die Bundesanwaltschaft geht davon aus, dass der NSU mit Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe aus nur drei Personen bestand, ein abgeschottetes Trio mit nur wenigen Unterstützern war. Doch Nebenklage-Anwalt Sebastian Scharmer glaubt nicht an die Trio-These. "Es gab sehr viel mehr Personen, die Helfer, Unterstützer waren oder möglicherweise sogar mehr Mitglieder. Diese schnelle Festlegung auf die Trio-These hat einfach den offenen Blick auf die Seitenränder vernebelt."  Seine Mandantin Kubaşık sagt: "Es ist ein ungutes Gefühl, wenn ich auf der Straße bin und weiß, es könnte irgendein Nazi rumlaufen, der vor der Ermordung meines Vaters wusste, dass mein Vater ermordet wird."
    Rätselhafte Rolle des VerfassungsschutzesGamze Kubaşıks Anwälte versuchten, mit Kollegen lokale und auch internationale rechtsextreme Netzwerke und Strukturen herauszuarbeiten, in die der NSU eingebettet war. Doch das ging nicht nur der Bundesanwaltschaft an vielen Stellen zu weit, sondern auch anderen Opfer-Anwälten. Bernd Behnke, der Angehörige des in Rostock ermordeten Mehmet Turgut vertritt, warnte davor, "dass der Prozess überhäuft wird mit Mutmaßungen".Doch auch für den Freiburger Jura-Professor ist klar, dass am Ende des Prozesses viele Fragen offen bleiben. So war bis zuletzt die Rolle des hessischen Verfassungsschützers und V-Mann-Führers Andreas Temme rätselhaft. Temme war nachweislich zum Zeitpunkt des Mordes an Halit Yozgat am Tatort, bestreitet aber, von dem Mord etwas mitbekommen zu haben.
    Zurückgehaltene AktenDas Gericht glaubt ihm, viele Nebenkläger nicht. Sie wollten auch wissen, welche Erkenntnisse die Verfassungsschutzbehörden über die untergetauchten Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe hatten. Das aber ließ sich im Prozess nicht klären. Akten wurden zurückgehalten, Aussagegenehmigungen beschränkt und Nebenklage-Anwältin Seda Basay-Yildiz fragt: "Was muss denn eigentlich in Deutschland noch passieren, dass man bereit ist aufzuklären?"Auch Gamze Kubaşık erinnert an das Versprechen, das Bundeskanzlerin Angela Merkel den Opfern im Jahr 2012 gegeben hatte - dass alles getan werde "um die Morde aufzuklären und die Helfershelfer und Hintermänner aufzudecken und alle Täter ihrer gerechten Strafe zuzuführen". Dieses Versprechen wurde gebrochen, sagt Gamze Kubaşık in ihrem Schlusswort und hofft nun doch wieder auf Beate Zschäpe. Ihr bot sie an, sich im Falle einer Verurteilung für eine Haftverkürzung einzusetzen, falls sie sich doch noch entschließt, die Wahrheit zu sagen. "Ich will Klarheit, ich will wissen, wer noch beteiligt war."
    Das letzte Wort der Angeklagten
    Frank Bräutigam erklärt, was hinter dem Recht des Angeklagten auf das letzte Wort steckt.
    NSU-Prozess
    Über dieses Thema berichteten die tagesthemen am 04. Juli 2018 um 23:50 Uhr.
    https://www.tagesschau.de/


    Verwaltungsgericht Koblenz, Urteil vom 19.12.2018
    - 2 K 135/18.KO -
    Fristlose Entlassung eines Soldaten wegen Zeigen des Hitlergrußes mit Äußerung rechts­extremistischer Parolen rechtmäßig

     

     

     

    Verbleiben des Soldaten im Dienstverhältnis würde Ansehen der Bundeswehr ernstlich gefährden
    Das Verwaltungsgericht Koblenz hat entschieden, dass die fristlose Entlassung eines Soldaten, der Kleidung mit dem Symbol der Reichskriegsflagge getragen und mehrfach den sogenannten Hitlergruß gezeigt und rechts­extremistische Parolen geäußert hatte, rechtmäßig erfolgt ist.
    Der Kläger des zugrunde liegenden Falls war seit April 2014 Soldat im Dienstgrad eines Oberbootsmanns im Sanitätsdienst. Ihm wurde von der beklagten Bundesrepublik Deutschland vorgeworfen, als Patient im angetrunkenen Zustand und mit einer Bomberjacke mit dem Symbol der Reichskriegsflagge bekleidet in der Notaufnahme des Bundeswehrzentralkrankenhauses erschienen zu sein. In der Silvesternacht 2015/2016 habe er während einer Silvesterfeier mehrere Schreckschüsse aus einer Schreckschusswaffe mit den Worten "Allahhu Akbar" abgebeben, wobei er zunächst wahrheitswidrig behauptet habe, über die erforderliche waffenrechtliche Erlaubnis zu verfügen. Im August 2016 habe er in einer Diskothek den sogenannten Hitlergruß gezeigt. Er habe dieses Verhalten im Herbst 2016 wiederholt sowie rechtsextremistische Parolen geäußert und einen Kameraden mit den Worten "Wenn ich den Führer grüßen will, dann tue ich das auch" zurechtgewiesen.
    AG spricht Soldaten zunächst frei
    Nachdem zunächst ein Strafbefehl des Amtsgerichts wegen Führens einer Schusswaffe ohne die erforderliche Erlaubnis sowie wegen öffentlichen Verwendens von Kennzeichen einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation im Inland ergangen war, sprach ihn das Amtsgericht anschließend auf seinen Einspruch hin frei.
    Soldat hält Entlassung für ungerechtfertigt
    Die beklagte Bundesrepublik Deutschland entließ den Kläger aus dem Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit. Dagegen erhob er Klage und machte geltend, das freisprechende Urteil entfalte Bindungswirkung. Das Amtsgericht gehe von der Unglaubwürdigkeit eines Zeugen aus. Er habe an Silvester legal geböllert und eine seiner Tanzgesten sei missverstanden worden. Sein Verhalten im Bundeswehrzentralkrankenhaus rechtfertige allenfalls eine Disziplinarmaßnahme, aber keine Entlassung.
    Kläger verstößt mit Verhalten gegen Kernpflichten eines Soldaten
    Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht Koblenz entschied, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Entlassung des Klägers aus dem Soldatenverhältnis von der Beklagten fehlerfrei bejaht worden seien. Er habe seine Dienstpflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen und dem Ansehen der Bundeswehr gerecht werdenden Verhalten im Dienst verletzt. Das gelte auch für die Dienstpflicht, sich außerhalb des Dienstes so zu verhalten, dass das Ansehen der Bundeswehr oder die Achtung und das Vertrauen, die die dienstliche Stellung erfordere, nicht ernsthaft beeinträchtigt werde. Nach dem Ergebnis der Zeugenvernehmungen stehe für das Verwaltungsgericht fest, dass der Kläger in einer Gaststätte den sogenannten Hitlergruß gezeigt, mehrfach den Nationalsozialismus verherrlichende Parolen geäußert sowie eine Bomberjacke mit dem Aufdruck nationalsozialistischer Symbole getragen habe. Auf die übrigen ihm vorgeworfenen Verfehlungen komme es nicht mehr an. Mit seinem Verhalten habe er gegen die Kernpflichten eines Soldaten verstoßen. Dazu gehöre vor allem die Pflicht zur Loyalität gegenüber dem Staat, seinen Organen und seiner Rechtsordnung sowie die Pflicht, die freiheitliche demokratische Grundordnung anzuerkennen und dafür einzutreten. Der Verstoß dagegen gehöre - wie im Falle des Klägers - zu den schwersten denkbaren Pflichtwidrigkeiten. Sein Verbleiben im Dienstverhältnis würde das Ansehen der Bundeswehr ernstlich gefährden. Es bestehe hier sowohl Wiederholungsgefahr als auch Nachahmungsgefahr in der Truppe.
    https://www.kostenlose-urteile.de/


    Demokraten zusammen gegen die AfD

     

     

     

    4. Juli 2022
    „Es tut gut zu sehen, dass Demokraten, wenn sie zusammenstehen, gemeinsam doch eine so deutliche Mehrheit erzielen können“, merkt Landrat Dr. Achim Brötel zur Landratswahl im Partnerlandkreis Görlitz an und gratuliert dem Wahlsieger Dr. Stephan Meyer, der sich gegen den Kandidaten der rechtsextremen AfD durchsetzte.
    Mosbach/Görlitz. (pm) Der CDU-Politiker Dr. Stephan Meyer wurde am Sonntag zum neuen Landrat im Landkreis Görlitz, dem Partnerlandkreis des Neckar-Odenwald-Kreises, gewählt. In der zweiten Runde der Landratswahlen setzte er sich mit 56,4 Prozent der Stimmen gegen Sebastian Wippel (AfD/35,8 Prozent) durch. Der Einzelbewerber Sylvio Ingo Arndt erreichte 7,8 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei 39,8 Prozent.
    Zu diesem „wirklich überragenden persönlichen Erfolg“ gratulierte Landrat Dr. Achim Brötel dem Wahlsieger Stephan Meyer am Montag in einem Schreiben. Darin brachte Landrat Brötel auch seine Erleichterung zum Ausdruck, dass Meyer den Mitbewerber klar hinter sich gelassen hat.
    „Es tut gut zu sehen, dass Demokraten, wenn sie zusammenstehen, gemeinsam doch eine so deutliche Mehrheit erzielen können“. Das sei nicht zuletzt auch eine hervorragende Grundlage für die Fortführung unserer Kreispartnerschaft.
    „Darüber freue ich mich auch persönlich sehr“, betonte Brötel. Denn auch 32 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung sei es wichtig, dass Menschen aus Deutschland-Ost und Deutschland-West zusammenkommen und so ganz einfach mehr voneinander lernten. Brötel lud Stephan Meyer deshalb zu einem Antrittsbesuch in den Kreis ein.
    Eine erste Gelegenheit gebe es vielleicht sogar schon Ende Juli, wenn der noch amtierende Landrat Bernd Lange mit einer Delegation unter anderem die Schlossfestspiele Zwingenberg besucht.
    Ebenso hat sich Landrat Brötel über die Nachricht gefreut, dass die Bürgermeisterin der Seckacher Partnerstadt Reichenbach/Oberlausitz, Carina Dittrich, wiedergewählt worden ist. Auch ihr gratulierte der Landrat herzlich.
    https://www.nokzeit.de/

    Landrat Dr. Achim Brötel im Interview

     

     

     

    20. DEZEMBER 2018 00:00
    Immer wieder hört man, dass die Neonazi-Szene speziell im Raum Mosbach-Buchen (mehr) Raum greifen will. Sehen Sie das aktuell als Gefahr?
    Wir sind da sehr wachsam. Derzeit gibt es allerdings erfreulicherweise keine Anhaltspunkte für ein verstärktes Auftreten der Neonazi-Szene im Neckar-Odenwald-Kreis. Auch das Polizeipräsidium Heilbronn sieht aktuell keine Indizien dafür. Klar ist aber: Rechtsextremismus ist eine Gefahr für unsere offene und freie Gesellschaft. Deshalb: Wehret den Anfängen – auch und gerade denen gegenüber, die als Wolf im Schafspelz auftreten.
    https://www.moritz.de/

    Siehe auch :


    26.02.2019 Hardheim (Neckar-Odenwald)
    Hardheim: Diebstahl und Sachbeschädigung in Schulzentrum
    Die Polizei sucht einen unbekannten Täter, der im Zeitraum von Freitagmittag bis Montagmorgen ins Walter-Hohmann-Schulzentrum in Hardheim einbrach und erheblichen Sachschaden anrichtete. Mit blauer Sprühfarbe beschmutzte der Unbekannte in sämtlichen Räumen mehrere Wände, Türen, Fenster, Wandtafeln, Plakate mit obszönen Bildern und Schriftzeichen. Darüber hinaus entwendete er aus der Mensa der Schule ein Mobiltelefon. Selbst die Betonwände im Außenbereich des Schulzentrums und Verkehrszeichen wurden nicht verschont und mit verfassungswidrigen Kennzeichen sowie obszönen Bildern und Schriftzeichen beschmiert. Zeugen, die Hinweise geben können, werden gebeten, sich unter der Telefonnummer 06283 50540 beim Polizeiposten Hardheim zu melden.
    Quelle: Polizeipräsidium Heilbronn (26.02.2019)

    26.10.2018:Dornberg (Neckar-Odenwald)
    Der FSV Dornberg hat seinen Verein aus dem laufenden Spielbetrieb genommen. Der2010 gegründete Verein wollte die Integration von Migrant*innen und Geflüchteten vorantreiben. Aber der anhaltende Rassismus und die rohe Spielweise, die der Vorstand heftig kritisiert hat, machten das Fußballspielen unmöglich.
    Quelle: Fränkische Nachrichten(26.10.2018)

    01.06.2018: Elztal-Neckarburken (Neckar-Odenwald)
    Auf dem Fußballplatz in Elztal-Neckarburken provozierte ein 32-Jähriger „hartnäckig mit Beleidigungen“. Nachdem niemand auf seine Provokationen eingegangen ist, „stieß er lautstark rechtsradikale Parolen und Bedrohungen aus“. Ein Vorsitzender des Vereisns sprach einen Platzverweis für das Sportgelände aus, weshalb der Mann einem Hund mehrfach in die Rippen trat und eine Mülltonne gezielt in Richtung des Vorstandeswarf. Der Vorsitzende wich aus und brachte den Mann schließlich zu Boden.
    Quelle: Polizeipräsidium Heilbronn (01.06.2018)

    17.11.2017: Adelsheim (Neckar-Odenwald)
    In der Rittersbrunnenstraße in Adelsheim zerstachen Unbekannte zwischen 17. und 20. November 2017„mit einem spitzen Gegenstand alle vier Reifen eines Opel Astra“. Zudem wurde ein „circa 50 mal 50 Zentimeter großes Hakenkreuz in die Motorhaube“ des Autos geritzt.
    Quelle:Polizeipräsidium Heilbronn (21.11.2017)

    20.09.2017: Buchen (Neckar-Odenwald)
    In der Nacht beschädigte ein 35-Jähriger insgesamt zehn Wahlplakate verschiedener Parteien, indem er sie „mit Hakenkreuzen, Beleidigungen und sonstigen Schmierereien“ besprühte. Der Täter, der eine „Spraydose mit goldfarbenem Lack“ benutzte, war zunächst unbekannt. Allerdings hatte er „mit der auffälligen Farbe nicht nur die Plakate verunstaltet, sondern auch noch mehrere Verkehrszeichen und auch die Fahrbahn vor seiner Wohnanschrift besprüht“. Durch die goldfarbenen Spuren vor der eigenen Haustüre konnte der Täter ermittelt werden.
    Quelle: Mannheimer Morgen (21.09.2017)

    12.09.2017: Buchen (Neckar-Odenwald)
    Ein 14-jähriger Junge behauptete fälschlich, Geflüchtete hätten ihn mit einer brennbarenFlüssigkeit besprüht und angezündet. Ein Verwandter stellte die Falschbehauptung online, die Nachricht verbreitete sich nach Polizeiangaben wie ein „Lauffeuer“ in den Sozialen Netzwerken. Tatsächlich hatte sich der Junge die Verletzungen selbst zugezogen: Gemeinsam mit einem Freund hatte der 14-Jährige in einem Wald ein Feuer entzündet und eine gefüllte Deodose hineingeworfen – die Dose explodierte bereits nach wenigen Sekunden und verursachte bei beiden Jugendlichen Brandverletzungen. Die Polizei ermittelte wegendes Verdachts der „Vortäuschung einer Straftat“.
    Quelle: Stuttgarter Zeitung (12.09.2017)

    https://www.ngrmt.de/


    28.12.2016: Mosbach (Neckar-Odenwald)

    In Mosbach wurde ein 20-jähriger schwarzer US-Amerikaner, der nachmittags mit seiner Freundin durch die Fußgängerzone lief, „in Höhe des Indischen Hauses von einem Unbekannten angepöbelt“. Nach Polizeiangaben wurde der Betroffene von einem 30- bis 40-jährigen Mann „beleidigt und bedroht“.
    Quelle: Polizeipräsidium Heilbronn (29.12.2016)

    07.11.2016: Mosbach (Neckar-Odenwald)
    Vor einer Unterkunft für Geflüchtete in Mosbach-Neckarelz stiegen drei Männer aus einem rotlackierten VW Golf und zeigten den Hitlergruß, ehe sie wieder in das Fahrzeug einstiegen und in Richtung des Neckars davonfuhren.
    Quelle: Deutscher Bundestag (18/12263, 08.05.2017) & Polizeipräsidium Heilbronn (08.11.2016)

    https://www.ngrmt.de/

    09.09.2016: Oberschefflenz (Neckar-Odenwald)
    Nachdem zwei erwachsene Männer bereits im Zug zwei afrikanische Jugendliche, die in Schefflenz lebten, angepöbelt hatten, gab einer der beiden Männer einem der Jugendlichen am Bahnhof in Oberschefflenz eine Ohrfeige, warf eine Bierdose nach ihm und beförderte ein Fahrrad ins Gleisbett. Ob zwischen einer abgewandelten Reichskriegsflagge an einem Haus in Oberschefflenz und dem Angriff ein Zusammenhang bestand, wie zum Beispiel die Pflegemutter der Jugendlichen vermutete, blieb offen. Eine Gemeinderätin, die darin ebenso einen Zusammenhang sah, sagte in einer Gemeindesratssitzung: „Es istgenau das eingetreten, von dem ich gedacht hatte, dass es in Schefflenz nicht geschieht.“
    Quelle: Rhein-Neckar-Zeitung (14.09.2016 & 16.09.2016)

    24.06.2016: Adelsheim (Neckar-Odenwald)
    Ein geplantes Integrationsprojekt des Eckenberg-Gymnasium in Adelsheim wurde nach massiven Drohungen gegenüber Schuldirektor Meinolf Stendebach gestoppt. Nachdem die Schule fünf geflüchtete Syrer*innen im Alter von 19 bis 39 Jahren hospitieren lassen wollte, um deren Deutsch-Sprachkenntnisse zu verbessern, waren „üble Beleidigungen und Drohungen der Eltern, ihre Kinder von der Schule abzumelden“, die Folge. Stendebach äußerte: „Ich hatte einen anonymen und einen offenen Brief zu Hause und viele E-Mails hier.“
    Quelle:Fränkische Nachrichten (24.06.2017)

    12.03.2016: Osterburken (Neckar-Odenwald)
    Unbekannte richteten in Osterburken einen „erheblichen Sachschaden“ an, indem sie in zwei Unterführungen nahe des Bahnhofes zum einen mit blauer Farbe mehrere Worte auf die gefließten Wände (Unterführung „Bahnhofstraße“) und zum anderen Hakenkreuze sowie ein Eisernes Kreuz (Unterführung„Wiesental“) sprühten. Aufgrund derselben benutzten Farbe ging die Polizei von denselben Täter*innen aus.
    Quelle: FränkischeNachrichten (18.03.2016)

    https://www.ngrmt.de/

    Siehe auch :


    AUSZÜGE AUS - AKTUELLER OFFENER BRIEF #001 AN DAS LANDRATSAMT MOSBACH:
    An den Ersten Landesbeamten vom 17.07.2022
    zu NATIONALSOZIALISMUS, NS-UNRECHT UND NS-VERBRECHEN,
    RECHTSEXTREMISMUS UND NEO-NAZISMUS

     

     

     


    AKTUELLE BEZÜGE ... :


    AKTUELLER OFFENER BRIEF #001 AN DAS LANDRATSAMT MOSBACH
    vom 17.07.2022 zu NATIONALSOZIALISMUS, NS-UNRECHT UND NS-VERBRECHEN, RECHTSEXTREMISMUS UND NEO-NAZISMUS
    220717_lra_mos_offener_brief_01.pdf (363.04KB)
    AKTUELLER OFFENER BRIEF #001 AN DAS LANDRATSAMT MOSBACH
    vom 17.07.2022 zu NATIONALSOZIALISMUS, NS-UNRECHT UND NS-VERBRECHEN, RECHTSEXTREMISMUS UND NEO-NAZISMUS
    220717_lra_mos_offener_brief_01.pdf (363.04KB)

     

     

     


    AKTUELLE BEZÜGE – Hasshetze in Sozialen Medien, Neo-Nazistische Bewegungen und Neo-Nazi-Terror gegen rassistisch-diskriminierte Minderheiten und Vertreter des demokratischen Rechtsstaates
    Wenn wir zudem die rechtsextremistische Hasshetze in den sozialen Medien, die NPD und die NPD-Verbotsverfahren von 2001 bis 2003, 2013 bis 2017, in 2018; die Verbrechen des nationalsozialistischen Untergrundes und die NSU-Terrorismusprozesse von Mai 2013 bis August 2021; das NSU 2.0 Phänomen von-August 2018 bis April 2022; sowie die rechtsextremistischen Bedrohungs- und Angriffsszenarien gegenüber und Morde an demokratischen Politikern in der BRD, wie am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke am 01.06.2019, in Betracht ziehen, dann wird uns sehr schnell der IMMERWÄHRENDE AKTUALITÄTSBEZUG noch klarer.

    AKTUELLE BEZÜGE – Infiltration von staatlichen Institutionen : Bundeswehr
    Und dieser ANDAUERNDE AKTUALITÄTSBEZUG wird uns auch klar, wenn wir die Infiltration von Rechtsextremisten, Reichsbürgern und anderen Demokratiegegnern in bestimmten Gesellschaftsgruppen und staatlichen Institutionen in Betracht ziehen. Wie beispielsweise bei der Bundeswehr und ihren Sondereinheiten, die dazu eine extra Extremismuspräventionsmaßnahme einrichten musste, nachdem schon in den 1990er Jahren ein Untersuchungsausschuss zu rechtsextremen Skandalen in der Bundeswehr eingerichtet wurde; nachdem in 2011 eine öffentliche Diskussion, um die Anwendung von Dienstrecht und Mitteln des Rechtsstaats gegen Rechtsradikale in der Bundeswehr stattfand. Auch der als Unterstützer der NSU-Terroristen in 2013 angeklagte Andre E. war schon zu seiner Bundeswehrzeit bekennender Nationalsozialist. Der in 2017 verhaftete rechtsextreme Oberleutnant Franco A., begann sogar in 2015 ein Doppelleben als syrischer Obstverkäufer und beantragte Asyl, um den Flüchtlingsstatus zu bekommen und dann in dieser Tarnung Terroranschläge zu planen, nachdem er trotz festgestellter antisemitischer, rassistischer und rechtsextremer Ansichten in seiner Masterarbeit von 2013 als Berufssoldat in die Bundeswehr aufgenommen und befördert worden war. Die Anklageerhebung gegen Franco A. vor dem BGH in 2019 sorgte auch für eine öffentliche Debatte zur Entfernung von Wehrmachtsandenken aus Bundeswehr-Kasernen. HÖCHSTAKTUELL wurde am 15.07.2022, Franco A. nach einem 14 Monate langem Prozess zu fünfeinhalb Jahren Gefängnisstrafe wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat verurteilt, weil er aus rechtsextremer Gesinnung heraus, einen Terroranschlag unter der Scheinidentität als syrischer Flüchtling geplant hatte. Die Vertreterin des Generalbundesanwalts, Karin Weingast, bewertete das Urteil «... als wichtigen Erfolg in der Bekämpfung des Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus in der Bundesrepublik Deutschland.»

