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AKTUELLES:
Kritische
Auseinandersetzung
mit der deutschen Justiz
und mit Juristen in Deutschland
- in verschiedenen Rechtsfeldern
Zuletzt AKTUALISIERT am 09.03.2025 !
Seiteninhalt:
- NS- und Rechtsextremismusverfahren ausgehend vom Amtsgericht Mosbach
1.1 STRAFANZEIGEN vom 15.09.2023 gemäß § 158 StPO an das Amtsgericht Mosbach unter 6F 202/21, 6F 9/22, 6F 2/22, 6F 2/23 wegen des Verdachts auf Volksverhetzung, Beleidigung und Verunglimpfung mit Referenzen und Assoziationen zum Nazi-Angriffs-Terror- und Vernichtungskrieg, zur Ausbeutung und Vernichtung im NS-Zwangsarbeitssystem, zur NS-Verfolgung und -Vernichtung diverser NS-Opfer- und NS-Widerstandsgruppen, zur Nazi-Terrorjustiz, zum Nazi-Konzentrationslagersystem, bei nationalsozialistisch-rechtsextremistisch orientierten öffentlichkeitswirksamen NS-Symbolaktionen wie HIER durch den rechtsextremen RICHTER, AFD-Mitglied, EX-MdB Jens Maier mit seiner Verharmlosung und Relativierung von NS-Unrecht und NS-Verbrechen, in der die NS-Vergangenheitsbewältigung mit der Erinnerungs-, Veranstaltungs- und NS-Gedenkstättenkultur, mit der NS-Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit zu den Nationalsozialistischen Verbrechen seinerseits als sogenannter „Schuldkult“ verunglimpft und herabgewürdigt wird. - Online-Artikel zur Justizkritik und Kritik an Juristen
2.1 Online-Artikel zur Kritik an der deutschen Familienrechtspraxis
2.2 Online-Artikel zur Kritik an der deutschen Klassenjustiz und der Ungleichbehandlung von Armen und Reichen Menschen
2.3 Online-Artikel zur Kritik an der deutschen Justiz und an Juristen in Deutschland
Inhalt dieser Kategorie:
- Falschaussagen vor dem und beim Amtsgericht Mosbach >>>
- Rechtsprechung zur Veröffentlichung von Gerichtsdokumenten und Gerichtsbeschlüssen >>>
- Justizkritik und Richterschelte >>>
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- Whistleblower-Prinzip thematisiert beim Amtsgericht Mosbach >>>
1. NS- und Rechtsextremismusverfahren ausgehend vom Amtsgericht Mosbach
Amtsgericht Mosbach |
1.1 STRAFANZEIGEN vom 15.09.2023 gemäß § 158 StPO an das Amtsgericht Mosbach unter 6F 202/21, 6F 9/22, 6F 2/22, 6F 2/23 wegen des Verdachts auf Volksverhetzung, Beleidigung und Verunglimpfung mit Referenzen und Assoziationen zum Nazi-Angriffs-Terror- und Vernichtungskrieg, zur Ausbeutung und Vernichtung im NS-Zwangsarbeitssystem, zur NS-Verfolgung und -Vernichtung diverser NS-Opfer- und NS-Widerstandsgruppen, zur Nazi-Terrorjustiz, zum Nazi-Konzentrationslagersystem, bei nationalsozialistisch-rechtsextremistisch orientierten öffentlichkeitswirksamen NS-Symbolaktionen wie HIER durch den rechtsextremen RICHTER, AFD-Mitglied, EX-MdB Jens Maier mit seiner Verharmlosung und Relativierung von NS-Unrecht und NS-Verbrechen, in der die NS-Vergangenheitsbewältigung mit der Erinnerungs-, Veranstaltungs- und NS-Gedenkstättenkultur, mit der NS-Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit zu den Nationalsozialistischen Verbrechen seinerseits als sogenannter „Schuldkult“ verunglimpft und herabgewürdigt wird.
6F 202/21, etc.
Amtsgericht Mosbach
Hauptstraße 110
74821 Mosbach
DATUM : 15.10.2023
Siehe auch Online-Dokumentation: www.nationalsozialismus-in-mosbach-baden.de
STRAFANZEIGEN vom 15.09.2023 gemäß § 158 StPO an das Amtsgericht Mosbach
unter 6F 202/21, 6F 9/22, 6F 2/22, 6F 2/23 wegen
des Verdachts auf Volksverhetzung, Beleidigung und Verunglimpfung
mit Referenzen und Assoziationen zum Nazi-Angriffs-Terror- und Vernichtungskrieg,
zur Ausbeutung und Vernichtung im NS-Zwangsarbeitssystem,
zur NS-Verfolgung und -Vernichtung diverser NS-Opfer- und
NS-Widerstandsgruppen, zur Nazi-Terrorjustiz, zum Nazi-Konzentrationslagersystem,
bei nationalsozialistisch-rechtsextremistisch orientierten
öffentlichkeitswirksamen NS-Symbolaktionen wie HIER
durch den rechtsextremen RICHTER, AFD-Mitglied, EX-MdB Jens Maier
mit seiner Verharmlosung und Relativierung von NS-Unrecht und NS-Verbrechen,
in der die NS-Vergangenheitsbewältigung mit der Erinnerungs-,
Veranstaltungs- und NS-Gedenkstättenkultur,
mit der NS-Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit zu den Nationalsozialistischen Verbrechen
seinerseits als sogenannter „Schuldkult“ verunglimpft und herabgewürdigt wird.
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit ergehen die eingangs benannten Strafanzeigen, da diese öffentlichen und verbreiteten Äußerungen des Beschuldigten sich zur Störung des öffentlichen Friedens mit der Aufstachelung zu Hass oder Gewalt eignen und die Menschenwürde dadurch angreifen, dass diverse nationalsozialistische Diskriminierungspersonengruppen gezielt mit deren nationalsozialistischer Verfolgung und Vernichtung verächtlich gemacht und herabgewürdigt werden. Das öffentliche Billigen, Leugnen und gröbliche Verharmlosen u.a. von Nazi-Verbrechen, Nazi-Massenmorden sowie von NS-Verbrechen gegen die Menschlichkeit stehen in der BRD unter Strafe.
BEGRÜNDUNG UND GLAUBHAFTMACHUNG:
Der rechtsextreme RICHTER und AFD-Mitglied und ehemaliger Bundestagsabgeordneter 2017 bis 2021 Jens Maier spricht sich HIER GEGEN die NS-Vergangenheitsbewältigung mit der Erinnerungs-, Veranstaltungs- und NS-Gedenkstättenkultur, mit der NS-Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit zu den Nationalsozialistischen Verbrechen in der BRD aus, verunglimpft und herabgewürdigt diese als sogenannten „Schuldkult“ mit seiner gezielten Verharmlosung und Relativierung von NS-Unrecht und NS-Verbrechen.
Das sächsische Justizministerium erhob eine Disziplinarklage gegen Maier und beantragte im August 2022 beim Dienstgericht eine Versetzung Maiers in den Ruhestand. Das sächsische RICHTERdienstgericht am Landgericht untersagte Maier die RICHTERtätigkeit wegen rassistischer und abwertender Äußerungen und entschied Ende 2022, ihn in den vorzeitigen Ruhestand zu versetzen. Das Landgericht Dresden hatte bereits einige Monate zuvor ein Disziplinarverfahren gegen RICHTER Maier eröffnet. In der entsprechenden Pressemitteilung hieß es zur Begründung: „Insbesondere vor dem Hintergrund, dass RICHTER Maier zum damaligen Zeitpunkt Mitglied der u.a. für Presse- und Ehrschutzsachen zuständigen Kammer des Landgerichts und dort auch mit Verfahren der NPD befasst war, hätten seine Äußerungen zur NPD das Mäßigungsgebot verletzt. Mit seinen Beiträgen habe RICHTER Maier, dessen Beruf als RICHTER dabei immer bekannt gewesen sei, dem Ansehen der Justiz allgemein und des Landgerichts Dresden im Besonderen Schaden zugefügt.“
"Mit all diesen Verhaltensweisen und dem verwendeten Vokabular sucht der Antragsgegner zur Überzeugung des Dienstgerichts bewusst die Nähe zu Kreisen, die in der Öffentlichkeit als rechtsextrem wahrgenommen werden", hieß es in der Urteilsbegründung des BGH. Der Bundesgerichtshof befand am 05.10.2023, dass Maier nicht mehr als RICHTER arbeiten darf. Das Gericht prüfte, ob das Vertrauen der Öffentlichkeit in Jens Maier als RICHTER zerstört und er nicht mehr glaubwürdig sei. Im Urteil wurden viele Tweets, Presseberichte und Auftritte bei politischen Veranstaltungen von Maier ausgewertet - also alles, was das Bild von Maier in der Öffentlichkeit bestimmt. Auch seine Mitgliedschaft im offiziell aufgelösten "Flügel" der AfD spielte eine Rolle und dass der sächsische Verfassungsschutz RICHTER Jens Maier als Rechtsextremisten einstufte, wie am 5. Oktober 2020 bekannt wurde. Maiers Revision dagegen wurde im Oktober 2023 vom Dienstgericht des Bundes beim Bundesgerichtshof zurückgewiesen. Er biete keine Gewähr dafür, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzutreten.
Es war ein gezielter Tabubruch, als der AfD-Politiker und Thüringer Landesvorsitzende Björn Höcke im Januar 2017 das Berliner Holocaust-Mahnmal als ein "Denkmal der Schande" und die deutsche Erinnerungskultur als "dämliche Bewältigungspolitik" bezeichnete und eine "erinnerungspolitische Wende um 180 Grad" forderte. Höckes Vorredner vom parteiinternen, formal aufgelösten „völkischen Flügel“ der AfD, der vom Verfassungsschutz als rechtsextremistische Bestrebung eingestuft wurde, war damals Jens Maier, RICHTER am Landgericht Dresden und AfD-Mitglied. Für ihn sei es "eine große Ehre", neben seiner "Hoffnung" Höcke sitzen zu dürfen, so Maier bei der Veranstaltung in Dresden. Ab 2019 bis zu seiner offiziellen Auflösung im April 2020 war Maier Obmann des „Flügels“ in Sachsen.
Im Mai 2016 verbot Jens Maier in einem RICHTERlichen Beschluss zugunsten der NPD per einstweiliger Verfügung als zuständiger RICHTER des Landgerichts Dresden auf Antrag der NPD dem Extremismusforscher Steffen Kailitz vom Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung, über die NPD zu sagen, diese plane „rassistische Staatsverbrechen“. Kailitz hatte das Parteiprogramm der NPD und andere öffentliche und der Partei zuzuordnende Quellen ausgewertet und war zur – in einem Gastbeitrag in der Wochenzeitung „Die Zeit“ wiederholten – Bewertung gelangt, dass die Partei im Regierungsfalle beabsichtige, „acht bis elf Millionen Menschen aus Deutschland zu vertreiben, darunter deutsche Staatsbürger mit Migrationshintergrund.“ Dies ergebe sich aus der explizit geäußerten Auffassung der NPD, dass deutsche Staatsbürger „anderer Rassen“ immer Fremde blieben, die aus Deutschland entfernt werden müssten, weil – so zitierte Kailitz die NPD weiter – „die Verleihung bedruckten Papiers (eines BRD-Passes) ja nicht die biologischen Erbanlagen verändert […] Angehörige anderer Rassen bleiben deshalb körperlich, geistig und seelisch immer Fremdkörper, gleich wie lange sie in Deutschland leben, und mutieren durch die Verleihung bedruckten Papiers nicht zu germanischstämmigen Deutschen.“ Die NPD klagte gegen Kailitz’ Bewertung, eine solche Politik lasse sich nur durch „Staatsverbrechen“ verwirklichen, mit der Begründung, wenn diese Politik nicht willkürlich, sondern in gesetzlichen Regeln erfolge, dann könne es sich gar nicht um Verbrechen handeln, sondern sie sei dann rechtmäßiges Staatshandeln. RICHTER Jens Maier schloss sich dieser Auffassung inhaltlich an: „Ich weiß nicht, wie man, wenn man das Programm der NPD liest, auf Staatsverbrechen kommen kann“, denn wenn „jemand aufgrund von gesetzlichen Grundlagen zurückgeführt wird, ist das kein Staatsverbrechen.“ Er nahm Kailitz’ Einschätzung nicht als Meinungsäußerung, sondern als – rechtlich leichter untersagbare – Tatsachenbehauptung. Sein Beschluss erfolgte im Eilverfahren ohne Anhörung von Kailitz und drohte diesem bei Zuwiderhandlung „Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten“ an. Kailitz sah sich in seiner Wissenschaftsfreiheit verletzt und legte Widerspruch ein. Der Beschluss des RICHTERs Jens Maier wurde später von der zuständigen Kammer in voller Besetzung wieder aufgehoben. Im Hauptsacheverfahren, an dem Maier nicht mehr teilnahm, wurde die Klage der NPD im April 2017 endgültig abgewiesen. Das Gericht bewertete Kailitz’ Einschätzungen als zulässige Meinungsäußerung, die sich die NPD entgegenhalten lassen müsse. Der ursprüngliche Beschluss des RICHTERs Jens Maier wurde u. a. von der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft als Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit gewertet: Kailitz habe sich jahrelang wissenschaftlich mit der NPD befasst und „Forschungsergebnisse öffentlich darzustellen, gehört zu den zentralen Aufgaben von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern“. Ihre „Veröffentlichung gerichtlich zu unterbinden, schränkt die Freiheit der Wissenschaft unzulässig ein.“ Besondere Brisanz hatte der Beschluss auch deswegen, weil Kailitz im damals noch laufenden zweiten Verbotsverfahren gegen die NPD vom Bundesverfassungsgericht als Sachverständiger gehört wurde, dem RICHTER Jens Maier also faktisch die Wiederholung von Aussagen verbot, um deren Abgabe an anderer Stelle Kailitz gerichtlich gebeten worden war.
In seiner Rede in Dresden im Januar 2017 verwendete RICHTER Jens Maier für die Aufarbeitung der NS-Zeit den Begriff "Schuldkult", unter Neonazis ein geläufiger Begriff. Zudem bezeichnete er die Aufarbeitung der NS-Verbrechen als „gegen uns gerichtete Propaganda und Umerziehung, die uns einreden wollte, dass Auschwitz praktisch die Folge der deutschen Geschichte wäre.“ Er erkläre diesen „Schuldkult“ für „endgültig beendet“. Über die NPD äußerte Maier, dass diese bis zum Aufkommen der AfD die einzige Partei gewesen sei, die „immer geschlossen zu Deutschland gestanden“ habe.
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Michael Uhl
2. Online-Artikel zur Justizkritik und Kritik an Juristen
Ehemalige Richterin vor Haftantritt: BGH-Urteil zugestellt und rechtskräftig
Stand:06.03.2025, 04:49 Uhr
Von: Thomas Machatzke
Richterin Lüdenscheid Giesecke BGH Revision
Das Urteil ist rechtskräftig und nun auch zugestellt: Die Lüdenscheider Amtsrichterin (hier mit Verteidiger Torsten Giesecke) steht nun unmittelbar vor Antritt ihrer Haftstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten. © Machatzke, Thomas
Das Urteil gegen die Lüdenscheider Amtsrichterin ist nach zwei langen Verfahren und zwei Revisionen nun rechtskräftig. Sie wird zeitnah ihre Haftstrafe antreten müssen.
Lüdenscheid – Im November hatte der Bundesgerichtshof (BGH) die Revision im Fall der Lüdenscheider Amtsrichterin verworfen. Das Urteil war damit rechtskräftig, doch das war zunächst nur eine Entscheidung in der Sache: Die Akte musste erst einmal vom BGH zum Landgericht zurückkommen, dort dann weitergegeben werden an die Staatsanwaltschaft. All das ist nun geschehen: Die Lüdenscheider Amtsrichterin steht damit nun kurz davor, ihre Haftstrafe anzutreten. Zudem werden ihr die seit dem erstinstanzlichen Urteil im November 2021 weiter gezahlten Bezüge gestrichen.
BGH-Urteil rechtskräftig und zugestellt: Ehemalige Richterin vor Haftantritt
Torsten Giesecke, der die Lüdenscheider Richterin verteidigt hat, bestätigte in dieser Woche auf Anfrage diesen Fortgang. Im November hatte Giesecke nach der Entscheidung des BGH mit etwa diesem Zeitfenster gerechnet und damit mit einem Haftantritt im April oder Mai. Dass es nun aus Gerichtskreisen heißt, dass die Richterin in einem anderen Bundesland die Haft antreten solle, um der Situation aus dem Weg zu gehen, dass sie mit Frauen im Gefängnis zusammentreffen könnte, die sie möglicherweise selbst verurteilt habe, bestätigt Giesecke nicht. „Das kann gut möglich sein, auf jeden Fall aber kann die Verurteilte in so einem Fall auch widersprechen“, sagt Giesecke. Wer heimatnah einfahren möchte, soll dies auch können. Klar ist nur: Der Haftantritt steht unmittelbar bevor.
Zur Erinnerung: Das Landgericht Hagen hatte die Amtsrichterin im zweiten Verfahren Anfang Mai 2024 zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt und war damit nicht der Verteidigung gefolgt, die eine Freiheitsstrafe zur Bewährung (also ein Strafmaß bis zu zwei Jahren) gefordert hatte. Verteidiger Torsten Giesecke hatte daraufhin im Auftrag seiner Mandantin erneut Revision beim BGH eingelegt. Diesmal allerdings ohne Erfolg. Der Senat des BGH bestätigte im November in der Revision das Urteil, das Jörg Weber-Schmitz, Richter am Landgericht Hagen, gesprochen hatte.
BGH-Urteil rechtskräftig und zugestellt: Richterin vor Haftantritt
Wegen Rechtsbeugung in zehn Fällen, außerdem sechsfachen Verwahrungsbruchs und Urkundenunterdrückung war die Richterin im ersten Verfahren im November 2021 zunächst zu drei Jahren und zehn Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden. In sechs Fällen habe die Angeklagte entgegen der rechtlichen Würdigung durchs Landgericht nicht durch aktives Tun, sondern durch Unterlassen Rechtsbeugung begangen, hatte der BGH bei der ersten Revision festgestellt, als er das zweite Verfahren auf den Weg gebracht hatte.
Das zweite Verfahren hatte der Bundesgerichtshof im November 2022 zwar am Landgericht Hagen angeordnet und damit der Revision der Verteidigung stattgegeben. Die Schuld der Richterin hatte der BGH allerdings bestätigt, dabei das Urteil des Landgerichts vom 18. November 2021 nur in Details korrigiert, einige Vorwürfe abgemildert. Die Schuldfrage stand also schon beim zweiten Verfahren nicht mehr zur Diskussion. Es ging nurmehr um das Strafmaß. Bei diesem Strafmaß hatte das Landgericht nachgebessert und dies auch gut begründet: zwei Jahre und zehn Monate.
Wenn die Amtsrichterin diese Strafe nun antritt, wird sie wohl zunächst einige Wochen komplett in der Justizvollzugsanstalt verbringen müssen, danach allerdings könnte es in einen „offenen Vollzug“ übergehen, sodass die Richterin tagsüber einer Arbeit nachgehen könnte. Darüber hat nach der ersten Haftphase eine Konferenz, an der Psychologen und Sozialarbeiter beteiligt sind, zu befinden.
https://www.come-on.de/
BGH bestätigt Rechtsbeugungs-Urteil
Richterin mit "totaler Blockade" versteckte Akten im Keller
von Joschka Buchholz 13.06.2023
Akten, Archiv
Im Keller einer Amtsrichterin wurden 2020 mehrere unbearbeitete Akten gefunden - der Fall landete nun beim BGH. Foto: FotoAndalucia - stock.adobe.com
Eine Amtsgerichtsrichterin hat zahlreiche ihrer Fälle nicht mehr bearbeitet und teilweise Dokumente verfälscht. Deshalb wurde sie wegen Rechtsbeugung verurteilt, der BGH hatte nun über die Revision zu entscheiden.
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Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Verurteilung einer Richterin aus Lüdenscheid insbesondere wegen Rechtsbeugung gemäß § 339 Strafgesetzbuch (StGB) im Wesentlichen bestätigt. Gleichwohl wurde das Urteil des Landgerichts (LG) Hagen (Az. 46 KLs - 32 Js 264/20 - 8/21) aufgehoben, da die Strafzumessung rechtsfehlerhaft erfolgte (Beschl. v. 29.11.2022, Az. 4 StR 149/22).
Wegen Rechtsbeugung in zehn Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Urkundenfälschung sowie in sechs Fällen in Tateinheit mit Verwahrungsbruch und Urkundenunterdrückung hatte das LG Hagen die Frau zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Im Prozess hatte die Richterin des Amtsgerichts Lüdenscheid eingeräumt, eine "totale Blockade" gehabt zu haben und deshalb mehrere Akten nicht bearbeitet zu haben. Die unbearbeiteten Akten waren 2020 bei einer Durchsuchung im Keller der Frau gefunden worden. Teilweise hatte sie die fristgerechte Urteilsabsetzung durch Verfügungen und Vermerke vorgetäuscht.
Auch hatte die Richterin in einem Strafverfahren das Protokoll der Hauptverhandlung verfälscht, um das Verfahren fortsetzen zu können, obwohl sie den Angeklagten bereits in Abwesenheit verurteilt hatte. Damit wollte sie verschleiern, dass sie das schriftliche Urteil nicht entsprechend § 275 I Strafprozessordnung (StPO) rechtzeitig zu den Akten gebracht hatte, was einen absoluten Revisionsgrund gemäß § 338 Nr. 7 StPO darstellt. Insoweit hat die Frau durch ihr Verhalten dem Angeklagten ein aussichtsreiches Rechtsmittel genommen.
Wenngleich die Frau angab, dass sie sich in psychotherapeutischer Behandlung befinde, konnte ein psychiatrisches Gutachten in dem Verfahren keine Zweifel an der Schuldfähigkeit der Richterin feststellen. Im Rahmen dieser Untersuchung hatte die Frau angegeben, sie habe die betroffenen Akten besonders gut bearbeiten wollen, sei jedoch nicht dazu gekommen. Sie habe dann negative Gefühle, insbeondere in Bezug auf eine vermeintliche Erwartungshaltung von außen verdängen wollen. Zwar habe sie sich nicht überlastet gefühlt, konnte sich aber auch nicht durchringen, das Verdrängungsgefühl zu überwinden und die Akten umfassend zu bearbeiten. Im Rahmen ihrer Psychotherapie habe sie versucht, in ihrem Vorgehen einen "roten Faden" zu erkennen, welche Gemeinsamkeiten die unbearbeiteten Akten hätten. Dies sei indes erfoglos geblieben.
Vom Ruf der "angesehenen Richterin" zur Rechtsbeugung
In den Urteilsgründen des LG Hagen wird die Frau zunächst von Kollegen sowie Prozessbeteiligten aus der Anwaltschaft und der Staatsanwaltschaft als "angesehene Richterin" beschrieben, deren Rat auch dienstältere Kollegen regelmäßig gesucht hätten. Gleichwohl waren mehreren Kollegen schon kurz nach ihrer Ernennung auf Lebenszeit immer wieder Unregelmäßigkeiten in ihrer Aktenführung aufgefallen, welche jedoch erst im Sommer 2020 dazu führten, dass es zu einer Durchsuchung ihrer Wohnung kam, bei der dann mehrere Akten und weitere zugehörige lose Blätter gefunden wurden.
Zuvor hatten mehrere Kollegen zum Teil wiederholt versucht, auf die Frau einzuwirken. Gleichwohl versuchte die Frau, von ihrem eigenen Fehlverhalten abzulenken und versuchte andere Personen für die Verzögerungen und Unregelmäßigkeiten verantwortlich zu machen. Beispielsweise datierte sie eine Zustellungsverfügung in einer Akte zurück auf ein früheres Datum und legte die Akte dann bewusst in ein völlig falsches Fach, um so eine Fehlleistung der zuständigen Geschäftsstellenmitarbeiter vorzutäuschen.
Das LG Hagen hatte die Strafe bei drei Jahren und zehn Monaten Freiheitsstrafe festgesetzt. Weil bei der Verurteilung in sechs Fällen aber fälschlicherweise von einem Tun und nicht von Unterlassen ausgegangen wurde, hat der BGH das Urteil aufgehoben. Deshalb wird das LG Hagen die Strafe neu festsetzen müssen.
https://www.lto.de/
Anfeindungen
Richter und Justizmitarbeiter suchen Rat nach Hassangriffen
19.01.2025, 04:00
Justizangehörige, die Opfer eines Hassangriffs geworden sind, haben sich im in den vergangenen zwölf Monaten Dutzende Mal an eine Anlaufstelle des Landes gewandt. (Symbolbild)
Heiko Becker/dpa
Richter und Staatsanwälte, Gerichtsvollzieher oder auch Führungskräfte haben sich in den vergangenen zwei Jahren Dutzende Male an eine neue Anlaufstelle des Landes gewandt und um Rat und Hilfe gebeten. Seit ihrer Einrichtung im Februar 2023 habe die Stelle in rund 40 Fällen bei Hassangriffen gegen Justizangehörige und in belastenden Situationen zur Seite gestanden, teilte das Justizministerium mit.
Die meisten Anfragen gingen demnach per Mail und Telefon ein. Es sei dabei vor allem um digitale Anfeindungen auf Plattformen wie YouTube und Facebook, aber auch um körperliche Übergriffe gegangen.
Ministerin Gentges: Kein Platz für Hass und Hetze
Das Angebot war nach Angaben des Ministeriums als Reaktion auf die zunehmende Zahl von Anfeindungen gegen Mitarbeitende der Justiz eingerichtet worden. «Ziel ist es, betroffenen Personen ein umfassendes Unterstützungsangebot bereitzustellen, das sie in ihrem beruflichen Alltag entlastet und schützt», teilte das Ministerium mit.
Justizangehörige können sich dort etwa informieren, wie sie sich gegen Anfeindungen wehren können. Außerdem werden sie beim Löschen rechtswidriger Inhalte in sozialen Netzwerken unterstützt und es werden psychologische Hilfen und Coachings angeboten. «Hass und Hetze dürfen weder gegenüber den Beschäftigten in unserer Justiz noch generell in unserer Gesellschaft einen Platz haben und müssen konsequent verfolgt werden», sagte Justizministerin Marion Gentges (CDU).
© dpa-infocom, dpa:250119-930-348508/1
https://www.landtag-bw.de/
AfD-Politiker Jens Maier behält Pensionsansprüche
Stand: 28.11.2024
Das Richterdienstgericht in Leipzig verhandelte über die Zukunft von AfD-Politiker Maier. (Archivbild)
Quelle: André Jahnke/dpa
Als Richter darf der AfD-Politiker Jens Maier seit Jahren nicht mehr arbeiten. Seine Pensionsansprüche inklusive Ruhegeld darf er aber behalten.
Der umstrittene Richter Jens Maier behält seine Pensionsansprüche und wird nicht komplett aus dem Dienst entfernt. Das entschied das Dienstgericht für Richterinnen und Richter in Leipzig. Vor zwei Jahren war der AfD-Politiker wegen Verletzungen von Dienstpflichten vorzeitig in den Ruhestand versetzt worden. «Die Disziplinarklage ist unbegründet», sagte die Vorsitzende Richterin Yvonne Wagner. Die Vorwürfe hätten nur teilweise bestätigt werden können und rechtfertigten keine zusätzlichen Maßnahmen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Seit Jahren ist der aus Bremen stammende Maier Sachsens Justizministerium ein Dorn im Auge. In der jetzigen Klage hatte das Ministerium ihm eine «schuldhafte Verletzung von Dienstpflichten» in seinem früheren Richteramt vorgeworfen. Unter anderem bezieht sich die Disziplinarklage auf Äußerungen Maiers vom April 2017. Darin soll er über die Gewalttaten des norwegischen Terroristen Anders Breivik unter anderem öffentlich geäußert haben, dieser sei «aus Verzweiflung» zum Massenmörder geworden.
Zudem soll Maier über die ZDF-Journalistin Marietta Slomka auf seiner offiziellen AfD-Facebook-Seite geschrieben haben: «GEZ abschaffen, Slomka entsorgen!». Dadurch habe Maier gegen das Mäßigungsgebot und die Verfassungstreuepflicht verstoßen, hieß es in der Klagebegründung. Maier hatte in der mündlichen Verhandlung die Vorwürfe zurückgewiesen.
dpa-infocom GmbH
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Jens Maier:
Sieg für den rechten Richter
In einer Rede verteidigte der ehemalige Richter und AfD-Politiker Jens Maier den Rechtsterroristen Breivik. Ein Gericht bestätigte nun dennoch seine Pensionsansprüche.
Von Tilman Steffen
Aktualisiert am 28. November 2024, 19:08 Uhr
Der frühere AfD-Bundestagsabgeordnete und Richter Jens Maier behält seine Pensionsansprüche. © Sebastian Kahnert/dpa
Der Richter und frühere AfD-Bundestagsabgeordnete Jens Maier behält seine Pensionsansprüche und wird nicht komplett aus dem Dienst entfernt. Das entschied das Dienstgericht für Richterinnen und Richter in Leipzig – und wies damit einen entsprechenden Antrag des sächsischen Justizministeriums zurück. Maier war vor zwei Jahren wegen Verletzungen von Dienstpflichten vorzeitig in den Ruhestand versetzt worden. "Die Disziplinarklage ist unbegründet", sagte nun die Vorsitzende Richterin Yvonne Wagner in Leipzig. Die Vorwürfe hätten nur teilweise bestätigt werden können. Zudem rechtfertigten sie keine zusätzlichen Maßnahmen. Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig.
Gegenstand des Disziplinarverfahrens war unter anderem eine Äußerung Maiers über den norwegischen Terroristen Anders Breivik, der 2011 in Oslo und auf der Insel Utøya 77 Menschen getötet hatte. Noch vor seiner ersten Bundestagskandidatur 2017 hatte Maier auf einer Veranstaltung mit dem Motto "Wir trauern um die Opfer der Multikultipolitik" am 19. April 2017 im Heidekrug Cotta bei Dresden über Breivik gesagt, er sei "Massenmörder geworden, aber aus Verzweiflung" über Kulturfremde. Mit dieser Relativierung von Breiviks Schuld löste er große öffentliche Empörung aus.
