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HISTORISCHES & AKTUELLES:
Kriegsende und
Endphasenverbrechen (Todesmärsche)
in Mosbach - Baden, Neckar-Odenwaldkreis
Zuletzt AKTUALISIERT am 06.06.2025 !
Seiteninhalt:
- NS-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach
- Online-Artikel zum Kriegsende und zu Endphasenverbrechen, u.a. in Mosbach - Baden
1. NS-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach
Amtsgericht Mosbach | NS- und Rechtsextremismus-Verfahren bei der Mosbacher Justiz: |
Nach Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg mit Beschluss vom 15.12.2022 - 6 S 1420/22 - unterliegt der Nationalsozialismus nicht der grundrechtlich geschützten Weltanschauungsfreiheit gemäß Art. 4 Abs. 1 GG.
Das Amtsgericht Mosbach hat jedoch seit dem 03.06.2022 eine gemäß § 158 StPO ordnungsgemäße Eingangsbestätigung mit den Benennungen der Konkreten Eingabedaten, der Konkreten Sachverhaltsbenennungen mit einer kurzen Zusammenfassung der Angaben zu Tatzeit, Tatort und angezeigter Tat, insbesondere zu beantragten NS- und Rechtsextremismusverfahren, bisher ausdrücklich und EXPLIZIT versagt und NICHT ausgestellt.
Auch für die beim Amtsgericht Mosbach beantragten Wiederaufnahmeverfahren und gerichtlichen Prüfungen in NS- und Rechtsextremismus-Angelegenheiten verweigert das Amtsgericht Mosbach ordnungsgemäße Eingangs- und Weiterbearbeitungsbestätigungen mit konkreten Sachverhaltsbenennungen.
Siehe dazu auch Umgang des Amtsgerichts Mosbach mit NS- und Rechtsextremismusverfahren >>>
Expertise der Forensischen Sachverständigen MA Antje C. Wieck aus Kitzingen zur Aufarbeitung von NS-Verbrechen und NS-Unrecht in der NS-Vergangenheitsbewältigung
Die HIER fallverantwortliche Richterin beim Amtsgericht Mosbach Marina Hess verfügt HIER unter 6F 9/22 und 6F 202/21 am 17.08.2022 EXPLIZIT, dass die gerichtlich beauftragte familienpsychologische Forensische Sachverständige für Familienrecht MA Antje C. Wieck, Praxis für KINDER- UND JUGENDLICHENPSYCHOTHERAPIE, Moltkestr. 2, 97318 Kitzingen, eine INHALTLICHE Sachverständigen-Auseinandersetzung mit der Dokumentations-Website "nationalsozialismus-in-mosbach.de" des Kindsvaters, Beschwerdeführers und Nazi-Jägers Bernd Michael Uhl durchführen solle (Siehe im Folgenden!), die diese Sachverständige Gutachterin HIER ABER AKTENKUNDIG NACHWEISBAR im anhängigen Verfahrenskomplex während ihren zwei gerichtlich bestellten Sachverständigengutachten von 2022 bis 2024 DANN ÜBERHAUPT NICHT durchführt.
UND DIES HIER EXPLIZIT AUCH NICHT bzgl. der DARIN KONKRET thematisierten nationalsozialistischen Verbrechen bis 1945 und deren juristischen, politischen und zivilgesellschaftlichen Aufarbeitungen in der NS-Vergangenheitsbewältigung seit 1945, insbesondere HIER auch in der lokalen-regionalen Fall- und Verfahrenszuständigkeit für Mosbach und für den Neckar-Odenwaldkreis.
Die HIER fallverantwortliche Richterin beim Amtsgericht Mosbach Marina Hess verfügt HIER unter 6F 9/22 und 6F 202/21 am 17.08.2022 EXPLIZIT bei der von ihr selbst gerichtlich beauftragten familienpsychologischen Forensischen Sachverständigen für Familienrecht MA Antje C. Wieck, Praxis für KINDER- UND JUGENDLICHENPSYCHOTHERAPIE, Moltkestr. 2, 97318 Kitzingen eine Sachverständigen-Begutachtung bezüglich "der Notwendigkeit einer psychiatrischen Begutachtung" des Kindsvaters, Beschwerdeführers und Nazi-Jägers Bernd Michael Uhl "zur Beurteilung seiner Erziehungsfähigkeit" (Siehe im Folgenden!). UND DIES NACHDEM UNMITTELBAR ZUVOR das erste gerichtlich beauftragte familienpsychologische Gutachten vom 07.04.2022 unter 6F 202/21 und 6F 9/22 sich für den perspektivischen Verbleib des damals anderthalb Jahre alten Kindes beim Kindsvater ausspricht. HIERBEI unterstellt die fallverantwortliche Mosbacher Amts-Familienrichterin Marina Hess im familienrechtlichen Zivilprozess dem Kindsvater, Beschwerdeführer und Bernd Michael Uhl eine mögliche angebliche psychische Erkrankung und eine damit einhergehende eingeschränkte Erziehungsfähigkeit auf Grund seiner konkreten Nazi-Jäger-Eingaben zu den seinerseits beim Amtsgericht Mosbach beantragten juristischen Aufarbeitungen von konkreten Tatbeteiligungen an NS-Verbrechen und NS-Unrecht 1933-1945 und deren mangelhaften juristischen Aufarbeitungen seitens der deutschen Nachkriegsjustiz seit 1945. UND DIES HIER insbesondere auch in der lokalen-regionalen Fall- und Verfahrenszuständigkeit bei NS-Verbrechen und NS-Unrecht in Mosbach und im Neckar-Odenwaldkreis sowie bezüglich dem Versagen der Mosbacher Nachkriegsjustiz seit 1945 bei deren juristischen Aufarbeitungen.
SIEHE DAZU AUCH:
- Rechtsanwaltlicher und gerichtlicher Umgang mit Sachverständigen-Gutachten in Fallbegleitungen - Verfahrensführungen - Verfahrensbearbeitungen- Verfahrensbegleitungen durch RECHTSANWALT Simon Sommer >>>
- Verfahrensinhaltliche und prozessuale Benachteiligungen des Mandanten von Rechtsanwalt Simon Sommer beim Amtsgericht Mosbach unter 6F 211/21, 6F 202/21, 6F 9/22, 6F 2/23, 6F 2/22, etc. sowie unter amtsseitigen KV-BS-Sonderbänden zu Nationalsozialismus, Rechtsextremismus, Rassismus >>>
2. Online-Artikel zum Kriegsende und zu Endphasenverbrechen, u.a. in Mosbach - Baden
Jacques Barrau als Wissenschaftler
Zum Internationalen Tag der biologischen Vielfalt am 22. Mai 2025
Unbearbeitetes Manuskript des Vortrags von Dorothee Roos am 3. April 2025 in der KZ-Gedenkstätte Neckarelz anlässlich seines 100. Geburtstags und des Vortags des 80. Jahrestags der Befreiung von etwa 850 Häftlingen zwischen Adelsheim und Osterburken im Krankenzug aus den Natzweiler KZ-Außenlagern Neckargerach und Neckarelz in Richtung des KZ Dachau, darunter auch Jacques Barrau:
Zunächst ein kleiner Rückgriff auf die Zeit der KZ-Haft von Jacques Barrau. Ich zitiere, was Dr. Francis Rohmer, einer der inhaftierten Ärzte, über Barrau schreibt:
Wir nannten ihn den „kleinen Barrau“ – wegen seiner Körpergröße, er ragte mit seinen über 1,90 Metern beim Appell immer über die Gruppen hinaus, die zur Arbeit aufbrachen. Er war stets gut zu sehen. Doch trotz dieser Größe schaffte er es, den Strafmaßnahmen der Kapos und Posten zu entgehen, indem er immer ein erstauntes, verblüfftes Aussehen annahm, mit seiner Mütze, die ihm immer ein bisschen schräg auf dem Schädel saß.
Seine Talente als Zeichner halfen ihm ebenfalls. Es soll sogar ein paar Kapos tätowiert haben … Als sein Kommando im Stollen aufgelöst wurde, kam er zum Bahnhofskommando, auch dort „organisierte“ er ständig Dinge. So schaffte er es, uns Kohle für den kleinen Ofen im Krankenrevier zu besorgen, dafür erhielt er einen Schlag Suppe mehr, den er mit den anderen teilte.
Er klaute auf sympathische Art, wusste, wie man Schläge vermied – und fühlte sich stets den Kameraden verpflichtet. Bis zum Schluss bewahrte er eine würdige Haltung und überwand viele Schwierigkeiten. Doch schließlich verließen ihn die Kräfte – Bent nahm ihn ins Revier auf. In Osterburken habe ich ihn wiedergesehen. Von Prof. Lassus habe ich von seiner Karriere als Ethnologe in den tropischen Ländern erfahren, die schließlich in die Arbeit am Museum für Naturgeschichte mündete. Eine wundervolle wissenschaftliche Laufbahn!
Was wie eine glatte wissenschaftliche Karriere aussieht, ist in Wirklichkeit gekennzeichnet von Brüchen und Umschwüngen. Den ersten kennen wir alle – es ist die Haft im Gefängnis und in den KZs Dachau und Neckarelz.
Aber man kann auch sehen, dass Barrau es eilig hatte, nach dieser „Unterbrechung“ nahtlos da anzuknüpfen, wo er bei seiner Verhaftung in Toulouse am 2. Juni 1944 aufgehört hatte. Und so, wie Dr. Rohmer ihn geschildert hat, fiel ihm das nicht schwer. Er konnte die Haft „abstreifen“, auf den ersten Blick sieht es so aus, als habe sie keine Spuren hinterlassen. Er absolvierte zwei Examina, eines als Agrarwissenschaftler, was ja ein eher praxisbezogenes Studium ist, sowie einen ersten wissenschaftlichen Abschluss in den sicher eher theoretisch ausgerichteten Naturwissenschaften.