    AKTUELLE BEZÜGE – Infiltration von staatlichen Institutionen : Polizei
    Beispielsweise gehört die Polizei auch zu diesem ANDAUERNDEN AKTUALITÄTSBEZUG bei der Infiltration von Gesellschaftsgruppen und staatlichen Institutionen. Was klar wird, durch die öffentlichen Diskussionen um Rechtsextreme Einstellungen und Vorfälle in deutschen Polizeibehörden beginnend in 2019. Dazu gehörten Themenbereiche, wie Rechtsextreme Netzwerke und Chatgruppen innerhalb einzelner Landespolizeibehörden; die Weitergabe sensibler Daten aus Polizeicomputern an Rechtsextreme; Polizeiangehörige, die durch Rassismus auffallen und offen Sympathien für Rechtsaußenformationen hegen, oder Verbindungen von Polizeibeamten in die sogenannte Reichsbürgerszene. Schon seit den 1990er Jahren gehörte der wiederkehrende Vorwurf, Opfer rassistischer Straftaten seien von Polizeiangehörigen wie Kriminelle behandelt, Hilfe und Schutz ihnen verweigert worden zur öffentlichen Diskussion. Fälle, in denen Polizistinnen und Polizisten in rechtsextreme Aktivitäten verwickelt waren oder offenkundig rechtsmotivierte Gewalt von ihnen ausging, machten bundesweit Schlagzeilen. Amnesty International veröffentlichte dazu in 2016 einen Bericht: Leben in Unsicherheit. „Wie Deutschland die Opfer rassistischer Gewalt im Stich lässt.“

    AKTUELLE BEZÜGE – Infiltration von staatlichen Institutionen : Sicherheitsbehörden
    Im Mai 2022 zeichnet das Bundesinnenministerium mit KONKRETEM AKTUALITÄTSBEZUG ein Lagebild in einem zweiten Bericht innerhalb von zwei Jahren, dass es zwischen 2018 und 2021 deutlich mehr Verdachtsfälle bei den Landes- und Bundessicherheitsbehörden im Zusammenhang mit Rechtsextremismus, Reichsbürgern und Selbstverwaltern gegeben hat.

    AKTUELLE BEZÜGE – Struktureller Rassismus bei Behörden, Ämtern, Institutionen
    All diese zuvor angeführten Vorfälle und Sachverhalte haben u.a. mit zu IMMER WIEDER AKTUELL ANDAUERNDEN öffentlichen Debatten über strukturellen Rassismus in Behörden und Ämtern geführt.

    AKTUELLE BEZÜGE – Infiltration von kulturellen Institutionen
    Auf der internationalen Weltkunstschau, der 15. Documenta in Kassel, kam es im Juni und Juli
    2022 zum breit öffentlichen diskutierten Anti-Semitismus-Skandal durch die KONKRET AKTUELLE Ausstellung antisemitischer Bildsprache, woraufhin die Generaldirektorin Sabine Schormann HÖCHSTAKTUELL am 16.07.2022 zurücktrat.

    AKTUELLER OFFENER BRIEF #001 AN DAS LANDRATSAMT MOSBACH
    vom 17.07.2022 zu NATIONALSOZIALISMUS, NS-UNRECHT UND NS-VERBRECHEN, RECHTSEXTREMISMUS UND NEO-NAZISMUS
    220717_lra_mos_offener_brief_01.pdf (363.04KB)
    AKTUELLER OFFENER BRIEF #001 AN DAS LANDRATSAMT MOSBACH
    vom 17.07.2022 zu NATIONALSOZIALISMUS, NS-UNRECHT UND NS-VERBRECHEN, RECHTSEXTREMISMUS UND NEO-NAZISMUS
    220717_lra_mos_offener_brief_01.pdf (363.04KB)

     

     

     


    Siehe auch:

    NS- und Rechtsextremismusverfahren beim Amtsgericht Mosbach
    Strafanzeige vom 06.08.2022 unter 6F 9/22 gegen Unbekannt nach § 168 Störung der Totenruhe wegen Schändung der NS-Gedenkstätte KZ Buchenwald: hier konkret der Gedenk- und Erinnerungsbäume für die von den Nazis ermordeten jüdischen Kinder auf der Blutstraße zur Deportation vom KZ-Buchenwald in das KZ-Auschwitz
    220806_uhl_ag_mos_ja_blutstrasse.pdf (120.4KB)
    NS- und Rechtsextremismusverfahren beim Amtsgericht Mosbach
    Strafanzeige vom 06.08.2022 unter 6F 9/22 gegen Unbekannt nach § 168 Störung der Totenruhe wegen Schändung der NS-Gedenkstätte KZ Buchenwald: hier konkret der Gedenk- und Erinnerungsbäume für die von den Nazis ermordeten jüdischen Kinder auf der Blutstraße zur Deportation vom KZ-Buchenwald in das KZ-Auschwitz
    220806_uhl_ag_mos_ja_blutstrasse.pdf (120.4KB)

     

     

     


    Todesopfer rechtsextremer Gewalt in der Bundesrepublik Deutschland

     

     

     

    Mahnmal des Mordanschlags von Solingen, 29. Mai 1993
    Todesopfer rechtsextremer Gewalt in der Bundesrepublik Deutschland gibt es seit deren Gründung. Bis 1990 wurden sie staatlich nicht gesondert erfasst. Das Bundeskriminalamt (BKA) registrierte rechtsextreme Tatmotive bei Tötungsdelikten erst seit 1990 als „Hasskriminalität“ gegen bestimmte Opfergruppen, etwa Ausländer, Behinderte, Homosexuelle, Obdachlose oder Spätaussiedler. Seit den rechtsextremen Mordanschlägen auf Asylbewerber und Türkeistämmige in Deutschland ab 1990 begannen Opferschutzinitiativen, die Zahlen dieser Angriffe und ihrer Opfer zu registrieren. Diese Taten wurden nun stärker als gesamtgesellschaftliches Problem und nicht mehr nur als Randphänomen erkannt und erforscht.
    Wegen intensiver Kritik an der mangelhaften Erfassung rechtsextremer Gewalttaten führte das BKA 2001 ein „Definitionssystem Politisch motivierte Kriminalität“ (PMK-System) ein. Dieses weist nach wie vor erhebliche Methodenprobleme, Schwachstellen und Lücken auf. Darum ist die Gesamtzahl der Todesopfer rechter Gewalt zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Stellen weiterhin stark umstritten.
    Bis 30. September 2020 erkannte die Bundesregierung 109 Morde seit 1990 als rechtsextrem motiviert an.[1] Gemeinsame Recherchen der Zeitungen Frankfurter Rundschau (FR), Der Tagesspiegel (TS) und Die Zeit fanden jedoch rechtsextreme Motive bei mindestens 78 weiteren Morden seit 1990, also insgesamt 187 Todesopfer.[2] Die Amadeu Antonio Stiftung (AAS) zählt aktuell (2022) mindestens 218 Todesopfer rechtsextremer Gewalt in Deutschland seit 1990 und 17 Verdachtsfälle.[3]
    Thomas Billstein dokumentiert in seinem Buch Kein Vergessen – Todesopfer rechter Gewalt in Deutschland nach 1945 (Oktober 2020) insgesamt 315 Fälle seit 1970, davon 41 Verdachtsfälle.[4] Mit Opferschutzinitiativen verweist er auf zahlreiche Tötungen, bei denen rechtsextreme Motive belegt oder wahrscheinlich sind, sowie auf eine hohe Dunkelziffer von möglichen rechtsextremen Tötungen.[5]
    https://de.wikipedia.org/


    Antidemokratische Vorfälle und Ereignisse in Baden-Württemberg: Rechtsextremismus, religiös begründeter Extremismus und Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit 2019

     

     

     

    Zum vierten Mal gibt das Demokratiezentrum Baden-Württemberg einen chronologischen Überblick über antidemokratische Vorfälle, die sich dem Phänomenbereich der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit zuordnen lassen. Grundlage für die Darstellung bilden wie in den Vorjahren die Recherche von Medienberichten, deren anschließende Kategorisierung sowie die Auswertung von Drucksachen des Bundestags. Mit Übergriffen auf Flüchtlingsunterkünfte, antimuslimischen Straftaten und Islamfeindlichkeit lassen sich auch im Jahr 2019 Schwerpunkte ausmachen, die nahelegen, dass gerade besonders Schutzbedürftige und Minderheiten grundsätzlich in einem besonders hohen Maße von solchen Vorfällen betroffen sind.


    Antidemokratische Vorfälle und Ereignisse in Baden-Württemberg: Rechtsextremismus, religiös begründeter Extremismus und Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit 2017

     

     

     

    Wie in den vorangegangenen Jahren, blieben auch 2017 in Baden-Württemberg Zwischenfälle nicht aus, die den grundgesetzlich verbrieften Werten der Gleichheit und Unversehrtheit aller Menschen diametral entgegenstehen. Brandanschläge auf Unterkünfte für Geflüchtete, Bedrohungen und gewaltsame Übergriffe auf Andersdenkende und die Verunstaltung öffentlicher Orte mit nationalsozialistischer Symbolik - all das muss in einem Rechtsstaat Anlass zur Besorgnis geben. Der vorliegende Bericht gibt eine Übersicht zu den in Baden-Württemberg im Jahr 2017 aufgefallenen antidemokratischen Vorkommnissen und Ereignissen, die in Zusammenhang mit antidemokratischen Ideologien stehen. Darüber hinaus stellen die im Demokratiezentrum Baden-Württemberg angesiedelten Fachstellen mit ihrer jeweils spezifischen Expertise in einleitenden Beiträgen ihre Einschätzungen zur Situation extremistischer Entwicklungen im Land Baden-Württemberg dar und machen Vorschläge für die künftige Präventionsarbeit, Fachlich Interessierte, zivilgesellschaftlich Engagierte und politische Entscheidungsträgerinnen und -träger erhalten dadurch einen Einblick über Vorfälle und Ereignisse in den Phänomenbereichen Rechtsextremismus und religiös begründetem Extremismus. Darüber hinaus bietet der vorliegende Bericht eine wichtige Grundlage für lokale Akteure in der Fläche, indem mit Hilfe einer vergleichenden Übersicht wertvolle Anhaltspunkte für die tägliche Arbeit zur Verfügung gestellt werden.

    Die Reise ins Reich: Unter Rechtsextremisten, Reichsbürgern und anderen Verschwörungstheoretikern Taschenbuch

     

     

     

    Acht Monate lang tauchte Tobias Ginsburg inkognito in die Szene der «Reichsbürger» und rechten Verschwörungstheoretiker ein. Er baute sich eine Scheinidentität im Netz auf und bewegte sich unter AfD-Politikern, gewaltbereiten Neonazis und friedensbewegten Esoterikern in Braun, Sektierern und Systemumstürzlern. Sein Buch ist ein ebenso erschütternder wie komischer Streifzug durch eine Welt böser Verführer und verführter Irregeleiteter, das zugleich einen neuen, literarischen Ton in die investigative Reportage einführt. Ein ungewöhnliches Enthüllungsbuch. Es erscheint hier in einer aktualisierten, überarbeiteten und um neue Kapitel erweiterten Fassung.«Ginsburg begegnet – und das ist eine große Leistung – den Menschen auf seiner Reise eher mit Neugier denn mit Abneigung.» Süddeutsche Zeitung. «Ein irrwitzig-wahnsinnig-komisches Buch. Tobias Ginsburg erzählt als Literat und Aufklärer von dieser wahrhaft bedrohlichen Szene.» Günter Wallraff.

    Rechtsextremismus: 33 Fragen - 33 Antworten

     

     

     

    Rechtsextreme Positionen werden immer offener vertreten, spalten die Gesellschaft und erschüttern unsere Demokratie. Woher kommt der Hass? Gegen wen richtet er sich? Welche Strategien verfolgen rechtsextreme Parteien und Individuen? Wer unterstützt sie – und mit welchen Mitteln? Was ist die Neue Rechte? Kann man mit Rechtsextremen diskutieren? Sollte man es? Was kann die Politik, was kann jeder Einzelne tun, um die Demokratie zu stärken und gegen Rechtsextremismus vorzugehen? Der bekannte Rechtsextremismus-Forscher Matthias Quent bietet in diesem Buch Antworten auf die wichtigsten Fragen.



    Wer wählt rechts und warum? - Eine Analyse der Wähler der Republikaner und deren Wahlmotivation: Die baden-württembergischen Landtagswahlen 1992 bis 2001

     

     

     

    Studienarbeit aus dem Jahr 2005 im Fachbereich Politik - Politische Systeme - Politisches System Deutschlands, Note: 1,3, Johannes Gutenberg-Universität Mainz (Institut für Politikwissenschaft), Veranstaltung: HS Rechtsextremismus in der Bundesrepublik Deutschland, Sprache: Deutsch, Abstract: Die vorliegende Arbeit versucht die Wahlerfolge der Republikaner (im Folgenden auch: REP) bei den badenwürttembergischen Landtagswahlen in den 90er Jahren, aber auch den Misserfolg bei der Wahl 2001 anhand vorhandener Aggregatdaten zu erklären. Im Zentrum der Analyse stehen hierbei zwei Aspekte: Zum einen welchen Einfluss haben demo- und sozigraphische Merkmale, wie Geschlecht, Berufstätigkeit oder Konfession auf die REP-Wahl und zum anderen welche Motive gibt es bei der Wahl der Republikaner? Die Untersuchung findet hierbei auf zwei Ebenen statt. Zunächst wird auf Studien eingegangen, die die Bedeutung der soziodemographischen Größen auf Bundesebene beleuchten, um so später eventuelle Besonderheiten bei der REP-Wahl in Baden-Württemberg besser erkennen zu können. Analog wird mit den möglichen Motiven der Rechtswahl verfahren: Zunächst werden die drei bedeutendsten Hypothesen hierzu vorgestellt und anhand empirischer Untersuchungen auf Bundesebene diskutiert. Dies sind die Überzeugungswahlthese, die Protestwahlthese sowie das so genannte Interaktionsmodell, welches beide Erklärungsmuster zusammenbringt. Die Ergebnisse der REP in Baden-Württemberg werden im zweiten Teil der Arbeit dahingehend überprüft, inwiefern sie sich durch diese Muster erklären lassen.Die Republikaner in Baden-Württemberg eignen sich besonders gut für eine genauere Analyse, da sie bei der Landtagswahl 1996 ein Novum schafften: Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik gelang einer rechtsextremen Partei die Wiederwahl in das Parlament eines Flächenlandes. Diese Tatsache garantiert vor allem einen hinreichend langen Untersuchungszeitraum über fast 10 Jahre. Dies ermöglicht eine bessere Differenzierung zwischen kurz- und längerfristigen Aspekten bei der Interpretation der Ergebnisse. Um den möglichen Einfluss der rechtsextremen Überzeugung auf rechtsextremes Wahlverhalten richtig einschätzen zu können, muss jedoch zunächst die Verbreitung rechtsextremer Orientierungen in Deutschland untersucht werden. Des Weiteren ist zu Beginn der Arbeit eine kurze Definition des zentralen Terminus "Rechtsextremismus" angebracht.

     

     

     

    Rechtsextremismus in Baden-Württemberg

     

     

    Ein deutsches Mädchen: Mein Leben in einer Neonazi-Familie

     

     

     

    Wer so tief im braunen Sumpf steckt, schafft es nicht über Nacht hinaus. Heidi wächst in der alles umfassenden Ideologie einer Nazi-Familie heran, in militanten Jugendgruppen und Kameradschaften. Mit Drill, Schlägen und Belohnung wird sie auf ein Leben im rechten Hass-Milieu vorbereitet. Mit zwanzig findet sie den Mut auszusteigen. Hier blickt sie noch einmal in die Abgründe dieser Parallelwelt. Deutschland, Ende der 1990er, ein idyllisches Dorf bei München. In Heidis Familie ist die Zeit stehen geblieben. Als kleines Mädchen wird sie in konspirative Ferienlager der »Heimattreuen Deutschen Jugend« geschickt, wo schon für die Kleinen paramilitärischer Drill auf dem Programm steht. Dort lernt sie auch, das Deutsche Reich in den Grenzen von 1937 in Holz zu sägen. Mit fünfzehn nimmt Heidi an rechten Aufmärschen teil, hetzt gegen Ausländer und prügelt auf einen Fotografen der »Lügenpresse« ein. Heidis Welt bekommt erste Risse, als sie Flex kennenlernt, einen nicht mehr restlos überzeugten Liedermacher aus der rechten Szene. Mit zwanzig vollzieht sie die komplette Kehrtwende, bricht den Kontakt zu ihrer Familie ab, taucht unter, lässt die Welt der alles umfassenden Nazi-Ideologie hinter sich und durchläuft ein Aussteiger-Programm. Dies ist die Geschichte ihrer zwei Leben.

    Anschlag in Leipzig

    Unbekannte greifen Flüchtlingsunterkunft an

     

     

     

    Stand: 27.08.2022 16:37 Uhr

    Während in Rostock an die Angriffe von 1992 erinnert wird, ist in Leipzig ein Anschlag auf ein Flüchtlingswohnheim verübt worden. Er verlief glimpflich. Politiker sprechen trotzdem von einem Alarmzeichen. Nach einem versuchten Brandanschlag auf ein Flüchtlingswohnheim in Leipzig verstärkt die sächsische Polizei die Überwachung aller Asylbewerberunterkünfte. Das teilte Innenminister Armin Schuster mit. Der CDU-Politiker nannte es ein Alarmzeichen, "dass solch menschenverachtende Straftaten nicht der Vergangenheit angehören". Es sei auch den umsichtigen Sicherheitskräften der Unterkunft zu verdanken, dass keine Menschen zu Schaden gekommen und nur geringer Sachschaden entstanden sei.
    Keine Menschen verletzt
    In der Nacht hatten Unbekannte laut Landeskriminalamt (LKA) mehrere Brandsätze auf das Gebäude im Leipziger Stadtteil Lausen-Grünau geworfen. Ein "punktuelles Feuer" habe von den Wachleuten schnell gelöscht werden können. Verletzt worden sei niemand. Die Täter flüchteten unerkannt. Die Gemeinschaftsunterkunft befindet sich in einem Plattenbau. Laut Stadt Leipzig hat sie 225 Plätze. Das LKA schließt einen politischen Hintergrund nicht aus. Ihre "Task Force Gewalt" habe die Ermittlungen übernommen. Der Verdacht laute auf versuchte besonders schwere Brandstiftung.
    Woche des Gedenkens an Angriffe von Rostock-Lichtenhagen
    Der Angriff ereignete sich am Ende einer Woche, in der vielfach an die rassistischen Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen vor 30 Jahren erinnert wurde. Im August 1992 hatten Anwohner und Neonazis unter dem Applaus Tausender Menschen die Zentrale Aufnahmestelle für Asylsuchende und ein Wohnheim für vietnamesische Arbeiter angegriffen und teils in Brand gesetzt. Am Nachmittag kamen in Rostock Tausende Menschen zu einer Demonstration zusammen. Aufgerufen hatte das Bündnis "Gedenken an das Pogrom. Lichtenhagen 1992".
    https://www.tagesschau.de/

    NS- und Rechtsextremismusverfahren beim Amtsgericht Mosbach
    Strafanzeige vom 06.08.2022 unter 6F 9/22 gegen Unbekannt nach § 168 Störung der Totenruhe wegen Schändung der NS-Gedenkstätte KZ Buchenwald: hier konkret der Gedenk- und Erinnerungsbäume für die von den Nazis ermordeten jüdischen Kinder auf der Blutstraße zur Deportation vom KZ-Buchenwald in das KZ-Auschwitz
    220806_uhl_ag_mos_ja_blutstrasse.pdf (120.4KB)
    NS- und Rechtsextremismusverfahren beim Amtsgericht Mosbach
    Strafanzeige vom 06.08.2022 unter 6F 9/22 gegen Unbekannt nach § 168 Störung der Totenruhe wegen Schändung der NS-Gedenkstätte KZ Buchenwald: hier konkret der Gedenk- und Erinnerungsbäume für die von den Nazis ermordeten jüdischen Kinder auf der Blutstraße zur Deportation vom KZ-Buchenwald in das KZ-Auschwitz
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    58. Grimme-Preis 2022

    Hanau – Eine Nacht und ihre Folgen
    Grimme-Preis an Marcin Wierzchowski (Buch/Regie/Bildgestaltung)

     

     

     

    Erstausstrahlung/-veröffentlichung: ARD Mediathek, Mittwoch, 17. Februar 2021, 00.00 Uhr
    Lauflänge: 47 Minuten

    Inhalt

    „Hanau – Eine Nacht und ihre Folgen“ ist mehr als eine Rekonstruktion des rassistischen Anschlags in Hanau am 19.02.2020. Marcin Wierzchowski zeichnet die Geschehnisse dieser Nacht präzise nach, beschränkt sich aber nicht allein darauf.
    Der Film zeigt die an die Tatnacht anschließenden Verarbeitungsprozesse der Hinterbliebenen und der Überlebenden. Sie erzählen von den Ereignissen der Nacht und darüber hinaus. Warum war der Notruf nicht erreichbar? Weshalb war der Notausgang der Arena Bar verschlossen? Wieso fanden Obduktionen der Opfer ohne Einwilligung der Angehörigen statt? Fragen, die bis heute teilweise unbeantwortet geblieben sind.
    Die Strategien der Bewältigung sind vielfältig und oft persönlich. Es sind Zimmer, die nicht umgeräumt werden, Smartphones, die noch immer täglich aufgeladen werden, oder das Schreiben von Songs. Doch auch auf einer politischen Ebene wird das Ringen um Aufklärung deutlich. Die Protagonist:innen gründen eine Bildungsinitiative, sie organisieren Kundgebungen und setzen sich gemeinsam für Ermittlungen ein.
    Begründung der Jury
    „Tot sind wir erst wenn man uns vergisst.“ Dieser Satz stammt von Ferhat Unvar, einem der neun Opfer des rassistischen Anschlags in Hanau am 19.02.2020. Binnen zwölf Minuten wurden in dieser Nacht er und acht weitere Menschen getötet. Der Film zeigt die Wunden, die für viele Menschen noch lange nicht verheilt sind und auch nie verheilen werden – gerade in Zeiten, in denen diese Morde auf der medialen Agenda nicht mehr täglich präsent sind – und versucht so, dem Vergessen entgegenzutreten. Marcin Wierzchowski gibt den Angehörigen den Raum, ihre eigenen Emotionen, Sichtweisen und Gedanken darzulegen, ihre konkreten und – auch ein Jahr nach der Tat – weiterhin teilweise unbeantworteten Fragen zu stellen.
    Ruhig und fokussiert nähert er sich seiner Thematik. Dabei ist er klar in seinen Aussagen, welche unter anderem aus dem nüchternen Kommentar hervorgehen. Die Vielzahl der aufgeworfenen Fragen stimmt fortwährend nachdenklich, die Worte der interviewten Angehörigen und Überlebenden hallen nach, sie erzeugen Gefühle von Scham und Bedrücktheit.
    Ihre Schilderungen wirken eindringlich, die reduzierte formale Umsetzung unterstützt diese Eindringlichkeit. Die Kamera fokussiert über weite Teile hinweg die Sprecher:innen selbst, folgt ihnen zu für sie wichtigen Orten oder fährt die Straßen der Stadt ab.
    Marcin Wierzchowski hält konsequent die Perspektive der Überlebenden und Angehörigen ein und zeigt ihre Probleme auf. Ihm gelingt es, die Ebene des persönlichen Leidens in eine angemessene Relation zu fundamentalen gesellschaftlichen Problematiken wie strukturellem Rassismus zu setzen. In seiner sachlichen Haltung verliert er jedoch nie den empathischen Blick für seine Protagonist:innen.
    Der diskursive Zugewinn dieses kurzen und dichten Werkes wird anhand der Darstellung der Interviewten ersichtlich. Sie wurden verwundet, sie sind getroffen. Nichtsdestotrotz sind sie nicht ohnmächtig oder verharren in Trauer, sondern kämpfen gegen alle fortwährenden Widrigkeiten für Aufklärung und Gerechtigkeit. Die Beharrlichkeit, mit der sich Marcin Wierzchowski dieser Thematik widmet, ist beeindruckend und verdienstvoll. Das Vertrauen, das dem Filmemacher entgegengebracht wird, ist deutlich erkennbar.
    Nicht zuletzt besteht die filmische Leistung in dem Gedenken an Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtović, Vili-Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu, Ferhat Unvar und Kaloyan Velkov. Sie sind hier mehr als Namen: Sie sind Menschen, mit Familie, Freund:innen, Arbeit, Hobbys – Menschen mit einer Geschichte, denen ihre Zukunft genommen wurde.
    https://www.grimme-preis.de