Ebenso zur Last gelegt wurde ihm in dem Verfahren nach Auskunft eines Gerichtssprechers ein Facebook-Posting vom Herbst 2017. Darin forderte er im Hinblick auf das ZDF und seine Moderatorin Marietta Slomka, die Rundfunkgebühr abzuschaffen, ergänzt um die Forderung "Slomka entsorgen".
"Der kleine Höcke"
Auch wenn sich das sächsische Justizministerium nur in Teilen gegen den aus Bremen stammenden Maier durchsetzen konnte, zeigt das Verfahren: Eine Karriere in der AfD bleibt für Staatsdiener nicht ohne Risiko. Auch dem baden-württembergischen Staatsanwalt und Bundestagsabgeordneten Thomas Seitz legte das Landesjustizministerium zur Last, mit politischen Äußerungen das Mäßigungsgebot verletzt zu haben. 2021 entzog ihm ein Gericht den Beamtenstatus, Seitz kann damit nicht wieder als Staatsanwalt in die Justiz zurück.
Jens Maier: Sieg für den rechten Richter
Doch solche Urteile, in denen als AfD-Politiker tätige Beamte dienstrechtliche Konsequenzen hinnehmen müssen, sind bisher selten. Ein Versuch etwa, die Berliner Richterin und frühere Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann zu entlassen, scheiterte 2022. Obwohl das zuständige Dienstgericht sie als fremdenfeindlich einstufte, entschied es zu ihren Gunsten. Ende 2022 wurde Malsack-Winkemann sogar als Teil eines Reichsbürger-Komplotts wegen Terrorverdachts verhaftet.
Wo der Jurist Maier politisch steht, ist deutlich erkennbar: Der Landesverfassungsschutz Sachsen führt Maier als Rechtsextremisten. Innerhalb und außerhalb der AfD wird er als "der kleine Höcke" bezeichnet. Maier sah in dem Thüringer Landeschef und Nationalisten Björn Höcke eine Art Vorbild. Zudem war er sächsischer Obmann des nationalistisch-völkischen Flügels um Höcke, bis der sich 2020 formell auflöste. Zu seinen Facebook-Freunden zählte unter anderem der NPD-Vorsitzende Frank Franz.
Der in der Bremer SPD politisch sozialisierte Politiker ging seit seinem Eintritt in die AfD stets an Grenzen, er zeigte sich offen radikal und fremdenfeindlich. So paktierte er mit der Pegida-Bewegung, auch zu Zeiten, in denen sich die AfD per Beschluss gezielt von der islamfeindlichen Bewegung abgrenzte. Eine muslimische Frau beschimpfte er auf Facebook als "Schleiereule". Seine Website bezeichnete er in NPD-Manier als "Netzseite".
AfD wollte Maier aus der Partei werfen
Die Beweislage in dem Leipziger Verfahren war schwierig. Denn was Maier über Breivik sagte, ist nicht mehr anhand der Originalquelle nachvollziehbar. Das rechtsextreme Compact Magazin, das die Veranstaltung online übertragen hatte, löschte das Video kurze Zeit später. Der Kontext seiner Äußerung fehlt daher. In einem Nachbericht auf seiner Website schrieb das Magazin, Maier habe "die Niedergeschlagenheit und Verzweiflung im Land" beschrieben, da "nicht nur in der Asylfrage, ein Abrutschen in die Gesetzlosigkeit drohe". Diese Zustände seien es, "die Massenmörder wie den norwegischen Nazi Anders Breivik ausbrüteten".
Das Leipziger Gericht versuchte mangels Originalquelle den Vorwurf gegen Maier mittels Zeugen zu erhärten, wie der Gerichtssprecher sagte. Denn was Maier genau gesagt oder gemeint haben soll, sei strittig. Den Facebook-Post zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk habe Maier dagegen nicht bestritten. Einer der Zeugen ist Journalist und hatte über Maiers Rede im Internetauftritt des Vorwärts berichtet. Er soll die Rede damals im Livestream verfolgt und wortwörtlich mitgeschrieben haben. Über die Notizen aber, die er sich damals gemacht habe, verfüge er nicht mehr. Er habe seinen Computer und damit auch sämtliche darauf befindliche Dateien bei einem Arbeitgeberwechsel zurückgeben müssen. Maier warf dem Journalisten vor, er habe mit seinem Beitrag einen Skandal herbeischreiben wollen.
Wegen Maiers Äußerungen war auch die eigene Partei auf Distanz gegangen. So versuchte die AfD Sachsen noch 2017, ihn aufgrund dieser und anderer Äußerungen aus der Partei zu werfen. Unter anderem hatte Maier auf einer Rede vor Mitgliedern der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative im Januar 2017 im Dresdner Ballhaus die NPD gelobt; sie sei die einzige Partei, "die immer entschlossen zu Deutschland gestanden" habe. Damit habe er der Partei Schaden zugefügt, beklagten die Verfasser des Ausschlussantrages. Doch mit dem Austritt der damaligen Landeschefin Frauke Petry aus der AfD versandete das Verfahren.
Sächsische Justiz verhinderte Maiers Rückkehr ans Landgericht
2017 war Maier mit der AfD in den Bundestag eingezogen, als Direktkandidat im Stadtgebiet von Dresden. 2021 verlor er sein Mandat gegen den CDU-Kandidaten Markus Reichel. Die sächsische Justiz verhinderte im Anschluss Maiers Rückkehr ans Landgericht Dresden. Man hielt ihn wegen seiner Äußerungen vor seiner Zeit als Abgeordneter nicht mehr für tragbar und versetzte in zunächst an ein Amtsgericht südlich von Dresden, später in den Ruhestand. Maier klagte gegen seine Versetzung – ohne Erfolg, er zog bis vor den Bundesgerichtshof.
Maiers radikale Äußerungen als Abgeordneter kann ihm die Justiz nicht vorwerfen. Denn durch die Freiheit des Mandats sind Beamte in deutschen Parlamenten nicht ans Mäßigungsgebot gebunden. Gleichwohl tat die AfD in den vergangenen Jahren einiges, um die Staatsdiener in ihren Reihen auf die Beobachtung durch den Verfassungsschutz vorzubereiten – im Bewusstsein, dass auch hochrangige Funktionäre die Partei gezielt radikalisieren. So ließ sie unter anderem von dem Staatsrechtsprofessor Dietrich Murswiek Ende 2018 ein Gutachten erarbeiten, das die Folgen einer Beobachtung aufzeigt. In dem 36-seitigen Papier riet der Jurist Beamten in der Partei, "sich von verfassungsfeindlichen Kräften innerhalb der Partei entschieden abzugrenzen". Die entsprechenden Aktivitäten und Redebeiträge sollten dokumentiert werden, um im Falle eines Disziplinarverfahrens als Beweise zu dienen. Bewirkt hat das offenkundig wenig – der Verfassungsschutz stellte die AfD 2021 unter Beobachtung.
Vorübergehend sah es danach aus, dass Maier wieder im Bundestag auftauchen könnte und damit den Schutz des Mandats genießen. Da das sächsische Bundestagsfraktionsmitglied Mike Moncsek erfolgreich für den sächsischen Landtag kandidierte und entsprechend dem Willen der Parteispitze sein Bundestagsmandat aufgeben muss, rückte nach Auskunft der sächsischen Landeswahlleitung Maier nach. Doch die langwierige Regierungsbildung in Sachsen und die anberaumte Neuwahl im Bund verhindern nun eine langfristige Rückkehr. Und zur Neuwahl werde er aus gesundheitlichen Gründen nicht erneut antreten, sagte Maier ZEIT ONLINE.
Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
https://www.zeit.de/
Richterdienstgericht verhandelt erneut über Jens Maier
Veröffentlicht am 25.10.2024 Lesedauer: 2 Minuten
Richterdienstgericht verhandelt erneut über Jens Maier. (Archivbild)
Quelle: Sebastian Kahnert/dpa
Als Richter darf der AfD-Politiker Jens Maier nicht mehr arbeiten. Jetzt muss ein Dienstgericht noch über eine weitere Disziplinarklage entscheiden. Dabei drohen Maier weitreichende Folgen.
Erneut beschäftigt sich das Dienstgericht für Richter in Leipzig mit dem AfD-Politiker Jens Maier. Dabei wird eine erneute Disziplinarklage des Freistaates Sachsen gegen Maier verhandelt. Das sächsische Justizministerium strebt damit die Entfernung Maiers aus dem Dienst an. Der ehemalige Bundestagsabgeordnete hat früher als Richter in Dresden gearbeitet. Maier droht bei einer juristischen Niederlage der Verlust seiner Pensionsansprüche.
Der Jurist war nach einer ersten Klage vor dem Dienstgericht bereits vorzeitig in den Ruhestand versetzt worden. Das Dienstgericht hatte dies mit rassistischen und abwertenden Äußerungen Maiers unter anderem in sozialen Medien begründet. Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe bestätigte die Entscheidung, dass Maier nicht mehr als Richter arbeiten darf.
Der aus Bremen stammende Maier saß zwischen 2017 und 2021 für die AfD im Bundestag. Der sächsische Verfassungsschutz hatte ihn schon 2020 als rechtsextrem eingestuft.
In der jetzigen Klage wirft das Ministerium Maier eine «schuldhafte Verletzung von Dienstpflichten» in seinem früheren Richteramt vor. Die Disziplinarklage bezieht auf Äußerungen von ihm im Jahr 2017. Im April 2017 habe er über die Gewalttaten des norwegischen Terroristen Anders Breivik unter anderem öffentlich geäußert, dieser sei «aus Verzweiflung» zum Massenmörder geworden, hieß es. Über die ZDF-Journalistin Marietta Slomka habe er auf seiner Facebook-Seite geschrieben: «GEZ abschaffen, Slomka entsorgen!».
Ob es am Freitag bereits eine Entscheidung gibt, ist nach Angaben eines Gerichtssprechers noch unklar.
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Bundesgerichtshof bestätigt
Berufsverbot für AfD-Richter Maier
Jens Maier war AfD-Abgeordneter und wollte wieder als Richter arbeiten. Stattdessen wurde er in den Ruhestand versetzt. Der BGH sagt jetzt: zu Recht.
05.10.2023
Der Ex-AfD-Bundestagsabgeordnete und Richter Jens Maier im Bundesgerichtshof
Foto: Uli Deck/dpa
Christian Rath
Karlsruhe taz | Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Versetzung des AfD-Richters Jens Maier in den Ruhestand bestätigt. Wenn der Ex-AfD-Abgeordnete wieder als Richter arbeiten würde, wäre das Vertrauen in die Unabhängigkeit und Unvoreingenommenheit der Justiz beeinträchtigt, entschied das Dienstgericht des Bundes beim BGH am Donnerstag. Der inzwischen 61-jährige Jurist Jens Maier arbeitete seit 1992 für die sächsische Justiz. 2017 wurde er für die AfD in den Bundestag gewählt. Bei der nächsten Wahl verpasste er knapp den Wiedereinzug und wollte wieder als Richter arbeiten.
Die sächsische Justizministerin Katja Meier (Grüne) versuchte das zu verhindern und beantragte eine Versetzung von Maier in den Ruhestand. Sie müsse eine „schwere Beeinträchtigung der Rechtspflege“ abwehren. Er konnte Mitte März 2022 noch zehn Tage am Amtsgericht Dippoldiswalde arbeiten, dann untersagte ihm das Richterdienstgericht Leipzig die Dienstgeschäfte. Im Dezember 2022 versetzte das gleiche Gericht Maier – wie von der Ministerin beantragt – in den Ruhestand.
Das Dienstgericht des Bundes lehnte nun nicht nur die Revision ab. Es bestätigte auch ausdrücklich den von der sächsischen Justizministerin gewählten Weg einer präventiven Pensionierung. Die zugrundeliegende Norm – Paragraf 31 im Deutschen Richtergesetz – war bisher selten genutzt worden, etwa bei Richtern mit Kontakten in die Organisierte Kriminalität.
Laut BGH muss ein Richter „jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes“ eintreten, erklärte Rüdiger Pamp, der Vorsitzende Richter des Dienstgerichts. Diese Formel wurde auch bei Berufsverboten gegen Extremist:innen in den 1970er Jahren benutzt. Eine präventive Versetzung in den Ruhestand hält der BGH bei Maier für gerechtfertigt, weil er sächsischer Obmann beim AfD-Flügel war, den der Verfassungsschutz bis zu seiner formalen Auflösung als „gesichert rechtsextremistische Strömung“ einstufte.
Maier sieht sich nicht als Gefahr für sächsische Justiz
Gegen die Erwartung, Maier werde künftig sein Amt unabhängig und vorurteilsfrei ausüben, spricht laut BGH auch ein Tweet, der 2019 von Maiers Twitter-Account veröffentlicht wurde: „Wenn Angeklagte ‚AfD-Richter‘ fürchten, haben wir alles richtig gemacht.“ Zwar behauptete er, der Tweet stamme von einem Mitarbeiter, doch er distanzierte sich nicht. Maier sei nicht Opfer einer „künstlich erzeugten Empörung“, geworden, so Pamp, sondern habe sie mit seinen Äußerungen selbst erzeugt, etwa indem er die NS-Aufarbeitung als „Schuldkult“ bezeichnete, mit dem endlich Schluss sein müsse.
Anwalt Jochen Lober hatte vor allem argumentiert, dass Jens Maier zwischen Herbst 2017 und Herbst 2021 gar kein Richter war, sondern Abgeordneter. Die meisten beanstandeten Äußerungen seien unverwertbar, weil Maiers Richterpflichten in dieser Zeit ruhten. Darauf komme es aber nicht an, so der BGH. Entscheidend sei vielmehr der Eindruck, Maier werde künftig sein Verhalten als Richter an seinen persönlichen Ansichten statt an Rechtstreue, Objektivität und Allgemeinwohl ausrichten.
Maier nahm an der Verhandlung persönlich teil und ergriff auch das Wort. Er beklagte sich, dass er „verteufelt“ werde. Als Gefahr für das Ansehen der sächsischen Justiz sehe er sich nicht. „In Dippoldiswalde wählen 35 Prozent der Leute AfD. Wenn ich dort rede, vertrete ich Volkes Meinung.“ Seine Versetzung in den Ruhestand ist keine Strafe und keine Disziplinarmaßnahme für Verfehlungen, sondern eine präventive Maßnahme. Maier bekommt weiterhin sein Ruhestandsgehalt von einigen Tausend Euro pro Monat.
Das aber soll nicht so bleiben. Justizministerin Katja Meier hat Ende Juli zusätzlich noch ein Disziplinarverfahren gegen Maier eingeleitet, mit dem Ziel, ihn ganz aus dem Richteramt zu entfernen. Wann das Richterdienstgericht in Leipzig darüber entscheidet, ist noch offen.
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Dienstgericht des Bundes beim BGH
AfD-Richter Jens Maier untragbar
von Annelie Kaufmann 05.10.2023
Jens Maier bei der mündlichen Verhandlung im Bundesgerichtshof
Er wird nach dem Urteil des Dienstgerichts beim BGH vom Donnerstag nicht in sein Richteramt zurückkehren: der ehemalige AfD-Abgeordnete Jens Maier. Foto: picture alliance/dpa | Uli Deck
Das Dienstgericht des Bundes beim BGH hat entschieden: Der ehemalige AfD-Abgeordnete und Richter Jens Maier darf nicht zurück in die Justiz.
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Der ehemalige AfD-Abgeordnete und Richter Jens Maier kehrt nicht in die sächsische Justiz zurück. Das hat das Dienstgericht des Bundes beim Bundesgerichtshof entschieden (BGH, Urt. v. 05.10.2023, Az. RiZ (R) 1/23).
Das Dienstgericht für Richter am Landgericht (LG) Leipzig hatte auf Antrag des sächsischen Justizministeriums die Versetzung in den Ruhestand für zulässig erklärt (Urt. v. 1.12.2022, Az. 66 DG 2/22). Maier ging dagegen in Revision, hatte damit aber keinen Erfolg.
Der Vorsitzende Richter am BGH Pamp sagte bei der Verkündung am Donnerstag, das Dienstgericht beim LG Leipzig habe die Versetzung in den Ruhestand ohne Rechtsfehler für zulässig erklärt. Es habe zu Recht angenommen, dass es im Interesse der Rechtspflege liege, Maier in den Ruhestand zu versetzen. Die Anwendung von § 31 Deutsches Richtergesetz (DRiG) sei nicht dadurch ausgeschlossen, dass Maier im fraglichen Zeitraum Mitglied des Bundestags war. Er könne sich nicht auf die Indemnität aus Art. 46 Grundgesetz (GG) berufen, da diese nur Äußerungen im Parlament betreffe, um die es hier aber nicht ging. Das Dienstgericht sei auch zutreffend davon ausgegangen, dass die Äußerungen verwertet werden durften. § 31 DRiG sei nicht deshalb gesperrt, weil das Abgeordnetengesetz vorsieht, dass Rechte und Pflichten aus dem Dienstverhältnis ruhen. Eine derartige Sperrwirkung lasse sich dem Abgeordnetengesetz nicht entnehmen.
Ein Richter müsse jederzeit die Gewähr dafür bieten, dass er für die freiheitlich-demokratische Grundordnung einstehe, das gelte nicht nur beim Eintritt in das Richteramt, sondern auch bei der Rückführung in die Justiz.
Entscheidend sei, dass eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Rechtspflege anzunehmen sei – dies sei der Fall, wenn in der Öffentlichkeit der Eindruck entstanden ist, dass der Richter bei seiner künftigen Berufsausübung nicht mehr auf dem Boden des Grundgesetzes stehe.
Kein Opfer einer Kampagne
Maier äußerte sich gleich zu Beginn der Verhandlung in Karlsruhe und sagte er fühle sich ungerecht behandelt. "Ich bin hier der Teufel in Person", so Maier. "Wir werden ständig mit Dreck beworfen. Dieser Hass und diese Hetze in der Presse führen dazu, dass ein verzerrtes Bild von uns entsteht." Man habe ja gesehen, "was mit Chrupalla passiert", so Maier weiter und spielte damit auf den noch unklaren Vorfall an, wonach der AfD-Bundesvorsitzende Tino Chrupalla nach AfD-Angaben Opfer eines tätlichen Angriffs geworden sein soll.
Maier gehört zum rechtsextremen Flügel der AfD um Björn Höcke. Er war von 2017 bis 2021 Abgeordneter im Bundestag, verlor dann bei der Bundestagswahl seinen Sitz und wollte daraufhin in die sächsische Justiz zurückkehren. Das führte zu einer scharfen Diskussion darüber, ob und inwiefern die sächsische Justizministerin Katja Meier (Grüne) Maiers Rückkehr verhindern könnte. Das Abgeordnetengesetz sieht grundsätzlich vor, dass Richter und Beamte nach einem Mandat in den Dienst zurückkehren können, zugleich galt Maier, der mit rechtsextremen Äußerungen aufgefallen war, als untragbar.
Der Vorsitzende Richter betonte, das Landgericht habe in den Blick genommen, dass Maier nicht etwa Opfer einer Schmutzkampagne geworden sei. Vielmehr habe das Justizministerium auf Äußerungen abgestellt, die Maier zuzurechnen waren. Dabei sei es auch nicht darauf angekommen, dass Maier erklärte, einzelne – von ihm nicht zurückgenommene – Tweets seien von einem Mitarbeiter, nicht von ihm selbst, über seinen Account abgesetzt worden.
Maier: "Als Amtsrichter in Dippoldiswalde vertrete ich Volkes Meinung"
Äußerungen eines Abgeordneten im Bundestag sind dabei nach Art. 46 GG besonders geschützt, um solche Äußerungen ging es in dem Verfahren jedoch nicht. Das Justizministerium bezog sich teils auf Äußerungen Maiers aus der Zeit, kurz bevor er Abgeordneter wurde, teils auf Äußerungen aus seiner Zeit als Abgeordneter – die er aber außerhalb des Parlaments gemacht hatte.
So sprach Maier etwa im Januar 2017 bei einer Veranstaltung in Dresden mit Blick auf die Aufarbeitung von NS-Verbrechen von einem "Schuldkult", den er für "endgültig beendet" erklären wolle. Eine Frau mit Kopftuch bezeichnete Maier auf Facebook als "Schleiereule" und "Gesindel". 2019 hieß es in einem Tweet Maiers: "Wenn Angeklagte 'AfD-Richter' fürchten, haben wir alles richtig gemacht." Das LG Leipzig maß diesem Tweet besondere Bedeutung zu, er zeige, dass Maier eine von seiner politischen Gesinnung geprägte Ausübung des Richteramtes gutheiße.
Er stehe zu seinen Äußerungen, sagte Maier: "Also vor allem zu dem, was ich wirklich gemeint habe, nicht zu den Verdrehungen, die mir vorgehalten werden." Er habe bis 2017 ein völlig unauffälliges Richterleben geführt und könne sehr wohl zwischen seiner politischen Meinung und seinem Richteramt differenzieren. Mit Blick auf die zwei Wochen, in denen er nach seiner Mitgliedschaft im Bundestag als Richter am Amtsgericht Dippoldiswalde tätig war, verwies Maier darauf, dass die AfD dort starke Wahlergebnisse einfahre: "Da vertrete ich Volkes Meinung. Das mag Sie vielleicht erschüttern hier in Karlsruhe, aber in Sachsen ist das anders als hier."
Was bedeutet es, dass die Dienstpflichten ruhen?
Maiers Anwalt Jochen Lober argumentierte insbesondere, die Befugnis zur Versetzung eines Richters in den Ruhestand sei durch die Vorschriften des Abgeordnetengesetzes gesperrt. "Mit Annahme des Mandates ist der Herr Maier außerhalb des Richteramtes und außerhalb jeder richterlichen Tätigkeit, weil die ruht", so Lober. Deshalb dürften sämtliche Äußerungen aus Maiers Zeit als Abgeordneter nicht gegen ihn verwendet werden.
Das müsse man auslegen, "wie man das als Jurist halt so macht", sagte der Vorsitzende des Dienstgerichtes dazu. Im Ergebnis seien die Ausführungen des LG nicht zu beanstanden.
§ 31 DRiG sieht vor, dass ein Richter in den Ruhestand versetzt werden kann, wenn Tatsachen außerhalb seiner richterlichen Tätigkeit das zwingend gebieten, um eine schwere Beeinträchtigung der Rechtspflege abzuwenden. Gemäß § 5 i.V.m. § 8 des Abgeordnetengesetzes ruhen die Rechte und Dienstpflichten für die Zeit des Mandats.
In diesem Fall komme es aber nicht darauf an, ob und inwiefern während der Mandatszeit dennoch eine basale Treuepflicht bestehe. Entscheidend sei, dass der nachvollziehbare Eindruck entstanden sei, Maier lasse sich als selbst ernannter AfD-Richter von politischen Einstellungen leiten.
Ein Sprecher des sächsischen Justizministeriums begrüßte die Entscheidung. Nach dem gerichtlichen Verfahren folgt nun ein Verwaltungsverfahren, in dem Maier endgültig den Bescheid über die Versetzung in den Ruhestand erhält. Das wolle man einleiten, sobald die schriftliche Fassung des Urteils vorliege. "Herr Maier wird nicht wieder Recht sprechen, das ist für uns das Entscheidende", so der Sprecher.
Mit einer Disziplinarklage will das Justizministerium einen Schritt weitergehen
Maier wehrt sich parallel zu dem Ruhestandsverfahren vor dem Verwaltungsgericht (VG) Dresden dagegen, dass der sächsische Verfassungsschutz ihn als "rechtsextrem" einstuft. Maier und sein Rechtsanwalt Jochen Lober hatten deshalb auch argumentiert, das LG Leipzig hätte das Verfahren aussetzen müssen, bis die Frage vom VG geklärt ist. Das sahen aber das LG und auch der BGH anders, denn die Vorwürfe gegen Maier knüpften nicht an die Einstufung im Verfassungsschutzbericht, sondern an konkrete Äußerungen an.
Die sächsische Justizministerin hat zudem eine Disziplinarklage erhoben, um Maier vollständig aus dem Richterdienstverhältnis zu entfernen. Die Disziplinarklage bezieht sich auf Äußerungen von Maier noch vor seiner Wahl in den Bundestag. Das Justizministerium wirft ihm vor, über die rechtsextremistischen Gewalttaten des zu dieser Zeit bereits rechtskräftig verurteilten Terroristen Anders Breivik 2017 öffentlich geäußert zu haben, dieser sei "aus Verzweiflung zum Massenmörder geworden". Zudem geht es um einen gegen die ZDF-Journalistin Marietta Slomka gerichteten Tweet, in dem Maier schrieb: "GEZ abschaffen, Slomka entsorgen!"
Anders als bei der Versetzung in den Ruhestand geht es im Disziplinarverfahren darum, ob Maier gegen Dienstpflichten verstoßen hat. Die Hürden sind höher, die Konsequenzen wären weitreichender: Maier würde auch die Ansprüche auf Besoldung und Versorgung verlieren, die er als Richter im Ruhestand noch erhält. Über die Disziplinarklage muss das Dienstgericht am LG Leipzig entscheiden.
https://www.lto.de/
Entscheidung im Fall Maier
: Rechter Richter muss in den Ruhestand
von Christoph Schneider
05.10.2023 | 15:27
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Statt ins Richteramt zurückzukehren, wurde der ehemalige AfD-Abgeordnete Jens Maier in den Ruhestand versetzt. Das Urteil wurde nun bestätigt.
Der AfD-Politiker Jens Maier muss in den vorzeitigen Ruhestand. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe entschied am Donnerstag, dass der frühere Bundestagsabgeordnete nicht mehr als Richter arbeiten darf und wies die Revision des 61-Jährigen gegen ein Urteil des Leipziger Dienstgerichtes zurück.
Dieses hatte die Versetzung des 61-Jährigen im vergangenen Dezember für zulässig erachtet und dies mit rassistischen und abwertenden Äußerungen unter anderem auch in sozialen Medien begründet. Das Urteil enthalte keine Rechtsfehler, befand nun der BGH
Verfassungsschutz stufte Maier als rechtsextrem ein
Bis 2017 war Maier Richter am Landgericht Dresden. Dann wurde er in den Bundestag gewählt. Immer wieder fiel Maier mit umstrittenen Positionen auf, der sächsische Verfassungsschutz stufte ihn 2020 als Rechtsextremisten ein.
Der heute 61-Jährige, in Bremen geboren, und in den 1990er Jahren nach Sachsen gezogen, gehörte dem offiziell aufgelösten völkisch-nationalen "Flügel" der AfD an.
"Wir sind bereit für mehr" – beflügelt vom Umfragehoch will die AfD regieren. ZDFheute live mit Korrespondentin Nicole Diekmann und Politikwissenschaftler Benjamin Höhne.
28.07.2023 | 26:54 min
Er zeigt Verständnis für den norwegischen Massenmörder Anders Breivik, der "aus Verzweiflung zum Massenmörder" geworden sei, bezeichnet sich selbst als "Kleiner Höcke", verunglimpft Muslime als "Schleiereulen", warnt vor "Mischvölkern" und tituliert einen Sohn von Boris Becker als "Halbneger".
Landgericht Leipzig: Versetzung in Ruhestand "zwingend geboten"
Als Abgeordneter ruhte sein Richteramt. 2021 aber, als er nicht wieder in den Bundestag gewählt wurde, beantragte Maier die Rückkehr in den Justizdienst, sollte Richter am Amtsgericht Dippoldiswalde werden. Doch das sächsische Justizministerium stützte sich auf das Deutsche Richtergesetz und suspendierte ihn vom Dienst.
In § 31 des Richtergesetzes heißt es, dass ein Richter in den Ruhestand versetzt werden kann, "wenn Tatsachen außerhalb seiner richterlichen Tätigkeit eine Maßnahme dieser Art zwingend gebieten, um eine schwere Beeinträchtigung der Rechtspflege abzuwenden."
Im Rahmen eines Eilverfahrens wurde diese Suspendierung bestätigt. Und im Hauptsacheverfahren wenige Monate später entschied das Richterdienstgericht am Landgericht Leipzig im Dezember 2022: Die endgültige Versetzung von Jens Maier in den Ruhestand sei "zwingend geboten" "zur Abwehr einer schweren Beeinträchtigung der Rechtspflege …".
Die AfD-Jugend, die "Junge Alternative", wurde vier Jahre vom Verfassungsschutz beobachtet. Jetzt steht fest, dass die Organisation rechtsextremistische Bestrebungen und verfassungsfeindliche Ziele verfolgt.
26.04.2023 | 1:27 min
Posts von AfD-Mitglied: Verstoß gegen Mäßigungsgebot
Fast den ganzen Verhandlungstag ging das Richterdienstgericht detailliert die Auftritte und Reden Maiers durch, sowie die Social-Media-Posts auf seinem Account. Maiers Anwalt Jochen Lober wies an mehreren Stellen darauf hin, dass viele Posts nicht von Maier selbst, sondern von Mitarbeitern stammen. Für das Gericht unerheblich, denn die Öffentlichkeit setze Maiers Account mit seiner Person gleich.
Insgesamt hatte das Leipziger Gericht geurteilt, dass Richterinnen und Richter auch außerhalb ihres Dienstes und bei politischer Betätigung einem Mäßigungsgebot unterlägen, an das sich Kläger Maier aber nicht gehalten habe.
Als besonders gravierend erachtete das Dienstgericht einen Tweet von Maier aus dem März 2019, in dem es heißt: "Wenn Angeklagte 'AfD-Richter' fürchten, haben wir alles richtig gemacht." Hier mache Maier seine eigene Rolle als Richter zum Gegenstand und erwecke den Eindruck, dass er sich als Richter von parteipolitischen Einstellungen leiten lasse, so das Dienstgericht.
Christoph Schneider ist Redakteur in der Fachredaktion Recht & Justiz des ZDF.
Quelle: mit Material von dpa
https://www.zdf.de/
Disziplinarklage gegen früheren AfD-Abgeordneten
Warum Sachsen nun nochmal gegen Richter Jens Maier vorgeht
von Leonie Ott17.08.2023
Jens Maier (AfD) droht die Entfernung aus dem Richterverhältnis.
In Leipzig geht es nun um rechtsextremistische Äußerungen von Jens Maier aus seiner Zeit als Richter. Foto: picture alliance / dpa | Sebastian Kahnert
Das sächsische Justizministerium will den ehemaligen AfD-Abgeordneten Jens Maier aus dem Richterdienstverhältnis entfernen. Damit würde er seine Bezüge verlieren, die er als Richter im Ruhestand derzeit noch erhält.