Vor allem aber war seine Sehnsucht darauf gerichtet, seine neu erworbenen Kenntnisse nicht in Frankreich anzuwenden. Vielmehr wollte er so schnell wie möglich ins Paradies seiner Kindheit zurückzukehren – auf den „kleinen Kieselstein“ im Südpazifik, wie er seine Heimat-Insel nennt: Neu-Kaledonien. Wie kam es dazu, dass sie seine Heimat war?
Barrau schreibt selbst dazu:
Meine Vorfahren väterlicherseits bauten einst im Departement Vaucluse die Färberröte an; sie lieferte den Farbstoff für die berühmten roten Hosen der französischen Infanterie. Leider erfand dann im 19. Jahrhundert ein deutscher Chemiker ein Verfahren zur synthetischen Herstellung dieser Farbe, was zu einem beträchtlichen Preisverfall der Farbpflanzen führte. Eine schwere Wirtschaftskrise in der Region war die Folge, und die Menschen wanderten nach allen Himmelsrichtungen aus – auch, zum Beispiel, nach Französisch-Ozeanien.
Die Vorfahren meiner Mutter hingegen stammten aus Irland. Sie lebten mehr schlecht als recht vom Kartoffelanbau – bis die zerstörerische Pilzkrankheit der Kartoffelfäule urplötzlich alle Ernten vernichtete … Auch hier war eine Auswanderungswelle in ferne Weltgegenden die Folge, meist nach Amerika, aber auch in Richtung des Fünften Kontinents. So lernte mein Vater meine Mutter auf jenem winzigen „Kieselstein“ im Ozean kennen, den die Insel Neukaledonien darstellt. Und deshalb, Sie werden es leicht begreifen, musste ich einfach Ethnobotaniker werden!
Das Verhältnis von Menschen und Pflanzen war Jacques Barrau also quasi in die Wiege gelegt – ob Färberröte oder Kartoffel, beide Elternfamilien hatten ihr Leben auf einer Kulturpflanze aufgebaut. Die Studienrichtung des Sohnes passt zur Familientradition der „Maison Barrau“. Und nach seinem Abschluss in Toulouse und Marseille bekleidete er sofort einen wichtigen Posten in der französischen Kolonialverwaltung in Nouméa, der Hauptstadt Neukaledoniens. Er wurde dort Chef der Ackerbaubehörde. Doch er selbst war ein anderer geworden. Er schreibt:
Die Inseln im Südpazifik galten seit ihrer Entdeckung durch Kapitän Cook als Orte paradiesischer Fülle. Auch ich hatte an diese Mythen lange Zeit geglaubt … Doch die leidvollen Erfahrungen, die ich während des Krieges gemacht hatte, hatten die Wahrnehmung der Menschen und Dinge verändert. Als ich auf die Inseln meiner Kindheit zurückgekehrt war, entdeckte ich, wie zerstörerisch die Methoden des Bergbaus dort gewirkt hatten, wie rasch der vorher so artenreiche und botanisch interessante Urwald durch die Kolonisatoren gerodet wurde und wie stark die von den Weißen im 19. Jahrhundert eingeführte extensive Viehwirtschaft den Boden und die Pflanzenwelt geschädigt hatten…. Die Träume vom Paradies meiner kolonialen Kindheit zerstoben rasch….
Gerade auf Inseln, diesen isolierten, flächenmäßig meist kleinen Fleckchen besiedelten Landes, nehmen solche Konflikte oft außerordentlich scharfe Formen an. Die Kolonisatoren, die keinerlei kulturelle Verbindung mit den Eingeborenen hatten, gingen mit der gleichen Aggressivität und Gewalt gegen die natürliche Umwelt vor wie gegen die Menschen, die in dieser Umwelt lebten.
Man kann sich gut vorstellen, dass das Erlebnis der KZ-Haft bei Barrau die Sensibilität für Gewalt und auch für die Ausbeutung von Arbeitskraft geschärft hat. Das Besondere ist aber, dass er auch die Gewalt gegen die Natur in den Blick nimmt. Das ist damals, in den späten 40er und späten 50er Jahren, etwas ganz Neues.
Etwa 1951 schrieb Barrau einen kritischen Bericht über die sozialen Verhältnisse und ihre Auswirkungen auf den Ackerbau in Neukaledonien. Er wurde von seinen Vorgesetzten abgelehnt. Daraufhin kündigte er im Jahr 1952 seinen Job in der Agrarverwaltung und erkämpfte sich so Freiheit in jeder Hinsicht – vor allem aber Freiheit des Denkens. Sein Kollege Georges Guille-Escuret schreibt über diese Phase:
Einige Jahre nach dem Krieg, nach seinem spektakulären Rücktritt vom Regierungsposten als Agrarwissenschaftler in Neukaledonien, führte Barrau während einiger Monate das Wanderleben eines Beatniks, bevor es dieses Wort überhaupt gab, und durchquerte dabei den gesamten ozeanischen Archipel nach allen Richtungen. An diesen kurzen Lebensabschnitt erinnerte er sich bis in seine späten Jahre immer mit einem Gefühl des Glücks und der Sehnsucht: denn für den jungen Mann, der von den Erfahrungen der Deportation gezeichnet war, bedeutete diese Freiheit mehr als für andere. Gleichzeitig spürte er, wie sehr diese Freiheit ihm wissenschaftlich von Nutzen war, sie begleitete und begründete eine unerhört breite und begeisternde Kenntnis von Land und Leuten.
Die Liste der Veröffentlichungen Barraus zeigt, dass er sich ab dem Jahr 1954 immer stärker mit der traditionellen Anbaumethoden der Kanaken, d.h. der autochthonen melanesischen Bevölkerung der Inseln im Südpazifik, beschäftigt. Er notiert dazu:
…Was mich zunächst besonders erstaunte, war der ausgesprochen „freundliche“ Umgang, den die Kanaken mit den Pflanzen pflegten, die in ihren Gärten wuchsen. Er glich eher einem Verhalten gegenüber Menschen einer vertrauten Gruppe. Ich beobachtete eine Art „respektvoller Freundschaft“, welche die Kanaken den jungen Pflanzen angedeihen ließen, denen sie durch sorgfältige Pflege beim Wachsen zu helfen suchten.
Ich erinnere mich, wie meine kanakischen Freunde in sanften Ton auf eine Yamspflanze einsprachen, während sie sie zum Ranken an ein Gitter banden. Jede Pflanze erhält eine eigene, besondere Behandlung und Zuwendung. Ein Schnitt wird erst nach gründlicher Auswahl und Vorbereitung ausgeführt, das Wachstum aufmerksam beobachtet. Die Ernte geschieht Pflanze für Pflanze, um die Knollen nicht zu beschädigen… Diese individuelle, liebevolle Behandlung unterscheidet sich sehr stark von der harten Massenbehandlung, die wir unseren Getreidepflanzen angedeihen lassen. Diese säen wir auf der großen Fläche aus und ernten sie gleichzeitig und unterschiedslos, früher mit Sichel und Sense, heute mit großen Erntemaschinen.
Doch das war nicht der einzige Unterschied, den ich angesichts der kanakischen Nahrungsgärten wahrnahm. Diese Gärten enthielten eine große Vielfalt an biologischen Arten und Unterarten … während unsere Felder arten- und variationsarm sind. Dieser Unterschied der Anbaumethoden war so groß, dass die kolonialen Ackerbauspezialisten die Gartenkultur der Eingeborenen komplett missverstanden und auch missachteten, weil sie völlig andere kulturelle Muster von Ackerbau im Kopf hatten.
Was hier auffällt, ist der respektvolle Ton, mit dem Barrau die melanesischen EinwohnerInnen der Inseln beschreibt. Es ist ein Verhältnis auf Augenhöhe. Er lernt von ihnen – dies verändert auch seine wissenschaftliche Haltung. Er stellt von nun an den Menschen, oder, besser gesagt, die Menschheit im Verhältnis zur umgebenden Natur in den Mittelpunkt seiner Forschungen.
Auch als Wissenschaftler dachte Barrau nicht in Über- und Unterordnungen, sein Ansatz war ein ganzheitlicher. Ich zitiere nochmals Georges Guille-Lescuret:
Ob er das geschichtliche Moment in der Natur aufspürte oder umgekehrt in einer Geschichtserzählung den naturwissenschaftlichen Kern bloßlegte, ob er in einer Pflanze von heute die Spuren langjährigen menschlichen Einflusses entdeckte oder darlegte, welche große Rolle bestimmte Pflanzen in den Entwicklungen unterschiedlicher Gesellschaften gespielt haben – für ihn waren das Teile eines einzigen großen Zusammenhangs, der zwar nach verschiedenen Seiten hin auflösbar, aber nicht hierarchisierbar war.
Im Lauf seiner wissenschaftlichen Weiterentwicklung bewegt sich Barrau von diesen Beobachtungen im Neukaledonien der späten 50er Jahre weg und nimmt sozusagen die Welt als Ökosystem in den Blick, und das mit einem kritischen Ansatz. In seinem großen Aufsatz „Mensch und Natur. Entwurf einer Naturgeschichte der Gesellschaften und menschlichen Verhaltensweisen“ beschreibt er die Entwicklung von Ackerbau und Viehzucht ganz allgemein – und setzt dieser die sogenannte „Gartenkultur“ entgegen:
Die Grasfläche auf den Bergen des Fruchtbaren Halbmondes im Nahen Osten, wo die Sammler der Vorsteinzeit bereits wilde Getreidesorten ernteten, war die Vorläuferin des bäuerlichen Feldes. Gleichzeitig bildet dieses Grasland auch eine Prärie, wo die Menschen pflanzenfressende Tiere jagten; diese Tiergruppen waren die Vorläufer aller späteren Herden.
Auf diese Weise schritten die Menschen, als sie sesshaft wurden, von der offenen Landschaft (SALTUS) zum bebauten Acker (AGER) und zur Viehweide (PASCUUM) voran. In dieser Landschaft entwickelten sich die tierzüchtenden Zivilisationen.