    NS- und Rechtsextremismusverfahren beim Amtsgericht Mosbach
    Strafanzeige vom 06.08.2022 unter 6F 9/22 gegen Unbekannt nach § 168 Störung der Totenruhe wegen Schändung der NS-Gedenkstätte KZ Buchenwald: hier konkret der Gedenk- und Erinnerungsbäume für die von den Nazis ermordeten jüdischen Kinder auf der Blutstraße zur Deportation vom KZ-Buchenwald in das KZ-Auschwitz
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    NS- und Rechtsextremismusverfahren beim Amtsgericht Mosbach
    Strafanzeige vom 06.08.2022 unter 6F 9/22 gegen Unbekannt nach § 168 Störung der Totenruhe wegen Schändung der NS-Gedenkstätte KZ Buchenwald: hier konkret der Gedenk- und Erinnerungsbäume für die von den Nazis ermordeten jüdischen Kinder auf der Blutstraße zur Deportation vom KZ-Buchenwald in das KZ-Auschwitz
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    Freispruch für einen Angeklagten

    BGH bestätigt Urteil im Mordfall Lübcke

     

     

     

    26.08.2022, 11:49 Uhr (aktualisiert)
    Der CDU-Politiker Walter Lübcke wurde im Juni 2019 ermordet.
    Die Urteile gegen die beiden Angeklagten im Mordfall Lübcke bleiben bestehen. Der Bundesgerichtshof bestätigt sie, nachdem Staatsanwaltschaft und Verteidigung Revision eingelegt hatten. Damit bleibt einer der Angeklagten auf freiem Fuß.
    Das Urteil im Mordfall Walter Lübcke ist rechtskräftig. Der Bundesgerichtshof (BGH) verwarf sämtliche Revisionen - unter anderem von den Hinterbliebenen des früheren Kasseler Regierungspräsidenten, den Angeklagten und der Generalbundesanwaltschaft. Der Vorsitzende Richter des dritten Strafsenats, Jürgen Schäfer, sprach von einer "fehlerfreien Beweiswürdigung" des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main - sowohl mit Blick auf die Schuldsprüche als auch auf die Freisprüche.
    Das OLG hatte den Rechtsextremisten Stephan Ernst im Januar 2021 zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt und die besondere Schwere der Schuld festgestellt. Eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren ist damit rechtlich zwar möglich, in der Praxis aber so gut wie ausgeschlossen.
    2020 werden die Ermittlungen zur Tat eingestellt, denn der lange Zeit unbekannte Täter soll bereits im Jahr 2000 gestorben sein.
    Das OLG hatte es als erwiesen angesehen, dass der heute 48-jährige Ernst den CDU-Politiker Lübcke am 1. Juni 2019 spätabends zu Hause auf dessen Terrasse aus nächster Nähe mit einem Kopfschuss getötet hatte. Er habe seinen Fremdenhass auf Lübcke projiziert, seit sich dieser auf einer Bürgerversammlung Jahre zuvor für die Aufnahme von Flüchtlingen ausgesprochen hatte. Einen wegen Beihilfe Mitangeklagten sprach das OLG in diesem Punkt frei.
    Lübcke "arg- und somit wehrlos"
    Aus Sicht des BGH hat das OLG die Tat von Ernst richtig gewürdigt, insbesondere die Mordmerkmale Heimtücke und niedrige Beweggründe. Lübcke sei an jenem Abend arg- und somit wehrlos gewesen, er habe keine Chance gehabt. "Das Mittel der politischen Auseinandersetzung ist das Wort, nicht die Gewalt", sagte Richter Schäfer während der rund 45-minütigen Urteilsbegründung.
    Den Mitangeklagten Markus H., einen Freund von Ernst aus der rechten Szene, hatte das OLG zu einer anderthalbjährigen Bewährungsstrafe wegen eines Waffendelikts verurteilt - aber nicht wie angeklagt wegen Beihilfe zum Mord an Lübcke. Er kam im Oktober 2020 frei. Die Beweiswürdigung des OLG weise auch in diesem Punkt keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf, sagte BGH-Richter Schäfer. Unter anderem seien am Tatort keine Spuren des Angeklagten gefunden worden. Der BGH hat das OLG-Urteil ausschließlich auf Rechtsfehler hin geprüft. Er hat keine Zeugen gehört und keine Beweise erhoben.
    Die Familie des CDU-Politikers und die Bundesanwaltschaft hatten vor allem den Teilfreispruch für Markus H. moniert. Aus ihrer Sicht spielte der heute 46-Jährige eine wesentlich zentralere Rolle. Er habe mit Ernst schießen geübt und ihn in seinem Willen zur Tat bestärkt. Die Hinterbliebenen halten ihn sogar für einen direkten Mittäter.
    "Eindrucksvolle Worte" der Witwe
    Die Witwe Irmgard Braun-Lübcke hatte in der Verhandlung am BGH Ende Juli gesagt: "Für uns ist es wichtig, dass wir die ganze Wahrheit erfahren." Das bisherige Urteil lasse noch einige Fragen offen. Dabei gehe es vor allem um die letzten Minuten im Leben ihres Mannes: Gab es noch einen Wortwechsel, wurde er aus dem Hinterhalt erschossen?
    Die Ermordung ihres Mannes, des Vaters ihrer beiden Söhne, des Großvaters ihrer vier Enkel, gehöre nun zu ihrem Leben, sagte Braun-Lübcke. Die Familie müsse damit umgehen. Das gelinge mal mehr, mal weniger gut, sagte sie. "Mit diesem Mord ist nicht nur sein Leben zerstört worden, sondern auch unsere teilweise." Richter Schäfer sprach von "eindrucksvollen Worten", die in Erinnerung blieben. Der Wunsch der Familie nach genauerer Aufklärung sei verständlich. Dass dies nicht geschah, habe aber an der konkreten Beweislage gelegen und nicht etwa am Unwillen des OLG.
    Neben dem Fall Lübcke ging es in dem Verfahren noch um einen Angriff auf einen irakischen Asylbewerber. Jemand hatte den Mann Anfang 2016 attackiert und ihm ein Messer in den Rücken gestochen. Die Bundesanwaltschaft hält Ernst für den Täter, konnte die Gerichte aber nicht überzeugen. Das Opfer trat ebenfalls als Nebenkläger auf.
    (Dieser Artikel wurde am Donnerstag, 25. August 2022 erstmals veröffentlicht.)
    Quelle: ntv.de, mli/dpa
    https://www.n-tv.de/


    Tod von Kasseler Regierungspräsident

    BGH bestätigt Urteile im Mordfall Lübcke

     

     

     

    Stand: 25.08.2022 12:20 Uhr

    Der Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Lübcke wird nicht noch einmal vor Gericht aufgerollt. Der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigte die Urteile des Oberlandesgerichts Frankfurt und damit auch die lebenslange Haftstrafe für Stephan E.Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Fall des ermordeten Kasseler Regierungschefs Walter Lübcke nicht neu verhandelt wird. Damit haben die Richter das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main vom Januar bestätigt und der Mordfall ist somit rechtskräftig abgeschlossen.
    Das OLG hatte gegen den Angeklagten Stephan E. eine lebenslange Haftstrafe verhängt und zudem eine besondere Schwere der Schuld festgestellt, sodass eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren so gut wie ausgeschlossen ist.
    Stephan E. spricht mit Mustafa Kaplan (links) and Jörg Hardies (rechts) | RONALD WITTEK/POOL/EPA-EFE/Shutt
    Aus nächster Nähe erschossen
    Lübcke war am Abend des 1. Juni 2019 auf der Terrasse seines Wohnhauses ermordet worden. Die Richter des OLG sahen es als erwiesen an, dass Stephan E. Lübcke aus nächster Nähe in den Kopf schoss. Hintergrund der Tat waren demnach fremdenfeindliche und rechtsextreme Motive. Stephan E. lehnte unter anderem Lübckes offene Asylpolitik ab.In dem Prozess vor dem OLG war zudem Markus H. angeklagt, unter anderem wegen Beihilfe zum Mord. Ihn verurteilte das OLG allerdings lediglich wegen eines Waffendelikts - zu einer anderthalbjährigen Bewährungsstrafe. Auch dieses Strafmaß bleibt nach der BGH-Entscheidung rechtskräftig.
    "Fehlerfreie Beweiswürdigung" des OLG
    Die Aufgabe des BGH hatte darin bestanden, das Verfahren vor dem OLG auf mögliche Rechtsfehler zu prüfen. Doch Jürgen Schäfer, Vorsitzender Richter des dritten Strafsenats des BGH, sprach von einer "fehlerfreien Beweiswürdigung" seitens des OLG, sowohl in Bezug auf das Strafmaß für Stephan E. als auch für Markus H. Schäfer verwies darauf, dass in der Revision eben nicht alles komplett neu geprüft würde, sondern dass die Beweiswürdigung der unteren Gerichtsinstanz hingenommen werden müsse, solange sie nicht widersprüchlich, unklar oder lückenhaft sei. Wenn die Richter vom Oberlandesgericht Frankfurt etwa gemeint hätten, es gebe keine Beweise dafür, dass der Mitangeklagte Markus H. mit am Tatort war oder sogar geschossen hätte, dann müsse der BGH das akzeptieren. Insgesamt bemühte sich der Vorsitzende Richter allerdings darum, Verständnis für das Anliegen der Familie Lübcke zu zeigen. Es sei nachvollziehbar, dass sie genauer wissen wollte, wie Walter Lübcke zu Tode gekommen sei. Aber die Beweislage sei eben nicht besser. Versäumnisse oder Unwille des Oberlandesgerichts, mehr herauszufinden, seien nicht festzustellen.
    Angehörige zweifelten Urteil gegen Markus H. an
    Nach dem Urteil des OLG hatten die Angehörigen Lübckes sowie die Bundesanwaltschaft Revision gegen die Richterentscheidung eingelegt. Hauptbeweggrund war vor allem das Strafmaß für Markus H. Dieser habe in dem Mordfall eine wesentlich bedeutendere Rolle gespielt, so die Begründung für den Gang vor den BGH. Aus Sicht der Hinterbliebenen und der Bundesanwaltschaft hatte Markus H. etwa mit Stephan E. schießen geübt und ihn letztlich in seinem Willen zur Tat bestärkt. Die Angehörigen sehen in ihm sogar einen direkten Mittäter. Auch die Anwälte von Stephan E. hatten gegen das Urteil des OLG Revision eingelegt. Sie wollten so gegen die angeordnete Sicherheitsverwahrung vorgehen.
    Az. 3 StR 359/21
    Mit Informationen von Gigi Deppe, ARD-Rechtsredaktion
    https://www.tagesschau.de/

    Prozessbeobachtung: Rechtsextremismusverfahren beim Amtsgericht Mosbach
    Strafanzeige vom 06.08.2022 unter 6F 9/22 gegen Unbekannt nach § 168 Störung der Totenruhe wegen Schändung der NS-Gedenkstätte KZ Buchenwald: hier konkret der Gedenk- und Erinnerungsbäume für die von den Nazis ermordeten jüdischen Kinder auf der Blutstraße zur Deportation vom KZ-Buchenwald in das KZ-Auschwitz
    220806_uhl_ag_mos_ja_blutstrasse.pdf (120.4KB)
    Prozessbeobachtung: Rechtsextremismusverfahren beim Amtsgericht Mosbach
    Strafanzeige vom 06.08.2022 unter 6F 9/22 gegen Unbekannt nach § 168 Störung der Totenruhe wegen Schändung der NS-Gedenkstätte KZ Buchenwald: hier konkret der Gedenk- und Erinnerungsbäume für die von den Nazis ermordeten jüdischen Kinder auf der Blutstraße zur Deportation vom KZ-Buchenwald in das KZ-Auschwitz
    220806_uhl_ag_mos_ja_blutstrasse.pdf (120.4KB)
    Prozessbeobachtung: Rechtsextremismusverfahren beim Amtsgericht Mosbach
    OFFIZIELLE STRAFAANZEIGE AN DAS AMTSGERICHT MOSBACH vom 03.09.2022 unter 6F 9/22 gegen Unbekannt wegen rechtsextremistisch motivierter schwerer Brandstiftung bei den Anschlägen auf eine Flüchtlingsunterkunft in Leipzig vom 26.08.2022
    220903_uhl_ag_mos_leipzig_flüchtlingsunterkunft.pdf (21.9KB)
    Prozessbeobachtung: Rechtsextremismusverfahren beim Amtsgericht Mosbach
    OFFIZIELLE STRAFAANZEIGE AN DAS AMTSGERICHT MOSBACH vom 03.09.2022 unter 6F 9/22 gegen Unbekannt wegen rechtsextremistisch motivierter schwerer Brandstiftung bei den Anschlägen auf eine Flüchtlingsunterkunft in Leipzig vom 26.08.2022
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    DEUTSCHLAND: STEINMEIER IN LICHTENHAGEN

    Eine fulminante Abrechnung mit der jüngeren Geschichte der Bundesrepublik

     

     

     

    Stand: 26.08.2022 |  Von Claus Christian Malzahn
    Zum 30. Jahrestag des Pogroms von Rostock-Lichtenhagen holt Bundespräsident Steinmeier nach, was die politische Elite in den vergangenen Jahrzehnten versäumte. Er hält die wohl stärkste Rede seiner bisherigen Amtszeit.
    Stell Dir vor, 47 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs tobt in einer deutschen Großstadt ein Pogrom – und kaum ein Politiker geht anschließend hin. Und dann dauert es noch einmal 30 Jahre, bis das Oberhaupt der Bundesrepublik den Tatort besichtigt – und das Nötige dazu sagt.
    Am Nachmittag des 25. August 2022 steht Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier vor der Ostseite eines zwölfgeschossigen Plattenbaus in Rostock-Lichtenhagen. Die fensterlose Hauswand ist mit riesigen Sonnenblumen verziert. Steinmeier, begleitet von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig, steckt vor dem Wohngebäude eine Sonnenblume in eine weiße Vase. Dann verharrt er schweigend vor der Wand. Reden wird er später, im Rostocker Rathaus.
    Sonnenblumen sind fröhliche, sommerliche Symbole für Lebensmut. Im Rostocker Stadtteil Lichtenhagen allerdings assoziiert man mit dem „Sonnenblumenhaus“, das inzwischen unter Denkmalschutz steht, nackte Todesangst. Der Bundespräsident besichtigt die Spuren einer rassistischen Volksaufwallung, bei der vor drei Jahrzehnten nur durch reinen Zufall niemand ums Leben kam. Nicht nur der sich über vier Tage hinziehende Straßenterror an sich, auch die Reaktionen darauf markierten einen Tiefpunkt der deutschen Nachkriegsgeschichte.
    Als das Sonnenblumenhaus am Abend des 24. August in Flammen stand, tobten die Krawalle schon drei Tage lang. Die Polizei war völlig überfordert, gerade mal zwei Dutzend Beamte versuchten verzweifelt, den Mob im Zaum zu halten. Junge Männer, darunter organisierte Neonazis, warfen Brandsätze, wenn die Flammen loderten, klatschten Tausende Bürger Beifall. Insgesamt 120 Menschen, darunter viele vietnamesische Vertragsarbeiter, die im Haus wohnten, entkamen nur knapp einem grausamen Feuertod.
    Pogrom galt als bedauerlicher Kollateralschaden eines holprigen Aufbau-Ost-Prozesses
    Steinmeier steht heute da, wo vor 30 Jahren Bundeskanzler Helmut Kohl hätte stehen müssen, oder Bundespräsident Richard von Weizsäcker, oder irgendein anderer Repräsentant des wiedervereinigten Deutschlands. Doch sie kamen nicht.
    Auf die Frage, ob der deutsche Regierungschef eine Reise nach Rostock plane, teilte der Regierungssprecher damals in Bonn mit, man wolle „Beileidstourismus“ vermeiden. Nur eine noch weithin unbekannte Familienministerin namens Angela Merkel reiste damals in die Hansestadt, auf der Suche nach dem Dialog mit jugendlichen Tätern. Die Begegnung in einem Rostocker Jugendzentrum, in dem Merkel im Gespräch mit Skinheads Ursachenforschung betrieb, ließ allerdings viele Fragen offen.
    In Bonn wertete man das Pogrom letztlich als bedauerlichen Kollateralschaden eines holprigen Aufbau-Ost-Prozesses. 375 Ermittlungsverfahren wurden seinerzeit von der Staatsanwaltschaft gegen mutmaßliche Brandstifter und Steinewerfer eröffnet. Es kam zu 44 Verurteilungen, davon nur drei Haftstrafen ohne Bewährung. Die meisten Täter kamen davon. Als der Bundestag im Mai 1993 mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit aus Union, SPD und FDP das Grundrecht auf Asyl einschränkte, durften sich die Täter von Lichtenhagen vollends als Sieger fühlen. Ihre rücksichtslose Militanz hatte sich politisch letztlich ausgezahlt.
    Die brutalen Szenen aus der Hansestadt, ausreichend dokumentiert durch viele Fernsehteams und quasi live in die deutschen Wohnstuben übertragen, passten nicht knapp zwei Jahre nach der Wiedervereinigung in die Erzählung der blühenden Landschaften. Es blieb dem Vorsitzenden des Zentralrats der Juden, Ignatz Bubis, vorbehalten, im November 1992 nach Rostock zu reisen und ein Zeichen der Empathie mit den Opfern zu setzen.
    Vor dem Sonnenblumenhaus weinte er. Und im Rostocker Rathaus fragte ihn der Vorsitzende des Innenausschusses, ein örtlicher CDU-Politiker: Sie bezeichnen sich als deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens, richtig?“ Dann setzte er nach: „Aber ihre Heimat ist doch Israel. Was halten Sie von den Gewalttaten zwischen Israelis und Palästinensern?“ Der Besuch von Bubis endete mit einem Eklat.
    „Für diese Schande trägt die Politik große Mitverantwortung“
    Frank-Walter Steinmeier trifft nach 30 Jahren im Rostocker Rathaus auf einen freundlicheren Empfang. Aber der deutsche Staat, den er vertritt, muss hier viel gutmachen. Den Opfern gegenüber. Steinmeier ist wohl auch gekommen, um das wettzumachen, was die politische Elite der wiedervereinigten Bundesrepublik nicht wollte oder konnte. Der Vorwurf des „Staatsversagens“ wird heute fast inflationär benutzt. Im Zusammenhang mit Rostock-Lichtenhagen ist er allerdings alternativlos.
    Der Rechtsstaat, der die Pflicht hatte, Menschen zu beschützen, habe sie alleingelassen, sagt Steinmeier im Rathaus. „Und so waren sie einer entfesselten Menge von Menschen ausgesetzt, von denen viele in den Jahren zuvor ihre Nachbarn waren. Was in Rostock geschah, ist eine Schande für unser Land“. Und dann: „Für diese Schande trägt die Politik große Mitverantwortung“.
    Auch die politischen Reaktionen auf Rostock-Lichtenhagen waren ein Skandal
    Immer wieder wendet er sich an einzelne Gäste, etwa den ehemaligen Vertragsarbeiter Nguyen Do Thinh, der 1982 aus Vietnam in die DDR kam und trotz des Pogroms in Rostock blieb. „Ihre Todesangst, Ihr Gefühl des Verlassenseins in jenen Stunden können wir nur erahnen“, sagt er. „Sie haben überlebt.“ Steinmeier beschreibt das Pogrom detailreich, in all seinen finsteren Facetten. Und natürlich nähert er sich dann auch der Frage, „wie konnte das passieren?“ Auch viele Rostocker hatten das, was passierte, schließlich für unmöglich gehalten.
    Aber, so Steinmeier, man hätte doch aus den dunkelsten Kapiteln unserer deutschen Geschichte gelernt, „dass die Idee von der Unvorstellbarkeit ein verhängnisvoller Denkfehler“ sei. „Unvorstellbarkeit ist eine Schutzformulierung, um sich nicht weiter damit befassen zu müssen, was gerade geschieht – oder wie geschehen konnte, was geschehen ist“.
    Diese Frage dürfe nicht in der Luft hängen bleiben, sagt der Bundespräsident. „Sie zu beantworten bedeutet, präzise zu benennen, was war“. Der Kern dieser Frage sei „nicht der nach Ost und West“ so Steinmeier. Der Kern sei die Erkenntnis, „wozu eine Gesellschaft im schlimmsten Fall in der Lage ist – und wie sie sich im besten Fall dagegen wappnen kann, dass es nicht wieder geschieht“.
    Ausschreitungen waren eine Katastrophe mit Ansage – und deswegen auch vermeidbar
    Aber genau da wird das Staatsoberhaupt etwas unscharf. Richtig ist, dass es Anfang der 90er-Jahre auch mörderische Brandanschläge im Westen gab, etwa in Mölln, Solingen und Lübeck. Neonazis zündeten Häuser an, in denen türkische Familien lebten, es gab viele Tote. Allerdings haben sich vor diesen Häusern keine Nachbarn versammelt, die Täter johlend angefeuert und Beifall geklatscht. Und genau an dieser Schnittstelle wird ein Terroranschlag zu einem Pogrom.
    Präzise und richtig ist dagegen, dass der Bundespräsident das die „Ausschreitungen von Rostock-Lichtenhagen eine Katastrophe mit Ansage“ nennt. In einer Lokalzeitung hatten Mitglieder einer „Bürgerwehr“ wenige Tage zuvor angekündigt, „aufräumen zu wollen“ in der zentralen Anlaufstelle für Flüchtlinge. Wenn die Stadt in Lichtenhagen nicht für Ordnung sorge, „machen wir das. Und zwar auf unsere Weise“, teilte ein anonymer Anrufer mit. Die Ausschreitungen von Rostock seien also vorstellbar gewesen, sagt Steinmeier und deswegen eben auch vermeidbar.
    Die Gewalt von damals, „jene Spur rechten Terrors, ist leider immer noch da“. Sie ziehe sich, in Wellen, durchs Land. Steinmeier nennt auch die Mordserie des rechtsterroristischen NSU. „Viel zu lange haben wir diese Spur nicht ernst genug genommen. Dabei hätten wir schon aus Rostock-Lichtenhagen die richtigen Lehren ziehen müssen“.
    Zum Ende seiner Rede beschreibt Steinmeier diese Lehren in drei Punkten. Es gelte, verbal abzurüsten, denn „Worte können Waffen sein“. Mit Worten könne man das Gewaltpotenzial einer Gesellschaft aktivieren. Er beobachte mit Sorge, wie sich die Grenze zwischen dem Sagbaren und dem Unsagbaren verschiebe. Es gelte, den Mechanismen der sozialen Medien zu widerstehen, „welche ausgerechnet das widerlichste verbale Schwert mit größter Reichweite belohnen“.
    Die zweite Lehre richtet sich an die Politik. Der Staat müsse jederzeit alles ihm Mögliche tun, jeden einzelnen Bürger in der offenen Gesellschaft gegen Angriffe zu schützen. „Viel zu lange haben wir die Gefahr des rechten Terrors nicht ernst genug genommen“. Ein Staat, der zu lange zuschaue oder unterreagiere, schütze die Gefährdeten nicht ausreichend vor den Gefährdern. „Ein Staat, der im entscheidenden Moment abwesend ist, nimmt furchtbare Folgen in Kauf.“
    Das Wort „Pogrom“ kommt in Steinmeiers Rede nicht vor
    Es war wohl Steinmeiers stärkste Rede seiner bisherigen Amtszeit. Eine Leerstelle ist dennoch zu beklagen. Als Ignatz Bubis erfuhr, was in Rostock-Lichtenhagen vor sich ging, als er die Bilder des brennenden Sonnenblumenhauses im Fernsehen sah, da dachte er an das Pogrom von Kielce. In der polnischen Stadt waren im Juli 1946 etwa 40 jüdische Überlebende des Holocaust umgebracht worden, polnische Bewohner hatten ein Haus angezündet, in das sie sich geflüchtet hatten.
    Ein Pogrom, so definiert es der Duden, seien „Ausschreitungen gegen nationale, religiöse oder ethnische Minderheiten“. Eben das, was auch in den vier Augusttagen in Lichtenhagen geschah – obwohl viele Rostockerinnen und Rostocker das lange nicht hören wollten.
    https://www.welt.de/

    Rostock-Lichtenhagen: Vor 30 Jahren eskaliert der Fremdenhass

     