Zur Zeit ist der frühere AfD-Bundestagsabgeordnete Jens Maier Richter im Ruhestand – wenn auch gegen seinen Willen. Weil er mit rechtsextremistischen Aussagen aufgefallen ist, hatte ihn die sächsische Justizministerin Katja Meier (Die Grünen) vorzeitig in den Ruhestand versetzen lassen. Nun hat ihr Ministerium außerdem eine Disziplinarklage erhoben, um Maier vollständig aus dem Richterdienstverhältnis zu entfernen. Damit würde er alle Ansprüche verlieren, auch die Bezüge, die er als Richter im Ruhestand derzeit noch erhält.
Das sächsische Justizministerium hat mit einer Klageschrift vom 30. Juli eine Disziplinarklage beim Richterdienstgericht am Landgericht (LG) Leipzig erhoben, wie es in einer Pressemitteilung vom Donnerstag heißt. Darin wird Maier die "schuldhafte Verletzung von Dienstpflichten" in seinem früheren Richteramt am Landgericht Dresden vorgeworfen.
"Das durch das Landgericht Dresden am 14. März 2022 eröffnete Disziplinarverfahren tritt damit in die nächste Stufe. Ich habe immer gesagt, dass wir alle rechtlich zulässigen Möglichkeiten ausschöpfen, um die sächsische Justiz vor Verfassungsfeinden in den eigenen Reihen zu schützen", erklärte Justizministerin Katja Meier (Grüne).
Maier fiel vor seiner Wahl zum AfD-Abgeordneten mit rechtsextremen Äußerungen auf
Die Disziplinarklage bezieht auf Äußerungen von Maier noch vor seiner Wahl in den Bundestag. Das Justizministerium wirft ihm vor, über die rechtsextremistischen Gewalttaten des zu dieser Zeit bereits rechtskräftig verurteilten Terroristen Anders Breivik 2017 öffentlich geäußert zu haben, dieser sei "aus Verzweiflung zum Massenmörder geworden". In diesem Zusammenhang hatte Maier die Frage aufgeworfen, ob nicht der "um sich greifende" Multikulturalismus und die "Vermischung" der Kulturen innerhalb westlicher Gesellschaften durch die Einwanderung von "Kulturfremden" zum "Wahnsinnigwerden" sei.
Über die ZDF-Journalistin Marietta Slomka habe er auf seiner Facebook-Seite geschrieben: "GEZ abschaffen, Slomka entsorgen!", so die Presserklärung des Ministeriums. Die Äußerung stellt sich nach der Auffassung der Dienstvorgesetzten des Richters Maier als Verstoß gegen die Pflichten zur politischen Mäßigung und zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten dar. Äußerungen des Richters, die in seine Zeit als Abgeordneter im Bundestag fielen, seien nicht Gegenstand der Disziplinarklage, so das Ministerium.
Maier derzeit im vorzeitigen Ruhestand – mit Bezügen
Maier hatte nach seiner Zeit als Bundestagsabgeordneter für die AfD beantragt in den Richterdienst zurückzukehren – das sächsische Justizministerium wies ihn daraufhin mit Dienstbeginn zum 14. März 2022 dem Amtsgericht Dippoldiswalde zu. Damit wollte man den gesetzlichen Rückkehranspruch Maiers erfüllen. Am gleichen Tag leitete das LG Dresden ein Disziplinarverfahren gegen Maier ein. Zudem beantragte das Justizministerium Maier vorläufig die Amtsgeschäfte zu untersagen und hatte damit Erfolg.
Ende 2022 entschied dann das Dienstgericht, dass Maier in den vorzeitigen Ruhestand versetzt wird – das Verfahren ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Maier hat gegen die Entscheidung in den Ruhestand versetzt zu werden trotzdem Revision eingelegt. Das Dienstgericht des Bundes beim Bundesgerichtshof (BGH) will im Oktober darüber verhandeln. Die Versetzung in den Ruhestand gilt bis zur Rechtskraft einer Entscheidung in der Hauptsache weiter.
Zwei Verfahren mit unterschiedlichen Zielen
Die nun erhobene Klage ist also schon das zweite Verfahren gegen Maier vor dem Dienstgericht für Richter in Leipzig. Die Sachverhalte beider Verfahren überschneiden sich: Die Äußerungen zu Marietta Slomka und Anders Breivik hatte das Justizministerium auch im ersten Verfahren gerügt. Die Verfahren unterscheiden sich jedoch bezüglich Rechtsgrundlage und Rechtsfolgen. Bei dem neuen Verfahren handelt es sich um ein Disziplinarverfahren. Solche Disziplinarverfahren werden der Pressesprecherin des Dienstgerichts zufolge häufiger geführt und haben Sanktionscharakter.
Die Versetzung von Jens Maier in den Ruhestand war hingegen juristisches Neuland. Dabei ging es darum, einen Schaden für das Ansehen der Justiz in Sachsen abzuwenden, also die Rechtspflege zu schützen. Das erste Verfahren hatte also eher gefahrenabwehrrechtlichen Charakter. Auf ein schuldhaftes Verhalten kam es nicht an. Das Dienstgericht urteilte damals, dass Jens Maier nach § 31 Deutsches Richtergesetz nicht mehr als Richter tätig sein darf. Danach darf ein Richter in den Ruhestand versetzt werden, wenn Tatsachen außerhalb seiner richterlichen Tätigkeit eine Maßnahme dieser Art zwingend gebieten, um eine schwere Beeinträchtigung der Rechtspflege abzuwenden. Mangels Sanktionscharakter des Verfahrens durfte Jens Maier seine Bezüge als Richter im Ruhestand aber behalten.
Welche Konsequenzen hat die Disziplinarklage?
In der neuen Disziplinarklage beantragt das Ministerium nun die vollständige Entfernung aus dem Richterdienstverhältnis, so ein Sprecher auf Anfrage von LTO. Das ist nach § 5 Abs. 1 Nr. 5 des Sächsischen Disziplinargesetzes, welches nach § 51 des Sächsischen Richtergesetzes (SächsRiG) anwendbar ist, eine mögliche Sanktionsmaßnahme. Die Hürden dafür sind höher als bei dem Ruhestandsverfahren, weil nun ein schuldhaftes Verhalten nachgewiesen werden muss. Dafür wären aber auch die Konsequenzen für Jens Maier einschneidend. Bei der Entfernung aus dem Richterdienstverhältnis nach §10 des Sächsischen Disziplinargesetzes in Verbindung mit §51 SächsRiG endet das komplette Dienstverhältnis: Ansprüche auf Besoldung und Versorgung gehen verloren, eine erneute Benennung zum Richter ist nicht mehr möglich.
In anderen Worten: Das Ruhestandsverfahren hat Maier nur von der Tätigkeit als Richter entbunden, das Disziplinarverfahren könnte seinen Status als Richter aufheben. Die Verfahren sind dabei unabhängig voneinander. Der sächsische Staat versucht mit allen Mitteln, die Bande mit Jens Maier zu lösen.
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Richtertätigkeit
Justizministerium erhebt Disziplinarklage gegen AfD-Politiker Jens Maier
16.08.2023, 17:46 Uhr
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Der Fall Maier hat ein weiteres juristisches Nachspiel. Das Sächsische Justizministerium hat vor dem Richterdienstgericht in Leipzig Disziplinarklage gegen den früheren AfD-Bundestagsabgeordneten erhoben. Parallel wird im Oktober der BGH über das Revisionsverfahren entscheiden. Maier wehrt sich gegen die Versetzung in den Ruhestand.
von Uta Deckow, MDR SACHSEN
Bereits Ende Juli hat das Sächsische Justizministerium die Disziplinarklage gegen Jens Maier zum Dienstgericht für Richter beim zuständigen Landgericht Leipzig erhoben. Heute wurde dazu offiziell informiert. Maier wird die schuldhafte Verletzung von Dienstpflichten in seinem früheren Richteramt beim Landgericht Dresden vorgeworfen. 2017 war Maier für die AfD bis zu seiner Abwahl 2021 in den Bundestag eingezogen.
Landgericht leitete Disziplinarverfahren im März ein
Grundlage für den juristischen Schritt sind die Ermittlungen des Landgerichtes Dresden, das bereits Mitte März ein Disziplinarverfahren eröffnet hatte. "Ich habe immer gesagt, dass wir alle rechtlich zulässigen Möglichkeiten ausschöpfen, um die sächsische Justiz vor Verfassungsfeinden in den eigenen Reihen zu schützen", sagte heute Justizministerin Katja Meier (Grüne), die zugleich betonte, dass nicht das Ministerium entscheide, sondern Richter über Richter urteilen. Der sächsische Verfassungsschutz stuft Maier seit 2020 als rechtsextrem ein.
Das Landgericht war bei seinen Ermittlungen zu dem Schluss gekommen, die Verletzungen seien so schwerwiegend, dass Jens Maier nicht nur in den Ruhestand geschickt, sondern aus dem Dienst entfernt werden solle. Darüber muss nun das zuständige Richterdienstgericht in Leipzig befinden. Sollte das Gericht sich dieser Ansicht anschließen, hieße das, der ehemalige AfD-Politiker würde die Ansprüche auf seine Ruhestandsbezüge als Beamter verlieren und für die Zeit als Richter deutlich weniger Geld erhalten.
Bundesgerichtshof entscheidet über Ruhestand
Die Frage, ob Maier zu Recht in den Ruhestand versetzt wurde oder gar wieder als Richter arbeiten darf, muss unterdessen der Bundesgerichtshof in Karlsruhe in einem anderen Verfahren entscheiden. Der Termin für die Verhandlung wurde vom Bundesgerichtshof auf den 5. Oktober angesetzt. Maier war in Revision gegangen, nachdem das Richterdienstgericht in Leipzig entschieden hatte, Maier solle nicht in sein Richteramt zurückkehren.
Er sei als Richter nicht mehr tragbar, hieß es bei der Urteilsverkündung im Dezember. Das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Person des Richters habe in so hohem Maße Schaden genommen, dass seine Rechtsprechung nicht mehr glaubwürdig erscheine. Er habe durch seine Äußerungen den Eindruck erweckt, er könne sein Amt nicht mehr unparteiisch und ohne Ansehen der Person ausüben.
Sächsisches Justizministerium fürchtet Ansehensverlust der sächsischen Justiz
Maier war von 2017 bis 2021 Bundestagsabgeordneter für die AfD. Nachdem er bei der Wahl sein Mandat verloren hatte, beantragte er die Rückkehr in die sächsische Justiz. Das Justizministerium wies ihm eine Stelle beim Amtsgericht Dippoldiswalde zu und beantragte zugleich die Versetzung in den Ruhestand. Ministerin Katja Meier begründete dies mit einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Rechtspflege.
Eine Richtertätigkeit des AfD-Mitglieds, das vom Verfassungsschutz als Rechtsextremist eingestuft worden sei, führe zu einem Ansehensverlust der sächsischen Justiz und der Rechtspflege bundesweit. Es bestehe die Gefahr, dass er ständig wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und von Verfahren ausgeschlossen werden könne, hieß es in der Antragsschrift des Ministeriums.
Maier legte Revision gegen die Entscheidung ein
Das Richterdienstgericht in Leipzig schloss sich Anfang Dezember 2022 dieser Argumentation an. Die Ruhestandsversetzung sei keine Strafe, sondern diene dem Schutz der Rechtspflege. Die Öffentlichkeit müsse den Eindruck gewinnen, Maier werde sich bei Urteilen von falschen Motiven leiten lassen, urteilte das Gericht unter Bezugnahme auf zahlreiche Kommentare Maiers in den sozialen Netzwerken. Gegen die Entscheidung hatte Maier Revision eingelegt. Solange Maier lediglich in den Ruhestand versetzt ist, bekommt er die entsprechenden Ruhestandsbezüge.
Sachsen
Neues Gesetz gegen Extremismus im Staatsdienst geplant
Auch ob dieses Falles wurde ein ganzes Bündel an Maßnahmen auf den Weg gebracht, mit denen der Freistaat gegen Extremisten im öffentlichen Dienst vorgehen will. Unter anderem hat das Kabinett den Entwurf für ein Gesetz zur Verfassungstreue im öffentlichen Dienst vorgelegt. Darüber muss nun der Sächsische Landtag entscheiden.
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Nach SPD-Vorschlag
AfD-Verbot: Verfassungsrechtler nennt Esken-Vorschlag "unklug"
Schild des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz
Justiz
Sachsen will entschlossener gegen Extremisten im Staatsdienst vorgehen
MDR (kbe)
Dieses Thema im Programm:
MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 16. August 2023 | 19:00 Uhr
https://www.mdr.de/
Jens Maier (2018)
04.12.2024 Wikipedia
Jens Maier (* 10. Februar 1962 in Bremen) ist ein deutscher Jurist, rechtsextremer Politiker (AfD) und Richter im vorzeitigen Ruhestand. Maier wird zum parteiinternen, formal aufgelösten „völkischen Flügel“ der AfD gezählt, der vom Verfassungsschutz als rechtsextremistische Bestrebung eingestuft wurde. Der sächsische Verfassungsschutz stufte ihn 2020 als Rechtsextremisten ein. Von 2017 bis 2021 war Maier Mitglied des Deutschen Bundestags.
Richterlicher Beschluss zugunsten der NPD
Im Mai 2016 verbot Maier per einstweiliger Verfügung als zuständiger Richter des Landgerichts Dresden auf Antrag der NPD dem Extremismusforscher Steffen Kailitz vom Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung, über die NPD zu sagen, diese plane „rassistische Staatsverbrechen“.[36][37]
Kailitz hatte das Parteiprogramm der NPD und andere öffentliche und der Partei zuzuordnende Quellen ausgewertet und war zur – in einem Gastbeitrag in der Wochenzeitung Die Zeit wiederholten – Bewertung gelangt, dass die Partei im Regierungsfalle beabsichtige, „acht bis elf Millionen Menschen aus Deutschland [zu] vertreiben, darunter deutsche Staatsbürger mit Migrationshintergrund.“[38] Dies ergebe sich aus der explizit geäußerten Auffassung der NPD, dass deutsche Staatsbürger „anderer Rassen“ immer Fremde blieben, die aus Deutschland entfernt werden müssten, weil – so zitierte Kailitz die NPD weiter – „die Verleihung bedruckten Papiers (eines BRD-Passes) ja nicht die biologischen Erbanlagen verändert […] Angehörige anderer Rassen bleiben deshalb körperlich, geistig und seelisch immer Fremdkörper, gleich wie lange sie in Deutschland leben, und mutieren durch die Verleihung bedruckten Papiers nicht zu germanischstämmigen Deutschen.“[39] Die NPD klagte gegen Kailitz’ Bewertung, eine solche Politik lasse sich nur durch „Staatsverbrechen“ verwirklichen, mit der Begründung, wenn diese Politik nicht willkürlich, sondern in gesetzlichen Regeln erfolge, dann könne es sich gar nicht um Verbrechen handeln, sondern sie sei dann rechtmäßiges Staatshandeln.[40] Maier schloss sich dieser Auffassung inhaltlich an: „Ich weiß nicht, wie man, wenn man das Programm der NPD liest, auf Staatsverbrechen kommen kann“, denn wenn „jemand aufgrund von gesetzlichen Grundlagen zurückgeführt wird, ist das kein Staatsverbrechen.“[41] Er nahm Kailitz’ Einschätzung nicht als Meinungsäußerung, sondern als – rechtlich leichter untersagbare – Tatsachenbehauptung. Sein Beschluss erfolgte im Eilverfahren ohne Anhörung von Kailitz und drohte diesem bei Zuwiderhandlung „Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten“ an.[42]
Kailitz sah sich in seiner Wissenschaftsfreiheit verletzt und legte Widerspruch ein. Der Beschluss wurde später von der zuständigen Kammer in voller Besetzung wieder aufgehoben. Im Hauptsacheverfahren, an dem Maier nicht mehr teilnahm, wurde die Klage der NPD im April 2017 endgültig abgewiesen.[43] Das Gericht bewertete Kailitz’ Einschätzungen als zulässige Meinungsäußerung, die sich die NPD entgegenhalten lassen müsse.[44] Der ursprüngliche Beschluss wurde u. a. von der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft als Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit gewertet: Kailitz habe sich jahrelang wissenschaftlich mit der NPD befasst und „Forschungsergebnisse öffentlich darzustellen, gehört zu den zentralen Aufgaben von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern“. Ihre „Veröffentlichung gerichtlich zu unterbinden, schränkt die Freiheit der Wissenschaft unzulässig ein.“[45] Besondere Brisanz hatte der Beschluss auch deswegen, weil Kailitz im damals noch laufenden zweiten Verbotsverfahren gegen die NPD vom Bundesverfassungsgericht als Sachverständiger gehört wurde, Maier also faktisch die Wiederholung von Aussagen verbot, um deren Abgabe an anderer Stelle Kailitz gerichtlich gebeten worden war.[46] Maier gab an, von der wissenschaftlichen Beschäftigung Kailitz’ mit der NPD und dessen Rolle als Sachverständiger vor dem Bundesverfassungsgericht nichts gewusst zu haben, und „verwahrte sich dagegen, mit der NPD in Verbindung gebracht zu werden. Als Mitglied des Landesschiedsgerichts der AfD halte er es im Gegenteil für seine Aufgabe, Neonazis als Mitglieder der AfD nicht zu dulden.“[47]
Steffen Kailitz überprüfte, während die Klage der NPD noch lief, das Facebook-Konto Maiers und entdeckte dort „in Maiers zwischenzeitlich offenbar gesäuberter Liste“ verschiedene Politiker der Partei.[48] Ende 2016 fand sich noch der NPD-Vorsitzende Frank Franz auf der Freundesliste.[49]
Politische Positionen, Verfahren gegen Maier und Kontroversen
Facebook-Kommentare, insbesondere zu Muslimen und Asylbewerbern
Die Sächsische Zeitung analysierte im Januar 2017 über 100 Kommentare Maiers im sozialen Netzwerk Facebook. Dort äußerte er am 20. August 2014: „Gestern lief mir an der Ampel so eine Schleiereule am Wagen vorbei. Ich war kurz davor, die Hupe zu betätigen. Ich kann nur noch Wut und Zorn für dieses Gesinde empfinden.“ Asylsuchende betrachtet Maier als „potenzielle Kriminelle“. Eine Äußerung im September 2014 lautete: „Was der Nationalsozialismus auf der politischen Strecke war, ist heute der Islam auf der religiösen“. Im Mai 2015 äußerte Maier, die Rote Armee könne nicht wirklich als Befreier Deutschlands angesehen werden: „Was die Amerikaner mit dem Sieg verbanden, kann man heute sehen. Wir sind nicht souverän und werden es nicht werden. Ist das Befreiung? Wir warten auf Befreiung.“ Des Weiteren verband sich Maier auf Facebook mit Nutzern, die sich von einem „illegalen Regime“ bedroht sahen und den Rechtsstaat als „Scheißstaat“ diffamierten. Er zeigte Sympathien für christliche Fundamentalisten, die Ideologie von Reichsbürgern sowie die Pegida-Bewegung.[50][51][52]
Rede über „Schuldkult“, „Mischvölker“ und NPD, Disziplinarverfahren
Im Januar 2017 trat Jens Maier als Vorredner von Björn Höcke im Brauhaus Watzke in Dresden auf. Dort redete Maier über die „Herstellung von Mischvölkern“, durch die die „nationalen Identitäten“ ausgelöscht werden sollten, was „einfach nicht zu ertragen“ sei. Zudem bezeichnete er die Aufarbeitung der NS-Verbrechen als „gegen uns gerichtete Propaganda und Umerziehung, die uns einreden wollte, dass Auschwitz praktisch die Folge der deutschen Geschichte wäre.“ Er erkläre diesen „Schuldkult“ für „endgültig beendet“.[51] Über die NPD äußerte Maier, dass diese bis zum Aufkommen der AfD die einzige Partei gewesen sei, die „immer geschlossen zu Deutschland gestanden“ habe.[2][53]
Im Gefolge der Rede sah das Landgericht Dresden das öffentliche Vertrauen in die richterliche Unabhängigkeit in Ehrschutz- und Medienverfahren als gefährdet an und strukturierte seine Zuständigkeiten – mit Maiers Einverständnis – derart um, dass entsprechende Verfahren in Zukunft nun in einer neugebildeten Zivilkammer ohne Maier stattfinden würden.[54]
Der Präsident des Landgerichtes Dresden erteilte Maier im Rahmen eines Disziplinarverfahrens weiterhin einen dienstlichen Verweis.[55] In der entsprechenden Pressemitteilung hieß es zur Begründung: „Insbesondere vor dem Hintergrund, dass Richter Maier zum damaligen Zeitpunkt Mitglied der u.a. für Presse- und Ehrschutzsachen zuständigen Kammer des Landgerichts und dort auch mit Verfahren der NPD befasst war, hätten seine Äußerungen zur NPD das Mäßigungsgebot verletzt. Mit seinen Beiträgen habe Richter Maier, dessen Beruf als Richter dabei immer bekannt gewesen sei, dem Ansehen der Justiz allgemein und des Landgerichts Dresden im Besonderen Schaden zugefügt.“[5] Maier verzichtete auf Rechtsmittel.[5]
Verständnis für den Rechtsterroristen Breivik
Auf einer Veranstaltung des von Jürgen Elsässer herausgegebenen rechtspopulistischen Magazins Compact äußerte Maier, wie Journalisten von Zeit online und des Vorwärts im Livestream verfolgten, Verständnis für den norwegischen Rechtsterroristen Anders Behring Breivik, der im Jahr 2011 77 Menschen ermordet hatte. Er sei aus „Verzweiflung heraus zum Massenmörder geworden“. Grund sei die Einwanderung von „Kulturfremden“ gewesen. Außerdem nannte er das Buch Europa verteidigen des Bloggers „Fjordman“ als Anstoß für seine politische Betätigung. Beiträge Fjordmans hatte auch Breivik in seinem „Manifest“ zur Rechtfertigung zitiert. Unmittelbar nach dem Auftritt Maiers nahm Compact das Video der Veranstaltung vom Netz. Maier, der beteuerte, Breiviks Taten weder entschuldigt noch verharmlost zu haben, verfügt nach eigenen Worten über ein Manuskript seiner Rede, will dieses jedoch nicht herausgeben.[56][57][58]
Rückkehr in den Richterdienst, vorzeitiger Ruhestand und weitere Disziplinarverfahren
Nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag stellte Jens Maier den Antrag auf Rückkehr in den Richterdienst.[77] Die sächsische Justizministerin Katja Meier teilte mit, dass es einen Rückkehranspruch gebe und „Herr Maier mit Wirkung vom 14. März 2022 in den Richterdienst als Amtsrichter am Amtsgericht Dippoldiswalde zurückgeführt“ werde.[78] Jedoch sei von ihr beim zuständigen Dienstgericht auch ein Antrag gemäß § 31 Deutsches Richtergesetz auf Versetzung in den Ruhestand gestellt worden.[79] Dieser Paragraph erlaubt das Versetzen in den Ruhestand, „wenn Tatsachen außerhalb seiner richterlichen Tätigkeit eine Maßnahme dieser Art zwingend gebieten, um eine schwere Beeinträchtigung der Rechtspflege abzuwenden“.[80] Am 25. März 2022 untersagte das Dienstgericht für Richter beim Landgericht Leipzig ihm nach § 35 Deutsches Richtergesetz bis auf Weiteres, die Amtsgeschäfte als Richter wahrzunehmen.[81][82] Im Dezember 2022 entschied es, Maier in den vorzeitigen Ruhestand zu versetzen.[83][84] Maiers Revision dagegen wurde im Oktober 2023 vom Dienstgericht des Bundes beim Bundesgerichtshof zurückgewiesen. Er biete keine Gewähr dafür, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzutreten.[85]
Im März 2022 leitete das Landgericht Dresden gegen Jens Maier zudem ein (weiteres) Disziplinarverfahren ein.[86] Es bestehe „der Verdacht, dass Jens Maier die Dienstpflichten zur Verfassungstreue, zur politischen Mäßigung und zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten verletzt“ habe.[86] Am 30. Juli 2023 wurde Disziplinarklage vor dem Dienstgericht für Richter erhoben.[87] Ein Disziplinarverfahren ist unabhängig von den Entscheidungen über die Anträge nach §§ 31 und 35 Deutsches Richtergesetz.[86] Außerdem wurde auch das erstmalige Einsetzen einer Richteranklage in der Bundesrepublik gegen Maier diskutiert; die sächsische Landtagsfraktion der Grünen ließ ein entsprechendes Rechtsgutachten anfertigen, das bis zum März 2022 erstellt wurde.[88]
Anfang Juni 2024 leitete die sächsische Justizministerin ein drittes Disziplinarverfahren gegen Maier ein. Ihm wird vorgeworfen, sich im Rahmen eines Parteiamtes aktiv in der sächsischen AfD als einer vom sächsischen Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistische Bestrebung zu betätigen und sich bei der entsprechenden Bewerbungsrede sich nicht vereinbar mit der freiheitlich demokratischen Grundordnung geäußert zu haben.[89]
Im November 2024 entschied das Dienstgericht für Richterinnen und Richter in Leipzig, dass Maier Pension und Ruhegeld behält. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.[90]
https://de.wikipedia.org/
2.1 Online-Artikel zur Kritik an der deutschen Familienrechtspraxis
INTERNATIONAL PARENTAL KIDNAPPING AND GERMANY (Senate - 23.06.2000)
US- CONGRESSIONAL RECORD — SENATE
[Page: S5730]
Mr. DeWINE. Mr. President, I am troubled--deeply troubled. I am troubled by a report in the Washington Post that--yet again--illustrates Germany's reluctance to return American children who have been kidnapped by a parent and taken to Germany. The Post article details the latest event in the continuing international struggle that American Joseph Cooke has endured as he seeks the return of his children. As my colleagues may recall, German Chancellor Gerhard Schroeder recently promised President Clinton during the President's visit to Europe that Germany would help Mr. Cooke and grant him and his family visitation rights. Well, despite this promise at the highest levels government, the Kostanz Special Service for Foster Children now is limiting the access that Joseph Cooke's mother has to visiting her grandchildren--apparently as a punishment for all the recent media attention the case has received. This is outrageous, Mr. President. And it simply cannot be tolerated.
Let me take a moment to review the events that have led to where we are today on this issue. At the recent European conference on `Modern Governance in the 21st Century,' President Clinton met with Chancellor Schroeder to discuss several pressing international concerns. One issue, in particular--one I had urged President Clinton to raise with the Chancellor--was the tragic situation of U.S. children being abducted by a parent and taken to Germany.
It was necessary to raise this issue with Chancellor Schroeder because parents--and not just American parents, either--have had a very difficult time getting their children back when they have been abducted and taken to Germany. Although Germany has signed the Hague Convention, our ally--yes, our ally--has not taken their obligations under the Convention seriously. In fact, from 1990 to 1998, only 22 percent of American children for whom Hague applications were filed were returned to the United States from Germany--and that percentage includes those who were voluntarily returned by the abducting parent.
Last month, I spoke on the floor about the Joseph Cooke case--a case that illustrates perfectly Germany's reluctance to return kidnapped children. In Mr. Cooke's case, his wife took their two children to Germany, and without his knowledge, turned them over to the German Youth Authority. Despite Mr. Cooke's desperate attempts to get his children back, a German court decided that they were better off with a German foster family than with their American father. Only after President Clinton's meeting with Chancellor Schroeder and only after Mr. Cooke's case received considerable publicity and media attention, did Germany agree to help Joseph Cooke.
The Germans promised to allow Mr. Cooke and his family visitation with his children. The Germans also promised to form a working group with the United States to examine pending abduction cases. Chancellor Schroeder agreed to `think about organizational and institutional consequences to be taken' to speed up the German court process and make changes in German law to allow visitation rights for those parents previously prevented from seeing their children at all. Although the Chancellor acknowledged that it would be difficult to reverse German custody decisions, he assured President Clinton that this soon-to-be-created commission would work on providing the so-called left-behind parents access to their children.
But now, as the Washington Post reports, Germany is restricting visitation of the Cooke children's American grandmother from open, six-hour visits to supervised, two-hour visits in a psychologist's office. We must take a very tough stance against this, Mr. President. We must judge Germany by its recent actions--not its recent words--recent, empty words. We must hold Germany to its promises and see to it their government matches words with deeds and returns every single American child.
Given Germany's reversal on the visitation agreement, I am even more skeptical now about the sincerity of Germany's commitment to return kidnapped children. I say that partly because German officials have repeatedly blamed their non-compliance on the independence of their judiciary system. They say that they are reluctant to challenge court rulings because the courts are separate and independent from the parliament. Chancellor Schroeder even likened such interference to the days of Nazi Germany, when he told a German newspaper that: `We have always fought for the well-being of the children to be at the core of divorce and custody cases. That is the only standard. The times in which Germany would routinely change the decisions of the courts [during the Nazi era] are over, thank God' (Reuters, 6/1/00).
I find that argument very interesting since the United States has a very independent judiciary branch, yet we return children in 90% of all international abduction cases. And, our return rate of German children, specifically, is equally high. Even according to the German Justice Ministry's own figures, from 1995 to 1999, there were 116 cases of German parents demanding children back from the United States. Of those cases, the U.S. courts refused to return the children in only four cases. During those same five-years, there were 165 known cases in which a parent living in the United States wanted his or her children returned from Germany. Yet, in 33 of those cases, German courts declined to return the children (AP Worldstream, 6/2/00).
Mr. President, I am also concerned about Germany's offer to create a `working group' with the United States given the result of a similar promise Germany made to France. French President Jacques Chirac, who has characterized Germany as applying `the law of the jungle' in abduction cases (The London Evening Standard, 6/1/00), repeatedly asked Germany to address the difficulty his country is having in getting French children returned. In response, Chancellor Schroeder agreed to create a `working group' between the two nations to reach some resolution. While this working group was created a year ago, results have yet to come in on its effectiveness. Given France's experience, it is crucial that we hold Chancellor Schroeder to his word and see to it that his words are not just empty promises made in an attempt to improve a tarnished image in the international community.
