Nationalsozialismus in Mosbach - Baden
: Rechtsextremismus und Neofaschismus : Anti-Semitismus : Anti-Ziganismus : Homophobie : Rassismus : Diskriminierung 

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HISTORISCHES & AKTUELLES:
Juden-Deportationen in
Mosbach - Baden

 Zuletzt AKTUALISIERT am 24.11.2024 ! 

BUNDESPRÄSIDENT STEINMEIER bekennt sich am 19.04.2023 zur deutschen Verantwortung für die NS–Verbrechen zum 80. Jahrestag des Gedenkens an den Warschauer Aufstand: „Für uns Deutsche kennt die Verantwortung vor unserer Geschichte keinen Schlussstrich. Sie bleibt uns Mahnung und Auftrag in der Gegenwart und in der Zukunft. Zur ganzen Wahrheit gehört allerdings auch, dass viel zu wenige andere Täter sich verantworten mussten nach dem Krieg."

STRAFANZEIGEN vom 09.11.2024 gegen Mosbacher Amtsrichterin
STRAFANZEIGEN wegen Rechtsbeugung und Strafvereitelung im Amt gegen die Mosbacher Amtsrichterin Marina Hess durch AMTSSEITIGE NÖTIGUNG des KV, Nazi-Jägers, Antragstellers und Beschwerdeführers bzgl. möglichem Verschweigen, Verleugnen und Verharmlosen von konkreten Tatbeteiligungen an NS-Judenverfolgung und Holocaust im Neckar-Odenwaldkreis in der eigenen institutionellen NS-Vergangenheitsbewältigung der Mosbacher Justiz.
241109_STA_AGMOS_NS_Judenverfolgung_NOK_BLIND.pdf (179.66KB)
STRAFANZEIGEN vom 09.11.2024 gegen Mosbacher Amtsrichterin
STRAFANZEIGEN wegen Rechtsbeugung und Strafvereitelung im Amt gegen die Mosbacher Amtsrichterin Marina Hess durch AMTSSEITIGE NÖTIGUNG des KV, Nazi-Jägers, Antragstellers und Beschwerdeführers bzgl. möglichem Verschweigen, Verleugnen und Verharmlosen von konkreten Tatbeteiligungen an NS-Judenverfolgung und Holocaust im Neckar-Odenwaldkreis in der eigenen institutionellen NS-Vergangenheitsbewältigung der Mosbacher Justiz.
241109_STA_AGMOS_NS_Judenverfolgung_NOK_BLIND.pdf (179.66KB)


 

Amtsgericht Mosbach: Bildquelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Amtsgericht_Mosbach#/media/Datei:Mosbach-kloster-amtsgericht1.jpg

Amtsgericht Mosbach
Hauptstraße 110
74821 Mosbach
Telefon:
06261 - 87 0
(Zentrale)
Telefax:
06261 - 87 460
(Zentrale Faxnummer)

Strafanzeigen vom 26.03.2023 gegen Tatbeteiligte an der nationalsozialistischen Juden-Verfolgung und den Juden-Deportationen in Mosbach - Baden >>>

Nazi-Judenverfolgung und Tatbeteiligungen am Holocaust in Mosbach: Anträge an das Amtsgericht Mosbach:
Strafanzeige vom 10.08.2022 gegen Angehörige des Mosbacher SS-Zuges zur Überprüfung einer weiteren Beteiligung an der NS-Judenverfolgung und am Holocaust nach der Zerstörung der Synagoge in Mosbach  >>>

Aufhebung vom 13.09.2022 der Haftbefehle gegen die Familie des Mosbacher Rabbiners im Wiederaufnahmeverfahren >>>

Strafanzeigen gegen Unbekannt vom 13.09.2022 wegen Beteiligung an der Schändung des jüdischen Friedhofes in Mosbach und zur Überprüfung einer weiteren möglichen Beteiligung an der Zerstörung der Synagoge in Mosbach sowie an der weiteren NS-Judenverfolgung und am Holocaust >>>

 

Es gibt zwei Deportationswellen aus der Mosbacher Region. 1940 werden die badischen Juden deportiert. Und 1943 die hier ansässigen und hier festgesetzten Sinti- und Roma-Familien. Ein Fahrplan dieser Deportationen von Mosbach nach Auschwitz-Birkenau ist datiert auf den 10.03.1943.

Es gibt bisher keine öffentlich bekannte juristische Aufarbeitung seitens der Mosbacher Justizbehörden seit 1945 zu den direkten und beihelfenden Tatbeteiligungen an diesen Nazi-Massenmordverbrechen in Mosbach, d.h. weder am Holocaust noch am Völkermord an den Sinti und Roma.

Nazi-Verfolgung von Sinti und Roma in Mosbach: Anträge an das Amtsgericht Mosbach:

AKTUELLES: Siehe auch: Strafanzeigen vom 13.08.2022 gegen Verantwortliche der Inhaftierungen und Deportationen von Sinti und Roma aus Landkreis und Stadt Mosbach in Nazi-Konzentrationslager   >>>

Transportliste zu Deportationen von Juden aus Mosbach- Baden. Bildquelle: http://www.bruchsal-gurs.de/Deutsche-Version/Amtliches-Verzeichnis-der-ausgewiesenen-Juden/


Nazi-Judenverfolgung und Tatbeteiligungen am Holocaust in Mosbach: Anträge an das Amtsgericht Mosbach:

Auf Grundlage der von der Badischen Landesbibliothek veröffentlichten Transportlisten wurden am 22. Oktober 1940 aus dem Landkreis Buchen 115 Personen aus 22 Orten und aus dem Landkreis Mosbach 57 Personen aus 8 Orten deportiert.

Es gibt bisher keine öffentlich bekannte juristische Aufarbeitung seitens der Mosbacher Justizbehörden seit 1945 zu den direkten und beihelfenden Tatbeteiligungen an diesen Nazi-Massenmordverbrechen in Mosbach, d.h. weder am Holocaust noch am Völkermord an den Sinti und Roma.

Strafanzeigen vom 26.03.2022 gegen Tatbeteiligte an der nationalsozialistischen Juden-Verfolgung und den Juden-Deportationen in Mosbach - Baden >>>

Seiteninhalt:

  1. NS- und Rechtsextremismus-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach

    1.1 Gerichtlich verfügte Beauftragung der forensischen Sachverständigen aus Kitzingen durch das Amtsgericht Mosbach bezüglich der gerichtlichen und außergerichtlichen Anti-Nazi-Aktivitäten des Antragstellers

    1.2 Strafanzeigen vom 26.03.2022 gegen Tatbeteiligte an der nationalsozialistischen Juden-Verfolgung und den Juden-Deportationen in Mosbach - Baden

  2. Online-Artikel zur Nazi-Judenverfolgung und zu Judendeportationen, auch in Mosbach, Baden und Württemberg

  3. YouTube-Videos zu den Deportationen der badischen Juden

SIEHE AUCH Anträge an das AMTSGERICHT MOSBACH:


1. NS- und Rechtsextremismus-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach

Nach Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg mit Beschluss vom 15.12.2022 - 6 S 1420/22 - unterliegt der Nationalsozialismus nicht der grundrechtlich geschützten Weltanschauungsfreiheit gemäß Art. 4 Abs. 1 GG.

Erfahrungen der juristischen Aufarbeitung von Judenfeindlichkeit vor und nach 1945  bei den Mosbacher Justizbehörden
Die nationalsozialistische Judenverfolgung in Mosbach-Baden vor 1945 mit diskriminierender Benachteiligung; Berufsverboten; Enteignungen und Beraubungen jüdischen Vermögens; Schändung des jüdischen Friedhofs; Verhaftung der Familie des Mosbacher Rabbiners; Zerstörung der Synagoge; Massen-Deportationen der badischen Juden in das Nazi-KZ Gurs nach Frankreich sowie die Schändung des KZ-Buchenwald mit dem Erinnerungsort der nach Auschwitz deportierten jüdischen Kinder mit Eingabe vom 06.08.2022, die antisemitische Volksverhetzung mit Eingabe vom 10.04.2023 werden bereits beim Amtsgericht Mosbach in den vom AS entsprechend initiierten und anhängigen Verfahren unter 6F 9/22, 6F 202/21, 6F 2/22 und 6F 2/23 thematisiert, u.a. mit diesbezüglichen Strafanzeigen gemäß § StPO 158.

Sowohl das Justizministerium Baden-Württemberg u.a. am 20.12.2022 unter JUMRIX-E-1402-41/878/28 als auch der Landtag Baden-Württemberg am 10.03.2023 zu PETITION 17/1464 benennen EXPLIZIT die vom AS gemäß § 158 StPO seit 03.06.2022 initiierten NS- und Rechtsextremismus-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach-Baden.

Das Amtsgericht Mosbach bestätigt sowohl mit der Verfügung vom 17.08.2022 unter 6F 9/22 als auch mit der Mitteilung vom 20.03.2023 unter 6F 2/23, die vom AS gemäß § 158 StPO initiierten NS- und Rechtsextremismus-Verfahren sowie zu angezeigten antisemitischen Straftaten, auch zu konkreten Tatbeteiligungen an NS-Massenmordverbrechen in der Mosbacher Region, beim Amtsgericht Mosbach-Baden in SONDERBÄNDEN anzulegen.

Das Amtsgericht Mosbach hat jedoch seit dem 03.06.2022 eine gemäß § 158 StPO ordnungsgemäße Eingangsbestätigung mit den Benennungen der Konkreten Eingabedaten, der Konkreten Sachverhaltsbenennungen mit einer kurzen Zusammenfassung der Angaben zu Tatzeit, Tatort und angezeigter Tat, insbesondere zu beantragten NS- und Rechtsextremismusverfahren, bisher ausdrücklich und EXPLIZIT versagt und NICHT ausgestellt.

Auch für die beim Amtsgericht Mosbach beantragten Wiederaufnahmeverfahren und gerichtlichen Prüfungen in NS- und Rechtsextremismus-Angelegenheiten verweigert das Amtsgericht Mosbach ordnungsgemäße Eingangs- und Weiterbearbeitungsbestätigungen mit konkreten Sachverhaltsbenennungen.

Siehe dazu auch Umgang des Amtsgerichts Mosbach mit NS- und Rechtsextremismusverfahren >>>


Expertise der Forensischen Sachverständigen MA Antje C. Wieck aus Kitzingen zur Aufarbeitung von NS-Verbrechen und NS-Unrecht in der NS-Vergangenheitsbewältigung

Die HIER fallverantwortliche Richterin beim Amtsgericht Mosbach Marina Hess verfügt HIER unter 6F 9/22 und 6F 202/21 am 17.08.2022 EXPLIZIT, dass die gerichtlich beauftragte familienpsychologische Forensische Sachverständige für Familienrecht MA Antje C. Wieck, Praxis für KINDER- UND JUGENDLICHENPSYCHOTHERAPIE, Moltkestr. 2, 97318 Kitzingen, eine INHALTLICHE Sachverständigen-Auseinandersetzung mit der Dokumentations-Website "nationalsozialismus-in-mosbach.de" des Kindsvaters, Beschwerdeführers und Nazi-Jägers Bernd Michael Uhl durchführen solle (Siehe im Folgenden!), die diese Sachverständige Gutachterin HIER ABER AKTENKUNDIG NACHWEISBAR im anhängigen Verfahrenskomplex während ihren zwei gerichtlich bestellten Sachverständigengutachten von 2022 bis 2024 DANN ÜBERHAUPT NICHT durchführt.

UND DIES HIER EXPLIZIT AUCH NICHT bzgl. der DARIN KONKRET thematisierten nationalsozialistischen Verbrechen bis 1945 und deren juristischen, politischen und zivilgesellschaftlichen Aufarbeitungen in der NS-Vergangenheitsbewältigung seit 1945, insbesondere HIER auch in der lokalen-regionalen Fall- und Verfahrenszuständigkeit für Mosbach und für den Neckar-Odenwaldkreis.

Die HIER fallverantwortliche Richterin beim Amtsgericht Mosbach Marina Hess verfügt HIER unter 6F 9/22 und 6F 202/21 am 17.08.2022 EXPLIZIT bei der von ihr selbst gerichtlich beauftragten familienpsychologischen Forensischen Sachverständigen für Familienrecht MA Antje C. Wieck, Praxis für KINDER- UND JUGENDLICHENPSYCHOTHERAPIE, Moltkestr. 2, 97318 Kitzingen eine Sachverständigen-Begutachtung bezüglich "der Notwendigkeit einer psychiatrischen Begutachtung" des Kindsvaters, Beschwerdeführers und Nazi-Jägers Bernd Michael Uhl "zur Beurteilung seiner Erziehungsfähigkeit" (Siehe im Folgenden!). UND DIES NACHDEM UNMITTELBAR ZUVOR das erste gerichtlich beauftragte familienpsychologische Gutachten vom 07.04.2022 unter 6F 202/21 und 6F 9/22 sich für den perspektivischen Verbleib des damals anderthalb Jahre alten Kindes beim Kindsvater ausspricht. HIERBEI unterstellt die fallverantwortliche Mosbacher Amts-Familienrichterin Marina Hess im familienrechtlichen Zivilprozess dem Kindsvater, Beschwerdeführer und Bernd Michael Uhl eine mögliche angebliche psychische Erkrankung und eine damit einhergehende eingeschränkte Erziehungsfähigkeit auf Grund seiner konkreten Nazi-Jäger-Eingaben zu den seinerseits beim Amtsgericht Mosbach beantragten juristischen Aufarbeitungen von konkreten Tatbeteiligungen an NS-Verbrechen und NS-Unrecht 1933-1945 und deren mangelhaften juristischen Aufarbeitungen seitens der deutschen Nachkriegsjustiz seit 1945. UND DIES HIER insbesondere auch in der lokalen-regionalen Fall- und Verfahrenszuständigkeit bei NS-Verbrechen und NS-Unrecht in Mosbach und im Neckar-Odenwaldkreis sowie bezüglich dem Versagen der Mosbacher Nachkriegsjustiz seit 1945 bei deren juristischen Aufarbeitungen.

Amtsgericht Mosbach unterstellt Bernd Michael Uhl angebliche psychische Erkrankung auf Grund seiner Nazi-Jäger-Eingaben.

SIEHE DAZU AUCH:


1.1 Gerichtlich verfügte Beauftragung der forensischen Sachverständigen aus Kitzingen durch das Amtsgericht Mosbach bezüglich der gerichtlichen und außergerichtlichen Anti-Nazi-Aktivitäten des Antragstellers

Das Familiengericht-Amtsgericht Mosbach, Hauptstraße 110, 74281 Mosbach, beauftragt die forensische Sachverständige aus Moltkestr. 2, 97318 Kitzingen, in seinen Verfügungen vom 17.08.2022 unter 6F 202/21, die Anti-Nazi-Aktivitäten des KVs und Antragstellers in einer ergänzenden Stellungnahme gutachterlich einzuschätzen und zu bewerten. 

Dazu zählen laut Anweisungen dieser amtsgerichtlichen Verfügungen SOWOHL die seit Sommer 2022 vom Antragsteller beim Amtsgericht Mosbach initiierten NS- und Rechtsextremismus-Verfahren ALS AUCH seine außergerichtlichen und gerichtlichen Aufklärungs- und Aufarbeitungsbemühungen zu Nationalsozialistischem Unrecht und Nationalsozialistischen Verbrechen aus dem Zeitraum um 2008, d.h. konkret von 2004 bis 2011, im Rahmen seiner sogenannten "Nazi-Jäger"-Aktivitäten im sachverhaltsbezogenen Kontext zur Problematik des Nationalsozialismus vor und nach 1945 und dessen Aufarbeitung bis heute. Siehe dazu auch Kapitel *** auf dieser Seite.