     

     

    Stand: 22.08.2022 14:35 Uhrhttps://strato-editor.com/.cm4all/widgetres.php/cm4all.com.widgets.DownloadWidget/thumbnail.png

    Rechte werfen Steine und Molotowcocktails, Anwohner applaudieren: Tagelang halten ab dem 22. August 1992 brutale Übergriffe auf Ausländer in Rostock-Lichtenhagen an. Politik und Polizei sind überfordert.
    Es waren Ausschreitungen mit Vorankündigung: "In der Nacht vom Samstag zum Sonntag räumen wir in Lichtenhagen auf. Das wird eine heiße Nacht", droht ein anonymer Anrufer bei der Rostocker Tageszeitung "Norddeutsche Neueste Nachrichten" am 19. August 1992. Und die "Ostseezeitung" zitiert am 21. August drei Jugendliche, die ankündigen, dass "die Roma 'aufgeklatscht'" werden sollen. "Die Leute, die hier wohnen, werden aus den Fenstern schauen und Beifall klatschen", prophezeien die drei jungen Leute.
    22. August 1992: Der rechte Mob versammelt sich
    Vor dem sogenannten Sonnenblumenhaus entlädt sich im August 1992 die Gewalt gegen Ausländer. Doch erst nach Tagen schirmt die Polizei das Gebäude ab.
    Was einen Tag später beginnt, zählt bis heute zu den schlimmsten fremdenfeindlichen Übergriffen in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg. Am Abend des 22. August 1992 versammeln sich vor dem sogenannten Sonnenblumenhaus im Rostocker Stadtteil Lichtenhagen rund 2.000 Menschen, viele von ihnen Anwohner des Stadtteils. In dem Gebäude, das nach dem Blumenmosaik an seiner Fassade benannt ist, ist die zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber des Landes Mecklenburg-Vorpommern (ZASt) untergebracht. Rund 200 Gewalttäter, zumeist Jugendliche, beginnen an diesem Sonnabend damit, Steine auf das Gebäude zu werfen. Erste Fensterscheiben an dem elfstöckigen, langgestreckten Gebäude, in dem auch Vietnamesen wohnen, gehen zu Bruch.
    Rostock-Lichtenhagen: Seit den Ausschreitungen im August 1992 steht der Stadtteil für dumpfe Gewalt. Auch Autos von Anwohnern geraten in Brand.
    Tags darauf fliegen die ersten Brandsätze - eine entfesselte Meute macht ihrem Hass und ihrer Frustration Luft, unterstützt von bekannten deutschen Rechtsextremen, die angereist sind. Die versammelten Schaulustigen halten die Gewalttäter nicht auf - im Gegenteil: Sie applaudieren den Tätern, feuern sie an. Die anrückenden Polizeibeamten kommen ohne Schutzuniformen, sind nicht vorbereitet auf die wütende Menschenmenge, deren Zorn auch ihnen entgegenschlägt. "Das ist ein Bürgerkrieg hier, das Gefühl hatten wir damals", erinnert sich Guido Nowak vor einigen Jahren, damals Streifenpolizist in Rostock, entsetzt über das Verhalten der Schaulustigen: "Für mich war's unfassbar, dass Jugendliche, die uns angegriffen haben, zwischen den Zuschauern verschwinden konnten, dass die Anwohner Platz gemacht haben, dass sie sie reingelassen haben."
    "Deutschland den Deutschen, Ausländer raus!"
    Erst in der Nacht kommt Verstärkung durch Polizisten aus Hamburg und Beamte des Bundesgrenzschutzes und stoppt die Gewalttäter - vorerst. Doch schon am nächsten Tag rotten sich rechte Skinheads und andere Gewalttäter wieder zusammen, werfen erneut Steine und Molotowcocktails gegen die Aufnahmestelle, greifen Polizisten an. Die johlende Menge applaudiert und skandiert: "Deutschland den Deutschen, Ausländer raus!"
    Erst am Montag, dem dritten Tag der Ausschreitungen, werden die Asylbewerber aus der Aufnahmestelle evakuiert. Doch die Übergriffe gehen mit gleicher Brutalität weiter. Am Abend ist die Situation komplett außer Kontrolle: Die meist jugendlichen Gewalttäter liefern sich eine Straßenschlacht mit der Polizei, mehrere Beamte werden verletzt. Schließlich zieht sich die Polizei zurück - und lässt die im Gebäude verbliebenen Menschen schutzlos zurück. Kurz darauf brennt das Haus.
    Rund 120 Menschen im brennenden Gebäude eingeschlossen
    Im brennenden Asylbewerberheim in Rostock-Lichtenhagen eingeschlossene Menschen versuchen im August 1992, eine Tür zu öffnen und sich zu befreien.  
    Nur unter Schwierigkeiten können sich die eingeschlossenen Vietnamesen aus dem brennenden Gebäude befreien.
    Die Feuerwehr ist vor Ort, wird aber von der Menschenmenge bei den Rettungsarbeiten behindert. Rund 120 Vietnamesen sind in dem Gebäude eingeschlossen, darunter auch Kinder. Mit ihnen in dem brennenden Haus gefangen sind ein Fernsehteam des ZDF sowie der Leiter der Zentralen Aufnahmestelle, Rainer Hagen. Den Eingeschlossenen gelingt es, die mit Schlössern gesicherten Notausgänge aufzubrechen und aufs Dach zu flüchten.
    "Ich kann es nicht vergessen, weil ich dabei war"
    Hung Quoc Nguyen lebte 1992 im Sonnenblumenhaus. Wie viele andere floh er übers Dach.
    Auch Hung Quoc Nguyen ist unter denen, die sich angsterfüllt auf das Dach retten. 30 Jahre lang hat er nicht über das Erlebte gesprochen - wie so viele andere auch: "Die Vietnamesen in Rostock erinnern sich immer noch an den Vorfall, aber niemand will noch einmal darüber reden", sagt er in der NDR Dokumentation "Die Narbe - Der Anschlag in Rostock-Lichtenhagen". 1989 kam er als Vertragsarbeiter aus Hanoi in die DDR. In Rostock arbeitet er dann als Umschlagarbeiter am Seehafen. Zu viert in einem Zimmer wohnt er mit Kollegen im 10. Stock des Sonnenblumenhauses.
    Am Tag des Brandes kommt er abends im Auto eines Freundes nach Hause. Angesichts des rechten Mobs lassen sie den Wagen stehen und laufen weg. "Dann stürmten die Randalierer rüber und setzten das Auto in Flammen. Dann das Polizeiauto, dann andere." Später breiten sich auch im Haus die Flammen aus, zunächst im ersten Stock, dann fressen sie sich nach oben. Hung und seine Kollegen flüchten ins oberste Stockwerk und von dort aus aufs Dach.
    Wie durch ein Wunder gibt es keine Toten
    Das Gebäude nach den Angriffen. Die Feuerwehr wurde zunächst daran gehindert, das Feuer zu löschen.
    Etwa eine Stunde später ist der Brand gelöscht, die völlig verängstigten Bewohner - einige halten sich noch auf verschiedenen Etagen des Gebäudes versteckt - werden in Sicherheit gebracht.
    Noch mehr als einen Tag dauern die pogromartigen Ausschreitungen an. Die Polizei setzt Wasserwerfer und Tränengas gegen den zerstörungswütigen Mob ein. Erst in der Nacht zum Mittwoch, den 26. August, bekommt die Polizei die Lage in den Griff. Wie durch ein Wunder hat es keine Toten gegeben.
    Lichtenhagen Anfang der 1990er - ein soziales Pulverfass
    Die Fernsehbilder aus Rostock-Lichtenhagen schockieren die Welt. Schlimme Erinnerungen an die Pogrome der Nationalsozialisten werden wach. Bis heute steht der Stadtteil Rostock-Lichtenhagen für brutalen Ausländerhass. Doch wie konnte es zu den Ausschreitungen kommen?
    Die Bilder vom brennenden Sonnenblumenhaus 1992 gingen um die Welt. Fast vergessen sind etliche rassistische Angriffe zuvor.
    Anfang der 1990er-Jahre ist die Arbeitslosigkeit in Rostock-Lichtenhagen hoch. Nach der Wende haben viele ehemalige Werftbeschäftigte ihren Job verloren. In dem mit 18.000 Menschen dicht besiedelten Stadtviertel greift Frustration um sich. Gleichzeitig schnellt infolge des Zusammenbruchs des Sozialismus in Osteuropa in ganz Deutschland die Zahl der Asylbewerber in die Höhe. Auch die neuen Bundesländer nehmen einen Teil des Flüchtlingsstroms auf. Die Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber (ZASt) für Mecklenburg-Vorpommern wird im Sonnenblumenhaus in Lichtenhagen untergebracht. Jeder Asylbewerber, der dem Land zugewiesen wird, muss sich dort registrieren lassen.
    Hunderte Flüchtlinge campieren vor der Aufnahmestelle
    Viele Aslybewerber müssen im Sommer 1992 tagelang auf ihre Registrierung warten. Die Aufnahmestelle ist völlig überfüllt.
    Allein in Rostock stellen 1992 jeden Monat mehr als 1.000 Menschen einen Antrag auf Asyl. Schon bald ist die Aufnahmestelle völlig überlastet. Oft müssen die Asylsuchenden tagelang warten, bis sie endlich registriert sind und auf Wohnheime in anderen Teilen Mecklenburg-Vorpommerns verteilt werden. Zeitweise warten bis zu 650 Menschen darauf, ihren Antrag stellen zu können - und täglich kommen neue Asylbewerber, viele von ihnen Sinti und Roma. Da es im Gebäude selbst nur 350 Betten gibt, harren Hunderte Flüchtlinge auf den Grünflächen zwischen den Häusern aus. Toiletten gibt es dort keine - die Stadt weigert sich, entsprechende Vorkehrungen zu treffen, um die Zustände rund um die ZASt nicht zu "legalisieren".
    Unklare Zuständigkeit bei den Behörden
    Bereits Monate vor den Ausschreitungen häufen sich Beschwerden der Anwohner über die Zustände rund um das Sonnenblumenhaus. Doch bei den Behörden fühlt sich niemand so recht zuständig: Die Stadt Rostock sieht das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern in der Pflicht, da die ZASt eine Landesbehörde ist. Bei der Regierung in Schwerin hält man dagegen die Stadt Rostock für verantwortlich.
    Der Zorn der Anwohner wächst
    Eine Frau spricht in ein Mikrofon, Rostock Lichtenhagen 1992  
    "Ich würde noch mithelfen beim Steine schmeißen", bekennt etwa diese Frau im Sommer 1992.
    So spitzt sich die Situation in Lichtenhagen weiter zu. Viele Anwohner fühlen sich angesichts der vielen Flüchtlinge von der Politik im Stich gelassen. Frustration und Ressentiments gegenüber den Fremden wachsen: "Für uns im Block sind das, auf Deutsch gesagt, Dreckschweine! Die scheißen und pissen um unseren Block! Die liegen in der Ecke!", empört sich ein Anwohner noch kurz vor den Ausschreitungen. Die Stimmung ist explosiv.
    Die Verantwortlichen bei Polizei und Stadt sind darüber informiert, dass Unbekannte und Rechtsradikale für das Wochenende am 22. und 23. August Proteste und Krawalle angekündigt haben. Sie beraten darüber, ob die Aufnahmestelle sicherheitshalber geräumt werden soll - und entscheiden sich dagegen.
    Angekündigte Krawalle - Verantwortliche sind im Wochenende
    "Es wäre vielleicht besser gewesen, man hätte die Entscheidung zur Räumung der ZASt schon am Samstag getroffen, als die Gefahr drohte. Als man sah, da könnte sich was zusammenbrauen. Das gebe ich ja zu", sagt der damalige Abteilungsleiter für Ausländerfragen im Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern, Winfried Rusch, später rückblickend. Er war an den Beratungen im August 1992 beteiligt.
    Doch nichts passiert. Stattdessen fährt ein Großteil der Verantwortlichen ins Wochenende zu ihren Familien nach Westdeutschland - auch der Einsatzleiter der Polizei, Jürgen Deckert. Und die Polizei in Rostock steht zu Beginn der Krawalle ohne klare Führung da.
    Medien schüren Ängste, Politik und Polizei versagen
    Die Liste der fatalen Fehler bei Politikern, Behörden und Polizei, die den Ausschreitungen vorangehen, ist lang. Unklare Verantwortlichkeiten, eine völlige Fehleinschätzung der Situation, Personalmangel bei den zuständigen Behörden, zu geringe Kapazitäten bei den Notquartieren und die Nichtbeachtung von Beschwerden gehören dazu. Zugleich hatten nicht nur Rechtsradikale, sondern auch demokratische Politiker die Stimmung gegen die wachsende Zahl der Asylbewerber angeheizt. Die Medien trugen mit Berichten über die angebliche "Ausländerflut" und "Asylantenschwemme" dazu bei, die Ängste vor den Fremden zu schüren.
    Wolfgang Zöllick, 1992 stellvertretender Bürgermeister von Rostock, spricht 2012 über die Mitverantwortung der Politik an den Ausschreitungen.
    "Da ist sicherlich vieles zusammengekommen. Und dazugekommen ist auch die Unfähigkeit, mit solchen Problemen umzugehen. Da schließe ich mich nicht aus. Das ist so", bekennt Wolfgang Zöllick 20 Jahre nach den Anschlägen im Jahr 2012. Der CDU-Politiker war von 1990 bis 1994 stellvertretender Oberbürgermeister von Rostock.
    Viele Täter kommen straflos davon
    257 Strafverfahren werden nach den Ausschreitungen eingeleitet, die meisten aber wieder eingestellt. 40 Angreifer werden 1993 und 1994 wegen Landfriedensbruchs und Brandstiftung zumeist zu Bewährungsstrafen verurteilt. Nur drei Täter bekommen Haftstrafen - die höchste beträgt drei Jahre. Der letzte Prozess geht erst 2002 zu Ende. Darin werden weitere drei Täter wegen Brandstiftung und versuchten Mordes zu Bewährungsstrafen zwischen 12 und 18 Monaten verurteilt. Die anonyme Menschenmenge, die die Täter anfeuerte, die Feuerwehr behinderte und keinen Finger rührte, um den bedrohten Menschen im Gebäude zu helfen, geht straflos aus.
    25 Jahre nach den Anschlägen wurden in Rostock die Gedenk-Stelen der Künstlergruppe SCHAUM aufgestellt.
    Seit 2017 erinnern fünf Marmor-Stelen in Rostock an die brutalen fremdenfeindlichen Übergriffe im Sommer 1992 - fünf einzelne Mahnmale an unterschiedlichen Orten in Rostock, die an die verschiedenen gesellschaftlichen Bestandteile erinnern, die die Ausschreitungen damals befeuerten beziehungsweise nicht verhinderten: Politik, Selbstjustiz, Staatsgewalt, Medien, Gesellschaft und Empathie.
    https://www.ndr.de/

    Prozessbeobachtung: Rechtsextremismusverfahren beim Amtsgericht Mosbach
    Strafanzeige vom 06.08.2022 unter 6F 9/22 gegen Unbekannt nach § 168 Störung der Totenruhe wegen Schändung der NS-Gedenkstätte KZ Buchenwald: hier konkret der Gedenk- und Erinnerungsbäume für die von den Nazis ermordeten jüdischen Kinder auf der Blutstraße zur Deportation vom KZ-Buchenwald in das KZ-Auschwitz
    220806_uhl_ag_mos_ja_blutstrasse.pdf (120.4KB)
    Prozessbeobachtung: Rechtsextremismusverfahren beim Amtsgericht Mosbach
    Strafanzeige vom 06.08.2022 unter 6F 9/22 gegen Unbekannt nach § 168 Störung der Totenruhe wegen Schändung der NS-Gedenkstätte KZ Buchenwald: hier konkret der Gedenk- und Erinnerungsbäume für die von den Nazis ermordeten jüdischen Kinder auf der Blutstraße zur Deportation vom KZ-Buchenwald in das KZ-Auschwitz
    220806_uhl_ag_mos_ja_blutstrasse.pdf (120.4KB)
    Prozessbeobachtung: Rechtsextremismusverfahren beim Amtsgericht Mosbach
    OFFIZIELLE STRAFAANZEIGE AN DAS AMTSGERICHT MOSBACH vom 03.09.2022 unter 6F 9/22 gegen Unbekannt wegen rechtsextremistisch motivierter schwerer Brandstiftung bei den Anschlägen auf eine Flüchtlingsunterkunft in Leipzig vom 26.08.2022
    220903_uhl_ag_mos_leipzig_flüchtlingsunterkunft.pdf (21.9KB)
    Prozessbeobachtung: Rechtsextremismusverfahren beim Amtsgericht Mosbach
    OFFIZIELLE STRAFAANZEIGE AN DAS AMTSGERICHT MOSBACH vom 03.09.2022 unter 6F 9/22 gegen Unbekannt wegen rechtsextremistisch motivierter schwerer Brandstiftung bei den Anschlägen auf eine Flüchtlingsunterkunft in Leipzig vom 26.08.2022
    220903_uhl_ag_mos_leipzig_flüchtlingsunterkunft.pdf (21.9KB)

     

     

     


    Neonazis legen Revision ein

     

     

     

    13.08.2022, Seite 4 / Inland

    München. Nach dem Urteil gegen Mitglieder des verbotenen Neonazi-Netzwerks »Blood and Honour« haben zwei der neun Verurteilten Revision eingelegt. Es handele sich um einen der Rädelsführer und den einzigen nur als Unterstützer verurteilten Angeklagten, sagte ein Sprecher des Landgerichts München I am Freitag. Die beiden Neonazis hatten wegen Verstoßes gegen ein Vereinigungsverbot, Volksverhetzung und Verwendung verfassungswidriger Kennzeichen Bewährungsstrafen von einem Jahr und neun Monaten beziehungsweise von acht Monaten erhalten. (dpa/jW)
    https://www.jungewelt.de/

    Verbotene Vereinigung

    Bundesweite Razzia gegen Neonazis

     

     

     


    Stand: 06.04.2022 08:39 Uhr
    Die Bundesanwaltschaft geht seit den Morgenstunden gegen mehrere rechtsextremistische Vereinigungen vor. In elf Bundesländern werden 61 Objekte durchsucht. Im Zentrum stehen unter anderem "Combat 18" und "Knockout 51".
    Von Michael Götschenberg und Holger Schmidt, ARD-Terrorismusexperten, sowie Frank Bräutigam, ARD-Rechtsexperte
    Bei der Gruppe "Atomwaffen Division Deutschland" handelt es sich nach Einschätzung der Ermittler um eine terroristische Vereinigung. Sie sei offen rassistisch, antisemitisch, verherrliche Gewalt und befürworte die Entfachung eines Rassenkrieges. Die Gruppe tauchte erstmals 2018 im Internet auf. Lange war unklar, wie ernst sie zu nehmen ist. Nun hat sich der Generalbundesanwalt festgelegt und ermittelt gegen zehn Beschuldigte.
    "Combat18" verboten.
    Darüber hinaus wurde bei mindestens 20 Personen durchsucht, die der verbotenen Gruppe "Combat 18" zugerechnet werden. Zahlen haben bei Neonazis und Rechtsextremen eine kultische Bedeutung. "88" steht für den Gruß "Heil Hitler!" - weil H der achte Buchstabe des Alphabets ist. Wer sich also "Combat 18" nennt, will die "Kampftruppe Adolf Hitler" sein. In Deutschland ist "C18" wegen seiner rechtsextremen, neonazistischen und fremdenfeindlichen Haltung seit mehr als einem Jahr verboten. Für das Vereinsverbot war das Bundesinnenministerium zuständig. Nun geht es um strafrechtliche Vorwürfe. Der Generalbundesanwalt wirft den Beschuldigten vor, die Gruppe C18 in Deutschland weiter betrieben zu haben.
    Bei Razzien in drei Bundesländern wurden Wohnungen und Geschäftsräume durchsucht.
    Führende Mitglieder der Szene.
    Heute hat der Generalbundesanwalt eine großangelegte Razzia gegen die Menschen durchführen lassen, die C18 in Deutschland weiter betrieben haben sollen. Darunter sind führende Mitglieder der deutschen Neonazi-Szene. Der konkrete Vorwurf knüpft an das Vereinsverbot von 2020 an. Denn nach dem Strafgesetzbuch (§ 85) ist es verboten, eine verbotene Vereinigung aufrechtzuerhalten. Der Generalbundesanwalt kann Ermittlungen in einem solchen Fall wegen “besonderer Bedeutung” an sich ziehen.
    Anfänge in Großbritannien.
    Entstanden ist die Gruppierung Anfang der 1990er-Jahre in Großbritannien als eine Saalschutztruppe der rechtsextremen Partei "British National Party" (BNP). Schon bald bildeten sich internationale Ableger, auch in Deutschland. Seit Ende der 1990er Jahren registrierten deutsche Verfassungsschutzbehörden Aktivitäten von lokalen C18 Gruppen im Dunstkreis von Rechtsrock- und Neonazis-Veranstaltungen. C18 versuchte sich als der "bewaffnete Arm" der neonazistischen Bewegung "Blood & Honour" (Blut und Ehre) zu etablieren - einer Vereinigung von rechtsradikalen Musikgruppen, die sich in Slogans und Symbolen unverhohlen an Gruppierungen des "3. Reichs", wie der "Hitlerjugend" oder "SS" und "SA" anlehnte.
    Polizeiabsperrungen sind am am Hanauer Heumarkt zu sehen, wo mehrere Menschen ums Leben gekommen waren. | dpa
    https://www.tagesschau.de/

    Rechter Terror
    Vom NSU bis zum Anschlag in Hanau

     

     

     

    HINTERGRUND
    06.04.2022
    Seit Auffliegen des NSU gab es zahlreiche Anschläge und Verfahren. Eine Chronologe.
    https://www.tagesschau.de/

    Kontakt zu Beate Zschäpe.
    2007 schoss ein C18-Mitglied einen Mann aus Tunesien in einem Dortmunder Supermarkt nieder und verletzte ihn lebensgefährlich. Spätestens diese Gewalttat zeigte den Ermittlungsbehörden das Gefahrenpotential der Gruppe - auch weil eine Schusswaffe im Spiel war. Der Täter von damals heißt Robin S. und gehört nach Informationen von SWR und ARD-Hauptstadtstudio heute zu den Beschuldigten des Ermittlungsverfahrens. Für den Überfall in Dortmund erhielt er eine achtjährige Haftstrafe wegen schwerer räuberischer Erpressung. In der Haft begann er, der NSU-Terroristin Beate Zschäpe sehr persönliche Briefe zu schreiben. Zschäpe antwortete -seitenlang und höchst vertraut. Der Verfassungsschutz in NRW bemerkte die Briefe und informierte damals die Bundesanwaltschaft.
    Weitere Kontakte zum NSU.
    Der Briefwechsel zwischen Zschäpe und Robin S. ist nicht die einzige Verbindung von C18 zu den Rechtsterroristen zum "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU). Helfer der Terroristen, wie der im NSU-Prozess verurteilte Neonazi Andre Eminger, engagierten sich in den 2000er Jahren bei der "Blood & Honour"-Bewegung, zu der sich C18 zurechnet. Im Prozess vor dem Oberlandesgericht München versuchten Anwälte der Opfer immer wieder den Beweis zu führen, dass es direkte Verbindungen der drei Haupttäter zu Personen aus dem C18-Umfeld gab. Personen, die heute zu den Beschuldigten des aktuellen Verfahrens gehören. Spätes Verbot von "Combat 18"Offiziell wurde "Combat 18 Deutschland" bereits im Januar 2020 vom Bundesinnenministerium vereinsrechtlich verboten. Dieses Verbotsverfahren und sein Vollzug waren aber schon damals umstritten. Es komme viel zu spät und sei praktisch wirkungslos, sagten Kritiker. Denn der damalige Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) habe das Verbot zwar öffentlichkeitswirksam verkündet und in Combat 18 eine "menschenverachtende Gesinnung mit rechtsextremistischer und antisemitischer Hetze" gesehen. Durch ungeschicktes Agieren und öffentliche Ankündigungen sah Seehofer sich aber andererseits selbst innerhalb von Sicherheitsbehörden dem Vorwurf ausgesetzt, er habe durch unbedachte eigene Äußerungen
    C18 vor dem Verbot gewarnt.
    Fest steht, dass die Sicherheitsbehörden nach dem Verbot zunächst kaum belastbares Material bei den mutmaßlichen Mitgliedern gefunden hatten. Doch offenbar machten die Mitglieder weiter, sie sollen sich unter anderem unter dem Vorwand von Geburtstagspartys getroffen und Pläne geschmiedet haben.
    EXKLUSIV
    30.03.2022
    Neonazis in organisierter Kriminalität
    Anklage gegen neun Verdächtige
    Eine Neonazi-Gruppe wird wegen bandenmäßigem Drogenhandel und der Bildung einer kriminellen Vereinigung angeklagt.
    https://www.tagesschau.de/


    Auch "Knockout 51" im Visier.
    Eine andere Vereinigung steht in Eisenach im Visier der Ermittler: "Knockout 51" soll versucht haben, in der Stadt einen "Nazi Kiez" mit illegalen Patrouillen in Eisenach zu etablieren und militante Corona-Proteste zu initiieren. Der Generalbundesanwalt hält die Gruppe für eine kriminelle Vereinigung mit besonderer Bedeutung und hat Haftbefehle gegen ihre mutmaßlichen Mitglieder Leon R., Max A., Eric K. und Bastian A. erwirkt. Spezialkräfte durchsuchen in Eisenach derzeit mehrere Wohnungen. An eine kürzlich selbstverkündete Auflösung von "Knockout 51" glaubt die Bundesanwaltschaft nicht.Wie es weitergehtDie festgenommenen Personen im Fall der mutmaßlichen kriminellen Vereinigung "Knockout 51" werden nun nach Karlsruhe gebracht, wo sie einem Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof vorgeführt werden. Der entscheidet darüber, ob die Beschuldigten in Untersuchungshaft kommen. Im Fall von "Combat 18" gab es bislang keine Festnahmen. Ein wichtiger Punkt für den weiteren Verlauf der Ermittlungen wird hier sein, was bei den zahlreichen Durchsuchungen in ganz Deutschland an Beweismitteln gefunden wird.
    https://www.tagesschau.de/

    Bundesinnenministerium
    Was steckt in Faesers Plan gegen Rechts?

