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HISTORISCHES:
NS-Organisation und -Verwaltung,
auch in Mosbach-Baden
Zuletzt AKTUALISIERT am 29.12.2024 !
Siehe auch:
- NS-Bürokratie und Nazi-Schreibstischtäter >>>
- NS-Organisation und Verwaltung >>>
- Arbeit und Arbeitsamt im Nationalsozialismus >>>
- Landräte im Nationalsozialismus >>>
1. NS-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach
Amtsgericht Mosbach | NS- und Rechtsextremismus-Verfahren bei der Mosbacher Justiz: |
Nach Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg mit Beschluss vom 15.12.2022 - 6 S 1420/22 - unterliegt der Nationalsozialismus nicht der grundrechtlich geschützten Weltanschauungsfreiheit gemäß Art. 4 Abs. 1 GG.
Das Amtsgericht Mosbach hat jedoch seit dem 03.06.2022 eine gemäß § 158 StPO ordnungsgemäße Eingangsbestätigung mit den Benennungen der Konkreten Eingabedaten, der Konkreten Sachverhaltsbenennungen mit einer kurzen Zusammenfassung der Angaben zu Tatzeit, Tatort und angezeigter Tat, insbesondere zu beantragten NS- und Rechtsextremismus-Strafverfahren, bisher ausdrücklich und EXPLIZIT versagt und NICHT ausgestellt.
Auch für die beim Amtsgericht Mosbach beantragten Wiederaufnahmeverfahren, amtsseitigen Verfügungen und gerichtlichen Prüfungen in NS- und Rechtsextremismus-Angelegenheiten verweigert das Amtsgericht Mosbach ordnungsgemäße Eingangs- und Weiterbearbeitungsbestätigungen mit konkreten Sachverhaltsbenennungen.
Siehe dazu auch Umgang des Amtsgerichts Mosbach mit NS- und Rechtsextremismusverfahren >>>
Das Amtsgericht Mosbach verweigert zudem bisher Stellungnahmen zu den historisch nachgewiesenen Kontinuitäten von NS-Funktionseliten in der BRD. Das AG MOS verweigert zudem bisher Stellungnahmen zur Kontinuität von NS-Richtern, NS-Staatsanwälten und NS-Juristen nach 1945 und in der BRD, die aber zuvor im Nationalsozialismus privat und beruflich sozialisiert wurden, u.a. auch in Mosbach, in Baden und Württemberg. Das AG MOS verweigert zudem bisher Stellungnahmen zu den NS-Justizverbrechen, auch zu den eigenen.
Das Amtsgericht Mosbach verweigert zudem bisher Stellungnahmen zum Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg (1966 bis 1978) Hans Filbinger, der historisch nachgewiesen vor 1945 als Nazi-Blutrichter und NS-Militär-Marinerichter Nazi-Justizmorde als Todesurteile veranlasst bzw. ausgesprochen hatte und dazu dann nach 1945 öffentlich zum Ausdruck brachte, dass DAS, was damals Recht gewesen sei, heute nicht Unrecht sein könne.
Das Amtsgericht Mosbach verweigert bisher Stellungnahmen zum Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg (2005 bis 2010) und Juristen Günther Oettinger, der seinen Amtsvorgänger Hans Filbinger, während seiner eigenen Filbinger-Trauerrede im April 2007 öffentlich zum angeblichen Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus zu verklären und zu stilisieren versucht hatte. Und dies sowohl in der eigenen juristischen NS-Aufarbeitung nach 1945 als auch in den Thematisierungen dieser NS-Sachverhalte innerhalb der eigenen NS-Öffentlichkeitsarbeit des AG MOS.
Expertise der Forensischen Sachverständigen MA Antje C. Wieck aus Kitzingen zur Aufarbeitung von NS-Verbrechen und NS-Unrecht in der NS-Vergangenheitsbewältigung
Die HIER fallverantwortliche Richterin beim Amtsgericht Mosbach Marina Hess verfügt HIER unter 6F 9/22 und 6F 202/21 am 17.08.2022 EXPLIZIT, dass die gerichtlich beauftragte familienpsychologische Forensische Sachverständige für Familienrecht MA Antje C. Wieck, Praxis für KINDER- UND JUGENDLICHENPSYCHOTHERAPIE, Moltkestr. 2, 97318 Kitzingen, eine INHALTLICHE Sachverständigen-Auseinandersetzung mit der Dokumentations-Website "nationalsozialismus-in-mosbach.de" des Kindsvaters, Beschwerdeführers und Nazi-Jägers Bernd Michael Uhl durchführen solle (Siehe im Folgenden!), die diese Sachverständige Gutachterin HIER ABER AKTENKUNDIG NACHWEISBAR im anhängigen Verfahrenskomplex während ihren zwei gerichtlich bestellten Sachverständigengutachten von 2022 bis 2024 DANN ÜBERHAUPT NICHT durchführt.
UND DIES HIER EXPLIZIT AUCH NICHT bzgl. der DARIN KONKRET thematisierten nationalsozialistischen Verbrechen bis 1945 und deren juristischen, politischen und zivilgesellschaftlichen Aufarbeitungen in der NS-Vergangenheitsbewältigung seit 1945, insbesondere HIER auch in der lokalen-regionalen Fall- und Verfahrenszuständigkeit für Mosbach und für den Neckar-Odenwaldkreis.
Die HIER fallverantwortliche Richterin beim Amtsgericht Mosbach Marina Hess verfügt HIER unter 6F 9/22 und 6F 202/21 am 17.08.2022 EXPLIZIT bei der von ihr selbst gerichtlich beauftragten familienpsychologischen Forensischen Sachverständigen für Familienrecht MA Antje C. Wieck, Praxis für KINDER- UND JUGENDLICHENPSYCHOTHERAPIE, Moltkestr. 2, 97318 Kitzingen eine Sachverständigen-Begutachtung bezüglich "der Notwendigkeit einer psychiatrischen Begutachtung" des Kindsvaters, Beschwerdeführers und Nazi-Jägers Bernd Michael Uhl "zur Beurteilung seiner Erziehungsfähigkeit" (Siehe im Folgenden!). UND DIES NACHDEM UNMITTELBAR ZUVOR das erste gerichtlich beauftragte familienpsychologische Gutachten vom 07.04.2022 unter 6F 202/21 und 6F 9/22 sich für den perspektivischen Verbleib des damals anderthalb Jahre alten Kindes beim Kindsvater ausspricht. HIERBEI unterstellt die fallverantwortliche Mosbacher Amts-Familienrichterin Marina Hess im familienrechtlichen Zivilprozess dem Kindsvater, Beschwerdeführer und Bernd Michael Uhl eine mögliche angebliche psychische Erkrankung und eine damit einhergehende eingeschränkte Erziehungsfähigkeit auf Grund seiner konkreten Nazi-Jäger-Eingaben zu den seinerseits beim Amtsgericht Mosbach beantragten juristischen Aufarbeitungen von konkreten Tatbeteiligungen an NS-Verbrechen und NS-Unrecht 1933-1945 und deren mangelhaften juristischen Aufarbeitungen seitens der deutschen Nachkriegsjustiz seit 1945. UND DIES HIER insbesondere auch in der lokalen-regionalen Fall- und Verfahrenszuständigkeit bei NS-Verbrechen und NS-Unrecht in Mosbach und im Neckar-Odenwaldkreis sowie bezüglich dem Versagen der Mosbacher Nachkriegsjustiz seit 1945 bei deren juristischen Aufarbeitungen.
SIEHE DAZU AUCH:
- Rechtsanwaltlicher und gerichtlicher Umgang mit Sachverständigen-Gutachten in Fallbegleitungen - Verfahrensführungen - Verfahrensbearbeitungen- Verfahrensbegleitungen durch RECHTSANWALT Simon Sommer >>>
- Verfahrensinhaltliche und prozessuale Benachteiligungen des Mandanten von Rechtsanwalt Simon Sommer beim Amtsgericht Mosbach unter 6F 211/21, 6F 202/21, 6F 9/22, 6F 2/23, 6F 2/22, etc. sowie unter amtsseitigen KV-BS-Sonderbänden zu Nationalsozialismus, Rechtsextremismus, Rassismus >>>
1.2 Nazi-Juristen in Mosbach, Neckar-Odenwaldkreis
Julius Karg
Julius Karg (* 13. November 1907 in Mannheim; † 15. April 2004 in Mosbach) war ein deutscher Staatsbeamter zur Zeit des Nationalsozialismus. Er war Mitglied der SS, zuletzt als SS-Obersturmführer. Als Landkommissar in Rappoltsweiler (heute: Ribeauvillé) von 1940 bis 1942 beteiligt an einem Korruptionsskandal während der Besetzung des Elsass. Trotz einer federführenden Beteiligung an der Veruntreuung jüdischen Vermögens wurde er von der Nachkriegsjustiz milde abgeurteilt.