Das Amtsgericht Mosbach BEAUFTRAGT EXPLIZIT in seiner Verfügung vom 17.08.2022 unter 6F 202/21 am Beispiel des Antragstellers von NS- und Rechtsextremismus-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach die forensische Sachverständige aus Kitzingen, eine GUTACHTERLICHE STELLUNGNAHME zur Nazi-Judenverfolgung vor 1945, deren NS-Vergangenheitsbewältigung bis heute sowie zum nationalsozialistisch rechtextremistisch-orientierten Anti-Semitismus nach 1945 bis heute, auch in 2022, an das deutsche BRD-Amtsgericht Mosbach im Jahr 2022 zu erstellen.


Das Amtsgericht Mosbach BEAUFTRAGT EXPLIZIT in seinen Verfügungen vom 17.08.2022 unter 6F 202/21 die forensische Sachverständige aus Kitzingen, eine GUTACHTERLICHE STELLUNGNAHME ZU DEN NAZI-VERBRECHEN der NS-Judenverfolgung, der Reichspogromnacht mit der Zerstörung der Synagogen, des Holocaust sowie zur heutigen Erinnerungskultur in der NS-Vergangenheitsbewältigung, auch zu heutigen Anschlägen auf Synagogen n Deutschland nach 1945, am Beispiel des Antragstellers von NS- und Rechtsextremismus-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach mit seinen jahrelangen Bemühungen um die außergerichtliche und gerichtliche Aufarbeitung von Nationalsozialistischem Unrecht und Nationalsozialistischen Verbrechen an das deutsche BRD-Amtsgericht Mosbach im Jahr 2022 zu erstellen.


Das Amtsgericht Mosbach BEAUFTRAGT EXPLIZIT in seiner Verfügung vom 17.08.2022 unter 6F 202/21 am Beispiel des Antragstellers von NS- und Rechtsextremismus-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach die forensische Sachverständige aus Kitzingen, eine GUTACHTERLICHE STELLUNGNAHME zur Nazi-Judenverfolgung vor 1945 in Mosbach und deren NS-Vergangenheitsbewältigung bis heute, auch bezüglich der Schändung des jüdischen Friedhofs in Mosbach; der Nazi-Zerstörung der Synagoge in Mosbach; der Verhaftung der Familie des Mosbacher Rabbiners; der Deportationen von Juden von und über Mosbach, etc. an das deutsche BRD-Amtsgericht Mosbach im Jahr 2022 zu erstellen.


1.2 Strafanzeigen vom 26.03.2022 gegen Tatbeteiligte an der nationalsozialistischen Juden-Verfolgung und den Juden-Deportationen in Mosbach - Baden

6F 9/22 u.a.
Amtsgericht Mosbach
Hauptstraße 110
74821 Mosbach

Generallandesarchiv Karlsruhe mit Dokumentationsstelle Rechtsextremismus
Nördl. Hildapromenade 3
76133 Karlsruhe
Fax +49 721 926-2231
glakarlsruhe@la-bw.de

Landesarchiv Baden-Württemberg
Eugenstr. 7
D 70182 Stuttgart
Telefax: +49 (0)711 / 212-4283
E-Mail: landesarchiv@la-bw.de

Evangelisches Kinder- und Jugendwerk
der Evang. Landeskirche Baden
Arbeitsstelle Frieden
Blumenstraße 1-7
76137 Karlsruhe
philipp.kleisz@seelsorgeamt-freiburg.de, johanna.mugabi@ekiba.de

Israelitische Religionsgemeinschaft Baden IRG Baden K.d.ö.R
Knielinger Allee 11
76133 Karlsruhe
F  +49 721 97250-20
info@irg-baden.de

Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz
Am Großen Wannsee 56 - 58
14109 Berlin
info@ghwk.de

Ministerium für Kultus, Jugend und Sport
Baden-Württemberg
Thouretstraße 6
70173 Stuttgart
0711 279-2810
poststelle@km.kv.bwl.de

Strafanzeigen vom 26.03.2023 gemäß § 158 StPO
an das Amtsgericht Mosbach
zu 6F 9/22 sowie zu 6F 202/21, 6F 2/22 und 6F 2/23
zu Mord und Beihilfe zu Mord
wegen Tatbeteiligungen bekannter und unbekannter Personen
an den Deportationen der Badischen Juden
aus dem Landkreis Mosbach

26.03.2023

Sehr geehrte Damen und Herren,

Opfer der nationalsozialistischen Juden-Verfolgung in Mosbach - Baden

Vorausgegangen in der nationalsozialistischen Judenverfolgung sind der gesellschaftliche/wirtschaftliche Ausschluss mit den einhergehenden Diskriminierungen; die Beraubungen mit der Übernahme des Besitzes der Vertriebenen und der Beschlagnahmung von Vermögen; die Schändungen jüdischer Friedhöfe; die Zerstörungen und das in Brand setzen der Synagogen. So auch historisch nachgewiesen in Mosbach - Baden. Der Kulminationspunkt der NS-Judenverfolgung sind die Deportation von Badischen Jüdinnen und Juden, auch aus der Region Mosbach, in das Internierungslager und Konzentrationslager Gurs nach Südfrankreich. Im Rahmen der Wagner-Bürckel-Aktion werden am 22./23.10.1940 etwa 6540 Menschen deportiert, darunter auch Kinder. Auf Grundlage der von der Badischen Landesbibliothek veröffentlichten Transportlisten wurden am 22. Oktober 1940 z. B. aus dem Landkreis Buchen 115 Personen aus 22 Orten und aus dem Landkreis Mosbach 57 Personen aus 8 Orten deportiert.

TATBETEILIGTE in Mosbach an den Judendeportationen
An der arbeitsteilig organisierten und durchgeführten NS-Judenverfolgung mit dem Holocaust sind u.a. beteiligt: Die Rassenhygienische Forschung, Politisierung und Administration zur rassenideologisch begründeten Diskriminierung, Verfolgung und Vernichtung; die regierungsbeteiligte NS-Justiz mit der Regelung der rechtlichen Benachteiligungen und Enteignungen; die lokale NS-Justiz vor Ort mit der Deckung der in der Praxis umgesetzten jeweiligen Judenverfolgungsmaßnahmen vor Ort; die ausführenden Exekutivorgane vor Ort wie Polizei; Gestapo, NS-NSDAP-Organisationseinheiten; die ausführenden Exekutivorgane im Transportwesen; die ausführenden Exekutivorgane in den KZs und Vernichtungslagern. Das zurückgelassene jüdische Vermögen wurde systematisch ausgeplündert und verwertet. Profiteure waren Mitbürger und Nachbarn der Deportierten, Antiquitätenhändler, Museen, Bibliotheken, Archive, Bildungs- und Wohlfahrtseinrichtungen, Dienststellen der NSDAP, Kommunen und der Staat. So auch historisch nachgewiesen in Mosbach - Baden. Polizisten und Gestapoleute erschienen an den Wohnungstüren der jüdischen Bevölkerung und forderten die Menschen auf, innerhalb kürzester Zeit ihre Koffer zu packen. Bisher namentlich bekannte Personen als Angehörige von Polizei und Gestapo in Mosbach sind u.a.: Kriminalassistent Kurt Horsch und Kriminalsekretär Albert Hauk, Leiter der Geheimen Staatspolizei-Außendienststelle Mosbach.

OPFER-ERINNERUNG und OPFER-GEDENKEN
Das Mahnmal mit Gedenkbuchprojekt in Neckarzimmern zur Erinnerung an die nach Gurs deportierten Jüdinnen und Juden Badens besteht aus einer Bodenskulptur in Form eines Davidsterns. Es bietet Platz für Erinnerungssteine aus den 137 badischen Deportationsorten. Für die Gedenkfeier zum 81. Jahrestag der Deportation der badischen Jüdinnen und Juden im Oktober 1940 spricht der Mosbacher Landrat Dr. Achim Brötel das Grußwort am 22.10.2021. Die vorhandenen Informationsangebote zur Deportation der jüdischen Bevölkerung Südwestdeutschlands in das südfranzösische Lager Gurs sind auf der zentralen Website http://www.gurs.education freigeschaltet seit dem 27.01.2023, dem Internationalen Holocaust-Gedenktag. Dort sind u.a. die Informationsangebote des Landesarchivs Baden-Württemberg, des baden-württembergischen Kultusministeriums, der Landeszentralen für politische Bildung in Mainz und Saarbrücken, des Bezirksverbands Pfalz sowie der Stadtverwaltung Karlsruhe, der Gedenk- und Bildungsstätte "Haus der Wannsee-Konferenz" in Berlin miteinander vernetzt.

Mit freundlichen Grüßen
****

SIEHE AUCH Anträge an das AMTSGERICHT MOSBACH:


Siehe dazu auch:

  • HISTORISCHES: Judenverfolgung in Mosbach >>>
  • HISTORISCHES: Judendeportationen in Mosbach >>>
  • AKTUELLES: Judenverfolgung in Mosbach >>>
  • AKTUELLES: Judendeportationen in Mosbach >>>
  • AKTUELLES: Holocaust und Nazi-KZ-Überlebende >>>
  • AKTUELLES: Judenverfolgung und Antisemitismus >>>



2. Online-Artikel zur Nazi-Judenverfolgung und zu Judendeportationen, auch in Mosbach, Baden und Württemberg

 

Evangelisches Kinder- und Jugendwerk der Evang. Landeskirche Baden
Mosbach :
Frank, Frieda (geb. Reuter)
Frank, Julius
Frank, Ruth (geb. Güthermann)
Levita, Gertrud (geb. Blumenthal)
Levita, Zerline
Reuter, Wilhelm
Schlössinger, Bella (geb. Wertheimer)
Schlössinger, David
Schlössinger, Marianne ( Miriam, Marie)
Würzburger, Berta (geb. Reuter)
Würzburger, Hermann
Würzburger, Milly (geb. Strauss)
Würzburger, Wilhelm
https://www.mahnmal-neckarzimmern.de/

Neckar-Odenwald-Kreis
Einladung zur Spurensuche vor Ort

Eine Broschüre stellt 100 Gedenk- und Lernorte sowie Museen vor – fünf davon liegen im Neckar-Odenwald-Kreis.
27.01.2023 UPDATE: 27.01.2023 06:00 Uhr
Neckar-Odenwald-Kreis. (RNZ/lpb) Gedenkstätten sind Teil unserer politischen Kultur. Die Erinnerung ist Fundament unserer Demokratie. Auch das macht authentische historische Orte bedeutsam. Wie vielfältig die Gedenkstättenlandschaft in Baden-Württemberg ist, zeigt die neuaufgelegte Broschüre "Gedenkstätten in Baden-Württemberg". Die Landeszentrale für politische Bildung gibt sie in Zusammenarbeit mit der Landesarbeitsgemeinschaft der Gedenkstätten und Gedenkstätteninitiativen heraus. Auf 140 Seiten stellt das Büchlein rund 100 Gedenk- und Lernorte sowie Museen in Text und Bild vor. Fünf davon liegen im Neckar-Odenwald-Kreis:
***
Das Mahnmal zur Erinnerung an die nach Gurs deportierten badischen Jüdinnen und Juden in Neckarzimmern besteht aus einer Bodenskulptur in Form eines Davidsterns. Es bietet Platz für Erinnerungssteine aus den 137 badischen Deportationsorten für die am 22. und 23. Oktober 1940 nach Gurs deportierten Jüdinnen und Juden. Die Steine werden von Jugendlichen aus den Deportationsorten im Rahmen des "Ökumenischen Jugendprojektes Mahnmal" der Erzdiözese Freiburg und der Evangelischen Landeskirche in Baden geschaffen. Die in Neckarzimmern aufgestellten Steine erhalten je ein Gegenstück, das in der Heimatgemeinde der Jugendlichen aufgestellt wird. Eine Informationstafel erläutert den Hintergrund der Deportation und die Zielsetzung des Jugendprojekts.
https://www.rnz.de/region/l


Gedenken
80 Jahre Deportation nach Theresienstadt

Gedenken / Mahnwache Kurzlink
So, 21.08.2022, 16:00 Uhr
Gedenkstätte "Zeichen der Erinnerung", Nordbahnhof, Otto-Umfrid-Straße, 70191 Stuttgart
Veranstalter: Zeichen der Erinnerung e. V.
80 Jahre Deportation nach Theresienstadt  vor der Gedenkstätte in der Otto Umfrid-Straße (Innerer Nordbahnhof).
Zuvor um 14.00 Uhr auf dem Killesberg am Gedenkstein ein „Stilles Gedenken“ mit Rabbiner Yehuda Pushkin.
Aus 58 Orten Württembergs, Hohenzollerns und Badens wurden die fast 1100 Jüdinnen und Juden erst nach Stuttgart verbracht und dann am 22.08.42 nach Theresienstadt deportiert. Wir versuchen, dies „aus dem ganzen Land“ sichtbar zu machen und freuen uns über die große Zahl der Kooperationspartner.
Die Veranstaltung steht unter der Schirmherrschaft des Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg Winfried Kretschmann.
Besonders freuen wir uns, dass Garry Fabian, ein Überlebender der Shoa, heute 88 Jahre alt, extra aus Australien zu uns kommen und sprechen wird.
https://www.die-anstifter.de/


Am 22. Oktober 1940 - Ende des jüdischen Lebens in Hardheim / Abtransport aus der Heimat / Unmenschliche Verhältnisse in den Sammellagern

Fort von Zuhause, und das für immer
19.9.2020 VON HANS SIEBER
Wie der Familie des damals zehnjährigen Kurt Maier (Junge mit der Kappe) erging es auch den letzten in Eberstadt lebenden Juden. Sie wurden am 22. Oktober von der Gestapo abgeführt und ins Internierungslager Gurs verschleppt. © ARCHIV MAIER
....
https://www.fnweb.de/


Internierungslager Gurs
Erste Deportation der badischen Juden war alles andere als eine spontane Aktion

Klaus Riexinger
Von Klaus Riexinger
Mi, 11. Januar 2023 um 14:56 Uhr
Südwest
BZ-Abo Die Deportation der Juden aus Baden und Saarpfalz 1940 diente den Nationalsozialisten womöglich als Test für die dann folgenden Verschleppungen. Dies legen neue Forschungen des Blauen Hauses in Breisach nahe.
Treffen mit Adolf Hitler im Führerhauptquartier Tannenberg im Schwarzwald bei Freudenstadt. Links neben Hitler steht der Gauleiter von Baden, Robert Wagner, ganz links der saarpfälzische Gauleiter Josef Bürckel. Foto: Heinrich Hoffmann
Ein Mädchen beobachtet die Deportation seiner Nachbarn in Kippenheim.  | Foto: Förderverein Ehemalige Synagoge Kippenheim
Valeska Wilczek und Christiane Walesch-Schneller Foto: Klaus Riexinger
Wer die animierte Karte zur Deportation der badischen Juden nach Gurs aufruft, vernimmt zuerst das Knistern eines Grammophons. Doch Musik ist auch im weiteren Verlauf der Animation nicht zu hören. Stattdessen knistert es immer weiter. Dann erscheinen mehrere Landkarten. Auf einer ist Baden mit vielen roten Punkten zu erkennen. Die Markierungen stehen für die 132 Orte mit jüdischer Bevölkerung. Kurze Begleittexte erklären das weitere Geschehen: dass in den Morgenstunden des 22. Oktober 1940 5600 Juden verhaftet und abgeholt wurden, dass sie zu Bahnhöfen gebracht wurden und wo die Züge hinfuhren.
Mit dieser Darstellung ist es der Gedenk- und Bildungsstätte für die Geschichte der Juden am Oberrhein in Breisach gelungen, den komplexen Vorgang der Deportation, über deren konkreten Ablauf immer noch widersprüchliche Angaben kursieren, in zwei Minuten und 19 ...
https://www.badische-zeitung.de/


