Nationalsozialismus in Mosbach - Baden
: Rechtsextremismus und Neofaschismus : Anti-Semitismus : Anti-Ziganismus : Homophobie : Rassismus : Diskriminierung 

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HISTORISCHES & AKTUELLES:
Nazi-Juristen -
auch in Baden-Württemberg
vor und nach 1945

 Zuletzt AKTUALISIERT am 29.12.2024 ! 

Verschweigen, Verleugnen, Verharmlosen von Nazi-Justiz-Verbrechen sowie des historischen Versagens der deutschen Nachkriegsjustiz bei der Aufarbeitung von NS-Verbrechen in Mosbach-Baden:

>>> PROTEST GEGEN RECHTSEXTREMISMUS >>>
Aufforderungen und Anweisungen der seit Jahren beim Amtsgericht Mosbach tätigen KM-Rechtsanwältin aus Walldürn KONKRET an das Amtsgericht Mosbach vom 22.06.2022 unter 6F 202/21 und vom 12.11.2023 unter 6F 228/23, die Nazi-Jäger-Eingaben des KV amtsseitig EXPLIZIT NICHT zu benennen und amtsseitig EXPLIZIT NICHT zu bearbeiten und damit Nazi-Justiz-Verbrechen sowie das historische Versagen der deutschen Nachkriegsjustiz bei der Aufarbeitung von NS-Verbrechen, INSBESONDERE in der Region Mosbach-Baden, zu verschweigen, zu verleugnen und zu verharmlosen.
240130_202_21_PROTEST_gegen_RECHTS_NS_Justiz_BLIND.pdf (809.54KB)
>>> PROTEST GEGEN RECHTSEXTREMISMUS >>>
Aufforderungen und Anweisungen der seit Jahren beim Amtsgericht Mosbach tätigen KM-Rechtsanwältin aus Walldürn KONKRET an das Amtsgericht Mosbach vom 22.06.2022 unter 6F 202/21 und vom 12.11.2023 unter 6F 228/23, die Nazi-Jäger-Eingaben des KV amtsseitig EXPLIZIT NICHT zu benennen und amtsseitig EXPLIZIT NICHT zu bearbeiten und damit Nazi-Justiz-Verbrechen sowie das historische Versagen der deutschen Nachkriegsjustiz bei der Aufarbeitung von NS-Verbrechen, INSBESONDERE in der Region Mosbach-Baden, zu verschweigen, zu verleugnen und zu verharmlosen.
240130_202_21_PROTEST_gegen_RECHTS_NS_Justiz_BLIND.pdf (809.54KB)


BUNDESPRÄSIDENT STEINMEIER bekennt sich am 19.04.2023 zur deutschen Verantwortung für die NS–Verbrechen zum 80. Jahrestag des Gedenkens an den Warschauer Aufstand: „Für uns Deutsche kennt die Verantwortung vor unserer Geschichte keinen Schlussstrich. Sie bleibt uns Mahnung und Auftrag in der Gegenwart und in der Zukunft. Zur ganzen Wahrheit gehört allerdings auch, dass viel zu wenige andere Täter sich verantworten mussten nach dem Krieg."

Seiteninhalt:

  1. NS-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach

  2. Nazi-Juristen in Baden und Württemberg

  3. Online-Artikel zu Nazi-Juristen

  4. YouTube Videos zu Nazi-Juristen


1. NS-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach

Amtsgericht Mosbach: Bildquelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Amtsgericht_Mosbach#/media/Datei:Mosbach-kloster-amtsgericht1.jpg

Amtsgericht Mosbach
Hauptstraße 110
74821 Mosbach
Telefon:
06261 - 87 0
(Zentrale)
Telefax:
06261 - 87 460
(Zentrale Faxnummer)

NS- und Rechtsextremismus-Verfahren bei der Mosbacher Justiz:
AKTUELLE NS- und Rechtsextremismus-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach u.a. seit 03.06.2022 >>>

Historische NS-Verfahren der Mosbacher Justiz >>>

Zuständigkeit des Amtsgerichts Mosbach in NS- und Rechtsextremismus-Verfahren >>>

Frühere außergerichtliche NS-Aufarbeitungen 2005 bis 2011 >>>

Frühere gerichtliche NS-Aufarbeitungen 2004 bis 2010 >>>

Nach Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg mit Beschluss vom 15.12.2022 - 6 S 1420/22 - unterliegt der Nationalsozialismus nicht der grundrechtlich geschützten Weltanschauungsfreiheit gemäß Art. 4 Abs. 1 GG.

Das Amtsgericht Mosbach hat jedoch seit dem 03.06.2022 eine gemäß § 158 StPO ordnungsgemäße Eingangsbestätigung mit den Benennungen der Konkreten Eingabedaten, der Konkreten Sachverhaltsbenennungen mit einer kurzen Zusammenfassung der Angaben zu Tatzeit, Tatort und angezeigter Tat, insbesondere zu beantragten NS- und Rechtsextremismus-Strafverfahren, bisher ausdrücklich und EXPLIZIT versagt und NICHT ausgestellt.

Auch für die beim Amtsgericht Mosbach beantragten Wiederaufnahmeverfahren, amtsseitigen Verfügungen und gerichtlichen Prüfungen in NS- und Rechtsextremismus-Angelegenheiten verweigert das Amtsgericht Mosbach ordnungsgemäße Eingangs- und Weiterbearbeitungsbestätigungen mit konkreten Sachverhaltsbenennungen.

Siehe dazu auch Umgang des Amtsgerichts Mosbach mit NS- und Rechtsextremismusverfahren >>>

Das Amtsgericht Mosbach verweigert zudem bisher Stellungnahmen zu den historisch nachgewiesenen Kontinuitäten von NS-Funktionseliten in der BRD. Das AG MOS verweigert zudem bisher Stellungnahmen zur Kontinuität von NS-Richtern, NS-Staatsanwälten und NS-Juristen nach 1945 und in der BRD, die aber zuvor im Nationalsozialismus privat und beruflich sozialisiert wurden, u.a. auch in Mosbach, in Baden und Württemberg. Das AG MOS verweigert zudem bisher Stellungnahmen zu den NS-Justizverbrechen, auch zu den eigenen.

Das Amtsgericht Mosbach verweigert zudem bisher Stellungnahmen zum Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg (1966 bis 1978) Hans Filbinger, der historisch nachgewiesen vor 1945 als Nazi-Blutrichter und NS-Militär-Marinerichter Nazi-Justizmorde als Todesurteile veranlasst bzw. ausgesprochen hatte und dazu dann nach 1945 öffentlich zum Ausdruck brachte, dass DAS, was damals Recht gewesen sei, heute nicht Unrecht sein könne.

Das Amtsgericht Mosbach verweigert bisher Stellungnahmen zum Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg (2005 bis 2010) und Juristen Günther Oettinger, der seinen Amtsvorgänger Hans Filbinger, während seiner eigenen Filbinger-Trauerrede im April 2007 öffentlich zum angeblichen Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus zu verklären und zu stilisieren versucht hatte. Und dies sowohl in der eigenen juristischen NS-Aufarbeitung nach 1945 als auch in den Thematisierungen dieser NS-Sachverhalte innerhalb der eigenen NS-Öffentlichkeitsarbeit des AG MOS.

Expertise der Forensischen Sachverständigen MA Antje C. Wieck aus Kitzingen zur Aufarbeitung von NS-Verbrechen und NS-Unrecht in der NS-Vergangenheitsbewältigung

Die HIER fallverantwortliche Richterin beim Amtsgericht Mosbach Marina Hess verfügt HIER unter 6F 9/22 und 6F 202/21 am 17.08.2022 EXPLIZIT, dass die gerichtlich beauftragte familienpsychologische Forensische Sachverständige für Familienrecht MA Antje C. Wieck, Praxis für KINDER- UND JUGENDLICHENPSYCHOTHERAPIE, Moltkestr. 2, 97318 Kitzingen, eine INHALTLICHE Sachverständigen-Auseinandersetzung mit der Dokumentations-Website "nationalsozialismus-in-mosbach.de" des Kindsvaters, Beschwerdeführers und Nazi-Jägers Bernd Michael Uhl durchführen solle (Siehe im Folgenden!), die diese Sachverständige Gutachterin HIER ABER AKTENKUNDIG NACHWEISBAR im anhängigen Verfahrenskomplex während ihren zwei gerichtlich bestellten Sachverständigengutachten von 2022 bis 2024 DANN ÜBERHAUPT NICHT durchführt.

UND DIES HIER EXPLIZIT AUCH NICHT bzgl. der DARIN KONKRET thematisierten nationalsozialistischen Verbrechen bis 1945 und deren juristischen, politischen und zivilgesellschaftlichen Aufarbeitungen in der NS-Vergangenheitsbewältigung seit 1945, insbesondere HIER auch in der lokalen-regionalen Fall- und Verfahrenszuständigkeit für Mosbach und für den Neckar-Odenwaldkreis.

Die HIER fallverantwortliche Richterin beim Amtsgericht Mosbach Marina Hess verfügt HIER unter 6F 9/22 und 6F 202/21 am 17.08.2022 EXPLIZIT bei der von ihr selbst gerichtlich beauftragten familienpsychologischen Forensischen Sachverständigen für Familienrecht MA Antje C. Wieck, Praxis für KINDER- UND JUGENDLICHENPSYCHOTHERAPIE, Moltkestr. 2, 97318 Kitzingen eine Sachverständigen-Begutachtung bezüglich "der Notwendigkeit einer psychiatrischen Begutachtung" des Kindsvaters, Beschwerdeführers und Nazi-Jägers Bernd Michael Uhl "zur Beurteilung seiner Erziehungsfähigkeit" (Siehe im Folgenden!). UND DIES NACHDEM UNMITTELBAR ZUVOR das erste gerichtlich beauftragte familienpsychologische Gutachten vom 07.04.2022 unter 6F 202/21 und 6F 9/22 sich für den perspektivischen Verbleib des damals anderthalb Jahre alten Kindes beim Kindsvater ausspricht. HIERBEI unterstellt die fallverantwortliche Mosbacher Amts-Familienrichterin Marina Hess im familienrechtlichen Zivilprozess dem Kindsvater, Beschwerdeführer und Bernd Michael Uhl eine mögliche angebliche psychische Erkrankung und eine damit einhergehende eingeschränkte Erziehungsfähigkeit auf Grund seiner konkreten Nazi-Jäger-Eingaben zu den seinerseits beim Amtsgericht Mosbach beantragten juristischen Aufarbeitungen von konkreten Tatbeteiligungen an NS-Verbrechen und NS-Unrecht 1933-1945 und deren mangelhaften juristischen Aufarbeitungen seitens der deutschen Nachkriegsjustiz seit 1945. UND DIES HIER insbesondere auch in der lokalen-regionalen Fall- und Verfahrenszuständigkeit bei NS-Verbrechen und NS-Unrecht in Mosbach und im Neckar-Odenwaldkreis sowie bezüglich dem Versagen der Mosbacher Nachkriegsjustiz seit 1945 bei deren juristischen Aufarbeitungen.

Amtsgericht Mosbach unterstellt Bernd Michael Uhl angebliche psychische Erkrankung auf Grund seiner Nazi-Jäger-Eingaben.