Karriere während der NS-Zeit
Am 1. Juli 1933 trat er dem SS-Reitersturm bei, nachdem er dem Nationalsozialismus zunächst keine Beachtung geschenkt hatte. 1934 wechselte er zur SS-Nachrichtentruppe. Während er in seinem Dienstzeugnis vor allem als minderbegabter, aber fleißiger Jurist galt, galt er politisch zunächst als unzuverlässig und auf den eigenen Vorteil bedacht. Nachdem er zum 1. Mai 1937 in die NSDAP eingetraten war, gelang ihm die Anstellung im Staatsdienst. Zunächst wurde er Abteilungsleiter beim Landratsamt Säckingen, anschließend wurde er zum Landratsamt Waldshut versetzt, wo er zum Beamten auf Lebenszeit ernannt wurde. Von März 1939 bis Juni 1940 arbeitete er im Polizeipräsidium Freiburg und wurde nebenberuflich Rechtsberater der örtlichen SS-Standarte.[2]
Nach der Besetzung des Elsass wurde Karg von Gauleiter Robert Wagner zum Landkommissar von Rappoltsweiler (heute: Ribeauville) ernannt. Im Dezember 1941 wurde er zum Landrat ernannt. Gleichzeitig wurde er in der 123. SS-Standarte in Colmar zum Obersturmführer befördert. Daneben war er Verbindungsführer zum HJ-Bann 742 und gehörte dem Sicherheitsdienst des Reichsführers SS. In der NSDAP-Kreisleitung wurde er Kreisrechtsamtsleiter.[2]
Zusammen mit seinem Parteigenossen, dem skrupellosen Walther Kirn, der von Wagner zum Kreisleiter berufen wurde, baute er in Rapportsweiler ein System schwarzer Kassen auf, das sich vor allem aus dem herrenlos gewordenen jüdischen Vermögen speiste, aber auch weitere Geldquellen von rassisch und politisch verfolgten Personen veruntreute. Karg baute in Rapportsweiler eine Inkasso-Abteilung auf, die Beuteobjekte aus der näheren Umgebung verwaltete, darunter das Stofflager von Arthur Schwartz aus Markirch, das 35.000 laufende Meter umfasste, den Weinkeller des Fabrikanten Carl Schlumberger sowie Stofflager und Inventar von Lucie Heimendinger. Dabei setzten sich Karg und Kirn jedoch über die Regelungen hinweg, dass das beschlagnahmte Vermögen dem Reich zustehe. Stattdessen bereicherten sie sich und ihre Komplizen.[3]
Nach dem Zweiten Weltkrieg
Nach der Heimkehr arbeitete er als Handelsvertreter. Im Entnazifizierungsverfahren präsentierte er sich als Opfer der NS-Justiz und verschwieg einige Daten aus seinem Lebenslauf, spielte seine SS-Mitgliedschaft herunter und verschwieg große Teile seiner Strafakte. Zu seiner Verteidigung konnte er den nationalsozialistischen Bürgermeister von Stetten, Anton Flad, anführen, der ihm bescheinigte, angeblich ein Parteigegner zu sein. So wurde er am 14. April 1948 als Mitläufer eingestuft. In dem skandalösen Urteil wurde ihm sogar bescheinigt, er wäre „innerlich dem NS abgeneigt, ja gegensätzlich gesinnt“ gewesen.[6]
Anschließend versuchte er auch seine strafrechtliche Verurteilung vom Landgericht Mannheim aufheben zu lassen. Dieses scheiterte jedoch kläglich. Zwar wurde das ursprüngliche Urteil aufgehoben, weil es auf der Volksschädlingsverordnung beruhte, doch dass LG Mannheim sah es als erwiesen an, dass er seine Machtbefugnisse ausgenutzt habe, um sich selbst zu bereichern. Es verurteilte ihn zu einer Zuchthausstrafe von drei Jahren, wobei jedoch 26 Monate wegen der NS-Haft als verbüßt galten. Der Rest wurde zur Bewährung ausgesetzt.[7]
Auf Grund des Urteils wurde das Entnazifizierungsverfahren auf Drängen des Mannheimer Oberstaatsanwalt Willy von Mühlenfels erneut aufgenommen. Es gelang Karg jedoch die Schuld weitestgehend auf den von ihm ernannten Mitarbeiter Albert Florian zu lenken, den er als Leiter der Inkasso-Abteilung einsetzte. Auch sah sich die Spruchkammer durch die neuen Beweise nicht genötigt, sein damaliges Urteil zu revidieren, obwohl die Schuld Kargs immanent war. Er wurde zwar nun als Minderbelasteter geführt, doch die Schwere seiner eigentlichen Schuld wurde nicht anerkannt.[8]
1950 gelang es seinem Anwalt nach einer Berufungsverhandlung unter Vorsitz von Walter Jellinek zu erreichen, dass das zweite Verfahren aufgehoben wurde. So ging Karg wieder als Mitläufer aus dem Entnazifizierungsprozess hervor.[9]
Karg war anschließend als Handelsvertreter tätig. Es folgten weitere Gnadengesuche, die jedoch alle abschlägig beschieden wurden. Im Januar 1959 entschied jedoch das Stuttgarter Justizministerium, dass über seine Verurteilung im Strafregister nur eingeschränkt Auskunft gegeben werden dürfe. Im Rahmen eines lukrativen Postens in der Rüstungsindustrie versuchte er letztmals seinen Eintrag streichen zu lassen, was ihm abermals nicht gelang. Danach verliert sich jedoch seine Spur und es ist nicht bekannt, wie seine Nachkriegskarriere weiter ging. Er verstarb am 15. April 2004 in Mosbach.[10]
Wolf-Ingo Seidelmann: Julius Karg: Größter Korruptionsskandal im besetzten Elsass und die deutsche Nachkriegsjustiz. In: Täter, Helfer, Trittbrettfahrer. NS-Belastete aus Nordbaden + Nordschwarzwald. Kugelberg Verlag, 2017, ISBN 978-3-945893-08-1
https://de.wikipedia.org/wiki/Julius_Karg
Vortrag: Julius Karg - Ein korrupter Plünderer jüdischer Vermögen im Elsass
Der in Mannheim geborene SS-Obersturmführer Julius Karg ist ein opportunistischer Karrierist im badischen Staatsdienst, der 1942 den größten Korruptionsskandal im besetzten Elsass auslöst. 1943 als „Volksschädling“ zu 12 Jahren Zuchthaus verurteilt, stellt er sich nach 1945 als Opfer des Nationalsozialismus dar.
Mit Dr. Wolf-Ingo Seidelmann
MI, 24.10.2018, 18 Uhr | MARCHIVUM, Friedrich-Walter-Saal (6. OG)
https://www.marchivum.de/
Biografie eines NS-Täters
22.10.2018 VON PWR
Er gilt als ein opportunistischer Karrierist im badischen Staatsdienst, der 1942 den größten Korruptionsskandal im besetzten Elsass auslöst: Julius Karg. Eine Biografie über den in Mannheim geborenen SS-Obersturmführer stellt Wolf-Ingo Seidelmann am Mittwoch, 24. Oktober, um 18 Uhr in seinem Vortrag im Marchivum im Ochsenpferchbunker mit dem Titel „Julius Karg – ein korrupter Plünderer
...