    Stand: 15.03.2022 08:09 Uhr
    Bundesinnenministerin Faeser will mit einem Aktionsplan gegen Rechtsextremisten vorgehen. Was steckt konkret dahinter - und was heißt das für die Sicherheitsbehörden?
    Von Michael Stempfle, ARD-Hauptstadtstudio
    Als Nancy Faeser vor einem Monat im Bundestag von einem "Aktionsplan gegen Rechtsextremismus" sprach, ging es ihr vor allem um den Schutz von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte. Die Innenministerin erwähnte die neun Ermordeten, die dem rassistischen Anschlag am 19. Februar 2020 in Hanau zum Opfer gefallen waren, namentlich. Ihre Botschaft: Sie will alles tun, um solche Attentate zu verhindern.
    Ihr Plan war umfassend gedacht - mehr Prävention als bei ihrem Amtsvorgänger Horst Seehofer. Aber auch mehr Repression: So will Faeser künftig effektiver verhindern, dass Extremisten eine Waffenerlaubnis bekommen und dafür sorgen, dass Waffen, die schon in den Händen von Extremisten sind, leichter entzogen werden können.
    "Aktionsplan Rechtsextremismus"
    Bundesinnenministerin Nancy Faeser will heute Vormittag einen "Aktionsplan Rechtsextremismus" vorstellen. Dass es ihr dabei auch um präventive Maßnahmen geht, macht schon die Wahl der drei Männer klar, die sie bei ihrem Termin begleiten. Neben Verfassungsschutz-Chef Thomas Haldenwang und dem Präsidenten des Bundeskriminalamtes (BKA), Holger Münch, soll auch der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung, Thomas Krüger, dabei sein.
    Damit ist auch klar: Die SPD-Politikerin wird die Sicherheitsbehörden stärker in die Pflicht nehmen. Das Bundeskriminalamt soll schärfer gegen strafrechtlich relevante Äußerungen in Chats vorgehen können, etwa gegen mögliche Mordfantasien bei Telegram und anderen Plattformen und Messenger-Diensten. Zudem sollen das Bundeskriminalamt und das Bundesamt für Verfassungsschutz auch Finanzströme von Rechtsextremisten stärker ausleuchten. Ein Vorschlag, der aus den Ländern kam. Mit Nachdruck auch aus Thüringen.
    Innenministerin Nancy Faeser (SPD). | dpa
    13.02.2022, Bundesinnenministerin Faeser.Harte Maßnahmen gegen Rechtsextreme. Die Innenministerin will gegen Hetze vorgehen und plant einen Aktionsplan gegen Rechtsextremismus. >>>
    Die Szene finanziell austrocknenDie Rechtsextremisten verwendeten die finanziellen Mittel vorwiegend dafür, ihre Strukturen weiter auszubauen, zum Beispiel durch den Erwerb von Immobilien, so der Thüringer Innenminister Georg Maier. "Wir müssen aber auch davon ausgehen, dass Gelder für den Erwerb von Waffen eingesetzt werden", so der SPD-Politiker.Aus Maiers Sicht gibt es verschiedene Geldquellen für die Rechtsextremisten. Zu nennen seien beispielhaft Rechtsrockkonzerte und Kampfsportveranstaltungen, aber auch das zugehörige Merchandising. "In Einzelfällen gibt es aber auch Bezüge in den Bereich der Organisierten Kriminalität mit Drogenhandel."Um solche Finanzströme besser aufzuklären, brauche Deutschland "mehr Kompetenzen insbesondere für den Verfassungsschutz", aber auch eine noch engere Zusammenarbeit der Ermittlungsbehörden, um die oft illegalen Geldbewegungen noch früher erkennen zu können. Finanzermittlungen seien langwierig und schwierig. Sie seien aber unerlässlich, um die Szene "auszutrocknen".
    Smartphone mit Logo der  Telegram-App | picture alliance / NurPhoto
    14.01.2022, Maßnahmen gegen Hass-Inhalte. Telegram einfach abschalten? >>>
    Bundesinnenministerin Faeser hat gedroht, den Dienst Telegram abzuschalten. Fachleute sind skeptisch.
    Geldströme aus Moskau?Eine Frage, die in diesem Zusammenhang auch eine Rolle spielen wird: Werden Rechtsextremisten in Deutschland aus dem Ausland finanziell unterstützt? Und: Welche Rolle spielt möglicherweise Russland?Überraschend wären Geldströme aus Moskau nicht, heißt es etwa vom Verfassungsschutz-Chef aus Thüringen, Stephan Kramer. Schließlich gingen schon in der Vergangenheit russische Schecks an die Neue Rechte in Frankreich. Das Kalkül Russlands: Die Verfassungsfeinde in der EU stärken, um Zweifel an der Demokratie zu säen und Unruhe zu stiften.Zwar zeigt sich die rechtsextreme Szene in Europa bislang noch uneins in ihrer Haltung zu Putins Krieg gegen die Ukraine. Auf der einen Seite gibt es Neonazis, die sich dem pro-ukrainischen Regiment Asow angeschlossen haben. Auf der anderen Seite schlägt sich die Neue Rechte in Deutschland offenbar auf die Seite Putins. So stellt das rechtsextremistische Magazin "Compact" Putin als Opfer dar - und die NATO als Aggressor.Ähnlich pro-russisch argumentieren immer wieder auch Rechtsextremisten, die sich unter die Demonstranten mischen, die etwa in Ostdeutschland nach wie vor gegen die Corona-Maßnahmen auf die Straße gehen. Immer wieder ist zu hören: Westliche Eliten hätten schon bei der Corona-Pandemie gelogen, das Gleiche geschehe jetzt auch beim Krieg in der Ukraine. Wie weit dies verfängt, ist bislang schwer abzuschätzen.Nur wenige Neonazis in Ukraine ausgereistDas Bundesamt für Verfassungsschutz geht unterdessen davon aus, dass nur sehr wenige Neonazis in die Ukraine ausgereist sind, um sich Kampfhandlungen anzuschließen. Von einer unteren einstelligen Zahl ist die Rede. Allerdings kann die Bundespolizei nicht im Blick haben, wer aus welchen Beweggründen und auf welchen Wegen ausgereist sein mag. Die Zahl könnte auch höher sein. Für Nachrichtendienste heißt das: Sie müssen wachsam sein. Diejenigen, die mit Kampferfahrung nach Deutschland zurückkehrten, wären dann besonders gefährlich, da kampferprobt.FDP bremstWährend Bundesinnenministerin Faeser nun die Sicherheitsbehörden stärker in die Pflicht nehmen will, muss sie ihre Koalitionspartner Grüne und FDP erst noch überzeugen. Beide Parteien hatten nämlich in den Koalitionsvertrag eine sogenannte Gesamtrechnung der staatlichen Überwachungsmaßnahmen hineinverhandelt. Vereinfacht ausgedrückt: Das Bundesjustizministerium soll unter anderem prüfen, ob manche Sicherheitsbehörden zu viele Befugnisse hätten, die ihnen im Zweifel auch genommen werden müssten.Benjamin Strasser, Parlamentarischer Staatssekretär im Justizministerium hält am Vorhaben fest: Die Ampel-Koalition habe sich dafür entschieden, "den Blindflug" der Vorgängerregierung in der Innenpolitik nach dem Motto "Viel hilft viel" zu beenden. Sie wolle stattdessen "eine grundrechtsorientierte und evidenzbasierte Sicherheitspolitik betreiben" und zeitnah die Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts umsetzen und so die "Überwachungsbefugnisse einer Generalrevision unterziehen", so der FDP-Politiker.Dem Vorsitzenden des Parlamentarischen Kontrollgremiums Roderich Kiesewetter fehlt dafür offenbar jedes Verständnis. Er befürchtet "eine Spielwiese wohlstandsverwöhnter Misstrauens-basierter Einstellungen in einem sicheren staatlichen Umfeld, das die Sicherheitsbedrohungen nicht ernst genug nimmt". Nach Ansicht des CDU-Politikers sollte angesichts des Krieges in der Ukraine und den absehbaren Eskalationen zunächst die Ertüchtigung der Nachrichtendienste im Vordergrund stehen und das Projekt Generalrevision erstmal verschoben werden.Die Bundesinnenministerin wird die Überprüfung der Befugnisse für die Sicherheitsbehörden in jedem Fall nicht abwarten. Sie mutet ihnen derzeit neue Aufgaben zu. Zu groß scheint ihr derzeit die Gefahr von Rechtsextremisten.
    https://www.tagesschau.de/


    „Querdenken 711“ wird beobachtet

     

     

     

    VERFASSUNGSSCHUTZ
    09.12.2020
    Die Organisationsstrukturen von „Querdenken 711“ und seiner regionalen Ableger im Land werden vom baden-württembergischen Verfassungsschutz beobachtet. Das Landesamt für Verfassungsschutz hat erste tatsächliche Anhaltspunkte für eine extremistische Bestrebung festgestellt.
    Der baden-württembergische Verfassungsschutz hat „Querdenken 711“ und seine regionalen Ableger im Land zum Beobachtungsobjekt erhoben. Es liegen hinreichend gewichtige Anhaltspunkte für eine extremistische Bestrebung vor, teilten Innenminister Thomas Strobl und die Präsidentin des Landesamts für Verfassungsschutz Baden-Württemberg Beate Bube mit.
    „Die Meinungsfreiheit und die Versammlungsfreiheit sind fundamentale Grundrechte, sie sind lebensnotwendig für das Funktionieren unserer Demokratie. Aber es ist eine Grenze überschritten, wenn extremistische Bestrebungen die grundgesetzlichen Freiheiten missbrauchen, um damit ihren extremistischen und verschwörungsideologischen Narrativen Vorschub zu leisten. Der Verfassungsschutz in Baden-Württemberg hatte bereits zwei hellwache Augen auf die ‚Querdenken‘-Gruppierung, und er hat nun – sobald die Voraussetzungen für eine Beobachtung vorlagen – schnell und entschlossen gehandelt. Die fortgeschrittene Radikalisierung der ‚Querdenken‘-Gruppierung im Land macht eine Beobachtung ihrer Organisationsebene durch unseren Verfassungsschutz unabdingbar“, sagte der stellvertretende  Ministerpräsident und Innenminister Thomas Strobl.
    Überschneidungen zu „Reichsbürgern“, „Selbstverwaltern“ und Rechtsextremismus
    Die Präsidentin des baden-württembergischen Verfassungsschutzes Beate Bube sieht mit Blick auf die Organisatoren sowie das Netzwerk in Baden-Württemberg sowohl personelle als auch ideologische Überschneidungen zu bereits bekannten Extremisten aus dem Milieu der „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ sowie aus dem Rechtsextremismus. „Gezielt werden extremistische, verschwörungsideologische und antisemitische Inhalte mit einer legitimen Kritik an den staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie vermischt“, erklärte Präsidentin Beate Bube.
    Mehrere maßgebliche Akteure der „Querdenken“-Bewegung ordnet das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg selbst dem Milieu der „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ zu, die die Existenz der Bundesrepublik leugnen und demokratische und rechtsstaatliche Strukturen negieren. Hinzu kommt die bewusste, überregionale Zusammenarbeit mit anderen bekannten extremistischen Akteuren aus dem Milieu der „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ sowie aus dem Rechtsextremismus, die sich in jüngerer Zeit weiter verfestigt hat. Diese Erkenntnisse des Verfassungsschutzes stehen in deutlichem Widerspruch zu offiziellen Verlautbarungen von „Querdenken 711“, sich von Extremismus jeglicher Art zu distanzieren.
    Anleihen an Verschwörungsideologie „QAnon“
    „Zusehends weicht der legitime Protest gegen staatliche Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie einer grundsätzlichen Staats- und Politikfeindlichkeit in bedenklichem Ausmaß. Seit Beginn des Protestgeschehens stellen wir bei den zentralen Akteuren der ‚Querdenker‘ eine zunehmende Diffamierung staatlichen Handelns fest, die immer wieder in abwegigen Vergleichen mit der Diktatur des Nationalsozialismus und einer Verharmlosung des Holocaust gipfelt. Sie schüren mit falschen Behauptungen gezielt Hass auf den Staat – das ist demokratiefeindlich“, so Innenminister Thomas Strobl. „Dabei sind verstärkt auch Anleihen an die ursprünglich aus den USA stammende antisemitische und staatsfeindliche Verschwörungsideologie ‚QAnon‘ festzustellen. Das betrifft sowohl die Präsenz von wahrnehmbaren ‚QAnon‘-Codes bei Versammlungen als auch Äußerungen des ‚Querdenken‘-Führungspersonals. Extremistische Verschwörungsmythen können der Nährboden für Gewalthandlungen sein – etwa, wenn zum Widerstand gegen vermeintliches Unrecht aufgerufen wird. Das halten wir für hoch gefährlich“, betonte die Verfassungsschutzpräsidentin.
    Nur Organisationsstrukturen betroffen
    „Die Neubewertung des baden-württembergischen Verfassungsschutzes und die nun zu treffenden Maßnahmen richten sich ausschließlich gegen die Organisationsstrukturen von ‚Querdenken 711‘ und ihrer regionalen Ableger sowie gegen Extremisten im Umfeld der Gruppierung und ihrer Versammlungen – nicht gegen die größtenteils nicht-extremistischen Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Corona-Protestgeschehen. Die Mehrheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der ‚Querdenken‘-Demonstrationen sind keine Extremisten. Kritik an staatlichem Handeln und Demonstrieren sind Teil unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung – so viel zum Thema, man dürfe hierzulande nicht sagen, was man denkt. Die extremistischen Akteure, insbesondere auch innerhalb der ‚Querdenken‘-Organisatoren, scheinen es jedoch geschafft zu haben, ihre verfassungsfeindlichen Botschaften in weiten Teilen der nicht-extremistischen Teilnehmerschaft zu verbreiten. Dieser Gefahr treten wir mit aller Entschlossenheit entgegen“, sagte Innenminister Thomas Strobl.
    „Der Verfassungsschutz kommt seiner Rolle als Frühwarnsystem der freiheitlich demokratischen Grundordnung nach. Und dieses Frühwarnsystem hat bei ‚Querdenken‘ hörbar angeschlagen“, so Verfassungsschutzpräsidentin Beate Bube.
    https://www.baden-wuerttemberg.de/

    Nicht verbotene rechte Gruppen
    :Ein deutsches Gruselkabinett

     

     

     

    Die rechtsextreme Gruppe „Combat 18“ wurde endlich verboten. Doch viele Organisationen vom rechten Rand sind weiterhin legal.
    24. 01. 2020, 18:41 Uhr
    Von einer „klaren Botschaft“ sprach Horst Seehofer. Am Donnerstag hatte der Bundesinnenminister die rechtsextremen Gruppe „Combat 18 Deutschland“ (C 18) auf Grundlage des Vereinsgesetzes verboten. „Rechtsextremismus und Antisemitismus“ hätten in „unserer Gesellschaft keinen Platz“, begründete der CSU-Politiker seinen Schritt.
    Eine späte Erkenntnis, und kritische Stimmen fragen, warum das Verbot erst jetzt erfolgte. Schließlich gilt „Combat 18“ als militanter Arm des rechten Netzwerks Blood & Honour, dessen Ableger in Deutschland bereits 2000 verboten wurde – während C 18, das gleichermaßen stark im Rechtsrockspektrum agierte und Events organisierte, weiterwirken konnte.
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    An die 50 Personen soll C 18 in Deutschland verbunden haben. Ein Milieu, in dem sich auch der im Fall des Kassler Regierungspräsidenten Walter Lübcke als Attentäter Beschuldigte politisierte – und radikalisierte. Doch über Jahre spielten das Innenministerium und der Bundesverfassungsschutz seine Bedeutung für die rechtsextreme Szene herunter.
    In der Pressemitteilung zu dem Verbot hebt das Bundesinnenministerium hervor, dass bereits „das 18. Verbot einer rechtsextremen Vereinigung durch einen Bundesinnenminister“ erfolgt sei. Ein Selbstlob, das vieles ausblendet: etwa das Nichterfolgen des NPD-Verbots, das auch an den V-Leuten der Geheimdienste scheiterte; und noch viel mehr, in welchem Maße in Deutschland heute rechtsex­treme Strukturen, hart ideologisch ausgerichtet und stark radikalisiert, nicht verboten sind. Eine kleine, unvollständige Auflistung von A bis W:
    „Aryan Circle“
    In der Region um Bad Segeberg agiert seit Oktober 2019 der „Aryan Circle“. Bernd Tödter, der ehemalige Vorsitzende des verbotenen Vereins Sturm 18 aus Kassel, mobilisiert Jugendliche und junge Erwachsene für den sogenannten Kampf um den Erhalt der weißen Rasse. Die Gruppe um den mehrfach verurteilten Gewalttäter soll an die 20 Personen umfassen.
    Das gleichnamige Vorbild ist 1985 in der USA aus einer Gefängnisgang hervorgegangen und soll 1.400 Anhänger haben. Der Circle, der sich als „rassenbewusste Gruppe“ versteht, die das Erbe und die Kultur der „weißen Rasse“ erhalten will, gilt in den USA als kriminelle Organisation.
    In Schleswig-Holstein klebten Mitglieder des Aryan Circle Aufkleber an die Wohnung von ­Migranten und weiteren als „Feinde“ ausgemachten Personen und liefen vor deren Haustür auf. Bei einer Klima­mahnwache fotografierten sie Kinder.
    „Atomwaffen Division Deutschland“
    Ihr Auftritt in den sozialen Netzwerken wirkt überzeichnet: In einem Video sagt ein Mann mit Totenmaske und Sonnenbrille, vor einer Hakenkreuzfahne ­stehend: „Der Nationalsozialismus lebt, trotz einer ganzen Welt, die ihn zerstören will“ und ruft auf: „Deutsche Freiheitskämpfer, folgt der Atomwaffen Division!“
    Seit Juni 2018 besteht die „Atomwaffen Division Deutschland“. Sie soll knapp 40 Mit­glieder haben. In den USA trat die rechtsterroristische Gruppe erstmals 2015 auf. Ab 2017 töteten drei ihrer Mitglieder fünf Menschen. Die deutsche Division drohte bereits Muslimen und Juden sowie Politikern mit Ermordung. Unter anderem erhielten die Grünen-Politiker Caudia Roth und Cem Özdemir Drohmails im Namen der Gruppe.
    „Brigade 8“
    Im Stile eines Rockerclubs agiert die „Brigade 8“. Sie entstand in Schleswig-Holstein und soll Chapter in Thüringen, Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Nordrhein-Westfalen unterhalten. Im Internet zeigten sich die Anhänger gern mit ­Hitlergruß und präsentieren Hakenkreuze. Die „Brigade 8“ ist tief im Rechtsrock-­Spektrum verankert. Im März 2019 wurde sie Teil des Netzwerks von ­„Combat 18“ – bei den Razzien in Zuge des C-18-Verbots sollen allerdings keine ihrer ­Anhänger betroffen gewesen sein.
    Die Rechte
    Nach dem Ende der Deutschen Volksunion (DVU) im Jahr 2011 kam es parteiintern zur Spaltung. Ein Teil der DVU-Mitglieder lehnte die geplante Fusion mit der NPD ab. Zusammen mit Teilen der „Kameradschafts“-Szene gründeten sie 2012 schließlich die Partei „Die Rechte“. Diese positioniert sich noch weiter rechts als die NPD und propagiert eine deutsche Volksgemeinschaft.
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    Ein personeller Zuwachs erfolgte nach Verboten von Kameradschaften, heute hat Die Rechte rund 600 Mitglieder und Landesverbände in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Hessen, ­Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Sachsen-Anhalt. In Dortmund, wo die Partei ein Stadtratsmandat innehat, versuchten Anhänger 2014, die Wahlparty im Rathaus zu stürmen. Zur Europawahl 2019 trat die Rechte mit der Holo­caust-Leugnerin Ursula Haverbeck als Spitzenkandidatin an und holte bundesweit 24.598 Stimmen.
    „Frontline“
    Der Sicherheitsdienst tritt auf Konzerten und Festivals der Szene auf. „Frontline“ ist eng mit „Combat 18“ und der „Arischen Bruderschaft“ verbunden. Die Bruderschaft wiederum entstand bereits 1999, mitbeteiligt war damals der Rechtsrock-Label-Betreiber Thorsten Heise. Er führt sie bis heute mit an und ist mittlerweile zudem einer der stellvertretender Parteivorsitzenden der NPD.
    Gedächtnisstätte e. V.
    Seit 28 Jahren besteht der von Holocaustleugnern gegründete Verein, bei der Gründung dabei: Ursula Haverbeck. In Thüringen unterhält der Verein ein Zentrum: 2014 eröffnete in Guthmannshausen im „Alten Rittergut“ die „Gedächtnisstätte für die deutschen Opfer im Zweiten Weltkrieg“. Die Räumlichkeiten nutzen verschiedene rechtsextreme Organisationen für Tagungen und Veranstaltungen.
    „Kampf der Nibelungen“
    Das Netzwerk richtet seit 2013 jährlich das Event „Kampf der Nibelungen“ aus, das von Mixed Martial Arts geprägt wird. 2018 kamen 850 Besucher. Der vermeintliche Sport­charakter der Veranstaltung ist längst einer rechtsextremen Kampf­ertüchtigung gewichen – gegen „Kulturfremde“. Das Netzwerk wird führend getragen von ­einem Mitglied „Der Rechten“ und dem russischen Inhaber einer Szene-Kampfsport-Marke, es ist außerdem eng mit C 18 verbunden.
    „Sturmvogel“
    Ferienfahrten für Kinder und ­Jugendliche bietet der eng mit der Identitären Bewegung ­verbandelte „Sturmvogel – deutscher Jugendbund“ an. Gegründet hatten ihn 1987 ­Mitglieder der „Wiking Jugend“, die 1994 verboten wurde. Die NPD-­Zeitung Deutsche Stimme warb 2006 für den Sturmvogel, ein Holocaustleugner trat 2015 bei einem Sommerlager auf.
    Wohnheimverein vom Fäustle e. V.
    2009 gründeten sieben Alte Herren der Münchner Burschenschaft Danubia den Verein – einer von ihnen ist der heutige Hamburger Bürgerschafsfraktionsvorsitzende der AfD, Alexander Wolf. Vereinszweck ist es, den Unterhalt des Burschen­schaftshauses abzusichern. Was hinter dessen Mauern geschieht, interessiert auch den bayerischen Verfassungsschutz, der die Danubia als rechtsextrem einstuft.
    https://taz.de/