SIEHE DAZU AUCH:



2. Nazi-Juristen in Baden und Württemberg

Dr. Rudolf Bilfinger


Emil Borho


Dr. Josef Bühler


Erich Ehrlinger


Hans Filbinger

Hans Karl Filbinger (* 15. September 1913 in Mannheim; † 1. April 2007 in Freiburg im Breisgau) war ein deutscher Politiker (CDU). Von 1966 bis 1978 war er Ministerpräsident Baden-Württembergs, von 1971 bis 1979 zudem Landesvorsitzender, von 1973 bis 1979 auch einer der stellvertretenden Bundesvorsitzenden der CDU.
Im Jahre 1978 wurden infolge seiner Unterlassungsklage gegen den Dramatiker Rolf Hochhuth schrittweise vier Todesurteile bekannt, die Filbinger, damals NSDAP-Mitglied, als Marinerichter 1943 und 1945 beantragt oder gefällt hatte. Durch seine Reaktionen auf die Entdeckungen verlor Filbinger den Rückhalt der Öffentlichkeit und seiner Partei und trat schließlich am 7. August 1978 als Ministerpräsident zurück. 1979 gründete er das rechtskonservative Studienzentrum Weikersheim, dem er bis 1997 vorstand. Bis zu seinem Tode bemühte er sich um seine Rehabilitierung.
Nach dem ersten Fund bestritt Filbinger seine Mitwirkung an weiteren Todesurteilen zunächst. Nach den weiteren Funden gab er an, diese Fälle vergessen zu haben. Er verteidigte seine Urteilsanträge und Urteile als formal rechtmäßig und weisungsgebunden. Seinen Interviewsatz „Was damals rechtens war, kann heute nicht Unrecht sein“ wollte er auf vor 1933 eingeführtes deutsches Militärstrafrecht bezogen haben; der Satz wurde jedoch als Ausdruck seines fehlenden Unrechtsbewusstseins und eines Rechtspositivismus verstanden, mit dem er auch nach über 30 Jahren Justizmorde der NS-Zeit rechtfertige.[43] Dadurch verlor er den Rückhalt der Öffentlichkeit und seiner Partei. Daraufhin trat er am 7. August 1978 als Ministerpräsident zurück. Sein Rücktritt führte zu Diskussionen in der Bundes-CDU über den richtigen Oppositionskurs und in ein Zustimmungstief. Zu seinem Nachfolger wurde am 30. August 1978 Lothar Späth gewählt, der die folgenden Landtagswahlen gewann.
https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Filbinger


Dr. Wilhelm Mühe


Friedrich Karl Müller-Trefzer


Albert Rapp


Dr. Paul Reimers


Dr. Wolfram Rombach


Oskar Schmoll

Oskar Schmoll (* 3. Mai 1894 in Karlsruhe; † 1969) war ein deutscher Jurist.
Seine Karriere begann in der Weimarer Republik und kulminierte in der Diktatur des Nationalsozialismus; von Juni 1942 bis April 1945 war er Präsident des Landgerichts und Mitglied des Sondergerichts Freiburg. In dieser Eigenschaft bei allen Waldshuter Verhandlungen Vorsitzender des Freiburger Sondergerichts in Waldshut. Als gefürchteter Strafrichter verhängte er drakonische Freiheitsstrafen und Todesurteile. Bedingt durch sein von Häme und Aggressivität geprägtes Auftreten steht Schmoll, ebenso wie Roland Freisler, als personifiziertes Beispiel für die Rechtsbeugung der Justiz im Dienst des Nationalsozialismus. In badischen Justizkreisen galt er 1950 „als der berüchtigste Blutrichter in Baden, fanatischer Anhänger der NSDAP, als gefährlicher Denunziant und übelste Erscheinung in der badischen Justiz.“[1]
Die Spruchkammerverfahren von 1948–1950
1.8.1 Das erstinstanzliche Urteil vom Dezember 1948
1.8.2 Das erste Revisionsurteil vom Februar 1950
1.8.3 Das zweite Revisionsurteil vom Dezember 1950
https://de.wikipedia.org/


Edmund Stark


Dr. Johannes Thümmler


Dr. Theodor Veiter


Paul Werner






3. Online-Artikel zu Nazi-Juristen

NS-VERBRECHEN
Massenmörder bekamen von der Justiz Mengenrabatt

Veröffentlicht am 11.06.2013 | Lesedauer: 6 Minuten
Von Henryk M. Broder
Auch die Justiz muss sich den Fehlern im Umgang mit den Verbrechen des Dritten Reiches stellen. Allerdings werden die juristischen Schandtaten folgenlos bleiben: Die Verantwortlichen sind längst tot.
Eines der schönsten geflügelten Worte aller Zeiten hat der 1999 verstorbene christlich-konservative Journalist Johannes Gross geprägt: „Je länger das Dritte Reich tot ist, umso stärker wird der Widerstand gegen Hitler und die Seinen.“ Gross meinte damit vor allem die so genannte „Antifa“, die zur Zeit der Wende mit der Parole „Nie wieder Deutschland“ vor einem drohenden „Vierten Reich“ warnte – ungeachtet der Tatsache, dass sich die „Antifa“ nur dort entfalten kann, wo es keinen „Fa“, also keinen Faschismus, gibt.
Historiker sprechen auch von einem „nachgeholten Widerstand“, mit dem Kinder die Sünden und die Versäumnisse ihrer Eltern aufzuarbeiten versuchen. Zum Beispiel wenn ein Hotelier, der sich geweigert hatte, Zimmer an NPD-Funktionäre zu vermieten, einen Preis für „Zivilcourage“ bekommt. Oder wenn Wirte eine Initiative „Keine Bedienung für Nazis“ starten, ohne genau zu wissen, woran man Nazis erkennt, die ja nicht alle Bomberjacken und Springerstiefel tragen.
Diese Art von „Widerstand“ ist durchaus ehrenwert, zugleich aber auch wohlfeil; denn das Schlimmste, das den „Widerständlern“ droht, ist eine Einladung zu Anne Will oder zum Bürgerfest beim Bundespräsidenten, der seinerseits in der Weihnachtsansprache zu „Mut und Zivilcourage“ aufruft.
Kaum Überraschungen bei der NS-Aufarbeitung
Darüber hinaus gehört es bei vielen großen Firmen inzwischen zum guten Ton, ihre Vergangenheit aufarbeiten zu lassen. Die Deutsche Gold- und Silber-Scheideanstalt (Degussa) hat Ende der 90er-Jahre einen amerikanischen Historiker ins Haus geholt und ihn beauftragt, die Geschichte der Firma während des Dritten Reiches objektiv und vorbehaltslos zu untersuchen.
Was dabei herauskam, war bereits lange bekannt. Dass die Degussa „in die Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes verwickelt“ war, indem sie unter anderem das Zahngold der ermordeten Juden verarbeitete. Eine Tochtergesellschaft der Degussa stellte zudem das Gas Zyklon B her – ursprünglich ein Schädlingsbekämpfungsmittel, das in der Landwirtschaft eingesetzt wurde.
Auch eine von Joschka Fischer im Jahre 2005 eingesetzte „unabhängige Historikerkommission“ kam in einer Studie über das Auswärtige Amt („Das Amt und die Vergangenheit: Deutsche Diplomaten im Dritten Reich und in der Bundesrepublik“) zu einem wenig überraschenden Ergebnis. Im „Amt“ waren Diplomaten tätig, die auch schon während des Dritten Reiches Dienst nach Vorschrift taten.
Eines haben alle diese Studien gemeinsam: Sie erscheinen zu einer Zeit, da die „biologische Amnestie“ längst eingetreten ist und alle Verantwortlichen, die juristisch oder politisch zur Verantwortung gezogen werden könnten, längst verschieden sind: Bei Firmen wie der Degussa und bei Institutionen wie dem Auswärtigen Amt.
Diese Art der „Vergangenheitsbewältigung“ ist einerseits aufwendig, andererseits garantiert folgenlos. Wie die Debatte darüber, ob Deutschland und der Welt das Dritte Reich erspart geblieben wäre, hätte Hitler die Aufnahme in die Wiener Kunstakademie geschafft.
NS-Justizverbrechen in der Nachkriegszeit
Nun ist das Justizministerium an der Reihe. Am Montag wurde in Berlin eine Dokumentation vorgestellt, in der unter anderem die Frage untersucht wird, „wie man im Bundesjustizministerium mit den Folgen umging, die sich aus dem Dritten Reich ergaben“, wozu auch die „strafrechtliche Aufarbeitung“ beziehungsweise Nicht-Aufarbeitung der „NS-Justizverbrechen in der Nachkriegszeit“ gehörte.
Die Fragestellung ist nicht neu, die Antworten sind bekannt. Man hat zurückhaltend ermittelt und noch zurückhaltender Recht gesprochen. Nur ein Bruchteil der eingeleiteten Verfahren endete mit einem Urteil.
Massenmörder bekamen Mengenrabatt. Der Berliner Autor Jörg Friedrich hat bereits vor 30 Jahren, 1983, die Unbereitschaft der bundesdeutschen Justiz, sich mit der Rolle der Justiz im Dritten Reich zu beschäftigen, in seinem Buch „Die kalte Amnestie – NS-Täter in der Bundesrepublik“ ausführlich dokumentiert. „Die Rechtsbrecher fühlten sich zeitlebens im Recht, das galt. Als es nicht mehr galt, galt es noch fünfzig Jahre als Rechtfertigung.“
Aufklärer galten als „Nestbeschmutzer“
Zum Inbegriff des unheilbar gesunden Gewissens deutscher Juristen wurde ein Satz, den der frühere NS-Marinerichter und spätere Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Hans Filbinger, sagte, nachdem er mit Todesurteilen konfrontiert wurde, die seine Unterschrift trugen: „Was damals rechtens war, kann heute nicht Unrecht sein.“ Der Schriftsteller Rolf Hochhuth musste freilich sein Recht, Filbinger einen „furchtbaren Juristen“ nennen zu dürfen, vor Gericht erstreiten.
Nach dem Tode von Filbinger im Jahre 2007 kam es zu einem mittleren Eklat, nachdem dessen Nachfolger im Amt des Ministerpräsidenten, Günther Oettinger, in einem Nachruf behauptet hatte, Filbinger sei ein „zutiefst christlicher und konservativer Mensch mit einer belegbaren inneren Distanz zum NS-Regime“ gewesen. Später relativierte Oettinger die Aussage. Filbinger sei kein Widerstandskämpfer gewesen, er habe sich „wie Millionen anderer dem NS-Regime angepasst“.
Man kann also beim besten Willen nicht behaupten, die Verbrechen der Nazis seien in der Nachkriegszeit nicht Gegenstand öffentlicher Debatten gewesen. Allerdings wurde die Diskussion vor allem von Autoren wie Jörg Friedrich und Rolf Hochhuth betrieben, die in der Öffentlichkeit so lange als „Ruhestörer“ und „Nestbeschmutzer“ galten, wie Filbinger und andere ehrenwerte „Mitläufer“ in Amt und Würden waren.
Hans Globke etwa, Mitverfasser und Kommentator der Nürnberger Rassengesetze, später Chef des Bundeskanzleramtes unter Adenauer. Oder Theodor Oberländer, während des Krieges „Sachverständiger für die Behandlung fremden Volkstums“ und zuständig für ethnische Säuberungen, danach Bundesminister für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte – nur um zwei der bekannteren Beispiele zu nennen.
Eine jener Schandtaten der westdeutschen Justiz
Und dann gab es da noch jene Verfahren, über die längst meterhohes Gras gewachsen ist. Zum Beispiel die ungesühnte Ermordung von 20 jüdischen Kinder im Alter von fünf bis zwölf Jahren Ende April 1945 in einem Außenlager des KZ Neuengamme, der Schule Bullenhuser Damm in Hamburg-Rothenburgsort.
Um die Spuren von grausamen medizinischen Versuchen zu beseitigen, wurden die Kinder zuerst mit Morphium betäubt und dann im Keller der Schule an Heizungs-rohren erhängt. Es dauerte 20 Jahre, bis ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde – gegen Arnold Strippel, einen SS-Obersturmführer, der in einem anderen Verfahren aufgrund seiner Tätigkeit im KZ Majdanek wegen Beihilfe zum Mord in 41 Fällen zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt wurde, die er aber nicht antreten musste.
Zu einer Anklageerhebung kam es aber nicht. Der zuständige Staatsanwalt stellte 1967 das Verfahren aus „Mangel an Beweisen“ an. In der Begründung führte er aus: „Die Ermittlungen haben nicht mit der erforderlichen Sicherheit ergeben, daß sich die Kinder über Gebühr lange quälen mussten, bevor sie starben. Im Gegenteil spricht manches dafür, daß sämtliche Kinder gleich nach Empfang der ersten Spritze das Bewusstsein verloren und aus diesem Grunde alles weitere, was mit ihnen geschah, nicht wahrgenommen haben. Ihnen ist also über die Vernichtung ihres Lebens hinaus kein weiteres Übel zugefügt worden, sie hatten insbesondere nicht besonders lange seelisch oder körperlich zu leiden.“
So etwas geschrieben und sich dabei nichts gedacht zu haben, dabei juristisch korrekt und menschlich anständig geblieben zu sein, ist eine jener Schandtaten der westdeutschen Justiz in der Nachfolge von Volksgerichtshofspräsident Roland Freisler, die keine unabhängige Historikerkommission 68 Jahre nach dem Ende des Tausendjährigen Reiches ungeschehen machen kann.
https://www.welt.de/