https://www.mannheimer-morgen.de/
2. Online-Artikel zu NS-Organisation und -Verwaltung
Geschichte der Landesministerien in Baden und Württemberg
in der Zeit des Nationalsozialismus
TABELLARISCHE CHRONIK 1933-1945 FÜR BADEN UND DAS ELSASS
5. März 1933 Bei der Reichstagswahl erhält die NSDAP in Baden 45,5% der Stimmen
8. März 1933 Telegrafisch wird die badische Landesregierung davon in Kenntnis gesetzt, dass Robert Wagner vom Reichsinnenministerium als Reichskommissar für Baden eingesetzt wird
23. Juni 1933 Die KPD und die SPD werden in Baden aufgelöst und verboten
18. Dezember 1933 Robert Wagner ernennt auf Vorschlag Karl Pflaumers den Reichsführer-SS Heinrich Himmler zum „Kommandeur der politischen Polizei Badens“
4. Januar 1934 Der reichsweite Boykott jüdischer Geschäfte wird auch in Baden durchgeführt
15. Dezember 1934 Die Deutsche Arbeitsfront (DAF) Baden hat nun 483.000 Mitglieder
23. Juli 1935 Die katholische „Deutsche Jugendkraft“ wird in Baden aufgelöst
27. Oktober 1938 Auf Anordnung Robert Wagners werden die polnischen Juden aus Baden ausgewiesen
9. November 1938 Im Zuge der Reichspogromnacht werden in Baden 90 Synagogen zerstört oder schwer beschädigt.
3. September 1939 Innerhalb weniger Tage werden nach Ausbruch des Krieges 118.500 Menschen aus den grenznahen Gebieten Badens evakuiert
16. Mai 1940 Die Sinti und Roma aus Baden werden in das Sammellager Hohenasperg bei Stuttgart gebracht, von wo aus sie nach Polen deportiert werden sollen
15. Juni 1940 Bei Breisach überqueren deutsche Soldaten erstmals in Baden den Rhein nach Frankreich
24. März 1943 Die noch in Baden verbliebenen Sinti und Roma werden von Karlsruhe aus nach Auschwitz deportiert
1. November 1944 Robert Wagner flieht nach Baden-Baden
23. November 1944 Nach der Eroberung Straßburgs durch die Alliierten fliehen Robert Wagner und Karl Pflaumer nach Baden
25. März 1945 Martin Bormann befiehlt Robert Wagner, in Baden zu bleiben und von dort Sabotageakte zu koordinieren
29. April 1945 Mit der Besetzung Markdorfs endet der Krieg in Baden
Quelle:
2015 Kommission "Geschichte der Landesministerien in Baden und Württemberg in der Zeit des Nationalsozialismus"
https://ns-ministerien-bw.de/ns-ministerien/baden/chronik-1933-1945/
Baden (Land)
von 1933 bis 1945 Teil des NS-Staates.
Mit dem ersten Gleichschaltungsgesetz wurden die Länder zu Verwaltungseinheiten des Einheitsstaates. Am 8. März 1933 setzte der Reichsminister des Innern Robert Wagner (NSDAP) als Reichskommissar ein, die Landesregierung wurde abgesetzt und der Landtag durch einen ernannten Landtag ersetzt. Durch ein Zweites Gesetz zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich ("Reichsstatthaltergesetz"; "Altes Reichsstatthaltergesetz") vom 7. April 1933 wurde das Amt des Staatspräsidenten aufgehoben und am 5. Mai 1933 wurde Wagner zum Reichsstatthalter für Baden ernannt.
https://de.wikipedia.org/
Siehe auch :
- Nazi-Terror-Justiz und Nazi-Juristen >>>
- Nazi-Justiz in Mosbach (Baden) >>>
- Gerichtliche NS-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach >>>
- Gestapo in Mosbach (Baden) >>>
- NSDAP in Mosbach (Baden) >>>
- NS-Organisation und Verwaltung >>>
Hitlers „Machtergreifung“: Der Beginn des „Dritten Reichs
Als am 30. Januar 1933 Reichspräsident Paul von Hindenburg Adolf Hitler als Reichskanzler einsetzte, schien das parlamentarische System zunächst wieder hergestellt zu werden. Die NSDAP war im Reichstag die stärkste Fraktion, eine stabile Regierung benötigte ihre Mitarbeit. Nachdem die Regierungen der letzten Jahre im Parlament keine Mehrheit mehr gefunden hatten, mussten sie mit sogenannten Notverordnungen des Reichspräsidenten am Parlament vorbei regieren.
Durch die Notverordnung mussten Gesetze keine parlamentarische Mehrheit finden, sondern wurden lediglich durch die Unterschrift des Reichspräsidenten in Kraft gesetzt. Die parlamentarischen Regierungen entmachteten sich somit selbst und machten sich vom Willen des Reichspräsidenten abhängig. Der allgemeiner Tenor der Konservativen war, dass eine Regierungsbeteiligung Hitlers die NSDAP rasch entzaubern würde. Die Mehrheit der Minister der Regierung Hitlers entstammten den Reihen der Konservativen und Deutschnationalen, diese könnten Hitler so „einhegen“.
Im Gegensatz zum Reich waren 1933 die politischen Rahmenbedingungen in Baden und Württemberg klar. Zwar regierte Eugen Bolz in Württemberg seit 1932 ohne Parlamentsmehrheit, dennoch erwies sich seine Regierung, die badische ohnehin, als weitgehend handlungsfähig.
https://www.landeskunde-baden-wuerttemberg.de/
Siehe auch :
- Nazi-Terror-Justiz und Nazi-Juristen >>>
- Nazi-Justiz in Mosbach (Baden) >>>
- Gerichtliche NS-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach >>>
- Gestapo in Mosbach (Baden) >>>
- NSDAP in Mosbach (Baden) >>>
- NS-Organisation und Verwaltung >>>
TABELLARISCHE CHRONIK 1933-1945 FÜR BADEN UND DAS ELSASS
30. Januar 1933 Adolf Hitler wird von Reichspräsident Paul von Hindenburg zum Reichskanzler ernannt
1. Februar 1933 Reichspräsident Hindenburg löst den Reichstag auf und setzt Neuwahlen für den 5. März an
21. Februar 1933 Der badische Innenminister Erwin Umhauer protestiert im Reichsinnenministerium gegen das Verbot von nicht-nationalsozialistischen Zeitungen
22. Februar 1933 Die badische Landesregierung beschließt, Verbote von Zeitungen durch das Reichsinnenministerium nur in Ausnahmefällen widerspruchslos hinzunehmen
2. März 1933 In Heidelberg wird eine NS-Polizeiorganisation gegründet
4. März 1933 Die Zeitung „Der Führer“ veröffentlicht eine Liste von 350 Polizeibeamten, die die NSDAP unterstützen
5. März 1933 Bei der Reichstagswahl erhält die NSDAP in Baden 45,5% der Stimmen
6. März 1933 Die Zentrumspartei erklärt sich gegenüber NSDAP-Gauleiter Robert Wagner zu Koalitionsgesprächen bereit. Gleichzeitig fordert der NSDAP-Fraktionsvorsitzende im badischen Landtag, Walter Köhler, öffentlich den Rücktritt der Landesregierung
8. März 1933 Telegrafisch wird die badische Landesregierung davon in Kenntnis gesetzt, dass Robert Wagner vom Reichsinnenministerium als Reichskommissar für Baden eingesetzt wird
9. März 1933 Robert Wagner kommt in Karlsruhe an, übernimmt, ausgestattet mit der Befugnis des Reichsinnenministers Frick, die Geschäfte der Landesregierung und strukturiert aus Mitgliedern von SA und SS eine Hilfspolizei
10. März 1933 Die badische Landesregierung tritt zurück, das Kabinett verbleibt geschäftsführend im Amt
11. März 1933 Robert Wagner ernennt die neue badische Landesregierung, bestehend aus ihm selbst (Staatspräsident und Innenminister), Walter Köhler (Finanzminister), Dr. Otto Wacker (Kultusminister), Johannes Rupp (Justizminister)
13. März 1933 In Mannheim und Karlsruhe werden Boykottaktionen gegen jüdische Geschäfte durchgeführt
14. März 1933 Auf Anordnung Robert Wagners bleiben die badischen Schulen geschlossen, um die Machtübernahme zu feiern
7. April 1933 Mit dem „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ werden Juden mit Ausnahmeregeln (beispielsweise vor 1914 ernannte Beamte und Kriegsteilnehmer) aus dem öffentlichen Dienst entlassen
7. April 1933 Durch das Reichsstatthaltergesetz wird das Amt des badischen Staatspräsidenten abgeschafft