Im Gegensatz dazu bedeutete in den Tropen der Prozess der Sesshaftwerdung einen Übergang vom Urwald (SILVA) zum Garten (HORTUS), also zu jenen Nahrungsgärten der tropischen Waldbauern mit ihrem Artenreichtum, ihrer Vielfalt und komplexen Struktur, die gleichsam den umgebenden Urwald in kleinerem Format abbilden.
Schon die primitiven Formen von AGER und PASCUUM trugen den Keim der Artenverödung ihrer Ökosysteme in sich, während das Ökosystem des HORTUS eine Art Bollwerk relativer Artenvielfalt werden sollte …
Dadurch mussten sich die Beziehungen der Menschen zur Natur jeweils unterschiedlich ausprägen … Im Fall des HORTUS unterstützt man jede Pflanze sorgfältig und ganz individuell in ihrem Wachstum, es besteht … eine achtsame Freundschaft zwischen Menschen und Nahrungspflanzen.
Im Fall von AGER und PASCUUM hingegen gibt es durchgängig einen von Härte geprägten Kontakt zum unterworfenen Wesen, die Herden werden mit herrscherlicher Gewalt, oft Brutalität geführt. Ebenso wird die Feldfläche gesamthaft und restlos bearbeitet, auf die Massenaussaat folgt die Massenernte: AGER und PASCUUM erfahren eine Massenbehandlung, während der HORTUS eine individualisierende Pflege erhält …
In der Gegenüberstellung von individueller und Massenbehandlung kann man deutliche Spuren der KZ-Erfahrung entdecken. Der Verlust von Individualität, die erzwungene Gesichtslosigkeit und Uniformität gehört dort zu den Grunderfahrungen. Aber die historische Betrachtung Barraus zeigt, dass die Gefahr dieser Entwicklung der Menschheitsgeschichte eingeschrieben ist, insbesondere auch der modernen Massengesellschaft, zu der der Nationalsozialismus als eine besonders extreme Ausprägung gehört. Massenhafte Behandlung – das ist Monokultur, Verlust der Person, Unterordnung.
Barrau setzt ihr als Gegenbegriff die Vielfalt entgegen. Und es ist in gewisser Weise eine logische Entwicklung, dass Barrau seinen Lebensarbeitsplatz schließlich am Ort eines Gartens gefunden hat. Nämlich im Museum für Naturgeschichte am Jardin des Plantes in Paris. Ursprünglich war das ein Ort, wo im Auftrag des französischen Königs Pflanzen aus aller Herren Länder gesammelt und dokumentiert wurden. Heute ist er, wie alle botanischen Gärten, ein Bollwerk der Biodiversität, der Artenvielfalt, der unzähligen Ausprägungen der biologischen Species.
Ein wenig von der Liebe Barraus zur Vielfalt einer scheinbar ganz einfachen Pflanze kann man am folgenden Bild gut sehen. Es ist eine kolorierte Handzeichnung aus seinem wissenschaftlichen Hauptwerk „Les Hommes et leurs aliments“ aus dem Jahr 1986. …
Darin zeichnet er die Geschichte der menschlichen Nahrungszubereitung von der Steinzeit bis in die Moderne nach – auch das eine Geschichte der Vielfalt und einer reichen Ess-Kultur, gerade in Frankreich. Aber auch der Esskultur wohnt eine Tendenz zur Verarmung hin zum uniformierten Massenfraß inne. Und ein Kapitel ist der Möglichkeit gewidmet, Mangelernährung und Hunger als Waffe einzusetzen.
Im Nachwort schreibt Barrau, was ihn zu diesem Werk motiviert hat:
Deshalb will ich an dieser Stelle … erzählen, warum ich dieses Buch über die menschliche Ernährung geschrieben habe. Mit Sicherheit hätte ich das nicht unternommen, wenn ich nicht einst in den Konzentrationslagern Nazideutschlands so schrecklichen Hunger gelitten hätte. In dieser harten Schule habe ich gelernt, was die Ernährung für den Menschen bedeutet, und zwar als körperliche wie als soziale Gegebenheit. …
Nachdem ich diese harte Prüfung mit viel Glück überlebt hatte, ging ich nach Ozeanien zurück, wo ich einen Teil meiner Kindheit verbracht hatte. Dort … arbeitete ich wissenschaftlich zum Thema ‚Ernährung‘. Dabei erschloss sich mir allmählich, wie unterschiedlich die Kulturen, Gebräuche und Verhaltensweisen sind, mit denen Menschen an all das herangehen, was mit ihrer Ernährung und den dazu verwendeten Pflanzen und Tieren zusammenhängt … Alles zeigt sich in der Ernährung: das hässliche Gesicht der Ungleichheit und Ungerechtigkeit – aber auch die Freude am Teilen. Nicht zuletzt der Erfindungsreichtum des Menschen, der sich aus seinen Träumen nährt. Es gibt einen Konservatismus, ja einen Chauvinismus der Ernährung und der Küche, daneben blühen Gastfreundschaft und Offenheit. In der Ernährung zeigt sich unser Menschsein in allen Aspekten, den schönsten wie den schlimmsten.
Wie wir inzwischen alle gesehen und verstanden haben, war Barrau einer der frühesten Ökologen in Frankreich – genauer gesagt, ein Ethno-Ökologe. Das bedeutet, dass in seinem Denken die biologische Vielfalt, die Biodiversität, die größte Rolle spielte. Neu ist dabei, dass er diese Idee der Vielfalt, der Buntheit, sehr früh auf die Gesellschaft überträgt. Damit wird Biodiversität, als die Vielfalt des lebendigen Lebens, auch zur Metapher, zu Gleichnis für politische Verhältnisse. Und hier führt ein Link in die unmittelbare Gegenwart.
Ich schließe mit einem Zitat aus Barraus Rede als Preisträger der Internationalen Kosmos-Preises, den er 1994 in Japan erhalten hat. Dieser Preis ist eine Art Nobelpreis im Bereich der Ethnobiologie bzw. Ethnobotanik. Barrau sagte:
Vielfalt – sie ist das Zauberwort. Die kanakischen Gärtner legen all ihre Sorgfalt darein, die biologische und artenmäßige Vielfalt der Pflanzen zu erhalten, ja, sie nach Möglichkeit zu erhöhen. Ich glaube, das Gefährlichste, was Menschen tun können, ist, Uniformität zu vergrößern und zu befördern. Wenn der Prozess der Uniformierung die Natur erfasst hat, dann verödet sie, und auch die menschlichen Zivilisationen gelangen durch Uniformierung nicht zur Ordnung, sondern zur Desintegration… Diese kann tödliche Ausmaße annehmen.
https://mosbach-gegen-rechts.de/
Jacques Barrau – Ethnobotaniker und ehemaliger Häftling des KZ Neckarelz
veröffentlicht zum Tag der Biodiversität am 22. Mai 2025
Zum 100. Geburtstag von Jacques Barrau und zum 80. Jahrestag der Befreiung von etwa 850 Häftlingen der KZ Neckargerach und Neckarelz – darunter Jacques Barrau – lud die KZ-Gedenkstätte Neckarelz zum 3. April 2025 zu einem Doppelvortrag ein. Zu dem Abend kamen über 50 Leute. Die junge Kunsthistorikerin Charlotte Röder stellte im ersten Teil die Ergebnisse ihrer Bachelorarbeit zu Barraus Zeichnungen vor. Im zweiten Teil porträtierte Dorothee Roos den Wissenschaftler Barrau, der als Ethnobiologe weltweite Anerkennung fand. Beide Vorträge fanden lebhaftes Interesse.
Anlässlich des heutigen Internationalen Tages der biologischen Vielfalt am 22. Mai soll hier nochmals der Vortrag von Dorothee Roos veröffentlicht werden: https://mosbach-gegen-rechts.de/jacques-barrau-als-wissenschaftler/
Ihren Vortrag schloss Dorothee Roos mit einem Zitat von Jacques Barrau: „Vielfalt – sie ist das Zauberwort. Die kanakischen Gärtner legen all ihre Sorgfalt darein, die biologische und artenmäßige Vielfalt der Pflanzen zu erhalten, ja, sie nach Möglichkeit zu erhöhen. Ich glaube, das Gefährlichste, was Menschen tun können, ist, Uniformität zu vergrößern und zu befördern. Wenn der Prozess der Uniformierung die Natur erfasst hat, dann verödet sie, und auch die menschlichen Zivilisationen gelangen durch Uniformierung nicht zur Ordnung, sondern zur Desintegration… Diese kann tödliche Ausmaße annehmen.“
Jacques Barrau als KZ-Häftling, gezeichnet von seinem russischen Mithäftling Boris Archenko:
Jacuqes Barrau wurde am 3. April 1925 in Marseille geboren. Einen großen Teil seiner Kindheit verbrachte er in der französischen Kolonie Neukaledonien.
1942 begann er einerseits das Studium der Agronomie und Biologie in Toulouse und schloss sich andererseits dem Widerstand gegen die Besatzung Frankreichs durch Nazideutschland er. Er schloss sich der christlichen Widerstandsgruppe „Témoignage chrétien“ und der Gruppe „Combat“ an.
Am 2. Juni 1944 wurde er in Toulouse verhaftet und ins polizeiliche Sicherungs- und Durchgangslager Royallieu-Compiègne gebracht. Mit dem berüchtigten Todeszug bzw. „Train de la mort“ vom 2. Juli 1944 wurde er abtransportiert. Aufgrund der Überbelegung der hermetisch abgeriegelten Waggons, der sommerlichen Hitze und des Vorenthaltens von Wasser verreckten 519 Männer der 2.152 Insassen. Nach drei Tagen traf der Zug am 5. Juli im KZ Dachau ein.
1.000 Überlebende dieses Transports wurden zweieinhalb Wochen später am 22. Juli 1944 zu den Natzweiler KZ-Außenlagern Neckarelz und Neckargeach gebracht, Ankunft folgenden Tag am 23. Juli. Jacques Barrau wurde in dem zum KZ umfunktionierten Gebäude der Volksschule Neckarelz einquartiert. Im Lager fertigte er heimlich Zeichnungen des Lagerlebens und der Arbeit in der unterirdischen Fabrik: die Häftlinge mussten schwere Berg-, Bau- und Erdarbeiten verrichten, um das Gipswerk bei Obrigheim zu einer unterirdischen Rüstungsfabrik von Daimler-Benz auszubauen.