Liste der deutschen Scharfrichter in der Zeit des Nationalsozialismus

Die Liste der deutschen Scharfrichter in der Zeit des Nationalsozialismus enthält die Namen, Daten und Zusatzinformationen aller deutschen Scharfrichter, die im Zeitraum 30. Januar 1933 (sogenannte Machtergreifung der Nationalsozialisten) bis einschließlich 8. Mai 1945 (Tag der Bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht) in den zehn Vollstreckungsbezirken auf deutschem Staatsgebiet Todesurteile deutscher Gerichte vollstreckt haben.
In der Zeit des Nationalsozialismus wurden mindestens 25.000 Todesurteile von Kriegsgerichten und Standgerichten gefällt; hinzu kamen mehr als 16.000 Todesurteile von zivilen Strafgerichten (meist Sondergerichten und dem Volksgerichtshof).[1] Von den Zivilurteilen wurden allein 11.881 von nur drei Scharfrichtern vollstreckt: Johann Reichhart, Ernst Reindel und Wilhelm Röttger (wobei dieser erst am 23. September 1942 bestellt wurde). Röttger führte demnach doppelt so viele Hinrichtungen durch wie Reichhart und Reindel zusammen.[2]
https://de.wikipedia.org/

Ungesühnte Nazijustiz

„Ungesühnte Nazijustiz – Dokumente zur NS-Justiz“ hieß eine bundesdeutsche Wanderausstellung zu Justizverbrechen, die in der Zeit des Nationalsozialismus (1933–1945) im Deutschen Reich und von ihm besetzten Gebieten verübt worden waren. Sie zeigte Dokumente zu Strafverfahren und Todesurteilen sowie zu Nachkriegskarrieren beteiligter Richter und Staatsanwälte. Ihr voraus gingen zwei Petitionsaktionen an der Freien Universität Berlin (FUB). Ihr folgte die „Aktion Ungesühnte Nazijustiz“, bei der Strafanzeigen gegen 43 wieder amtierende NS-Juristen erstattet wurden. Anlass war die bevorstehende Verjährung für einen Großteil der nationalsozialistischen Verbrechen gegen die Menschlichkeit (31. Dezember 1959) und für bis 1945 begangenen Totschlag (31. Mai 1960).
Die Ausstellung wurde vom 27. November 1959 bis Februar 1962 in zehn bundesdeutschen und einigen ausländischen Universitätsstädten gezeigt, zuerst in Karlsruhe, dem Sitz des Bundesgerichtshofs und Bundesverfassungsgerichts, dann in West-Berlin, Stuttgart, Frankfurt am Main, Hamburg, Tübingen, Freiburg, Heidelberg, Göttingen, München, Oxford, London, Amsterdam, Utrecht und Leiden. Hauptautor war der Westberliner Student Reinhard Strecker, Veranstalter waren örtliche studentische Gruppen, meist Mitglieder des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS). Obwohl die Ausstellung nur aus Privatspenden finanziert wurde, einfachste Darstellungsmittel verwendete, oft nur in Privaträumen stattfinden konnte und von fast allen bundesdeutschen Parteien und Medien abgelehnt wurde, hatte sie erhebliche öffentliche Wirkungen.
https://de.wikipedia.org/wiki/


Filbinger-Affäre

Die Filbinger-Affäre oder der Fall Filbinger im Jahr 1978 war eine Kontroverse um das Verhalten Hans Filbingers (1913–2007) in der Zeit des Nationalsozialismus und seinen Umgang damit als Ministerpräsident Baden-Württembergs. Sie begann im Februar 1978 mit Filbingers Unterlassungsklage gegen den Dramatiker Rolf Hochhuth, der ihn öffentlich als „furchtbaren Juristen“ bezeichnet hatte.
Im weiteren Verlauf wurden vier Todesurteile entdeckt, die Filbinger als Militärrichter der Kriegsmarine 1943 und 1945 beantragt oder gefällt hatte. Er bestritt zuvor drei davon und gab dann an, sie vergessen zu haben, hielt aber an ihrer Rechtmäßigkeit fest. Angesichts der wachsenden öffentlichen Kritik verlor er den Rückhalt der CDU, der er seit 1951 angehörte. Daraufhin trat er am 7. August 1978 als Ministerpräsident zurück.
Seine bis zu seinem Tod am 1. April 2007 fortgesetzten Rehabilitierungsversuche und eine umstrittene Trauerrede Günther Oettingers für ihn hielten die Erinnerung an die Affäre wach. Sie beeinflusste die Vergangenheitsbewältigung in der Bundesrepublik Deutschland und die Rehabilitierung der Opfer der NS-Militärjustiz. Filbingers Verhalten in der NS-Zeit gilt heute als Beispiel für das Versagen vieler Mitläufer unter damaligen Juristen.[1]
https://de.wikipedia.org/wiki/Filbinger-Aff%C3%A4re


Vergangenheitsbewältigung
Juristische Aufarbeitung

Um die materiellen Schäden der Opfer zu ersetzen und der geschichtlichen Verantwortung gerecht zu werden, wurde die Wiedergutmachung eine feste Größe westdeutscher Politik. Die NS-Vergangenheit wurde nach Ende des Zweiten Weltkrieges jedoch weitgehend verdrängt. Die ungesühnten NS-Verbrechen rückten erst in den angehenden fünfziger Jahren mit dem Einsetzen der Strafverfahren gegen sogenannte „Exzesstäter“, verschiedene Skandale um wiederamtierende ehemalige nationalsozialistische Funktionsträger und mehrere studentische Aktionen wie die Ausstellung Ungesühnte Nazijustiz (1959–1962) und die Ausstellung „Die Vergangenheit mahnt“ (1960–1962) ins Blickfeld der Öffentlichkeit. Große Aufmerksamkeit erregten der Prozess gegen Adolf Eichmann 1961 in Israel und der erste Frankfurter Auschwitzprozess von 1963 bis 1965. Aber im Spannungsfeld des Kalten Krieges war die strafrechtliche Vergangenheitsbewältigung bis zur Verjährungsdebatte des Bundestages umstritten. In einer Umfrage im Jahre 1965 plädierte die Hälfte der Befragten für eine sofortige Beendigung aller NS-Prozesse.
Die Aufhebung von NS-Unrechtsurteilen und die Rehabilitierung der Opfer ist ebenfalls ein Teil der Wiedergutmachung. Nach Einzelfallentscheidungen und verschiedenen Versuchen einer generellen Regelung auf Bundesebene und in einzelnen Bundesländern wurde 1998 vom Deutschen Bundestag das Gesetz zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege verabschiedet, mit dem zunächst die Urteile des Volksgerichtshofs und der Standgerichte aufgehoben wurden. Nach entsprechenden Gesetzesänderungen wurden 2002 die Urteile der Militärgerichte und 2009 die Urteile gegen sog. Kriegsverräter einbezogen.
https://de.wikipedia.org/

Siehe auch :


4. YouTube Videos zu Nazi-Juristen


 

Nazi-Richter am Bundesarbeitsgericht |
Doku

  

 

Bundesanwaltschaft nach dem Krieg:

 Von Alt-Nazis geprägt

 


10. Prof. Dr. Schumann,
"Fortwirken von NS-Juristen in der Bundesrepublik"



Die Juristenkonferenz
vom April 1941


 

Das Bundesarbeitsgericht

 

und eine NS-Belastung?

 

 

HITLERS ELITEN NACH 1945 JURISTEN - 
Freispruch in eigener Sache


 

 

Hans Filbinger – eine Karriere in Deutschland -
Geschichte im Ersten - ARD

 

 

Diener des Rechts und der Vernichtung. Das Verfahren gegen die Teilnehmer der Konferenz von 1941.

 


4. Bundesministerin Leutheusser-Schnarrenberger, "Verantwortung von Juristen"


Wie Hamburger Richter in der NS-Zeit urteilten |
Panorama 3 | NDR

Aufarbeitungsprojekte beim Bundesgerichtshof, bei dem Generalbundesanwalt und bei dem Bundesministerium für Justiz und für Verbraucherschutz.

Mit Rüdiger Pamp, Vorsitzender Richter am BGH, Prof. Dr. Friedrich Kießling, Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt, Alexander Garpentin, Referatsleiter im BMJV.
Moderation von Dr. Ronen Steinke, Süddeutsche Zeitung
Stephan Wilms, Leiter der Dokumentations- und Forschungsstelle "Justiz und Nationalsozialismus" des Landes NRW

Podiumsdiskussion zur NS-Vergangenheit des Bundesjustizministeriums

Die das erste Symposium am 26. April 2012 in Berlin abschließende Podiumsdiskussion mit namhaften Vertretern aus Politik und Wissenschaft.

Siehe auch :


NSDAP-Mitglieder, Mitläufer, graue Mäuse
Wie braun waren Deutschlands erste Richter?

 

Bislang vertrauliche Akten liefern Einblicke in die Gründerzeit des Verfassungsgerichts. Die Dokumente zeigen, unter welchen Bedingungen die Juristen arbeiteten und welche Rolle sie unter den Nazis gespielt hatten.

Von Thomas Darnstädt

24.09.2021, 13.00 Uhr • aus DER SPIEGEL 39/2021

https://www.spiegel.de/panorama/

Das Erbe von Fritz Bauer: Öffentliche Wahrnehmung justizieller „Vergangenheitsbewältigung“ (Wissenschaftliche Beitrage Aus Dem Tectum Verlag: Geschichtswissenschaft, 54

Fritz Bauer setzte sich besonders in den 1950er und 1960er Jahren gegen die anhaltenden Verdrängungsmechanismen und Amnestiebestrebungen der deutschen Gesellschaft ein. Dass Bauer in den letzten Jahren zu einer regelrechten Kultfigur geworden ist, wäre ihm selbst wohl kaum eingefallen. Auch wäre dies dem Juristen und Strafverfolger wohl nur in dem Sinne recht gewesen, als es seinem intensiven persönlichen Engagement für eine juristische Aufarbeitung wie öffentliche Aufklärung der NS-Vergangenheit gedient hätte. In der vorliegenden Arbeit sollen die zeitgenössischen Debatten, die heutige Rezeption Bauers sowie sein Wirken untersucht werden, um den mittlerweile gebildeten „Fritz Bauer-Boom“ sukzessive zu begreifen und zu dekonstruieren.