Assistant Secretary of State for consular affairs, Mary Ryan will be in Germany this weekend where, according to the Washington Post, `she will be raising this specific issue with every person she meets in the German government.' I am encouraged to see that our State Department has indicated that it is outraged by Germany's action--perhaps now, they will take these kinds of cases seriously and take some type of significant action against Germany. Never-the-less, I urge her and our State Department and President Clinton to not take Germany's broken promises lightly. We must insist that the Germans reverse these restrictions on visitation, otherwise there is absolutely no reason to set up the commission.
Mr. President, we cannot tolerate lip service from our allies. We must hold the German government's feet to the fire. No excuses should be accepted by the parents of these children, nor by this Senate, nor by this Congress, nor by the American people. This must be a priority.
[Page: S5731]
Indifference Adds To Parents' Horror
By Cindy Loose
Washington Post Staff Writer
Sunday, 24.12.2000 ; Page A01
The FBI agents -- five of them -- left to meet the plane, and Mary Hamouda paced. Up and down she went in the windowless room at Dulles International Airport, waiting to see her daughters.
Ashley, 10. Alexandra, 5. Amanda, 4. What had they been through in the two months since her estranged husband had abducted them to Lebanon? Now that he had brought them back, under pressure, how would they react when they saw her again?
The door opened, and she ran to them. The two little girls jumped into her arms. But the oldest one held back.
Ashley had just seen her father taken away in handcuffs. Out in the airport corridor, her father's relatives surrounded her, pleading with her to go home with them to Rockville. Mary Hamouda was weeping. A lawyer was yelling. The agents were elbowing a path to waiting cars.
It was hardly a storybook ending. Six months later, Ashley, traumatized, continues to be angry and withdrawn. Her father, Mohamad Salah Hamouda, is on house detention awaiting sentencing on charges of international parental kidnapping. Mary Hamouda, a registered nurse in Rockville, struggles to reestablish trust with her daughter.
Nevertheless, in the universe of parental child abductions, this outcome is considered an unusual triumph. The intense law enforcement and diplomatic efforts that led to the Hamouda girls' return are rare. The vast majority of children abducted abroad never come back.
Although the U.S. government -- specifically the Justice and State departments -- can assist parents in retrieving abducted children, their efforts are uneven at best. Parents complain that the Justice Department has little interest in their cases and that the State Department is unwilling to disrupt diplomatic relations over abducted children. Written policy directs consular officials to remain neutral, no matter the circumstances.
A recent General Accounting Office report criticized both departments, noting, for example, that the FBI has made limited use of the 1993 International Parental Kidnapping Crime Act. Despite at least 1,000 international parental abductions from the United States each year, the bureau has prosecuted just 62 cases in seven years.
"We all recognize we need to do better," said Andreas Stephens, chief of the FBI's Violent Crimes and Major Offenders Section. The agency, he said, is stretched thin. "I think [parental child abduction] should get high priority, but a lot of things we consider high priority. In the scheme of things, it fits in where it fits in."
The GAO criticized the State Department for its weakness in acting to retrieve abducted children. "Without a more aggressive and systematic diplomatic approach," the report said, ". . . the return of these children may not be realized." And while State and Justice have recently identified additional actions that need to be taken, "we question whether these actions will be implemented because the departments have no comprehensive plan for moving forward."
State Department officials, meanwhile, say that the return of abducted children is a top priority, and that they are improving.
Last summer, the case of Danny and Michelle Cooke -- two American-born children taken by their mother to Germany and left in foster care when she checked into a mental institution -- raised the issue of international child abduction to unprecedented visibility.
After a story in The Washington Post detailed the father's unsuccessful attempts to reunite with his children, President Clinton discussed the matter with German Chancellor Gerhard Schroeder, Secretary of State Madeleine K. Albright intervened personally and German officials pledged reforms. But the Cooke case is only one example of a much broader problem.
Folders and Outrage A sad, cold feeling permeates the room in Northwest D.C.'s Hilton Garden Inn at the annual meeting of PARENT International, an organization of parents whose children have been taken abroad by their spouses. Carrying old grief, the parents sit quietly on folding chairs beneath fluorescent lights, scribbling notes.
Adrianne Delgardo, whose child was abducted to the Bahamas, takes the podium and recounts the U.S. government's extraordinary efforts to return Elian Gonzales to his father in Cuba.
An air of anger and excitement fills the room as she shouts, "How can our government tell us now there is nothing they can do? How can the State Department tell us now that the Hague treaty cannot be enforced?"
The Hague Convention on the Civil Aspects of International Child Abduction is the source of much of the anger.
Designed to reduce international abductions by insisting that custody cases be decided in the child's country of "habitual residence," the treaty is easily circumvented by signatory countries that suffer no repercussions for violating its terms. The GAO report in March said that parents either get their children back or are granted visitation rights, at least on paper, in only 24 percent of cases.
Ed Troxel, one of about 200 parents and grandparents at the meeting, raises his hand to speak. The crowd nods knowingly as Troxel, a truck driver, says he, his parents and his sisters all went broke, losing their homes and cars, to pay translators and lawyers pursuing a Hague case. But Troxel lost.
An exception to the treaty allows children to stay with an abducting parent if a return would result in "severe physical or psychological harm." A German court, citing the exception, ruled that Jessica and Sarah Troxel, now ages 8 and 5, would suffer by returning to a country where German was not spoken, Troxel says.
"They didn't speak German when they left," says Troxel. "They're American children. Why do they have to speak German?"
But once the German court had ruled, the State Department stamped Troxel's case "resolved." He has not seen his children for nearly four years.
An FBI spokesman, Bill Hagemeier, is at the conference, and Troxel asks the questions he's been trying to ask for months. He had legal custody of his children from an American court. Why couldn't his wife, an American, be extradited? Why couldn't a warrant for her arrest be issued?
Hagemeier tells Troxel that these are difficult issues, then adds, "But it also hurts me to say I've seen reluctance with some of these cases on the part of FBI agents. . . . They think if the child is with a parent, they're okay."
Troxel and his family are so desperate for information that his parents have pawned their wedding rings to send him from Pennsylvania to the PARENT conference in the District. It's worth it, he says, for the information he's getting, and the comfort of being with people who understand. But it's also disconcerting.
"The lady behind me lost her kids 26 years ago," he says. "The guy in front of me -- his Hague case was frozen in a Mexican court for years, and he finally paid $50,000 to a mercenary to recover his son. The guy took the money and then said, 'Sorry, I couldn't find him.' "
Limited Options When a country is deemed "noncompliant," or when children are taken to countries that have not signed the Hague treaty, parents are left with few options. The most help that many get is a "welfare check," which means an embassy employee tries to visit the child and report the findings to the parent who is left behind.
But these parents also know that the United States has leverage over many governments, and they are furious that no one will use it on their behalf.
All the parents at the conference carry files and folders stuffed with information about their cases. Mike Jordan, of Edgefield, S.C., flips to news clippings about a pending U.S. trade deal with Mauritius, an island in the Indian Ocean where his two daughters have been taken by his ex-wife. The multimillion-dollar deal, which since has become law, gives favored status to the country and eliminates tariffs on textile exports.
"Why can't we make this contingent on their abiding by the treaty they signed?" asks Jordan. He said he had met with the Mauritian ambassador to the United States and "he laughed at me. He said, 'Your State Department will do nothing; why should I?' "
A former official in the State Department's Office of Children's Issues, who still works for the department and spoke on condition of anonymity, said that "top officials see[parental demands to retrieve children] as a needless irritant in bilateral relations."
Children can't be put first in high-stakes relations with other countries, he said. "But no one is even considering them in the mix. No one is saying, 'What is the balance here?' They simply are not on the table."
Pat Roush can attest to that. In 1986, she brokered a deal to have her two daughters returned from Saudi Arabia, where their father had taken them. Her own country unraveled the deal, she said.
Cables between the embassy in Riyadh and State Department offices in Washington seem to support her conclusion. Roush had gained the help of Alan Dixon, then a powerful Democratic senator from Illinois. He helped secure the children's return with Saudi officials, who were anxious to seal an arms deal with the United States.
The Saudis asked that an embassy official be present at a meeting called to move the exchange forward, but Washington objected. It would be improper, a cable from Washington said, to allow the United States to be represented in legal proceedings in "this private legal matter."
But it is not a legal proceeding and the lawyer is simply volunteering to help Mrs. Roush and her children, a U.S. Embassy official cabled back.
Washington was firm. The cable quoted the department's Foreign Affairs Manual:
"At all times, consular officers must attempt to maintain impartiality, regardless of the perceived relative merits of the case, and should avoid attempting to influence either parent in a child custody case."
The deal collapsed. Fourteen years later, Roush's daughters are adults but they remain in Saudi Arabia. Even though they are American citizens, as women they cannot leave the country without a male relative's permission.
Guiding Principles The Roush incident more than a decade ago should not be used to judge today's Department of State, said Maura A. Harty, principal deputy assistant secretary for consular affairs. The department, she said, is "exponentially better" now. Consular officials know that they are supposed to help the American parent return the child to the United States.
Yet the manual directing officials to remain neutral remains unchanged. "The role of the consular official," it reads, "is largely that of a sympathetic listener who can explain the legal and practical limits on available local assistance."
Harty said that is not the department's policy.
"Return to the place of habitual residence is the guiding principle," she said. Consular officials, she said, know they are supposed to call the Office of Children's Issues directly.
Returning abducted American children to the United States is the department's "highest priority," Assistant Secretary of State Mary Ryan said.
But Dixon, who still gets calls from parents seeking his help, said that was not his impression while he was in office, or now.
"They will make inquiries and do reports and basically cover themselves, but would never do anything that could offend the host country," he said. "They said it's their highest priority? Nuts."
In 1995, Roy Mabus, who was ambassador to Saudi Arabia, arranged for Roush to visit her children for the first time in 10 years. He said his ultimately unsuccessful efforts to return the girls to the United States had support among embassy personnel, but not among high officials in Washington.
"Washington doesn't pay much attention to people in this predicament; it's not something that interests them," he said recently from his home in Mississippi. "The Saudis were willing to bargain if someone was willing to make it an issue. Our government, understandably perhaps, tends to focus on larger government-to-government issues."
The Files Speak The department's files in many cases seem to bear that out.
Consider the case of Tom Sylvester, of Cincinnati, whose daughter, Carina, was abducted to Austria when she was 13 months old, nearly four years ago.
He'd won his Hague case; Carina was ordered returned. The girl's mother appealed it to the highest court in Austria, and lost. Yet Carina never came home. A lower court in Austria simply refused to enforce the return order and gave custody to the mother. Sylvester's ex-wife has allowed him a few short visits, he said.
Sylvester enlisted members of Congress and others to press the State Department for help. He and his supporters were continually assured that a vigorous effort was underway. But since there was no action, Sylvester wondered how vigorous the attempt really was.
His State Department files, which he sued to obtain, show that U.S. Embassy officials actually stymied the ambassador's attempts to send even a letter of protest.
On May 23, 1997, an embassy official e-mailed his colleagues that a letter had been sent once before, to no avail, so sending another "will make our principals looks foolish, or worse, ignorant."
Five months passed. A State Department legal official wrote back that everyone agreed Sylvester's daughter wasn't coming back, so the department should move on. "I agree that this letter, and nothing similar to it, should be sent at this time," this official wrote.
"If [outgoing] Ambassador [Swanee] Hunt wants to send it, we should inform her that we will characterize it to the Austrians as her parting shot but not expressing the view of the Department or the U.S. government. Perhaps that will give her pause."
Apparently so. According to correspondence weeks later, the ambassador had left without sending the letter.
But Sylvester was fighting hard and enlisting powerful allies in Congress. Soon the debate shifted to how strongly a letter should be worded.
"The last sentence (My government awaits your report.) is pretty outrageous," one official protested in a cable in October 1997. "Sounds like what the Austrians sent the Serbs after the unfortunate demise of the archduke. What are we going to do, sail gunboats up the Danube?"
Sylvester turned to the press and, with strong support from Rep. Steve Chabot (R-Ohio), a member of the House International Relations Committee, raised his case with Albright, who discussed it last month with the Austrian foreign minister and chancellor. So far, however, he has seen "no concrete results."
Other parents who have managed to see their files have confirmed suspicions that they were regarded with disdain.
"Dad's name is Bubba. That should tell you something about him," read one of the cables about Roy Smith of Texas.
Smith's daughter was taken to Honduras by her American mother in 1994. Although Honduras signed the Hague treaty, it has yet to set up a Central Authority -- an office to process applications -- and remains on the State Department's list of noncompliant countries.
Smith hired a lawyer and filed a treaty application for the return of his daughter, unaware it could not go anywhere.
"By the way," read a State Department cable sent in 1995, "we are still trying to figure out who the Central Authority is. The cable that was sent about a year ago asking us to figure out who the Central Authority is was filed. No action was taken."
Smith has not seen his daughter since 1996, when he sold everything he had and cashed in his retirement fund to go pick up his daughter, a U.S. custody order in hand. He was in a private plane ready to leave when Honduran police took her from his arms and detained him, his sister and the pilot for 10 days.Consular officials who visited him on the fourth day said they had to remain neutral, said Smith.
Maureen Dabbaugh's daughter has been shuttled around the Mideast by her ex-husband since the girl's abduction in 1992 when she was 2. Dabbaugh works full time, without pay, as head of PARENT International, and claims to have helped about 60 children come home.
A 1998 State Department cable calls her a "would-be do-gooder." It continues, "her remarks on the Maury Povich show and her newfound publicity suggest caution in dealing with her and her case in general."
Such attitudes and communications, said the State Department's Harty, are "horrifying." Her office's single goal, she said, "is to get [the children] home."
As evidence of improvement, she cited increasing resources: Staff has been added to the Office of Children's Issues to reduce caseloads from 150 per worker to 80; employees are meeting with officials from other countries to improve compliance; the office is working to increase coordination of efforts with the Justice Department and FBI. When a child is lost, she said, "that is our heartbreak as well."
The State Department gets a bad rap, Harty said, because only disgruntled parents talk to the media. She offered to contact satisfied clients willing to speak to The Washington Post. Four did so.
Among them was Kristine Uhlman, of Oregon, whose children were abducted to Saudi Arabia in 1981 by a mercenary dressed as Santa Claus. She said the State Department was "very supportive and helpful," and among other things helped to free her from a Saudi prison when she went to the country to try to visit her children.
But the FBI, she said, hung up on her when she called for help. "The FBI was horrible and continues to be so," said Uhlman, who has become a well-known advocate for an estimated 2,000 American-born children taken to Saudi Arabia.
When Uhlman's son turned 18, he returned to the United States. But she said her daughter, 24, is still in Saudi Arabia and being pressured to accept an arranged marriage.
Another mother who praised the State Department was Angela Wacker, of Lawrenceville, Ga., who said her caseworker was knowledgeable, caring and hardworking and made herself available any time of day or night. She worked hard to arrange a deal with Mexico, where Wacker's German ex-husband was an illegal alien. Last year, 21/2 years after the children disappeared, they were returned to her.
But much time was wasted before she even knew she should call the State Department, Wacker said, because the FBI and local police kept sending her from office to office, insisting that the other party had jurisdiction.
While the FBI's Stephens said he had no direct knowledge of specific cases, he acknowledged that some agents may be unaware of their responsibilities in child abductions. "I'm disappointed to hear these stories but not surprised," he said. "I'd be foolish if I denied that of all 11,000 agents, some didn't know what to do. . . . In an ideal world everyone would know, but when a problem comes to the attention of responsible people, it gets fixed."
And that's what happened for Jeff Waymire, of Indianapolis, who initially had trouble raising any interest from the FBI. When he was unable to retrieve his daughter from Mexico through the Hague treaty, however, a staffer connected him with an FBI agent who is "relentless." U.S. officials at one point located the girl and her mother, an American who was once an exchange student in Mexico. But by the time Mexican officials acted on a request to pick them up, they were gone. He has not seen his daughter since 1996.
Finally, Tim Masters, of Austin, had high praise for one consular official in the United Arab Emirates but said that another seemed intent on keeping his son with his Iranian-born mother.
Masters, a financially successful computer expert, tracked his son and ex-wife to the UAE earlier this year through his own detective work.
A U.S. consular official recommended a local lawyer and gave him advice in almost daily conversations. Eventually, Masters' ex-wife agreed to give him the boy in exchange for a "dowry" payment. He agreed to take the child to the UAE to visit once a year and to allow her to visit him in the United States.
But once he and his ex-wife met at the embassy to sign the deal, another consular official intervened. According to Masters, she repeatedly questioned his wife about whether the arrangement was satisfactory, urged her to get a lawyer, and even insisted on calling one for her.
She kept asking her, " 'Do you understand the agreement? Are you sure?' I asked her about the passport we'd come to get and she said, 'Excuse me, we have other issues here.' "
Masters said he spent at least $100,000 recovering his son.
"If I was Joe Blow, I wouldn't have gotten my son back," he said. "For sure, he'd be gone, and I'd just have to accept it."
Nowhere to Turn Under such circumstances, some parents wind up taking action on their own.
Last spring, 6-year-old Avalon Phillips disappeared from her home in Alexandria. Mark Phillips, the girl's father, who had primary custody of Avalon, came to pick up the child from a visit with her mother and found that his ex-wife had quit her job, sold her furniture and headed to the airport with their daughter, lots of baggage and an Argentinian-born boyfriend.
Phillips, a Porsche salesman, tried to get assistance from the government, both local and federal. But the police in Alexandria, busy working on the murder case of 8-year-old Kevin Shifflett, didn't return phone calls for days, and then seemed to be at a loss over what to do. The FBI told him he needed proof his daughter had crossed state lines before it could get involved. And the State Department told Phillips that its role was confined to helping file treaty applications if the child was found in a country that had signed the Hague pact.
So Phillips and a friend took time from off work and concentrated full time on their own investigation. They traveled to Miami, where the mother, Amy Boggio, had once lived. They tracked down her friends in the United States and England and learned that she had fled to the Spanish island of Ibiza, where she had once been an exchange student.
Phillips flew to Ibiza and walked the streets for nine days, handing out fliers, visiting McDonalds restaurants, playgrounds and schools. At 9:30 one night, he spotted Avalon in a phone booth with her mother's boyfriend.
He screeched his rental car to a halt, ran to the booth and pulled Avalon into his arms. As the boyfriend tried to tackle him, Phillips began yelling in Spanish for passers-by to call police.
The boyfriend ran away, and Phillips, who had a U.S. passport for Avalon, brought her home. He wishes, he said, that he could have worked out a less traumatic recovery with government help.
He's heard from his ex-wife's relatives that they think she's now in Switzerland. Months after Phillips recovered Avalon, the FBI issued a warrant for her mother's arrest.
The experience gives Phillips new perspective on all the posters he's seen over the years with pictures of missing children, aged to show how they might look five or 10 years after their abduction.
"I'm horrified when I look at those walls of pictures," he said. "I realize now that officials have to age the photos because no one is looking for the children. As a parent you are alone. If you can't find them yourself, they are gone forever."
© 2000 The Washington Post
Give Back the Children
Friday, 08.06.2001; Page A28
A YEAR AGO, the long-overlooked plight of dozens of American parents forcibly separated from their children finally got a moment of high-level attention. President Clinton, meeting with German Chancellor Gerhard Schroeder, pushed hard for Germany to mend its obstructionist behavior in numerous cases in which children have been abducted to Germany by a parent and then kept there for years, abetted by local courts, in defiance of American custody orders and international treaty obligations.
The chancellor agreed the publicized cases were tragic, a bilateral commission began work on the most egregious instances, and hopes soared among parents who had spent years in an almost unimaginable state of limbo while their children's childhoods slipped away. Now, though, frustrated parents say the initial momentum has dissipated. The German courts made some procedural changes that could reduce future problems: Special judges now handle such cases, and they get extra training in their responsibilities under the 1980 Hague treaty on international child abductions. Germany signed that treaty, but it has consistently flouted its provisions, which include tight time limits for making custody decisions following an abduction.
But such bureaucratic steps do nothing for the parents already waiting, none of whom has had a child returned home or, with one exception, even a visit since the last round of promises. German authorities have stated they cannot reopen closed cases -- though an estimated 172 of these ended without the return of a child. German politicians insist that no one can interfere with their independent judiciary. That ignores action the Bundestag could take -- for instance, shoring up the legal basis for enforcement of court orders, a persistent stumbling block -- not to mention leaders' ability to put political and moral pressure on the courts by speaking out.
This is unacceptable behavior for an ally, and President Bush, in Europe next week for meetings with Mr. Schroeder and other European leaders, should take the opportunity to show that American interest in ending such abuses transcends a change in presidents. Other countries share the same reluctance to follow international norms in border-crossing custody disputes -- Austria and Sweden are prime offenders -- but the large number of German-American marriages makes the abduction issue there loom especially large. It deserves to be a major subject of German-American relations.
Friday, 08.06.2001; Page A28
© 2001 The Washington Post Company
07.2001 - Flyer zum internationalen Hungerstreik in Berlin auf dem Alexanderplatz gegen die Praxis in der deutschen Familienrechtspraxis
Eltern hungern für Kontakt mit Kindern
11.07.2001
Berlin: Eltern aus den USA, Frankreich, Südafrika und Schweden wollen heute auf dem Gendarmenmarkt einen unbefristeten Hungerstreik antreten. Laut Aussage der Organisatoren wollen sie damit erzwingen, wieder Kontakt mit ihren vom anderen Elternteil nach Deutschland verschleppten Kindern aufnehmen zu dürfen. Die betreffenden Eltern werfen Deutschland vor, sich nicht an die Haager Konventionen zu halten. Dieses Rechtshilfeabkommen, dem die Bundesrepublik 1990 beigetreten ist, besagt, dass entführte Kinder schnell in ihre Heimat zurückgebracht werden müssen, noch bevor lange Sorgerechtsstreitigkeiten entschieden sind.
Kerstin Niethammer-Jürgens, Berliner Anwältin für internationales Familienrecht, weist den Vorwurf der Eltern zurück. Im Gegensatz zu anderen Ländern halte sich Deutschland generell an das Abkommen. Für Fälle von Kindesentführung seien hier sogar speziell ausgebildete Richter zuständig. Probleme gäbe es allerdings zum Teil bei der Vollstreckung der Rückführungsentscheidungen, die oft lange hinausgezögert würden.
Laut Generalbundesanwaltschaft werden in Deutschland jährlich zirka 240 Fälle nach der Haager Konvention verhandelt. Nach Schätzungen von Kinderschutzorganisationen steigt die Zahl der aus oder nach Deutschland entführten Minderjährigen stetig. Im vergangenen Jahr waren es etwa 2000 Fälle. Während früher fast nur Väter ihre Kinder ins Ausland entführten, geht es heute beinahe genauso häufig darum, dass Mütter ihre Kinder nach Deutschland verbringen.
Um zurückgebliebene Eltern zu beraten und zu unterstützen, hat Kerstin Niethammer-Jürgens jetzt mit Anwaltskollegen, Psychologen sowie Müttern und Vätern die Initiative «Kids zurück» ins Leben gerufen. Den Hungerstreik unterstützt «Kids zurück» allerdings nicht. Die Anwältin: «Wir wissen nicht genau, wer dahinter steckt. Die Organisation ist chaotisch.»
kö
11.07.2001
http://morgenpost.berlin1.de/
Bi-national Divorces: parents start a hunger strike in Berlin
BERLIN, 11.07.2001 (Agence France Press (AFP) -
Three fathers and one grandmother began a hunger strike this Wednesday in Berlin, considering themselves victims of the German legal system in divorce matters, sometimes bi-national, reports an AFP journalist.
Sitting on the steps of the German Cathedral (the "Deutscher Dom"), in the heart of Berlin, the four hunger strikers hold photos of their children, who they say they have not seen for months, or even years.
They count on the enlargement of this movement, several days from now, to about ten people coming in particular from France, Sweden and South Africa.
A demonstration is anticipated for this Saturday, which should draw together about one hundred people, as indicated by one of the hunger strikers, the Frenchman Olivier Karrer, who states that he has seen his son Julian, aged six, only once in 783 days. The child lives in Germany with his German mother.
"We will cease our action when the German government decides to present in the European parliament a draft law, unique in Europe, which prevents the penalisation of binational parents", declared M. Karrer.
When asked about this hunger strike, the German MP, Rolf Stoeckel, member of the Franco-German parliamentary mediation commission, created in 1999 in order to intervene in conflicts between divorced Franco-German couples, considered that "there are certainly problems and reasons for protesting, but this action is directed against the wrong people".
"The German legal system is independent, it is not nationalist", he added.
The German legal system is often criticised for its own peculiar interpretation of the 1985 Hague Convention. The convention stipulates that, when children are abducted, they must be returned as soon as possible to the country in which they were living when they were taken.
German judges have a marked tendency to rely on a clause of an exclusion clause in the convention which places the "best interests of the child" first, and allows that the child can remain in his new place of residence if his "interests" require this, explains Pervenches Benes, MP of the European parliament and member of the Franco-German parliamentary mediation commission.
According to Mr Benes, there are no cases of actual child abduction between France and Germany. Instead, it is a more a question of the classic divorce case in which custody is determined.
The commission, composed of three German MPs and three French MPs, was occupied by about thirty parents, mostly French. Unique of its type, this is a pilot project at European level.
The last Franco-German divorce case to have reached the headlines was in 1999. The break-up of the Lancelin/Tiemann couple even turned into a judicial struggle between French and German courts, after the Frenchwoman Cosette Lancelin and the German Armin Tiemann had fought for months in the French and German courts to obtain custody of their children. Cosette Lancelin had taken her children to France against the wishes of their father, who had re-abducted them whilst the divorce case remained to be decided.
Sorgerecht. Vater darf sein Kind nicht sehen.
Ausländische Eltern protestieren gegen Rechtsprechung deutscher Gerichte
12.07.2001
Manchmal können Familienkonflikte derart eskalieren, dass sich sogar Regierungschefs damit befassen müssen. Beim Deutschlandbesuch des damaligen amerikanischen Präsidenten Bill Clinton stand im vergangenen Jahr auch der Fall des Amerikaners Joseph Cooke auf der Tagesordnung, der seine von seiner deutschen Ex-Frau nach Deutschland gebrachten Kinder nicht mehr sehen durfte. Cooke ist kein Einzelfall. Von der deutschen Rechtsprechung fühlen sich ausländische Väter oder Mütter in binationalen Beziehungen oft schlecht behandelt.
Auch Olivier Carrer aus Frankreich ist ein betroffener Vater. Gestern trat er in Berlin mit Gleichgesinnten in den Hungerstreik. Mit einer Aktion auf dem Gendarmenmarkt machten sie auf ihr Anliegen aufmerksam. Schilder zeigen an, wie oft sie ihr Kind in den Tagen der Trennung sehen durften.
Der Franzose Carrer will sich gegen die hiesige Rechtsprechung wehren. Seit zwei Jahren beispielsweise darf er seinen inzwischen sieben Jahre alten Sohn Julian nicht mehr sehen. Seine Frau, mit der er zusammen in Frankreich lebte, kam mit dem Jungen nach einem Urlaub in Deutschland nicht mehr zurück und bekam hier das alleinige Sorgerecht von einem Gericht zuerkannt. Jetzt lebt Julian mit der Mutter in Hamburg, der Vater darf allenfalls einmal die Woche mit dem Kind telefonieren. Für Carrer ist dies ein weiterer eindeutiger Verstoß deutscher Gerichte gegen das Haager Übereinkommen zum Kindesentzug, wonach Kinder, die von einem Elternteil quasi entführt wurden, sofort wieder zurückgebracht werden müssen.
Am Sonnabend wollen Eltern aus Frankreich, Schweden, Südafrika und den USA erneut öffentlich an der Gedächtniskirche für ihr Anliegen demonstrieren.
sik
12.07.2001
2001 © Tagesspiegel Online Dienste Verlag GmbH
Les papas divorcés en grève de la faim. Ras le bol. Pères d'enfants retenus en Allemagne par leur ex-conjointe, ils manifestent demain contre le favoritisme des juges allemands.
France-Soir, 13.07.2001 Par Raphaël Porier
"Papa, est-ce qu'on est des méchants, nous?" La question vient de Julian, 4 ans, placé 16 heures en garde à vue avec son père avant d'être renvoyé en Allemagne chez sa mère le 26 août 1999. Cette dernière avait porté plainte pour l'enlèvement de Julian sans même que le père ne soit au courant, afin qu'il ne conteste la décision qu'une fois l'enfant retourné en Allemagne et qu'il soit tard pour intervenir. Le père, Olivier Karrer, n'a pas revu Julian depuis. Il milite désormais à l'association SOS Enlèvement d'enfants, dont plusieurs membres ont entamé depuis mercredi une grève de la faim. Avec d'autres organisations venues du monde entier (Etats-Unis, Suède, Pays-Bas, Belgique, Afrique du Sud ...), ils défileront demain à Berlin pour protester contre les décisions de justice, qui favorisent systématiquement les conjoints de nationalité allemande dans les affaires de divorces binationaux. Afin d'inciter le gouvernement allemand à proposer au Parlement européen la création d'un "espace de droit familial unique en Europe" obligeant les juges allemands à respecter la double nationalité de ces enfants et leur droit à voir leur parent non-allemand (le père dans une grande majorité des cas). "Le droit de visite n'est jamais appliqué en Allemagne, car les mères n'ont pas l'obligation de le respecter, alors qu'en France elles se retrouveraient en prison après plusieurs refus", confie le gréviste de la faim.
Pour avoir tenté d'approcher son fils...
Selon son association, cette situation concernerait près de 800 enfants chaque année. Les grévistes entendent également protester contre l'incarcération de leur secrétaire général, Maurice Elfeke, arrêté outre-Rhin pour avoir tenté d'approcher son fils. Ils seront environ 150 parents bafoués, venus du monde entier, à défiler demain sur la Breitscheid Platz. Pour le secrétaire général de la commission de médiation franco-allemande, créée par Elisabeth Guigou, alors Garde des Sceaux, devant la multitude de litiges entre les deux pays, "Nous faisons ce que nous pouvons pour eux, mais pas assez vite à leur goût. Ce sont des parents désespérés, qui n'ont pas vu leur enfant depuis plusieurs années." Il affirme cependant avoir obtenu une reprise des contacts entre parents dans 40% de la quarantaine des dossiers traités. Insuffisants pour ces grévistes de la faim, dont la progéniture à la double nationalité représente "l'avenir de l'Europe". Un exemple qui démontre la nécessité d'une uniformisation de la loi sur la famille: "Tant que nous n'obtiendrons pas cela, comment pouvons-nous nous déclarer européens?"