Als Ende März 1945 amerikanische Streitkräfte vorrückten, ließ die SS die KZ-Häftlinge der Neckarlager in Richtung des KZ Dachau evakuieren. Jacques Barrau wurde an seinem 20. Geburtstag am 3. April 1945 befreit.
Er nahm sein Studium wieder auf, das er 1947 abschloss. Weitere Doktorarbeiten verfasste er 1951 und 1962. Von 1947 bis 1952 war er in der Agrarverwaltung der Kolonie Neukaledonien tätig und forschte über Nutzpflanzen. Ab 1956 war er freier Mitarbeiter am Museum für Naturgeschichte in Paris, wo er 1965 auch stellvertretender Direktor war, den Forschungsbereich Ethnobotanik über Beziehungen zwischen Menschen und Pflanzen aufbaute und 1981 Professor wurde. Dazwischen war er 1964/65 Professor an der Universität Yale in den USA. 1994 wurde ihm der Kosmos-Preis in Osaka in Japan verliehen.
Jacques Barrau starb am 29. Juni 1997 im Alter von 75 Jahren in Paris.
Sein wissenschaftliches Werk umfasst etwa 200 Titel. Sein Hauptwerk ist „Les hommes et leurs aliments“ (Der Mensch und seine Ernährung). Die Erinnerungsarbeit der KZ-Gedenkstätte Neckarelz verdankt ihm die wertvollen zeichnerischen Eindrücke vom Leben der Häftlinge des KZ Neckarelz.
Wikipedia zählt unter seiner vielfältigen wissenschaftlichen Arbeit auf: „Barrau erforschte zunächst den Ursprung, die Akklimatisation, die medizinische Verwendung und die Mittel zur Steigerung der Vielfalt und Produktion von Nahrungspflanzen in den indo-pazifischen Ländern. Darüber hinaus untersuchte er medizinische und technologisch interessante Pflanzen sowie die Pflanzensymbolik in Ozeanien. Er beschäftigte sich mit Fragen wie der Erhaltung des botanischen Erbes durch Versuchsgärten, der Wahrnehmung der pflanzlichen Umwelt, sozioethnischen Aspekten der ländlichen Entwicklung, Anthropologie der Ernährung, Ökologie menschlicher Gesellschaften, Inventarisierung pflanzlicher Ressourcen, Geschichte, Nomenklatur und Domestikation von Pflanzen. Schließlich befasste er sich auch mit der Ethnozoologie, insbesondere mit der Domestikation von Tieren wie der Schweinezucht in der Provence.“
https://mosbach-gegen-rechts.de/
„Die Toten von Meschede“ Forschungsergebnisse zum Massaker im Arnsberger Wald 1945 erschienen
Vor 80 Jahren, zwischen dem 21. und 23. März 1945, ermordeten Angehörige der „Division zur Vergeltung“, die aus SS- und Wehrmachtsoldaten bestand, im Arnsberger Wald bei Warstein, Suttrop (Kreis Soest) und Eversberg (Hochsauerland-kreis) insgesamt 208 osteuropäische Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter – Erwachsene, Jugendliche, Kinder und einen Säugling.
05.05.2025 | 4 Minuten Lesezeit
Quelle: LWL
v.l.: Leiter des LWL-Instituts für westfälische Regionalgeschichte Prof. Dr. Malte Thießen, LWL-Historiker Dr. Marcus Weidner und der Direktor des LWL Dr. Georg Lunemann bei der Vorstellung der wissenschaftlichen Aufarbeitung „Die Toten von Meschede“.
Foto: LWL
Warstein/Suttrop/Eversberg (lwl). Vor 80 Jahren, zwischen dem 21. und 23. März 1945, ermordeten Angehörige der „Division zur Vergeltung“, die aus SS- und Wehrmachtsoldaten bestand, im Arnsberger Wald bei Warstein, Suttrop (Kreis Soest) und Eversberg (Hochsauerland-kreis) insgesamt 208 osteuropäische Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter – Erwachsene, Jugendliche, Kinder und einen Säugling. Dieses Massaker gehört zu den schwerwiegendsten Kriegsendphaseverbrechen im damaligen Deutschen Reich. Nun liegt die wissenschaftliche Aufarbeitung durch den LWL-Historiker Dr. Marcus Weidner vor.
„Der LWL nimmt mit seinen Forschungen eine gesellschaftliche Verantwortung an“, so der Direktor des LWL, Dr. Georg Lunemann bei der Vorstellung der Publikation am Montag (5.5.). „Wir erleben seit einigen Jahren die Verharmlosung der Verbrechen des Zweiten Weltkriegs und der NS-Diktatur. Gerade aber die Mordaktionen sind beispielhaft für einen schmerzlichen Teil unserer Geschichte, dem wir uns stellen müssen – mit Blick auf das Kriegsende am 8. Mai vor 80 Jahren, aber auch mit Blick auf Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit heute.“
Mehrere Jahre erforschte Weidner die Tat, ihre Hintergründe und Folgen in Gesprächen, Archiv- und Datenbankrecherchen im In- und Ausland. Der vorliegende Band 91 der „Forschungen zur Regionalgeschichte“ fügt nun erstmals Ergebnisse aus umfangreichen Recherchen in Archiven im In- und Ausland und Interviews mit den Ergebnissen der archäologischen Forschung und der Schicksalklärung einzelner Opfer zu einer dichten Rekonstruktion der Tat zusammen. Von der lokalen über die regionale auf die ideologische und strukturelle Ebene rekonstruiert der Forscher die Ereignisse und ordnet sie in den historischen Kontext ein.
Quelle: LWL/Urban
WL-Historiker Dr. Marcus Weidner. Foto: LWL/ Urban
Der Historiker und Archäologe Weidner konnte neben Zeitzeuginnen, Zeitzeugen und Archiven auch auf die Unterstützung der LWL-Archäologie zurückgreifen. Mehrere Grabungen von 2018 bis 2021 an den Tat- und Verscharrungsorten ergaben Informationen über die konkreten Abläufe.
Nicht nur die Taten an sich, sondern auch der Umgang mit der Erinnerung daran warf nach Einschätzung von Weidner Fragen auf, die der Erforschung bedurften. So konnten die archäologischen Recherchen belegen, dass der Warsteiner Obelisk 1964 unter dem Vorwand vergraben wurde, man müsse darunter nach Gräbern suchen. Tatsächlich hatte man ihn bereits zuvor beschädigt: Das Wort „Mord“ war aus der Inschrift herausgemeißelt worden. Auch ein 1960 an der Stelle errichtetes christliches Kreuz wurde entfernt, als die Toten 1964 nach Meschede umgebettet wurden. Weidner: „Nichts sollte im Wald mehr an das Verbrechen von 1945 erinnern.“
Weidner untersuchte auch die rechtliche Ahndung und die Geschichte des Gedenkens vor Ort und setzte dies ins Verhältnis zur bundesdeutschen Geschichte der Auseinandersetzung mit den Verbrechen des Nationalsozialismus. Zwar hatten tausende Menschen von der Tat erfahren. Unter anderem führten die Alliierten die Bevölkerung 1945 zwangsweise an den Leichen vorbei und ein Gerichtsprozess in den 1950er Jahren erregte bundesweit Aufsehen.
Dennoch entwickelte sich vor Ort nach Einschätzung von Weidner kein kollektives Gedenken. Die Bevölkerung blieb den Taten gegenüber distanziert. Weidner beschreibt hier eine „Schluss-strich-Mentalität“. Der Prozess endete mit Strafen, die schon damals als skandalös niedrig empfunden wurden. Die Verantwortung des damaligen Warsteiner Bürgermeisters wurde nun durch den Historiker untersucht, ebenso wie die einzelner Täter und ihre Handlungsoptionen, Täterstrukturen und der historische Zusammenhang.
Den Umgang mit dem Verbrechen setzt Weidner in den Kontext des bundesdeutschen Gedenkens. „Erinnern und Gedenken wurden in unterschiedlicher Intensität und zeitlicher Abfolge betrieben“, schreibt Weidner im letzten Buchkapitel „‚Nicht unsere Toten?'“. An die osteuropäischen Mordopfer unter den Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern wurde vor Ort erst in den 1980er Jahren erinnert.
Das nun erschienene, knapp 1.000 Seiten starke Buch gibt zukünftigem Erinnern und Gedenken eine solide historische Basis. Und auch einige Angehörige der Ermordeten erhielten nach rund 80 Jahren durch die Forschung Gewissheit über deren Schicksal. „73 Namen kennen wir mittlerweile“, sagt Weidner.
„Die Region als Tatort zeigt sich an diesem Beispiel in besonders eindrücklicher Weise“, so Prof. Dr. Malte Thießen, Leiter des LWL-Instituts für westfälische Regionalgeschichte. „Marcus Weidner konnte zeigen, wie bis auf einzelne Individuen, Mandatsträger und kleinste kommunale Strukturen das nationalsozialistische Morden gestützt und praktiziert wurde – und wie sich das bis heute auf das Wissen über uns und unsere Geschichte, letztlich Identität, auswirkt.“
Auch das Ausmaß der Skrupellosigkeit werde durch die historischen Forschungen verdeutlicht: „Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, Erwachsene wie Kinder, wurden wahllos getötet, um bestimmte Zahlen oder Quoten zu erreichen. Auf Seiten der Täter kann man eine Art Lernkurve des Mordens beobachten. Die Taten waren monströs, aber geplant und im rassistischen Weltbild des Nationalsozialismus begründet. Außerhalb von Gefängnissen, Konzentrationslagern und Todesmärschen sind diese wahllosen Morde das schlimmste bekannte Kriegsendphaseverbrechen an Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern“, sagt Weidner.