Neues Buch dokumentiert Überlebende des Konzentrationslagers Gurs

STAND, SWR
19.10.2021, 17:31 UHR
Zum 81. Jahrestag der Deportation von Jüdinnen und Juden nach Südfrankreich hat die Israelitische Religionsgemeinschaft Baden ein Buch mit neuen Recherchen veröffentlicht. Darin werden erstmals Namen von Kindern und Jugendlichen genannt, die aus dem Lager gerettet werden konnten. Das Buch von Gerhard und Brigitte Brändle erzählt Geschichten von Geretteten und ihren Rettern und zeigt Fotos. Sie seien Leuchttürme der Hoffnung, so die Autoren und verdienten ein Denkmal. Das Buch ist über die Israelitische Religionsgemeinschaft Baden erhältlich. Am 22. Oktober 1940 verschleppten die nationalsozialistischen Machthaber etwa 6.500 Jüdinnen und Juden aus Baden, der Pfalz und dem Saarland ins Lager Gurs in Südfrankreich.
https://www.swr.de/


Nicolaus-Kistner-Gymnasium Mosbach
"Es wurde an Schulen gelehrt, wie man Juden hasst"
Zeitzeuge Kurt Salomon Maier referierte am Nicolaus-Kistner-Gymnasium über die Judenverfolgung im Dritten Reich

01.11.2017 UPDATE: 02.11.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 4 Sekunden
Von Frank Heuß
Mosbach. "Das, was heute hier vorgetragen wird, findet man so nicht im Geschichtsbuch", schickte der Schulleiter des Nicolaus-Kistner-Gymnasiums (NKG), Jochen Herkert, dem Vortrag von Dr. Kurt Salomon Maier direkt voraus. Anlässlich des 77. Jahrestages der Deportation badischer Juden war der betagte Senior, Jahrgang 1930, auf Vortragsreise in die Region aufgebrochen und ...
https://www.rnz.de/


Mosbach – 22. Oktober 1940 – Deportation der badischen Juden nach Gurs Zeitzeuge Dr. Kurt Maier Kippenheim-Washington berichtet

22.10.2015, 15:18 Uhr
Mosbach/Metropolregion Rhein-Neckar. Zu einem Vortrag des Zeitzeugen Dr. Kurt Maier (Kippenheim/Washington) über die Deportation der badischen Juden nach Gurs laden die Stadt Mosbach, der Geschichts- und Museumsverein, die Volkshochschule Mosbach sowie die KZ-Gedenkstätte Neckarelz ein. Der Vortrag findet fast auf den Tag genau 75 Jahre nach der Deportation statt: am Montag, dem 26. Oktober 2015 um 19 Uhr im Rathaussaal.
An einem einzigen Tag, dem 22. Oktober 1940, wurden in einer Nacht- und Nebel-Aktion sämtliche badischen Juden mit Zügen nach Frankreich gebracht und im Lager Gurs am Fuß der Pyrenäen interniert. Diese Aktion war zwischen den Gauleitern Badens und der Saarpfalz eigenverantwortlich verabredet worden, lang bevor die Vernichtungsmaschinerie des Holocaust anlief und die Idee der „Endlösung“ umgesetzt wurde. Ob Mannheim, Karlsruhe, Freiburg oder Mosbach – es traf alle jüdischen Bürger gleichermaßen, die zu dieser Zeit noch nicht ausgewandert waren, insgesamt wurden aus Baden ca. 5.600 deportiert.
Unter ihnen war auch der damals 10jährige Kurt Maier aus Kippenheim (Ortenau) mit seiner Familie. Die Familie hatte großes Glück – sie konnte aus dem Lager Gurs auswandern, bevor die Vernichtungszüge nach Treblinka und Auschwitz im Jahr 1942 zu rollen begannen. Er ist also einer der wenigen, die noch aus eigenem Erleben von der Deportation berichten können.
Mit 22 Jahren kehrte Maier als US-Soldat nach Deutschland zurück und leistete 1952 bis 1954 in Baumholder seinen Militärdienst ab. Anschließend studierte er deutsche Literatur und Geschichte in den USA, schrieb Theaterstücke und seine Autobiographie und arbeitet bis zum heutigen Tag an der Library of Congress in Washington.
https://www.mrn-news.de/

Mosbach mit Hochhausen am Neckar

Die Synagoge in Mosbach, vor 1938. Die Synagoge wurde während der Pogrome im November 1938 durch Inbrandsetzung zerstört, die Ruine kurz darauf abgebrochen. [Quelle: Landesarchiv BW, HStAS EA 99/001 Bü 305 Nr. 1962]
Dieser Beitrag stammt aus der Studie von Franz Hundsnurscher und Gerhard Taddey, Die jüdischen Gemeinden in Baden. Denkmale, Geschichte, Schicksale, hg. von der Archivdirektion Stuttgart (Veröffentlichungen der Staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg 19), Stuttgart 1968.
Die Studie wird hier in der Originalfassung als Volltext zugänglich gemacht und separat bebildert. Inhalte und Sprachgebrauch entsprechen dem Stand von 1968. Weitere Informationen zur Entstehung und Einordnung der Studie finden Sie hier.
Die ehemalige freie Reichsstadt Mosbach war 1410-1499 Residenz einer pfälzischen Nebenlinie und bis 1803 kurpfälzische Oberamtsstadt. 1803 bis 1806 gehörte sie zum neu gebildeten Fürstentum Leiningen und fiel 1806 an Baden.
Die ersten jüdischen Ansiedler in Mosbach wurden 1298 bei der Verfolgung durch die Horden des Ritters Rindfleisch getötet. Zusammen mit Neckarelz, Lauda, Tauberbischofsheim und Wertheim gehörte Mosbach zu den sogenannten „hado-mim" (Blutstädten). 1343 kam es wegen einer angeblichen Hostienschändung zu einer neuen Verfolgung der Juden in Mosbach. Zur Zeit des Schwarzen Todes 1348/49 wurde die jüdische Gemeinde zum dritten Male innerhalb eines halben Jahrhunderts heimgesucht. 1381 sind wieder Juden in Mosbach ansässig. 1387 nahm Kurfürst Ruprecht I. (1353-1390) Drostelin von Mosbach in den Schutz auf. 1471 werden die Juden Isak und Guntracht erwähnt. Während des 16. Jahrhunderts blieb die Zahl der Juden gering. 1674 saßen Liebmann, Joseph und Isaac hier in Schutz. Sie litten gleich den Bürgern an den ungünstigen Zeiten; ihre Rückstände an Rekognitionsgeldern betrugen zusammen 100 Gulden.
Obwohl sich noch im Jahre 1714 der Mosbacher Stadtrat, gestützt auf die städtischen Privilegien, gegen die Anordnung des Oberamts geweigert hatte, mehr als zwei bis drei Judenfamilien in die Stadt aufzunehmen, und obwohl es keinem Juden erlaubt war, ein Haus an einer Straße zu kaufen oder zu bewohnen, ist im 18. Jahrhundert ein rasches Wachstum der jüdischen Gemeinde festzustellen. 1722 zählte sie 8 Familien, 1743 16, 1773 19. 1825 zählte die Stadt 100 jüdische Einwohner, 1865 190, 1875 189, 1884 192, 1900 161, 1925 159 und 1933 134. Drei Juden aus Mosbach, Adolf Held, Hugo Siegel und Moritz Stein, starben im Ersten Weltkrieg den Soldatentod.
Ein „Judenkirchhof" (Friedhof) außerhalb der Stadt ist schon 1559 genannt. Die Synagoge stammt erst aus der Zeit um 1860. Vorher wurde der Gottesdienst in einem Betsaal gehalten. Von etwa 1830 bis zur Aufhebung der Konfessionsschulen im Jahre 1876 fand der Unterricht der jüdischen Kinder in einer eigenen Volksschule statt. Seit 1827 war Mosbach Sitz eines Bezirksrabbiners, der die israelitischen Gemeinden Billigheim, Binau, Eberbach, Großeicholzheim, Heinsheim, Hochhausen, Kleineicholzheim, Mosbach, Neckarzimmern, Neudenau, Stein am Kocher, Strümpfelbrunn und Zwingenberg, seit 1886 auch noch die israelitischen Gemeinden der Rabbinatsbezirke Merchingen und Wertheim zu versorgen hatte. Der hervorragendste Mosbacher Rabbiner war Dr. Leopold Löwenstein, Verfasser mehrerer Werke zur Geschichte der Juden in Baden. Er wurde von der Stadt Mosbach zu ihrem ersten Ehrenbürger ernannt. Ein Israelitischer Frauen und ein Männerverein nahmen die Unterstützung Hilfsbedürftiger wahr. Da vor allem die geistige Not der Israeliten der zerstreuten Landgemeinden sehr groß war, wurde 1932 eine Kommission zur Förderung des geistigen Lebens in den jüdischen Landgemeinden für den Rabbinatsbezirk Mosbach gegründet, die in den folgenden Jahren Vorträge geschichtlichen und aktuellen Inhalts sowie musikalische und andere künstlerische Darbietungen veranstaltete.
Seit Jahrhunderten lebten die Mosbacher Juden hauptsächlich vom Handel mit Vieh, Wein, Getreide und Salz. 1599 verbot der Rat den Bürgern, mit Juden zu handeln. Seit dem 18. Jahrhundert nahm der wirtschaftliche Einfluss der Juden stark zu. 1725 und später noch mehrmals bemühte sich die Stadt, ein Verbot zu erwirken, das den Juden den Handel mit Wein und Lebensmitteln untersagte. Zunächst hatte sie Erfolg; doch bald musste das Verbot wieder aufgehoben werden, weil die Nachbarorte ihren Wein nicht mehr verkaufen und infolgedessen ihre Steuern nicht entrichten konnten. 1782 übernahm eine jüdische Handelsgesellschaft die allerdings nicht sehr ertragreiche Salzproduktion der 1756 bei Mosbach entdeckten Saline. Emanzipation und Gewerbefreiheit ermöglichten im 19. Jahrhundert das Aufblühen jüdischer Fabriken und Geschäfte. Vor 1933 bestanden in Mosbach die Zigarrenfabrik Leopold Blum, eine Brauereiartikelfabrik, ferner zwei Weinhandlungen, zwei Getreide- und Mehlhandlungen, die Kaufhäuser Held und Dilsheimer, vier Textilwarengeschäfte, zwei Spezialgeschäfte für Schreiner- und Glaserbedarf, ein Lederwarengeschäft, ein Lebensmittelgeschäft, eine Warenhandlung, eine Öl- und Fetthandlung sowie die Schnapsbrennerei David Rothschild. Acht Juden trieben Viehhandel, zwei Pferdehandel. Josef Eisemann und Hermann Bamberger führten koschere Metzgereien. Bamberger war zugleich Inhaber des Gasthauses „Zur Traube". Das Kürschnerhandwerk übte Falk Färber aus. Michael Hanauer besaß eine Rechtsanwaltspraxis. Julius Held war Kunsthistoriker. Vor 1933 gab es auch noch eine jüdische Arzt- und eine Zahnarztpraxis.
Seit der Emanzipation der Juden im 19. Jahrhundert und noch während der Weimarer Republik lebten in Mosbach Juden und Christen friedlich miteinander. Ein Jude war jeweils im Gemeinderat. Bald nach Hitlers Machtübernahme wurde jedoch die Judenfeindlichkeit spürbar. Am Boykottag, dem 1. April 1933, standen SA-Leute und Hitlerjungen in Uniform vor den jüdischen Geschäften, um die Kunden vom Einkauf abzuhalten. Verhältnismäßig viele jüdische Geschäftsinhaber erkannten frühzeitig, wie hoffnungslos für sie die Lage war. Ab 1936 verkauften sie allmählich ihre Geschäfte und wanderten vornehmlich nach den USA (ca. 40), nach Holland, Palästina, Frankreich, England und Uruguay aus. Am 10. November 1938 befanden sich nur noch die Schreinereibedarfshandlung Berthold Hahn und die Weinhandlung Louis Frank in jüdischem Besitz. Sie wurden an diesem Tag von Angehörigen des Mosbacher SS-Zuges gründlich demoliert. Desgleichen wurde das Inventar der Synagoge zerschlagen, auf dem Marktplatz aufgeschichtet und in Anwesenheit der Schulkinder verbrannt. Gegen Mittag ging die Synagoge in einem kleinen Seitengäßchen gegenüber dem Rathaus in Flammen auf. Die noch anwesenden jüdischen Männer wurden für einige Wochen in das KZ Dachau verbracht, darunter der Bezirksrabbiner Julius Greilsheimer, der erst kurz vorher aus dem Krankenhaus entlassen worden war. In den nächsten Tagen nach der Kristallnacht wurden die Mauern der zerstörten Synagoge abgetragen und der Platz dem Erdboden gleichgemacht. Auf dem jüdischen Friedhof wurden in den folgenden Jahren wiederholt Grabmäler geschändet. Am 1. September 1939 lebten in Mosbach nur noch 18 Juden. Am 22. Oktober 1940 wurden 13 jüdische Einwohner nach Gurs deportiert. Nur 2 von ihnen überlebten die Jahre der Verfolgung; 3 starben in Lagern in Südfrankreich, 8 wurden in Vernichtungslagern im Osten umgebracht. Von den Juden, die nach 1933 von Mosbach weggezogen waren, kamen 7 und von denen, die ausgewandert waren, 13 in Konzentrationslagern um. Unter ihnen befand sich der Bezirksrabbiner Julius Greilsheimer. 1939 war er nach Holland ausgewandert. 1944 wurde er mit seiner damals schwangeren Frau und seinen beiden Töchtern über das KZ Westerbork nach Auschwitz verschleppt, wo die ganze Familie ermordet wurde.
Seinem Andenken und dem Andenken der übrigen in der Deportation ermordeten Mosbacher Juden wurde 1947 in Gan Jiskor/Israel ein Hain von 100 Bäumen gepflanzt.

Hochhausen am Neckar war vor dem Anfall an Baden 1803 als Besitz der Familie von Heimstatt dem Schwäbischen Ritterkreis inkorporiert.
Über die jüdische Gemeinde, die 1825 113 Seelen zählte und damit 18 Prozent der Einwohner des Dorfes stellte, ist wenig bekannt. Bald nach der Mitte des vorigen Jahrhunderts sank mit der Zahl der Einwohner überhaupt auch die der Juden rasch ab. 1875 waren es noch 46, 1900 44, 1905 34, 1910 nur noch 17. Am 5. Juli 1913 wurde deshalb die jüdische Gemeinde aufgelöst und die restlichen Mitglieder der Gemeinde Mosbach zugewiesen. Dort befand sich auch seit 1827 der zuständige Rabbinatssitz. 1925 lebte noch ein Jude in Hochhausen. Im jüdischen Gemeindehandbuch von 1933 wird irrtümlich auch Hochhausen als selbständige Gemeinde genannt. Die Volkszählung vom Juni 1933 weist jedoch keinen Juden im Ort mehr nach.
In dieser Studie nachgewiesene Literatur
Lang, Theophil, Die Hauptstadt der kleinen Pfalz, Bilder aus der Vergangenheit des zwölfhundertjährigen Mosbach, 1936.
Renz, Jakob, Chronik der Stadt Mosbach, 1936.
Wirth, Hermann, Die Stadt Mosbach, in: Badenia 1, 1864.
Zitierhinweis: Hundsnurscher, Franz/Taddey, Gerhard: Die jüdischen Gemeinden in Baden, Stuttgart 1968, Beitrag zu Mosbach, veröffentlicht in: Jüdisches Leben im Südwesten, URL: […], Stand: 20.12.2022
Lektüretipps für die weitere Recherche
„Als die Synagogen brannten...“, in: Landkreis Mosbach, Informationsdienst für Kommunalpolitik, Wirtschaft und Kultur 20 (1963), S. 5.
Germania Judaica, Bd.2, 2. Halbband, hg. von Zvi Avneri, Tübingen 1968, S. 548f.
Germania Judaica Bd.3, 2. Teilband, hg. von Arye Maimon/Mordechai Breuer/Yacov Guggenheim, Tübingen 1995, S. 884-885.
Hahn, Joachim/Krüger, Jürgen, „Hier ist nichts anderes als Gottes Haus...“. Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen, hg. von Rüdiger Schmidt (Badische Landesbibliothek, Karlsruhe) und Meier Schwarz (Synagogue Memorial, Jerusalem), Stuttgart 2007.
Herter, Balduin, Die Judengemeinde von Mosbach 1297 bis 1940, in: Mosbach im 3. Reich, 4. Heft, hg. von Große Kreisstadt Mosbach, 2008.
Landauer, Rudolf/Lochmann, Reinhart, Spuren jüdischen Lebens im Neckar-Odenwald-Kreis, hg. von Landratsamt NOK, Buchen 2008.
Mitteilungen der städtischen Sammlungen Mosbach 6 (1974), S. 5-6.
Runow, Martin, Die Stiftung eines Capitals … zur Errichtung eines Rabbinats zu Mosbach, in: Der Odenwald 44 (1997), S. 60-68.
Württemberg - Hohenzollern – Baden (Pinkas Hakehillot. Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust), hg. von Joseph Walk, Yad Vashem/Jerusalem 1986, S.399-402.
https://www.leo-bw.de/