13. April 1933 Justizminister Rupp wird von Wagner abgelöst, weil er dagegen ist, ein Todesurteil gegen den SPD-Abgeordneten Christian Nußbaum zu erwirken, Kultusminister Otto Wacker übernimmt seine Amtsgeschäfte
1. Mai 1933 In Karlsruhe versammeln sich zum „Tag der Arbeit“ 80.000 Menschen zu einer Kundgebung mit Robert Wagner auf dem Schlossplatz
5. Mai 1933 Robert Wagner wird Reichsstatthalter und zieht sich aus der Landesregierung zurück, Karl Pflaumer wird neuer Innenminister
12. Mai 1933 Das Kultusministerium gibt die Einrichtung einer Professur für Geschichte mit besonderer Berücksichtigung der Kriegsgeschichte und Wehrkunde an der Universität Heidelberg bekannt
16. Mai 1933 Der badische Landtag, entsprechend dem Ergebnis der Reichstagswahl neu zusammengestellt, tagt erstmals. Gleichzeitig werden sieben politische Gegner, darunter auch die früheren Minister Adam Remmele und Ludwig Marum, verhaftet und auf einem offenen Lastwagen in das Lager Kislau gebracht
20. Mai 1933 Unter Umgehung des üblichen Berufungsverfahrens wird Paul Schmitthenner auf die die Heidelberger Professur für Geschichte mit besonderer Berücksichtigung der Kriegsgeschichte und Wehrkunde berufen
9. Juni 1933 Der badische Landtag tritt letztmalig zusammen und beschließt gegen die Stimmen der SPD-Abgeordneten die Übertragung seiner Kompetenzen an die Landesregierung
17. Juni 1933 Bei der Bücherverbrennung in Karlsruhe hält Kultusminister Wacker eine Rede
20. Juni 1933 Köhler und Wagner beklagen sich persönlich bei Adolf Hitler darüber, dass Württemberg wirtschaftlich bevorzugt behandelt würde
23. Juni 1933 Die KPD und die SPD werden in Baden aufgelöst und verboten
21. August 1933 Kultusminister Otto Wacker führt an den badischen Hochschulen das Führerprinzip ein
22. August 1933 Das „Gesetz über die Landeskriminalpolizei“ wird verabschiedet
26. August 1933 Innenminister Pflaumer lässt per Verordnung das „Landeskriminalpolizeiamt – Geheimes Staatspolizeiamt“ einrichten
1. Oktober 1933 Die politische Polizei wird als Geheimes Staatspolizeiamt direkt dem Badischen Innenministerium unterstellt
18. Dezember 1933 Robert Wagner ernennt auf Vorschlag Karl Pflaumers den Reichsführer-SS Heinrich Himmler zum „Kommandeur der politischen Polizei Badens“
4. Januar 1934 Der reichsweite Boykott jüdischer Geschäfte wird auch in Baden durchgeführt
12. Januar 1934 Innenminister Karl Pflaumer sagt alle zukünftigen Bürgermeisterwahlen ab, Amtsträger werden nun durch ihn ernannt
29. Januar 1934 Das Badische Grund- und Hauptschulgesetz regelt die Kompetenzen von Land und Kirche bezüglich des Religionsunterrichtes
30. Januar 1934 Das „Gesetz über den Neuaufbau des Reiches“ tritt in Kraft
28. Februar 1934 Auf der Reichsstatthalterkonferenz fordert Robert Wagner die Ausweitung seiner Kompetenzen gegenüber der Landesregierung
4. März 1934 In der Karlsruher Festhalle wird der Zusammenschluss der evangelischen Jugendorganisationen mit der Hitlerjugend gefeiert
29. März 1934 Der SPD-Politiker Ludwig Marum wird im KZ Kislau vom stellvertretenden Kommandanten des Lagers, Karl Sauer, dem SS-Oberscharführer Eugen Müller und dem SA-Mann Paul Heupel ermordet
15. Juni 1934 Die zur „ordnungsgemäßen Durchführung des Sterilisierungsgesetzes“ geschaffene Pflegeanstalt Rastatt wird durch Innenminister Pflaumer eröffnet
9. September 1934 Karl Pflaumer wird zum SS-Oberführer ernannt
15. Oktober 1934 Paul Schmitthenner wird Mitglied des SS-Oberabschnitts Rhein
15. Dezember 1934 Die Deutsche Arbeitsfront (DAF) Baden hat nun 483.000 Mitglieder
1. Januar 1935 Die Justizverwaltung geht auf Reichsebene über, deshalb wird das badische Justizministerium aufgelöst
31. Mai 1935 Hitler ordnet an, eine bereits von ihm unterschriebene Entlassungsurkunde für Ministerpräsident Köhler nicht abzuschicken
23. Juli 1935 Die katholische „Deutsche Jugendkraft“ wird in Baden aufgelöst
1. Oktober 1935 Innenminister Karl Pflaumer veranlasst die Erstellung der badischen Judenkartei
7. März 1936 Die demilitarisierte Westgrenze wird von deutschen Truppen besetzt
12. März 1936 Hitler hält in Karlsruhe vor 60.000 Menschen eine Rede auf dem Hochschulsportplatz
17. Juni 1936 Heinrich Himmler wird zum „Chef der deutschen Polizei im Reichsministerium des Innern“ ernannt
1. Oktober 1936 Die badische Judenkartei wird von nun an vierteljährlich aktualisiert und der Gestapo übermittelt
1. Oktober 1936 Das Badische Geheime Staatspolizeiamt wird in „Staatspolizeileitstelle Karlsruhe“ umbenannt
31. Dezember 1936 Otto Wacker wird von Heinrich Himmler persönlich zum SS-Oberführer ernannt
1. März 1937 Otto Wacker wird zum Chef des Amts Wissenschaft im Reichserziehungsministerium berufen, ohne seinen Posten als badischer Minister aufzugeben
1. Mai 1937 Walter Köhler wird SA-Führer der Gruppe Südwest
1. November 1937 Nach der Entlassung des Philosophen Karl Jaspers erhält Paul Schmitthenner das Ordinariat für Wehrpolitik und Wehrwissenschaft
17. Januar 1938 Die neue Rheinbrücke bei Karlsruhe wird eröffnet
28. Mai 1938 Hitler befiehlt den Bau des Westwalls von Basel bis an die niederländische Grenze
27. Oktober 1938 Auf Anordnung Robert Wagners werden die polnischen Juden aus Baden ausgewiesen
1. November 1938 Paul Schmitthenner wird von Reichswissenschaftsminister Rust zum Rektor der Universität Heidelberg ernannt
9. November 1938 Walter Köhler wird SA-Gruppenführer
9. November 1938 Im Zuge der Reichspogromnacht werden in Baden 90 Synagogen zerstört oder schwer beschädigt.
30. Januar 1939 Paul Schmitthenner wird zum SS-Oberführer ernannt
20. April 1939 Walter Köhler wird zum stellvertretenden Gauleiter ehrenhalber ernannt
30. April 1939 Otto Wacker scheidet aus dem Reichserziehungsministerium aus
24. Juni 1939 Durch die neu erlassene Landkreisordnung werden die elf badischen Großkreise aufgehoben
3. September 1939 Innerhalb weniger Tage werden nach Ausbruch des Krieges 118.500 Menschen aus den grenznahen Gebieten Badens evakuiert
3. September 1939 Kriegserklärung Frankreichs an Deutschland. Beginn des „Sitzkriegs“ (<i>drôle de guerre</i>), Evakuierung der Elsässer (30%) in den französischen Südwesten
31. Oktober 1939 Elsässische Separatisten-Führer („Nanziger“) werden in Nancy verhaftet
1. Februar 1940 Karl Pflaumer meldet sich im Rang eines Majors zur Luftwaffe
7. Februar 1940 Karl Roos wird bei Nancy wegen Hochverrats hingerichtet. Später wird er von der NS-Propaganda zum Märtyrer stilisiert
14. Februar 1940 Kultusminister Otto Wacker stirbt an Herzversagen
16. Februar 1940 <a href=“https://ns-ministerien-bw.de/2014/12/die-trauerfeierlichkeiten-fuer-den-badischen-kultusminister-otto-wacker-1940/“ target=“_blank“>In Offenburg findet die Beisetzung Otto Wackers statt </a>
20. April 1940 Karl Pflaumer wird zum SS-Brigadeführer ernannt
10. Mai 1940 Drei deutsche Flieger bombardieren irrtümlich Freiburg, 57 Einwohner sterben. Offiziell wird die britische Luftwaffe beschuldigt
10. Mai 1940 Beginn des deutschen Westfeldzugs
12. Mai 1940 Durch Erlass Adolf Hitlers wird Paul Schmitthenner mit der Wahrnehmung der Geschäfts des Badischen Kultusministers beauftragt
14. Mai 1940 Einmarsch der Deutschen im Nord-Elsass. Das gesamte Elsass wird binnen einer Woche erobert
16. Mai 1940 Die Sinti und Roma aus Baden werden in das Sammellager Hohenasperg bei Stuttgart gebracht, von wo aus sie nach Polen deportiert werden sollen
1. Juni 1940 Karl Pflaumer kehrt von der Luftwaffe ins Karlsruher Innenministerium zurück