Quelle: Marcus Weidner
Buchcover: „Die Toten von Meschede“. Bild: Marcus Weidner
Bibliographische Information:
Marcus Weidner: Die Toten von Meschede. Ein Kriegsendphaseverbrechen im März 1945: Rekonstruktion, Strafverfolgung, Erinnerungskultur. Forschungen zur Regionalgeschichte Band 9. 2025. ca. 980 Seiten, 55 s/w und 11 farb. Abbildungen, Festeinband, 44,90 Euro. ISBN 978-3-506-79768-1
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Gedenken an die Todesmärsche
: „Ich würde den Menschen sagen, Mensch zu sein“
04.05.2025, 15:10 Uhr
Lesezeit: 3 Min.
Am Mahnmal Todesmarsch gedenken die Menschen der Gewalttaten, die sich vor 80 Jahren ereigneten. Zeitzeuge Abba Naor hat als 17-Jähriger einen Todesmarsch überlebt.
(Foto: Niels P. Jørgensen)
Gemeinsam mit Überlebenden gedenkt Dachau am 3. Mai der Todesmärsche, die kurz vor Kriegsende 1945 viele Leben kosteten. Abba Naor erzählt als Zeitzeuge von dem Gewaltmarsch und richtet einen Appell an uns.
Von Carolin Luttinger, Dachau
Um 17.45 Uhr füllen sich die Holzbänke vor der Bronzeplastik an der Theodor-Heuss-Straße, während der Gedenkfeier lauschen sogar vom Balkon des Nachbarhauses aus Menschen. Am Samstag haben sich Personen aller Altersgruppen versammelt, von Jugendlichen bis Seniorinnen und Senioren. Unter ihnen sitzen fünf Zeitzeugen: Erich Finsches, Abba Naor, Ernst Grube, Jean Lafaurie und Lynn Farbman, zu der Menge spricht allerdings nur Naor. Wenn er jungen Menschen eine Sache mitgeben könnte, dann „würde [ich] den Menschen sagen, Mensch zu sein. Ich denke, das reicht.“
Ebenfalls anwesend sind Delegationen der Dachauer Partnerstädte Fondi und Léognang, sowie Vertretungen von Stadt, Kreis und Land und dem Comité International de Dachau. Die Gedenkfeier veranstaltet die Dachauer Initiative Mahnmal Todesmarsch gemeinsam mit der Stadt Dachau bereits zum 21. Mal. Zwischen den Reden spielen Florian Ewald und Zarko Mrdjanov auf Klarinette und Gitarre.
„Ich bin noch immer da“
Abba Naor, Überlebender des grausamen Gewaltmarsches vor 80 Jahren, tritt im grauen Anzug langsam ans Mikrofon. „Ich bin noch immer da“, sagt der 97-Jährige. Mit fester Stimme erzählt Naor von dem Marsch, den er „Tag für Tag, mit Schlägen, mit Hunger, mit Kälte und mit Leichen“ gegangen war. Naor war damals 17 Jahre alt, dass er überlebte, sei reiner Zufall gewesen, sagt er. Die Bronze-Statue, vor der er steht, erinnert seit 2001 mit an die Gewaltmärsche und ist heute von zwei Kränzen geziert, die vor den Reden dort abgelegt wurden.
Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) trägt mit den Delegationen der Partnerstädte den ersten Kranz zum Mahnmal. In seiner anschließenden Rede verknüpft er die historischen Geschehnisse mit der Gegenwart und verweist auf die Bedeutung von Toleranz, Solidarität und Demokratie. Er erinnert die Zuschauenden, dass sie heute des „Endpunktes“ des grausamen Nazi-Regimes gedenken. „Zu diesem Endpunkt gehört aber auch ein Anfang.“ Hartmann warnt, achtsam zu bleiben, vor allem für die Anfänge, die von Teilen der Gesellschaft oft ignoriert würden.
Dachaus Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) ermahnt die Menschen, wachsam zu sein.
(Foto: Niels P. Jørgensen)
Jean Lafaurie schenkte der ASF-Freiwilligen Noémie Hernandez-Bernard seinen Gedichtband, aus dem sie am Samstag vorgelesen hat.
(Foto: Niels P. Jørgensen)
Erich Finsches hat das KZ Auschwitz überlebt sowie die Deportation nach Oberbayern, wo er als Zwangsarbeiter in Mühldorf, einem Außenlager des Konzentrationslagers Dachau, schuften musste.
(Foto: Niels P. Jørgensen)
Der „Endpunkt“, dessen am Samstag gedacht wurde, geschah nur wenige Wochen vor Kriegsende. Die Nationalsozialisten zwangen viele tausende Häftlinge, die „Todesmärsche“ anzutreten. Oft bei Nacht, um den Flugzeugen der Alliierten zu entgehen, trieben Mitglieder der SS die Häftlinge durch Straßen und Orte, viele waren alt, krankt und ausgehungert. Diejenigen, die nicht weitergehen konnten, ermordeten die SS-Soldaten, sie hetzten Hunde auf die Menschen, erschlugen oder erschossen sie.
Auch Abba Naor richtet einen Appell an seine „Freunde hier“: „Sorgt dafür, dass Deutschland bleibt, wie es ist [und] dass die Juden in Deutschland frei leben.“ Naors Rede ist überraschenderweise allen Anscheins nach ein Abschied von den Zuhörenden. Der Zeitzeuge war bislang fester Bestandteil der Gedenkfeier zum Todesmarsch, heute aber sagt er: „Schade. Schade, dass ich aufhören muss.“ Ganz abgeschlossen scheint Naor allerdings noch nicht zu haben, er will das nächste Jahr auf sich zukommen lassen: „Man soll niemals Nein sagen. Mal sehen.“
Gedenkstunde am Schießplatz Hebertshausen
:„Damit niemand vergisst, wozu der Mensch fähig sein kann“
Mehr als 4000 sowjetische Kriegsgefangene hat die SS in Hebertshausen ermordet. Bei der Gedenkstunde wird daran erinnert, dass auch damals Autoritarismus und Populismus Wegbereiter waren. Und dass Deutschland eine besondere Verantwortung hat.
Von Walter Gierlich
Eine weitere Überraschung bringen zwei ungeplante Sprechbeiträge. George Hope, Sohn des ukrainischen KZ-Dachau-Überlebenden Nick Hope, richtet die Stimme spontan an das Publikum. Er spricht anstelle seines Vaters, den er im März verloren hat. George Hope hofft auf mehr Bewusstsein und eine anhaltende Erinnerung. „Ich bin entschlossen [diese Geschichte] bis ans Ende zu teilen“, sagt er. Ebenso kurzfristig tritt US-Abgeordnete Amata Radewagen vor die Menge: „Die ganze Erfahrung war sehr tiefgreifend und bewegend“, sagt sie über ihre Zeit in Dachau, in der sie die Todesmarsch-Strecke besichtigte.
„Beim Anblick der Häftlinge sagten viele: unmöglich!“
Andrzej Kacorzyk, stellvertretender Direktor des Staatlichen Museums Auschwitz-Birkenau, erzählt über den tödlichen Weg von dem Lagerkomplex Auschwitz-Birkenau in das „Reichsinnere“, der für 9000 bis 15 000 Menschen ihr Lebensende bedeutete. Die Märsche waren für Zivilistinnen und Zivilisten teilweise die erste direkte Konfrontation mit den Verbrechen der Nazis. „Beim Anblick der Häftlinge sagten viele: unmöglich!“, erzählt Kacorzyk. Einige Personen haben versucht, die Opfer mit Nahrung oder Wasser zu versorgen, das habe die SS sofort mitleidslos untergraben.
Eine zentrale Frage stellte die jüngste Rednerin, Noémie Hernandez-Bernard, die als Freiwillige im Rahmen der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste in der Evangelischen Versöhnungskirche tätig ist. „Wie war das möglich?“, fragt die 19-jährige Französin. In ihrer Rede liest sie ein Gedicht des Holocaust-Überlebenden Jean Lafaurie und warnt mit Worten von Bertolt Brecht: „Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch.“
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Todesmärsche der KZ-Häftlinge
:Bayerns dunkelstes Kapitel
Als das Ende des Dritten Reiches bereits unmittelbar bevorstand, zwang die SS Zehntausende Gefangene auf Todesmärsche. Über ein Verbrechen, an dem sich vielerorts auch die bayerische Bevölkerung beteiligte. Und über Helden, die über sich hinauswuchsen.
https://www.sueddeutsche.de/
"Bientôt la liberté nous reviendra - Freiheit, so nah, so fern"
Mittwoch, 26.03.2025
10:00 - Römermuseum Osterburken - Ausstellung ab DI 25.3. bis SO 8.5., täglich von 10 - 17 Uhr (außer MO)
Das Plakat zeigt eine Szene aus Vaihingen/Enz, einem weiteren Befreiungsort in Baden-Württemberg. Quelle: ECPAD
Osterburken ist einer der wenigen Orte im heutigen Baden-Württemberg, wo KZ-Häftlinge befreit wurden. Denn beim Herannahen der alliierten Truppen evakuierte die SS fast sämtliche noch bestehenden KZ-Außenlager in Richtung Dachau. Auch der Zug mit kranken Häftlingen, der am 31. März 1945 bei Osterburken strandete, sollte eigentlich nach Dachau fahren. Der Zug geriet zwischen die Fronten und stand vier Tage in einem Gelände-Einschnitt zwischen Adelsheim und Osterburken. Am 4.4.1945 kamen knapp 900 Männer endlich frei.
Die zweisprachige Ausstellung liefert den großen Rahmen für diese lokale Geschichte. Der Zug von Osterburken steht im Gesamtzusammenhang des "doppelten Endes" des Konzentrationslagers Natzweiler. Doppelt deshalb, weil das "erste Ende" schon im Herbst 1944 stattfand: links des Rheins, im heutigen Frankreich, wurden alle Lager aufgelöst. Doch auf der rechten Rheinseite ging die Arbeit für die Kriegsindustrie unvermindert weiter, ab September 1944 wurden rechtsrheinisch noch 20 neue Lager eröffnet. Das "zweite Ende" spielte sich dann im März/April 1945 ab.