Deportation badischer Juden vor 75 Jahren: Radolfzell als letzter Ort einer Hoffnung

RADOLFZELL 22. Oktober 2015, 01:45 Uhr

Für Alice Fleischel war Radolfzell die letzte Station auf der Flucht vor den Nationalsozialisten. Sie wurde am 22. Oktober 1940 nach Gurs deportiert. Damals war sie die einzige Jüdin in der Stadt. In ihrem Schicksal spiegelt sich eine ganze Epoche wider.
MARKUS WOLTER
Am 22. Oktober jährt sich zum 75. Mal die Massendeportation von 6551 badischen und saarpfälzischen Juden in das südfranzösische Internierungslager Gurs im Jahr 1940. Die nach den verantwortlichen Gauleitern Robert Wagner (Baden) und Josef Bürckel (Saarpfalz) bezeichnete „Aktion“ war die Fortsetzung der systematischen Erfassung, Isolation, Entrechtung und staatlichen Beraubung der deutschen Juden seit 1933 und zugleich der Vorlauf zu ihrer Ermordung in den deutschen Vernichtungslagern im besetzten Polen und im Baltikum nach 1941.
Das Bestreben des glühenden Antisemiten Wagner und dessen Amtskollegen Bürckel war es gewesen, zwei Jahre nach der Reichspogromnacht von 1938 die „Judenfrage“ – als eine der ersten im Deutschen Reich – „territorial“ zu lösen. Bei der Umsetzung der Deportationspläne im Landkreis Konstanz waren lokale Ordnungspolizei, Konstanzer Gestapo und vor allem das in der Radolfzeller Kaserne stationierte SS-Totenkopf-Infanterie-Ersatz-Bataillon im Einsatz, das die Juden von Wangen, Gailingen und Randegg zusammentrieb und in Lastwagen an die Bahnhöfe fuhr. Von den aus Baden in sieben Zügen der Reichsbahn deportierten 5592 Juden überlebten nur 750, 2000 wurden 1942 in die Konzentrationslager Majdanek und Auschwitz verschleppt und ermordet. Der Gau Baden sei „judenrein“, vermeldeten die NS-Täter im Herbst 1940 befriedigt; die Deportationen seien „reibungslos und ohne Zwischenfälle“ verlaufen und „von der Bevölkerung kaum wahrgenommen“ worden.
1936 keine Juden mehr in Radolfzell
Radolfzell war Ende Juli 1937 mit dem bejubelten Einzug des III. Bataillons der SS-Verfügungstruppe „Germania“ eine von wenigen SS-Garnisonsstädten des Deutschen Reichs geworden. Das im August 1938 erschienene Adressbuch wies die „Neubürger“ aus den Reihen der bewaffneten SS aus und gab folgende Übersicht über die Religionszugehörigkeit der nun rund 9000 Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt: römisch-katholisch: 6286; evangelisch: 1028; altkatholisch: 17; Israeliten: 2; sonstige: 134. Was die beiden „Israeliten“ anbelangt, war es nicht mehr auf dem neuesten Stand, denn die „Kleine Stadt am Bodensee“ (Ludwig Finckh) konnte nach der neuen Sprachregelung bereits seit November 1936 als „judenrein“ gelten. Zuletzt hatte sich das jüdische Ehepaar Lotte und Josef Bleicher unter dem Eindruck wachsender Bedrohung und antijüdischer Boykottmaßnahmen zur Flucht nach Palästina entschieden. Ihre Wohnungseinrichtung und ihr Textil- und Schuhwarengeschäft in der Schützenstraße waren zuvor durch verlustreichen Verkauf an die Nachmieter und Geschäftsnachfolger „arisiert“ worden.
In den Deportationslisten taucht Radolfzell 1940 als Abgangsort der „Wagner-Bürckel-Aktion“ dennoch auf. Ein einzelner Personeneintrag belegt die Deportation der auf ihrer „Kennkarte“ als Jüdin ausgewiesenen Alice [„Sara“] Fleischel. Sie wurde am 22. Oktober 1940 von der Gestapo zu dem am Radolfzeller Bahnhof eingefahrenen Deportationszug aus Konstanz geführt. Nach drei Tagen und vier Nächten Fahrt kam Alice Fleischel in den von SS bewachten Waggons mit schließlich 314 deportierten Juden aus Konstanz, Wangen, Gailingen und Randegg im Internierungslager Gurs am Fuß der Pyrenäen an.Alice Fleischel, geborene Rossin, wurde als Tochter jüdischer Eltern am 4. Juni 1873 in Hamburg geboren und war mit dem Berliner Verleger Eugen Fleischel (1862-1936) verheiratet. Obwohl sie 1897 zum evangelischen Glauben konvertiert war, wurden sie wie auch ihre zwei Söhne Erich (geb. 1897) und Günther (geb. 1903) auf Grundlage der Nürnberger Rassengesetze 1935 zu „Volljuden“ erklärt und als solche von den Nationalsozialisten verfolgt. Alice Fleischel, die mit ihrer Familie in Berlin gelebt hatte, entschloss sich wohl bald nach dem Tod ihres Mannes 1936 zur Flucht.Zunächst in einem Münchener Asyl untergekommen, traf sie Mitte April 1940 in Radolfzell ein und mietete sich im Bahnhofhotel „Schiff“ ein Zimmer. Dort lebte sie, laut Vermerk der Polizei zunächst nur „auf Fremdenzettel gemeldet“, zurückgezogen und ohne nähere Kontakte zur ortsansässigen Bevölkerung. Sie hatte die Absicht, über die nahe Grenze in die Schweiz und dann entweder weiter nach Südamerika oder nach Italien zu gelangen, wo ihre Schwägerin lebte. Die im Stadtarchiv überlieferte Meldekarte belegt die zum 1. Juli 1940 dann doch noch vorgenommene Anmeldung Alice Fleischels im Hotel am Bahnhofsplatz 1.
Von dort schrieb sie in den kommenden Monaten mehrere Briefe an ihren Sohn Günther ins Zuchthaus nach Hameln, wo dieser wegen angeblicher „Rassenschande“ durch Verkehr mit einer Nichtjüdin inhaftiert war. Als Teil der Häftlingsakte fand sich das Briefkonvolut im Hauptstaatsarchiv Hannover. Die Briefe geben ein bedrückendes Bild der damaligen Lebenssituation von Alice und Günther Fleischel in Hameln, München und Radolfzell, ihrer Hoffnungen und Zweifel an einer gemeinsamen Flucht nach Südamerika, ihrer existenziellen Angst. Die Briefe des Sohnes ließ Alice Fleischel hauptpostlagernd nach Konstanz schicken. Nicht alle wurden von ihr dort abgeholt, so dass auch Briefe Günther Fleischels überliefert sind. Am 26. Mai 1940 schrieb er beispielsweise besorgt an seine gesundheitlich angeschlagene Mutter nach Radolfzell: „Hoffentlich bist Du an einen Platz gekommen, wo Du bleiben kannst, und erholst dich.“ Aus München hatte sie ihm zuvor am 18. Februar 1940 geschrieben: „Ich wäre froh, wenn ich als letzte Nichtarierin hier bleiben könnte, besonders wo man mir immer wieder meine Abstammung nicht glauben will.“ Die Korrespondenz dokumentiert in eindrücklicher Weise, dass Günther Fleischel Mitte 1940 – viel zu spät und ohne Aussicht auf Erfolg – plante, zusammen mit seiner Mutter nach Brasilien oder Bolivien zu emigrieren.
Im Brief vom 18. Februar 1940 aus München äußerte Alice Fleischel noch grundsätzlichen Zweifel an dem gemeinsamen Vorhaben, „denn was sollen alle Staaten mit all den Juden anfangen!“ Schließlich erhielt Günther aber doch ihre Zusage. Mit besagtem Brief vom 26. Mai 1940 hatte er ihre Zweifel offensichtlich entkräftet: „Ich rechne damit, dass der Krieg bald beendet ist und dass dann der, der seine Auswanderung fertig hat, auch zuerst fortkommt. Man muss damit rechnen, dass vielleicht die Juden irgendwo geschlossen angesiedelt werden – da möchte ich nicht hin – Du auch nicht. Es wäre sinnlos für Dich, hier zurück zu bleiben. Du bist allein, hast keinen, der Dir wirklich nahe steht, wo Du sein könntest.“
Deportation nach Verrat
Am 24. September 1940 schickte Alice Fleischel von Radolfzell – wie auch zuvor schon zu verschiedenen Anlässen – einen kleinen Geldbetrag an ihren Sohn ins Zuchthaus nach Hameln. Dieser Brief sollte ihr letztes Lebenszeichen sein. Nach einer Denunziation bei der Radolfzeller Ortspolizei wurde Alice Fleischel am 22. Oktober 1940 im Bahnhofhotel „von der Gestapo Konstanz abtransportiert“ (Eintrag in ihrer Meldekarte). Im Lager Gurs überlebte die 67-jährige Frau zwar noch den Spätherbst und Winter, starb jedoch bereits am 26. April 1941 an den katastrophalen Lebensbedingungen des Lagers. Günther Fleischel erfuhr spät von der Deportation seiner Mutter und schrieb am 2. Februar 1941 noch aus dem Gefängnis an einen Freund: „Meine Mutter wurde plötzlich am 22. Oktober 40 mit allen Nichtariern aus Baden nach Südfrankreich an den Pyrenäen abtransportiert. Erwarte von da weitere Nachricht. Das ist die Lage.“ Am 15. Dezember 1941 wurde der am 12. Juni 1941 aus der Haft entlassene Günther Fleischel mit 1000 Hannoveraner Juden nach Riga deportiert. Von den deutschen Besatzern zum Judenältesten des Gettos bestimmt, starb er am 5. September 1943 an Krebs. Alice Fleischels älterer Sohn Erich war bereits am 4. März 1943 im Vernichtungslager Majdanek ermordet worden, wohin man ihn aus dem besetzten Frankreich deportiert hatte.An Alice Fleischel und die Deportation der badischen Juden 1940 erinnert in der Seetorstraße 2 seit 2007 ein ökumenisches Mahnmal und seit Juni 2014 ein Stolperstein.
Der Autor: Markus Wolter
Markus Wolter, geboren 1964 in Radolfzell, hat Philosophie, Geschichte und Literaturwissenschaft in Freiburg und Berlin studiert. Er lebt als freier Historiker und selbstständiger Antiquariatsbuchhändler in Freiburg. Von ihm gibt es Veröffentlichungen zur Zeitgeschichte, Orts- und Landesgeschichte und zur Geschichte des Mittelalters.
https://www.suedkurier.de/


DEPORTATION NACH FRANKREICH: Gefangen in Gurs

STAND SWR 2
13.9.2013, 19:11 UHR
In allen Städten und Dörfern in Baden, der Pfalz und dem Saarland geschah am Morgen des 22. Oktober 1940 das Gleiche: Polizisten und Gestapoleute erschienen an den Wohnungstüren der jüdischen Bevölkerung und forderten die Menschen auf, innerhalb kürzester Zeit ihre Koffer zu packen. Wohin die Reise gehen sollte, blieb völlig unklar. 50 kg Gepäck und nicht mehr als 100 Reichsmark pro Person durften mitgenommen werden. Überlegtes Packen war da nicht möglich. Die Juden wurden zu Sammelstellen gebracht und dann begann eine dreitägige Zugfahrt ins Ungewisse – wie sich später herausstellen sollte nach Gurs, einem Internierungslager in Vichy-Frankreich.
Die "Hölle von Gurs"
Dort herrschten besonders für ältere Leute und Kinder fürchterliche Bedingungen. Für viele wurde die "Hölle von Gurs" eine Zwischenstation auf dem Weg nach Auschwitz und andere Lager im Osten. Etwa 6540 Menschen wurden an diesem Tag deportiert. Nach sieben Jahren Nazidiktatur, in denen sie gedemütigt, entrechtet und ausgeraubt worden waren, verloren sie nun fast all ihr Hab und Gut und jegliche Rückzugsmöglichkeit in die eigenen vier Wände.
Ausplünderung
Ihr Vermögen wurde beschlagnahmt, Möbel und Hausrat in den Wochen und Monaten nach der Ausweisung versteigert. Kommentar des Historikers Peter Steinbach zu diesem Geschehen: "Die Deportation (..) ist bedeutsam, weil sie sichtbar macht, dass die Vertreibung und Beraubung deutscher Juden gesellschaftlich so weitgehend akzeptiert schien, dass Nachfragen aus der Bevölkerung nicht nur ausblieben, sondern ein offensichtliches Interesse an der Übernahme des Besitzes der Vertriebenen vorhanden war, das sich als Zustimmung deuten ließ. Der Staat war schon lange zum Räuber geworden. In den Wochen nach der Deportation wurden viele Deutsche zu Hehlern."
Von Angelika Schindler //
https://www.swr.de/

„Es war ein Ort, an dem alles grau war …“
Die Deportation der badischen Jüdinnen und Juden nach Gurs im Oktober 1940

 

Reihe MATERIALIEN
„Es war ein Ort, an dem alles grau war …“ – so lautet der Titel des neuen Lese- und Arbeitshefts in der Reihe MATERIALIEN über die Deportation der badischen Jüdinnen und Juden nach Gurs am 22./23. Oktober 1940. Die Publikation beleuchtet die Verfolgung und Entrechtung der jüdischen Bevölkerung seit 1933, die Ereignisse und Reaktionen auf die Deportation in das Internierungslager Gurs in Südwestfrankreich 1940 und das weitere Schicksal der Deportierten, von denen viele in den Vernichtungslagern im Osten Europas ermordet wurden.
Das neue Lese- und Arbeitsheft in der Reihe MATERIALIEN ist in enger Zusammenarbeit mit dem Förderverein Mahnmal zur Erinnerung an die nach Gurs deportierten badischen Jüdinnen und Juden in Neckarzimmern entstanden. Die Texteinheiten und Arbeitsmaterialien wurden von Jürgen Stude, dem Vorsitzenden dieses Fördervereins und des Fördervereins Ehemalige Synagoge Kippenheim e. V., und Florian Hellberg, Gymnasiallehrer für die Fächer Deutsch und Geschichte in Lahr und Landeskundebeauftragter des Regierungsbezirks Freiburg erstellt. Sie geben einen Überblick über die Geschehnisse, die in Zusammenhang mit der Deportation der badischen Jüdinnen und Juden nach Gurs stehen, und regen zur vertieften Auseinandersetzung mit den Themen Antisemitismus, Kollaboration oder Zivilcourage an. Der Fokus liegt auf der Perspektive der Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung; der Blick wird aber auch auf die Verantwortlichen für die Deportation gelenkt. Thematisiert werden auch das Gedenken und die Erinnerung an die Deportation nach Gurs seit 1945.
INHALT
Vorwort
Einführung
Texteinheiten und Lernziele
T 1 Die Situation der badischen Jüdinnen und Juden
T 2 Die Deportation der badischen Jüdinnen und Juden am 22. und 23. Oktober 1940
D 1 Didaktischer Zugang: Fotografien als Quelle
T 3 Reaktionen auf die Deportation
T 4 Die Beraubung der Deportierten
T 5 Fahrt ins Ungewisse
T 6 Die Zurückgebliebenen
D2 Didaktischer Zugang: Videografierte Zeitzeuginnen und Zeitzeugen
T 7 Das „Frankreich der Lager“ – und das Lager Gurs bis Oktober 1940
T 8 Ankunft und Leben im Lager
D 3 Didaktischer Zugang: Ideologiekritik
T 9 Deportationen in die Vernichtungslager
T 10 Die Verantwortlichen
T 11 Das Gedenken an die Deportation vom 22. und 23. Oktober 1940
Arbeitsmaterialien und Aufgaben
Inhaltsverzeichnis und Hinweise: Übersicht über die Arbeitsblätter A1 bis A11
mit Materialien, Arbeitsauf trägen und Aufgaben zu den jeweiligen Texteinheiten
A 1 bis A 11 30 bis 51
Begleitmaterial
Deportationsorte – Übersichtskarte
Historische Ereignisse der NS-Zeit, Gedenken an Gurs – Zeittafel
Das „Mahnmal zur Erinnerung an die am 22. Oktober 1940 nach Gurs deportierten badischen Jüdinnen und Juden“ in Neckarzimmern
Gedenkstätten und Erinnerungsorte in Baden-Württemberg
Gedenkstätten in Frankreich
Anhang
Adressen, Kontakte, Links
Literaturhinweise
Veröffentlichungen der LpB
HINWEIS:
Datenbank zu allen nach Gurs Deportierten
Internetangebot des Landesarchivs Baden-Württemberg in Kooperation mit vielen Partnern. Das im März 2020 begonnene Projekt soll fortlaufend aktualisiert werden und enthält Kurzbiogramme der Deportierten aus Baden, der Pfalz und dem Saarland sowie weiterführende Links, insbesondere zu den Gedenkbüchern von Kommunen und Landkreisen und zu archivalischen Quellen.
www.leo-bw.de/themen/gurs
LpB
Stuttgart 2020 , 64 Seiten
Der Artikel ist lieferbar.
Download 4,9 MB >>>
Preis: kostenlos
https://www.lpb-bw.de/publikation3510