Siehe auch :


NS-Staat und Justiz in der Ära Gürtner

Hausarbeit (Hauptseminar), 2008
17 Seiten, Note: 1,7
H P MASTER OF ARTS HENNING PRIET (AUTOR:IN)


Einleitung
Der Verfasser dieser Arbeit hielt im Seminar (Integration und Mobilisierung der „Volksgemeinschaft“: NS-Herrschaft ind Deutschland 1933-1945), zu welchem die vorliegende Hausarbeit verfasst wurde, ein kurzes Referat zur NS-Justiz. In diesem Referat wurde die These vertreten, dass die NS-Justiz sich nicht gegen die kontinuierliche Macht der Gestapo und somit ihrer eigenen Ausschaltung wehrte, da es gar nicht in ihrem Interesse war, gegen die Gleichschaltung zu kämpfen.
Im Verlauf der wissenschaftlichen Lektüre zu dieser Arbeit, in der ursprünglich diese These untermauert werden sollte, erschien dem Autor diese These jedoch zu monokausal zu sein.Somit wird zunächst ein Blick auf die NS-Gesetze geworfen, welche den legalistischen Rahmen aufzeigen, in welchem sich das interdependente Verhältnis von Justiz und NS-Staat entwickelte. In einem zweiten Schritt soll dann ein Blick auf die Erklärungsmuster geworfen werden, welche bisher in der historischen Forschung erarbeitet wurden, um das Verhalten der NS-Justiz zu erklären.Abschließend wird auf den Reichsjustizminister Franz Gürtner eingegangen, da in seiner Amtszeit (1932-1941), die Entscheidung fielen, welche dazu führten dass die Justiziare unter dem späteren Minister Thierack zum Instrument der NS-Massenvernichtung[1] wurden. Es soll im Folgenden somit die Frage beantwortet werden, ob die These aus dem Referat und die darin mitschwingende Kritik, dass die Justiz kein Interesse hatte die Fahne des Rechts aufrechtzuerhalten, zu korrigieren ist.
NS-Gesetze zur Justiz
In diesem Kapitel sollen die Gesetze Erwähnung finden, welche im Untersuchungszeitraum dieser Arbeit erlassen wurden und einen wesentlichen Beitrag zum legalistischen Verhältnis zwischen NS-Staat und seiner Judikative leisteten.
Zuerst einmal darf man den Begriff „Recht“ für die NS-Diktatur nicht als ein Instrument verstehen, welches ein „wahrhaft menschliches Zusammenleben gewährleistet“[2], sondern als ein Instrument der politischen Führung welche „Bürger“ für ihre totalen Zwecke zu unterwerfen versuchen. Diese nahezu entgegengesetzten Auffassungen und Auslegungen des Rechtsbegriffes von NS-Führung und Majorität der Justiziare ist als verantwortlich für eine Unterschätzung des Nationalsozialismus seitens der Juristen zu zeichnen.
Um auf das Verhalten der Richterschaft eingehen zu können muss erwähnt werden, dass nach Artikel 102 der Weimarer Verfassung, Richter unabhängig waren und sich nur dem Gesetz unterwerfen mussten. Da die Nationalsozialisten diesen Artikel nicht absetzten, musste ein Richter sich zwar an NS-Gesetze halten, konnte aber den dort verankerten juristischen Spielraum seiner Ansicht nach ausnutzen[3] ohne aus dem Amt entfernt zu werden.
Für die Juristenschaft insgesamt essenziell ist sowohl das am 07. April 1933 erlassene Gesetz zur „Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“, als auch das Gesetz über die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft. Obwohl beide Gesetze als „rassische Diskriminierungsgesetze“[4] zu bezeichnen waren und sind, riefen sie Konsens bei den Mitgliedern der „Regierung der nationalen Revolution“ hervor. Infolge der Bestimmungen wurden in Preußen von den ca. 4000 Beamten in der Justizverwaltung ca. 300 Personen in Pension entlassen; in den anderen Ländern waren es nur einige Dutzend. Dies zeigt deutlich, dass die politische Einstellung der Juristen größtenteils den nationalsozialistischen Vorstellungen entsprach, welche in den beiden Ausschließungsgesetzen ventiliert wurde.[5]. Dennoch gehörten die meisten NSDAP-Mitglieder innerhalb der Juristenschaft zu den „Märzgefallenen“[6]. Ein, aus dem Glaube an den Nationalsozialismus initiierter, Parteibeitritt war keinesfalls ein Massenphänomen.
Am 04. Februar 1933 wurde die „Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz des deutschen Volkes“ und am 28. des Monats die „Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat“ (Reichstagsbrandverordnung) erlassen. Mit diesen beiden Verordnungen wurde die freie Presse ausgeschaltet, die Meinungsfreiheit eingeschränkt und andere liberal-bürgerliche Grundrechte zu mindestens beschnitten. Ferner bildeten diese Verordnungen die Basis für die ersten reichsweiten Verhaftungswellen von Personen, welche dem Nationalsozialismus gefährlich werden konnten[7].
Bereits im März 1933, nach der Verabschiedung des „Ermächtigungsgesetzes“, war erkennbar, dass alle liberalen Grundrechte beseitigt werden und das dies geschah, „ohne das dies jemanden bis aufs Äußerste empörte, ja im Ganzen, ohne dass es die Leute überhaupt stark berührte“[8].
Am 21. März 1933 trat eine „Verordnung des Reichspräsidenten zur Straffreiheit bei Straftaten, die im Kampfe für die nationale Erhebung des deutschen Volkes […] verübt wurden“ in Kraft, welche es ermöglichte, dass bis zum Frühjahr 1934 über 3000 Strafverfahren[9] gegen NSDAP Mitglieder oder Sympathisanten nicht vor Gericht verfolgt werden konnten – die Gerichte mussten tausende NS-Verbrecher Straffreiheit gewähren, was zuerst als eine einmalige Amnestie aufgefasst wurde, entwickelte sich zur Rechtsnorm.
Damit die „Reichstagsbrandverordnung“ auf alle politischen Feinde des NS-Regimes angewendet werden konnte, wurde von führenden Strafrechtslehrern die Argumentation erarbeitet, dass jeder der das NS-Regime schwächte den Kommunisten in die Hände arbeiten würde[10].
Ferner war das Gesetz zur Neuregelung der Todesstrafe am 29.03.1933 bedeutungsvoll, da hier das für einen Rechtsstaat unabdingbare Rückwirkungsverbot aufgehoben wurde; ohne Aufschrei des Rechtsgewissens der Juristen.
Nach Durchbrechung des liberalen Rechtsstaates in den ersten vier Monaten wurde dann im Sommer der demokratische Mehrparteienstaat offiziell abgeschafft. Durch die Erklärung vom 14. Juli 1933 wurde die NSDAP zur einzigen legalen Partei in Deutschland, somit war die, von den national konservativen Juristen verhasste, Demokratie nicht mehr vorhanden[11].
Bis zur Verkündung der „Rassengesetze“ auf dem NSDAP-Parteitag in Nürnberg im September 1935, war es noch möglich die Gesetzte der nationalsozialistisch geführten Regierung als „Output“ von Vertuschung ihrer wahren Absichten zu bezeichnen[12]. Die Gesetze und Verordnungen die bist dato Pogrome legalisierten und die stetige Ausschaltung von Minderheiten ermöglichten, wurden von einer Mehrheit der Justizbeamten so kommentiert, dass „nicht alles was heiß gekocht wird, auch heiß gegessen wird“[13]. Jedoch muss auch konstatiert werden, dass bis zu den „Nürnberger Gesetzen“ der NS-Staat seine antisemitischen Phobien öffentlich in Grenzen hielt und die „wahren“ Absichten der NS-Regierung erst durch die Veröffentlichung der Nürnberger Rassegesetze demaskiert wurden; ohne wesentliche Ablehnung oder gar Widerstände bei den Justiztiaren zu evozieren.
Bevor auf die drei „Gestapo-Gesetze“ eingegangen wird, möchte ich noch einmal die NS-Rechtsauffassung deutlich machen. Hierzu werfen wir einen Blick auf das Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches vom 28. August 1935. Der Artikel 1 §2 besagt, „bestraft wird, wer eine Tat begeht, die das Gesetz für strafbar erklärt oder die nach dem Grundgedanken eines Strafgesetzes und nach gesundem Volksempfinden Bestrafung verdient. Findet auf die Tat kein bestimmtes Strafgesetz unmittelbar Anwendung, so wird die Tat nach dem Gesetz bestraft, dessen Grundgedanke am besten zutrifft.“[14]
Im Strafrecht gab es also keine Spur mehr vom liberalen Rechtsstaat. Himmler formulierte diese Sichtweise folgendermaßen: „Ob ein Paragraf unserem Handeln entgegensteht, ist mir völlig gleichgültig, ich tue zur Erfüllung meiner Aufgaben grundsätzlich das, was ich nach meinem Gewissen und meiner Arbeit für Führer und Volk verantworten kann und dem gesunden Menschenverstand entspricht“[15].
https://www.grin.com/

Siehe auch :


Entnazifizierung und Wiedereinstellung der Juristen nach 1945: Der Umgang mit den ehemaligen Nazirichtern und die Anwendung des Art. 131 GG

Bis in die heutige Zeit scheint es Unternehmen und staatlichen Institutionen schwer zu fallen, sich mit ihrer Vergangenheit in der Zeit des Dritten Reiches auseinanderzusetzen. Noch immer kommen Historikerkommissionen zusammen, um die Rolle von Unternehmen und staatlichen Institutionen in der Nazi-Zeit zu durchleuchten und entsprechende Berichte zu veröffentlichen, so zum Beispiel das Bielefelder Unternehmen Dr. Oetker, das einer Forschungsgruppe Zugang zu den Archiven gewährte, um die NS-Vergangenheit des Unternehmens aufzuarbeiten und die Ergebnisse als Buch zu veröffentlichen. Auch im Bereich des Staates ist das Thema noch von Interesse und wird jetzt durch Forschungsaufträge und Historikerkommissionen zum Beispiel im Hinblick auf die Geschichte des Auswärtigen Amtes oder des Verfassungsschutzes bearbeitet. Veröffentlichungen gibt es auch zu der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit der Richter im Nationalsozialismus und was aus ihnen nach der Kapitulation des Dritten Reiches und der Entstehung der beiden deutschen Staaten wurde. Dabei zeigt sich, dass die Entnazifizierung in den norddeutschen Ländern ausführlicher und besser dokumentiert ist, und dies nicht nur im Bereich der Justiz. So wird auch in dieser Arbeit das Gewicht auf die norddeutschen Bundesländer, hier Schleswig-Holstein, Bremen und Nordrhein-Westfalen gelegt. Zuvor werden die generellen Planungen der Entnazifizierung durch die Alliierten aufgezeigt und Beispiel der britischen Zone besonders dargelegt. Die Arbeit teilt sich in die Befassung mit der Entwicklung der Entnazifizierung im ersten und mit der Gesetzgebung zum Artikel 131 GG im zweiten Teil auf. Thematisch gehört beides zusammen, denn den Angehörigen der NSDAP und ihrer Organisationen, die auch trotz der stetig nachsichtiger werdenden Entnazifizierung nicht auf ihre alten Posten zurückkehren konnten, wurde dieser Weg - mit ein paar Ausnahmen - durch der Verabschiedung des Gesetzes zum Artikel 131 eröffnet.