4. Juni 1940 Paul Schmitthenner übernimmt offiziell die Leitung des Badischen Ministeriums des Kultus und Unterrichts
15. Juni 1940 Bei Breisach überqueren deutsche Soldaten erstmals in Baden den Rhein nach Frankreich
18. Juni 1940 Robert Wagner bezieht Quartier in der Präfektur Kolmar
19. Juni 1940 Die Wehrmacht marschiert in Straßburg ein
20. Juni 1940 Robert Wagner wird zum Chef der Zivilverwaltung (CdZ) im Elsass ernannt. Beginn der „Aktion Elsaß“, die durch großangelegte Wiederaufbau- und Hilfsarbeiten die elsässische Bevölkerung für den Nationalsozialismus gewinnen soll
22. Juni 1940 Waffenstillstandsvertrag zwischen Frankreich und dem Dritten Reich, darin keine Nennung des Elsass
29. Juni 1940 Adolf Hitler besichtigt Straßburg
1. Juli 1940 Entlassung der elsässischen Soldaten aus deutscher Kriegsgefangenschaft
2. Juli 1940 Ausweisung der jüdischen Bevölkerung und von anderen „unerwünschten“ Elsässern
18. Juli 1940 Das Manifest von „Drei Ähren“ (Trois Épis) wird von den „Nanzigern“ unterzeichnet
1. August 1940 Errichtung des Sicherungslagers Schirmeck-Vorbruck unter Leitung des Befehlshabers der SiPo und des SD, Gustav Adolf Scheel, und somit unter direkter Verantwortung des CdZ
2. August 1940 Robert Wagner wird offiziell im Amt des Chefs der Zivilverwaltung bestätigt
2. August 1940 Einem Führererlass folgend wird Reichsstatthalter Robert Wagner unmittelbar Hitler unterstellt
7. August 1940 Ende der Militärverwaltung im besetzten Elsass. Die Gauleitung bezieht Quartier in der Pioniergasse 4 (rue des Pontonniers) in Straßburg. Die Zivilverwaltung übernimmt Gebäude in der Brandgasse 19 (rue Brulée) und am Bismarckplatz 4 und 5 (place de la République)
7. August 1940 Die Gauleitung bezieht Quartier in der Pioniergasse 4 (rue des Pontonniers) in Straßburg. Die Zivilverwaltung übernimmt Gebäude in der Brandgasse 19 (rue Brulée) und am Bismarckplatz 4 und 5 (place de la République)
16. August 1940 Anordnung zur „Wiedereinführung der deutschen Muttersprache“ als Amtssprache
1. September 1940 Gründung des Opferrings, einer NSDAP-Organisation für Elsässer
20. Oktober 1940 Robert Wagner hält auf bei der ersten nationalsozialistischen Kundgebung im Elsass eine programmatische Rede
22. Oktober 1940 Fast 4.500 badische Juden werden in das Konzentrationslager Gurs in Südfrankreich deportiert
16. Dezember 1940 Die britische Luftwaffe führt das erste Flächenbombardement über Mannheim durch
21. Februar 1941 Innenminister Pflaumer wird durch das Auswärtige Amt zur Deutschen Gesandtschaft in Rumänien beordert
5. März 1941 Ernennung Robert Ernsts zum Oberstadtkommissar von Straßburg
22. März 1941 Die NSDAP Elsass wird gegründet
1. Mai 1941 Errichtung des KZ Natzweiler-Struthof unter Leitung des Reichssicherheitshauptamtes
19. Juni 1941 Im Elsass tritt die Verordnung über die Anwendung deutschen Rechts in Kraft
24. Juli 1941 Einführung der Nürnberger Rassegesetze im Elsass
1. August 1941 Die Ausstellung „Deutsche Wirtschaftskraft Aufbau am Oberrhein“ wird in Straßburg eröffnet
1. September 1941 Einführung des sogenannten “Judensterns“
1. Oktober 1941 Französische Beamte müssen eine Erklärung über ihre nationalsozialistische Gesinnung unterschreiben, wenn sie im Dienst bleiben wollen
12. Oktober 1941 Kreistag in Straßburg mit großem Aufmarsch auf dem Karl-Roos-Platz (place Kléber)
1. November 1941 Im Elsass wird die gesetzliche Wochenarbeitszeit für Männer von 48 auf 60 Stunden, für Frauen und Jugendliche auf 56 Stunden verlängert
23. November 1941 Eröffnung der Reichsuniversität Straßburg
1. Januar 1942 Alle 10-18 Jährigen im Elsass werden zur Mitgliedschaft in der Hitler-Jugend verpflichtet
1. Januar 1942 Herbert Kraft wird als Obersturmbannführer in die SS aufgenommen
30. Januar 1942 Einführung des deutschen Strafgesetzes im Elsass
1. Februar 1942 Errichtung eines „Oberrheinischen Landessippenamts“ beim CdZ „zur Bearbeitung rassen- und bevölkerungspolitischer Fragen“
26. Februar 1942 32 Mitglieder der Mannheimer Widerstandsgruppe um Georg Lechleiter werden von der Gestapo verhaftet, 19 von ihnen im September 1942 hingerichtet
1. April 1942 Einstufung aller Elsässer in ein Listen-System, das ihre Gesinnung zum NS-Regime bewertet und u.a. auch wehrfähige Männer sowie „Unwürdige“, d.h. „rassisch minderwertige“, frankophile, germanophobe, und „asozialen Elemente“ zur sicherheitspolizeilichen Verwertung erfasst
1. April 1942 Innenminister Pflaumer übernimmt nach seiner Tätigkeit in Rumänien wieder das badische Innenministerium
9. August 1942 Robert Wagner reist ins Führerhauptquartier Winniza in der Ukraine, um mit Hitler die Einführung der Wehrpflicht im Elsass zu besprechen
24. August 1942 Verordnung über die Staatsangehörigkeit für elsässische, lothringische und luxemburgische Wehrmachtangehörige
24. August 1942 Die Verordnung über die Staatsangehörigkeit bezüglich des Elsass tritt in Kraft
25. August 1942 Einführung der Wehrpflicht für alle Elsässer. Beginn der Zwangseingliederung von ca. 100.000 elsässischen Malgré-nous in die Wehrmacht und Waffen-SS
25. August 1942 Die Verordnung über die Einführung der Wehrpflicht im Elsass tritt in Kraft
1. September 1942 Errichtung eines Sperrbezirks an der elsässisch-französischen und elsässisch-schweizerischen Grenze
15. Januar 1943 Im Elsass wird der Zwang zum Tragen deutscher Vor- und Familiennamen eingeführt
12. Februar 1943 18 zur Wehrmacht eingezogene elsässische Männer versuchen über die Schweizer Grenze zu fliehen. Drei von ihnen werden vor Ort erschossen; die restlichen werden kurze Zeit später hingerichtet
24. März 1943 Die noch in Baden verbliebenen Sinti und Roma werden von Karlsruhe aus nach Auschwitz deportiert
24. November 1943 Das Kultusministerium beschließt den „Erlaß zur politischen Aktivierung der Schulen“
21. Januar 1944 Brief Wagners an den Chef des OKW, alle aufgegriffenen elsässischen Deserteure systematisch zum Tode zu verurteilen
1. April 1944 Aufbau des französischen Widerstandes im Elsass in den Forces Françaises de l’Intérieur (FFI)
18. Oktober 1944 Der Volkssturm wird mobilisiert
1. November 1944 Robert Wagner flieht nach Baden-Baden
8. November 1944 Alliierte Bombardierung Straßburgs, unter anderem wird das Münster getroffen
19. November 1944 Französische Truppen marschieren im Elsass ein
22. November 1944 Endgültige Auflösung des Lagers Schirmeck-Vorbruck. Befreiung der wenigen dort zurückgebliebenen Häftlinge durch die US-Armee. Die nach Deutschland deportierten Häftlinge bleiben bis April 1945 in Gefangenschaft
23. November 1944 Das KZ Natzweiler-Struthof wird befreit
23. November 1944 Nach der Eroberung Straßburgs durch die Alliierten fliehen Robert Wagner und Karl Pflaumer nach Baden
27. November 1944 Im Zuge der britischen „Operation Tigerfish“ werden die schwersten Luftangriffe des Krieges auf Freiburg geflogen, 2.800 Menschen sterben
4. Dezember 1944 Beim Luftangriff auf Karlsruhe sterben 375 Menschen, das Ziel der vollständigen Zerstörung der Stadt wird aber nicht erreicht
16. Dezember 1944 Bei einem Luftangriff auf Mannheim lassen die Wachmannschaften das Zwangsarbeiterlager Sandhofen beleuchten und die Häftlinge auf dem Appellplatz antreten