Gurs 1940. Die Deportation der jüdischen Bevölkerung aus Baden, der Pfalz und dem Saarland

 

Am 22. Oktober 1940 wurden in Baden, dem Saargebiet und der Pfalz rund 6.500 Menschen jüdischen Glaubens von der Gestapo und Polizeibeamten in das französische Internierungslager Gurs deportiert. Anlässlich des 80. Gedenktags der Deportation hat das Landesarchiv Baden-Württemberg begonnen, eine Datenbank mit den Biogrammen der verschleppten Mitbürgerinnen und Mitbürger zu erarbeiten, um die Erinnerung an dieses Verbrechen wach zu halten. Jedes einzelnen Menschen soll in seiner Individualität und Würde gedacht werden.
Die Präsentation finden Sie hier.
Die Datenbank wird betreut durch das Generallandesarchiv Karlsruhe. Das Projekt wird in Zusammenarbeit mit der Israelitischen Religionsgemeinschaften Baden durchgeführt. Die Finanzierung erfolgt durch die Länder Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Saarland sowie die Städte, Gemeinden und den Bezirksverband Pfalz, die in der Arbeitsgemeinschaft zur Unterhaltung und Pflege des Deportiertenfriedhofs in Gurs zusammenarbeiten.
Rückfragen und Anregungen zu dem Projekt sind willkommen: glakarlsruhe@la-bw.de.
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Gurs 1940. Die Deportation der jüdischen Bevölkerung aus Baden, der Pfalz und dem Saarland

 

LEO-BW - Landeskunde entdecken online
Landeskundliches Informationssystem Baden-Württemberg
Am 22. Oktober 1940 wurden rund 6.500 Menschen jüdischen Glaubens oder Herkunft in das französische Internierungslager Gurs deportiert. Anlässlich des 80. Gedenktags 2020 stellt das Landesarchiv Baden-Württemberg eine Datenbank bereit, um die Erinnerung an dieses Verbrechen wach zu halten. Jedes einzelnen Menschen soll in seiner Individualität und Würde gedacht werden.
https://www.leo-bw.de/themenmodul/juedisches-leben-im-suedwesten/gurs

Orte der Verfolgung, Orte der Rettung

 

Das Internierungslager Gurs im militärisch unbesetzten Teil Frankreichs war nicht der einzige Ort, an den die Deportierten aus Baden, der Pfalz und dem Saargebiet verbracht wurden. Es war das größte von rund 100 Lagern, die von der französischen Regierung ab 1939 und verstärkt mit dem deutschen Angriff auf Frankreich 1940 zur Unterbringung geflüchteter Spanienkämpfer, "unerwünschter Ausländer" (darunter auch durch die NS-Machthaber bedrohte Deutsche, die vor Kriegsbeginn emigriert waren), französischer Kommunisten und Gewerkschafter und von Angehörigen ethnischer Minderheiten und sozialer Randgruppen eingerichtet worden waren. Das Lager Gurs war nicht im entferntesten vergleichbar mit den deutschen Vernichtungslagern im Osten Europas, trotz der vielen Todesfälle dort. Es war nicht ausgelegt auf die Aufnahme einer so großen Zahl deportierter Menschen aus Deutschland innerhalb weniger Tage. Die Versorgungslage war völlig unzureichend und die Sterberate vor allem unter den vielen älteren Menschen war hoch. Ein Teil der Deportierten wurde in andere Lager verlegt, insbesondere Rivesaltes (Familien mit Kindern), Noé und Récébédou (alte Menschen und Kranke). Verschiedene Hilfsorganisationen wie die amerikanischen Qäker, das Rote Kreuz, das Schweizer Kinderhilfswerk, die Cimade (Comité Inter Mouvements Auprès Des Évacués) oder die jüdische OSE (Oeuvre de secours aux enfants) versuchten, den Menschen dauerhaft zu helfen. Insbesondere wurden über 400 Kinder gerettet durch den mutigen Einsatz dieser Organisationen und engagierter Einzelner. Rund 700 Deportierte konnten legal auswandern, weiteren gelang die Flucht. Insgesamt entging rund ein Drittel der Deportierten des 22. Oktober 1940 den im August 1942 einsetzenden Abtransporten in die Vernichtungslager.
Die folgende Auflistung umfasst institutionelle Unterbringungsorte unterschiedlichen Charakters, die bei der Erstellung der Biogramme recherchiert wurden. Sie reicht vom Internierungslager über verlassene Fabrikgebäude, Lagerhäuser, Gefängnisgebäude, ehemalige Hotels bis hin zu Krankenhäusern, Kinder- und Pflegeheimen. Es sind nicht nur Orte der Verfolgung, sondern auch Orte der Rettung. Doch auch an letzteren waren die Menschen herausgerissen aus ihrer sozialen Umgebung und ihren Familien und hatten alles zurücklassen müssen. Völlige Sicherheit konnten auch die Zufluchtsorte nicht geben, wie das Beispiel des OSE-Kinderheims Izieu zeigt, aus dem 44 Kinder mit 7 Betreuerinnen im Jahr 1944 deportiert und ermordet wurden. Die Liste ist sicher nicht vollständig, sie enthält insbesondere nicht private Verstecke, und versteht sich als Annäherung.
Eine umfassende Übersicht speziell über Kinderheime und deren Verantwortliche, die in dieser Hinsicht über die unten stehende Ortsliste hinausgeht, enthält die folgende Publikation: Brigitte und Gerhard Brändle: Gerettete und ihre Retterinnen. Jüdische Kinder im Lager Gurs: Fluchthilfe tut Not – eine notwendige Erinnerung, hrsg. von der IRG Baden >>>
https://www.leo-bw.de/

Personenindex A-Z

 

Auf den folgenden Seiten finden Sie - sortiert nach Familienname - Direktverlinkungen zu den einzelnen Biogrammen der Datenbank.
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BEISPIELE:
Alexander, Emil
Geburtsdatum/-ort 11.03.1883; Adelsheim
Sterbedatum/-ort 29.12.1940[ermordet]; Gurs
Partner Landesarchiv Baden-Württemberg

Alexander, Max
Geburtsdatum/-ort 16.11.1874; Adelsheim
Sterbedatum/-ort 31.12.1942[ermordet]; Nexon (Internierungslager, Frankreich)
Beruf/Funktion
Hausierer
Partner Landesarchiv Baden-Württemberg

Alexander, Berta
Geburtsdatum/-ort 15.01.1892; Neckarzimmern
Sterbedatum/-ort 08.05.1945[für tot erklärt, ermordet]; Auschwitz
Partner Landesarchiv Baden-Württemberg

Rosenberg, Anna Karolina
Geburtsdatum/-ort 03.03.1899; Adelsheim
Sterbedatum/-ort 10.08.1942[für tot erklärt, ermordet]; Auschwitz
Partner Landesarchiv Baden-Württemberg


Einführung

Am 22. Oktober 1940, dem vorletzten Tag des Sukkot, des jüdischen Laubhüttenfestes, holten in Baden, dem Saargebiet und der Pfalz Polizeibeamte und Gestapoleute in der ersten großen Deportationsaktion deutscher Staatsbürger aus dem damaligen Deutschen Reich rund 6.500 Mitbürgerinnen und Mitbürger, die jüdischen Glaubens waren oder den Nationalsozialisten als Juden galten, aus ihren Häusern und Wohnungen.
Sie wurden von Sammelpunkten aus in tagelangen strapaziösen Zugtransporten nach Gurs im Vorland der französischen Pyrenäen verschleppt. Ausgenommen wurden nur die in sogenannter „Mischehe“ lebenden Menschen, Ausländer und Transportunfähige. Viele südwestdeutsche Juden waren bis dahin gerade noch rechtzeitig ausgewandert, um wenigstens ihr Leben zu retten. Dabei waren sie schikanösen Sonderabgaben unterworfen worden und hatten ihre Vermögenswerte, ihre berufliche Existenz, ihre sozialen Kontakte und die vertraute Heimat zurücklassen müssen, ohne an ihren Zielorten unbedingt willkommen gewesen zu sein.
Die Verbliebenen erfuhren maximal zwei bis drei Stunden im Voraus von ihrem Abtransport in das im tiefen Südwesten Frankreichs gelegene Gurs, rund 1.000 bis 1.400 Kilometer von Städten wie Freiburg, Mannheim, Wertheim oder Saarbrücken entfernt. Mitnehmen konnten sie nur Handgepäck mit dem Allernötigsten. Ihr zurückgelassenes Vermögen wurde systematisch ausgeplündert und „verwertet“, wie man damals sagte. Profiteure waren Mitbürger und Nachbarn der Deportierten, Antiquitätenhändler, Museen, Bibliotheken, Archive, Bildungs- und Wohlfahrtseinrichtungen, Dienststellen der NSDAP, Kommunen und der Staat.
Gurs gehörte damals zu dem Teil Frankreichs, der nicht von deutschen Truppen besetzt war und der Vichy-Regierung unterstand. Dort befand sich ein Lager, das ursprünglich für die Erstaufnahme und Internierung von aus Spanien geflohenen Soldaten der Republikanischen Armee eingerichtet worden war. Die Baracken waren primitiv, der Boden bei Regen aufgeweicht, es war kalt, die hygienischen Verhältnisse und die Verpflegung unzureichend. Die meisten Deportierten waren ältere Menschen, weil viele Jüngere Deutschland zuvor verlassen hatten oder von ihren Eltern ins Ausland geschickt worden waren. Außer im Hauptlager in Gurs wurden viele Menschen in den Lagern Rivesaltes (vor allem Familien und Kinder) sowie in Noé und Récébédou (vor allem Alte und Kranke) untergebracht; weitere wichtige Internierungsorte waren Les Milles und Le Vernet, hinzu kamen viele kleinere Lager, Heime und Unterkünfte.
Immerhin wurden die Deportierten durch Hilfsorganisationen so gut es ging betreut, manchen gelang eine Unterbringung außerhalb des Lagers, und nicht wenige hatten Briefkontakt zu ihren auswärtigen Angehörigen und konnten um Unterstützung bitten. Hilfswerken wie der OSE (Oeuvre de secours aux enfants) ist es zu danken, dass viele deportierte Kinder außer Landes gebracht werden konnten und überlebten, sehr oft ohne ihre Eltern und Verwandten jemals wiedergesehen zu haben. Rund 700 Deportierten gelang von Gurs aus die Auswanderung. Manchen glückte die Flucht. Für zwei Drittel der Verschleppten aber bedeutete die Deportation den Tod. Entweder starben sie an ihren Internierungsorten selbst an Entkräftung, Krankheiten und Unterversorgung oder sie wurden ab August 1942 zumeist über Drancy in die Vernichtungslager im besetzten Osteuropa verbracht und ermordet.
Nachgeborene sind nicht schuld am Tun und Unterlassen ihrer Vorfahren. Aber sie sind verantwortlich für den Umgang mit der Geschichte, für das, was aus der Vergangenheit erwächst und somit für den Geist, der ihre eigene Gegenwart prägt und die Zukunft gestaltet. Wer Stolz empfindet beim Blick auf die Leistungen der Vorfahren, muss sich auch zu den Schattenseiten bekennen.
In vielen badischen, pfälzischen und saarländischen Deportationsorten pflegt man heute aktiv das Gedenken an die verschleppten Mitbürgerinnen und Mitbürger. Viele Ehrenamtliche engagieren sich, um jedem Opfer ein Gesicht zu geben und zu verhindern, dass Menschen zu Zahlen werden. Stolpersteine wurden und werden weiterhin verlegt, Mahnmale errichtet, Gedenkveranstaltungen abgehalten. Einer Initiative des Karlsruher Oberbürgermeisters Günther Klotz von 1957 ist es zu verdanken, dass der Lagerfriedhof von Gurs nicht verwilderte und dass ein würdiger Gedenkort entstehen konnte, finanziert durch Beiträge der Kommunen und Landkreise, aus denen Jüdinnen und Juden deportiert worden waren, und durch Spenden. Unter Federführung der Stadt Karlsruhe entstand in den 1960er Jahren eine Arbeitsgemeinschaft badischer Städte, der später der Bezirksverband Pfalz beitrat, mit dem Ziel, sowohl den Gedenkort Gurs zu erhalten als auch durch aktive Vermittlungsarbeit die Erinnerung an das Deportationsgeschehen wach zu halten. Auch die staatliche Archivverwaltung Baden-Württembergs ist seit den 1960er Jahren an der aktiven Gedenkarbeit beteiligt. Im Jahr 1962 wurde aufgrund eines Landtagsbeschlusses bei der damaligen Archivdirektion Stuttgart eine Dokumentationsstelle eingerichtet, die die Schicksale der jüdischen Bürgerinnen und Bürger im heutigen Baden-Württemberg während der NS-Zeit aufklären sollte. Aus ihrer Arbeit bis 1968 erwuchs neben wissenschaftlichen Publikationen umfangreiches Dokumentationsmaterial, das heute im Hauptstaatsarchiv Stuttgart aufbewahrt wird und das auch Informationen zur Gurs-Deportation von 1940 enthält.
https://www.leo-bw.de/

Die Datenbank
Die vorliegende Datenbank des Landesarchivs Baden-Württemberg mit den Biogrammen der am 22. Oktober 1940 nach Gurs deportierten badischen, pfälzischen und saarländischen Juden entstand ab dem Frühjahr 2020 im Vorfeld des 80. Gedenktags der Deportation. Eine erste Vorschau wurde am 22. Oktober 2020 im Rahmen einer Gedenkveranstaltung der Stadt Karlsruhe der Öffentlichkeit präsentiert. Die Fertigstellung der Endversion erfolgte im November 2021. Die Datenbank entstand in Zusammenarbeit mit der Israelitischen Religionsgemeinschaften Baden in einem Projekt, das gemeinschaftlich finanziert wurde durch die Länder Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Saarland sowie die Städte, Gemeinden und den Bezirksverband Pfalz, die in der Arbeitsgemeinschaft zur Unterhaltung und Pflege des Deportiertenfriedhofs in Gurs zusammenarbeiten. Einbezogen waren die Landeszentralen für politische Bildung in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Die inhaltliche Betreuung der Datenbank, die sich wesentlich auf die Forschungsergebnisse zahlreicher ehrenamtlicher Initiativen, privater Forscher, Vereine, staatlicher und vor allem kommunaler Archive und anderer Kultureinrichtungen stützen kann, obliegt dem Generallandesarchiv Karlsruhe.
Die Datenbank versteht sich als Einstiegshilfe zu den im Internet verstreut verfügbaren biografischen Informationen über die Deportationsaktion des 22. Oktober 1940:

  • Sie will in gebündelter Form einen ersten Zugang bieten. Es ist nicht angestrebt, detaillierte Biografien aller Deportierten an dieser Stelle darzustellen, sondern auf derartige Forschungsergebnisse konzentriert zu verweisen, soweit sie frei zugänglich vorliegen. Erfasst und so weit als möglich verifiziert wurden die biografischen Grunddaten der Verschleppten, angereichert um Links und Verweisungen zu den hauptsächlichen Fundstellen.
  • Die Datenbank konzentriert sich auf die Opfer der Deportation vom 22. Oktober 1940. Sie weist somit nicht alle jene Menschen nach, die außerhalb dieser Aktion in Gurs interniert worden sind. Insbesondere sind Menschen, die bis 1940 nach Frankreich auswanderten und dann aus französischen Orten nach Gurs kamen, nicht erfasst. Noch viel weniger handelt es sich um einen Nachweis ausnahmslos aller Opfer der NS-Judenverfolgung aus Baden, dem Saargebiet und der Pfalz. So gewichtig die Bedeutung der Deportation nach Gurs vom 22. Oktober 1940 als Wegmarke hin zur fabrikmäßigen Ermordung von Millionen von Menschen in den deutschen Vernichtungslagern in Osteuropa auch gewesen sein mag: Die tatsächliche Zahl der jüdischen und aller anderen Betroffenen nationalsozialistischer Verfolgung aus Baden, der Pfalz und dem heutigen Saarland ist um ein Vielfaches höher.
  • Die Biogramme wurden unter „Zugänge“ ergänzt um digitalisierte zeitgenössische Quellen und aufbereitete Materialien (bzw. Verlinkungen auf beides) sowie um eine Übersicht über die vielen Gedenkprojekte und Initiativen auf übergreifender, regionaler und örtlicher Ebene, die wiederum weitere Quellen erschließen können. Sofern authentische Quellen und aufbereitete Materialien unmittelbar eingearbeitet wurden (also nicht nur durch Verlinkungen), wurde entweder die Zustimmung der Rechteinhaber zur Aufnahme in die Datenbank und zur Online-Präsentation eingeholt oder es handelt sich um Archivgut des Landesarchivs Baden-Württemberg; Herkunftsnachweise sind jeweils eingefügt. Das Quellenmaterial besteht überwiegend aus individuellen Lebenszeugnissen einzelner Deportierter, die primär in die jeweiligen Biogramme eingefügt wurden, aber zusätzlich unter „Zugänge“ übersichtlich zusammengestellt und inhaltlich knapp beschrieben werden, um den unmittelbaren Zugriff z.B. für schulische Zwecke zu ermöglichen. Einige dieser Dokumente wurden erst im Zuge der Arbeit an der Datenbank entdeckt und werden erstmals im Internet präsentiert.

Ausdrücklich gedankt sei allen Institutionen, Vereinen und Privatpersonen, die den Aufbau dieses Angebots durch die Bereitstellung von Informationen und Material unterstützt haben und weiterhin unterstützen. Die Datenbank lebt vom gegenseitigen Austausch und ist offen für Ergänzungen, Aktualisierungen und Korrekturen. Wir freuen uns auf Ihre Nachricht!
https://www.leo-bw.de/


Die Deportation badischer Juden nach Gurs

Tipps zur Weiterarbeit
Literatur:
Asche, Susanne/Bräunche, Ernst Otto/Müller, Karin, Juden in Baden, Karlsruhe 1990.
Brändle, Gerhard, Antisemitismus in Pforzheim 1920 - 1980. Bilder und Dokumente, Pforzheim 1980.
"… es geschah am helllichten Tag!" Die Deportation der badischen, Pfälzer und saarländischen Juden in das Lager Gurs/Pyrenäen, hg. aus Anlass der sechzigsten Wiederkehr der Deportation am 22./23. Oktober 1940 v. d. LpB Baden-Württemberg, Stuttgart 2005.
Exner-Seemann, Konrad und seine Klasse 1BKFH, Die Deportation Bruchsaler Juden in das Vernichtungslager Gurs 1940, in: Badische Heimat, Juni 2/2002, S. 364 ff.
Fliedner, Hans-Joachim, Die Judenverfolgung in Mannheim 1933-1945, Stuttgart 1971.
Keller, Volker, Mannheim - Große Merzelstr. 7, Ein Judenhaus in der NS-Zeit, in: Badische Heimat, 3/2003.
Oberrat der Israeliten Badens (Hg.), Juden in Baden 1809 - 1984, Karlsruhe 1984.
Wiehn, Erhard R. (Hg.), Oktoberdeportation 1940, 50 Jahre zum Gedenken, Konstanz 1990.
Links:
Alemannia Judaica (Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum)
Jüdische Gemeinde Pforzheim
Die Geschichte der jüdischen Gemeinden in Karlsruhe
Geschichte der Juden Badens
Jüdische Gemeinde Baden-Baden
Geschichte der Juden in Mannheim
Jüdische Geschcihte in Gailingen
Aktion Stolpersteine:
www.stolpersteine.eu
AV-Medien:
Gurs Medienpaket (Dias zum Lager Gurs), Nr. 5050001, Juden in Baden (Diareihe), Nr. 1055460, Reden über Gurs (DVD)
Institut für Bildungsanalysen
Baden-Württemberg (IBBW)
─ Landesbildungsserver ─
Heilbronner Straße 172
D-70191 Stuttgart
https://www.schule-bw.de/faecher-und-schularten/gesellschaftswissenschaftliche-und-philosophische-faecher/landeskunde-landesgeschichte/module/epochen/zeitgeschichte/ns/gurs/4service.html


Baustein
"...es geschah am helllichten Tag!"

Die Deportation der badischen, pfälzer und saarländischen Juden in das Lager Gurs/Pyrenäen
Das Internierungslager Gurs in Südfrankreich
8. Die Einrichtung des Lagers
In Frankreich werden 1939 entlang der spanischen Grenze rund 100 27 Internierungslager (Camps d’internement) eingerichtet. Anfangs werden geflüchtete Spanienkämpfer darunter französische Kommunisten interniert.28
So entsteht im April 1939 am Fuße der Pyrenäen auf einem Hochplateau 50 Kilometer von der spanischen Grenze entfernt das größte Lager: "Camp de Gurs". Den Namen erhält es durch das Nachbardorf Gurs, heute Departement Pyrénées maritimes, südlich von Pau. In den Jahren 1939 bis 1943 werden dort über 60.000 Menschen festgehalten. 29 Unter diesen Menschen sind ca. ein Drittel deutsche Flüchtlinge und die unterschiedlichsten Personengruppen: Spanienkämpfer, die nach dem Ende des spanischen Bürgerkrieges nach Frankreich geflohen sind, französische Kommunisten, politische Häftlinge, "feindliche Ausländerinnen", jüdische Flüchtlinge, Prostituierte und ethnische Minderheiten.30
https://www.lpb-bw.de/


Erhalt und Sanierung der Gräber der nach Südfrankreich deportierten Bürgerinnen und Bürger jüdischen Glaubens

Kultusministerium Baden-Württemberg
Die jüdische Bevölkerung der Städte und Gemeinden in Baden und der damaligen Saarpfalz wurde am 22. Oktober 1940 aufgefordert, sich innerhalb kürzester Zeit zur Abreise zu stellen. Die Menschen wurden mit 9 Eisenbahnzügen in den unter Kontrolle des Vichy-Regimes stehenden Teils Frankreich deportiert. Die Zugfahrt dauerte über drei Tage, zum Weitertransport wurden Lastwagen eingesetzt. Die sog. Wagner-Bürckel-Aktion, benannt nach den damaligen Gauleitern, gilt als erste systematische Deportation von Juden, insofern paradigmatisch und als Testlauf für die Deportationen in die Vernichtungslager, wie sie im Rahmen der Wannsee-Konferenz konzipiert wurden. Das Vichy-Regime war erst sehr kurzfristig über die Deportation informiert worden.  Insgesamt wurden 6.576 Personen deportiert, davon: aus Baden 5.617, aus dem heutigen Rheinland-Pfalz 825 und aus dem heutigem Saarland 145 Personen. Unter den Deportierten waren viele ältere Menschen. Viele jüngere waren zu diesem Zeitpunkt bereits vor den Nationalsozialisten geflohen. Ziel der Deportationen im Oktober 1940 war das Lager Gurs am Fuße der französischen Pyrenäen. Von dort wurden die Menschen in weitere Außenlager, wie z.B. nach Rivesaltes oder Noé oder Portet-sur-Garonne, deportiert. Viele starben geschwächt auf dem Weg in diese Lager. Die Menschen wurden jeweils vor Ort bestattet. Weitere wurden schließlich in den Vernichtungslagern Osteuropas ermordet, nur wenige überlebten.
Die drei Bundesländer Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Saarland sowie die Heimatorte der Deportierten haben sich zum Ziel gemacht, die Erinnerung an die nach Gurs Deportierten und die Gräber der in Südfrankreich Bestatteten zu erhalten. Hierzu ist ein Kuratorium eingerichtet. Operativ wird die Aufgabe vor allem durch das baden-württembergische Kultusministerium wahrgenommen. Dabei wird eng mit dem Bund und der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden sowie mit französischen Dienststellen kooperiert.
Saniert wurden unter anderem:
Gräber auf dem Friedhof von Perpignan
Gräber auf dem Friedhof von Rivesaltes und
Gräber auf dem Friedhof von Portet-sur-Garonne
Auch Arbeiten auf dem ehemaligen Lagerfriedhof von Gurs werden in diesem Kontext finanziert
Weitere Informationsangebote aus Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und dem Saarland finden Sie hier.
Materialien der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg finden Sie unter:
https://km-bw.de/,Lde/startseite/ministerium/Gurs
Lese- und Arbeitshefts: „Es war ein Ort, an dem alles grau war …“ >>>
Materialheft: Deportation nach Gurs 1940 >>>
Dossier: Geschichte Gurs in den Jahren 1939-1942 >>>


Reihe MATERIALIEN
MA Deportation nach Gurs 1940

"Ich weiß nicht, ob wir nochmals schreiben können" - Die Deportation der badischen und saarpfälzer Juden in das Internierungslager Gurs in den Pyrenäen
Der Band aus der Reihe MATERIALIEN soll dazu beitragen, das historische Geschehen vom Oktober 1940 in Erinnerung zu rufen und das Gedenken an die Opfer wach zu halten. Er beinhaltet Texte zum geschichtlichen Hintergrund sowie Quellen und Dokumente. Didaktische Hinweise sind für die Verwendung im Unterricht vorgesehen; ergänzend wird auf weiterführende Literatur sowie Ton- und Bildmedien verwiesen.
Das Heft soll Lehrende in der Schule wie in der außerschulischen Jugend- und Erwachsenenbildung unterstützen und richtet sich ebenso an alle interessierten Bürgerinnen und Bürger.
https://www.lpb-bw.de/

Judenverfolgung in der NS-Zeit am Beispiel Karlsruhes 32 52481
... sie hatten noch die Frechheit zu weinen ...

Medienpaket mit 1 Diareihe (37, sw); 1 Tonband/Kassette (42 min); 1 Videokassette (38 min,
f); 1 Kopiervorlage; 7 Zeitungsfaksimiles; 1 Beiheft „Reichskristallnacht“ in Karlsruhe.
Deportation Karlsruher Politiker ins KZ Kislau und badischer Juden ins KZ Gurs, Südfrankreich.
Standorte: Bad Säckingen, Bruchsal, Ettlingen, Freiburg, Heidelberg, Heilbronn, Karlsruhe, Kehl, Ludwigsburg, Mittelbaden, Mosbach, Nürtingen, Offenburg, Pforzheim, Wolfach.
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8.3 Das Mahnmal für die ermordeten Juden Badens in Neckarzimmern
Ein Betonband in Form eines Davidsterns ist in den Hang eingeschrieben. Es wird 137 Erinnerungssteine für die am 22.Oktober 1940 deportierten Jüdinnen und Juden Badens aufnehmen. Die Steine werden von Jugendlichen aus den Deportationsorten im Rahmen des „Ökumenischen Jugendprojektes Mahnmal“ der Erzdiözese Freiburg und der evangelischen Landeskirche in Baden geschaffen (Stand Frühjahr 2010: 81 Steine). Die Neckarzimmerer Steine erhalten jeweils ein Gegenstück, das in der Heimatgemeinde der Jugendlichen aufgestellt wird. Das Jugendprojekt ist abgeschlossen, wenn der letzte Stein gesetzt ist – das Mahnmal bleibt ein Ort des Gedenkens und eine stete Aufforderung, sich mit dem Schicksal der badischen Juden auseinander zu setzen. Das Mahnmal ist ein Projekt der Abteilung Jugendpastoral der Erzdiözese Freiburg und des Evangelischen Amts für Kinder- und Jugendarbeit der Landeskirche Baden, initiiert von „erinnern und begegnen – forum christlicher gedenkarbeit“ und dem Bund der Deutschen Katholischen Jugend, Diözesanverband Freiburg (BDKJ). Es wird vom Oberrat der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden unterstützt. Das Mahnmal setzt eine ganze Reihe von Jugendaufenthalten in Gurs fort, die im Laufe der Zeit vom Stadtjugendausschuss Karlsruhe, vom Stadtjugendring Mannheim und dem Jugendreferat des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge auch mit jüdischen Jugendlichen aus Deutschland und Israel organisiert wurden.
Neckarzimmern
Mahnmal für die deportierten Jüdinnen und Juden
Badens auf dem Gelände der Tagungsstätte der
Evangelischen Jugend
Steige 50, 74865 Neckarzimmern
www.mahnmal-projekt.de
Tel.: 06261-2555
Fax: 06261-17873
E-Mail:tagungsstaette-neckarzimmern@t-online.de
Ökumenisches Jugendprojekt Mahnmal
Evangelisches Amt für Kinder- und Jugendarbeit
Arbeitsstelle Frieden
Blumenstr. 1-7, 76137
Tel.: 0721.9175.470
Fax: 0721.9175.479
E-Mail:frieden.afkj@ekiba.de

Adelsheim-Sennfeld
Ehemalige Synagoge Sennfeld
Hauptstr. 43, 74740 Adelsheim-Sennfeld
www.alemannia-judaica.de
Kontakt: Reinhart Lochmann, Untere Eckenbergstr. 26, 74740
Adelsheim
Tel.: 0621.1408, Fax: 06291.646757,
E-Mail:r.f.lochmann@gmx.de

Buchen
Gedenkstätte Ehemalige Synagoge Buchen
Vorstadtstr. 35 (Jakob-Mayer-Platz), 74722 Buchen
www.buchen.de
Kontakt: Städt.Verkehrsamt, Platz am Bild, 74722 Buchen
Tel.: 06281.2780, Fax: 06281.2732
E-Mail: verkehrsamt-buchen@t-online.de
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Das Internierungslager Gurs