Die Erzählung der Ausstellung immer wieder von Lebensgeschichten unterbrochen, in denen sich die Geschehnisse spiegeln. Speziell in Osterburken kommen zwei Biografien hinzu: die von Maurice Voutey und Jacques Barrau. Beide erlebten im Evakuierungszug von Osterburken ihren 20. Geburtstag - Voutey am 2. April, Barrau am 3. April. Beide sind als Buchautoren bzw. Zeichner wichtige Zeitzeugen, der Geburtstag sich zum 100. Mal jährt.
Am zwei Sonntagen, am 6. und 20. April, werden Führungen angeboten, jeweils und 14 und 16 Uhr. Weitere können vereinbart werden.
Die Ausstellung ist ein Kooperationsprojekt zwischen der Stadt Osterburken und der KZ-Gedenkstätte Neckarelz. Sie ist zu den Öffnungszeiten des Römermuseums zugänglich.
https://www.kz-denk-neckarelz.de/
Kurz vor Kriegsende: Hinrichtung des Heinrich Baader in Mosbach
25. März 2025 Arno
Vor 80 Jahren in Mosbach: barbarische Hinrichtung des Soldaten Heinrich Baader am Stadteingang wegen „Feigheit vor dem Feinde“
Collage:
ehemaliger Mosbacher Bahnhof in Richtung Stadtausgang und Symbolbild
Heinrich Baader, geboren am 15. November 1914 in Spalt in der Nähe von Nürnberg, war der Sohn des Mineralwasserfabrikanten Kaspar Baader und dessen Frau Kunigunde. Als Beruf wird Maler angegeben, er war im Kriegseinatz im Zweiten Weltkrieg und heiratete im November 1943. Er sei mit dem Eisernen Kreuz 1. Klasse und dem Silbernen Verwundetenabzeichen ausgezeichnet und zuletzt als „Oberwachtmeister“ oder in einem Feldwebel-Rang bei der „1. schweren Flak Ersatzabteilung 637“ eingesetzt worden.
Am 25. März 1945 wurde der 30-Jährige laut dem „Wehrmachtstandortältesten Mosbach/Baden“ „vom Standgericht des Generals der Wehrmachtordnungstruppen der Heeresgruppe G verurteilt“ und am folgenden Tag „am Stadteingang (gegenüber alter Tankstelle Spitzer)“ an der „Neckarelzer Straße“ erhängt. Der genaue Urteilsspruch ist nicht bekannt, ein Nachkriegsdokument des Kriegsgräberdienstes aus dem Jahr 1946 gibt „Feigheit vor dem Feinde“ als Grund an. Angeblich soll das Urteil „durch SS-Einheiten“ vollstreckt worden sein.
„Auf Befehl der damaligen Machthaber“ sei der Leichnam mindestens drei Tage zur Schau hängen geblieben. Über die Tat habe „in der hiesigen Bevölkerung große Erregung“ geherrscht. Erst zur Beerdigung am 29. März wurde der Leichnam abgenommen. Da Baader „nicht im Kriegergrab beigesetzt werden“ durfte, wurde er „im Grabfeld der Ausländer“ beerdigt. Drei Tage später Anfang April trafen amerikanische Truppen in Mosbach ein.
Im Juli 1947 beschloss der Mosbacher Gemeinderat, die Überreste von Heinrich Baader in das „Kriegergrab“ umzubetten und „zugleich die Einsegnung“ vorzunehmen„ „da der Verstorbene seinerzeit kein kirchliches Begräbnis erhalten“ hatte. Dazu sollte zur Feststellung seiner Konfession seine Ehefrau ausfindig gemacht werden, was jedoch misslang. Ein Vierteljahr später am 9. Oktober erfolgte dann die Umbettung.
Anfang Februar 1948 meldete sich Baaders Ehefrau Betty bei der Stadt Mosbach, um ihren Ehemann in seinen Heimatort Spalt überführen zu lassen. „Oberfeldwebel H. Baader ist katholisch.“ Das Gesundheitsamt Mosbach erhob keine „Bedenken seuchenpolizeilicher Art“. Jedoch sei „zur Zeit die Ausgrabung von Leichen zum Zwecke der Überführung nicht gestattet.“ Zudem waren Bescheinigungen und Genehmigungen zwischen Mosbach und Spalt auszutauschen. Erst am 24. Februar 1948 stellte das Standesamt Mosbach eine Sterbeurkunde für Heinrich Baader aus. Nebenbei erklärte Betty Baader, dass sie „die Angelegenheit zwecks Ergreifung der Schuldigen weiter gegeben“ habe.
Am 25. Februar kündigten Betty Baader und ihr Schwiegervater kurzfristig per Telegramm an, am folgenden Tag „mit Transportauto zur Abholung der Leiche“ zu kommen. Der Landrat in Mosbach erteilte daher eine „Sondergenehmigung“, ein fehlender Leichenpass wurde am 27. Februar ausgestellt und die Überreste Baaders nach Spalt überführt. Heinrich Baaders Vater beglich den Aufwand der Stadt Mosbach mit 50 RM.
https://mosbach-gegen-rechts.de/
Bahnstrecke Neckarelz–Osterburken
Zeit der Deutschen Reichsbahn (1920–1949)
Mitte der 1920er Jahre folgten weitere Ausbauten: Durch Verstärkung der Brücken konnte die zulässige Achslast erhöht werden. Darüber hinaus wurden zusätzliche Überholgleise gebaut. Unter kriegsstrategischen Gesichtspunkten eröffnete die Deutsche Reichsbahn am 20. Dezember 1939 in Neckarelz den „Mosbacher Verbindungsbogen“ zwischen der Neckartalbahn aus südlicher Richtung und der Osterburkener Strecke. Mit seiner Hilfe konnte die durch den „Iko-Verkehr“ (Italien-Kohle-Verkehr) stark belegte Untere Jagstbahn entlastet werden.
Während des Luftkriegs über Deutschland war die Strecke im Gegensatz zum Eisenbahnknoten Neckarelz kein bevorzugtes Ziel alliierter Angriffe. Erst ab dem September 1944 kam es zu häufigeren Verkehrsunterbrechungen. Am 30. November 1944 wurde der Bahnhof von Seckach Ziel eines Luftangriffs, bei dem ein Verletzter zu beklagen war und zwei Lokomotiven zerstört wurden.
Nach Kriegsende wurde der Zugbetrieb zwischen Neckarelz und Osterburken bereits im Juni 1945 wiederaufgenommen, da der Strecke für die US-Besatzung eine hohe Bedeutung als Nachschubroute innerhalb der amerikanischen Besatzungszone zukam.
https://de.wikipedia.org/
Todesmarsch und Befreiung
Der Betrieb der unterirdischen Produktion endete am 23. März 1945.[5] Am 28. März wurden wegen des Vorrückens amerikanischer Truppen in den Neckarraum die zu diesem Zeitpunkt dort befindlichen 4.000 gehfähigen Häftlinge der Außenlager Heppenheim, Bensheim und Neckarelz über Neuenstadt und Kupferzell zum Bahnhof in Waldenburg in Marsch gesetzt. Der Marsch sollte als „Todesmarsch“ traurige Bekanntheit erlangen, da circa 600 Häftlinge die von ihnen geforderten Strapazen nicht überlebten. Von Waldenburg aus erfolgte gruppenweise der Bahntransport nach Dachau, eine Gruppe von 400 Häftlingen musste den gesamten Weg bis Dachau bei München zu Fuß bewältigen. Knapp 900 nicht mehr gehfähige Häftlinge aus Neckarelz sollten per Zug nach Dachau verbracht werden, blieben aber wegen zerstörter Bahngleise mit dem Zug bereits im 30 km entfernten Osterburken liegen, wo bis zum Eintreffen der amerikanischen Truppen über 40 weitere Tote zu beklagen waren. Eine Gruppe weiblicher Gefangener, die ab Neckargerach dem Bahntransport angehörten, sind allem Anschein nach durch Verbrennen der Waggons getötet worden. Über 800 Gefangene konnten am 3. April von amerikanischen Truppen aus dem Zug befreit werden.
In Obrigheim sprengten unterdessen die nach Osten abrückenden deutschen Truppen am 30. März 1945 die Neckarelzer Eisenbahnbrücke, um den Alliierten ein Überschreiten des Neckars an dieser Stelle unmöglich zu machen. Auch Stollenzugänge wurden noch kurz vor dem Einmarsch der Amerikaner gesprengt. Am 2. April 1945 wurden die Stollen von amerikanischen Truppen besetzt und noch einige wenige bei den unterirdischen Produktionsanlagen zurückgebliebene Häftlinge befreit.
http://stadtwiki-heilbronn.de/KZ_Neckarelz#Todesmarsch_und_Befreiung
Zweiter Weltkrieg: Kriegsende in Baden-Württemberg
Landeszentrale für politische Bildung BWKriegsende in Baden-Württemberg
Das zerstörte Stuttgart im Jahr 1946: Blick vom Rathaus über die Altstadt zur Leonhardskirche. Foto: LMZ Baden-Württemberg
Das zerstörte Stuttgart im Jahr 1946: Blick vom Rathaus über die Altstadt zur Leonhardskirche. Foto: LMZ Baden-Württemberg
In den sechs Jahren des Krieges waren mehr als 225.000 Wehrmachtsangehörige aus dem Südwesten und annähernd 40.000 Zivilpersonen umgekommen. Neunzig Prozent der getöteten Zivilpersonen - deutlich mehr als die Hälfte waren Frauen – und mehr als die Hälfte der gefallenen Soldaten waren seit Januar 1944 vom Nazi-Regime regelrecht geopfert worden. Noch in den letzten Kriegstagen war es zu sinnlosen Verteidigungsgefechten und zu völlig unnötigen Todesurteilen gegen Deserteure und einzelne Mutige gekommen, die versucht hatten, dem grausamen Treiben durch Zusammenarbeit mit den alliierten Truppen ein Ende zu setzten.