Nachrichten aus Berlin.
Kundgebung von Eltern entführter Kinder.
14.07.2001
Väter- und Großelterninitiativen haben heute in Berlin auf die Probleme von Elternteilen und Großeltern von ins Ausland entführten Kindern hingewiesen. Hintergrund ist die Aktion von Vätern und einer Großmutter, die seit Mittwoch in Berlin für Kontakte mit ihren Kindern beziehungsweise Enkel in Hungerstreik getreten sind. Initiator der Solidaritätskundgebung an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche am Breitscheidplatz waren unter anderen der Väteraufbruch für Kinder, der pappa.com e.V. und die Initiative der Großeltern von Trennung/Scheidung
betroffener Kinder. Nach Angaben der Veranstalter geht es um Kinder, die von einem Elternteil nach beziehungsweise aus Deutschland entführt und entgegen internationaler Übereinkommen nicht in ihr Heimatland «zurückgegeben» werden. Dadurch bleibe dem jeweils anderen Elternteil der Umgang mit dem Kind verwehrt. Der Initiator des Hungerstreiks, der Franzose Oliver Karrer, sagte auf der Kundgebung vor rund 150 Teilnehmern: «Wir verkraften es nicht mehr, das unsere Kinder in Deutschland festgehalten werden.» Er forderte ein europäisches Familiengericht und Familienrecht. Kurzfristig solle erreicht werden, dass jedes Gericht das Recht der Kinder auf beide Elternteile anerkenne. Zudem werfen die Betroffenen Deutschland vor, sich nicht an die Haager Konvention zu halten, wonach entführte Kinder schnell in ihre Heimat zurückgebracht werden müssen, bevor langfristige Sorgerechtsstreitigkeiten entschieden sind. Nach Schätzungen von Kinderschutzorganisationen steigt die Zahl der aus oder nach Deutschland entführten Minderjährigen ständig. Im vergangenen Jahr waren seien es rund 2.000 Fälle gewesen.
Weitere Informationen unter www.isonet.fr/berlin
Offener Brief.
Familie in der Krise bei Trennung und Scheidung.
Hungerstreik am Alexanderplatz.
01.08.2001
Matthias Bloch
Avocat à la Cour, Paris
Kurfürstendamm 42 26, Rue des francs-bourgois
D-10719 Berlin 75003 Paris
Tel: 030 / 885 27 63 Tel: 00 33 (0) 1 44 61 80 60
Fax: 030 / 885 27 66 Fax: 00 33 (0) 1 44 61 80 61
E-mail: Rabloch@aol.com E-mail: Rabloch@aol.com
An
Herrn Gerhard Schröder
Bundeskanzler
11012 Berlin
Berlin, den 1. August 2001
Offener Brief
Familie in der Krise bei Trennung und Scheidung
Hungerstreik am Alexanderplatz
Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,
Ihre Zeilen in der Zeit vom 26. Juli 2001 habe ich mit Freude und Aufmerksamkeit gelesen.
Mit unbeirrbarer Sorgfalt achten Sie darauf, daß es keineswegs in jeder Beziehung angemessen ist, Marxismus und Nationalsozialismus gleichzusetzen und Sie unterstreichen, daß die Selbstbestimmung des Menschen, Konzept und Ideal des Freiheitsgedankens, in einem säkularen Staat nicht zwingend verbunden ist mit einem "Rekurs auf Gott"; daraus ergibt sich für die konkrete Politik, nach Möglichkeit Fortschritte zu erzielen für eine demokratisch verfaßte Menschlichkeit.
Durch die Abänderung des Staatsangehörigkeitsrechts und die Einberufung der Zuwanderungskommission hat Ihre Regierung z. B. in der "Ausländerfrage" für ein mehr an Menschlichkeit und Rationalität gesorgt, sodaß im Ergebnis sogar ein Konsens über die Parteigrenzen hinaus sich abzeichnet.
Das Problem der "Ausländerfrage", so wie sie früher gehandhabt wurde, war ja nicht nur, wie ein bestimmtes Politikfeld zu regeln sei, sondern auch, daß der Blick eines großen Teils der deutschen Bevölkerung nicht den Grundsätzen umfassender Menschlichkeit entsprach.
In einem ähnlichen Zusammenhang sind bestimmte Defizite in der deutschen Geschichte, aber auch in der unserer Gegenwartssituation, als Defizite einer praktisch-politischen Kultur der Menschlichkeit zu sehen und zu begreifen.
Bedenkt man, und dies ist Anlaß meines Briefes, daß in der Bundesrepublik eine unverhältnismäßig hohe Zahl von Kindern nach einer Scheidung von einem Elternteil getrennt wird, - Prof. Jayme, Heidelberg, bezeichnet zu Recht Deutschland im Familienrecht als "das Schlußlicht in Europa" - so ist die Rechtssituation, die zu diesem Ergebnis führt, zu prüfen.
Im Grundsätzlichen gilt - wie in der Ausländerfrage: Auch beim Auseinanderbrechen einer Familie ist in der deutschen Öffentlichkeit zuallererst ein menschlicher Blick auf das Geschehen vonnöten.
Gerne wird gedacht, daß eine gescheiterte Familie am besten in eine "neue" zu verwandeln sei, indem der alleinerziehende Elternteil einen neuen Partner und das Kind am besten auch einen neuen Namen erhält. Eine solche "Lösung" überhaupt für gangbar zu halten, ist nur durch ein radikales Wegsehen und Nichtzurkenntnisnehmen der schweren Schäden möglich, die sich in der Person des Kindes und des ausgeschlossenen Elternteils ereignen. Die hochgradige Empfindlichkeit familiärer Bindungen ist so spezifisch, daß sie am ehesten mit einem Biotop verglichen wird: Man kann nicht Elternteile und Kinder wie Setzlinge verschieben, wie sehr dies auch einem äußeren Ordnungsdenken entgegen kommen mag.
Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, die Hungerstreikenden vom Alexanderplatz, denen ich nahestehe und die mich baten, dieses Schreiben zu redigieren, wollen auf die verheerenden Folgen aufmerksam machen, die sich aus einer gewissen Laxheit der deutschen Rechtspraxis ergeben, den Fortbestand der Eltern-Kind-Beziehung nach einer Trennung grundrechtlich zu schützen, wie vom Verfassungsgericht vorgegeben ( grundlegend in FamRZ, 1982, S.1179-1184 ).
Das Ausmaß der vernichteten Familienbeziehungen ist inzwischen so erheblich,
daß es angezeigt erscheint, ein unabhängiges Gremium auch für dieses Problemfeld zu schaffen, damit ein neues und vertieftes Nachdenken befördert wird.
Mit dem Ausdruck meiner Hochachtung
Matthias Bloch
Mitunterzeichner sind:
Francoise Dubord
Maurice Elfeke
Michael Hickman Hungerstreiker
Olivier Karrer
Bernd Uhl
Denied parents driven to fasting.
Hunger strike challenges German courts' custody practice.
Kate Connolly in Berlin
Sat 04.08.2001 00.10 BST
Michael Hickman has not eaten for 23 days. Tired out and gaunt, he tells his painful story for the umpteenth time, although it fails to quell his anger.
Around his neck a plastic notice says '2018, 3'. The 48-year-old South African environmental manager lost his children five and a half years - or 2,018 days - ago, when his German wife took them to Germany. Since then he has seen them only three times - hence the '3'.
And there is little indication that the German justice system will ever return them to him.
Mr Hickman is one of about two dozen parents who have spent more than three weeks on hunger strike in the Alexanderplatz in Berlin in an effort to shame Germany into allowing them access to their children, who were all taken in child-custody disputes.
The parents, from Canada, Croatia, Thailand, France, Poland, South Africa, the US and Germany, three of them mothers, say they will starve themselves until they see some sign that the government is interested in their plight.
Germany is accused of being a consistent violator of international treaties on the rights of children, particularly the Hague convention, which it ratified in 1990.
The convention says that foreign courts must return abducted childrens to their their custodial parents.
According to the office of regional statistics, 50% of the 150,000 children caught up in custody disputes in Germany do not see one of their parents during the first year.
After the third year the figure rises to 70%.
The parents' lawyers argue that there is no common understanding in Germany of a child need for access to both parents after a divorce.
As a result, although the concept and benefits of joint custody are enshrined in a 1998 family law, in practice courts prefer to rule in favour of single-parent custody, particularly in cases involving foreigners with German spouses.
"There is a prevailing inhumane view of the family which shows this is still a totalitarian society," said Matthias Bloch, a family rights lawyer who is fighting on behalf of some of the striking parents. "If the family breaks up due to divorce, the preferred idea is to make a completely new unit."
The child can be forced to change its name to that of a new partner, described as the "social" father or mother, and the old partner is excluded from the unit. Any attempt by the old partner to disturb this arrangement can mean a further curtailment of his or her rights.
"The Germans hate disorder, so this neat arrangement suits them very well," Mr Bloch added.
As a result many parents are prevented from seeing their children, often for years on end.
Michael Hickman's wife, Nicola, took their two children, John Michael and Sebastian, back to Germany in January 1996.
Since then Mr Hickman has been fighting the courts in vain for, at the very least, access to his children, now 11 and eight.
He has spent £150,000 so far trying to retrieve his children, and his business has almost collapsed. Once, when he tried to visit them at his parents-in-laws' house, armed riot police arrived and arrested him.
The few times he managed to see his children at the local youth office, he says, they talked in quick whispers and were petrified and distressed by the social workers who sat in on the brief sessions. So he stopped seeking the sessions.
The parents have resorted to starving themselves as a last resort, he added.
"Our hunger strike is the only way left for us to get justice in the most inhumane system in the world, as everything else has failed."
The German media have all but ignored the hunger strike. The parents say that government pressure has been put on television stations not to broadcast the story.
https://www.theguardian.com/
Artikel: Sehnsucht nach Samuel. Väter und Mütter, die ihre vom Partner nach Deutschland entführten Kinder oft jahrelang nicht sehen konnten, protestieren in Berlin gegen deutsche Ämter und Gerichte.
DER SPIEGEL, Nr. 32, 06.08.2001, S. 38-41.
Kritik an der Praxis in der deutschen Familienrechtsprechung: Beförderung des Elterlichen Entfremdungssyndroms und der kulturellen Entfremdung bei binationalen Kindern; überlange Verfahrensdauer; mangelhafte Durchsetzung des Umgangsrechts, Kritik von US-amerikanischen und französischen Präsidenten; BRD-Verurteilung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte.
Wenn die Beziehung am Ende ist.
Immer häufiger führen binationale Ehen zu Sorgerechtskonflikten / Eine Kommission versucht zu vermitteln.
Von Sabine Hamacher (Paris)
10.08.2001
Als ob sich ein Drehbuchautor den Fall ausgedacht hätte: Nach dem Scheitern der Ehe Tiemann/Lancelin 1997 spricht ein deutsches Gericht dem Elternpaar das gemeinsame Sorgerecht für Sohn und Tochter zu. Im Jahr darauf nimmt die gebürtige Französin Cosette Lancelin die beiden Kinder mit zu ihren Eltern nach Frankreich, obwohl sie das ohne Sondererlaubnis nicht darf. Sie beantragt das Sorgerecht für Matthias und Caroline und bekommt es von einem französischen Gericht prompt zuerkannt. Den Rückführungsantrag des empörten Vaters Armin Tiemann lehnt die französische Justiz ab.
Der Gemeindedirektor aus Niedersachsen lässt daraufhin seine beiden Kinder auf einer französischen Landstraße entführen und zurück in die Bundesrepublik bringen. Dort schließt sich ein monatelanger Rechtsstreit an, der in Frankreich auf großes Unverständnis stößt und bis vor das Bundesverfassungsgericht geht. Das entscheidet zu Gunsten der Mutter, und die Wogen glätten sich. Seitdem leben Matthias und Caroline bei ihr in Frankreich.
Bei ihrer Mutter in Deutschland lebt die 15-jährige Tochter von Denis Supersac. Wenigstens vermutet er das, denn seit 1993 hat der Übersetzer keinen Kontakt mehr zu ihr. Auch von seiner deutschen Exfrau kennt der Franzose weder Adresse noch Telefonnummer. Nach der Scheidung 1992 hatte er das Sorgerecht für Jeanette und Maxime bekommen; die Ferien verbrachten beide bei der Mutter in Augsburg. "Ich wollte nie, dass die Kinder ihre Mutter nicht mehr sehen. Kinder brauchen beide Eltern", sagt Supersac. Ostern 1993 geht das gut, im Sommer 1993 aber kommen sie nicht mehr nach Nantes zurück. Stattdessen kommt ein Brief vom Gericht, er habe die Kinder geschlagen. "Völlig absurd", sagt Supersac. "Die Kinder haben bei mir gewohnt, alles war friedlich, plötzlich stand ich am Pranger!"
Es dauert sieben Monate, bis er die Behörden von seiner Unschuld überzeugte und sein Sorgerecht bestätigt ist. Als er die Kinder von der Schule abholen und nach Frankreich zurückbringen will, ist nur Maxime da, von Jeanette fehlt jede Spur. Die Polizei sagt, sie könne das Mädchen nicht finden; Vater und Sohn fahren allein. Dass er seine Tochter jetzt seit acht Jahren nicht mehr gesehen hat, führt Supersac auf ein Komplott der Justiz zurück.
Manipulation, Überheblichkeit, Missachtung internationaler Abkommen, Nationalismus - die Vorwürfe gegen die deutschen Behörden in binationalen Auseinandersetzungen ums Sorgerecht sind zwar nicht immer gerechtfertigt. Ganz aus der Luft gegriffen sind sie aber auch nicht. Das Haager Übereinkommen von 1980 schreibt vor, "das Kind vor den Nachteilen eines widerrechtlichen Verbringens oder Zurückhaltens international zu schützen" und es "unverzüglich an seinen gewöhnlichen Wohnort" zurückzubringen.
Dass dies oft nicht geschieht, liegt nach Ansicht von Angelica Schwall-Düren, Bundestagsabgeordnete der SPD und Mitglied der deutsch-französischen parlamentarischen Mediatorengruppe, auch an der "Unsicherheit der befassten Richter" und "bürokratischer Schwerfälligkeit". So passiert es immer wieder, dass Verfahren in Fällen von Kindesentziehung wesentlich länger dauern als die erlaubten sechs Wochen und die Richter gegen die Heimkehr der Kinder stimmen, weil im Sinne des Kindeswohls - nach deutscher Auffassung - eine erneute Rückführung nach langem Aufenthalt in Deutschland nicht zumutbar wäre.
Unerträglich findet Supersac, der 1996 die Selbsthilfegruppe "SOS Kindesentführung durch Deutschland" gründete, die Haltung der deutschen Behörden. "In den meisten Ländern denkt man, Kinder brauchen beide Eltern - in Deutschland ist das nicht so im Gesetz verankert." Er selbst würde zwar seinen Sohn nie wieder nach Augsburg zur Mutter lassen, weil er Angst hätte, dass auch dieser verschwinden könnte. Vor zwei Jahren unternahm er aber einen neuen Anlauf, um wenigstens ein Treffen zwischen den Geschwistern zu ermöglichen. Über die deutsch-französische Mediatorengruppe ließ er seiner Exfrau vorschlagen, dass die Kinder sich - ohne Eltern - in Begleitung von Sozialarbeitern in England treffen sollten. Die Mutter ging auf das Angebot gar nicht erst ein. Dass beide Seiten dem Vermittlungsangebot zustimmen müssen, ist sowohl einzige Chance als auch Dilemma der Mediatorengruppe. In der Kommission, die sich seit 1999 trifft, arbeiten drei deutsche und drei französische Abgeordnete. Sie ist das Ergebnis einer Intervention von höchster Stelle, denn die deutsch-französischen Konfliktfälle um Sorge- und Umgangsrecht kommen seit dem Fall Tiemann/Lancelin bei den Gipfeltreffen zur Sprache.
Widersprüchliche Gerichtsentscheidungen, unterschiedliche Regelungen, Irrungen, Wirrungen - "SOS Kindesentführung durch Deutschland" schätzt, dass mindestens 150 Kinder aus deutsch-französischen Beziehungen betroffen sind. Eine offizielle Zahl gibt es nicht. Die Vermittler sollen nun eingreifen, wenn es vor Gericht nicht mehr weitergeht, ein Elternpaar in der Sackgasse steckt. Einfach ist das nie. Oft sei es erst "nach einer Phase der Affektabfuhr" möglich, mit beiden Eltern ein gemeinsames Gespräch zu führen, weil "zu viele Verletzungen, Missverständnisse, Enttäuschungen, ja Hass" dem entgegenstünden, berichtet Schwall-Düren. Ihre Arbeit setze bei den "positiven Ressourcen" der Eltern an, ihrer Liebe zu den Kindern also, und versuche Schritt für Schritt, wieder Vertrauen zu schaffen.
So viel Vertrauen, dass die beiden Töchter inzwischen die Ferien regelmäßig bei ihrem Vater in Frankreich verbringen, konnte die Gruppe in einem zunächst schier unlösbaren Fall aufbauen, wie Schwall-Düren berichtet: Die Mutter hat das Sorgerecht, der Vater gar keinen Kontakt mehr zu seinen Kindern. Die Mutter ist nun bereit, Treffen zwischen Töchtern und Vater zu ermöglichen, allerdings nur in Deutschland und nur in Begleitung. Das will der Vater nicht, da er wegen des Vorwurfs eines Entführungsversuchs bereits eine Nacht in deutscher Haft verbracht hat. Schließlich lenkt er ein und erklärt sich bereit, erste Schritte zu unternehmen, um das Vertrauen wiederherzustellen. Er telefoniert regelmäßig mit den Mädchen, dann wird ein Besuchstermin verabredet. Weil der begleitende Sozialarbeiter keine Zeit hat, muss das Treffen um ein paar Tage verschoben werden. Der Vater sieht rot und tritt in Hungerstreik. Die französischen Mitglieder der Mediatorengruppe können ihn schließlich beschwichtigen. Ein neuer Besuchstermin wird festgesetzt, der Vater reist an, und alles läuft gut. Die nächsten Ferien verbringt die Mutter mit den Kindern in Frankreich, wo diese den Vater und seine Verwandten stundenweise besuchen. Nächster Schritt: Die Mädchen machen Urlaub beim Vater.
Erfolgreich abgeschlossen ist ein Fall für Schwall-Düren schon, wenn wieder Kontakt zwischen Kindern und zweitem Elternteil besteht - "mit weiteren Entwicklungsmöglichkeiten für die Zukunft". Etwa 40 Anfragen mit der Bitte um Mediation hat die Kommission inzwischen erhalten. Aber schon der erste Schritt - die Zustimmung des zweiten Elternteils zur Vermittlung - sei oft sehr schwierig, weil die Mutter oder der Vater, bei dem die Kinder leben, keine Veranlassung dazu sehe. "Wenn einer nicht mitmachen will, hat Mediation keinen Sinn." Für Denis Supersac ist die Mediatorengruppe verzichtbar. "Mag sein, dass ein oder zwei Fälle gelöst worden sind, die waren dann aber nicht so schlimm", urteilt er. Er hält es für die beste Lösung, ein für Kindesentziehung zuständiges Gericht, etwa in Straßburg, einzurichten. Eine kleine Gruppe von Richtern könnte überstaatlich entscheiden.
Die Zahl der entscheidungsbefugten Gerichte in Deutschland ist zwar bereits vor zwei Jahren drastisch verringert worden: von früher 600 auf bundesweit 24. Dennoch könnte sich auch die Mediatorengruppe eine noch stärkere Konzentration vorstellen, um zusätzlichen Schwierigkeiten, wie mangelhaft ausgebildeten oder unsensiblen Richtern, vorzubeugen. Um die Lage weiter zu verbessern, werden Juristen Schulungen in internationalem Familienrecht angeboten und Richter ausgetauscht. Die Kommission pocht darauf, diese Ansätze weiter zu verfolgen. Denn sicher ist, dass die Zahl der binationalen Verbindungen - ob verheiratet oder nicht - steigt und mit ihr die der Scheidungen und Trennungen. Dass die Leidtragenden meist die Kinder sind, ist Binsenweisheit.
10.08.2001
Frankfurter Rundschau
www.fr-aktuell.de/
In 783 Tagen einmal. Väter und Mütter aus „binationalen Ehen“ beginnen in Berlin einen Hungerstreik, um ihre Kinder wiederzusehen. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.07.2001
Väter ohne Kinder. Die Mütter haben das Sorgerecht und verweigern jeden Kontakt mit ihren Söhnen und Töchtern. BERLINER KURIER AM SONNTAG, 15.07.2001, S. 12-13.
Seit 369 Tagen keinen Kontakt mehr. Hungerstreik: Väter und Mütter aus binationalen Ehen kämpfen dafür, ihre Kinder wiederzusehen. BERLINER MORGENPOST, 17.07.2001, S. 23.
Protestations de parents divorcés contre la justice allemande.
LE MONDE – INTERNATIONAL, 13.07.2001, S. 4.
Hungern für das Umgangsrecht. Bernd Uhl, will wieder Kontakt zu seinem Sohn / Deshalb trat er vor drei Wochen in den Hungerstreik. BERLINER ZEITUNG, 05.08.2001, Nummer 179, S. 18.
Väter demonstrieren für Umgangsrechte mit ihren Kindern. Anwalt betont vor Gericht Menschenrechtsdimension. WILHELMSHAVENER ZEITUNG, 08.08.2001
Spiegel-Titelreportage „Beute Kind“: Ein Krieg, den alle verlieren. Im Scheidungsdrama werden Kinder zu Opfern: Aus Rache und Hass verwehren vor allem Mütter ihren Ex-Partnern jeden Kontakt mit Ihnen. In neuen Studien belegen Psychologen die fatalen Folgen des "Entfremdungssyndroms", Juristen wollen jetzt die Rechte der Väter stärken. // Dein Vater ist unser Feind. Wie der heute 25-jährige Markus Molnar die Scheidung seiner Eltern erlebt hat. DER SPIEGEL Nr. 9, 25.02.2002
"Wer sich die Liebe von Zweijährigen erhalten will, kann nicht acht Jahre auf ein Gerichtsurteil warten."
Spiegel-Titelreportage „Beute Kind“:
- Umgangsboykott und Umgangsbeeinträchtigungen. Mangelhafte Durchsetzung des Umgangsrechts in der Praxis der deutschen Familienrechtsprechung.
- Männer- und Väterdiskriminierung in der Praxis der deutschen Familienrechtsprechung.
- Elterliches Entfremdungssyndrom durch Kontaktverlust. Männer- und Väterdiskriminierung durch institutionelle Benachteiligung bei Jugendämtern und Gerichten.
- Psychologische Folgen für Scheidungskinder.
- Väterabwertung im Loyalitätskonflikt. Verweigerung von Kontakt und Umgang.
- Überlange Familienrechtsverfahren und Verfahrensverschleppungen.
- BRD-Verurteilungen durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in der Praxis der deutschen Familienrechtsprechung. Überlange Verfahrensdauer und fortschreitende Entfremdung der Kinder.
- Deutsche institutionelle Billigung und Förderung von Loyalitätskonflikten und mangelnder elterlicher Kooperationsbereitschaft.
Leserbriefe zur Spiegel-Titelreportage „Beute Kind“ aus Spiegel 9/2002
DER SPIEGEL, Nr. 11, 11.03.2002, S. 8-12.
INTERNATIONALE PRESSESCHAU aus 2000 bis 2001 und 2018 zur Diskriminierung von ausländischen Elternteilen und Vätern in der Praxis der deutschen Familienrechtsprechung.
Kritik an der Institution „Jugendamt“
Der Petitionsausschuss des Europaparlaments hat zahlreiche Petitionen gegen die Institution „Jugendamt“ aus dem Jahre 2006, 2007 und 2008 für zulässig erklärt[40] und behandelt das Thema anhand beispielhafter Fälle mit Anhörungen. Dabei wurden auch generell das Verhalten der Bundesrepublik in den Fällen, in denen Beschwerde zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingelegt worden ist (Familie H. Münster/Steinfurt (2. Klage abgelehnt), Sorgerechtsfall Kazim Görgülü, Sahin, Sommerfeld u. a.) angesprochen. Der Petitionsausschuss behandelte u. a. 12 Petitionen auf der Bearbeitungsliste[41] und in seiner Tagesagenda.[42][43]
Gegenstand dieser Petitionen sind insbesondere spezifische Fallgruppen, in denen 1. nicht-deutsche Elternteile beim begleiteten Umgang mit ihren Kindern nach Scheidung einer bi-nationalen Ehe eine Diskriminierung aus Gründen der Nationalität, Herkunft oder Sprache geltend machen, sowie 2. Eltern in bestehenden Ehen, die die vorschnelle Inobhutnahme ihrer Kinder wegen einer vermeintlichen Gefährdung des Kindeswohls kritisieren, neben 3. ledigen, leiblichen und rechtlichen Vätern, die das Gesetz in Deutschland[44] (§ 1626a Absatz 3 BGB) ihres Status und Geschlechts wegen systematisch diskriminiere[45] und benachteilige, indem es bestimmt, dass ihnen ein Sorgerecht vorenthalten bleibt zugunsten von Müttern, die die elterliche Sorge zum Schutz des Kindeswohls regelmäßig alleine haben (s. a. Gleichstellung „nichtehelicher“ Kinder gem. Artikel 6 Absatz 5 GG). Eine systematische Unterbindung des ungestörten Umgangs der Eltern mit ihren Kindern (sogenannter „Kinderklau“) verstößt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte[46] gegen Artikel 8 (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) der Europäischen Menschenrechtskonvention.[47][48][49][50] Am 29. November 2018 hat das Europäische Parlament einen Beschluss zum Problem des Jugendamtes angenommen(P8-TA(2018)0476). Dieser Beschluss geht wie immer aus einem Kompromiss hervor, fordert aber deutlich die Europäische Kommission dazu auf, der deutschen Willkür ein Ende zu setzen, vor allem wegen „sämtlicher Fälle von mutmaßlicher Diskriminierung nichtdeutscher Elternteile durch das Jugendamt […]“. Das Parlament „kritisiert nachdrücklich, dass keine statistischen Daten über die Zahl der Fälle in Deutschland vorliegen, in denen die Rechtsprechung nicht den Empfehlungen des Jugendamtes entsprach, sowie über die Ergebnisse von Familienstreitigkeiten, an denen Kinder binationaler Paare beteiligt waren, obwohl seit vielen Jahren wiederholt gefordert wird, dass solche Daten erhoben und öffentlich zugänglich gemacht werden sollten.“ Deutschland wird an seine internationalen Verpflichtungen erinnert. Seit der Annahme dieses Beschlusses hat sich in Deutschland allerdings nichts geändert.
Die Präsidentin der Konferenz der Nicht-Regierung-Organisationen (NGO) des Europarates, Annelise Oeschger, überreichte zu den Jugendamtspetitionen beim Europaparlament im November 2007 die Bamberger Erklärung,[51] in der das Verhalten deutscher Jugendämter sowie die auch aufgrund kommunaler Selbstverwaltung mangelhafte sachliche, fachliche[52] und rechtliche[53] Kontrolle der Jugendämter und daraus resultierende Verletzungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) ebenfalls kritisiert werden. Teilweise enthielten diese Beschwerden aber auch falsche Annahmen über die rechtsaufsichtlichen Kontrollmöglichkeiten und die Möglichkeiten der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung von Jugendamtsentscheidungen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Jugendamt
DEUTSCHLAND
VORWURF: ZWANGSGERMANISIERUNG
Polens Angst vorm deutschen Jugendamt
Veröffentlicht am 19.12.2018 | Lesedauer: 7 Minuten
Von Kaja Klapsa
„Deutsche nehmen Polen Kinder weg“, titelte schon vor Jahren eine Wochenzeitung, garniert mit einem Auschwitz-Foto: Viele Polen glauben, Jugendämter in Deutschland entzögen ihnen Kinder in großem Stil. Was sagen deutsche Behörden zu den Vorwürfen?
Dicht gedrängt, den Blick gesenkt, warten fünf Frauen auf den Beginn einer Pressekonferenz in Berlin. Eine weint leise, zwei andere halten Fotos von kleinen Kindern in die Kamera. Zwischen ihnen sitzt der 48-jährige Pole Wojciech Pomorski. Er hat als Gründer des Polnischen Verbands „Eltern gegen Diskriminierung der Kinder in Deutschland“ die Konferenz organisiert.
„Ich habe mich auf den Boden gelegt, ich habe mich gewehrt, wie ich nur konnte, aber sie haben mir die Kinder mit Gewalt entrissen“, klagt eine der Frauen auf Polnisch. „Meine beiden Töchter leben jetzt bei einem lesbischen Paar“, erzählt eine andere mit brüchiger Stimme. Die Szene ist in einem Fernsehbeitrag zu sehen, den das staatliche polnische Fernsehen TVP im Internet hochgeladen hat. Der Sender hatte ein Reporterteam zu der Pressekonferenz im Sommer vergangenen Jahres in die Hauptstadt geschickt. Gegenstand der Anklage: das deutsche Jugendamt.
„Jugendamt“ wird nicht ins Polnische übersetzt, weil so gut wie jeder Pole weiß, was es bedeutet. Die Behörde steht im Nachbarland seit Jahren massiv unter Beschuss. Regelmäßig erscheinen Berichte über die angebliche Diskriminierung polnischer Eltern und eine unbegründete Entziehung ihrer Kinder in Deutschland.
Die sozialen Netzwerke und Internetforen quellen über vom Vorwurf einer „Zwangsgermanisierung“, insbesondere im Fall der Scheidung von deutsch-polnischen Ehepaaren. Das Jugendamt zwinge das polnische Elternteil, mit dem Kind Deutsch zu sprechen, oder verbiete gar komplett den Kontakt, so die Gerüchte. Häufig wird dabei die Zahl von 20.000 polnischstämmigen Kindern genannt, die angeblich jährlich vom Jugendamt in Deutschland entzogen würden.