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 wurden die Juden Schritt für Schritt aus dem öffentlichen Leben verbannt und ihrer Rechte und Existenzgrundlagen beraubt. Die antisemitische Politik setzte gezielt auf Ausgrenzung und Verdrängung der jüdischen Staatsbürger aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Öffentlichkeit. Mit dem Novemberpogrom 1938 begann für die jüdische Bevölkerung die Eskalierung der Gewalt, die Beraubung ihres Eigentums und die Vertreibung aus ihrer Heimat. Wer nicht rechtzeitig auswandern oder im Untergrund abtauchen konnte, war der Deportation und der Inhaftierung in Lagern ausgeliefert. Mit der gewaltsamen Verschleppung am 22./23. Oktober 1940 setzte für die Juden in Baden, dem Saarland und der Pfalz die letzte Stufe des Prozesses der Judenverfolgung ein, die für die meisten der Deportierten mit der systematischen Ermordung in den Vernichtungslagern im Osten enden sollte.
Die Deportation
Deportation der Juden aus Lörrach 22-10-1940
Am Morgen des 22. Oktober 1940 wurden die Juden in Baden von Polizeibeamten festgenommen und mit Bussen oder Lastwagen zu Sammelstellen transportiert. Die Aufnahme zeigt Lörracher Juden, die mit Koffern und Kleiderbündeln beladen aus der Sammelstelle in der Schule im Zentrum Lörrachs kommen, wo man sie eben leibesvisitiert und ihr Gepäck durchsucht hatte. Eine relativ große Zahl von Anwohnern, aber auch Jugendliche und Halbwüchsige im Hof der Schule und an den Fenstern, begaffen neugierig das Geschehen. Abb.: © Stadtarchiv Lörrach (StaLö2.29.19-wz)
Am frühen Morgen des 22. und 23. Oktober 1940 endete das jahrtausendalte jüdische Leben in Südwestdeutschland - rund 6.500 badische, pfälzische und saarländische Juden wurden von den Nationalsozialisten in der ersten großen Deportationsaktion des damaligen Deutschen Reiches festgenommen, in Bussen oder Lastwagen zu Sammelstellen gebracht und in Züge verfrachtet. Selbst die Menschen in den Altenheimen blieben nicht verschont. Es war eine unter strengster Geheimhaltung von der Gestapo und den notwendigen Regierungsstellen geplante Aktion, die von den Gauleitern Josef Bürckel (Saar/Pfalz) und Robert Wagner (Baden) angeordnet worden war und gezielt am vorletzten Tag der Feiertagswoche des jüdischen Laubhüttenfestes "Sukkot" stattfand. Die überraschten Opfer mussten in kürzester Zeit einige wenige Habseligkeiten packen und durften lediglich mitnehmen, was sie tragen konnten. Einige von ihnen nahmen sich aus Verzweiflung das Leben. Unter den Augen der Öffentlichkeit wurden die jüdischen Männer, Frauen und Kinder - alt und jung - auf öffentlichen Plätzen gesammelt und dann mit Lastwagen und Busse an die Bahnhöfe gebracht, völlig ahnungslos wohin sie gebracht werden würden. Nur wenige in "Mischehe" lebende oder transportunfähige Juden durften in Baden verbleiben. Stolz meldete der für Baden zuständige Gauleiter Robert Wagner am Abend nach Berlin, dass sein Gau als erster Gau im Reich "judenfrei" sei. Das Eigentum und der Hausrat der Deportierten wurde wenig später auf öffentlichen Versteigerungen günstig der Bevölkerung angeboten.
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Sammelstelle:
Ungewiss über ihr weiteres Schicksal warten die Lörracher Juden auf die Lastwagen, die sie zum Freiburger Bahnhof zur Deportation bringen sollen. Ein Offizier der Ordnungspolizei (3.v.re.) erteilt Anweisungen.
(2.v.re. Gestapo, re. Ordnungspolizeibeamter)
Abb.: © Stadtarchiv Lörrach (StaLö2.29.13-wz)
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Abtransport:
Die Deportation geschieht in aller Öffentlichkeit. Hier verlässt das letzte Transportfahrzeug vor mindestens einhundert Zuschauern die Sammelstelle, um die festgenommenen Lörracher Juden zum Freiburger Bahnhof zur Deportation zu bringen.
Abb.: © Stadtarchiv Lörrach (StaLö2.29.25-wz)
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Öffentliche Versteigerung:
Nur einige Wochen nach der Verschleppung der jüdischen Mitbürger finden in ihren Wohnungen und Häusern öffentliche Versteigerungen ihres Privateigentums statt. Wie hier in der Lörracher Grabenstraße 15 herrscht großer Andrang einer heiteren Menschenmenge auf Schnäppchenjagd.
Abb.: © Stadtarchiv Lörrach (StaLö2.43.4-wz) undatiert, wohl Nov. 1940
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Versteigerungsauktionen:
Während die Lörracher Juden unter den katastrophalen Zuständen im Lager Gurs leiden und sterben, scheint ihr Schicksal und die Unrechtmäßigkeit der Aneignung ihres Hab und Guts die Teilnehmer der Versteigerungsauktionen kaum zu berühren. Ein Beamter, vermutlich der Lörracher Ordnungspolizei, bei der Durchführung der Auktion im Winter 1940/41.
Abb.: © Stadtarchiv Lörrach (StaLö2.43.11-wz) undatiert
(Die im Lörracher Stadtarchiv entdeckte Serie von Originalnegativen zeigen, dass die Deportationen in Baden in aller Öffentlichkeit geschehen und die nachfolgenden Versteigerungen mit Beteiligung der Öffentlichkeit stattfinden. Der Lörracher Kriminalbeamte Kühner hat die Aktionen in Lörrach fotografisch festgehalten.)
Vier Tage und drei Nächte rollten sieben Eisenbahnzüge aus Baden und zwei Züge aus der Pfalz mit den Deportierten in das Gebiet der zuvor nicht drüber informierten und mit den Nationalsozialisten kollaborierenden französischen Vichy-Regierung, bis sie schließlich über Avignon und Toulouse nach Oloron-Sainte-Marie am Fuße der Pyrenäen gelangten. Einige ältere Menschen starben bereits unterwegs unter den Strapazen der Verschleppung. Im Regen wurden die Vertriebenen auf Lastwagen verladen und in das französische Internierungslager Gurs gebracht, das völlig unvorbereitet auf die rund 6.500 neu ankommenden Deportierten war.
Landkreis Buchen: 115 Personen aus 22 Orten (Buchen, Adelsheim, Bödigheim, Eberstadt, Großeicholzheim, Hainstadt, Hardheim, Kleineicholzheim, Merchingen, Sennfeld, Sindolsheim, Walldürn)
Landkreis Mosbach: 57 Personen aus acht Orten (Mosbach, Binau, Billigheim, Heinsheim, Neckarzimmern, Stein, Strümpfelbrunn, Zwingenberg)
https://irg-baden.de/

Wagner-Bürckel-Aktion

Als Wagner-Bürckel-Aktion bezeichnet man die Deportation von über 6500 Juden aus Baden und der Saarpfalz in das französische Internierungslager Gurs am 22. und 23. Oktober 1940. Sie ist benannt nach Robert Wagner und Josef Bürckel, die zum Zeitpunkt der Aktion „Chefs der Zivilverwaltung“ (CdZ) der Gebiete Elsass und Lothringen waren.
https://de.wikipedia.org/

Badische Herkunftsgemeinden
Auf Grundlage der von der Badischen Landesbibliothek veröffentlichten Transportlisten wurden am 22. Oktober 1940 Juden aus folgenden badischen Städten und Landkreisen deportiert:[28]
Landkreis Buchen 115 Personen aus 22 Orten (Buchen, Adelsheim, Bödigheim, Eberstadt, Großeicholzheim, Hainstadt, Hardheim, Kleineicholzheim, Merchingen, Sennfeld, Sindolsheim, Walldürn)
Landkreis Mosbach 57 Personen aus 8 Orten (Mosbach, Binau, Billigheim, Heinsheim, Neckarzimmern, Stein, Strümpfelbrunn, Zwingenberg)
https://de.wikipedia.org/

Wagner-Bürckel-Aktion 

Am 22. Oktober 1940 wurden innerhalb weniger Stunden über 6538 badische, pfälzische und saarländische jüdische Bürger*innen verhaftet und dann in das französische Internierungslager "Camp de Gurs" deportiert. Die Verantwortlichkeit dieser systematischen Deportation mit dem Ziel, die südwestdeutschen Gebiete "judenfrei" zu machen, wird kontrovers diskutiert.
Die NSDAP-Gauleiter Josef Bürckel (Pfalz) und Robert Wagner (Baden), die auch Chefs der Zivilverwaltungen in Lothringen und im Elsass waren, hatten in ihrer Funktion weitreichende Kompetenzen.
Es ist allerdings umstritten, ob die Gauleiter Bürckel und Wagner die alleinigen Initiatoren dieser „Aktion“ waren; sie handelten aber sicherlich im Einverständnis mit Hitler, mit dem Reichsführer-SS Himmler und mit Heydrich, dem Chef der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes. Große organisatorische Anteile hatte zudem das Reichssicherheitshauptamt mit Adolf Eichmann. Ebenso ist ungeklärt, ob die beiden Gauleiter gleichermaßen beteiligt waren oder ob die Initiative zur Deportation allein von Josef Bürckel ausging und sie daher eher "Bürckel-Aktion" genannt werden sollte.
https://www.ph-heidelberg.de/


80 Jahre „Wagner-Bürckel-Aktion“

 

Ein Text von Celina Grasse
Am 22. Oktober 2020 jährt sich zum 80. Mal die sogenannte „Wagner-Bürckel-Aktion“, bei der über 6500 jüdische Mitbürger_innen aus den ehemaligen Gauen Baden und der Saarpfalz in das französische Lager „Gurs“ deportiert wurden.
Das Internierungslager Gurs, gelegen am Rande der Pyrenäen, wurde 1939 für politische Flüchtlinge aus Spanien und ehemaligen Kämpfer des spanischen Bürgerkrieges errichtet.  Im Frühjahr 1940 hatte die französische Vichy-Regierung mehrere tausend nach Frankreich emigrierter österreichischer und deutscher Juden interniert, die als „feindliche Ausländer“ angesehen wurden. Das Internierungslager Gurs war für viele nur eine Zwischenstation in die Vernichtungslager im Osten.
Die „Wagner-Bürckel-Aktion“ war eine systematische und akribische geplante und durchgeführte Aktion des badischen Gauleiters Robert Wagner und des saarpfälzischen Gauleiters Joseph Bürckel. Am 23. Oktober meldete Wagner nach Berlin, sein Gau sei als erster Gau des Reiches „judenrein“.
Am frühen Morgen des 22. Okt. 1940 wurden alle „transportfähigen Volljuden“ in ihren Wohnungen festgenommen und zu den Sammelstellen gebracht. Sie durften nur das nötigste mitnehmen: 1 Koffer, 1 Wolldecke, etwas Verpflegung, Ess- und Trinkgeschirr und bis zu 100 Reichsmark. Aus dem Saargebiet wurden insgesamt 134 Personen deportiert, davon stammten 8 aus dem heutigen St. Wendler Landkreis. Aus St. Wendel: Erna Berl (Transport No. 17) und Alice, Eduard und Tochter Else Reinheimer (Transport No. 31). Aus Tholey: das Ehepaar Jakob und Johanna Lion sowie das Ehepaar Moses und Berta Isak.
Die Gurs-Deportationen bedeuteten das Ende der jüdischen Gemeinden in der Saarregion, der Pfalz und Baden. Seit 1933 haben tausende jüdische Mitbürger ihre Heimat verlassen. Sie sind in größere Städte geflüchtet oder ins Ausland emigriert. Viele Internierte starben in den ersten Tagen, Wochen und Monaten auf Grund der katastrophalen Lebensbedingungen, zahlreiche Andere wurde in die Lager im Osten verlegt und fanden dort den Tod.  Nur einige wenige konnten fliehen und emigrierten oder überlebten versteckt in Südfrankreich.
Im Rahmen ihrer am 9. September 2019 unterzeichneten Ländervereinbarung zum „Gedenken an die nach Frankreich deportierten Juden aus dem ehemaligen Baden und der ehemaligen Saarpfalz“ haben die Bundesländer Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Saarland beschlossen, bei der Weiterentwicklung der Gedenkstätten­ und Erinnerungsarbeit intensiver zusammenzuarbeiten. Die Bildungs- und Gedenkstätte „Haus der Wannseekonferenz“ wurde damit beauftragt, anlässlich des anstehenden 80. Jahrestages der Deportationen eine Ausstellung zu entwerfen. Diese stellt die Hintergründe und den Verlauf der Deportationen sowie die Schicksale der Opfer, den Alltag im Lager und die Geschichte nach 1945 dar. Die mobile Ausstellung wird im Frühjahr fertiggestellt und kann ausgeliehen werden.
#GURS1940
https://adolfbender.de/