Einzelne Städte wie Freudenstadt, Waldenburg im Hohenlohischen, Neuenburg und Breisach am Rhein waren noch in den letzten Kriegstagen dem Erdboden gleichgemacht worden. Insgesamt fielen die Zerstörungen im Südwesten recht unterschiedlich aus: Generell waren die industriellen Zentren und die Städte stärker betroffen als die ländlichen Gebiete, generell auch hatte es die Mitte und den Westen des heutigen Landes Baden-Württemberg stärker getroffen als den Süden und den Osten.
Zu der schrecklichen Bilanz des Krieges zählen auch die mehr als 10.000 deportierten deutschen Juden aus Baden, Württemberg und Hohenzollern, die dem Rassenwahn des NS-Regimes zum Opfer gefallen waren. Von den annähernd 150 jüdischen Kultusgemeinden, die vor dem „Dritten Reich“ im Südwesten existiert hatten, gab es nach dem Krieg gerade noch sieben.
Der NS-Rassenwahn hatte in nur wenigen Jahren vernichtet, was über Jahrhunderte gewachsen war: eine lebendige und vielfältige jüdische Kultur als wichtiger Bestandteil der südwestdeutschen Gesellschaft. Zu den Opfern zählten auch über 10.000 Menschen, die in Grafeneck im Zuge des NS-"Euthanasie“- Kranken- und Behindertenmordes getötet worden waren. Zu erinnern ist auch an tausende von Menschen aus den vom NS-Regime besetzten europäischen Ländern, die im weit verzweigten Außenlagersystem des NS-Terrors ihr Leben lassen mussten.
Eine fast unvorstellbare Zahl von rund einer halben Million Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern kommt hinzu, die in den Südwesten Deutschlands verschleppt worden war. Die Zivilpersonen, die sich als Zwangsarbeiter, Zwangsverschleppte und überlebende KZ-Häftlinge außerhalb ihres Heimatstaates befanden und die von den Alliierten nun als „Displaced Persons“ bezeichnet wurden, irrten in den zerstörten Städten oder in den ländlichen Gegenden umher. Für viele von ihnen war ihre Leidenszeit mit der Befreiung durch die alliierten Truppen keineswegs beendet. Sie waren ausgehungert, erschöpft und teilweise auch aggressiv – es kam zu Plünderungen, Vergewaltigungen und Morden. Ursprünglich sollten die „DPs“ bis zur Rückkehr in ihre Heimat in „Sammelstellen“ betreut werden, aus denen aber rasch „Lager“ mit Bewachung und Stacheldraht wurden. Im heutigen Baden-Württemberg waren es rund 180.000 Menschen, darunter etwa 70.000 sogenannte „Ostarbeiter“, die „repatriiert“ werden sollten. Viele kehrten zwar wieder in ihre Heimat zurück, andere aber blieben in Deutschland und lehnten die Rückkehr in den stalinistischen Osten ab, wo sie als „NS-Kollaborateure“ erneute Verfolgung, „Sibirien“ oder gar den Tod zu befürchten hatten.
Die einheimische Bevölkerung erlebte das Kriegsende mit der Auflösung der staatlichen und militärischen Ordnung in ganz unterschiedlicher Art und Weise. In nur etwas mehr als einem Monat hatten Amerikaner und Franzosen Baden, Württemberg und Hohenzollern erobert. Die Erfahrung des Kriegsendes unterschied sich recht deutlich, je nachdem, ob es in den jeweiligen Orten noch zu Kampfhandlungen und gleichzeitigen Bombenangriffen gekommen oder ob die Übergabe kampflos vonstatten gegangen war. Dort, wo noch bis in die letzten Stunden gekämpft wurde, war es ein Unterschied, ob die deutschen Truppen aus Wehrmachtseinheiten bestanden oder ob es sich um SS-Männer handelte, die in aller Regel fanatischer agierten. Letztlich war es auch ein bedeutender Unterschied, welche der beiden Besatzungsmächte einmarschierte. Vor allem in den Gebieten Badens und Württembergs, die von französischen Truppen besetzt wurden, kam es zu massenweisen Vergewaltigungen und Plünderungen.
Unmittelbar am Ende des Krieges lebten rund eine Million Menschen auf dem Gebiet des heutigen Baden-Württemberg, die sich nicht an ihrem eigentlichen Wohnort aufhalten konnten – Ausgebombte sowie Evakuierte aus anderen Reichs- und Landesteilen. Sie alle versuchten, auf irgendeine Weise ihre Heimat zu erreichen und stellten die Verantwortlichen angesichts eines völlig daniederliegenden Verkehrssystems vor riesige Herausforderungen.
Zehntausende von deutschen Soldaten, die in Kriegsgefangenschaft geraten waren, sollten erst sehr viel später heimkehren können. Noch 1947/48 waren deutlich über 100.000 Männer aus dem Südwesten von den alliierten Siegermächten in Kriegsgefangenenlagern inhaftiert. Ein Großteil davon konnte 1949 heimkehren, die Letzten unter ihnen kamen erst im Januar 1956 aus der Sowjetunion zurück.
Im Land der Besiegten mochten nur wenige den Zusammenbruch als Befreiung vom Joch des Nationalsozialismus empfinden: die dem Tode Geweihten, Drangsalierten und Verfolgten des Regimes, die im Verborgenen wirkenden Opponenten, wohl auch manch Ausgebombter. Es bedurfte langer Jahre des Wandels, bis die Kapitulation von der Mehrheit der Bevölkerung als Befreiung akzeptiert wurde. Aber auch diejenigen, die das Kriegsende als Niederlage sahen, waren von existenziellen Sorgen und Zukunftsängsten geplagt. Noch war für niemanden zu ahnen, dass die Zusammenbruchsgesellschaft von 1945 inner halb weniger Jahre eine starke wirtschaftliche Dynamik entfalten sollte.
Mit der bedingungslosen Kapitulation der letzten Regierung des Deutschen
Reiches mit dem Großadmiral Karl Dönitz als Reichspräsidenten, vertreten
durch das Oberkommando der Wehrmacht, hatte das Deutsche Reich und damit auch sein Verwaltungsaufbau zu existieren aufgehört. Während die hohen NS-Funktionäre in aller Regel geflüchtet waren oder Selbstmord begangen hatten, waren zahlreiche Bürgermeister auf ihren Posten geblieben. An ihnen und an den neu berufenen, unbelasteten Stadtoberhäuptern lag es nun, unter der Kuratel der Besatzungsmächte die dringlichsten Probleme des Nachkriegsalltags zu bewältigen.
Die Deutschen waren in dieser Situation ein Volk ohne Staat, aber eines mit Kommunen. So lange die Länderverwaltungen nicht wieder funktionierten, mussten und konnten die weitgehend intakt gebliebenen Kommunalverwaltungen staatliche Aufgaben übernehmen. Dies gelang nicht zuletzt aufgrund einer ganzen Reihe herausragender Bürgermeister, die tatkräftig anpackten und die die niedergeschlagene Bevölkerung motivieren konnten. Hinzu kam, dass sich dort, wo Verfolgte des NS-Regimes und Unbelastete zur Verfügung standen, eine überaus engagierte Art der Bürgerinitiative bewährte, die gemäß dem Imperativ „Nie wieder!“ und mit einem antinationalsozialistischen Grundkonsens über die alten Parteigrenzen hinweg funktionierte. Nicht zu unterschlagen ist dabei, dass unter den Aktiven der ersten Stunde nicht nur Sozialdemokraten, Liberale und Zentrumsanhänger waren, sondern oft auch Kommunisten mit einer KZ-Leidensgeschichte. Sie wurden als „normaler“ Bestandteil der deutschen Parteienlandschaft angesehen, bis die KPD ihren Weg hin zur stalinisierten Kaderpartei nahm.
Auch für die notgeplagte Bevölkerung war der kommunale Zusammenhang der unmittelbare Orientierungsrahmen im Alltag: bei der Sicherung der menschlichen Grundbedürfnisse wie Ernährung, Wohnen, Energieversorgung zum Heizen und Kochen sowie bei der Trümmerbeseitigung und beim Wiederaufbau.
Heimatvertriebene und Flüchtlinge nach dem Zweiten Weltkrieg
Zwischen 1939 und 1945 war die Bevölkerungszahl in Südwestdeutschland bedingt durch die Kriegshandlungen und aufgrund einer niedrigen Geburtenrate von etwa 5,5 Millionen Menschen auf etwas weniger als 5,1 Millionen zurückgegangen. Nach dem Krieg wuchs die Bevölkerung zumindest in manchen Landesteilen rasant, was nur zum geringeren Teil auf die nun ansteigende Geburtenrate, sondern vor allem auf die Bevölkerungsverschiebungen im Zuge der militärischen Niederlage Deutschlands zurückzuführen war.
Schon vor dem Kriegsende waren Menschen aus den deutschen Ostgebieten vor der Sowjetarmee auch nach Südwestdeutschland geflüchtet. Die Massentransporte der Heimatvertriebenen kamen aber seit Herbst 1945 an. Auf der Potsdamer Konferenz hatten sich die drei „großen" Siegermächte auf eine vertragliche Regelung „zur ordnungsgemäßen Überführung deutscher Bevölkerungsteile" geeinigt, wie die Vertreibung amtlich hieß. Sie lösten damit eine Welle zwangsweiser Migration in bislang unbekanntem Ausmaß aus, die die Aufnahmeländer völlig unvorbereitet traf.
Die Unterbringung, Versorgung und Integration der Heimatvertriebenen – wenig später auch der SBZ-Flüchtlinge – war eine der größten Herausforderungen der Nachkriegszeit. Auch hier verlief die Entwicklung regional sehr unterschiedlich: Die Franzosen, die an der Potsdamer Konferenz nicht beteiligt waren, fühlten sich auch nicht an die dort getroffenen Beschlüsse gebunden und verweigerten zunächst die Aufnahme von Vertriebenen in ihrer Besatzungszone. Nicht zuletzt fürchteten sie eine wirtschaftliche und politische Destabilisierung der Nachkriegsgesellschaft. Entsprechend stagnierte in den beiden französisch besetzten südwestdeutschen Ländern vorerst auch die Bevölkerungszahl.