„Deutsche nehmen Polen Kinder weg“, titelte im Jahr 2016 etwa die rechte Wochenzeitung „Gazeta Polska“. Daneben: ein großes Schwarz-Weiß-Foto inhaftierter Kinder im Konzentrationslager Auschwitz. Vergleiche mit den Nationalsozialisten tauchen in der Debatte immer wieder auf. Auch der Organisator der Pressekonferenz, Pomorski, nennt das Jugendamt oft nur eine „Post-Nazi Organisation“, die die Polen in Deutschland wie „Untermenschen“ behandele.
Er selbst habe die Diskriminierung erlebt, als ihm vor 15 Jahren zwei Jahre vor der Scheidung von seiner deutschen Frau verboten worden sei, seine Töchter zu sehen und mit ihnen Polnisch zu sprechen, berichtet er. Seitdem ist er der Dauergast vieler polnischer Medien.
Die Gründung seines Vereins, der seinen Angaben zufolge um die 300 Mitglieder zählt, wurde 2007 finanziell von der rechtspopulistischen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) unterstützt, die nach einer achtjährigen Pause seit 2015 wieder regiert. Regelmäßig schickt Pomorski Berichte seines oder anderer Schicksale an PiS-Abgeordnete nach Warschau und Brüssel.
Die EU-Abgeordnete Beata Gosiewska trug erst vor wenigen Wochen die persönlichen Erfahrungen Pomorskis mit dem deutschen Jugendamt im Europäischen Parlament vor. Anlass war eine Debatte mit dem Titel: „Die Rolle des Jugendamtes bei grenzüberschreitenden familiären Auseinandersetzungen“. Angeregt wurde diese durch einen Petitionsausschuss. Seit 2006 trafen dort 258 Beschwerden aus Deutschland ein und wurden EU-Justizkommissarin Vĕra Jourová übergeben. PiS-Abgeordnete Gosiewska sagte in ihrem Statement: „Wann werden die keiner zentralen Kontrolle unterliegenden Jugendämter abgeschafft, deren ruhmlose Geschichte auf den Zweiten Weltkrieg zurückzuführen ist?“
Gegenspielerin in der Diskussion ist die Abgeordnete Julia Pitera von der größten Oppositionspartei in Polen, der liberalen Bürgerplattform (PO). „Die Debatte ist ein populistisches Propagandainstrument, das zeigen soll, wie sehr die polnische Regierung sich für ihre Staatsbürger im Ausland einsetzt“, sagt Pitera WELT. „Dieses Spiel mit Emotionen ist politisch und gesellschaftlich sehr gefährlich.“
Was ist dran an den Vorwürfen?
Sie weist darauf hin, dass drei Viertel der 258 Petitionen von deutschen Staatsbürgern eingereicht worden seien und nur 24 Prozent von ausländischen. Von Letzteren seien 16 Betroffene vor den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof gezogen; alle Klagen seien für unzulässig erklärt worden.
Während das Thema in Polen die Gemüter erhitzt und nun auch Brüssel erreicht, hat in Deutschland kaum jemand davon gehört. Was ist dran an den schweren Vorwürfen? Vergangenes Jahr nahm das Jugendamt insgesamt 61.400 Kinder in Obhut, davon kamen 37.800 aus Familien, in denen mindestens ein Elternteil ausländisch ist. Wie viele Polen darunter waren, wird nicht erhoben. Die größte Ausländergruppe in Deutschland machten 2017 mit knapp 1,5 Millionen Menschen Türken aus, gefolgt von 866.00 Polen und 698.000 Syrern.
Fragt man im polnischen Sozialrat in Berlin nach einer Einschätzung, schüttelt die Mitarbeiterin Sylwia Wisniewska nur mit dem Kopf. Seit 1990 berät sie polnische Familien in Not. „Natürlich gibt es auch Beamte mit Vorurteilen, und es läuft nicht immer alles fair“, sagt sie. „Aber ich erinnere mich in fast 30 Jahren an keinen einzigen Fall, bei dem ein Kind tatsächlich grundlos der Familie entzogen wurde.“
Viele Frauen, die zu ihr kämen, hätten Berichte in den Medien gesehen und seitdem panische Angst vor der Behörde – ohne jemals mit Beamten in Kontakt gewesen zu sein. „Auch bei extremer häuslicher Gewalt trauen sich viele Polinnen nicht, sich an das Jugendamt zu wenden“, sagt sie. Sie versuche dann, aufzuklären und zu beruhigen; häufig ohne Erfolg.
Dem Bundesfamilienministerium in Berlin ist die Berichterstattung über Klagen von polnischer Seite bekannt. „Mehrere Überprüfungen haben ergeben, dass keine strukturellen Defizite beziehungsweise systemimmanente Diskriminierungen im Zusammenspiel von Jugendämtern und Familiengerichten in Deutschland bestehen“, so ein Sprecher. Das Ministerium stehe „in gutem Kontakt“ mit den Gesprächspartnern in der polnischen Regierung. Aus der Senatsverwaltung für Familie in Berlin heißt es, die Vorwürfe würden „jeglicher Grundlage entbehren“. Maßgeblich für das Handeln des Jugendamts seien immer das Wohl des Kindes und das geltende Recht.
Auch die zuständige Senatsverwaltung in Hamburg betont, es lägen keine Beschwerden von Eltern mit polnischer Staatsangehörigkeit vor. Es sei kein Anstieg der Inobhutnahmen polnischer Kinder zu verzeichnen. Beim bayerischen Landesjugendamt ist im vergangenen Monat der polnische Konsul zu Besuch gewesen, und es sei nicht ersichtlich gewesen, „dass Kritik an der Vorgehensweise der bayerischen Behörden geäußert wurde“, so der Leiter Hans Reinfelder.
„Jugendamt kann nur so gut arbeiten, wie es personell und materiell aufgestellt ist“
Der Vorstandsvorsitzender der Deutschen Kinderhilfe e. V., Rainer Becker, spricht in der Bundespressekonferenz über die neue Studie zu den Arbeitsrealitäten in den Allgemeinen Sozialen Diensten der Jugendämter.
Quelle: WELT
Der stellvertretende Jugendamtsleiter in Köln, Klaus-Peter Völlmecke, hat in den vergangenen Jahren vergleichbare Vorwürfe aus der Türkei gehört. „Ich habe den Eindruck, dass es sich auch im Fall der Polen um ein innenpolitisches Instrument handelt, um Stimmung gegen Deutschland zu machen“, sagt Völlmecke. Er betont zudem, dass entgegen vieler Annahmen letztendlich nicht das Jugendamt über eine dauerhafte Herausnahme eines Kindes aus der Familie entscheide, sondern das Familiengericht. Dieses werde in der Regel 48 Stunden nach einer kurzfristigen Krisenintervention des Jugendamtes eingeschaltet.
Woher dann diese feste Überzeugung scheinbar vieler Auslandspolen? Rainer Balloff, Familienrechtspsychologe und Leiter des Instituts Gericht und Familie, registriert seit Jahren eine große Skepsis gegenüber Jugendämtern insbesondere bei Familien aus Osteuropa und der Türkei. „Es gibt in diesen Ländern die Traditionslinie, dass sich der Staat aus der Familie zurückhält. Jeder Eingriff wird als massive Grenzüberschreitung gewertet.“
Häufig spielten auch kulturelle Unterschiede eine Rolle, zum Beispiel eine Bevorzugung und Betonung der Mutter oder die Toleranz von Gewalt bei der Erziehung. Dass es Fälle von tatsächlicher Diskriminierung gibt, schließt Balloff nicht aus. „Menschen mit fremdenfeindlichen Ansichten gibt es überall, mit Sicherheit auch in Jugendämtern.“
„Keine Sprache, die ich verwende“
Das polnische Justizministerium gibt sich mit Kritik am Jugendamt gegenüber WELT zurückhaltend. „Es gibt manchmal unzulässige und dramatische Vorfälle, aber es ist nicht meine Intention, der Behörde eines anderen Landes Vorwürfe zu machen“, sagt der stellvertretende Justizminister Michal Wojcik. Die in den Medien und Internetforen kursierenden 20.000 Fälle seien „ein Fake“, betont er. Ungefähr 100 Fälle polnischer Staatsbürger erhalte das Ministerium jährlich aus Deutschland. „Hinter jedem dieser Fälle könnte sich ein dramatisches Schicksal verbergen, und ich werde alles tun, um meinen Landsmännern im Ausland zu helfen.“
Ein besonders wichtiges Anliegen sei es der polnischen Regierung, bei einer Inobhutnahme durch das Jugendamt die polnische Identität zu wahren. „Wenn ein Kind den Eltern entzogen wird, sollte es bei Familienangehörigen oder einer polnischen Pflegefamilie unterkommen“, fordert Wojcik. Wie er als stellvertretender Justizminister mit dem immer wieder auftauchenden Nazi-Vergleich umgehe? „Das ist keine Sprache, die ich verwende.“
Für Bartosz Wielinski, Auslandschef der liberalen polnischen Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“, steht die Causa Jugendamt stellvertretend für die Politik der Regierungspartei gegenüber Deutschland. „Wie bei den Reparationsforderungen für den Zweiten Weltkrieg überschüttet die PiS die öffentliche Meinung mit antideutschen Ressentiments und Unwahrheiten“, sagt er. „Gleichzeitig wissen sie, dass sie für die angebliche Germanisierung keine Beweise vorlegen können.“
Die Stimmungsmache gegen Deutschland nutze der Partei bei innenpolitischer Schwäche. Denn in Krisenmomenten, so der Journalist, sei es immer noch am einfachsten, die Aufmerksamkeit der Menschen auf eine deutsche Bedrohung zu lenken.
https://www.welt.de/
Rolle des Deutschen Jugendamts bei grenzüberschreitenden Familienstreitigkeiten
Pressemitteilung PLENARTAGUNG PETI 29-11-2018 - 12:53
Petitionen verurteilen systematische Diskriminierung nichtdeutscher Eltern durch das Jugendamt
Das Amt spielt eine zentrale Rolle im deutschen Familienrecht und setzt Entscheidungen deutscher Gerichte um
Die Mobilität in der EU hat zum Anstieg grenzüberschreitender Familienstreitigkeiten geführt
EU-Mitgliedstaaten müssen die Rechte der Kinder schützen
Die Abgeordneten weisen auf die umstrittene Rolle des Deutschen Jugendamts hin, dem in einer Vielzahl von Petitionen nichtdeutscher Elternteile mangelhaftes Verhalten vorgeworfen wurde.
Nach der Plenardebatte vom 15. November haben die Abgeordneten eine Entschließung angenommen, in der die sehr große Zahl von Petitionen hervorgehoben wird, die das Parlament in den letzten 10 Jahren von nichtdeutschen Eltern zum Verhalten des Deutschen Jugendamts erhalten hat. Die Petenten verurteilen mutmaßliche Diskriminierung und willkürliche Maßnahmen gegen sie in grenzüberschreitenden Familienstreitigkeiten mit Kindern, sowie unzureichende Beratung und rechtliche Unterstützung durch die nationalen Behörden ihres Herkunftslandes.
Das Parlament fordert, dass das Recht von Kindern binationaler Paare, ihre Identität zu behalten, einschließlich ihrer Familienbeziehungen, angemessen gewahrt wird.
Die Abgeordneten äußern ihre Besorgnis über die von den Petenten angesprochenen Fälle mit kurzen Fristen, die von den zuständigen Behörden festgelegt wurden, sowie betreffend Dokumente, die von den zuständigen deutschen Behörden übermittelt wurden und nicht in der Sprache des nichtdeutschen Petenten vorliegen. Sie erinnern daran, wie wichtig es ist, dass nichtdeutsche Elternteile von Anfang an und in jeder Phase des Verfahrens, an dem Kinder beteiligt sind, unverzüglich vollständige und klare Informationen über das Verfahren und die möglichen Folgen in einer Sprache erhalten, die die betreffenden Elternteile voll und ganz verstehen.
Das Parlament betont, dass die Behörden der Mitgliedstaaten verpflichtet sind, Entscheidungen eines anderen Mitgliedstaates in Fällen, an denen Kinder beteiligt sind, anzuerkennen und zu vollstrecken. Es ist aber besorgt darüber, dass die deutschen Behörden die Anerkennung von Gerichtsentscheidungen in anderen Mitgliedstaaten angeblich systematisch verweigern können.
Um das Vertrauen zwischen den Mitgliedstaaten zu stärken, empfiehlt der Text den Austausch über bewährte Verfahren unter den Beamten, die im Bereich der sozialen Dienste beschäftigt sind, sowie die Verbesserung der justiziellen und administrativen Zusammenarbeit zwischen deutschen Behörden und den Behörden anderer Mitgliedstaaten.
In dem Text unterstreichen die Abgeordneten, dass die gestiegene Mobilität in der EU dazu geführt hat, dass eine zunehmende Anzahl grenzüberschreitender Streitigkeiten zu elterlicher Verantwortung und dem Sorgerecht für Kinder zu verzeichnen sind. Deshalb sei es wichtig, dass die Kommission eine aktive Rolle bei der Gewährleistung fairer und kohärenter diskriminierungsfreier Vorgehensweisen gegenüber Eltern bei der Behandlung grenzüberschreitender Fälle von Sorgerecht für Kinder in der gesamten Union spielen kann und muss.
Die Entschließung wurde mit 307 Stimmen angenommen, bei 211 Gegenstimmen und 112 Enthaltungen.
https://www.europarl.europa.eu/
Question parlementaire - E-006436/2020
Parlement européen
Enlèvements d’enfants en Allemagne
25.11.2020
Réponse écrite
Question avec demande de réponse écrite E-006436/2020
à la Commission
Article 138 du règlement intérieur
Gilles Lebreton (ID)
La Convention de La Haye du 25 octobre 1980 et le règlement CE n°2201/2003 du Conseil du 27 novembre 2003 (Bruxelles II bis) s’efforcent de lutter contre l’enlèvement international d’enfants.
Pourtant, l’Allemagne, par l’intermédiaire de ses services d’aide sociale à l’enfance (Jugendamt), persiste à refuser d’appliquer fidèlement ces textes, en adoptant une conception très discutable de l’intérêt supérieur de «ses» enfants présents sur son territoire à la suite d’un enlèvement.
Le Parlement européen s’en est ému dans une résolution du 29 novembre 2018.
Le 16 novembre 2020, lors du débat de la commission JURI, l’expert présent a confirmé, en réponse à ma question, que l’Allemagne restait en première position des États européens les plus réticents à appliquer cette Convention.
Et j’apprends, ce même 16 novembre 2020, que le tribunal de Düsseldorf vient de refuser de restituer un enfant franco-allemand à son père français au motif que la France serait une zone à risque dans le cadre de la pandémie de COVID-19.
Tous les prétextes semblent donc bons pour cautionner des enlèvements d’enfants.
Que compte faire la Commission pour persuader l’Allemagne de mieux respecter ses engagements internationaux et européens en matière d’enlèvements d’enfants, en général mais aussi plus particulièrement dans cette affaire emblématique de Düsseldorf?
Dernière mise à jour: 07.12.2020
https://www.europarl.europa.eu/
BILLET DE BLOG 4 OCTOBRE 2020
Le gouvernement suivra-t-il les consignes de la résolution du PE du 29/11/2018 ?
Un peu avant les vacances scolaires, nous nous sommes entretenus avec M. Hubert Wulfranc qui a immédiatement posé une question écrite au ministre de l'Europe et des affaires étrangères.
Compte tenu de la recrudescence des enlèvements d'enfants perpétrés par l'Etat allemand 22 parents nous ont contactés depuis janvier 2020), nous attendons la réponse du ministre avec impatience.
Question de M. Hubert Wulfranc N° 31399 publiée au JO le 28/07/2020
Discrimination des tribunaux allemands litige
M. Hubert Wulfranc alerte M. le ministre de l'Europe et des affaires étrangères sur la situation dramatique des enfants binationaux nés d'une relation entre un parent français et un parent allemand, du fait des agissements du Jugendamt, l'Office de la jeunesse, administration publique allemande chargée de l'aide sociale, de la protection de la jeunesse et de l'assistance aux familles. Depuis les années 1990, la question des enfants binationaux « kidnappés » par un parent allemand, avec la complicité active de l'administration allemande et de son système judiciaire, fait régulièrement la une des titres de presse. Loin d'être marginale, cette problématique concerne l'ensemble des états membres de l'Union européenne et au-delà. En Allemagne, le Jugendamt participe à toute la procédure et contrôle toute la chaîne de décision. Concrètement, la présence obligatoire du Jugendamt est requise dans toutes les procédures judiciaires concernant un enfant, où il tient dans les faits un statut de juge et partie, puisqu'il conseille obligatoirement le juge, et celui-ci lui confie systématiquement la responsabilité exclusive de l'enquête sociale sur laquelle il va appuyer la décision finale. Juge de fait, le Jugendamt est par ailleurs exempté de contrôle administratif sur ses pratiques. Pire encore, les usagers qui s'estiment lésés par cette institution n'ont pas la possibilité de déposer un recours contre les décisions prises par le Jugendamt. Dans le cadre des conflits transfrontaliers sur la garde des enfants, le Jugendamt est accusé de privilégier systématiquement le parent allemand au détriment du parent étranger. Le Jugendamt défend une notion de l'intérêt supérieur de l'enfant qui lui est toute propre : elle consiste à attribuer systématiquement la garde des enfants binationaux aux parents allemands. Une posture qui trahit un sentiment de supériorité allemand, un sentiment qui va jusqu'à l'interdiction, pour les parents non allemands qui obtiennent un droit de visite surveillé en présence du Jugendamt, d'employer une autre langue autre que l'allemand pour communiquer avec leurs enfants. Le Jugendamt, au mépris des conventions internationales ratifiées par l'État allemand, ne reconnaît pas les décisions judiciaires des autres États, y compris des états membres de l'Union européenne, lorsque celles-ci confient la responsabilité de la garde de l'enfant binational au parent non allemand. Dans le cas de kidnapping ou de refus de présenter des enfants binationaux, par le parent allemand, les tribunaux allemands régularisent systématiquement la situation à l'avantage du parent allemand qui en fait la demande et ce, même dans l'hypothèse d'une décision judiciaire française préalable accordant la garde de l'enfant au parent français. Même dans le cas de violences conjugales commises par le parent allemand, ce dernier obtient systématiquement la garde de l'enfant binational dès lors que l'autre parent ne réside plus sur le territoire allemand. En outre, il est reproché à l'État allemand de bafouer les droits du parent non allemand devant les tribunaux du fait de délais court et de procédures judiciaires expéditives n'impliquant pas la présence obligatoire du parent non allemand. Une telle procédure rend, dans les faits, impossible une défense sérieuse. Victime d'une administration de l'aide sociale à l'enfance allemande et d'une législation allemande discriminatoire, nombre de parents français ont ainsi été privés de tout droit de garde et de visite. Si, dans les faits, l'Allemagne ne respecte pas les conventions internationales qu'elle a ratifiées relatives aux droits de l'enfant et à la reconnaissance des décisions judiciaires étrangères pour les litiges entre parents transfrontaliers, l'État allemand n'hésite pas néanmoins à exiger l'application de ses jugements relatifs à la garde des enfants aux autres États signataires des dites conventions, ainsi qu'à émettre des mandats d'arrêts internationaux contre les parents refusant d'appliquer ses décisions. De nombreux parents français, italiens et polonais sont aujourd'hui victimes du Jugendamt et du système judiciaire allemand. La situation est telle que le Parlement européen a adopté une résolution, le 29 novembre 2018, sur le rôle des services allemands de l'aide sociale à l'enfance (Jugendamt) dans les litiges familiaux transfrontières (2018/2856(RSP)) devant l'accumulation de réclamations et de témoignages circonstanciés visant les pratiques de l'État allemand en la matière. Si la résolution du Parlement européen n'a pas de portée contraignante, celle-ci enjoint à l'Allemagne, la Commission européenne ainsi que l'ensemble des états membres de l'Union européenne de traiter cette problématique pour un mettre un terme aux procédures et pratiques discriminatoires qui frappent les parents non allemands dans le cadre des litiges transfrontaliers de gardes d'enfants binationaux. À ce titre, elle enjoint aux États membres, dont la France, d'améliorer l'assistance, l'aide, le conseil et les informations juridiques pour leurs ressortissants dans les litiges familiaux transfrontaliers impliquant des enfants. Dans ce sens, la résolution rappelle aux États membres qu'il est essentiel de mettre systématiquement en œuvre les dispositions de la convention de Vienne de 1963 et de veiller à ce que les ambassades ou les représentations consulaires soient informées dès le début de toutes les procédures de garde d'enfants impliquant leurs ressortissants et aient intégralement accès aux documents pertinents. La résolution insiste sur l'importance d'une coopération consulaire reposant sur la confiance dans ce domaine. Elle suggère d'autoriser les autorités consulaires à assister à toutes les étapes des procédures. Aussi, il lui demande quelles actions entend entreprendre le gouvernement français auprès du gouvernement allemand pour assurer la défense des intérêts des enfants franco-allemands afin que les décisions soient respectueuses des droits des deux parents, dans le cadre des litiges relatifs à la garde des enfants binationaux. Dans ce sens, il convient notamment d'obtenir de l'État allemand une pleine reconnaissance des décisions judiciaires françaises. Comme l'invite la résolution du parlement européen, il lui demande également si le Gouvernement entend agir activement auprès de son homologue allemand pour obtenir l'assistance des autorités consulaires françaises à toutes les étapes des procédures relatives à la garde d'enfants franco-allemands statuées par les tribunaux allemands.
https://blogs.mediapart.fr/
ASSEMBLE NATIONALE
15ème législature
Discrimination des tribunaux allemands litiges garde d'enfants binationaux
Question N° 31399de M. Hubert Wulfranc (Gauche démocrate et républicaine - Seine-Maritime )Question écrite
Ministère interrogé > Europe et affaires étrangèresMinistère attributaire > Europe et affaires étrangères
Rubrique > famille
Titre > Discrimination des tribunaux allemands litiges garde d'enfants binationaux
Question publiée au JO le : 28/07/2020 page : 5044
Réponse publiée au JO le : 20/10/2020 page : 7313
Texte de la question
M. Hubert Wulfranc alerte M. le ministre de l'Europe et des affaires étrangères sur la situation dramatique des enfants binationaux nés d'une relation entre un parent français et un parent allemand, du fait des agissements du Jugendamt, l'Office de la jeunesse, administration publique allemande chargée de l'aide sociale, de la protection de la jeunesse et de l'assistance aux familles. Depuis les années 1990, la question des enfants binationaux « kidnappés » par un parent allemand, avec la complicité active de l'administration allemande et de son système judiciaire, fait régulièrement la une des titres de presse. Loin d'être marginale, cette problématique concerne l'ensemble des états membres de l'Union européenne et au-delà. En Allemagne, le Jugendamt participe à toute la procédure et contrôle toute la chaîne de décision. Concrètement, la présence obligatoire du Jugendamt est requise dans toutes les procédures judiciaires concernant un enfant, où il tient dans les faits un statut de juge et partie, puisqu'il conseille obligatoirement le juge, et celui-ci lui confie systématiquement la responsabilité exclusive de l'enquête sociale sur laquelle il va appuyer la décision finale. Juge de fait, le Jugendamt est par ailleurs exempté de contrôle administratif sur ses pratiques. Pire encore, les usagers qui s'estiment lésés par cette institution n'ont pas la possibilité de déposer un recours contre les décisions prises par le Jugendamt. Dans le cadre des conflits transfrontaliers sur la garde des enfants, le Jugendamt est accusé de privilégier systématiquement le parent allemand au détriment du parent étranger. Le Jugendamt défend une notion de l'intérêt supérieur de l'enfant qui lui est toute propre : elle consiste à attribuer systématiquement la garde des enfants binationaux aux parents allemands. Une posture qui trahit un sentiment de supériorité allemand, un sentiment qui va jusqu'à l'interdiction, pour les parents non allemands qui obtiennent un droit de visite surveillé en présence du Jugendamt, d'employer une autre langue autre que l'allemand pour communiquer avec leurs enfants. Le Jugendamt, au mépris des conventions internationales ratifiées par l'État allemand, ne reconnaît pas les décisions judiciaires des autres États, y compris des états membres de l'Union européenne, lorsque celles-ci confient la responsabilité de la garde de l'enfant binational au parent non allemand. Dans le cas de kidnapping ou de refus de présenter des enfants binationaux, par le parent allemand, les tribunaux allemands régularisent systématiquement la situation à l'avantage du parent allemand qui en fait la demande et ce, même dans l'hypothèse d'une décision judiciaire française préalable accordant la garde de l'enfant au parent français. Même dans le cas de violences conjugales commises par le parent allemand, ce dernier obtient systématiquement la garde de l'enfant binational dès lors que l'autre parent ne réside plus sur le territoire allemand. En outre, il est reproché à l'État allemand de bafouer les droits du parent non allemand devant les tribunaux du fait de délais court et de procédures judiciaires expéditives n'impliquant pas la présence obligatoire du parent non allemand. Une telle procédure rend, dans les faits, impossible une défense sérieuse. Victime d'une administration de l'aide sociale à l'enfance allemande et d'une législation allemande discriminatoire, nombre de parents français ont ainsi été privés de tout droit de garde et de visite. Si, dans les faits, l'Allemagne ne respecte pas les conventions internationales qu'elle a ratifiées relatives aux droits de l'enfant et à la reconnaissance des décisions judiciaires étrangères pour les litiges entre parents transfrontaliers, l'État allemand n'hésite pas néanmoins à exiger l'application de ses jugements relatifs à la garde des enfants aux autres États signataires des dites conventions, ainsi qu'à émettre des mandats d'arrêts internationaux contre les parents refusant d'appliquer ses décisions. De nombreux parents français, italiens et polonais sont aujourd'hui victimes du Jugendamt et du système judiciaire allemand. La situation est telle que le Parlement européen a adopté une résolution, le 29 novembre 2018, sur le rôle des services allemands de l'aide sociale à l'enfance (Jugendamt) dans les litiges familiaux transfrontières (2018/2856(RSP)) devant l'accumulation de réclamations et de témoignages circonstanciés visant les pratiques de l'État allemand en la matière. Si la résolution du Parlement européen n'a pas de portée contraignante, celle-ci enjoint à l'Allemagne, la Commission européenne ainsi que l'ensemble des états membres de l'Union européenne de traiter cette problématique pour un mettre un terme aux procédures et pratiques discriminatoires qui frappent les parents non allemands dans le cadre des litiges transfrontaliers de gardes d'enfants binationaux. À ce titre, elle enjoint aux États membres, dont la France, d'améliorer l'assistance, l'aide, le conseil et les informations juridiques pour leurs ressortissants dans les litiges familiaux transfrontaliers impliquant des enfants. Dans ce sens, la résolution rappelle aux États membres qu'il est essentiel de mettre systématiquement en œuvre les dispositions de la convention de Vienne de 1963 et de veiller à ce que les ambassades ou les représentations consulaires soient informées dès le début de toutes les procédures de garde d'enfants impliquant leurs ressortissants et aient intégralement accès aux documents pertinents. La résolution insiste sur l'importance d'une coopération consulaire reposant sur la confiance dans ce domaine. Elle suggère d'autoriser les autorités consulaires à assister à toutes les étapes des procédures. Aussi, il lui demande quelles actions entend entreprendre le gouvernement français auprès du gouvernement allemand pour assurer la défense des intérêts des enfants franco-allemands afin que les décisions soient respectueuses des droits des deux parents, dans le cadre des litiges relatifs à la garde des enfants binationaux. Dans ce sens, il convient notamment d'obtenir de l'État allemand une pleine reconnaissance des décisions judiciaires françaises. Comme l'invite la résolution du parlement européen, il lui demande également si le Gouvernement entend agir activement auprès de son homologue allemand pour obtenir l'assistance des autorités consulaires françaises à toutes les étapes des procédures relatives à la garde d'enfants franco-allemands statuées par les tribunaux allemands.
Texte de la réponse
Le ministère de l'Europe et des affaires étrangères a pris note des éléments contenus dans la résolution 2018/2856 adoptée par le Parlement européen le 29 novembre 2018, relative au rôle du Jugendamt dans les litiges familiaux transnationaux. De nombreux parents français se plaignent, en effet, de ce qu'ils considèrent être des mesures discriminatoires de la part du service d'aide à l'enfance allemand. Ces situations font l'objet d'un suivi attentif des services de ce ministère. Dans le cadre de la protection consulaire telle que prévue par la Convention de Vienne du 24 avril 1963 sur les relations consulaires, ses services, tant en Allemagne qu'en France, sont bien évidemment à la disposition des familles pour leur apporter soutien et conseils dans leurs démarches. L'organisation de visites consulaires au domicile du parent allemand en vue de s'enquérir des conditions de vie matérielles et morales des enfants franco-allemands et la présence d'agents consulaires lors d'audiences relatives à la garde des enfants concourent notamment au soutien apporté à nos ressortissants. Toutefois, ils ne peuvent naturellement pas influer sur le fonctionnement de la justice d'un Etat étranger souverain ou intervenir dans le cours des procédures judiciaires. En outre, les instruments juridiques conventionnels existants en matière familiale, à savoir la Convention de La Haye du 25 octobre 1980 sur les aspects civils de l'enlèvement international d'enfants et le règlement européen (CE) 2201/2003 du 27 novembre 2003, sont utilisés pour apporter aux parents français tout le soutien possible et favoriser l'entraide judiciaire internationale entre nos deux pays. À ce jour, les services de ce ministère demeurent pleinement mobilisés, dans la limite de leurs prérogatives, et dans l'intérêt supérieur des enfants, afin de s'assurer du traitement équitable et non discriminatoire des requêtes de nos ressortissants et pour les accompagner afin qu'ils puissent recouvrer leurs droits parentaux.
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Quand l’État allemand arrache des enfants à leurs familles
Dans Dossiers, Monde Mis à jour le 24/05/19 17:47 | Publié le 25/05/19 8:30
Si le problème est bien connu et depuis longtemps des eurodéputés, avocats spécialistes du droit familial et autres spécialistes de l'Allemagne, le grand public l'ignore souvent. (illustration Hervé Montaigu)
Un documentaire qui sera diffusé lundi par France 3 met en lumière le calvaire des parents non allemands qui se battent pour garder un lien avec leur enfant que l’État veut garder sur son territoire.