HOLOCAUST-GEDENKEN
Vor 80 Jahren: Beginn der Deportation von Juden

Erinnern an die Todestransporte der Nazis. Vor 80 Jahren wurden die ersten Juden vom Gleis 17 in Berlin in den Tod getrieben. Ein Holocaust-Überlebender und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier warnen.
Datum 18.10.2021
Autorin/Autor Volker Witting
Frank-Walter Steinmeier legt an diesem sonnigen Herbsttag am Gleis 17 in Berlin eine weiße Rose nieder. Für Hoffnung und gegen das Vergessen an die Millionen Opfer der Nazi-Schreckensherrschaft. Genau vor 80 Jahren deportierten die Nazis von diesem Bahnhof in Berlin-Grunewald aus die ersten Juden in die Ungewissheit, die Entrechtung, ins Leid, den Tod.
Schon seit einem Jahrzehnt wird an jedem 18. Oktober am Gleis 17 der Opfer gedacht: "Damit sie damit aber nicht endgültig vergessen sind, damit ihr Schicksal vielmehr erinnert wird, das Leiden und Sterben der Opfer genauso wie die Untaten der Henker und ihrer Helfer, dafür haben wir Zeiten und Orte, so wie diesen Tag heute und diesen Ort hier", sagt der Bundespräsident.
Familie Michalski mit Bundespräsident Steinmeier
Die Zeitzeugen Franz und Petra Michalski werden von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier begrüßt
In der ersten Reihe sitzen Franz und Petra Michalski; ganz in schwarz. Seit Jahren lassen sie diesen Gedenktag nicht mehr aus. Sie sind Ehrengäste, Zeitzeugen, Opfer der Schoah. "An diesem Tag denken wir an Freunde und Verwandte. Menschen die wir kannten, die noch fliehen konnten oder abtransportiert wurden. Und auch an die, die sich vorher das Leben genommen haben", sagt Petra Michalski. Da spricht sie auch für ihren Mann, den 87-jährigen Franz Michalski, der wegen eines Schlaganfalls nicht mehr so gut reden kann. Er entkam in letzter Minute als Junge nur knapp den Nazischergen und damit dem sicheren Tod.
Im Viehtransporter ins KZ
Die systematische Deportation von Juden aus Deutschland in den Osten begann im Herbst 1941. Also noch Monate vor der Wannseekonferenz, bei der der systematische Mord an Juden akribisch und kaltblütig durchgeplant wurde.
In den amtlichen Dokumenten der Nazis zu den Deportation ist euphemistisch von "ausgesiedelt", "evakuiert" oder "abbefördert" die Rede. In Wahrheit wurden die Menschen von der Deutschen Reichsbahn in den Tod befördert, in die Ghettos, Arbeits- und Konzentrationslager der Nazis. Zunächst wurden sie in ausrangierten Wagen der Reichsbahn transportiert; später in völlig überfüllten Viehtransportern.
Auschwitz-Birkenau 1944 Ankunft Juden
In überfüllten Zügen wurden Juden in die Konzentrationslager transportiert - wie hier 1944 nach Auschwitz-Birkenau
Der erste Transport von Berlin aus verließ am 18.Oktober 1941 den Bahnhof-Grunewald; vom Gleis 17. 1089 Kinder, Frauen und Männer wurden von dort aus nach Litzmannstadt (polnisch: Lodz) verschleppt. Am Ende des Naziterrors waren es mehr als 50.000 Juden, die von drei Bahnhöfen aus in Berlin "verladen" und zu Opfern der Nazi-Schreckensherrschaft wurden.
"Das darf nie wieder passieren"
Er ist schon so etwas wie eine Zeitzeugen-Institution. Franz Michalski hat die Schoah überlebt, die Flucht vor den Nazis. So lange er es noch kann, will er von seinen Erlebnissen berichten. In Schulen, bei Konferenzen, in Interviews. Die Deutsche Welle trifft das Ehepaar in ihrer Wohnung in Berlin-Friedenau. Ehefrau Petra übernimmt das Sprechen.
Franz Michalski ist Sohn einer jüdischen Mutter und eines katholischen Vaters. Seine Mutter Lilli konvertiert noch vor der Ehe zum katholischen Glauben. Dennoch; als Sohn Franz 1934 in Breslau zur Welt kommt, ist er - nach der zynischen Rassenlehre der Nazis - ein Kind aus einer "Mischehe".
Die Familie ist wohlhabend. Schon bald werden sie jedoch immer häufiger Opfer von Diskriminierungen: bei der Arbeit, in Geschäften, im Kindergarten. Und dann, genau am Tag des zehnten Geburtstages von Franz Michalski, steht die Geheime Staatspolizei (Gestapo) der Nazis vor der Tür, will die Familie festnehmen und deportieren. In letzter Minuten gelingt ihnen die Flucht. Es ist der Beginn einer langen Odyssee durch Tschechien, Österreich, Sachsen bis nach Berlin, die die Familie mit Glück und vielen Helfern überlebt.
Die stillen Helfer und Helden
Während des Interviews springt Franz Michalski plötzlich auf. Er zieht ein Büchlein aus dem Regal, das er selbst geschrieben hat. Über seine Geschichte, sein Überleben: "Als die Gestapo an der Haustür klingelte." Schnell schlägt er Seite 89 auf. Viel wichtiger, als über sein Buch zu sprechen, ist ihm die Liste auf dieser Seite. Darüber steht: "Meine Stillen Helden". Sechs Namen, die er nie vergessen wird. Sechs Menschen, die ihm und seiner Familie auf der Flucht das Leben gerettet haben.
Schoah Zeitzeugen l Ehepaar Franz und Petra Michalski
Franz und Petra Michalski - Kämpfer gegen das Vergessen
Darunter Erna Scharf, das Kindermädchen der Michalskis. Sie nimmt zeitweise Franz und seinen Bruder zuhause auf. Gerda Mez, Arbeitskollegin von Michalskis Vater, organsiert klandestin immer wieder Reisen für die Familie. Ein Polizist gibt ihnen den Hinweis, dass die Gestapo bald die Wohnung stürmen wird. Ihm haben die Michalskis zu verdanken, dass sie gerade noch rechtzeitig flüchten können.
2012 wurden Erna Scharf und Gerda Mez posthum als "Gerechte unter den Völkern" von der Jerusalemer Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem ausgezeichnet. Dafür hat auch Franz Michalski gesorgt. "Man muss nicht studiert haben. Man muss Herzenswärme haben. Man muss Menschenliebe haben. Und man muss schlau sein, dann kann man anderen helfen. Das haben unsere Helfer gemacht. Auch deshalb gehört für uns der Gang zum Gleis 17 einfach dazu, um an die stillen Helfer zu erinnern", sagt Petra Michalski, die genau weiß, wie wichtig die Helfer ihrem Mann sind.
Warnung und Mahnung
"Wir wollen gegen den Antisemitismus aufstehen", sagen die Michalskis. Und berichten dann von einem ihrer Enkel, der vor vier Jahren Opfer eines antisemitischen Angriffs wurde. Der damals 14-Jährige wurde stranguliert und geschlagen; eine Scheinhinrichtung inszeniert. Alles nur wegen seines jüdischen Glaubens. Der Fall machte international Schlagzeilen.
Foto von Hannah Goslar-Pick,(Martin Schoeller, NY/Foto: DW/H. Mund)
"SURVIVORS": GESICHTER WIE SEELENLANDSCHAFTEN
Hannah Goslar-Pick, Jg. 1928
Hannah wurde 1928 in Berlin geboren. Nachdem die Anfeindungen gegen Juden und die öffentlichen Repressalien in Nazi-Deutschland unerträglich wurden, zog ihre Familie in die Niederlande, nach Amsterdam. Aber auch dort konnten sie der Judenverfolgung nicht entkommen. Sie wurde verhaftet und ins Durchgangslager Westerbork abtransportiert. Von dort deportierte sie die SS ins KZ Bergen-Belsen.
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Auch wegen solcher Fälle warnt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Gleis 17 eindringlich: "Nie wieder darf Antisemitismus einen Platz in unserer Gesellschaft haben. Nie wieder dürfen antisemitisches Denken und Handeln ohne Widerspruch und öffentliche Reaktionen bleiben."
"Es passiert immer wieder!"
Die rüstigen und lebensfrohen Michalskis haben solche oder ähnliche Worte schon häufig bei Ansprachen dieser Art gehört. Und sie haben genau verfolgt, dass sich in den letzten Monaten und Jahren die Zahl der antisemitischen Angriffe gehäuft haben. Mit einem Hauch von Resignation merken sie an: "Das (Diskriminierung und Naziterror) soll nie wieder passieren, woran wir aber nicht glauben. Denn seitdem es die Menschheit gibt, passiert es immer wieder!"
https://www.dw.com/de/

SIEHE AUCH Anträge an das AMTSGERICHT MOSBACH:


Siehe dazu auch:

  • HISTORISCHES: Judenverfolgung in Mosbach >>>
  • HISTORISCHES: Judendeportationen in Mosbach >>>
  • AKTUELLES: Holocaust und Nazi-KZ-Überlebende >>>
  • AKTUELLES: Judenverfolgung und Antisemitismus >>>

3. YouTube-Videos zu den Deportationen der badischen Juden

29.04.2021 - „1319 km – von Neustadt nach Gurs“. Ein Film von Martin Mannweiler

BVPfalz
Präsentiert von der Gedenkstätte für NS-Opfer in Neustadt.
Der nachhaltig vom Bezirksverband Pfalz geförderte Film „1319 km – von Neustadt nach Gurs“ von Martin Mannweiler folgt den Spuren der am 22. Oktober 1940 im Rahmen der Deportation der badischen und pfälzischen Juden von Neustadt a. d. Weinstraße in das 1319 km entfernte südfranzösische Internierungslager Gurs verschleppten Menschen.
Eindrückliche Aufnahmen zeigen das heutige Erscheinungsbild des ehemaligen Internierungslagers und des Deportiertenfriedhofes in Gurs. Die Zeitzeugin Margot Wicki-Schwarzschild (1931-2020), die als Neunjährige zusammen mit ihrer zwei Jahre älteren Schwester Hannelore und ihren Eltern die Verschleppung aus ihrer Heimatstadt Kaiserslautern erleben musste, schildert die schlimmen Verhältnisse, unter denen die Menschen in Gurs zu leiden hatten und in denen sie ihr Dasein fristen mussten.
Der Film erzählt zudem vom menschenverachtenden Gebaren der „braunen Machthaber“, die das pfälzischen Provinzstädtchen Neustadt zu ihrer Gauhauptstadt machten und dort bereits im März 1933 in einer Militärkaserne ein frühes Konzentrationslager schufen sowie später eine Gestapo-Zentrale einrichteten.
Ferner berichtet der Film von Projekten und Zielen der intensiven wie nachhaltigen Gedenk-, Erinnerungs- und Demokratiebildungsarbeit, welche die Mitarbeiter*innen der Gedenkstätte für NS-Opfer in Neustadt mit Schüler*innen im Schatten des Hambacher Schlosses, eines der Demokratie- und Freiheitssymbole Deutschlands, mit großem Engagement unermüdlich durchführen und verfolgen.
Er entstand aus Anlass des 80. Jahrestages der Oktoberdeportation 1940 nach Gurs.
https://www.youtube.com/watch?v=lsGm3IzZ_rk

 


23.07.2021 - Gurs 1940. Die Deportation und Ermordung von südwestdeutschen Jüdinnen und Juden.

Stadt Karlsruhe
Stadtmuseum im Prinz-Max-Palais
9. April bis 3. Oktober 2021
Künstlerische Auseinandersetzung mit der Deportation nach Gurs 1940: Ein Schulprojekt der Katholischen Fachschule für Sozialpädagogik  Agneshaus Karlsruhe - zu sehen in der Ausstellung.
Weitere Informationen: www.karlsruhe.de/stadtmuseum
https://www.youtube.com/watch?v=Vc-pSD6HAF8

 


12.11.2021 - GURS 1940. Die Deportation der jüdischen Bevölkerung aus Baden, der Pfalz und dem Saarland

Stadt Karlsruhe 
Das Landesarchiv Baden-Württemberg hat eine Datenbank zur Deportation der badischen, pfälzischen und saarländischen Juden nach Gurs am 22. Oktober 1940 erstellt. Sie führt erstmals die Biogramme der ca. 6500 Deportierten zusammen und verknüpft sie mit archivalischen Quellen. Sie baut auf den Forschungsergebnissen kommunaler und zivilgesellschaftlicher Initiativen auf. Der Livestream zeigt die Freischaltung der Datenbank im Generallandesarchiv Karlsruhe.
https://www.youtube.com/watch?v=u4AYzy18dzE

 


08.06.2021 - In Memoriam Margot Wicki-Schwarzschild (1931-2020) - Bericht einer Zeitzeugin

BVPfalz
In dem Zeitzeugenbericht aus dem Jahr 2008 berichtet Margot Wicki-Schwarzschild, wie sie als Neunjährige Margot Wicki-Schwarzschild die Verschleppung und Deportation ihrer Familie von Kaiserslautern nach Gurs erlebte. Anlässlich einer Gedenkreise mit Jugendlichen nach Gurs berichtet sie, unter welch dramatischen Umständen ihr das Überleben mit ihrer Mutter Luise und ihrer älteren Schwester Hannelore gelang und wie sie die Deportation ihres Vater Richard vom südfranzösischen Lager Rivesaltes miterleben musste. Während sie mit ihrer Mutter und Schwester 1946 nach Kaiserslautern zurückkehrte, wurde ihr Vater in Auschwitz ermordet.
Detailliert schildert sie Stationen der Leidensgeschichte ihrer Familie und beschreibt die Not, die die Schwarzschilds zusammen mit ihren Schicksalsgenoss*innen durchleben mussten. Sie berichtet aber auch von Menschen, die versuchten, den Notleidenden zu helfen und deren Lage zu lindern. Einem solchen Akt von tatkräftigem Einsatz und Solidarität sollten die drei Schwarzschild-Frauen schließlich ihr Überleben verdanken.
Der Film ist Teil des Video-Projekts „Deportiert und vergessen? Camp de Gurs - eine Spurensuche“. Dies entstand im Jahr 2008 im Rahmen einer Gedenkfahrt des Bezirksverbands Pfalz  mit Jugendlichen nach Gurs: Schüler*innen des Kurfürst-Ruprecht-Gymnasiums Neustadt haben auf der Gedenkfahrt Begegnungen mit verschiedenen Zeitzeugen dokumentiert – unter anderem das vorliegende Gespräch mit Margot Wicki-Schwarzschild am 3. Mai 2008 im Rathaus von Oloron-Sainte Marie.
Die Jugendlichen wollten das Schicksal einzelner Deportierter nachvollziehbar machen, und haben aus 15 Stunden Video-Rohmaterial kürzere Zusammenschnitte erstellt.
Ein Teil dieser Dokumentationen ist auch als DVD inkludiert in unseren Unterrichtsmaterialien „Die Pfalz im Nationalsozialismus“, erhältlich im Shop des Bezirksverbands Pfalz unter:
www.bv-pfalz.de/shop
Dieser Film ist Teil des Begleitprogrammes zur Ausstellung "Gurs 1940. Die Deportation und Ermordung südwestdeutscher Jüdinnen und Juden".
Diese ist 2021 - 2023 an verschiedenen Orten in der Pfalz zu sehen.
Mehr zu Orten und Inhalten der Ausstellung auf:
www.bv-pfalz.de/gedenken-erinnern/80-jahre-gurs/

https://www.youtube.com/watch?v=hPbDg13Q8rQ

 


03.11.2022 - Gurs 1940 - Ausstellung in der Villa Böhm - Vortrag von Roland Paul

OK Weinstraße
Die Ausstellung „Gurs 1940. Die Deportation und Ermordung von südwestdeutschen Jüdinnen und Juden“ ist vom 21. Oktober bis 13. November im Obergeschoss im Stadtmuseum Villa Böhm in Neustadt an der Weinstraße, Maximilianstraße 25/Villenstraße 16b, zu sehen. Eröffnet wird die Schau am Donnerstag, 20. Oktober, um 19 Uhr, mit einem Vortrag von Roland Paul von der Arbeitsstelle „Geschichte der Juden in der Pfalz“ des Instituts für pfälzische Geschichte und Volkskunde, der rund ein Viertel der Ausstellung, spezifisch zum Schicksal pfälzischer Jüdinnen und Juden, kuratiert hat.
https://www.youtube.com/watch?v=oggp0YSUuuM

 


14.10.2019- Deportation von Bruchsal nach Gurs

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Am 22. Oktober 1940 wurden im Rahmen der Wagner-Bürckel-Aktion über 6500 Juden aus Baden und der Saarpfalz in das französische Internierungslager Gurs deportiert, darunter ca. 90 jüdische Mitbürger aus Bruchsal. Fast zwei Drittel der Bruchsaler waren älter als 50 Jahre, etliche davon im Alter zwischen 70 und 82 Jahren.  Durch die schlechte Versorgungssituation, die katastrophalen hygienischen Zustände, Regen und Kälte starben viele Deportierte bald nach ihrer Ankunft in Gurs. Ein Großteil der Deportierten wurde später nach Auschwitz verschleppt und dort ermordet.
"Dauer der Fahrt 4 Tage und 3 Nächte"
"Morgens 7.00 Uhr Gestapo bei uns mit Asweisung aus Deutschland. 1/2 11 Uhr Abholung durch Polizei-Lastwagen zum Bahnhof zum bereitgestellten Sonderzug. Abends 6.15 Uhr Abfahrt aus Heidelberg. Fahrt: Heidelberg, Bruchsal, Karlsruhe, Freiburg, Mülhausen (Frankreich), Belfort, Dijon, Lyon (unbesetztes Gebiet) Avignon, Sete (Mittelmeer), Carcassonne, Toulouse (Verpflegung durch französische Armee nach Bezahlung), Pau, Oloron. Umladen in Lastwagen nach Camp de Gurs. Dauer der Fahrt 4 Tage und 3 Nächte." Hans Bernd Oppenheimer aus Heidelberg
https://www.youtube.com/watch?v=5kYk1Q0LcTI

 


16.01.2018 - Fahrt nach Gurs – Vier Jugendliche auf Spurensuche

Stadtjugendausschuss e.V. Karlsruhe 
Im Rahmen des 70. Jahrestages zum Gedenkens an die Deportation zahlreicher jüdischen Menschen aus Karlsruhe während des Nationalsozialismus hat der Stadtjugendausschuss e. V. 2010 das Projekt GURS durchgeführt. Das Camp de Gurs liegt in den französischen Pyrenäen und wurde von den Nationalsozialisten als Konzentrationslager genutzt. Mehrere badische Städte haben sich zusammengeschlossen und pflegen die dortige Erinnerungsstätte.

Ziel war es mit Hilfe von Karlsruher Schülern und Schülerinnen den Leidensweg der Menschen anhand der Zugfahrt von Karlsruhe nach GURS nachzuzeichnen. Für die Beteiligten Schüler und Schülerinnen war es eine sehr eindrucksvolle Erfahrung, die sie in einem sehr bewegenden und prämierten Film dokumentierten. Begleitet wurde das Projekt von einem Fernsehteam des SWR.
Projektleitung: Anna Schreier (jubez Medienwerkstatt)
https://www.youtube.com/watch?v=Cx49gdeuv5E

 



Siehe auch:

 


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