31. Dezember 1944 Mit dem „Unternehmen Nordwind“ versucht die Wehrmacht ein letztes Mal eine Offensive an der Westfront, die allerdings nach kurzfristigen Erfolgen wie der Wiederbesetzung Hagenaus am 25. Januar 1945 beendet wird
23. Februar 1945 Beim britischen Luftangriff auf Pforzheim kommen über 17.000 Menschen ums Leben
7. März 1945 Das Badische Kultusministerium veröffentlicht ein Durchhalteflugblatt mit dem Titel „Einstellung der Schule und Erzieherschaft zum Kriegsgeschehen“. Schmitthenner fordert darin, Schüler seien „zum Haß gegen unsere Feinde zu erziehen.“
19. März 1945 Das Elsass wird vollständig befreit
20. März 1945 Deutsche Pioniere sprengen auf dem Rückzug die Rheinbrücke bei Karlsruhe
25. März 1945 Martin Bormann befiehlt Robert Wagner, in Baden zu bleiben und von dort Sabotageakte zu koordinieren
30. März 1945 Paul Schmitthenner flieht noch vor der Ankunft amerikanischer Truppen aus Heidelberg auf das Schloss Wiesberg bei Landeck in Österreich
31. März 1945 Robert Wagner kündigt Standgerichte für alle an, die sich den Alliierten kampflos ergeben
2. April 1945 Bei der Bombardierung Menzingens werden das dortige Wasserschloss und die darin eingelagerten Bestände der Universitätsbibliothek Heidelberg zerstört
3. April 1945 „Der Führer“ stellt sein Erscheinen ein
4. April 1945 Karlsruhe wird durch französische Truppen besetzt, Karl Pflaumer wird bei einem Fluchtversuch gefangengenommen
6. April 1945 Weil Walter Köhler den Befehl Wagners verweigert, Karlsruhe vor Eintreffen der alliierten Truppen zu verlassen, wird er aus der NSDAP ausgeschlossen
25. April 1945 Robert Wagner untersagt dem Konstanzer Bürgermeister Verhandlungen über die Kapitulation der Stadt
29. April 1945 Mit der Besetzung Markdorfs endet der Krieg in Baden
19. Juni 1945 Paul Schmitthenner wird auf Schloss Wiesberg von amerikanischen Truppen verhaftet
29. Juli 1945 Robert Wagner stellt sich den Alliierten in Stuttgart
https://ns-ministerien-bw.de/ns-ministerien/baden/chronik-1933-1945/
Siehe auch :
- Nazi-Terror-Justiz und Nazi-Juristen >>>
- Nazi-Justiz in Mosbach (Baden) >>>
- Gerichtliche NS-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach >>>
- Gestapo in Mosbach (Baden) >>>
- NSDAP in Mosbach (Baden) >>>
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Studie zur Finanzverwaltung in der NS-Zeit vorgestellt
STEUERN
07.06.2019
Bei der Verfolgung von Jüdinnen und Juden zur Zeit des Nationalsozialismus spielte die Finanzverwaltung in Baden und Württemberg eine aktive Rolle. Jüdische Mitmenschen wurden gezielt diskriminiert und steuerlich ausgeplündert. Zu diesem Schluss kommt die Studie „Die Finanzverwaltung in Baden und Württemberg im Nationalsozialismus“.
Die Finanzverwaltung in Baden und Württemberg spielte während der Zeit des Nationalsozialismus eine aktive Rolle bei der Verfolgung von Jüdinnen und Juden. In dem sie Jüdische Mitmenschen gezielt diskriminiert und steuerlich ausplünderten, wurden die Finanzbehörden zu einem effizienten Geldbeschaffer für Aufrüstung und Kriegsführung des NS-Staats. Zu diesem Schluss kommt die Studie „Die Finanzverwaltung in Baden und Württemberg im Nationalsozialismus“, die heute in Stuttgart vorgestellt wurde. Dr. Christoph Raichle von der Universität Stuttgart widerlegt in der Untersuchung das lange vorherrschende Bild von wenig ideologisch besetzten, unbestechlichen und ausschließlich an der Sache orientierten Finanzbehörden. „Die Studie macht deutlich, dass die Oberfinanzdirektionen und die Finanzämter Teil der Judenverfolgung waren. Sie waren tief verstrickt in den Nationalsozialismus“, sagte Finanzministerin Edith Sitzmann.
Es ist die erste umfassende Untersuchung der konkreten Praxis der Finanzverwaltung der Jahre 1933 bis 1945 in den früheren Ländern Baden und Württemberg. Das Ministerium hatte die Forschungsarbeit 2012 angestoßen und mit insgesamt 210.000 Euro unterstützt.
„Die scheinbar kleine Welt der Steuern und Abgaben war lange Zeit nicht gerade im Fokus der Erforschung des Nationalsozialismus“, stellte Professor Dr. Wolfram Pyta fest, Leiter der Abteilung Neuere Geschichte des Historischen Instituts der Universität Stuttgart. „Dabei waren die Gestaltungsspielräume größer als bislang angenommen. Viele Beamte bereicherten sich hemmungslos am Hab und Gut deportierter Juden. Die Studie ist damit ein quellengesättigter Beitrag zur NS-Verbrechensgeschichte.“
Systematische Ausplünderung
Der Autor der Studie, Dr. Raichle, betonte: „Die vielen ausgewerteten Einzelfälle machen in bedrückender Weise deutlich, wie professionell und effizient die Finanzbeamtenschaft auch im Südwesten ,funktionierte', wie jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger vor ihrer erzwungenen Auswanderung und den Deportationen ab 1940/41 immer stärker ausgeplündert wurden. Auch Beamte, die nicht zu den fanatischen Parteiaktivisten zählten, machten sich so zu Werkzeugen einer Gewaltherrschaft, die ohne die Mitarbeit dieser vielen Verwaltungsexperten nie eine solche mörderische Effizienz entfaltet hätte.“
Für die Finanzministerin ist die Untersuchung ein beklemmender Blick zurück, der Wirkung in die Gegenwart hinein hat: „Es ist das eine, auf das furchtbarste, dunkelste Kapitel der Geschichte unsere Landes zu schauen und zu sagen: nie wieder“, so Sitzmann. „Es ist das andere, die Mechanismen und die Strukturen der abscheulichen Verbrechen zu kennen - um sie nie wieder zuzulassen. Diese Kenntnis ist heute wichtiger denn je.“
Christoph Raichle: Die Finanzverwaltung in Baden und Württemberg im Nationalsozialismus, Stuttgart: Kohlhammer 2019, 949 Seiten, 46 Abbildungen, ISBN 978-3-17-035280-3, 98 Euro.
https://www.baden-wuerttemberg.de/
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Rolle der Landesministerien in Baden und Württemberg in der NS-Zeit
FORSCHUNG
29.04.2019
Welche Rolle spielten südwestdeutsche Landesministerien im Herrschaftssystem des „Dritten Reichs“? Diese Frage hat ein von der Landesregierung initiiertes und der Baden-Württemberg Stiftung finanziertes Forschungsprojekt geklärt. Das Ergebnis ist die zweibändige Publikation „Die Landesministerien in Baden und Württemberg in der Zeit des Nationalsozialismus“.
Im Staatsarchiv Ludwigsburg wurden die beiden Teilbände der Publikation „Die Landesministerien in Baden und Württemberg in der Zeit des Nationalsozialismus“ vorgestellt. Damit hat das 2014 von der baden-württembergischen Landesregierung initiierte und der Baden-Württemberg Stiftung finanzierte Forschungsprojekt, das die Rolle der südwestdeutschen Landesministerien im Herrschaftssystem des „Dritten Reiches“ aufklären sollte, einen Abschluss gefunden. Mit ihrer Arbeit bringt die Kommission Licht in einen bislang wenig beachteten Teil der nationalsozialistischen Machtgrundlagen: die Rolle der Länderregierungen zwischen 1933 und 1945.
„Der verantwortungsvolle Umgang mit der Geschichte des Nationalsozialismus ist elementar für unsere gesellschaftliche Identität wie auch für die politische Kultur. Für die Landesregierung ist dieses anspruchsvolle Forschungsprojekt von immenser Bedeutung, denn hier wird die Rolle der institutionellen Vorgänger unserer heutigen Landesministerien systematisch untersucht und historisch bewertet. Das Land macht sich damit ehrlich vor seiner Geschichte und bekennt sich zur bleibenden historischen Verantwortung seiner Institutionen“, sagte Wissenschaftsministerin Theresia Bauer in Ludwigsburg.