Furchtbare Juristen: Die unbewältigte Vergangenheit der deutschen Justiz

Das Standardwerk über die deutsche Justiz unter den Nazis und darüber, wie willfährig sie sich verhielt und wie wenig Widerstand sie leistete. Ein Klassiker, der frei von Juristenjargon ist die ganze unselige Geschichte unseres Rechtssystems im 20. Jahrhundert präzise beschreibt.




Hitlers Eliten nach 1945: Das Buch zur ARD-Fernsehserie

»Eine teilweise atemberaubende Untersuchung.« Frankfurter Rundschau. Wie viel personelle Kontinuität gab es nach 1945 in dem neu zu organisierenden deutschen Staat? Fast alle Juristen, Ärzte, Unternehmer, Journalisten und Offiziere, die dem NS-Regime in wichtigen Positionen gedient hatten, konnten in der Bundesrepublik ihre Karrieren fortsetzen.




 Filbinger - eine deutsche Karriere

'Was damals Recht war, kann heute nicht Unrecht sein' – so rechtfertigte Hans Filbinger seine verhängnisvolle Tätigkeit als NS-Marinerichter und löste damit einen der größten politischen Skandale der Bundesrepublik Deutschland aus. Der politische Skandal um Hans Filbinger, den ehemaligen NS-Marinerichter und späteren Ministerpräsidenten des Landes Baden-Württemberg, liegt nun schon länger zurück. Schon die historischen Fakten, die exemplarisch eine Karriere erst im NS-Staat und dann in der Bundesrepublik Deutschland offenbarten, waren empörend genug. Filbingers Versuch einer Selbstverteidigung aber machte aus der Empörung einen handfesten Skandal, der den Ministerpräsidenten schließlich zu Fall bringen sollte. Obwohl der Fall Filbinger schon 1978 von Journalisten gut recherchiert wurde, gibt es bis heute in Buchform nur parteipolitisch motivierte Apologien, aber keine umfassende, sachliche und kritische Darstellung. Beiträge von: Otto Gritschneder, Manfred Messerschmidt, Tilmann Moser, Florian Rohdenburg, Andreas Streit, Wolfram Wette.

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TOPOGRAPHY OF TERROR
Diener des Rechts und der Vernichtung. Das Verfahren gegen die Teilnehmer der Konferenz von 1941

Topographie des Terrors
Dienstag, 31. August 2021  19:00 Uhr
Diener des Rechts und der Vernichtung. Das Verfahren gegen die Teilnehmer der Konferenz von 1941, oder: Die Justiz gegen Fritz Bauer
Vortrag: Christoph Schneider, Frankfurt/M.
Moderation: PD Dr. Tobias Freimüller, Frankfurt/M.


Roland Freisler - Hitler's Blood Judge - Part 5

stauffenbergproject
Roland Freisler, president of the Nazi's People Court (Volksgerichtshof), was Hitler's blood judge. Approximately 90% of all proceedings at the Volksgerichtshof ended with sentences of death or life imprisonment, the sentences frequently having been determined before the trial. Between 1942 and 1945 more than 5,000 death sentences were handed out, and of these, 2,600 through the court's First Senate, which Freisler headed. Thus, Freisler alone was responsible, in his three years on the court, for as many death sentences as all other senate sessions of the court together in the entire time the court existed, between 1934 and 1945.
Freisler was particularly known for humiliating defendants and shouting loudly at them. A number of the trials for defendants in the July 20 Plot before the People's Court were filmed and recorded. In the 1944 trial against Ulrich Wilhelm Graf Schwerin von Schwanenfeld, for example, Freisler screamed so loudly, the technicians who were filming the proceeding had major problems making the defendants' words audible. Count Schwerin, like many other defendants in the plot, was sentenced to death by hanging. Among this and other show trials, Freisler headed the 1943 proceedings against the members of the "White Rose" resistance group, and ordered many of its members to be executed by guillotine.
https://www.youtube.com/watch?v=H9z4wG43rXY



Die Rückkehr der "Ehemaligen": Personelle und ideologische Kontinuitäten in der Bremer Justiz nach 1945