« Des milliers de personnes sont concernées », «Des pratiques inimaginables», «L’Allemagne se réserve le droit de garder les enfants sur son sol, un aveuglement qui crée des drames». Les extraits tous azimuts de médias français claquent au début du documentaire Déchirures de familles qui sera diffusé lundi sur France 3 Grand Est. Ils évoquent tous un même sujet : la préférence allant systématiquement au parent allemand pour la garde de l’enfant en cas de séparation d’un couple binational. Vendredi soir, le film a été diffusé en avant-première à Strasbourg au cinéma l’Odyssée et suivi d’un débat avec les protagonistes.
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Le problème est grave. Pourtant, s’il est bien connu et depuis longtemps des eurodéputés, avocats spécialistes du droit familial et autres spécialistes de l’Allemagne, le grand public l’ignore souvent. À la frontière qui sépare l’Allemagne de la France ou du Luxembourg, les couples se forment naturellement dans l’Europe de Schengen. Ils font des enfants, sans savoir le risque qui plane en cas de séparation avec un Allemand. Le jour où ils l’apprennent, souvent de façon violente, c’est trop tard, ils sont pris dans une machinerie étatique. C’est ce qui s’est passé pour Séverine, Christophe et Joseph.
La première vivait en Allemagne avec son fils français (NDLR : nous l’avions déjà interviewée dans un article paru le 21 décembre 2018). Quand elle s’est séparée de son ex-conjoint dont elle dit avoir subi des violences, elle est retournée chez ses parents avec son fils dont elle avait alors l’autorité parentale. Ce dernier a été inscrit à l’école maternelle du village et continuait de voir son père. Le tribunal a convoqué cette mère avec son enfant, et le petit lui a été retiré sur-le-champ. Il est parti sans affaires, en short et t-shirt, chez son père. Un procédé normalement illégal. Après plusieurs mois, cette mère a obtenu une garde partagée, à condition de vivre sous le même toit que l’homme dont elle dit avoir été victime de violences et sa nouvelle compagne.
Interdiction de parler à la presse
Dans le débat qui a suivi le film, elle explique le harcèlement qu’elle doit subir en silence de peur qu’on lui retire son fils ou encore le chantage exercé sur elle. Obligée de consulter une pédagogue désignée par le tribunal, celle-ci lui a demandé de signer un papier dans lequel elle s’engage à retirer tous les écrits sur internet où elle parle du système familial allemand, y compris la pétition déposée au Parlement européen dans laquelle elle dénonce les pratiques de l’État allemand et du Jugendamt, l’administration chargée de la protection de la jeunesse.
Joseph, lui, n’a plus le droit de voir son enfant depuis des mois. La chambre de sa petite fille, dans laquelle elle a vécu avant la séparation, reste désespérément vide.
Christophe était sur le point d’obtenir la garde partagée de son fils en Moselle, là où la famille a toujours vécu. Il ne se remet pas de la suite des évènements. La mère s’est enfuie avec son enfant en Allemagne où elle a obtenu la garde. Il ne voit son fils plus qu’un week-end sur deux et doit tout accepter pour ne pas prendre le risque, comme Joseph, de ne plus voir son enfant. Ainsi, après une audience, il a accepté à contrecœur qu’on donne un médicament à son enfant contre l’hyperactivité, alors que celui-ci est décrit comme particulièrement calme par les gens qui le côtoient.
Dans la salle de cinéma comble, on entend les bruits de mouchoirs, et pour cause, des parents de toute la France qui sont dans cette situation sont venus assister au film dans lequel ils placent beaucoup d’espoir.
«Quand ils ont pris votre enfant, ils essayent de prendre votre argent», explique Séverine Breit, qui dit actuellement se battre pour garder sa maison, dont elle est propriétaire à 50%. Son ex-compagnon va la mettre aux enchères sans son consentement. Une nouvelle procédure coûteuse débute, mais elle est obligée de se battre, puisque quitter cette maison, c’est peut-être perdre la garde partagée. Un danger qui la ronge.
Les parents qui n’ont plus le droit de voir leur enfant sont dans l’obligation de payer une pension alimentaire et se ruinent littéralement en frais d’avocat et de justice. Ils sont exténués par des années de procédures et de souffrance.
Mandat d’arrêt contre une mère
Paule-Andrée prend la parole, la voix étranglée par les larmes : «Je voulais dire qu’ils vont beaucoup plus loin que ce qu’on voit dans le documentaire. Ils utilisent le mandat d’arrêt européen pour le simple divorce.» Cette maman en a été victime lorsque ses filles (dont le père a la garde en Allemagne) ont fait une fugue pour rejoindre leur mère. Heureusement, dans son cas, les autorité françaises ont pu le faire annuler. D’autres ont eu moins de chance et ont passé des mois en prison dans leur propre pays.
Natalie Kühlmorgen s’exprime à son tour : «Moi, je suis allemande et je peux vous dire que je n’irai plus jamais dans mon pays.» Son histoire ressemble à un film d’horreur. Mariée à un médecin français qui travaille à Strasbourg, le couple était installé à Kehl, juste de l’autre côté de la frontière. Il y a une dizaine d’années, la famille prévoyait de déménager en France. Un jour, alors qu’elle va chercher ses filles à l’école, elle ne les trouve pas. Ces dernières avaient été placées brutalement, sans qu’un jugement soit prononcé, dans une famille d’accueil pour qu’elles restent sur le sol allemand. Pendant six mois, le couple n’avait le droit qu’à quelques heures de visite, jusqu’au jour où lors d’une de ces visites les parents volent leurs propres enfants avec la complicité de la police française.
«Voilà jusqu’où l’État allemand peut aller […]. Je peux vous assurer que ce sont des blessures qui ne se referment jamais.» La fille la plus âgée est adulte aujourd’hui et est encore traumatisée par l’épisode, d’autant qu’elle aurait subi des attouchements par l’homme de la famille d’accueil. Un documentaire avait été réalisé sur cette histoire surréaliste et tous les faits sont avérés. Pourtant, la mère reprend : «Quand on raconte notre histoire, personne ne nous croit. On nous fait passer pour des fous.»
Audrey Libiez
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ASSEMBLE NATIONALE
15ème législature
Conséquences de divorces suite à des mariages franco-allemands
Question N° 8941de Mme Martine Wonner (La République en Marche - Bas-Rhin )Question écrite
Ministère interrogé > JusticeMinistère attributaire > Justice
Rubrique > famille
Titre > Conséquences de divorces suite à des mariages franco-allemands
Question publiée au JO le : 05/06/2018 page : 4670
Réponse publiée au JO le : 09/04/2019 page : 3292
Texte de la question
Mme Martine Wonner appelle l'attention de Mme la garde des sceaux, ministre de la justice, sur le sort de certains parents français se retrouvant privés de leurs enfants à la suite d'un divorce. Sur les quelques 50 000 mariages franco-allemands par an, un tiers en effet s'achève par un divorce et des décisions de justice sur la garde des enfants du couple. Malgré de nombreuses décisions de tribunaux français en sens inverse, les juridictions allemandes attribuent quasi systématiquement l'autorité parentale au parent allemand résidant sur le territoire allemand. En Allemagne intervient alors le Jugendamt, service social allemand d'aide à l'enfance, qui viole les droits les plus élémentaires et les conventions internationales en procédant à un enlèvement d'enfant. Enlèvement qui se trouve légitimé a posteriori avec la complicité de la justice allemande au nom de « l'intérêt supérieur de l'enfant ». Le parent français se retrouve également dans bien de nombreux cas interdit d'entrer sur le territoire allemand, par l'intermédiaire de mandats d'arrêt nationaux émis à leur encontre. Une commission parlementaire franco-allemande de médiation, qui a cessé ses activités en 2005 à l'initiative de l'Allemagne, avait été mise en place pour tenter de résoudre cette situation. 13 ans plus tard, des parents français se trouvent encore privés de leurs enfants. En conséquence, elle lui demande quelles sont les actions du Gouvernement quant aux moyens à mettre en œuvre pour empêcher ces drames familiaux.
Texte de la réponse
Les situations de séparation parentale dans le cas de couples bi-nationaux sont particulièrement sensibles. En effet, à la complexité des situations humaines s'ajoutent celle des questions juridiques, notamment en ce qui concerne la détermination de la juridiction compétente ou celle de la loi applicable. Les services de l'Etat français n'ignorent pas que certains parents se plaignent d'une discrimination résultant de l'application de la loi allemande par les juridictions allemandes et de l'intervention, dans le cadre des procédures se déroulant en Allemagne, des services sociaux allemands ("Jugendamt", Office de la Jeunesse). A ce sujet, le Parlement européen a d'ailleurs récemment adopté une résolution sur le rôle du "Jugendamt" dans les litiges familiaux transfrontières (résolution 2018/2856 du 29 novembre 2018). Les problématiques en lien avec les couples mixtes franco-allemands ont donc été évoquées lors de réunions dédiées rassemblant les ministères en charge de la justice et des affaires étrangères français et allemand en 2011 et 2014. Il en a été conclu qu'il n'existait pas de législation ou de pratiques manifestement contraires aux droits des parents étrangers en Allemagne. Néanmoins, ces situations font l'objet d'un suivi attentif du ministère de la justice. Il ne saurait évidemment être question d'influer sur le fonctionnement de la justice d'un Etat étranger souverain, ou d'intervenir dans le cours des procédures judiciaires. Mais les instruments juridiques existants en matière familiale, à savoir la convention La Haye du 25 octobre 1980 sur les aspects civils de l'enlèvement international d'enfants et le règlement européen CE 2201/2003 du 27 novembre 2003, sont quotidiennement mobilisés pour apporter aux parents français tout le soutien possible. L'autorité centrale française désignée par la mise en œuvre de ces conventions peut ainsi être saisie dans le cadre de litiges transfrontaliers, afin notamment de fournir des informations générales concernant le droit allemand, tenter de lever les obstacles rencontrés dans l'application des conventions, et faire des demandes de coopération à son homologue allemande. La présence d'un magistrat de liaison français en poste en Allemagne et inversement permet également de favoriser l'entraide judiciaire internationale entre nos deux pays. Enfin, sur un plan pédagogique, un projet de brochure explicative des droits de la famille français et allemands, destiné à faciliter la compréhension mutuelle des systèmes de droit des deux Etats pour les couples binationaux, est actuellement en cours d'élaboration.
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Coulisses de Bruxelles
L'Allemagne, ce pays où l'enlèvement international d'enfant est légal
Le Parlement européen a voté jeudi une résolution ciblant Berlin qui n'applique pas le droit international pour les enfants nés d'une union entre un(e) Allemand(e) et un étranger.
(Photo Vincent Kessler. Reuters)
par Jean Quatremer, BRUXELLES (UE), de notre correspondant
publié le 2 décembre 2018 à 19h05
(mis à jour le 2 décembre 2018 à 19h11)
Mieux vaut éviter d'avoir un enfant avec un(e) Allemand(e) si on n'est pas soi-même Allemand et/ou si l'on ne vit pas en Allemagne. Nulle germanophobie mal placée dans ce conseil, mais un simple constat : si la séparation tourne mal et que le parent allemand décide de repartir en Allemagne avec l'enfant (ou les enfants), la justice germanique, dont le bras armé est le tout-puissant Office d'aide sociale à l'enfance (Jugendamt), refusera qu'il quitte le sol allemand au nom de «l'intérêt supérieur de l'enfant». Or, Berlin viole ainsi le droit international (conventions de La Haye de 1980 sur l'enlèvement international d'enfants et de 1993 sur l'autorité parentale et le droit européen (règlement de 2003 en phase finale de révision et jurisprudence de la Cour de justice européenne).
Faute de statistiques, on ne connaît pas le nombre d’enfants ainsi enlevés à l’affection de l’un de leur parent depuis 1950, mais il se monte sans doute à plusieurs milliers voire dizaine de milliers. Cela fait une vingtaine d’années que les institutions communautaires, mais aussi la France, les unions franco-allemandes étant très nombreuses, essaient de traiter à l’amiable ces drames dont on ne soupçonne guère les ravages. En vain.
Le Parlement européen, saisi régulièrement par des pétitions de parents non allemands victimes d’un enlèvement international d’enfant, a décidé de hausser le ton contre l’Allemagne, puisque ce pays est le seul de l’Union à refuser d’appliquer le droit européen (l’Autriche, qui avait la même interprétation de l’intérêt de l’enfant, est rentrée dans le rang). Le 29 novembre, par 307 voix contre 211 et 112 abstentions, il a adopté une résolution ciblant uniquement Berlin, ce qui est sans précédent et montre l’agacement des eurodéputés.
Langue maternelle
La résolution décrit le système mis en place outre-Rhin pour refuser d’exécuter les décisions judiciaires européennes ordonnant le retour des enfants. Outre l’interprétation extensive, puisant sa source dans une loi du régime nazi, de l’intérêt de l’enfant qui est toujours de rester auprès de son parent allemand en Allemagne, même en cas de violence ou d’abus avéré contre le parent non allemand, la Cour constitutionnelle de Karlsruhe estime que l’Allemagne n’a pas à exécuter une décision de justice européenne si l’enfant, même de moins de 3 ans, n’a pas été entendu par le juge… Surtout, le pouvoir du Jugendamt est proprement terrifiant : c’est lui qui recommande au juge la décision à prendre et peut décider de mesures temporaires (comme la tutelle) sans aucun appel possible. Il peut aussi s’opposer au droit de visite du parent non allemand, imposer sa présence lors des visites ou refuser que le parent non allemand parle dans sa langue maternelle à son enfant…
Cette volonté de placer l'Allemagne au-dessus de tout n'est pas exceptionnelle. Il est révélateur d'un comportement plus général de ce pays qui a le plus grand mal à respecter les normes qu'il souhaite que les autres appliquent. Au fond, c'est l'ancien ministre des Finances social-démocrate allemand, Hans Eichel, qui a vendu la mèche, en novembre 2003. Alors que ses collègues lui faisaient remarquer que Berlin avait violé le Pacte de stabilité et qu'il fallait donc qu'il accepte des sanctions, il a lâché devant les yeux sidérés de l'assemblée : «Mais enfin, le Pacte n'a jamais été conçu pour s'appliquer à l'Allemagne !»
https://www.liberation.fr/
Deutscher Bundestag Drucksache 19/16641
19. Wahlperiode 20.01.2020
Zur Rolle deutscher Jugendämter bei grenzüberschreitenden Familienkonflikten
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Wieland Schinnenburg, Stephan Thomae, Grigorios Aggelidis, Renata Alt, Christine Aschenberg-Dugnus, Nicole Bauer, Jens Beeck, Dr. Jens Brandenburg (Rhein-Neckar), Dr. Marco Buschmann, Britta Katharina Dassler, Hartmut Ebbing, Dr. Marcus Faber, Otto Fricke, Thomas Hacker, Peter Heidt, Katrin Helling-Plahr, Katja Hessel, Dr. Christoph Hoffmann, Reinhard Houben, Ulla Ihnen, Olaf in der Beek, Gyde Jensen, Dr. Marcel Klinge, Daniela Kluckert, Pascal Kober, Carina Konrad, Konstantin Kuhle, Alexander Graf Lambsdorff, Michael Georg Link, Christoph Meyer, Alexander Müller, Roman Müller-Böhm, Hagen Reinhold, Matthias Seestern-Pauly, Frank Sitta, Judith Skudelny, Dr. Hermann Otto Solms, Bettina Stark-Watzinger, Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Katja Suding, Michael Theurer, Manfred Todtenhausen, Dr. Florian Toncar, Sandra Weeser, Nicole Westig, Katharina Willkomm und der Fraktion der FDP
https://dserver.bundestag.de/btd/19/166/1916641.pdf
Zur Rolle deutscher Jugendämter bei grenzüberschreitenden Familienkonflikten
Antwort
der Bundesregierung
auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Wieland Schinnenburg, Stephan Thomae, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 19/16641 –
V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r
In seiner Entschließung P8 TA-PROV(2018)0476 (2018/2856(RSP)) vom 29. November 2018 positioniert sich das Europäische Parlament zur Rolle der Jugendämter in Deutschland bei grenzüberschreitenden Familienstreitigkeiten.
Es stellt fest, dass die Probleme im Zusammenhang mit dem deutschen Familienrecht, einschließlich der Rolle der Jugendämter, welche in Petitionen nichtdeutscher Elternteile dargestellt worden seien, weiterhin ungelöst blieben. Der Petitionsausschuss erhalte nach wie vor ständig Petitionen von nicht-deutschen Eltern, in denen über schwerwiegende Diskriminierungen durch deutsche Behörden bei grenzüberschreitenden Familienstreitigkeiten, an denen
Kinder beteiligt seien, berichtet werde.
Am 19. Dezember 2018 erschien in der Tageszeitung „Die Welt“ der Artikel „Polens Angst vorm deutschen Jugendamt“ der Journalistin Kaja Klapsa. Der Artikel wirft die Frage auf, ob hinter dem Großteil der beim Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments eingegangenen Petitionen, in denen deutschen Jugendämtern eine systematische Diskriminierung nichtdeutscher Elternteile vorgeworfen wird, eine gezielte polnische Kampagne steckt.
Dennoch ist das Europäische Parlament besorgt darüber, dass deutsche Behörden die Anerkennung von Gerichtsentscheidungen aus anderen Mitgliedstaaten angeblich systematisch verweigern können und betont, dass die Behörden
der Mitgliedstaaten nach der Brüssel-IIa-Verordnung verpflichtet seien, Entscheidungen eines anderen Mitgliedstaats in Fällen, in denen Kinder beteiligt seien, anzuerkennen und zu vollstrecken.
Die Abgeordneten äußern zudem ihre Besorgnis über die von den Petenten angesprochenen Fälle mit kurzen Fristen, die von den zuständigen Behörden festgelegt worden seien, sowie über Dokumente, die von den zuständigen deutschen Behörden übermittelt worden seien und nicht in der Sprache des nichtdeutschen Petenten vorlägen. Sie erinnern daran, wie wichtig es ist, dass nichtdeutsche Elternteile von Anfang an und in jeder Phase des Verfahrens, an
dem Kinder beteiligt sind, unverzüglich vollständige und klare Informationen über das Verfahren und die möglichen Folgen in einer Sprache erhalten, die die betreffenden Elternteile voll und ganz verstehen. Das Europäische Parlament betont zudem, dass sichergestellt werden müsse, dass nichtdeutsche Eltern und ihre Kinder in der zwischen ihnen üblichen Sprache kommunizieren können.
Die Mitgliedstaaten werden dazu angehalten, die Einrichtung einer Plattform zur Unterstützung von EU-Ausländern in Familienverfahren mitzufinanzieren und zu fördern. Außerdem fordert das Europäische Parlament die Mitgliedstaaten auch unter der Berücksichtigung, dass das materielle Familienrecht in der alleinigen Zuständigkeit der Mitgliedstaaten liegt, auf, statistische Daten über die Verwaltungs- und Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit dem Sorgerecht für Kinder, an denen ausländische Elternteile beteiligt sind, zu sammeln, um eine detaillierte Analyse anbieten zu können.
V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g
Der Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments hat Deutschland in den vergangenen Jahren immer wieder verdächtigt, nichtdeutsche EU-Bürgerinnen und -Bürger in familiengerichtlichen Streitigkeiten zu diskriminieren. Anlass
hierfür sind Beschwerden von Petentinnen bzw. Petenten, die sich – als Unterlegene eines Rechtsstreits – subjektiv in ihren Rechten verletzt sehen. Die Bundesregierung ist diesen Vorwürfen bereits mehrmals nachgegangen. Auf
Basis der Ergebnisse ist die Bundesregierung der Kritik ebenfalls mehrfach entgegengetreten und hat klargestellt, dass es keinerlei Anzeichen oder gar Beweise gibt, die diese Vorwürfe bestätigen.
Deutschland bekennt sich zu seinen europarechtlichen sowie internationalen Verpflichtungen zum Schutz der Familie und des Kindes. Die Tätigkeit der deutschen Jugendämter unterliegt klaren gesetzlichen Vorgaben und ist geprägt von hohen fachlichen Standards. Dem Handeln der Jugendämter liegt die maßgebliche Prämisse zugrunde, dass jeder junge Mensch ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit hat. Die Pflege und Erziehung der Kinder sind dabei das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht; dem Staat kommt hierbei nach Artikel 6 des Grundgesetzes (lediglich) ein Wächteramt zu. Grundsätzlich dürfen die Jugendämter daher nicht gegen den Willen der Personensorgeberechtigten handeln. Eine Ausnahme hiervon stellen kurzfristige Kriseninterventionen bei dringenden
Gefahren für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen dar. Grundsätzlich bedürfen Eingriffe in das Sorgerecht der Eltern einer Entscheidung des Familiengerichts.
Vor diesem Hintergrund weist die Bundesregierung die Kritik, die das Europäische Parlament in seiner von den Fragestellern in Bezug genommenen Resolution vom 29. November 2018 zur Rolle der Jugendämter in Deutschland bei grenzüberschreitenden Familienstreitigkeiten formuliert hat, entschieden zurück. Sie bedauert, dass die Resolution unbeachtet lässt, dass erwiesenermaßen keine strukturellen Defizite in der rechtlichen Ausgestaltung von Rolle und Tätigkeit der Jugendämter und in deren Zusammenspiel mit den Familiengerichten sowie keine systemimmanenten Diskriminierungen bestehen.
1. Bewertet die Bundesregierung die beim Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments eingegangenen Petitionen, in denen eine sehr große Zahl nichtdeutscher Elternteile in grenzüberschreitenden Familienstreitigkeiten den deutschen Jugendämtern eine systematische Diskriminierung vorwirft, und wenn ja, wie?
Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen.
Drucksache 19/17010 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
2. Hat die Bundesregierung Kenntnis, welche Nationalität die Petenten haben, und
a) wenn ja, bitte nach Nationalitäten aufschlüsseln, und
b) wenn nein, warum nicht?
Die Bundesregierung hat keine umfassende Kenntnis über die beim Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments eingegangenen Petitionen und damit
auch nicht über die Nationalität der Petentinnen und Petenten.
3. Hat die Bundesregierung darüber Kenntnis, ob noch andere EU-Mitgliedstaaten von Diskriminierungsvorwürfen in Bezug auf grenzüberschreitende Familienstreitigkeiten betroffen sind, und wenn ja, welche?
Die Bundesregierung hat keine Kenntnis darüber, ob noch andere EU-Mitgliedstaaten von Diskriminierungsvorwürfen in Bezug auf grenzüberschreitende Familienstreitigkeiten betroffen sind.
4. Was hat die Bundesregierung unternommen, um den Vorwurf einer systematischen Diskriminierung ausländischer Elternteile in grenzüberschreitenden Familienstreitigkeiten durch deutsche Jugendämter zu überprüfen?
Das Thema etwaiger Diskriminierung ausländischer Elternteile in grenzüberschreitenden Familienstreitigkeiten durch deutsche Jugendämter wurde insbesondere während Delegationsreisen von Abgeordneten des Europäischen Parlaments nach Berlin in den Jahren 2007 und 2011 (sog. „fact finding missions“) erörtert. Im November 2011 haben in Berlin in diesem Zusammenhang Gespräche einer Delegation des Petitionsausschusses des Europäischen Parlaments mit Mitgliedern des Deutschen Bundestages, des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) und Vertreterinnen und Vertretern deutscher Familiengerichte, der obersten Landesjugendbehörden, der Jugendämter sowie des Internationalen Sozialdienstes im Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge (ISD) stattgefunden. Im Rahmen der Gespräche wurden die Delegationsmitglieder ausführlich über das deutsche Kinder- und Jugendhilfewesen, die Befugnisse der Jugendämter und die Kontrolle über die Jugendämter informiert. Es fand ein intensiver und fruchtbarer Meinungsaustausch statt, der auch zu ersten Ergebnissen geführt hat. So wurden BMFSFJ und BMJV als Ansprechpartner in der Bundesregierung benannt, damit der Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments künftig weiterführende Informationen zu den Hintergründen von Petitionen gegen die Arbeitsweise deutscher Jugendämter
und Familiengerichte erhalten kann. Mit den Delegationsteilnehmerinnen und -teilnehmern wurde auch vereinbart, dass die Bundesregierung mit dem Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments noch enger zusammenarbeitet und
dass an diesen gerichtete, die deutsche Kinder- und Jugendhilfe betreffende Anfragen zügig zur Untersuchung und Stellungnahme an die Bundesregierung weitergeleitet werden. Im Nachgang des Treffens wurden dem Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments zudem detaillierte Informationen zur Rechtsaufsicht über deutsche Jugendämter und die Einlegung von Rechtsbehelfen bei deutschen Gerichten übermittelt. Während des Delegationsbesuchs gelangte die Mehrheit der Delegationsteilnehmerinnen und -teilnehmer des Petitionsausschusses des Europäischen Parlaments zur Überzeugung, dass es die behauptete Diskriminierung in Deutschland nicht gibt.
Darüber hinaus hat die Bundesregierung bereits mehrfach, zuletzt in einem umfassenden Schreiben der Parlamentarischen Staatssekretärin Caren Marks an die Vorsitzende des Petitionsausschusses des Europäischen Parlaments von Februar 2017, die Fragen des Petitionsausschusses zur deutschen Rechtslage beantwortet.
5. Hat die Bundesregierung Kenntnis, welche Jugendämter von den Vorwürfen betroffen sind?
a) Wenn ja, gibt es Jugendämter, die mehrfach vom Vorwurf der Diskriminierung betroffen sind?
b) Wenn nein, welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um diese Kenntnis zu erlangen?
Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. Maßnahmen, um entsprechende Kenntnisse zu erlangen, plant die Bundesregierung nicht.
6. Welche gesetzlichen Vorschriften sind nach Auffassung der Bundesregierung einschlägig im Zusammenhang mit dem Einsatz von Dolmetschern und Übersetzern im Rahmen von grenzüberschreitenden Familienstreitigkeiten?
Für die Zustellung von Schriftstücken in familienrechtlichen Verfahren, die in einem EU-Mitgliedstaat geführt werden, in einem anderen EU-Mitgliedstaat gilt die Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Rates vom 13. November 2007
über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil-oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates (im Folgenden: Zustellungsverordnung).
In Anwendung von Artikel 8 Absatz 1 dieser Verordnung können in einem anderen EU-Mitgliedstaat ansässige nicht deutschsprachige Empfängerinnen und Empfänger die Annahme des zuzustellenden in deutscher Sprache abgefassten Schriftstücks bei der Zustellung verweigern oder das Schriftstück binnen einer Woche zurücksenden, wenn dem Schriftstück keine Übersetzung in die Amtssprache des Empfangsmitgliedstaates oder in eine Sprache, die die Empfängerin oder der Empfänger versteht, beigefügt ist. Über das Annahmeverweigerungsrecht ist der Empfänger durch Verwendung eines in der Verordnung vorgesehenen mehrsprachigen Formblatts zu belehren.
Auch für Gerichtsverfahren in grenzüberschreitenden Familienstreitigkeiten gilt: Die Gerichtssprache ist nach § 184 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) Deutsch. Zur Gewährleistung eines fairen rechtsstaatlichen Verfahrens
und des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist jedoch in § 185 Absatz 1 Satz 1 GVG bestimmt, dass für die mündliche Verhandlung eine Dolmetscherin oder ein Dolmetscher hinzuzuziehen ist, wenn unter Beteiligung von Personen verhandelt wird, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind. Bei hinreichender Sprachkenntnis aller Beteiligten kann nach § 185 Absatz 2 GVG in fremder Sprache verhandelt werden. Darüber hinaus kann in Familiensachen nach § 185 Absatz 3 GVG auf die Sprachmittlung verzichtet werden, wenn der Richter oder die Richterin der Sprache mächtig ist, in der sich die beteiligten Personen erklären. Die Dolmetscherin oder der Dolmetscher ist gemäß § 189 Absatz 1 GVG zu vereidigen. In Familiensachen kann das Gericht gemäß § 189 Absatz 3 GVG auf eine Vereidigung verzichten, wenn die beteiligten Personen darauf verzichten. Nach § 191 GVG sind auf die Dolmetscherin oder den Dolmetscher
die Vorschriften über Ausschließung und Ablehnung von Sachverständigen (§ 30 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit – FamFG – i. V. m. § 406 Absatz 1 der Zivilprozessordnung) entsprechend anzuwenden. Die Vergütung der vom Gericht herangezogenen Dolmetscherinnen und Dolmetscher ist im Justizvergütungs- und – entschädigungsgesetz (JVEG) geregelt, § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 JVEG.
7. Wie bewertet die Bundesregierung den Vorwurf der Petenten, Dokumente, die von den zuständigen deutschen Behörden übermittelt wurden, seien nicht in der Sprache des nichtdeutschen Petenten zugestellt worden?
Auf die Antwort zu Frage 6 wird verwiesen.
8. Wie bewertet die Bundesregierung den Vorwurf der Petenten, bei grenzüberschreitenden Familienstreitigkeiten werde der Schutz des Kindeswohls von den zuständigen deutschen Behörden systematisch so ausgelegt, dass sichergestellt werden müsse, dass die Kinder im deutschen Hoheitsgebiet verbleiben, auch wenn Missbrauch und häusliche Gewalt gegen den nichtdeutschen Elternteil gemeldet wurden?
Wenn ein Paar, das ein gemeinsames Kind hat, sich trennt, stellt sich regelmäßig die Frage, wie die Eltern künftig ihre elterliche Verantwortung für das Kind ausüben wollen. Meistens üben die Eltern die elterliche Sorge gemeinsam aus.
Sie können dann auch nur gemeinsam entscheiden, wo ein Kind nach der Trennung leben soll. Wenn ein Elternteil nach der Trennung mit dem Kind in ein anderes Land ziehen möchte, ist dies bei gemeinsamer Sorge nur mit Zustimmung des anderen Elternteils möglich. Falls sich die Eltern nicht einigen können, bei welchem Elternteil der Lebensmittelpunkt des Kindes sein soll, kann jeder Elternteil beim Familiengericht beantragen, ihm die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge – etwa das Aufenthaltsbestimmungsrecht – allein zu übertragen. Zuständig ist nach der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 (Brüssel IIa-Verordnung) ein Gericht des Staates, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
Das Familiengericht gibt – wenn deutsches Recht anzuwenden ist – einem solchen Antrag statt, wenn zu erwarten ist, dass zum einen die Aufhebung der gesamten oder eines Teils der gemeinsamen Sorge und zum anderen die (Teil-)Übertragung auf die Antragstellerin oder den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht. Ob eine Aufhebung der gemeinsamen Sorge dem Wohl des Kindes am besten entspricht, hängt maßgeblich von der Konsens- und Kooperationsbereitschaft der Eltern ab. Dabei kommt es maßgeblich darauf an, welche Auswirkungen die mangelnde Einigungsfähigkeit der Eltern bei einer Gesamtbeurteilung der Verhältnisse auf die Entwicklung und das Wohl des Kindes haben wird. Können sich die Eltern nicht über den Lebensmittelpunkt des Kindes einigen, wird über die gemeinsame elterliche Sorge zumindest bezüglich des Rechts zur Aufenthaltsbestimmung durch ein Gericht zu entscheiden sein.