Akribische Dokumentation und fundierte Analyse
Anlässlich der Buchvorstellung dankte die Ministerin den beteiligten Historikerinnen und Historikern für die akribische Dokumentation und fundierte Analyse der Mitwirkung der NS-Landesministerialbürokratie in der Diktatur. „Entgegen bisheriger Annahmen gab es durchaus Handlungsspielräume auf Landesebene. Die Ministerien nutzen diese oftmals sogar zur verschärften Umsetzung der Reichsdirektiven. Sie waren damit Teil des nationalsozialistischen Systems, handelten auch eigenverantwortlich. Umso mehr hat das heutige Baden-Württemberg die Pflicht zur Erinnerung und Aufarbeitung.“
Bauer würdigte das Forschungsprojekt als einen Beitrag zur historischen Selbstvergewisserung von Landespolitik und Landesverwaltung und hob zugleich hervor: „Die Selbstverständlichkeit und Mühelosigkeit, mit der sich das alltägliche Verwaltungshandeln an die herrschende Doktrin angepasst hat, gibt zu denken. Die gewonnenen Erkenntnisse werfen wie mit einem Brennglas Licht auf die Verletzlichkeit der Demokratie. Auch unsere Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie heute sind fragile Güter, um die stets neu gerungen werden muss.“ Die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit zeige auch die Notwendigkeit einer festen ethischen und politischen Orientierung von Vewaltung und Bürokratie, um demokratische Ordnungen zu stabilisieren.
Dies bekräftigte Prof. Dr. Wolfram Pyta (Universität Stuttgart), Mitherausgeber der Publikation mit dem Hinweis, dass eines der zentralen Ergebnisse des Forschungsprojekts die hohe Anpassungsbereitschaft und Anpassungsfähigkeit der Ministerialbeamtenschaft gewesen sei: „Die neuen Machthaber mussten daher gar nicht mit ‚eisernem Besen‘ kehren und ‚Parteigenossen‘ systematisch plazieren, weil die höhere Beamtenschaft eine große Kooperationsbereitschaft bekundete. Eingefahrene Karrieremuster wie ausgeprägtes Laufbahndenken beförderten dieses proaktive Entgegenarbeiten“.
Folgeprojekt weitet Betrachtungszeitraum aus bis 1952
Dr. Andreas Weber, Leiter der Abteilung Bildung der Baden-Württemberg Stiftung, unterstrich, dass der Befund der politischen Anpassung der Beamtenschaft im Nationalsozialismus die Frage aufwerfe, wie sie sich nach dem Ende der Diktatur verhalten habe und wie man im Südwesten beim demokratischen Wiederaufbau mit der NS-Vergangenheit umgegangen sei: „Die Forschungsarbeiten zur NS-Vergangenheit bis zur sogenannten ,Stunde Null’ legen den Schluss nahe, dass es sinnvoll ist, den Zeithorizont der Betrachtung für die Nachwirkungen der nationalsozialistischen Herrschaft über den bislang untersuchten Zeitraum hinaus auszudehnen. Dabei war dem Aufsichtsrat der Baden-Württemberg Stiftung wichtig, dass der schon im ersten Projekt erfolgreich realisierte zentrale Ansatz der ´Public History` handlungsleitend bleibt. Damit können die Erkenntnisse unmittelbar und projektbegleitend der Öffentlichkeit vermittelt, in die Lehre in Hochschule und Schule eingebunden und damit ein hoher gesellschaftlicher Mehrwert erreicht werden.“
Prof. Dr. Edgar Wolfrum von der Universität Heidelberg dankte Wissenschaftsministerin Bauer für die Intiative und der Baden-Württemberg Stiftung für die Förderung des Projekts „Reintegration, Schuldzuweisung und Entschädigung – Bewältigung und Nicht-Bewältigung der NS-Vergangenheit in den drei Vorgängerländern Baden-Württembergs 1945-1952“. Mit einem Fokus auf der Kontinuitätsproblematik knüpfe das Projekt, so Wolfrum, an die Fragestellungen abgeschlossener und laufender behördengeschichtlicher Forschungen an, setze dabei aber eigene Akzente: „Wir wollen untersuchen, wie die Kontinuitäten ermöglicht wurden und welche Folgen sie für die Opfer des Nationalsozialismus hatten, und es soll aufgezeigt werden, wie die südwestdeutschen Landesregierungen im Umgang mit der NS-Vergangenheit eigene Handlungsspielräume nutzten, die sich ihnen im Übergang von der alliierten Besatzungsherrschaft zur Gründung der Bundesrepublik boten“.
„Es ist richtig, dass wir nicht nur die Täter in der Zeit des Nationalsozialismus in den Blick nehmen, sondern auch die Opferdiskriminierung durch die öffentliche Verwaltung nach 1945 und die bürokratischen – personellen – Kontinuitäten über den Systemwechsel hinaus betrachten“, betonte Ministerin Bauer abschließend.
Das Projekt wurde maßgeblich von der Baden-Württemberg Stiftung finanziert, die 1,45 Millionen Euro für die dreijährige Projektlaufzeit zur Verfügung stellte.
Teils willfährige, teils skrupellose Mitwirkung
Die erstmalige systematische Untersuchung der Rolle der Landesministerien im Herrschafts- und Verwaltungsapparat der NS-Diktatur zeigt, dass deren Bedeutung bislang unterschätzt worden ist: Zwar verloren die Länder 1934 im Zuge der Verwaltungszentralisierung ihre Justizministerien; die übrigen Ressorts wurden aber durch die „Verreichlichung“ nicht marginalisiert, sondern konnten sich beträchtliche politische Einflussmöglichkeiten erhalten und teilweise auch neue hinzugewinnen. Das Projekt macht deutlich, wie die teils zurückhaltende, teils willfährige, teils skrupellose Mitwirkung zahlreicher Landesbediensteter an der nationalsozialistischen Herrschaftspraxis die Durchsetzung und Ausgestaltung des „Dritten Reichs” vor Ort, im sozialen und regionalen Nahbereich, erst ermöglicht hat.
Im Fokus der Recherchen standen die Biographien der badischen und württembergischen Ministerialbeamten, die in unterschiedlichen Funktionen auch an der NS-Repressionspolitik beteiligt waren. So kam es 1933 nur zu moderaten Eingriffen in den Personalbestand der Landesministerien – ihre Umwandlung in Werkzeuge der Diktatur war vielmehr ein Prozess der Selbstgleichschaltung der Beamtenschaft und Ausdruck eines kollektiven politischen Opportunismus. So wie bei der nationalsozialistischen Machtübernahme ein administrativer Elitentausch ausgeblieben ist, hat auch das Kriegsende 1945 keine gravierende Zäsur dargestellt: Einer großen Zahl von NS-belasteten Ministerialbeamten ist die Rückkehr in den öffentlichen Dienst Baden-Württembergs und seiner Vorgängerländer gelungen – dies indes ist keine südwestdeutsche Besonderheit, sondern der bundesweite Normalfall gewesen, so die Wissenschaftler.
Publikation
Frank Engehausen, Sylvia Paletschek und Wolfram Pyta (Hg.): Die Landesministerien in Baden und Württemberg in der Zeit des Nationalsozialismus (Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Reihe B: Forschungen Band 220), Stuttgart: Kohlhammer 2019, LXXXI und 992 Seiten mit 103 Abbildungen, ISBN 978-3-17-035357-2, 78 Euro.
https://www.baden-wuerttemberg.de/
Geschichte der Landesministerien in Baden-Württemberg in der Zeit des Nationalsozialismus
http://ns-ministerien-bw.de/
Siehe auch :
- Nazi-Terror-Justiz und Nazi-Juristen >>>
- Nazi-Justiz in Mosbach (Baden) >>>
- Gerichtliche NS-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach >>>
- Gestapo in Mosbach (Baden) >>>
- NSDAP in Mosbach (Baden) >>>
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Die Unfreiheit vollstreckt
Von Johanna Henkel-Waidhofer|Datum: 15.05.2019
Eine bundesweit einmalige HistorikerInnen-Kommission hat sich mit der Verwaltung im heutigen Baden-Württemberg vor und in der NS-Zeit befasst. Und vieles am bisherigen Bild als fehlerhaft entlarvt. Denn auch im liberalen Südwesten unterwarf sich die Beamtenschaft dem Unrechtsregime nur allzu bereitwillig.