Deutschland Archiv
Christine Schoenmakers
01.07.2016 /
Die Entnazifizierung als Versuch der Alliierten, die deutsche Nachkriegsgesellschaft zur strafrechtlichen und moralischen Auseinandersetzung mit ihrer jüngsten Vergangenheit zu zwingen, ist zum größten Teil gescheitert. Am Beispiel Bremen zeigt dieser Beitrag die mangelhafte Aufarbeitung der NS-Vergangenheit unter den vielfach wiedereingestellten Juristen.
Im Mai 1960 eröffnete die Staatsanwaltschaft Hamburg ein Ermittlungsverfahren gegen ehemalige Mitglieder des Bremer Sondergerichts. Dieses hatte zwischen 1940 und 1945 in 562 Verfahren gegen 918 Angeklagte verhandelt und 49 Todesurteile gefällt. Anklagepunkte waren unter anderem als "Heimtücke" bezeichnete "staatsfeindliche" Äußerungen, verbotenes Abhören von "Feindsendern", Schwarzschlachten und andere "Kriegswirtschaftsdelikte" sowie "unter Ausnutzung der Kriegsumstände" begangene Delikte. Auf den Vorwurf, das Recht vorsätzlich zuungunsten von Angeklagten gebeugt zu haben, entgegnete der frühere stellvertretende Vorsitzende des Gerichts, Dr. Emil Warneken, empört: "Das Sondergericht Bremen war überhaupt, wie auch in Hamburg – und zwar auch jetzt noch – bekannt sein muss, in jenen Jahren durch seine angeblich ‚auffallend milden’ Urteile in allen einschlägigen Kreisen bekannt." In keinem einzigen Fall, so Warneken, sei das Sondergericht nach 1945 wegen ungerechtfertigter Urteile gerügt worden.Zur Auflösung der Fußnote[1] Im Gegenteil: Die Prozesse seien wie normale Strafverfahren abgelaufen. Zwar hätten die Kriegsumstände eine harte Rechtspraxis erfordert, aber politisch motivierte Urteile seien vor dem Sondergericht nicht ergangen. Zudem sei man als Richter oder Staatsanwalt an die bestehenden Gesetze gebunden gewesen und habe nur seine Pflicht getan. Warneken wehrte sich dagegen, nun als Komplize nationalsozialistischer Schreckensherrschaft gestempelt zu werden. Der Zeitgeist der späten 1950er und frühen 1960er Jahre, wonach Hitler allein die Schuld an den NS-Verbrechen trug und die Deutschen seine verführten Opfer waren, schien ihm Recht zu geben.
Ein neuer Fokus auf die nationalsozialistische "Volksgemeinschaft"
Die Frage nach dem Beitrag der "einfachen Deutschen" zur Stabilität und Radikalisierung des nationalsozialistischen Regimes und ihrer individuellen Verantwortung für die NS-Verbrechen war lange Zeit ein Tabu – trotz der mühevollen Versuche von Juristen wie Fritz Bauer, Sozialwissenschaftlern wie Theodor Adorno sowie Margarete und Alexander Mitscherlich und Historikern wie Raul Hilberg, auf diesem Gebiet wichtige Aufklärungsarbeit zu leisten und immer wieder den Finger in die Wunde zu legen. Mit dem Ableben der Zeitzeugen, insbesondere der Täter und vielen Mitläufern des NS-Regimes, widerlegt seit etwa zwei Jahrzehnten eine neue Generation an Historikern, Soziologen und Psychologen die, bis in die 1980er Jahre hinein von der Apologie der Zeitgenossen geprägten, gängigen Meinungen und Thesen über den Alltag in der NS-Diktatur.Zur Auflösung der Fußnote[2] Das systemkonforme Verhalten und Handeln breiter Bevölkerungskreise, so ein Ergebnis, resultierte dabei nicht nur aus Zwang, sondern aus einer starken Zustimmungsbereitschaft für Hitlers Ideen sowie aus der Hoffnung nach Sicherung des eigenen sozialen und beruflichen Status. Das positiv besetzte und auf freiwillige Teilnahme abzielende Leitbild der nationalsozialistischen "Volksgemeinschaft" zog dabei eine große Anzahl an Menschen in ihren Bann. Mit dem Konzept einer rassisch reinen Gemeinschaft gelang es der NS-Propaganda, eine angebliche Bedrohung durch "Gemeinschaftsfremde" als real erscheinen zu lassen. Auf Basis eines vor allem antisemitischen Konsenses setzte sich ein sozialer Ausgrenzungsprozess in Gang, an dem weite Teile der Gesellschaft partizipierten, und an dessen Ende Holocaust und Vernichtungskrieg standen.
Die NS-Justiz zwischen Gleichschaltung und vorauseilendem Gehorsam
Wer dazu gehören durfte und wer nicht, bestimmten zwischen 1933 und 1945 in hohem Maße Juristen. Sie prägten dabei das öffentliche Bild der "Volksgemeinschaft", indem sie in Strafprozessen die Grenzen der Gemeinschaft immer wieder neu verhandelten. Gerichtsverfahren dienten nun nicht mehr der Wahrheitsfindung, sondern der Durchsetzung politischer Macht. 1935 wurde das Strafrecht zu einem wirksamen Instrument zur Ausschaltung politischer Gegner umgebaut. Mit dem Kriegsstrafrecht gerieten seit 1939 auch viele einstige ehrbare "Volksgenossen" selbst für Bagatelldelikte in die Mühlen der Justiz.Zur Auflösung der Fußnote[3]
Viel Zwang musste die nationalsozialistische Regierung nicht ausüben, um die Justiz politisch auf Linie zu bringen: Zwischen der konservativen Einstellung vieler Juristen und der NS-Weltanschauung gab es erhebliche Schnittmengen. "Volksgemeinschaft" verhieß für sie vor allem die Rückkehr zu Recht und Ordnung nach einer in den 1920er Jahren als krisenhaft erlebten Zeit. Dass sich die Richter und Staatsanwälte seit 1933 bemühten, schon bei Bagatelldelikten abschreckende Prozesse zu führen, zeigt, wie ernst man den Kampf gegen als "Volksfeinde" stigmatisierte soziale Außenseiter nahm. Am Ende von zwölf Jahren nationalsozialistischer Diktatur standen zahlreiche Unrechtsurteile, insbesondere zehntausende politische Todesurteile.
Nach 1945 rechtfertigten sich die meisten Juristen, nur geltendes Recht angewandt und die Gesetze geachtet zu haben. Willkür und Terrorurteile schrieben sie dem Wirken von Polizei, Gestapo und SS zu, die die Justiz in vielen Bereichen entmachtet hätten. Zudem hätten staatliche Stellen sowie vorgelagerte Justizbehörden immer wieder harte Urteile gefordert. Vor allem aber habe der Krieg ein unnachgiebiges Vorgehen nötig gemacht. Diese Argumentation hatte Erfolg: Nach Kriegsende sind fast 90 Prozent aller vormals der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) oder ihrer Gliederungen angehörigen Richter und Staatsanwälte wieder in den Justizdienst zurückgekehrt. Die Bremer Justiz war dabei keine Ausnahme.
Die Entnazifizierung der Bremer Juristen
Mit der Besetzung Bremens durch amerikanische und britische Truppen am 27. April 1945Zur Auflösung der Fußnote[4] wurde der Gerichtsbetrieb in der Hansestadt zunächst stillgelegt. Zugleich begannen die beiden Besatzungsmächte die Mehrzahl der Richter und Staatsanwälte aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur NSDAP zu entlassen und lehnten auch die Wiederzulassung von ansonsten "unbelasteten" Parteianwärtern der NSDAP ab. Als Ende Juni 1945 das Landgericht und die beiden Amtsgerichte Bremen und Blumenthal wieder öffneten, wurden vor 1933 pensionierte Richter wieder eingestellt und Rechtsanwälte als Teilrichter und -staatsanwälte beschäftigt. Für die westlichen Alliierten bestand dabei das vorrangige Bedürfnis, Strafsachen und Zivilstreitigkeiten möglichst schnell wieder von den deutschen Gerichten erledigen zu lassen. Doch die Bremer Gerichte waren auch deshalb so früh wieder eröffnet worden, weil Amerikaner und Briten nicht allein in der Lage waren, die im Nachkriegschaos verstärkt auftretende Kriminalität wirksam zu bekämpfen.Zur Auflösung der Fußnote[5]
Auch wenn sich die Besatzungsmächte bemühten, nationalsozialistisches Gedankengut aus der Judikative zu verbannen, so gelang dies mitunter nur unzureichend. Am schwersten wog die Personalfrage. Wollten die Alliierten alle früheren NSDAP-Mitglieder aus ihren Ämtern entfernen, so hatte dies ernste Konsequenzen für den reibungslosen Ablauf der Strafverfolgung. Mit den wenigen Neuzulassungen von "unbelasteten" Juristen war das Problem des Personalmangels kaum zu lösen, weshalb man recht schnell an die Grenzen der Praktizierbarkeit einer kompletten Säuberung der Justiz stieß. Entlastung versprach nur eine maßvolle Wiedereinstellung der altgedienten Richter und Staatsanwälte mit Parteibuch – und genau diese sollte das Entnazifizierungsverfahren steuern. Ein Großteil der entlassenen Juristen konnte sich nun gute Hoffnungen auf eine baldige Wiedereinstellung machen.Zur Auflösung der Fußnote[6]
Seit Sommer 1945 setzten sich der neue Bremer Landgerichtspräsident Diedrich LahusenZur Auflösung der Fußnote[7] und Justizsenator Theodor SpittaZur Auflösung der Fußnote[8] bei der amerikanischen Militärregierung für die Wiedereinsetzung der von ihren Posten entlassenen Juristen ein. Das war zunächst gar nicht so einfach, denn die Amerikaner wollten NS-"belastetes" Justizpersonal unter allen Umständen aus dem öffentlichen Dienst entfernen. Lahusen und Spitta hingegen argumentierten pragmatisch: Ohne die ehemaligen Richter und Staatsanwälte würden die Gerichte bald unter der Last der Verfahren zusammenbrechen. Die Justiz aber könne nur schlagkräftig gegen die Kriminalität ankämpfen, wenn bewährtes Personal eingestellt würde – notfalls auch frühere Parteigenossen. Das leuchtete der Militärregierung ein, die deutsche Seite sollte sobald wie möglich eine erste Liste mit dem Gesuch auf Wiedereinsetzung von Richtern, Staatsanwälten und weiteren Justizbeamten einreichen. Einfach gestaltete sich die Auswahl nicht. Denn die Amerikaner sahen insbesondere die mögliche Wiedereinstellung früherer Mitglieder des Sondergerichts – einschließlich dessen stellvertretenden Vorsitzenden Warneken, der den Großteil der Sondergerichtsverfahren geleitet hatte – sehr kritisch.Zur Auflösung der Fußnote[9] Lahusen und Spitta mussten entsprechend taktisch vorgehen: Ihre Liste durfte nur wenige problematische Kandidaten enthalten, aber auch nicht allzu kurz sein, da eine zweite Chance auf Wiedereinstellung noch nicht absehbar war.
Am 27. Juli 1945 reichte Lahusen seine Personalvorschläge bei der Militärregierung ein. Mögliche Kritik vorwegnehmend, argumentierte er: "Alle diese zur Wiedereinstellung vorgeschlagenen Herren sind seit Jahren, zum größten Teil seit Jahrzehnten in der bremischen Rechtspflege tätig gewesen. […] Von allen kann gesagt werden, dass sie ihr Amt stets durchaus unparteiisch, streng sachlich und objektiv verwaltet haben und sich in ihrer einwandfreien Berufsausübung niemals durch politische oder sonstige Instanzen in unzulässiger Weise haben beeinflussen lassen." Dass die Mehrheit von ihnen Mitglieder der NSDAP gewesen waren, schrieb Lahusen dem früheren Landgerichtspräsidenten zu, der sie zum Parteibeitritt gedrängt habe. "Die oben aufgeführten Persönlichkeiten", so war Lahusen überzeugt, "[bieten] jede Gewähr dafür […], dass sie bei Wiederzulassung ihr wichtiges Amt in der stets von ihnen betätigten hohen Berufsauffassung und mit dem gleichen allgemein anerkannten Erfolge führen werden wie bisher."Zur Auflösung der Fußnote[10]
Tatsächlich war die Wiedereinstellung des "belasteten" Justizpersonals nur eine Frage der Zeit, mitunter kam es lediglich darauf an, welche Strategie die drei Westmächte in ihrer Besatzungszone mit der Entnazifizierung betrieben. Mit der sogenannten "Huckepack-Regel" – eine 1946 offiziell in der britischen Besatzungszone eingeführte 50-Prozent-Regelung, nach der jeder "unbelastete" Jurist einen "belasteten" zur Wiedereinstellung ins Amt empfehlen und den Kollegen gegebenenfalls kontrollieren konnte – kehrte etwa die Hälfte der ehemaligen NSDAP-Mitglieder wieder als Richter oder Staatsanwälte in den Justizdienst zurück.Zur Auflösung der Fußnote[11] Für Bremen ergab sich hier sogar eine besonders komplizierte Konstellation: Als amerikanische Enklave inmitten der britischen Besatzungszone gelegen, blockierten die beiden Alliierten mit einem Zuständigkeitswirrwarr eine klare Regelung. Während die Amerikaner die Entlassung des "belasteten" Justizpersonals vornahmen, entschieden die Briten über dessen (Wieder-) Einstellung. Letztere konnten also die Entlassungsverfügung einfach wieder aufheben.
Mit dem im Mai 1947 in Bremen in Kraft getretenen "Gesetz zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus" ging die Entnazifizierung schließlich in die Verantwortung der bremischen Behörden, namentlich einer neu gebildeten "Abteilung für politische Befreiung" bei der amerikanischen Militärregierung, über.Zur Auflösung der Fußnote[12] Die eigentlich als politische Säuberung gedachte Entnazifizierung verkam so zum bloßen Bußgeldverfahren – vor allem auch deshalb, weil die Verfahren einen erheblichen personellen und bürokratischen Aufwand erforderten und deshalb eigentlich Zeit brauchten. Daran mangelte es allerdings. Den überforderten Spruchkammern fehlte es zudem an Personal, Räumlichkeiten, Mobiliar sowie an dringend benötigten Schreibmaschinen. Nach nur gut 15 Monaten, im September 1948, löste sich die Bremer Entnazifizierungsabteilung auf. Spätestens jetzt kehrten die meisten der ehemaligen Juristen als "Mitläufer" und "Entlastete" wieder in den Justizdienst zurück.Zur Auflösung der Fußnote[13]
Ausnahme von der Regel: Die Nichtwiederzulassung von Dr. Emil Warneken
Gerade unter den Juristen war die Ansicht weit verbreitet, dass ihr Berufsstand während der NS-Zeit unpolitisch gewesen sei und sie nun als "unverzichtbare Experten" zum Wiederaufbau benötigt würden. Ihnen kam dabei zugute, dass sich mit zunehmender zeitlicher Entfernung vom Kriegsende, durch die personelle und bürokratische Überlastung der Spruchkammern und mit dem wachsenden Unwillen innerhalb der Bevölkerung gegenüber einer Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit die Entnazifizierung mehr und mehr zu einem formellen Entlastungsverfahren ehemaliger Parteigenossen und Nationalsozialisten entwickelte. Der Verdrängung der Vergangenheit folgte die Reintegration der "kleinen" Parteigenossen und der "Mitläufer" in die westdeutsche Nachkriegsgesellschaft. Viele von ihnen machten auch nach 1945 weiter Karriere.Zur Auflösung der Fußnote[14]
Doch es gab auch Ausnahmen: Im Juli 1946 entließ die amerikanische Militärregierung Richter Emil Warneken aus dem Amt mit der Begründung, dass ein stellvertretender Sondergerichtsvorsitzender nicht tragbar sei für den demokratischen Wiederaufbau der Justiz. Warneken war damit einer der wenigen Mitglieder des Bremer Sondergerichts, die nach 1945 nicht wieder zum Richterdienst zugelassen wurden. Zwar hatten sich Justizsenator Spitta und Landgerichtspräsident Lahusen wiederholt bei den Amerikanern um Warnekens Wiedereinsetzung bemüht. Doch diese ließen sich nicht überzeugen und argumentierten, dass Warneken von der NS-Ideologie überzeugt und damit eine Stütze des Regimes gewesen sei. Einer Wiedereinstellung könne daher nicht entsprochen werden.Zur Auflösung der Fußnote[15]
Für Warneken war es bitter, sehen zu müssen, dass viele seiner ehemaligen Kollegen nach ihrer Entlassung wieder recht schnell zurück an die Arbeit gehen konnten. "Alle meine Kollegen", so schrieb er 1956, "mit alleiniger Ausnahme von uns Sonderrichtern […], waren im Lauf der Zeit wiedereingestellt worden […]. Ich habe das Gefühl der Verbitterung über die mir zu Teil gewordene offensichtlich ungerechte und diffamierende Behandlung lange nicht überwinden können."Zur Auflösung der Fußnote[16] Im Frühjahr 1948 verurteilte eine Spruchkammer den ehemaligen Richter zu 600 Reichsmark Sühne und stufte ihn als "Mitläufer" ein. Landgerichtspräsident Lahusen beantragte bei Justizsenator Spitta daraufhin Warnekens unverzügliche Wiedereinstellung. Doch diesmal lehnte Spitta ab, da er die Chancen für dessen Rückkehr realistisch und damit gering einschätzte. Die Entlassung aus dem Dienst war damit endgültig. Warneken arbeitete danach einige Zeit als juristischer Gutachter und bezog nach seinem Eintritt in den Ruhestand ab August 1948 eine monatliche staatliche Beihilfe von 250 Deutsche Mark. "Vielleicht kommt noch einmal die Zeit", notierte er in sein Tagebuch, "in der auch von unserem Bremer Sondergericht der Makel in aller Öffentlichkeit genommen wird, der uns Richter angeblich als nicht mehr ‚würdig‘ hat erscheinen lassen, wieder in dieses Richteramt eingesetzt zu werden. Ein mir gut bekannter Anwalt äußerte mir gegenüber gelegentlich, dass die Zeit hierzu wohl noch nicht gekommen sei, dass sie aber bestimmt noch einmal kommen würde. Vielleicht nach meinem Tode? Aber dann habe ich nicht mehr viel davon!"Zur Auflösung der Fußnote[17]
Überleben des NS-Gedankenguts nach 1945
Warneken selbst war noch lange nach Kriegsende überzeugt von der Idee der nationalsozialistischen "Volksgemeinschaft": "Die Grundgedanken des Nationalsozialismus sind so absolut richtig", vertraute er im Spätsommer 1945 seinem Tagebuch an, "dass sie sich allen augenblicklichen Widerständen zum Trotz in der Zukunft durchsetzen werden – befreit von all dem, was ihrer Verwirklichung jetzt hindernd im Wege gestanden hat. Und sie werden nicht nur Deutschland beherrschen, sondern auch andere Länder, vielleicht die ganze Welt, werden diese Gedanken übernehmen müssen, eben weil sie richtig und die einzige Grundlage sind, auf der ein Volk wirklich in sozialem Frieden leben und fortkommen kann." Insbesondere seien es die sozialpolitischen Errungenschaften und gemeinschaftsstiftenden Maßnahmen des NS-Regimes gewesen, die für ihn (immer noch) die ideale Lösung sowohl für die damaligen als auch derzeitigen sozialen und politischen Probleme darstellten. Auch sah Warneken in Hitler – dessen Eroberungs- und Vernichtungspolitik zum Trotz – immer noch den Heilsbringer, der "das deutsche Volk […] festzuschweißen und zu einigen" verstanden habe.Zur Auflösung der Fußnote[18]
Warneken hatte offenbar an den propagierten "Endsieg" geglaubt. Sonst hätte er seine Tätigkeit am Sondergericht nicht mit solch Akribie und hoher Leistung bis zum Schluss verfolgt und für sein Vaterland – getreu den alten preußischen Tugenden des Gehorsams und der Pflichterfüllung – das Letzte gegeben. Die Niederlage schrieb er dem Wirken "innerer Feinde" zu, die er als Richter mit voller moralischer Überzeugung bekämpft hätte, letztlich aber wohl nicht hart genug gegen "Gemeinschaftsfremde" und "Volksschädlinge" vorgegangen wäre. Allerdings gab er der Führungsetage der NSDAP eine gewisse Mitschuld am entgangenen Sieg. Sie hätte in ihrem Größenwahn unsinnige Befehle erteilt und eine wenig feinfühlige Taktik verfolgt.
In seinen (unveröffentlichten) Memoiren distanzierte sich der ehemalige Richter deutlich von Holocaust und Vernichtungskrieg. Diese waren in seinen Augen das alleinige Werk Hitlers. Das deutsche Volk, so schrieb er, habe von all dem nichts gewusst, sei von der NS-Regierung betrogen worden und müsse nun für die Verbrechen einer Minderheit ungerechtfertigt geradestehen.Zur Auflösung der Fußnote[19] Mit dieser Ansicht stand Warneken nicht allein. Sie war Teil einer kollektiven Strategie, sich nicht die eigene Verwicklung in die massenhaften NS-Verbrechen eingestehen zu müssen. Schlimmer noch: Die ehemaligen Akteure zeigten fast ausnahmslos kein Unrechtsbewusstsein, sondern verharmlosten die Bedeutung und Konsequenzen ihres Tuns im großen Stil. Der Gedanke, dass die politische und soziale Idee des Nationalsozialismus durchaus tragfähig war, aber nur schlecht umgesetzt wurde, war eine zynische Verleugnung des Leids millionenfacher Opfer des NS-Terrors.Zur Auflösung der Fußnote[20] Richter Warneken wollte sich dies bis zu seinem Tod nicht eingestehen: Er verstarb mit knapp 89 Jahren am 16. August 1976.
Schluss
Die Entnazifizierung als Versuch der Alliierten, die deutsche Nachkriegsgesellschaft zur strafrechtlichen und moralischen Auseinandersetzung mit ihrer jüngsten Vergangenheit zu zwingen, ist zum größten Teil gescheitert. Das Gros der Entnazifizierten kehrte wieder in wichtige gesellschaftliche Positionen zurück und richtete sich in den neuen politischen Verhältnissen ein. Mit ihnen kam es zu einer Restauration langlebiger personeller Strukturen. Insbesondere, wenn es galt, den "alten Kameraden" zu neuen Ämtern zu verhelfen, trugen die Netzwerke von damals auch nach der angeblichen "Stunde Null". Zugleich hatte das Ideal der "Volksgemeinschaft" für viele Zeitgenossen nichts an seiner Verheißungskraft eingebüßt. Vor dem Hintergrund der totalen Niederlage wurden die Schattenseiten ausgeblendet und sich nur noch an die schönen Seiten des "Dritten Reichs" erinnert. Sie waren zugleich Symptom einer Abwehrhaltung gegen die alliierte Entnazifizierungspraxis und gegen die Scham angesichts des Ausmaßes der NS-Verbrechen. Der aus dieser Haltung heraus entstandene Mythos vom deutschen Volk als Opfer half als Entlastungsargument für all jene Dinge, die man vor 1945 mit gutem Gewissen befürwortet hatte, für viele Taten, die zum angeblichen Wohl der Gemeinschaft ausgeführt wurden. Die allermeisten waren daher weiterhin überzeugt, das Richtige getan zu haben – auch im moralischen Sinn. Kein einziger der Bremer Richter, Staats- oder Rechtsanwälte ist nach 1945 vor einem ordentlichen Gericht wegen ungerechtfertigt hoher Strafurteile während der NS-Zeit angeklagt und verurteilt worden. So wurde das Ermittlungsverfahren, das die Hamburger Staatsanwaltschaft 1960 gegen Warneken und seine Kollegen angestrengt hatte, nach wenigen Monaten wieder eingestellt – aus Mangel an Beweisen.Zur Auflösung der Fußnote[21]
Zitierweise: Christine Schoenmakers, Die Rückkehr der "Ehemaligen": Personelle und ideologische Kontinuitäten in der Bremer Justiz nach 1945, in: Deutschland Archiv, 1.7.2016, Link: www.bpb.de/227352