    Amadeu Antonio Stiftung
    Zum Verfassungsschutzbericht 2018: Rechtsextremismus muss höchste Priorität im Innenministerium bekommen
    Maßnahmen der Bundesregierung zeigen wenig Wirkung

     

     

     

    27.06.2019 – 12:46
    Berlin (ots)
    Anlässlich der heutigen Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes 2018 fordert die Amadeu Antonio Stiftung, der Bekämpfung des Rechtsextremismus höchste Priorität im Innenministerium einzuräumen. Die rechtsextremen Strukturen und Netzwerke sind Ergebnis jahrzehntelanger Verharmlosung.
    In den letzten Jahren wurden mehr als ein dutzend rechtsterroristischer Gruppen mit Feindeslisten und konkreten Anschlagsplänen bekannt. Einige dieser Gruppen sind bis in Polizei und Sicherheitsbehörden verstrickt. Die rechtsextremen und rechtsterroristischen Netzwerke von heute sind das Ergebnis einer jahrelangen Verharmlosung und Verkennung der größten Bedrohung unserer Demokratie.
    "Die Zeit unter Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen waren verschenkte Jahre. Die Behörde hat ihre Glaubwürdigkeit verspielt. Die zaghaften Reformen nach dem NSU haben zu keinem Mentalitätswechsel in der Behörde geführt. Auch im aktuellen Verfassungsschutzbericht wird die rechtsradikale AfD nicht als Gefahr für die Demokratie benannt.", sagt Anetta Kahane, Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung.
    Maßnahmen der Bundesregierung zeigen wenig Wirkung
    Die bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung zeigen keine erkennbare Wirkung in der rechtsextremen Szene. Stattdessen haben Rechtsextreme zu neuem Selbstbewusstsein gefunden. Im aktuellen Klima des Hasses, das durch Online-Hetze, vermehrte Drohungen gegen Politiker und die demokratieverachtende Rhetorik der AfD getragen wird, fühlen sich Rechtsextreme ermutigt, das demokratische Systems auch mit Gewalt zu stürzen.
    "Es ist ein naiver Glaube des Verfassungsschutzes, dass er die rechtsextreme Szene kontrollieren und Informationen abschöpfen könnte", erklärt Kahane. "V-Leute sind nicht die Lösung, sondern Teil des Problems. Die rechtsextreme Szene weiß, dass sie unter Beobachtung steht und hat längst einen strategischen Umgang mit dem Verfassungsschutz gefunden. Die Beobachtung durch den Verfassungsschutz allein ändert gar nichts und ersetzt kein politisches Handeln. Statt mehr Mittel zum Rechtsextremismus beim Verfassungsschutz einzusetzen, braucht es dringend mehr Gelder für Demokratieprojekte und Opferberatungen."
    Die Extremismusstrategie der Bundesregierung muss dringend erneuert werden. Gegen Rechtsextremismus hilft nur eine Kombination aus Prävention, Repression, entschlossenem politischen Handeln und gesellschaftlicher Ächtung. Die Bundesprogramme gegen Rechtsextremismus sollten sich nicht allein auf die Jugend fokussieren und stärker auch ländliche Räume, das Internet und den gefestigten Rechtsextremismus in den Blick nehmen. Es gilt, rechtsextreme Netzwerke frühzeitig zu zerschlagen, Straftaten konsequent zu verfolgen und Rechtsterrorismus auch als solchen zu benennen und zu ahnden.
    "Es ist unverständlich, dass es keine härtere Strafverfolgung gegen rechtsextreme Netzwerke gibt, wenn diese Feindeslisten führen und Waffendepots anlegen. Angriffe auf Politiker, Minderheiten und Engagierte sind Angriffe auf die Demokratie, das Innenministerium muss entsprechend handeln. Strukturen wie Combat 18 müssen endlich verboten werden", fordert Kahane.
    Reichsbürger bekommen Zulauf
    Es ist zu begrüßen, dass das Milieu der sogenannten Reichsbürger und Souveränisten stärker in den Blick genommen wird. Wichtiger als Zahlen über Personen zu erheben wäre es jedoch, den antisemitischen Kern und die rechtsextreme Tradition der Ideologie in der Präventionsarbeit in den Fokus zu rücken.
    "Reichsbürger führen nicht nur einen 'Papier-Krieg' gegen Justiz und Verwaltung. Sie treten auch in persönlichen Gesprächen aggressiv-kämpferisch auf. Immer mehr Menschen schließen sich dem Denken der Reichsbürger an. Während einige Reichsbürger fiktive Ein-Personen-Staaten gründen, organisieren sich andere in Gruppen und werben um neue Mitstreiter. Die Reichsbürger und Souveränisten greifen besonders in den ländlichen Raum. Viele Menschen sind im ganz persönlichen Umfeld mit Reichsideologie konfontiert", berichtet Benjamin Winkler von der Amadeu Antonio Stiftung, der das Thema in Sachsen bearbeitet.
    Pressekontakt:
    Robert Lüdecke, Pressesprecher der Amadeu Antonio Stiftung
    030/240 886 16 - robert.luedecke@amadeu-antonio-stiftung.de
    https://www.presseportal.de/pm/126401/4308591


    VERFASSUNGSSCHUTZBERICHT
    Immer mehr Neonazis in Deutschland

     

     

     

    Bundesinnenminister Seehofer schlägt im aktuellen Verfassungsschutzbericht Alarm. Rund 24.000 Rechtsextremisten sind derzeit in Deutschland aktiv. Rund 12.700 sind gewaltbereit. Auch die Zahl der Islamisten steigt an.
    Datum 27.06.2019
    Besonders der Anstieg des Rechtsextremismus bereitet Bundesinnenminister Horst Seehofer und dem Leiter des Bundesamts für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang Sorgen.Im vergangenen Jahr gab es sechs versuchte Tötungsdelikte, die von den Behörden als rechtsextremistisch eingestuft werden. Bei allen Vorgängen lag ein fremdenfeindlicher Hintergrund vor.
    Rechtsextreme Straftaten mit antisemitischem Motiv sind von 28 auf 48 sprunghaft gestiegen. Das ist eine Zunahme von rund 71 Prozent. Der Antisemitismus ist in der rechten Szene ein verbindendes Merkmal, heißt es in dem Bericht.
    Waffenaffinität
    Insbesondere wegen der "hohen Waffenaffinität" der Szene seien die Zahlen "besorgniserregend", sagte Seehofer. In diesem Bereich bestehe eine "hohe Gefährdungslage". Einen deutlichen Anstieg registrierten die Behörden Seehofer zufolge bei den Reichsbürgern. Deren Zahl stieg um 13 Prozent auf 19.000 von denen 950 als rechtsextrem gelten. Auch sie hätten eine große Affinität zu Waffen. Die Reichsbürger behinderten zudem Gerichte, Polizei und Behörden in der Arbeit. Die meisten von ihnen sind zwischen 40 und 60 Jahre alt, drei Viertel sind Männer.
    In Parteien wie der NPD organisierten sich dem Bericht zufolge etwa 5500 Rechtsextreme, 6600 gehörten parteiunabhängigen Strukturen wie der "Identitären Bewegung" an. Über 13.000 gelten als weitgehend unstrukturiert.
    Als Grund für die Zunahme im rechten Milieu werden das Thema "Überfremdung" und ein vermeintlicher drohender Verlust der "nationalen Identität" gesehen. Als Feindbilder gelten in der Szene Muslime, Ausländer und Politiker. Für Seehofer ist ist der Rechtsextremismus kein regionales Problem, sondern ein bundesweites. Rechtsextremisten seien inzwischen selbstbewusster in ihrem Auftreten, sagte er. Sie veranstalteten Musikkonzerte und Kampfsportveranstaltungen, internationale Kontakte würden weiter gefestigt.
    Digitalisierter Rechtsextremismus
    Um Kampagnen zu bewerben und Aktionen zu planen, nutzen Angehörige und Sympathisanten der rechtsextremistischen Szene intensiv das Internet, heißt es im Verfassungsschutzbericht. Soziale Netzwerke, Kurznachrichtendienste und Videoplattformen würden zentrale Orte bilden, wo sich die Szene bewege.
    Mit Blick auf den Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke betonte Seehofer, dass mit Hochdruck der Frage nachgegangen werde, ob der Tatverdächtige ein Unterstützerumfeld hatte. Verfassungsschutzpräsident Haldenwang fügte hinzu, dass man "auf sehr gutem Weg" sei, was die Aufklärung der Tat angehe.
    Deutschland Trauerfeier für getöteten Regierungspräsidenten Lübcke
    Trauerfeier für getöteten Regierungspräsidenten Lübcke
    Aber nicht nur das rechte Spektrum gibt Anlass zur Sorge, sondern auch die zunehmende Zahl der Islamisten in Deutschland. Sie stieg im vergangenen Jahr um rund 750 auf 26.560 Menschen. Damit bestehe auch in diesem Bereich weiterhin eine "hohe Gefährdungslage", sagte Seehofer. Ein Anschlag sei jederzeit möglich. Besonders die IS-Rückkehrer aus Syrien und dem Irak stellten ein hohes Sicherheitsrisiko dar. Aber auch Islamisten aus Tschetschenien und aus dem Kaukasus tauchten in der Szene auf.
    Auch im Linksextremismus ist die Zahl der Menschen, die die Verfassungsschützer im Fokus haben, um knapp 8,5 Prozent auf 32.000 gestiegen. 9000 Personen schätzen sie als gewaltbereit ein. Linksextremisten sehen den Kapitalismus kritisch und möchten die freiheitliche Demokratie durch ein kommunistisches oder anarchistisches System ersetzen. Linksextremisten bemühten sich um Vernetzung mit bürgerlichen Protestbewegungen etwa für den Klimaschutz oder gegen Wohnungsknappheit. Im vergangenen Jahr registrierten die Behörden deutlich weniger linksextremistische Straftaten: 4622 Delikte nach 6393 im Jahr 2017. Die Zahl der Gewalttaten sank von 1648 auf 1010. Das liege daran, dass es 2018 kein Großereignis wie den G20-Gipfel in Deutschland gab, heißt es.
    Deutschland PKK Demo Köln 2018
    PKK-Kundgebung in Köln 2018
    Die Zahl der Anhänger extremistischer Ausländerorganisationen ohne Islamismus ist laut den Behörden nahezu konstant geblieben. 30.350 Personen registrierte der Verfassungsschutz im Jahr 2018, zweihundert weniger als 2017. Fast die Hälfte von ihnen und der Großteil des linksextremistischen Spektrums wird der kurdischen Arbeiterpartei PKK zugerechnet. Das Mobilisierungspotenzial der PKK wird weiterhin als erheblich eingestuft.
    Unter den rechtsextremistischen Ausländerorganisationen wurden 11.000 Menschen gelistet. Das Aufeinandertreffen rivalisierender extremistischer Gruppierungen aus der Türkei stelle eine Gefahr für die innere Sicherheit in Deutschland dar, heißt es vom Verfassungsschutz.
    Mehr Spionage
    Die Bedrohung durch Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten hat sich im vergangenen Jahr in Deutschland tendenziell verschärft, wie der Verfassungsschutz schreibt. Viele Staaten würden ihre Nachrichtendienste für einen Wissensvorsprung in Politik, Militär, Wirtschaft und Technik einsetzen. Staatlicher Terrorismus sei eine ernstzunehmende Gefährdung. Der Verfassungsschutz verweist auf andere europäische Länder, bei denen es bei Tötungsdelikten Hinweise auf ausländische Dienste als Drahtzieher gegeben habe. Deutschland stehe hier im Fokus - wegen der Mitgliedschaft in NATO und EU und wegen seiner Wirtschaftskraft und innovativen Forschung. Neben Spionagemöglichkeiten können insbesondere Cyberangriffe auch für Sabotagezwecke genutzt werden. Die allermeisten Operationen hätten 2018 aber mutmaßlich der Informationsgewinnung gedient, heißt es von der Behörde. Russland, China, der Iran und die Türkei sind für den Verfassungsschutz die Hauptakteure der gegen Deutschland gerichteten Spionageaktivitäten.
    cgn/mak (afp, dpa, epd, kna)
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    Bericht: Deutlich mehr rechtsextreme Gewalt

     

     

     

    Die deutschen Sicherheitsbehörden haben für 2018 eine Zunahme rechtsextrem motivierter Gewalt erfasst. Das berichtet die "Bild am Sonntag" und beruft sich auf neue Zahlen des Bundesamtes für Verfassungsschutz.
    Datum 23.06.2019
    Die Zahl rechtsextrem motivierter Gewalttaten ist laut "Bild am Sonntag" im vergangenen Jahr deutlich gestiegen.* Die Zeitung meldet unter Berufung auf den Jahresbericht 2018 des Bundesamtes für Verfassungsschutz, insgesamt würden 24.100 Menschen als rechtsextrem eingestuft und damit etwas mehr als 2017. Damals hieß es in dem Bericht des Verfassungsschutzes, dass 24.000 Personen dem rechtsextremen Spektrum zugeordnet würden. Mit rund 12.700 Personen sei 2018 fast jeder zweite vom Verfassungsschutz als "gewaltbereit" eingestuft.
    Zu den Feindbildern der Rechtsextremisten gehörten neben "Ausländern", dabei insbesondere Asylsuchende und Muslime, auch Politiker, zitierte die Zeitung. Inhaltlich stünden die Themen vermeintliche "Überfremdung" und vermeintlich drohender Verlust der "nationalen Identität" im Fokus. Dem Jahresbericht zufolge gebe es zudem einen "Anstieg von Volksverhetzung mit antisemitischen Motiven".
    Auch die Zahl der "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" nimmt zu
    Sorgen machen den Sicherheitsbehörden laut der Zeitung auch die sogenannten "Reichsbürger" und "Selbstverwalter". "Reichsbürger" lehnen die Bundesrepublik Deutschland ab und sind für das Fortbestehen des "Deutschen Reiches". Die "Selbstverwalter" erklären ausdrücklich ihren "Austritt" aus der Bundesrepublik. Der Verfassungsschutz stuft beide Gruppierungen als "staatsfeindlich" ein. Auch ihre Zahl nahm im Vergleich zu 2017 zu - von 16.500 auf 19.000 Personen.
    * Die ursprüngliche Fassung dieser Nachricht enthielt leider falsche Zahlen. Die "Bild am Sonntag" hat ihre Angaben korrigiert. Das Bundesinnenministerium bestätigte, dass es einen Anstieg rechtsextremer Gewalttaten gab. 2017 lag die Zahl bei 1.054, diese Zahl sei 2018 "leicht gestiegen". Wir entschuldigen uns für den Fehler.
    sth/kle (epd, kna)
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    DEMOS IN CHEMNITZ
    Maas: "Müssen uns Rechtsextremen entgegenstellen"

     

     

     

    Nach den Ausschreitungen in Chemnitz hat Außenminister Maas mehr Engagement gegen Rassismus und für die Demokratie eingefordert. Auch Sachsens Ministerpräsident Kretschmer rief zu Widerspruch gegen Fremdenhass auf.
    Datum 02.09.2018
    Bundesaußenminister Heiko Maas hielt den Deutschen Bequemlichkeit im Kampf gegen Rassismus und bei der Verteidigung der Demokratie vor: "Meine Generation hat Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie geschenkt bekommen. Wir mussten das nicht erkämpfen, nehmen es teilweise als zu selbstverständlich wahr", sagte der SPD-Politiker in der "Bild am Sonntag" (BamS). "Es hat sich in unserer Gesellschaft leider eine Bequemlichkeit breit gemacht, die wir überwinden müssen."
    "Jahre des diskursiven Wachkomas müssen ein Ende haben"
    Mit Blick auf die Ausschreitungen Rechtsextremer in Chemnitz, auf die Maas nach eigenen Angaben "sehr oft" von seinen europäischen Kollegen angesprochen werde, forderte er: "Da müssen wir dann auch mal vom Sofa hochkommen und den Mund aufmachen. Die Jahre des diskursiven Wachkomas müssen ein Ende haben." Bei Themen wie Ausländerfeindlichkeit, Rechtsextremismus und Rassismus werde Deutschland zu Recht ganz besonders kritisch beäugt. "Wenn auf unseren Straßen heute wieder der Hitlergruß gezeigt wird, ist das eine Schande für unser Land", so Maas.
    Deutschland Bundesaussenminister Heiko Maas
    Bundesaussenminister Heiko Maas wünscht sich mehr demokratisches Engagement
    Nun sei die gesamte Gesellschaft gefordert, um den Ruf Deutschlands in der Welt zu retten. "Wir müssen uns den Rechtsextremen entgegenstellen. Wir dürfen uns nicht wegducken. Wir müssen Gesicht zeigen gegen Neonazis und Antisemiten", so der 51-Jährige wörtlich.
    Kretschmer: "Mehrheit muss lauter werden"
    Auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer rief zu deutlichem Widerspruch gegen fremdenfeindliche und rechtsradikale Positionen auf. "Die Mehrheit muss lauter werden", mahnte der CDU-Politiker bei einer Kundgebung der Evangelischen Kirche vor dem Chemnitzer Rathaus, zu der rund 1000 Menschen kamen. Wenn Hass gesät und Aggressionen geschürt werden, die Gesellschaft in Unruhe sei, sei jeder in seinem privaten Umfeld herausgefordert. Es gelte, sich vor die zu stellen, "die anders aussehen, einen anderen Glauben haben, anderswo geboren sind, anderes lieben, eine besondere Gabe haben, die manche Behinderung nennen".
    Die Säulen des Zusammenlebens seien Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, betonte der Ministerpräsident. Beim Bürgergespräch in Chemnitz sei deutlich geworden, wie viele Gerüchte, Falschinformationen und Verschwörungstheorien kursierten, die jeglicher Grundlage entbehrten. "Auch hier ist es an uns, zu widersprechen", so Kretschmer. Ebenso müsse dem Begriff "Lügenpresse" entgegengetreten werden.
    Barley fordert Überprüfung rechter Netzwerke
    Bundesjustizministerin Katarina Barley forderte, dass die Ermittler in Chemnitz aufklären müssten, inwieweit rechtsextreme Netzwerke hinter den Demonstrationen und ausländerfeindlichen Ausschreitungen stecken. "Wir dulden nicht, dass Rechtsradikale unsere Gesellschaft unterwandern", sagte die SPD-Frau der BamS. Der Generalbundesanwalt beobachte die Ereignisse in Chemnitz sehr genau und tausche sich mit den sächsischen Behörden eng aus. "Es geht darum herauszufinden, welche Organisationen hinter der Mobilisierung rechter Gewalttäter stecken."
    Maas und andere Politiker forderten zudem, die rechtspopulistische "Alternative für Deutschland" durch den Inlandsgeheimdienst überwachen zu lassen. Die Partei habe offen mit zu den Protesten in Chemnitz aufgerufen und zur Hetze beigetragen, sagte unter anderem Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock. "Deswegen muss auch eine Überprüfung durch den Verfassungsschutz mit Blick auf die AfD stattfinden", so Baerbock in Chemnitz.
    Umfrage: Mehrheit für Überwachung der AfD
    Auch eine Mehrheit der Bürger ist laut einer repräsentativen Umfrage im Auftrag der Onlineportale der Funke Mediengruppe vom Freitag für eine Überwachung der AfD durch den Verfassungsschutz. Mehr als 57 Prozent der Befragten sagten, die AfD solle "auf jeden Fall" oder "eher ja" vom Bundesamt für Verfassungsschutz beleuchtet werden. Dagegen meinten knapp 36 Prozent, eine Überwachung sei "auf keinen Fall" oder "eher nicht" erforderlich.
    Deutschland Rechte Demo in Chemnitz
    Björn Höcke (M), Vorsitzender der AfD-Fraktion im Thüringer Landtag, auf einer Demonstration von AfD und dem ausländerfeindlichen Bündnis Pegida in Chemnitz
    Unterdessen ist eine klare Mehrheit der Bürger einer anderen Umfrage zufolge der Überzeugung, dass der Osten Deutschland ein größeres Problem mit Rechtsradikalismus hat als der Westen. In einer Emnid-Erhebung für die "BamS" äußerten 66 Prozent der Befragten diese Auffassung, nur 21 Prozent sahen dies anders. Selbst in Ostdeutschland teilten 57 Prozent diesen Standpunkt.
    Umfrage: Gesellschaftliches Klima ist rauer geworden
    Viele Deutsche nehmen jedoch offenbar auch die Zuwanderung als Gefahr wahr: So glaubt die Hälfte der von Emnid Befragten, dass zu viele Migranten nach Deutschland kommen; 35 Prozent empfinden die Zahl als verhältnismäßig. Nur 27 Prozent der Bürger finden es jedoch in Ordnung, wenn gegen Ausländer protestiert wird, 66 Prozent haben dafür kein Verständnis. Allerdings: Für Proteste gegen Gewalttaten von Ausländern zeigten 71 Prozent der Befragten Verständnis.
    Für rund zwei Drittel der Befragten hat sich Deutschland seit Beginn der vermehrten Flüchtlingszuwanderung im Herbst 2015 zum Negativen verändert. Doch nur jeder Dritte fühlt sich unsicherer als vor drei Jahren. Vier von fünf Bürgern - 82 Prozent - empfinden dagegen das gesellschaftliche Klima als deutlich rauer im Vergleich zu den Vorjahren.
    Seehofer mahnt europäische Lösung der Flüchtlingsfrage an
    "Das Land hat sich ein Stück weit verändert", stellte Bundesinnenminister Horst Seehofer in der "BamS " fest. Die Toleranzgrenzen sänken, die Debatten würden hitziger. Ängste und Sorgen der Bevölkerung hätten bei der Migrationsfrage zugenommen. "Das Thema spaltet und polarisiert die Gesellschaft in unserem Land", so Seehofer.
    Seehofer besucht deutsch-österreichische Grenze
    Bundesinnenminister Horst Seehofer bei einem Besuch der deutsch-österreichische Grenze
    Der Bundesinnenminister glaubt, dass Deutschland und Europa weiter mit Hochdruck nach einer gemeinsamen Lösung in der Flüchtlingsfrage suchen müssen. "Die Herausforderung der Migration wird uns noch viele Jahre beschäftigen. Zwar sind die Zahlen von Zuwanderung zurückgegangen, doch der Migrationsdruck hält an. Wir brauchen deshalb dringend eine europäische Lösung, von der wir leider immer noch weit entfernt sind."
    ww/ml (dpa, rtr, KNA, epd)
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    Politik gegen Rechtsradikalismus - was soll jetzt passieren?