70 Jahre mussten vergehen, damit dieser Auftrag erteilt wird. Und selbst jetzt ist Baden-Württemberg noch anderen Bundesländern voraus, weil nirgendwo sonst in der Republik der Mantel des Schweigens über diesen speziellen Aspekt der Zeit von Ende der 1920er bis 1945 ernsthaft und wissenschaftlich gelüftet wurde. Die tausend Seiten starke Veröffentlichung der Kommission für geschichtliche Landeskunde Baden-Württemberg bleibt also vorerst die einzige Arbeit, die die Stellung von Landesministerien, der Verwaltung und damit der StaatsdienerInnen "in einen historischen Erklärungszusammenhang" bringt, wie Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) sagt. Sie hatte den Anstoß zu dem aufwändigen Unternehmen gegeben, die Schirmherrschaft übernommen und bei der Stiftung Baden-Württemberg die notwendigen 1,5 Millionen Euro besorgt.
Geforscht wurde seit 2014. Auf einem Onlineportal stehen Zwischenberichte und die Aufforderung an ZeitzeugInnen oder deren Nachkommen, Materialien zu übergeben. "Im Idealfall", so Wolfram Pyta, einer der Projektleiter, "sogar noch in Privatbesitz befindliche Dokumente." Die Erkenntnisse werden sich in tausenden Familien im Land nicht decken mit dem, was Großeltern oder Eltern erzählt haben. Denn: Weite Teile der Beamtenschaft seien "in ihrem fragwürdigen Staatsverständnis Vollstrecker von Unfreiheit und Unrecht" gewesen.
Sollten sich andere Länder auch auf diesen Weg machen, dürften ähnliche Ergebnisse herauskommen. Zugleich weisen Württemberg und Baden Besonderheiten auf, die die Bereitschaft zum Mitmachen eindrücklich unterstreichen, zur Ein- und Unterordnung ebenso wie zum aktiven Vorangehen im Dienste der Machthaber.
In Württemberg gehörten der Mittelstand und eine gewisse Krisenfestigkeit schon damals zum Selbstverständnis, die wirtschaftliche Situation war im Vergleich mit Baden und dem Reich deutlich besser. Zum Beispiel lag die Arbeitslosenquote in den frühen Dreißigern in Stuttgart bei 10,5 Prozent. Am 24. April 1932, auf dem Höhepunkt der Weltwirtschaftskrise, stimmten dennoch 26,4 Prozent der Wahlberechtigten für die NSDAP. Vier Jahre zuvor waren es nur 1,8 Prozent.
Auch in Baden mochten, wie es heißt, "im Vergleich mit der Entwicklung im Reich und in den meisten anderen deutschen Ländern die innenpolitischen Verhältnisse" länger als anderswo "stabil erscheinen". Die Stabilität "dürfte in den politischen Traditionen des Landes zu suchen sein, in dem bereits im Kaiserreich die Zentrumspartei demokratisch profiliert, der Liberalismus stärker als andernorts und die Sozialdemokraten mehr reformistisch als revolutionär geprägt gewesen waren".
Im Karlsruher Landtag spielte die NSDAP Ende der 1920er Jahre noch eine, so heißt es in der Studie, "untergeordnete Rolle". Dann allerdings setzte eine "dynamische Entwicklung" ein: Aus 70 Ortsgruppen im Februar 1930 wurden bis Jahresende 230 mit über 5000 Mitgliedern. Der Aufbau der badischen SA ging ebenfalls rasch voran. Schon in der Jahresmitte 1931 zählte sie mehr als 3000 Mitglieder und übertraf damit die Personalstärke ihres württembergischen Pendants deutlich. 1932 stimmten in Baden bereits 34 Prozent für die NSDAP.
Bürgerlich gekleidet zum Nazi-Fackelzug
In beiden Ländern nahm eine Entwicklung ihren Lauf, die "uns ein mahnendes Beispiel gibt", so Bauer. In Karlsruhe erwog das rechtsliberale Lager Anfang 1933 sogar den Eintritt in die Regierung. Und weil die "Loyalitätsbindungen" an die demokratisch legitimierten Regierungen nicht allzu stark waren, begann auch die Beamtenschaft sich umzuorientieren. Allen voran betraf das die Polizei. So wollte deren Karlsruher Kapelle noch vor der Machtübernahme "in bürgerlicher Kleidung", aber geschlossen an Nazi-Fackelzügen teilnehmen.
Anhand zahlreicher Beispiele erzählen die tausend Seiten, wie sich Ministerialbeamte von der Demokratie ab- und der Diktatur zuwandten, wie es zu Nazifizierung und Ideologisierung in den einzelnen Ressorts kam, von welch zentraler Bedeutung die Kultusbürokratie war, wie viel zu viele StaatdienerInnen "weltanschaulich erhebliche Teilidentitäten mit dem Regime aufwiesen, ohne alle Facetten der Ideologie oder gar des Parteilebens zu goutieren". Und weiter: "Wege in die Opposition oder zum Widerstand fanden sie aber nicht."
Nach 1945 wurden die eigenen Überzeugungen und die Unterstützung der Nazis als rein taktisch motiviert dargestellt. "Rückblickende Marginalisierung" der Arbeit der Landesministerialbürokratie durch ihre Protagonisten diagnostiziert das Vorwort. Und weiter: "Sie trafen mit ihrem Entlastungsnarrativ, dass alle wichtigen Entscheidungen in Berlin oder von den regionalen Parteigremien getroffen worden seien, den Nerv der Nachkriegszeitgenossen, denn viele hörten gerne die Geschichten von einer milderen Ausprägung der Diktatur im deutschen Südwesten."
Wie wenig das stimmt, belegt eine weitere Besonderheit, die Übernahme der Zivilverwaltung des Elsass im Sommer 1940. Die badischen Landesbehörden seien darauf gut vorbereitet gewesen, "ein ganzes Heer" – in Zahlen rund 4500 – von badischen BeamtInnen und ParteifunktionärInnen sei eingezogen, darunter etwa 1700 "abkommandierte Reichsdeutsche" als Lehrerkräfte für elsässische Schulen.
Solche Aufarbeitung sollte Schule machen
Großen Raum nehmen die Ursachen von Anpassung und Überanpassung ein. Durchaus vorhanden seien "erhebliche Handlungs- und Ermessensspielräume" gewesen, die aber seien "in der weit überwiegenden Mehrzahl der Fälle zur Verschärfung der nationalsozialistischen Gewaltmaßnahmen" genutzt worden. "Indem man sich als zuverlässiger Vollstrecker der nationalsozialistischen Politik erwies, konnte man gewissermaßen seine Daseinsberechtigung im NS-Staat unter Beweis stellen und einer weiteren Aushöhlung von Kompetenzen vorbeugen", heißt es an einer Stelle.
Als eine der bleibenden Lehren wird darauf verwiesen, dass Verwaltungshandeln immer an ethische Werte gebunden bleiben müsse. Genau daran fehlte es damals: "Die Landesbediensteten machten die Durchführung der Repressionspolitik durch ihr persönliches Verhalten vielfach erst möglich. (...) An den zivilisationsbrechenden Eskalationen, der Entrechtung, der Verfolgung und dem Völkermord, waren die Landesministerien direkt und indirekt beteiligt", schreibt die Ministerin in ihrem Vorwort.
Die Kommission und ihr Forschungskonzept sollen mit ihrer jüngst erschienenen Aufarbeitung möglichst Schule machen. Und Baden-Württemberg auf einem "international anschlussfähigen Forschungsfeld" Vorreiter bleiben, um "einen wichtigen Beitrag zur europäischen Bürokratiegeschichte zu leisten". Wesentliche Ergebnisse sind auf www.ns-ministerien-bw.de weiter frei zugänglich. Zahlreiche Einzelthemen, Biographien oder das Thema Massenverführung durch Propaganda sind für den Schulunterricht konkret aufgearbeitet, ebenso die Rolle des Badischen Parteiblatts "Der Führer".
Ein Nachfolgeprojekt ist bereits angestoßen: "Reintegration, Schuldzuweisung und Entschädigung – Bewältigung und Nicht-Bewältigung der NS-Vergangenheit in den drei Vorgängerländern Baden-Württembergs". Gerade der Befund der politischen Anpassung der Beamtenschaft im Nationalsozialismus werfe die Frage auf, so Andreas Weber, Leiter der Abteilung Bildung der Baden-Württemberg Stiftung, "wie sie sich nach dem Ende der Diktatur verhalten hat und wie man im Südwesten beim demokratischen Wiederaufbau mit der NS-Vergangenheit umgegangen ist". In den Blick genommen wird die Zeit bis 1952 und damit bis zur Gründung des heutigen Südweststaats. Es gehört nur wenig Phantasie dazu, sich vorzustellen, dass und wie Entlastungsnarrative abermals nicht standhalten können.
https://www.kontextwochenzeitung.de/
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