Skandalöse Milde für Nazi-Verbrecher

Erstellt: 10.06.2015Aktualisiert: 08.01.2019, 16:36 Uhr
Von: Christian Bommarius
Aus Anlass des Prozesses gegen Oskar Gröning: Über das historische Versagen der deutschen Justiz bei der Aufarbeitung der NS-Verbrechen.
Das Verfahren gegen den ehemaligen SS-Mann Oskar Gröning wegen Beihilfe zum Mord an 300.000 ungarischen Juden im Konzentrationslager Auschwitz ist nicht nur einer der letzten NS-Prozesse. Zugleich ist er eine der letzten Gelegenheiten der deutschen Justiz, für ihr historisches Versagen bei der juristischen Aufarbeitung der NS-Verbrechen Abbitte zu leisten. Der Prozess findet vor dem Schwurgericht in Lüneburg statt, ein in diesem Zusammenhang symbolträchtiger Ort. Hier wurden vor 70 Jahren am 17. November 1945 im Bergen-Belsen-Prozess die ersten NS-Verbrecher in den westlichen Besatzungszonen verurteilt, von einem britischen Militärgericht.
Wenige Monate nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs waren alle deutschen Gerichte geschlossen. Seit dem Sommer galt die Anordnung der Siegermächte, dass beim Wiederaufbau der Verwaltung und der Justiz keine ehemaligen NSDAP-Mitglieder mitwirken dürften, eine Weisung mit zunächst weitreichenden Folgen: In Bremen durften nur zwei Richter in den Dienst zurückkehren, in Westfalen waren 93 Prozent der Richter Mitglied der NSDAP gewesen. So lag die Aburteilung der NS-Verbrecher in der ersten Zeit ausschließlich in Händen der Siegermächte.
Der Bergen-Belsen-Prozess war der Auftakt gewesen, es folgte der erste von insgesamt 13 Nürnberger Prozessen gegen die Führungseliten des NS-Staats, der im November 1945 begann. Als Hauptkriegsverbrecher mussten sich unter anderem Ex-Reichsmarschall Hermann Göring, NS-Reichsaußenminister Joachim Ribbentrop und Ernst Kaltenbrunner, Chef des Reichssicherheitshauptamts, vor dem Internationalen Militärgerichtshof verantworten. Wegen des Führens eines Angriffskrieges und Verbrechen gegen die Menschlichkeit wurden zwölf der 24 Angeklagten zum Tode verurteilt, sieben Angeklagte erhielten langjährige oder lebenslange Haftstrafen, drei wurden freigesprochen. In den zwölf Nürnberger Nachfolgeprozessen stellten die Amerikaner außerdem 177 ausgewählte Repräsentanten jener gesellschaftlicher Eliten vor Gericht, die zu den tragenden Säulen der nationalsozialistischen Verfolgungspolitik geworden waren: Militärs, Industrielle, Mediziner, hohe Verwaltungsbeamte und nicht zuletzt Juristen.
Spätestens während des Nürnberger Juristen-Prozesses von Februar bis Dezember 1947 gegen 16 hohe Justizbeamte und Richter zeigte sich, dass die Bereitschaft der bundesdeutschen Justiz, den eigenen Anteil an den Verbrechen des NS-Staats anzuerkennen, kaum vorhanden war. Der nordrhein-westfälische Justizminister Artur Sträter (CDU) sprach der Zunft aus der Seele, als er die Rolle der Richter im Dritten Reich mit den Worten beschrieb: „Der deutsche Richter in seiner Gesamtheit ist im Dritten Reich intakt geblieben, er hat nicht vor Hitler kapituliert.“
Das war eine gute Nachricht für all die NS-Richter und -Staatsanwälte, die inzwischen in den westdeutschen Justizdienst zurückgekehrt waren. Nicht nur das Heraufziehen des Kalten Krieges hatte die Bereitschaft der westlichen Siegermächte begünstigt, selbst ehemals fanatischen Nationalsozialisten ein Comeback zu ermöglichen – nicht weniger war es die Einsicht, anderenfalls wegen Personalmangels den Zusammenbruch der Justiz zu riskieren. So konnten die neu aufgebauten deutschen Justizverwaltungen das sogenannte Huckepack-Verfahren durchsetzen: Für jeden nicht belasteten Richter durfte ein belasteter eingestellt werden. Im Juni 1946 entfiel selbst diese Einschränkung. Die Siegermächte änderten ihre Richtlinien soweit, dass alle früheren Juristen, die das Entnazifizierungsverfahren durchlaufen hatten, in den Dienst zurückkehren konnten. 1954 betrug der Anteil der schon im Dritten Reich tätigen Juristen bei den Amtsgerichten 74 Prozent, bei den Landgerichten 68 Prozent, 88 Prozent bei den Oberlandesgerichten und 75 Prozent beim Bundesgerichtshof. Das blieb für die Rechtsprechung nicht ohne Folgen. Erstens bescheinigte sich die westdeutsche Justiz, dass es NS-Justizunrecht de facto kaum gegeben habe. In den insgesamt 15 Strafverfahren gegen belastete Juristen wurden sieben Angeklagte rechtskräftig verurteilt, davon nur zwei Berufsrichter.
Die rechtliche Konstruktion, auf der die Freisprüche basierten, bildete eine eigenwillige Auslegung des Rechtsbeugungsparagraphen. An Stelle des bedingten Vorsatzes, der bei allen anderen NS-Tätern zur Verurteilung ausreichte, musste den Richtern der direkte Vorsatz zum Verbrechen nachgewiesen werden. Das erwies sich als unmöglich. Denn sobald ein belasteter Jurist erklärte, als überzeugter Nationalsozialist habe er sein Handeln für rechtens gehalten, konnte er mit Straffreiheit rechnen. Zweitens war die Justiz durchaus bereit, die Milde, die sie sich selbst gewährte, auch anderen nicht zu verweigern. Zwar fanden in den ersten Nachkriegsjahren etliche Strafverfahren meist wegen mittelschwerer Delikte statt, aber in der Regel aufgrund privater Anzeigen. Als diese Anfang der 50er-Jahre zurückgingen, war es auch mit dem Verfolgungseifer der Justizbehörden vorbei. Ermuntert wurden sie darin vom Gesetzgeber, der mit zwei Straffreiheitsgesetzen von 1949 und 1954 Zehntausende NS-Gewaltverbrechen der Strafverfolgung entzog und die Justiz damit in ihrer Untätigkeit nachhaltig unterstützte: Die Zahl neuer Ermittlungsverfahren sank von mehr als 4500 im Jahr 1948 auf 183 sechs Jahre später.
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Hans Hofmeyer
Vorsitz in Auschwitz-Prozess: Das grausame Geheimnis des deutschen Vorzeige-Richters