     

     

     

    Gewalttätige Rechtsextreme auf den Straßen: Die Vorfälle von Chemnitz haben Berlin schockiert. Die Politik will handeln. Doch schon bei der Frage nach der Polizei ist das schwierig. Und größere Probleme warten schon.
    Datum 29.08.2018
    Autorin/Autor Kay-Alexander Scholz
    Die sichtbarste Antwort des deutschen Staates auf die fremdenfeindlichen Übergriffe in Chemnitz wird vor allem eines sein: Präsenz zeigen. Es sind weitere Demonstrationen von Rechtsextremen angekündigt, dann soll mehr Polizei vor Ort sein. Er hoffe auf die "präventive Wirkung einer starken Polizeipräsenz", sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer in Berlin. Das solle für Rechtsfrieden auf der Straße sorgen, Selbstjustiz verhindern und das Gewaltmonopol des Staates garantieren.
    Doch laut deutscher Verfassung sind für die innere Sicherheit zunächst einmal die Bundesländer zuständig - in diesem Fall also Sachsen und die sächsische Polizei. Doch die steht im Verdacht, Rechtsextremismus zu verharmlosen.
    Zwar wiederholte der Bundesinnenminister sein schon am Montag gemachtes Angebot, die Bundespolizei könne den Sachsen helfen. Doch er räumte ein: "Der Freistaat Sachsen entscheidet" - wann und wie viele Bundespolizisten aus Berlin angefordert werden, wird also in Dresden entschieden.
    Mehr Polizei und Beobachtung der rechtsextremen Szene
    Laut Agenturberichten hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel in die Sache eingeschaltet. Sie habe nach der Pressekonferenz von Seehofer in einem Telefonat mit dem sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer für die Unterstützung durch Bundespolizisten geworben. Am Nachmittag bestätigte eine Sprecherin von Seehofer, dass Sachsen das Angebot annehme.
    Am Dienstag hatte der Ministerpräsident in einer eigens einberufenen Pressekonferenz zwar angekündigt, Hilfe aus Berlin annehmen zu wollen, aber anscheinend keine schnelle Entscheidung getroffen. Dabei hatte Kretschmer noch betont, wie ernst die Lage sei: "Wir müssen verhindern, dass Chemnitz Aufmarschgebiet wird von Extremisten aus ganz Deutschland." Schon bei der Demonstration am Montag seien "Chaoten" aus fünf anderen Bundesländern mitgelaufen, sagte sein Innenminister, Roland Wöller. Insgesamt waren es 6000 Personen - viel mehr als man in Sachsen erwartet hatte.
    Kabinetts-Pressekonferenz mit Michael Kretschmer und Roland Wöller
    Ministerpräsident von Sachsen, Michael Kretschmer (links), und der sächsische Innenminister Roland Wöller
    Der 43-jährige Kretschmer, seit vergangenem Jahr im Amt, erklärt sich den starken Zulauf mit einer "starken Mobilisierung über das Internet". Dort soll nun verstärkt beobachtet werden.
    Die nächste Demonstration ist für Donnerstag angekündigt. Weitere operative Maßnahmen wurden aus den beiden Innenministerien bislang nicht angekündigt.
    Vor-Ort-Besuche und Aufklärung
    Der Schock über die Ereignisse ist auch in Berlin zu spüren und war laut Seehofer auch Thema im Bundeskabinett. Neben den Sicherheitsmaßnahmen müssten nun auch Ursachen aufgearbeitet werden, so Seehofer.
    Die Politik will hierzu auf ein bekanntes Mittel zurückgreifen: das Gespräch vor Ort. Am Freitag will Bundesfamilienministerin Franziska Giffey in Chemnitz mit Verantwortlichen reden und "denen den Rücken stärken, die vor Ort für ein demokratisches Chemnitz eintreten", wie es dazu hieß. Ministerpräsident Kretschmer will am Tag zuvor dort sein - sein Termin war allerdings schon länger geplant.
    Kretschmer betonte noch ein weiteres Mittel gegen Rechtsextremismus: Aufklärung. "Schauen Sie sich genau an, wessen Geistes Kind die Initiatoren der Demonstrationen sind", warnte der Ministerpräsident. Wollten Bürger wirklich gemeinsam mit Hooligans und Rechtsextremen Seite an Seite demonstrieren?
    Debatte über politische Versäumnisse
    Bei anderen hat die Debatte über die Ursachen bereits angefangen. Bundeskanzlerin Angela Merkel solle nicht nur Polizisten nach Sachsen schicken, sondern es sei wichtig, dass "Berlin das Problem Ostdeutschland wirklich ernst nimmt", sagte die sächsische Staatsministerin für Integration, Petra Köpping, in einem TV-Interview. Die Bürger im Osten fühlten sich oft als "Bürger zweiter Klasse". Köpping war zuletzt oft in den Schlagzeilen. Sie will die noch wenig diskutierten Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung 1990 politisch aufarbeiten. In der damaligen Massenarbeitslosigkeit sieht sie eine Ursache dafür, dass Bürger im Osten anfälliger sind für politische Botschaften, die den deutschen Staat in Frage stellen oder ablehnen. Die Flüchtlingswelle 2015/16, die viele unvorbereitet traf, habe wie ein Brennglas gewirkt.
    Ähnlich äußerte sich Werner Patzelt, Politik-Professor in Dresden, der sich seit Jahren mit den Verhältnissen in Sachsen beschäftigt. "Das Laissez-faire in der Migrations- und Integrationspolitik hat sehr viele Leute vom Staat entfremdet", so Patzelt. Nur darüber zu reden, hätte vor drei Jahren Luft aus dem Kessel genommen. Jetzt wollten die Bürger Lösungen sehen, die sie aber nicht sehen - und sich deshalb gegen den Staat wenden würden. Patzelt fordert, nun auch "haarige Probleme" in der Migration anzugehen. Verbale Verurteilungen würden nicht weiterhelfen, weil sie vor allem "Pädagogik" seien. Er befürchte, dass Chemnitz nur der Anfang weiterer solcher Ereignisse sei.
    Pegida und AfD waren Vorboten von Chemnitz
    Eigentlich fand der Weckruf für die Politik schon vor Jahren statt. Mit der islamfeindlichen Pegida-Bewegung, die auch von Sachsen ausging, ist - verbale - rechtsextreme Gewalt schon seit 2014 auf der Straße. Die rechtspopulistische "Alternative für Deutschland" (AfD) sitzt seit vergangenem Jahr im Bundestag. Sie ist Wahlprognosen zufolge in Sachsen und den umgrenzenden Bundesländern inzwischen zweitstärkste politische Kraft. Im kommenden Jahr finden dort Landtagswahlen statt. Das Ziel aller anderen Parteien in Deutschland, die AfD klein halten zu wollen, ist bislang nicht erreicht.
    Chemnitz Demo gegen Migranten
    Wird die AfD Partner der Demonstranten in Chemnitz?
    Doch auch für die AfD sind die Ereignisse in Chemnitz eine Herausforderung. Auf der einen Seite sind Messer-Delikte gegen einen Deutschen durch - mutmaßlich - zwei Männer mit Migrationshintergrund wie in Chemnitz ein Thema, mit dem gern Stimmung gemacht wird. Alice Weidel, eine der Vorsitzenden der AfD-Fraktion im Bundestag, sagte einmal, sie tippe nach dem Aufwachen als erstes auf ihrem Mobiltelefon bei Google-News den Suchbegriff "Messer" ein. Entsprechend fiel auch ihre jetzige Reaktion aus.
    Auf der anderen Seite ist man in der Bundestagsfraktion bemüht, Abstand zum rechtsextremen Rand der AfD zu halten, um bürgerliche Wähler nicht zu verlieren. Eine eindeutige Stellungnahme zu Chemnitz wurde vermieden. Als Ablenkung standen vor allem die Medien in der Kritik. Parteichef Alexander Gauland kritisierte die angeblich fehlende Differenzierung zwischen "Chaoten" und "besorgten Bürgern". Bei den radikaleren Kräften in der AfD auf Landesebene - wie Björn Höcke aus Thüringen - sieht es dagegen anders aus. Am Samstag soll zusammen mit Pegida ein Schweigemarsch stattfinden. Das wäre dann ein offener Schulterschluss mit Extremisten, auf den die Politik neue Antworten finden muss.
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    DEUTSCHLAND
    "Rechtsextremismus ist ein gesamtdeutsches Problem"

     

     

     

    Jagd auf Ausländer, Naziparolen, Ausschreitungen. Doch das ist nur die Spitze einer demokratiefeindlichen Bewegung, die ein breites Fundament in der Gesellschaft hat, sagt Publizist Michel Friedman im DW-Gespräch.
    Datum 28.08.2018
    Autorin/Autor Rosalia Romaniec
    Deutsche Welle: Herr Friedman, Sie warnen seit langem vor den Folgen "geistiger Brandstiftung" und mahnen mehr Toleranz in der Gesellschaft. Wie wehrhaft sehen Sie die Demokratie in Deutschland, angesichts der aktuellen Bilder aus Chemnitz?
    Michel Friedman: Ich bin zutiefst besorgt und beunruhigt. Was wir sehen und erleben, ist nur die Spitze einer demokratiefeindlichen Bewegung, die ein breiteres Fundament in der Gesellschaft hat, als wir uns vorstellen wollen. Die Demokratie ist wehrhaft, aber an einigen Stellen versagt sie. In Sachsen sind weder die jetzige noch vorige Landesregierungen deutlich genug gegen Rassismus, Juden- und Menschenhass oder gegen rechtsextremistische Gruppen vorgegangen. Antidemokratische Kräfte, die die Substanz eines liberalen, humanistischen Lebens in einer pluralen Welt zerstören wollen. Wenn man heute von Chemnitz redet, muss man an Hoyerswerda und Rostock erinnern - auch damals gab es eine Menschenjagd. Dass Menschen in einem demokratischen Rechtsstaat gejagt werden, nur weil sie anders aussehen, zeigt, dass zumindest in Teilen von Sachsen viel Nachholbedarf vorhanden ist. In Sachsen glauben einige, dass sie mittlerweile die Polizei ersetzen können oder dürfen. Chemnitz ist keine Überraschung. Es ist nicht plötzlich passiert - schon vor Monaten hat es woanders große Auseinandersetzungen mit Menschenhassern und Rechtsextremisten, mit Verbrechern, gegeben. Auch da hat es sehr lange gedauert, bis die sächsische Justiz in aller Härte durchgegriffen hat und am Ende musste die Bundesstaatsanwaltschaft übernehmen.
    Ist das ein überwiegend ostdeutsches, bzw. sächsisches Problem?
    Buchmesse Frankfurt | Michel Friedman
    Publizist und Fernsehmoderator Michel Friedman
    Wer das Problem des Rechtsextremismus in Sachsen und den neuen Bundesländern verortet, macht es sich zu leicht. Das ist natürlich ein gesamtdeutsches Problem und es ist kein neues Phänomen. Nach 1945 hat es nie diese Stunde Null im Bezug auf den Rassismus, Juden- und Menschenhass gegeben. Die Kräfte, die eine Hitler-Nostalgie in Deutschland fortgesetzt haben, sind allerdings in der dritten Generation angekommen. Das heißt, die Enkel der Nazigeneration haben Nachfolger. Das ist auch nicht nur ein deutsches Problem - wir können es in ganz Europa sehen. In vielen Ländern - Ungarn, Polen - merkt man, die Menschenfeinde sind nicht nur auf der Straße erfolgreich, sondern auch politisch - es sind Regierungschefs. Sie sind, wie in Österreich, Mitglieder der Regierung. Die AfD ist in Deutschland zum ersten Mal nach 1945 als eine für mich rechtsextremistische Partei, bei der in Teilen die Funktionäre Hetzer sind, im Bundestag. Wir müssen uns auch 80 Jahre nach der Pogromnacht die Frage stellen, an welchem Punkt der Gewalt befinden wir uns momentan? Wir müssen es deutlich sehen: eine Enthemmung, eine Unverschämtheit, eine geistige Brandstiftung, eine tatsächliche Brandstiftung. Wenn man ins Netz geht, merkt man, wie viel Aggression vorhanden ist.
    Sie sagen, Rechtsextremismus ist ein gesamteuropäisches Problem. Welche Rolle hat Deutschland bei dieser Entwicklung?
    Wenn wir über Rassismus und Menschenfeindlichkeit sprechen, ist es ein universelles Thema - in der ganzen Welt aktuell. Wenn wir über Deutschland sprechen, dann reden wir tatsächlich über ein Land, das verantwortlich und schuldig für die Endpunkte der Gewalt ist. Hier sieht man, wohin es führt, wenn eine Gesellschaft sich nicht selbst schützt. Es gibt hier Menschen, die meinen, dass die Würde des Menschen antastbar ist. Das sind nicht nur Rassisten, sondern Feinde der Demokratie und des Grundgesetzes. Das ist etwas, was mittlerweile zu einem ernsten Thema mit einer politischen Dimension geworden ist, weil wir diese Menschen als geistige Brandstifter teilweise in den Parlamenten haben.
    Zu solchen Wellen der Aggression, wie aktuell in Chemnitz, kommt es immer wieder. Wie sehr ist unsere Wehrhaftigkeit hier gefährdet?
    Ich warne davor zu glauben, dass es Wellen sind. Wir sehen es in letzter Zeit immer häufiger und aggressiver, was da für ein Potential existiert. Nach allen wissenschaftlichen Umfragen der EU haben wir in allen Ländern, auch in Deutschland, ein solches Potential von 15 bis 20 Prozent. Der Großteil davon ist latent, aber die Mobilisierung dieser latenten Gruppe ist so "erfolgreich", wie in der EU eigentlich noch nie.
    In dieser EU gab es noch nie so viele Regierungen - also die, die für den Schutz der Demokratie, also Schutz der Minderheiten, verantwortlich sind -, die so ein gespaltenes Verhältnis zum Rechtsstaat hatten, die in ihren Wahlkämpfen gegen Fremde hetzen. Wir reden mittlerweile von legitimierter und legalisierter rassistischer Arbeit von den Vorbildern und Regierungen. Wenn die das tun, dann fühlt sich ein Mensch, der in diesem Land lebt, eher ermutigt als entmutigt, sein Gift zu verstreuen.
    Was müssen wir 80 Jahre nach der Nazi-Ära tun, um diese Entwicklung zu stoppen?
    Ich möchte hier mit aller Klarheit betonen, die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer Rechtstaat, der bei allen Schwächen, die wir zu diskutieren haben, in seiner staatsrechtlichen Substanz und im überwiegenden Teil der Bevölkerung mit seiner demokratischen Idee gelebt und geschätzt wird. Aber das Problem der Extremisten ist nicht, ob sie die absolute Mehrheit gewinnen. Auch im Jahre 1933 hatte die NSDAP nicht die eigene Mehrheit. Die Frage ist: Wie laut sind die Demokraten, die für diese Demokratie werben? Ich engagiere mich nicht gegen eine AfD, ich engagiere mich primär für eine Demokratie.
    Ich glaube, das Universelle, das wir aus der Geschichte lernen können, ist: Es gibt immer viele Anfangspunkte der Gewalt, bevor es einen Endpunkt gibt. Wenn es den Endpunkt gibt, sagen viele Menschen erschrocken: Das haben wir nicht gewollt.
    Das Gespräch führte Rosalia Romaniec.
    Michel Friedman ist Jurist, Publizist und Fernsehmoderator. Er war von 2000 bis 2003 stellvertretender Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland. An der Frankfurt University of Applied Sciences ist er Professor für Immobilien- und Medienrecht. Außerdem leitet er dort ein Forschungszentrum für Europafragen und ist einer von vier Direktoren des 2016 gegründeten "Centers for Applied European Studies". Bei der Deutschen Welle moderiert er die Talk-Formate "Conflict Zone" und "Auf ein Wort... mit Michel Friedman".
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    NATIONALSOZIALISTISCHE SYMBOLE
    Das Kreuz mit dem Hakenkreuz

     

     

     

    Hakenkreuz, Hitlergruß, Horst-Wessel-Lied: Die Verwendung und Verbreitung von Nazi-Symbolen ist in Deutschland verboten. Doch zahlreiche Ausnahmeregelungen sorgen für Verwirrung. Ein Überblick.
    Datum 29.08.2018
    Autorin/Autor Astrid Prange de Oliveira, Mara Bierbach
    Auf den ersten Blick ist die Gesetzeslage eindeutig: Kennzeichen und Symbole verfassungswidriger Organisationen sind nicht erlaubt. Laut Paragraph 86 des Strafgesetzbuchs gehören dazu Fahnen, Abzeichen, Uniformen, Parolen, Lieder und Grußformen. Auch Symbole von legalen Organisationen und Parteien, die den verfassungswidrigen Parteien oder Vereinigungen zum Verwechseln ähnlich sind, fallen unter das Verbot.
    Angeführt wird die Liste der verbotenen Nazi-Symbole vom Hakenkreuz, Hitlers Kopfbild, der SS-Sigrune und dem "Hitlergruß". 1983 kam aufgrund seiner Ähnlichkeit der "Widerstandsgruß" oder"Kühnengruß" von der "Aktionsfront Nationaler Sozialisten/ Nationaler Aktivisten" hinzu.
    Ebenfalls auf dem Index stehen laut Bundesamt für Verfassungsschutz unter anderem folgende Symbole und Kennzeichen: Das Keltenkreuz der verbotenen "Volkssozialistischen Bewegung Deutschlands/ Partei der Arbeit", Obergauarmdreieck vom "Bund deutscher Mädel", Gauabzeichen, Totenkopfsymbol der SS-Verbände der NSDAP, Standarte des Führers, Reichskriegsflagge, Blutorden, Armbinden mit Hakenkreuz, SS-Dolch und Skinhead-Abzeichen mit Sigrunen.
    Titel Broschüre Rechtsextremismus BfV
    In der Broschüre über Rechtsextremismus gibt der Bundesverfassungsschutz einen Überblick über Nazi-Symbole
    Zwischen 1980 und 2015 stufte der Verfassungsschutz insgesamt 46 Organisationen und Vereine als verfassungswidrig ein, darunter die "Nationalen Sozialisten Chemnitz", die 2014 vom Sächsischen Innenministerium verboten wurden. Auch ihre Symbole dürfen im öffentlichen Raum nicht verwendet werden. Verstöße können mit Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren oder mit einer Geldstrafe geahndet werden.
    Viele Verbote, viele Ausnahmen
    Doch so eindeutig die Verbote auf den ersten Blick sind, so häufig sorgen die vielen Ausnahmeregelungen für Verwirrung. Denn Nazi-Symbole sind nicht verboten, wenn sie der "staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen, der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dienen".
    Definitiv erlaubt ist nach bisheriger Rechtssprechung die Verwendung von Volkssturmarmbinden, bei denen das Hakenkreuz verdeckt ist, die Reichskriegsflagge 1867-1921, das stilisierte Keltenkreuz als T-Shirt-Aufdruck, die Lebensrune und Odalrune.
    Modelabel Consdaple
    Verwirrend: Das Tragen eines Nazi Sweatshirts der Marke "Consdaple" unter einer halboffenen Jacke ist strafbar, ohne Jacke, wie auf dem Bild, hingegen nicht
    Handy mit Hakenkreuz
    Oft ist es ein scheinbar unbedeutendes Detail, dass darüber entscheidet, was bereits verboten, und was noch erlaubt ist. So dürfen Bürger in Deutschland zwar Gegenstände besitzen, die mit Hakenkreuzen, SS-Runen oder anderen verfassungsfeindlichen Symbolen versehen sind, aber nur solange sie garantieren können, dass nur eine begrenzte Anzahl von Personen diese wahrnimmt. Es ist zum Beispiel legal, ein Mobiltelefon zu besitzen, das mit Nazi-Symbolen bestückt ist.
    Auch das Verkaufsverbot von Waren mit Nazi-Symbolen weist Löcher auf. Zwar ist es rechtlich einwandfrei, auf einem Flohmarkt einen alten original SS-Helm zu verkaufen, die Runen auf der Oberfläche müssen jedoch mit einem Aufkleber abgedeckt sein. Der Verkauf von neu hergestellten Nazi Repliken hingegen ist verboten.
    Satire darf alles
    Screenshot Heute Show Nazi Schnitzel
    Schlechter Scherz? Das "Nazi-Schnitzel" der "Heute Show" kritisierte den Rechtsruck in Österreich
    Zu den offiziell genehmigten Ausnahmen gehören "satirische oder künstlerische Verfremdungen" von Nazi-Symbolen. Die Satire-Sendung "Heute Show" im ZDF testete im April 2016 die Grenzen aus, als die Redaktion die Montage eines Hakenkreuzes aus Schnitzel auf Facebook postete, und diese mit einem Slogan zu den bevorstehenden Wahlen in Österreich versah. Die Staatsanwälte griffen nicht ein.
    Auch ein durchgestrichenes Hakenkreuz ist erlaubt, wenn damit die nationalsozialistische Ideologie bekämpft werden soll. Dies entschied am 15. März 2007 der Bundesgerichtshof. Ein durchgestrichenes Hakenkreuz, so die Richter, würde "in eindeutiger Weise die Gegnerschaft zu der Organisation und die Bekämpfung ihrer Ideologie zum Ausdruck bringen."
    Die jüngste Lockerung gab in der vergangenen Woche die unabhängige Prüfstelle "Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle" (USK) auf der "Gamescom" in Köln bekannt: Nicht nur in Filmen, auch in Computer- und Videospielen können in Deutschland künftig Nazi-Symbole wie Hakenkreuze gezeigt werden.
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    FILME
    "Nazi-Chic und Nazi-Trash - Faschistische Ästhetik"

     

     

     

    Eine interessante These wird in dem neuen Band "Nazi-Chic und Nazi-Trash" aufgestellt: Wenn Nazi-Symbolik in Mode und Medien überstrapaziert wird, dann verliert sie ihren Schrecken.
    Datum 31.01.2012
    Autorin/Autor Jochen Kürten
    Warum stößt nationalsozialistisches Gedankengut bei vielen Jugendlichen (nicht nur in Ostdeutschland!) auf fruchtbaren Boden? Natürlich ist es die eigene Perspektivlosigkeit, die tumben Hass auf alles Fremde auslöst. Aber bei vielen Heranwachsenden ist es auch ein Stück Faszination für faschistische Ästhetik. Das beginnt nicht selten in der Popkultur. Der Band "Nazi-Chic und Nazi-Trash - Faschistische Ästhetik in der populären Kultur" von Marcus Stiglegger (Bertz + Fischer Verlag) stellt die These auf, dass ebendiese Populärkultur, die "faschistische Ästhetik als Nazi-Chic und Nazi-Trash enthistorisieren und auf diese Weise ein ebenso makabres wie genießbares Bild einer mordenden Gesellschaft zeichnen ... in Comics und Filmen, in Bühnenshows und Medienkunst." Ein erhellender Band über fatale Moden der Populärkultur, insbesondere im Kino (unser Bild: "Inglourious Basterds" von Quentin Tarantino/jk).
    Ein Buchtipp von Jochen Kürten
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    Verlautbarung der Pressestelle des Bundesverfassungsgerichts

    Pressemitteilung Nr. 59/1952 vom 23. Oktober 1952

     

     

     