Bis 1949 war hier von einem „Flüchtlingsproblem" nicht zu sprechen: In (Süd-)Baden waren im Jahr 1946 lediglich etwa 20.000 „Alt-Evakuierte" und Flüchtlinge im Land, die vor Erlass der Zonensperre „eingesickert" waren. In Württemberg-Hohenzollern waren es 28.000 (vgl. Tabelle). Erst ab 1949/50 stiegen nun auch hier die Flüchtlingszahlen deutlich an, weil beide Länder im Rahmen des Länderflüchtlingsausgleichs der ersten Bundesregierung Kontingente aufnehmen mussten. Aufgrund der geringeren Wirtschaftskraft und damit geringerer Zuweisungen erreichten aber hier die Werte nie das Niveau der amerikanischen Zone.
Völlig anders gestaltete sich dagegen die Entwicklung im amerikanisch besetzten Württemberg-Baden: Innerhalb nur eines Jahres kamen hier seit Herbst 1945 über eine halbe Million „Flüchtlinge" an, wie sie von Amts wegen noch genannt wurden. Rund 321.000 waren es im weniger stark zerstörten Nordwürttemberg und 183.000 in Nordbaden. Schon im Sommer 1945 waren die zerstörten industriellen Zentren wie Ulm, Heilbronn, Stuttgart, Mannheim und Pforzheim als „Brennpunkte des Wohnungsbedarfs" für jeglichen Zuzug gesperrt worden. Um ein länger dauerndes „Lagerleben" zu verhindern, schrieb die US-Besatzungsmacht vor, dass die Vertriebenen möglichst rasch und unter Beibehaltung der Familien-, nicht aber der Dorfgemeinschaft über das Land zu verteilen und dafür privater Wohnraum der ansässigen Bevölkerung zu beschlagnahmen war.
Die Heimatlosen waren damit den Zufällen des behördlich organisierten Bevölkerungstransfers ausgeliefert. Sie kamen zunächst in staatliche Durchgangslager und wurden dann auf die orte ihrer „Erstplatzierung“ verteilt. In Nordwürttemberg erfolgte diese Verteilung relativ gleichmäßig, wobei der Anteil der Zwangszuwanderer an der Gesamtbevölkerung in den Landkreisen bei fast 18 Prozent und in den Stadtkreisen bei etwa fünf Prozent lag. Aufgrund der starken Kriegszerstörungen in den Landkreisen Bruchsal, Mannheim und Pforzheim mussten hier vor allem in den stärker landwirtschaftlich geprägten Kreisen Buchen, Mosbach, Sinsheim und Tauberbischofsheim zusammenrücken. Hier machten die Vertriebenen im Schnitt 23 Prozent der Bevölkerung aus, in einzelnen Kreisen gar fast dreißig Prozent. Die ökonomischen Rahmenbedingungen in den Kreisen, in denen die Vertriebenen „erstplatziert" wurden, bestimmten dann auch ganz entscheidend deren Start- und Integrationschancen.
Auf das gesamte Land Baden-Württemberg gesehen wurde der Höchststand der Zahl der Zwangszuwanderer erst 1961, im Jahr des Baus der Berliner Mauer, erreicht. Nun waren 1,2 Millionen Heimatvertriebene und weitere 415.000 SBZ-Flüchtlinge im Land. Zusammengenommen machten die „Neubürger", wie sie inzwischen amtlicherseits genannt wurden, fast 21 Prozent der gesamten baden-württembergischen Bevölkerung aus.
In vielerlei Hinsicht lässt sich die Integration der Zwangszuwanderer aus der ex post-Perspektive als Erfolgsgeschichte lesen. Weite Teile der Vertriebenen kamen mit Erfahrungen in der Landwirtschaft, aber auch mit fundierter handwerklicher oder anderer Ausbildung. In der deutschen Nachkriegsgesellschaft waren sie ein Aktivum, zumal die Industrie zusehends nach Arbeitskräften verlangte. Ohne das einsetzende Wirtschaftswunder wäre ihre Integration sicherlich problematischer verlaufen, aber ohne die Heimatvertriebenen und Flüchtlinge wäre wiederum das Wirtschaftswunder kaum möglich gewesen.
Die „Neubürger" waren leistungs- und aufstiegsorientiert und versuchten, mit viel Fleiß und Ehrgeiz den sozialen Status wieder zu erreichen, den sie in ihrer Heimat gehabt hatten. Die rege Bautätigkeit der Vertriebenen, die vor allem mit dem Lastenausgleichsgesetz von 1952 einsetzte, war symptomatisch, denn das Eigenheim war auch hier soziales Leitbild und Symbol für das „Ankommen" in der bundesrepublikanischen Gesellschaft.
Allerdings ist der „Mythos der schnellen Integration" (Thomas Grosser) auch zu hinterfragen. Durch die zum Teil erheblichen Konfessionsunterschiede zwischen einheimischer und vertriebener Bevölkerung entstanden kulturell bedingte Konflikte und Vorbehalte, die nur langsam abgeschliffen werden konnten. Gerade im vorwiegend protestantischen Nordwürttemberg führte die Zuwanderung der überwiegend katholischen Vertriebenen zur größten Verschiebung der Konfessionsverhältnisse seit dem Dreißigjährigen Krieg. So blieb beispielsweise die Verbindung der Vertriebenen mit den Einheimischen durch Heirat auch wegen dieser konfessionellen Unterschiede vor allem in den ländlichen Gebieten lange Zeit die Ausnahme.
Hinzu kam, dass sich nach der wirtschaftspolitisch liberalisierenden Weichenstellung der Währungsreform auch die Konflikte um Arbeitsplätze, Bezahlung und Wohnraum deutlich verschärften. Zumindest zwischenzeitlich stieg bei den „Neubürgern" die Arbeitslosigkeit deutlich stärker an als bei der „einheimischen" Bevölkerung. Weitere sozialökonomische und sozialkulturelle Integrationsbarrieren sind zu nennen: Wohl gelang relativ rasch die Teilhabe am expandierenden Konsumgütermarkt, noch lange aber blieben deutliche Unterschiede bei der Vermögenssubstanz bestehen, an denen auch der Lastenausgleich nichts änderte, wenngleich er vielen Alteingesessenen als ungerecht erschien. Zwar sorgten Wohnungsbauprogramme dafür, dass die Heimatvertriebenen verhältnismäßig schnell ein eigenes Dach über dem Kopf hatten, doch wurde noch lange Zeit bei den Vertriebenen nicht die Wohneigentümerquote der „Altbürger" erreicht.
Quelle: Karl Moersch, Reinhold Weber: Die Zeit nach dem Krieg: Wiederaufbau in Südwestdeutschland. Landeskundliche Reihe Bd 37. Die Zeit nach dem Krieg: Städte im Wiederaufbau.
https://www.lpb-bw.de/kriegsende-baden-wuerttemberg/
Mosbach Germany 1944 stock footage and images
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Soldiers of United States 18th Field Artillery Battalion fire multiple rocket launchers in Mosbach, Germany.
A rocket barrage and attack push off in Mosbach, Germany during World War II. Soldiers of United States 18th Field Artillery Battalion load and fire multiple rocket launchers. Explosions with smoke fuming in the area. U.S. soldiers camouflage the rocket launchers. United States 3rd Armored Division vehicles drive towards Mosbach. German shell bursts near the convoy.
Location: Mosbach Germany
Date: 1944, November 15Duration: 3 min 21 secSound: NoColor: MonochromeClip Type: UneditedLanguage: NoneClip: 65675044488
United States 3rd Armored Division vehicles drive towards Mosbach in Germany.
A rocket barrage and attack push off in Mosbach, Germany during World War II. United States 3rd Armored Division vehicles drive towards Mosbach. U.S. soldiers on an army truck with rifles and equipment. M5A1 light tanks, half-tracks, trucks and M8 armored cars drive on a dirt road outside the city. The convoy of armored vehicles drives past a country house.
Location: Mosbach Germany
Date: 1944, November 15Duration: 1 min 32 secSound: NoColor: MonochromeClip Type: UneditedLanguage: NoneClip: 65675044489
Soldiers of United States 18th Field Artillery Battalion load and fire multiple rocket launchers in Mosbach, Germany.
A rocket barrage and attack push off in Mosbach, Germany during World War II. Soldiers of United States 18th Field Artillery Battalion load multiple rocket launchers. A soldier operates a control set and a firing device. A soldier looks through a periscope. A row of rockets fired from the launchers.
Location: Mosbach Germany
Date: 1944, November 15Duration: 2 min 57 secSound: NoColor: MonochromeClip Type: UneditedLanguage: NoneClip: 65675044487
U.S. 1st Division convoy returns from front passes as U.S. 9th Division convoy waits in Mosbach, Germany during World War II.
U.S. 9th Division moves into U.S. 1st Division territory in Mosbach, Germany during World War II. A 2 ½ ton truck convoy loaded with U.S. 9th Division soldiers in the town. The soldiers in the trucks during a halt. A soldier works at his gun on a truck. 1st Division truck convoy returns from the front passes and 9th Division convoy wait to move up.
Location: Mosbach Germany
Date: 1944, December 5Duration: 2 min 22 secSound: NoColor: MonochromeClip Type: UneditedLanguage: NoneClip: 65675075059
Military Policemen direct U.S. 9th Division vehicles in U.S. 1st Division territory in Mosbach, Germany during World War II.
U.S. 9th Division convoy moves into U.S. 1st Division territory in Mosbach, Germany during World War II. MPs (Military Police) direct vehicles of 9th Division at an intersection. The vehicles move up on mountain road.
Location: Mosbach Germany
Date: 1944, December 5Duration: 1 min 3 secSound: NoColor: MonochromeClip Type: UneditedLanguage: NoneClip: 65675075060
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