FOCUS-online-Autor Harald Wiederschein
Donnerstag, 05.12.2019, 16:33
Als Vorsitzender Richter leitete Hans Hofmeyer den ersten Frankfurter Auschwitzprozess. Ein Meilenstein der juristischen Aufarbeitung von Nazi-Verbrechen. Doch neuentdeckte Dokumente aus dem „Dritten Reich“ zeichnen ein verstörendes Bild des Vorzeige-Juristen.
Peter Kalb hat den Richter Hans Hofmeyer im Auschwitzprozess live erlebt. Von Januar 1964 bis zur Urteilsverkündung im August 1965 betreute er als junger Mann Holocaust-Überlebende, die gegen ihre Peiniger vor dem Geschworenengericht im Frankfurter Römer und im Haus Gallus aussagten. „Hofmeyer hat den Prozess sehr sensibel und souverän geleitet“, betont er gegenüber FOCUS Online. „Nicht nur ich, auch die Zeugen, die vor ihm als deutschem Richter Angst hatten, fanden ihn ganz toll.“
Deshalb wollte er zunächst auch nicht glauben, was ihm ein junger Forscher vor etwa eineinhalb Jahren mitteilte. Matias Ristic, Jurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universität Köln, war auf Dokumente gestoßen, die belegen, dass Hans Hofmeyer als Richter im „Dritten Reich“ unmenschliche Entscheidungen getroffen hatte. Ristic selbst war, als er seine Entdeckung machte, wie vor den Kopf gestoßen. Seine Doktorarbeit über den 1992 verstorbenen Hofmeyer sollte eigentlich von einem Helden handeln – doch sie entwickelt sich allem Anschein nach zu einer großen Entlarvung.
Ergreifende Schlussworte Hofmeyers im Auschwitzprozess
Wer sich Tonbandmitschnitte des Frankfurter Prozesses anhört, erlebt einen Vorsitzenden, der behutsam mit traumatisierten Zeugen umgeht, der unverschämte Angeklagte und deren Verteidiger in die Schranken weist, der sicher durch den Prozess führt und sich auch durch den enormen Druck, der auf ihm lastet, nicht beirren lässt. Immerhin war die internationale Aufmerksamkeit gewaltig – erstmals wurden vor einem deutschen Gericht NS-Verbrechen in solch großem Ausmaß verhandelt. 360 Zeugen, viele von ihnen Auschwitz-Überlebende, waren aus aller Welt angereist. 19 SS-Angehörige, die einst in den Lagern von Auschwitz Dienst getan hatten, und ein Funktionshäftling wurden schließlich verurteilt.
Die Zuhörer waren ergriffen, als Hofmeyer am 20. August 1965 gegen Ende seiner Urteilsbegründung den eindrücklichen Satz sprach: „Es wird wohl mancher unter uns sein, der auf lange Zeit nicht mehr in die frohen und gläubigen Augen eines Kindes sehen kann, ohne dass im Hintergrund und im Geist ihm die hohlen, fragenden und verständnislosen, angsterfüllten Augen der Kinder auftauchen, die dort in Auschwitz ihren letzten Weg gegangen sind.“
Zwangssterilisierung vermeintlich „Erbkranker“
Entsprechend fassungslos war Matias Ristic, als er eine Reihe von Akten aus dem Hessischen Staatsarchiv sichtete. Die Dokumente stammen aus Verfahren nach dem „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vom 14. Juli 1933“. In Kraft getreten war es am 1. Januar 1934 und bestimmte, dass vermeintlich „Erbkranke“ unfruchtbar gemacht werden sollten. Dazu zählte das Gesetz Personen, die erbbedingt geistig oder körperlich behindert waren, aber auch psychisch Kranke.
Darüber, ob solche Menschen zwangssterilisiert werden sollten, entschieden die Erbgesundheitsgerichte. Deren Beschlüsse führten dazu, dass bis Mai 1945 zwischen 300.000 und 400.000 Personen unfruchtbar gemacht wurden. Tausende verloren durch Komplikationen nach dem Eingriff ihr Leben, vor allem Mädchen und Frauen. Denn ihnen wurde bei meist nur lokaler Betäubung die Bauchhöhle aufgeschnitten, um die Eileiter zu entfernen oder zu zerquetschen. Den Männern wurden oft die Samenleiter durchtrennt, nicht selten sogar die Hoden abgenommen.
Unterschrift unter verstörenden Dokumenten
Diese Erbgesundheitsgerichte waren Amtsgerichten angegliedert, so auch in Gießen, wo Hofmeyer von 1936 bis 1939 als Richter tätig war. Schriftstücke, die zu Zwangssterilisationen führten, und Beschlüsse, die solche anordneten, tragen seine Unterschrift. Ein Fall betraf ein 14-jähriges Mädchen. Zwei Mal hatte es an Krämpfen gelitten. Der zuständige Amtsarzt hatte daraufhin beantragt, den Teenager wegen „erblicher Fallsucht“ unfruchtbar zu machen. „Fallsucht“ war die damals gebräuchliche Bezeichnung für Epilepsie.
Verzweifelt schrieb die Mutter des Mädchens einen Brief an das Gericht, um die Zwangssterilisierung zu verhindern. Und deren Hausarzt Dr. Lohnes sandte dorthin ein Attest. „Es liegt keine erbbiologische Erkrankung vor“, stellte er darin fest. Vielmehr hätten die krampfartigen Anfälle des Mädchens mit ihren Monatsblutungen zu tun. Daraufhin wies Hofmeyer den Antrag des Amtsarztes zwar ab. Allerdings ließ er an das Gesundheitsamt melden, dass trotzdem ein „angeborener Schwachsinn“ nicht auszuschließen sei. Das führte zu einem neuen Verfahren – nun wegen dieses angeblichen „Schwachsinns“. Nach einiger Zeit wurde das Mädchen tatsächlich sterilisiert.
„Widerwärtiges Gesetz besonders perfide angewendet“
Matias Ristic findet dieses Vorgehen Hofmeyers empörend. „Es hätte im Alltag so viele Spielräume gegeben, um Unrecht zu verhindern“, sagt er. Der bereits genannte Dr. Lohnes sei für ihn so ein Held im Kleinen. Beispielsweise habe er einem Patienten einen riesigen Abszess am Fuß attestiert, damit dieser nicht zum Amtsarzt gehen musste. Der hätte ihn auf Erbkrankheiten untersuchen sollen.
„Hofmeyer hingegen hat das widerwärtige Gesetz besonders perfide angewendet“, urteilt Ristic. Was auch der am Erbgesundheitsgericht Gießen behandelte Fall eines Geschwisterpaares aus dem Jahr 1937 zeige. Hier entschied der Jurist aufgrund der amtsärztlichen Untersuchung direkt und eindeutig auf „angeborenen Schwachsinn“. Obwohl die Mutter der beiden einwandte, erst eine Hirnhautentzündung habe bei ihrer 17-jährigen Tochter zu geistiger Schwächung geführt. Für deren 19-jährigen Bruder genügte Hofmeyer die Mitteilung des Amtsarztes, er habe die Intelligenzprüfung des jungen Mannes abgebrochen. Dieser hatte weder sein Alter noch sein Geburtsjahr nennen können oder wollen. Beide Jugendlichen, so verfügte der Richter, seien unfruchtbar zu machen.
Kann das ein und dieselbe Person sein?
„Wie lassen sich diese Fälle, in denen Hofmeyer solche Beschlüsse fasste, mit seinem späteren Verhalten im Auschwitzprozess in Einklang bringen?“, fragt sich Ristic. „Und mit seinem Satz über die angsterfüllten Augen der Kinder von Auschwitz? Wie Hofmeyer sich in dem Prozess äußerte und wie er sich dort verhielt war meiner Meinung nach nicht gespielt“, sagt der Forscher. „Er traf fast immer den richtigen Ton, ich bin stets von Neuem begeistert und auch gerührt, wenn ich mir die Tonaufnahmen von damals anhöre.“
Kann das tatsächlich ein und dieselbe Person sein? Matias Ristic steht vor einem Rätsel. Doch die Frage lässt ihn nicht los. Noch sind seine Nachforschungen nicht zu Ende. „Ich hoffe eigentlich, dass ich noch eine positive Seite von Hofmeyer entdecke, die einen wieder gerechteren Richter zeigt“, bekennt Ristic. „Nach alledem halte ich das zwar nicht für ausgeschlossen, aber doch für sehr unwahrscheinlich.“
Zumal der Forscher bereits eine weitere verstörende Entdeckung gemacht hat. Während des Zweiten Weltkriegs bekleidete Hofmeyer zuletzt eine wichtige Position bei der Heeresjustiz. Die Abteilung, der er angehörte, setzte die sogenannten „Fliegenden Standgerichte“ ein, die zahllose Todesurteile verhängten.
Der Forscher will den Richter an seinen eigenen Maßstäben messen
Ristic macht es sich in seinem Urteil über Hofmeyer nicht einfach. Er möchte dessen Wirken nicht bequem aus heutiger Perspektive bewerten, sondern im Rahmen seiner früheren Lebensumstände begreifen. Für den Forscher bedeutet das zugleich, ihn an seinen eigenen Maßstäben zu messen. „‘Verantwortungsbewusstsein‘ war eines der Lieblingswörter Hofmeyers, er hat es gern und oft benutzt“, konstatiert Ristic. „Das hat er von allen anderen rigoros eingefordert.“
Mit seinen unmenschlichen Beschlüssen stand der Gießener Richter allerdings keineswegs allein. Zahlreiche Juristen hatten im „Dritten Reich“ den Unrechtsstaat der Nazis legitimiert und massenhaft verbrecherische Urteile gefällt. Doch nach dem Krieg konnten die meisten von ihnen ihre Karrieren relativ problemlos fortsetzen. So auch Hofmeyer, dem es gelang, die dunklen Flecken in seiner früheren Laufbahn geschickt zu verschleiern.
Nach dem Auschwitzprozess wurde der Jurist sowohl von den Beteiligten als auch von der Presse hochgelobt. Der eingangs zitierte Peter Kalb sah in ihm ein leuchtendes Beispiel der Menschlichkeit. „Heute bin ich einerseits von Hofmeyer enttäuscht, andererseits bin ich aber auch zufrieden, dass seine Vergangenheit aufgeklärt wird“, sagt er. „Zur Zeit des Prozesses kam ich leider – wie so viele andere – nicht auf die Idee, zu fragen, was die beteiligten Richter früher getan hatten. Das mache ich mir nach wie vor zum Vorwurf.“
https://www.focus.de/wissen/mensch/geschichte/nationalsozialismus/



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