    Urteil vom 23. Oktober 1952 - 1 BvB 1/51
    Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat am heutigen Tage das Urteil in dem Verfahren gegen die Sozialistische Reichspartei verkündet. Die SRP ist verfassungswidrig und wird deshalb aufgelöst. Die Schaffung von Ersatzorganisationen ist verboten. Das Vermögen der Partei verfällt dem Bunde für gemeinnützige Zwecke. Die Abgeordneten der Partei im Bundestag und in den Landtagen verlieren ihre Mandate und können nicht durch auf den Listen nachrückende Ersatzmänner ersetzt werden.
    Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts beruht auf Art. 21 des Grundgesetzes. Diese Verfassungsbestimmung wird der Tatsache gerecht, daß der in Wahlen und Abstimmungen vom Volke als dem Träger der Staatsgewalt betätigte Wille in der Wirklichkeit des modernen großen Staates nur durch das Mittel der Parteien als politischer Handlungseinheiten in Erscheinung treten kann. Der Verfassungsgesetzgeber garantiert deshalb die freie Bildung und Betätigung politischer Parteien. Aber hat er diese Freiheiten solchen Parteigebilden versagt, die die tragenden Grundsätze der Demokratie nicht anerkennen und die formalen Mittel der Demokratie dazu mißbrauchen wollen, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu beseitigen. Um die Gefahr des Mißbrauchs einer Parteiverbots zu bannen hat er die Entscheidung über die Frage der Verfassungsmäßigkeit von Parteien nicht in die Hände der Exekutive oder der gesetzgebenden Körperschaften gelegt, sondern dem Bundesverfassungsgericht übertragen und die Voraussetzungen für eine solche Feststellung tatbestandsmäßig umrissen.
    Mit dieser Ausprägung des Art. 21 des Grundgesetzes ist die Lehre aus den bitteren Erfahrungen der jüngsten Vergangenheit gezogen worden. Der Vorgang einer Unterwühlung und schließlichen Beseitigung der Demokratie durch die Nationalsozialisten soll sich nicht in dieser oder ähnlicher Form wiederholen, die willkürliche Unterdrückung anderer Parteien durch die Exekutive, wie sie das nationalsozialistische Regime betätigte, in gleicher Weise ausgeschlossen sein. Der Urteilsspruch des Bundesverfassungsgerichts erhält deshalb ein besonderes Gewicht dadurch, daß er eine Parteigründung unbelehrbarer Nationalsozialisten trifft und die SRP als Nachfolgeorganisation der NSDAP entlarvt. Das ist der klassische Anwendungsfall des Artikel 21 Abs. 2 GG. Das 98 Seiten umfassende Urteil gliedert sich in acht Abschnitte. Nach einer einleitenden Darstellung der Entstehung und Entwicklung der SRP, die nach der Gründung am 2. Oktober 1949 die Lizenzierung ihres niedersächsischen Landesverbandes bei der regionalen Militärregierung beantragte, bringt das Urteil die Anträge der Bundesregierung und der SRP und eine Zusammenfassung des beiderseitigen Vorbringens, sodann einen Überblick über die Prozessgeschichte. Es folgt die Erörterung prozessualer Vorfragen, dabei die Zurückweisung des Einwands, daß das Gericht mit 11 Richtern nicht ordnungsgemäß besetzt sei und die Darlegung der rechtlichen Voraussetzungen des Art. 21 GG. Der folgende 6. Abschnitt umreißt mit einem prägnanten Überblick über Wesen und Entwicklung der deutschen Rechtspartei, in Sonderheit der NSDAP, den Hintergrund, vor dem sich dann die im 7. Abschnitt folgende und in fünf Unterabschnitte gegliederte, allein 60 Seiten umfassende Beweiswürdigung vollzieht. Im letzten Abschnitt kommt das Gericht zum rechtlichen Fazit und gibt vor allem die Begründung für die im Grundgesetz und im Gesetz über das Bundesverfassungsgericht nicht ausdrücklich vorgesehene, aber aus dem Grundgedanken des Art. 21 GG abzuleitende Aberkennung der Mandate.
    Die Würdigung des enormen, vom Gericht in einer zehntägigen Verhandlung erörterten Beweismaterials macht den Kern der Entscheidungsgründe aus. Sie wird durch eine grundlegende Erörterung der Methoden eingeleitet, mit denen im modernen Staat Machtkämpfe mit dem Ziel der Beseitigung der bestehenden Ordnung geführt werden: Statt zu offener und unmittelbarer Gewalt greift man in steigendem Maße zu den Mitteln innerer Zersetzung. Unter Vortäuschung einer scheinbaren Legalität, die
    - wie das Beispiel Hitlers gezeigt hat - in ausdrücklichen Loyalitätserklärungen, ja im Eid auf die Verfassung gipfeln kann, und hinter einem Programm, das die wirklichen Ziele nicht erkennen lässt, vollzieht sich die moderne Revolution in einer Unzahl feindseiger Einzelakte, von denen jeder der für sich betrachtet verhältnismäßig unbedeutend erscheint und die erst in ihrer Zusammenschau das revolutionäre Ziel hervortreten lassen. Es entspricht dieser Erkenntnis, wenn Art. 21 GG nicht nur auf die Ziele der Partei sondern auch auf das Verhalten ihrer Anhänger abstellt, da sich in diesem Verhalten die wahren Absichten einer modernen revolutionären Partei oft am untrüglichsten widerspiegeln.
    Das nun im einzelnen ausgebreitete Beweisergebnis gewinnt, wie das Urteil hervorhebt, dadurch ein besonderes Gewicht, daß die SRP die Möglichkeit besaß, Belastungsmaterial in großem Umfang beiseite zu schaffen, und daß sich von dieser Möglichkeit erwiesenermaßen Gebrauch gemacht hat, ehe das Bundesverfassungsgericht mit der Anordnung von Durchsuchungen und Beschlagnahmen eingreifen konnte.
    Im einzelnen seien folgende aus der Beweisaufnahme gewonnene Feststellungen hervorgehoben:
    Die Führungsschicht der SRP setzt sich vorwiegend aus ehemaligen alten und aktiven Nationalsozialisten zusammen. Die Partei betrachtet die Schicht der „alten Kämpfer“ als ihre natürliche Anhängerschaft und Führerreserve. Sie geht systematisch darauf aus, die Funktionsträger für die Schlüsselstellungen der Partei aus dieser Schicht heranzuziehen. Bezeichnend für die bei den Parteidienststellen beschlagnahmten Briefe ist die Tatsache, daß eine nationalsozialistische Vergangenheit und ein fortdauerndes Bekenntnis zur nationalsozialistischen Ideologie als notwendige und für sich allein ausreichende Qualifikation für Parteiämter angesehen wird.
    Dem Bestreben der Parteiinstanzen, alte Nationalsozialisten planmäßig zum Aufbau der Organisation heranzuziehen, entspricht die ihnen entgegenkommende Neigung solcher früherer Nationalsozialisten, die unbelehrbar in den alten Vorstellungen beharren.
    Die SRP wirkt auf sie, wie mit zahlreichen Briefzitaten belegt ist, wie ein Magnet. Sie werden mit offenen Armen aufgenommen, nie wird ein Wandel der Anschauung oder der Gesinnung erklärt oder gefordert. Im Gegenteil prahlt jeder mit seiner nationalsozialistischen Vergangenheit, und manche Zuschriften betonen ausdrücklich, daß der Schreiber seine frühere Einstellung unverändert beibehalten hat.
    Das Organisationsbild der SRP ähnelt dem der NSDAP. Die Partei ist von oben nach unten im Geiste des Führerprinzips aufgebaut, das hier durch ein streng durchgeführtes Berufungs- und Betätigungssystem gekennzeichnet ist. Der in der Satzung kaum verhüllte autoritäre Charakter der Partei offenbart sich deutlich in der Parteipraxis. Über die satzungsgemäßen Vorrechte der Parteigründer hinaus wird nach dem Muster der NSDAP eine Begünstigung der alten Parteimitglieder angestrebt. Der Begriff der „alten Garde“ taucht auf. Mitglieder werden willkürlich, mitunter kollektiv durch Auslösung ganzer Gebietsverbände von oben her aus der Partei ausgeschlossen. Die Partei soll als politischer Orden aufgezogen werden, der auf dem Prinzip des absoluten Gehorsams beruht. In einem Schreiben vom 25.12.1950 offenbart der Parteivorsitzende seine Absicht, den Parteiapparat „nach den Grundsätzen eines Offizierkorps“ aufzubauen und „den rücksichtslosen Umbau im Sinne von Kader-Organisationen vorzunehmen“. Dem entsprechend werden Funktionäre in der Regel ernannt und nicht gewählt.
    Das Programm der Partei, in dem ein klares Bekenntnis zur Demokratie fehlt, ist bewußt vorsichtig, dunkel und mehrdeutig formuliert. Erst im Zusammenhang mit den Äußerungen führender Funktionäre und dem Verhalten der Anhänger erschließt sich sein wirklicher Sinn mit eindeutigen Parallelen zum Nationalsozialismus. Man bekennt sich ohne Scheu zu Hitler. Die Propaganda folgt seinen Rezepten und Methoden bis in Einzelheiten wie etwa in der Verwendung des Schlagworts „Deutschland erwache“. Man empfiehlt für Kundgebungen den von Hitler bevorzugten Badenweiler Marsch. Man beginnt Versammlungen mit einer melodramatischen Totenfeier und erweckt damit in den Zuhörern das Gefühl, als seien die Gefallenen Träger der politischen Ideen der SRP gewesen. Bei Massenkundgebungen der SRP drängt sich unwillkürlich bis auf den Tonfall und Sprechweise der Redner und den hysterischen Beifall einer in Taumel versetzten Menge der Eindruck auf: Das ist eine Kundgebung der NSDAP.
    Nach nationalsozialistischem Vorbild wird ein Blutzeugenkult betrieben. In Ermanglung eigener Blutzeugen hat man sich mit den sogenannten Landsbergern solidarisch erklärt, unter ihnen ein Ohlendorf, der in seiner eigenen Zeugenaussage zugab, daß auf seinen Befehl und zum Teil in seiner Gegenwart über 90.000 unschuldige Männer, Frauen und Kinder ums Leben gebracht wurden, weil sie Juden waren. Eine neue Dolchstoßlüge wird erfunden und verbreitet mit dem Ziel, im Bewußtsein des Volkes die Verantwortung für Deutschlands Schicksal von der NSDAP, der „großen Vorgängerin“ der SRP, auf die Gegner des Nationalsozialismus abzuwälzen. Der Verherrlichung des Nationalsozialismus entspricht die systematische, vor keiner Verdrehung und Verleumdung zurückschauende Herabsetzung der Organe der Bundesrepublik und ihrer Träger, wobei man sich eines auf Schritt und Tritt an die nationalsozialistische Zeit erinnernden Wortschatzes bedient. Alle anderen Parteien werden in einer Weise bekämpft, die auf deren Ausschaltung auf dem politischen Leben abzielt. Man spricht ihnen mit dem Vorwurf, die vitalsten Interessen des deutschen Volkes zu verraten, die Daseinsberechtigung ab. Gesetze und Symbole der im Grundgesetz verwirklichten Demokratie werden zynisch mißachtet. Antisemitische Tendenzen und terroristische Neigungen gegenüber politischen Gegnern treten unverkennbar hervor.
    Mit der angeblichen Selbstauflösung der SRP setzt sich das Gericht im letzten Abschnitt des Urteils auseinander. Es bezeichnet diese Selbstauflösung, die allein von der Parteileitung beschlossen wurde, wegen Verstoßes gegen die zwingende Vorschrift des Art. 21 Abs. 1 S. 3 GG als nichtig. „ Die Entscheidung über die Existenz einer politischen Partei, die ihrer Bedeutung nach von einem möglichst großen Gremium getroffen werden müßte, kann nicht in das freie Belieben einer autoritären Spitze aus wenigen Funktionären gestellt werden. Auch eine von dieser autoritären Spitze eingeholte Zustimmung der Parteimitglieder zu einer so verfügten Auflösung vermag diesen Mangel nicht zu beheben. Eine solche „Akklamation“ ohne Diskussion ist keine demokratische Abstimmung“.
    Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Verfahren gegen die SRP hat einen neuen wesentlichen Beitrag zur Auslegung des Grundgesetzes geleistet. Sie besitzt eine staatspolitische Tragweite von wohl noch nicht übersehbaren Ausmaßen. Sie macht das Wort wahr, daß die Feinde der Freiheit der Freiheit nicht wert sind und beweist, daß die junge deutsche Demokratie von lebendigem Geiste erfüllt und kein leeres Gefäß ist, daß man beliebig mißbrauchen und schließlich zertrümmern kann.
    https://www.bundesverfassungsgericht.de/

     

    3. YouTube-Videos zu Rechtsextremismus als Folge bzw. Konsequenz des Nationalsozialismus

     

     

     

    13.04.2021 - Prozessauftakt gegen mutmaßlich rechtsextreme Gruppe in Stuttgart

    Prozessauftakt in Stuttgart vor dem Oberlandesgericht Stuttgart: Angeklagt sind zwölf Verdächtige. Die Ermittler werfen ihnen vor, eine rechtsextreme Organisation mit dem Ziel gegründet zu haben, Anschläge gegen Politiker, Asylbewerber und Muslime zu verüben. © REUTERS
    https://www.youtube.com/watch?v=kEqZ_Iky9cg

     

     

     


    Bundesstiftung Aufarbeitung Brand
    Inwieweit prägen die sogenannten Baseballschlägerjahre (Christian Bangel) unsere Gegenwart? Anlässlich des 30. Jahrestags des rassistischen Pogroms von Rostock-Lichtenhagen (August 1992) und des rechtsextremen Brandanschlags von Mölln (November 1992) werden bei der Veranstaltung „Braune Landschaften“ die Kontinuitäten von Rassismus und Rechtsextremismus in Deutschland im Spiegel deutscher Teilung und Einheit diskutiert. Moderiert von Anh Tran kommen Ibrahim Arslan, Valentin Hacken, Dr. Daniel Kubiak, Angelika Nguyen und Awet Tesfaiesus miteinander ins Gespräch und loten politische und zivilgesellschaftliche Ansätze aus, sich Intoleranz, Ausgrenzung und Gewalt entgegenzustellen sowie die Betroffenen in ihrer Handlungsmacht zu stärken.

     

     

     


    LANDESARCHIV BADEN-WÜRTTEMBERG ABT. GENERALLANDESARCHIV KARLSRUHE
    Tagung - Rechtsextremismus in der Bundesrepublik Deutschland 27.01.2021

    https://strato-editor.com/.cm4all/widgetres.php/com.cm4all.wdn.social.Youtube/images/thumbnail.svg
    Landesarchiv Baden-Württemberg
    Politisch motivierte Straftaten mit rechtsextremistischem Hintergrund haben in jüngster Zeit erheblich zugenommen. Auch als Konsequenz aus dem NSU-Untersuchungsausschuss des Landtags hat das Land Baden-Württemberg im Sommer 2020 im Generallandesarchiv Karlsruhe eine Dokumentationsstelle eingerichtet, die künftig Informationen über (rechts-)extremistische Strukturen und Netzwerke sammeln und der Öffentlichkeit und Forschung zugänglich machen soll. Kern der neuen Dokumentationsstelle ist die Sammlung des Journalisten Anton Maegerle, die als größte ihrer Art in Deutschland gilt.
    In der öffentlichen Auftakttagung der neuen Dokumentationsstelle fragten renommierte Referentinnen und Referenten aus den Geschichts- und Gesellschaftswissenschaften nach den Traditionen demokratiefeindlichen Denkens in Deutschland und nahmen eine Standortbestimmung vor: Wie stark ist die aktuelle Gefährdung unseres Gemeinwesens und unserer politischen Kultur durch rechtes Denken und rechten Terror? Was verbirgt sich hinter dem Bürgerprotest der "Querdenken-Bewegung"? Eine prominent besetzte Gesprächsrunde diskutierte am zweiten Tag die aktuellen Herausforderungen, mit denen sich der Rechtsstaat konfrontiert sieht.
    Infos zum Programm: https://www.landesarchiv-bw.de/

     

     

     


    Bedroht und beleidigt - Hass auf Lokalpolitiker | hessenreporter | doku
    hrfernsehen 
    Nach dem Mord an Kassels Regierungspräsident Walter Lübcke am 2. Juni 2019, wird die  Bedrohung von Politikern sehr ernst genommen. Denn, wer ein Amt bekleidet und öffentlich für Menschenrechte eintritt, geht ein Risiko ein. Auf anonyme Hetze folgen immer öfter Taten. Einige Lokalpolitiker haben wegen rechter Morddrohungen bereits ihr Amt aufgegeben. Nicht so Nicole Fröhlich aus Darmstadt. Neben ihrem Amt als Fraktionsvorsitzende bei Bündnis 90 /Die Grünen, engagiert sie sich ehrenamtlich für Obdachlose und Menschen in prekären Wohnverhältnissen. Nachdem sie 2018 gegen eine Wahlkampfveranstaltung der rechtspopulistischen Partei AFD aufgerufen hatte, bekommt sie eine Morddrohung. Auch Burkhard Jung, der Oberbürgermeister von Leipzig, wird bedroht. Er sieht eine Strategie dahinter und will nicht, dass sie aufgeht, auch er macht weiter. Nach einer Umfrage des hr unter Bürgermeistern und Landräten in Hessen im September 2019, haben mehr als die Hälfte der Befragten schon einmal Anfeindungen oder Bedrohungen erlebt. Wie gehen die bedrohten Politiker mit der Situation um? Haben die Anfeindungen das Leben der Kommunalpolitiker verändert?

     

     

     


    Das wird man ja noch sagen dürfen, 1: Begrüßung
    Osnabrücker Friedensgespräche
    Das wird man ja noch sagen dürfen – Rechtsextremismus und Rechtspopulismus in der Gesellschaft
    Podiumsdiskussion mit Dr. Floris Biskamp (Politikwissenschaftler und Soziologe, Koordinator des Promotionskollegs Rechtspopulistische Sozialpolitik und exkludierende Solidarität an der Universität Tübingen), Prof. Dr. Beate Küpper (Professorin für Soziale Arbeit in Gruppen und Konfliktsituationen an der Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach), Martín Steinhagen (Freier Journalist und Autor des Buchs »Rechter Terror. Der Mord an Walter Lübcke und die Strategie der Gewalt«) Gesprächsleitung: Prof. Dr. Andrea Lenschow, Universität Osnabrück
    Mittwoch, 8. Juni 2022, 19 Uhr, Aula der Universität, Neuer Graben 29 / Schloss. Mehr unter: https://www.ofg.uni-osnabrueck.de/das...

     

     

     


    Vergiftete Heimat - Die netten Rechten von nebenan | SWR Doku über die Identitäre Bewegung

    SWR Doku
    Sie sind smart, klug und argumentationsstark. Die jungen Mitglieder der Identitären Bewegung Deutschland. Modern kommen sie daher, haben mit "rechtsextremen Dumpfbacken", "Tattoo-Trägern in Springerstiefeln" nichts gemein. Sie lehnen Gewalt als Mittel der Auseinandersetzung ab. Der Verfassungsschutz stuft sie jedoch nach dreijähriger Prüfung als rechtsextremistisch ein. Zentrale Positionen der Identitären Bewegung Deutschland sind danach nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.
    In Erscheinung tritt die neue rechte Jugendbewegung vor allem im Internet. Mit professionell gemachten Videoclips ihrer spektakulären Aktionen nimmt die IBD ideologisch Einfluss vor allem auf junge Net-User. Dabei nutzt sie Plattformen und Blogs, um ihre rechtsextremen Botschaften einem jungen Publikum nahe zu bringen. So sehr sie jedoch über das Internet die Öffentlichkeit suchen, so sehr entziehen sich die „netten Rechten von nebenan“ persönlich der Presse und einer kritischen Berichterstattung geradezu konspirativ.
    Exklusive Einblicke in die Gedankenwelt der Identitären Bewegung
    Zum ersten Mal ist es einem Reporter-Team gelungen, Einblicke in das Denken und Handeln der neuen jungen Rechten zu bekommen und einige ihrer Protagonisten länger zu begleiten. Über zwei Jahre recherchierte ein Team von FF Framework TV im Milieu der Identitären Bewegung Deutschlands und lernte Aktivistinnen und Aktivisten kennen, die sich kritischen Fragen stellten. So konnte exklusiv für den SWR eine Dokumentation aus dem Kernbereich der IBD realisiert werden. Gedreht wurde u. a. bei einem Seminar der Identitären Bewegung auf Schloss Ebersberg bei Stuttgart. Die Reporter erfuhren, was der IBD der „Erhalt der ethnokulturellen Identität“, „Patriotismus und Heimatliebe“, „Remigration“, Kontrolle über das eigene Staatsgebiet tatsächlich bedeutet.
    Neue Form rechtsextremen Auftretens
    Auch bei Protestaktionen und in einer Identitären Wohngemeinschaft in Halle wurde gefilmt. Dabei wurde deutlich, dass sich hier eine völlig neue Form rechtsextremen Auftretens manifestiert und viele Klischees überholt sind. Rechtsextremistisch hatte immer auch den Beigeschmack von reaktionär, brutal, tumb, verstaubt. Das trifft auf die Gruppe nicht zu. Mit ihrem modernen und hippen Auftreten schafft sie es, immer mehr junge Intellektuelle anzusprechen, auch Gymnasiast*innen und Student*innen, die sich als die neue kommende rechte Elite definieren.
    Die IBD greift bei ihren Protesten auf das politische Repertoire der Linken und Öko-Bewegung zurück. Aktionen und Provokationen der Studentenbewegung der 1960er Jahre, der linksradikalen Sponti-Szene der 1980er Jahre oder auch von Greenpeace werden analysiert und kopiert. Während der Dreharbeiten fiel immer wieder auf, dass auch viele junge Frauen in der IBD aktiv sind. Modern gekleidet, selbstbewusst. Ihr Anspruch: feminin und wehrhaft zugleich. Eine Botschaft, die sie auch mit Videoclips verbreiten. Mit provozierenden Auftritten transportieren sie ein völkisches Weltbild, in dem der Islam zur Gefahr für deutsche Frauen wird.
    Gesellschaftliches Vakuum wird genutzt
    Der Verfassungsschutz hält die IBD für eine rechtsextreme Organisation und Politologen sind sich einig, dass die rechte Bewegung ein gesellschaftliches Vakuum nutzt, um es mit völkischen und ausländerfeindlichen Positionen zu füllen. Die demokratische, bürgerliche Mehrheit habe Probleme mit dem Umgang von identitätsstiftenden Begriffen wie Heimat, Nation und Vaterland. Das bestätigen systematische Meinungsumfragen des Allensbach-Instituts. Danach sagen 40 Prozent der Deutschen, es sei heikel, öffentlich das Thema Patriotismus zu behandeln. Die Dokumentation zeigt die Kluft in der Gesellschaft, die tabuisierten Begriffe „Heimat“, „Vaterland“ oder „Nation“ als heikel zu betrachten und mitzuerleben, wie neurechte Bewegungen wie die IBD das Thema nach rechts verschieben. Politologen und Experten nehmen Stellung dazu.
    Diese Doku von Rainer Fromm und Udo Frank aus der SWR-Reihe "betrifft" trägt den Originaltitel: Vergiftete Heimat – Die netten Rechten von nebenan, Ausstrahlungsdatum: 14.2.21. #swrdoku #swr
    Alle Aussagen und Fakten entsprechen dem damaligen Stand und wurden seitdem nicht aktualisiert.

     

     

     


    Rechtsextremismus in Baden-Württemberg 17.11.2011 - SWR Landesschau

    ReportFan
    Der Landesschau Zoom erklärt: Wie sieht die Nazi-Szene in Baden-Württemberg aus? Wieviele Rechtsextreme gibt es? Wie sind sie organisiert?

     

     

     


    Wie Reichsbürger Behörden lahm legen | Panorama 3 | NDR

    ARD
    "Reichsbürger" lehnen die Bundesrepublik Deutschland ab. Die teilweise rechtsextreme Bewegung nervt Ämter und Behörden mit wirren Anträgen, Klagen und Beschwerden.
    www.ndr.de/panorama3

     

     

     


    25.05.2018 Auf ein Wort... Nazi | DW Deutsch

    DW Deutschhttps://strato-editor.com/.cm4all/widgetres.php/com.cm4all.wdn.social.Youtube/images/thumbnail.svg
    Gab es je nach 1945 eine Zeit in Deutschland, in der es keine Nazis gab? Woran erkennt man einen Rechtsextremen? Gibt es gegenwärtig Nazis in Deutschland? Michel Friedman und Professor Wilhelm Heitmeyer setzen sich mit dem Begriff "Nazi" auseinander.

     

     

     


    28.10.2022 - Was der Verfassungsschutz 120 Jahre geheim halten wollte | ZDF Magazin Royale

    ZDF MAGAZIN ROYALEhttps://strato-editor.com/.cm4all/widgetres.php/com.cm4all.wdn.social.Youtube/images/thumbnail.svg
    Er war lange weg, jetzt ist er wieder da, back on the Mic: der Verfassungsschutz. Ganz ehrlich, die 90er, 00er- und 10er-Jahre waren echt nicht deine Zeit. Und auch heute läufts noch nicht immer wirklich rund. Du hast die eine oder andere Akte in Sachen NSU und Rechtsextremismus zu viel geschreddert, Nazi-V-Männer haben dich ausgenutzt und die viel besungene Aufarbeitung der Taten des Nationalsozialistischen Untergrund hast du auch erstmal auf die lange Bank geschoben.
    Du bringst es nicht mehr alleine, einer muss auf dich aufpassen. So eine Art Verfassungsschutzschutz
    https://www.youtube.com/watch?v=vXw0arg6wuI

     

     

     


    4. Stellungnahme der vom Amtsgericht Mosbach beauftragten forensischen Sachverständigen aus Kitzingen zum Rechtsextremismus als Folge bzw. Konsequenz des Nationalsozialismus

     

     

     

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    Siehe auch:

     

     

     



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