Hat das Gericht z. B. festgestellt, dass die Aufhebung oder Teilübertragung der gemeinsamen Sorge das Beste für das Kindeswohl ist, schließt sich die Prüfung an, ob die entsprechende Übertragung auf den jeweiligen Antragstellenden dem Wohl des Kindes am besten entspricht. In diese Prüfung bezieht die Rechtsprechung verschiedene sog. Sorgerechtskriterien ein, u. a. den Gesichtspunkt der Kontinuität der Lebensverhältnisse, den Förderungsgrundsatz sowie die Bindungen des Kindes und dessen Willen. Auch dem etwaigen Vorwurf der Gewalt eines Elternteils gegen den anderen oder gegenüber dem Kind hat das Gericht nachzugehen und berücksichtigt das Ergebnis im Rahmen der Prüfung, ob die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl weiterhin am besten entspricht.
Bei der Entscheidung, welchem Elternteil das Recht zugesprochen wird, den Aufenthalt des Kindes zu bestimmen, kommt es nicht darauf an, warum ein Elternteil mit dem Kind ausreisen möchte, sondern ausschließlich auf das Kindeswohl (Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28.04.2010 – XII ZB 81/09). Die Entscheidung des Familiengerichts ist nicht durch tatsächliche oder rechtliche Vermutungen eingeengt, die im Zweifelsfall den Ausschlag für oder gegen eine
Auswanderung mit dem Kind geben könnten. Vielmehr ist die Entscheidung stets aufgrund einer umfassenden Abwägung des Einzelfalls zu treffen. Zu fragen ist, ob die Auswanderung oder der Verbleib des Kindes im Inland die für das Kindeswohl bessere Lösung ist. Dementsprechend gibt es sowohl Entscheidungen von Familiengerichten, die dem ausreisewilligen Elternteil das Aufenthaltsbestimmungsrecht zusprechen, als auch Entscheidungen, die dem bleibewilligen Elternteil das Aufenthaltsbestimmungsrecht zusprechen (Beispiele für Aufenthaltsbestimmungsrecht für den ausreisewilligen Elternteil: OLG Köln, Beschluss vom 04.11.2015, II-10 UF 123/15; KG Berlin, 13 UF 106/08, Beschluss vom 06.08.2009; Brandenburgisches Oberlandesgericht, 10 UF 194/13, Beschluss vom 08.12.2014; OLG Hamm, II-8 UF 237/10, 8 UF 237/10, Beschluss vom 04.04.2011; KG Berlin, 3 UF 201/10, Beschluss vom 09.02.2011; OLG Karlsruhe, 2 UF 88/08, Beschluss vom 27.11.2008; OLG Köln, 4 UF 209/04, Beschluss vom 18.01.2006; OLG
Zweibrücken, 5 UF 47/04, Beschluss vom 13.07.2004). Die Staatsangehörigkeit der Elternteile und des Kindes ist dabei nicht entscheidend.
9. In welcher Weise stellt die Bundesregierung sicher, dass die Vorschriften der Brüssel-IIa-Verordnung von den zuständigen Behörden eingehalten werden und Entscheidungen und Urteile aus anderen Mitgliedstaaten gegenseitig anerkannt werden?
Bei der sogenannten Brüssel-2a-Verordnung handelt es sich um eine Verordnung im Sinne von Artikel 288 Absatz 2 des Vertrages über die Arbeitsweise
der Europäischen Union (AEUV), die allgemeine Geltung hat, in all ihren Teilen verbindlich ist und unmittelbar in jedem Mitgliedstaat gilt. Ihre Umsetzung in nationales Recht ist weder erforderlich noch zulässig. Trotz dieser unmittelbaren Geltung bedürfen die Regelungen der Brüssel IIa-Verordnung zur Durchführung in einzelnen Punkten ergänzender innerstaatlicher Regelungen. Diese finden sich im Internationalen Familienrechtsverfahrensgesetz (IntFamRVG).
Artikel 21 Absatz 1 der Brüssel-2a-Verordnung bestimmt, dass die in einem Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen in den anderen Mitgliedstaaten anerkannt werden, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf. Die
Gründe, aus denen die Anerkennung einer solchen Entscheidung in einem anderen Mitgliedstaat versagt werden kann, sind abschließend in Artikel 23 der Brüssel-2a-Verordnung geregelt. Die Einhaltung dieser Vorschriften obliegt den
sie anwendenden Gerichten und Behörden. Jeder Partei, die ein Interesse hat, steht es jedoch frei, gemäß Artikel 21 Absatz 3 der Brüssel-2a-Verordnung eine gerichtliche Entscheidung über die Anerkennung der Entscheidung zu beantragen.
Nach dem Verfassungsgefüge des Grundgesetzes ist es ist nicht Aufgabe der Bundesregierung, die Einhaltung der Vorschriften der Brüssel-2a-Verordnung durch die der Rechtsaufsicht der Länder unterstehenden Jugendämter und durch die in richterlicher Unabhängigkeit entscheidenden Familiengerichte sicherzustellen. Allerdings stellt das Bundesamt für Justiz als Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz in seiner Eigenschaft als deutsche Zentrale Behörde nach der Brüssel-2a-Verordnung umfangreiche Beratung für zuständige deutsche Stellen (Gerichte und Behörden) sowie für die Rechtsanwaltschaft und Betroffene zur Verfügung. Zudem sind vielfältige und umfangreiche Informationsmaterialien in Form von Broschüren auch im Internet (www.bundesjustizamt.de/sorgerecht) erhältlich.
Das Bundesamt für Justiz veranstaltet weiterhin speziell zu Fragen der Brüssel-2a-Verordnung zweimal jährlich eigene Seminare für die nach dem IntFamRVG für die fakultativen Anerkennungsverfahren zuständigen deutschen Familienrichterinnen und Familienrichter und nimmt regelmäßig an zahlreichen weiteren Veranstaltungen zu diesem Thema teil.
10. Hat die Bundesregierung Kenntnis von Fällen, in denen nichtdeutsche Elternteile im Falle des begleiteten Umgangs die offizielle Praxis des Jugendamtes, bei Gesprächen mit ihren Kindern deutsch zu sprechen, nicht eingehalten haben, und dass dies dazu geführt hat, dass die Gespräche unterbrochen wurden und eine Kontaktsperre zwischen den nichtdeutschen Eltern und ihren Kindern verhängt wurde?
Der Bundesregierung ist in Zusammenhang mit einem polnischen Elternteil ein problematischer Einzelfall bekannt, der über zehn Jahre zurückliegt. Hinweise darauf, dass die deutschen Jugendämter strukturell diskriminierend den Umgangskontakt in der Muttersprache eines nicht-deutschen Elternteils oder den Einsatz von Dolmetscherinnen und Dolmetschern verwehren, liegen demgegenüber nicht vor. Im Gegenteil ermöglicht das Jugendamt im Rahmen begleiteten Umgangs mit einem nicht-deutschen Elternteil grundsätzlich die Verwendung einer gemeinsamen Muttersprache. Es bemüht sich um Hinzuziehung einer Dolmetscherin oder eines Dolmetschers, wenn es unter Kindeswohlgesichtspunkten erforderlich ist, dass das Jugendamt den Inhalt der Gespräche versteht (z. B. wenn der begründete Verdacht einer geplanten Kindesentführung ins Ausland besteht). Im Übrigen steht betroffenen Familien oder Elternteilen im Einzelfall der Rechtsweg offen.
11. Hat die Bundesregierung statistische Daten über die Zahl der Fälle in Deutschland, in denen die Rechtsprechung nicht den Empfehlungen des Jugendamtes entsprach, erhoben, sowie über die Ergebnisse von Familienstreitigkeiten, an denen Kinder binationaler Paare beteiligt waren?
a) Wenn ja, wurden diese Daten öffentlich zugänglich gemacht?
b) Wenn nein, warum nicht?
Entsprechende Zahlen werden nicht erhoben.
12. Bedarf es nach Ansicht der Bundesregierung der Einführung, Änderung oder Ergänzung der Vorschriften für Verfahren in grenzüberschreitendenden familienrechtlichen Streitigkeiten, um sicherzustellen, dass auch
nicht-deutschsprachige Elternteile in vollem Umfang dem Verfahren folgen und ihre Ansprüche geltend machen können?
Weil das Verfahren in Familiensachen gewährleistet, dass auch nicht- www.bundesjustizamt.de/sorgerecht deutschsprachige Elternteile in vollem Umfang dem Verfahren folgen und ihre Rechte geltend machen können, ist die Frage zu verneinen.
Für die Zustellung von Schriftstücken an ein in einem anderen EU-Mitgliedstaat ansässiges am Verfahren beteiligtes Elternteil gilt die Zustellungsverordnung. Danach hat dieses Elternteil, wenn es die deutsche Sprache nicht versteht, das Recht, die Annahme von in deutscher Sprache abgefassten zuzustellenden Schriftstücken zu verweigern, wenn diesen keine Übersetzung in die Amtssprache des Empfangsmitgliedstaates oder in eine Sprache, die es
versteht, beigefügt ist. Auf die Antwort zu Frage 6 wird Bezug genommen.
Nach §§ 26, 29 FamFG hat das Familiengericht den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln und die geeigneten Beweise zu erheben. Um sicherzustellen, dass nicht-deutschsprachige Eltern dem Verfahren folgen und sich verständlich machen können, ist nach Maßgabe des § 185 Absatz 1 GVG eine Dolmetscherin oder ein Dolmetscher hinzuzuziehen. Auf die Antwort zu Frage Nr. 6 wird insoweit Bezug genommen. Das Gericht hört im Rahmen des Verfahrens in der Regel die Eltern (§ 160 FamFG), das Kind (§ 159 FamFG) und das Jugendamt
(§ 162 FamFG) an. Will das Gericht seine Entscheidung auf Erkenntnisse aus der Stellungnahme des Jugendamts oder dem Sachverständigengutachten stützen, so müssen die Beteiligten nach § 32 Absatz 2 FamFG zuvor Gelegenheit gehabt haben, sich hierzu zu äußern.
13. Sieht die Bundesregierung mit der Einrichtung der Zentralen Anlaufstelle für grenzüberschreitende Kindschaftskonflikte die Forderung des Europäischen Parlaments nach der Einrichtung einer Plattform zur Unterstützung von EU-Ausländern in Familienverfahren als erfüllt an?
Die im November 2011 durch das BMFSFJ, das Auswärtige Amt, das BMJV, das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat und die Innenministerkonferenz bei dem Internationalen Sozialdienst im Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge e. V. (ISD) eingerichtete Zentrale Anlaufstelle für grenzüberschreitende Kindschaftskonflikte (ZAnK) hat die Aufgabe, betroffenen Eltern im Sinne einer Lotsenfunktion beratend und unterstützend zur Seite zu stehen und ihnen die im jeweiligen Fall bestehenden rechtlichen und sonstigen Möglichkeiten (z. B. Mediation) aufzuzeigen, kulturelle Besonderheiten darzustellen und weitere Kontakte zu vermitteln. ZAnK verweist im Rahmen der Beratung auch an andere Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner und stellt – wenn möglich und nötig – Kontakte ins Ausland her. In der Beratung steht die Deeskalation des Konflikts im Vordergrund. Zentraler Bezugspunkt der Beratung ist das Kindeswohl. Darüber hinaus bietet ZAnK Materialien und Fortbildungsveranstaltungen für mit der grenzüberschreitenden Fallarbeit betraute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Jugendämtern an. Im Jahr 2013 hat der ISD die ZAnK-Internetseite darüber hinaus um eine eigene Seite für Kinder
und Jugendliche erweitert, damit diese sich auch eigenständig u. a. über den Ablauf des familiengerichtlichen Verfahrens und Kinderrechte informieren können und damit die Möglichkeit haben und besser befähigt werden, eigene Wünsche und Vorstellungen zu äußern. ZAnK arbeitet kindeswohlorientiert, neutral und kostenfrei.
Der Forderung des Europäischen Parlamentes nach der Einrichtung einer Plattform zur Unterstützung von EU-Ausländerinnen und EU-Ausländern in Familienverfahren wird vor diesem Hintergrund ausreichend Rechnung getragen.
14. Wenn nein, beabsichtigt die Bundesregierung, den Vorschlag des Europäischen Parlaments, die Einrichtung einer Plattform zur Unterstützung von EU-Ausländern in Familienverfahren mitzufinanzieren und zu fördern, umzusetzen?
a) Wenn ja, bis wann?
b) Wenn nein, warum nicht?
Auf die Antwort zu Frage 13 wird verwiesen.
15. Welche Anzahl an Eltern und Kindern war jeweils in den Jahren 2015, 2016, 2017, 2018 und 2019 in Deutschland von grenzüberschreitenden Familienkonflikten betroffen?
Entsprechende Zahlen werden nicht erhoben.
16. Von wie vielen Eltern oder Elternteilen wurde die Zentrale Anlaufstelle seit ihrer Einrichtung im Jahre 2011 aufgrund von grenzüberschreitenden Familienkonflikten in Anspruch genommen (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? Zahlen zur Inanspruchnahme der ZAnK können der nachfolgenden tabellarischen Darstellung entnommen werden:
Darüber hinaus berät die ZAnK auch Fachkräfte, die mit Privatpersonen arbeiten, so dass die Gesamtzahl der Beratungen über diesen Zahlen liegt.
17. Ist nach Kenntnis der Bundesregierung seit der Einrichtung der Zentralen Anlaufstelle für grenzüberschreitende Kindschaftskonflikte ein Rückgang der Petitionen, in denen in grenzüberschreitenden Familienstreitigkeiten den deutschen Jugendämtern eine systematische Diskriminierung vorgeworfen wird, zu verzeichnen?
Der Bundesregierung liegen hierzu keine Informationen vor.
18. Welche Kosten sind seit Bestehen der Zentralen Anlaufstelle jeweils jährlich für diese angefallen?
Der Internationale Sozialdienst (ISD) im Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge e. V. wurde im Jahr 2011 in alleiniger Trägerschaft mit der Funktion der ZAnK betraut. Der Deutsche Verein hat die Wahrnehmung dieses Mandats ohne zusätzliche Mittel übernommen und in sein Arbeitsfeld I (ISD) integriert. Die Aufgabe wird im Rahmen der Gesamtförderung des Deutschen Vereins mitfinanziert.
19. Hat die Bundesregierung Kenntnis, ob die Länder Schulungen anbieten und den internationalen Austausch der im Bereich der sozialen Dienste beschäftigten Beamten fördern?
Die Bundesregierung hat hierüber keine Kenntnis.
Drucksache 19/17010 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de
Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de
ISSN 0722-8333
https://dserver.bundestag.de/btd/19/170/1917010.pdf
SORGERECHT
: EU-Parlament irritiert über deutsche Jugendämter
VON KATRIN HUMMEL-AKTUALISIERT AM 24.11.2011-10:48
Der Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments ist irritiert über Deutschlands Umgang mit einigen strittigen Sorgerechtsfällen
DER PETITIONSAUSSCHUSS DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS IST IRRITIERT ÜBER DEUTSCHLANDS UMGANG MIT EINIGEN STRITTIGEN SORGERECHTSFÄLLEN:Bild: ©Helmut Fricke
Deutschland muss sich in Sachen Sorgerecht auf die Finger schauen lassen. Der Petitionsausschuss des Europaparlaments ist nach Berlin gereist, um dies zu tun.
Der Petitionsausschuss des Europaparlaments ist der Auffassung, dass die Bundesrepublik Deutschland die Menschenrechte missachtet hat, indem die Organe des Staates zugelassen haben, dass einige von ihren Kindern getrennt lebende Väter und Mütter keinen Umgang mehr mit ihren Kindern haben. „Wir haben den Eindruck, dass es sich hier um ein wiederkehrendes und strukturelles Problem handelt, dem niemand wirklich zu Leibe rücken möchte. Man steckt lieber den Kopf in den Sand. Das finden wir unmöglich und schockierend“, sagt Philippe Boulland, Leiter einer Arbeitsgruppe im Petitionsausschuss, die sich mit dem Thema Jugendämter befasst, und Abgeordneter der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP).
Dem Ausschuss lägen 120 Petitionen vor, in denen das Verhalten deutscher Jugendämter angeprangert werde. Daher wird an diesem Donnerstag eine Delegation des EU-Parlaments Vertretern aus Familien- und Justizministerium mehrere Fälle präsentieren, in denen ein vom Staat geduldetes Fehlverhalten deutscher Jugendämter nach Meinung des Petitionsausschusses wahrscheinlich ist. Zwar sei das Familienrecht nationales Recht, doch könne das EU-Parlament tätig werden, wenn durch Familienrechtsprechung Menschenrechte verletzt würden.
Der Petitionsausschuss vermutet aufgrund der Unterlagen, die ihm vorliegen, dass der deutsche Staat einigen Eltern einen gerechten Prozess verweigert hat. Andere Eltern hätten Dokumente, die für ihren Gerichtsprozess wichtig gewesen seien, nicht einsehen können. Mehrere Verstöße gegen die Europäische Menschenrechtskonvention, die UN-Kinderrechtskonvention und die Charta der Grundrechte der Europäischen Union seien wahrscheinlich. Ursache dafür seien Fehler der Jugendämter, die sich über Anweisungen von Familienrichtern hinweggesetzt hätten oder andere Fehler gemacht hätten, die von keiner übergeordneten Instanz bemerkt oder unterbunden worden seien.
Ziel der Gespräche sei es, den Petenten inhaltlich zu helfen. Außerdem solle Druck auf Deutschland ausgeübt werden. Es gebe Fälle, in denen Väter oder Mütter ihre Kinder fünf oder zehn Jahre lang nicht gesehen hätten, obwohl sie alles versucht hätten, um mit ihnen in Kontakt zu treten. Dies ist nicht der erste Vorstoß des EU-Parlaments. Vor vier Jahren ist schon einmal eine Delegation nach Deutschland gereist, um die Willkür der deutschen Behörden und die daraus resultierende Machtlosigkeit mancher Eltern anzuprangern. „Auf unsere damalige Intervention hat Deutschland nicht reagiert. Wir finden das nicht normal“, sagt Boulland.
Quelle: F.A.Z.
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SORGERECHT
: Der entsorgte Vater
VON KATRIN HUMMEL-AKTUALISIERT AM 15.06.2010-13:18
Verwaiste Spielecke: In seiner Wohnung bewahrt Volker Bode Spielsachen für seinen Sohn auf
VERWAISTE SPIELECKE: IN SEINER WOHNUNG BEWAHRT VOLKER BODE SPIELSACHEN FÜR SEINEN SOHN AUF:Bild: Verena Müller
Weil Dominiks Mutter nicht will, dass ihr Sohn seinen Vater sieht, wächst der sechs Jahre alte Junge ohne ihn auf. Vielen Kindern in Deutschland geht es so wie ihm - die Justizministerin muss nun handeln.
Volker Bode (alle Namen wurden geändert) hat einen sechsjährigen Sohn, den er seit dessen Geburt nicht öfter als zwei Dutzend Mal gesehen hat. Die Geschichte seiner „Familie“ beginnt vor sieben Jahren: Bode hat gerade die Stelle gewechselt, als er Kerstin Prinz in der neuen Firma kennenlernt. Nach drei Monaten sind Bode und Prinz ein Paar, nach fünf Monaten reisen sie zusammen nach Neuseeland, dann zeugen sie ganz bewusst ein Kind.
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FEINDBILD VATER : Das entfremdete Kind
VON KATRIN HUMMEL-AKTUALISIERT AM 25.08.2010-11:30
Wenn das Kind nicht zum Vater will, kann das auch an der Mutter liegen
WENN DAS KIND NICHT ZUM VATER WILL, KANN DAS AUCH AN DER MUTTER LIEGEN:Bild: ddp
Weil die Mutter es nicht will, sieht Timo seinen Vater viele Jahre lang nicht. Sie redet ihm ein, dass dieser Mann ein Schuft ist, und er glaubt ihr. Erst mit achtzehn sieht Timo ihn wieder. Und fällt aus allen Wolken: Die Mutter hat ihn angelogen.
Die Eltern von Timo Struve* trennen sich, als er sieben Jahre alt ist. Vorangegangen sind jahrelange Zankereien. Nach einem besonders schlimmen Streit verfrachtet die Mutter ihn und seine jüngere Schwester ins Auto und zieht zu einer Bekannten. Am nächsten Morgen muss Timo, der nichts von der ganzen Aktion geahnt hat, in der neuen Stadt auf eine neue Schule gehen. Die Mutter erklärt Timo, dass sie bald wieder zurück zum Vater gehen werden. Er solle ein bisschen nach ihnen suchen, sich entschuldigen, und dann sei alles wieder gut. Ein paar Wochen später findet der Vater seine Familie tatsächlich. Aber er möchte nicht mehr mit der Mutter zusammenleben.
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DOKUMENTARFILM „DER ENTSORGTE VATER“
: Du wirst deine Kinder nicht mehr sehen
VON KATRIN HUMMEL-AKTUALISIERT AM 28.06.2011-20:03
Regisseur und Produzent Douglas Wolfsperger macht sich auf die letzte Reise zu seiner Tochter
REGISSEUR UND PRODUZENT DOUGLAS WOLFSPERGER MACHT SICH AUF DIE LETZTE REISE ZU SEINER TOCHTER:Bild: obs
Gut eine Million Kinder in Deutschland haben keinen Umgang mit einem Elternteil, weil es der andere nicht will. Wer glaubt, dass dies in unserem Rechtsstaat nicht möglich ist, wird in Wolfspergers Dokumentarfilm „Der entsorgte Vater“ eines Besseren belehrt.
Harald Merker hat seine Töchter seit drei Jahren nicht gesehen. Franzjörg Krieg hat seit über zehn Jahren keinen Kontakt mehr. Und der Filmemacher Douglas Wolfsperger, der in seinem eigenen Film auftritt, kann seine Tochter ebenfalls nicht mehr sehen. Wer glaubt, dass dies in unserem Rechtsstaat nicht möglich ist, wird in Wolfspergers Dokumentarfilm "Der entsorgte Vater" eines Besseren belehrt: Es gibt hierzulande mehr als eine Million Kinder, die keinen Umgang mit ihren Vätern oder Müttern haben, weil der andere Elternteil dies nicht zulassen will oder weil sich ein Gericht gegen diesen Umgang ausgesprochen hat. Es handelt sich wohlgemerkt um Mütter und - vor allem - Väter, die sich nichts haben zuschulden kommen lassen. Ohnmacht verspürt man, wenn man den Protagonisten des Films zuhört, die Sachen sagen wie: "Als das mit der Trennung war . . ., da hat mir meine Ex so richtig taff gesagt: Du wirst deine Kinder nicht mehr sehen. Du wirst unter einer Brücke schlafen und ich mach dich fertig." Der Film zeigt das ganze Elend dieser Väter, er zeigt aber auch, dass der Gesetzgeber nichts oder nicht genug unternimmt, um ihnen zu helfen.
Dass diese in Deutschland gängige Praxis keineswegs in Ordnung ist, hat inzwischen auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte formuliert. Straßburg hat die Bundesrepublik Ende des Jahres 2009 aufgefordert, die Benachteiligung lediger Väter bei der Vergabe des Sorgerechts aufzuheben. Momentan können sie das Sorgerecht für ihr Kind nur bekommen, wenn die Mutter zustimmt. Auch das Bundesverfassungsgericht hat im vergangenen Jahr eine Änderung dieser Praxis angemahnt. Daher wird nun eine Gesetzesänderung zur Gleichstellung lediger Väter in den Fachgremien des Bundestages beraten. Aber dass dabei viel Gutes für die Väter herauskommt, ist nicht abzusehen. Wer sich diesen Film anschaut, wird verstehen, warum es skandalös wäre, wenn die Justizministerin ihre ursprünglich einmal guten Ideen gegen die Opposition nicht durchsetzen könnte.
Der entsorgte Vater: heute 22:45 im Ersten.
Quelle: F.A.Z.
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TRENNUNGSVÄTER
: Weil die Mutter es nicht will
VON KATRIN HUMMEL-AKTUALISIERT AM 02.03.2009-10:20
Douglas Wolfsperger hat seine Erfahrungen in dem Film „Der entsorgte Vater” verarbeitet
DOUGLAS WOLFSPERGER HAT SEINE ERFAHRUNGEN IN DEM FILM „DER ENTSORGTE VATER” VERARBEITET:Bild: Andreas Pein
Wenn es Streit um die Kinder gibt, gucken Trennungsväter oft in die Röhre. Niemand gebietet Müttern Einhalt, die ihre Exmänner entsorgen. Dass ein Vater das alleinige Sorgerecht bekommt, ist unwahrscheinlicher, als dass das Kind im Heim landet.
Douglas Wolfsperger hat eine elfjährige Tochter. Hanna* (* Name geändert) lebt 550 Kilometer von ihm entfernt, und es gab eine Zeit, da durfte er ihr alle drei Monate eine Karte schreiben und zum Geburtstag und zu Weihnachten ein kleines Geschenk übermitteln. Hannas Mutter war damals verpflichtet, ihm ebenso oft ein aktuelles Foto von Hanna zu schicken. Inzwischen ist auch das vorbei. Hanna ist aus dem Leben ihres Vaters gelöscht worden. Es ist so, als gebe es sie nicht. Warum? Weil ihre Mutter es so wollte. Und das kam so:
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2.2 Online-Artikel zur Kritik an der deutschen Klassenjustiz und der Ungleichbehandlung von Armen und Reichen Menschen
ARD Story: Arm und Reich vor Gericht
Wie gerecht ist unsere Strafjustiz?
ARD Story: Arm und Reich vor Gericht | Video verfügbar bis 06.06.2025 | Bild: NDR
Patrick H. sitzt in seiner Zelle in der JVA Berlin-Plötzensee und erzählt von dem Tag, den er wohl nie vergessen wird: Als die Polizei gegen seine Tür hämmert, ihn verhaftet und ins Gefängnis bringt. Dabei wurde Patrick H. nie zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Er konnte lediglich seine Geldstrafe nicht zahlen. Und der 28-Jährige ist damit nicht allein: Mehrere Tausend Menschen in Deutschland erleben jedes Jahr das Gleiche. Viele von ihnen haben nicht einmal vor Gericht gestanden. Sie alle haben eines gemeinsam: Sie sind arm. Ist das Zufall? Oder haben es Menschen mit mehr Geld im deutschen Justizsystem leichter?
Wer kein Geld für einen Anwalt hat, steht im Zweifel ohne Verteidigung vor Gericht. Denn Pflichtverteidiger werden schätzungsweise nur in zehn Prozent der Fälle eingesetzt, wenn eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr im Raum steht und in einigen Ausnahmefällen.
Haben es Menschen mit mehr Geld im deutschen Justizsystem leichter?
Ein Wachturm der JVA Berlin-Plötzensee. Hier sind rund 250 Gefangene eingesperrt, die nie zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden sind.Ein Wachturm der JVA Berlin-Plötzensee. Hier sind rund 250 Gefangene eingesperrt, die nie zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden sind. | Bild: NDR / Alex Grantl
Wer genug Geld für seine Verteidigung ausgeben kann, sucht sich Anwälte wie Nikolaos Gazeas. Seine Kanzlei in Köln zählt zu den Topadressen für Wirtschaftsstrafrecht in Deutschland. Kanzleien dieser Art verlangen Stundensätze um die 400 Euro. Gazeas hat Beschuldigte in Cum-Ex-Strafverfahren vertreten und die Verteidigung im Schmiergeldprozess um ehemalige Siemens-Manager koordiniert. Er schätzt: 80 Prozent seiner Fälle werden entweder eingestellt oder enden mit einem Freispruch. "Mehr Geld gleich bessere Verteidigung gleich bessere Chancen vor Gericht, das ist in vielen Fällen leider zutreffend."
Die "ARD Story" hat sich umgesehen in deutschen Gerichtssälen und Gefängnissen, spricht mit Gefangenen, Verurteilten und Beschuldigten, mit Richterinnen, Staatsanwälten und dem Leiter eines Gefängnisses. Das Reportageteam konfrontierte auch Bundesjustizminister Marco Buschmann mit der Frage, wie er die deutsche Strafjustiz gerechter machen will und ob seine Reformvorschläge dafür ausreichen.
https://www.daserste.de/
„ARD-Story: Arm und Reich vor Gericht“ (Das Erste): Urteilsfindung im Schnelldurchlauf
Erstellt: 06.06.2023, 10:19 Uhr
Von: Harald Keller
ARD/NDR ARD STORY: ARM UND REICH VOR GERICHT, „Wie gerecht ist unsere Strafjustiz?“, am Dienstag (06.06.23) um 22.50 Uhr im ERSTEN. Ein Wachturm der JVA Berlin-Plötzensee. Hier sind rund 250 Gefangene eingesperrt, die nie zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden sind.
Ein Wachturm der JVA Berlin-Plötzensee. Hier sind rund 250 Gefangene eingesperrt, die nie zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden sind. © NDR/Alex Grantl
Die ARD-Reportage „Arm und Reich vor Gericht“ berichtet über bedenkliche Praktiken in der deutschen Justiz.
Frankfurt - Es kann nicht schaden, über diese Dinge Bescheid zu wissen. Worum es sich bei einem Strafbefehl handelt und dass man besser flott reagiert, wenn einem so ein Schreiben ins Haus flattert. Großer Vergehen bedarf es dazu nicht. Ein paar unbezahlte Bußgelder für Schwarzfahrten mit der U-Bahn, der Strafbefehl geht an die falsche Adresse, schon ist das Gefängnis unausweichlich.
So geschah es Maik S., wie er einem NDR-Team erzählt. Er wurde wegen mehrfachen Schwarzfahrens in Abwesenheit verurteilt. Die Tagessätze hätte er bezahlen können, war aber aus beruflichen Gründen verzogen, erhielt das Schreiben nicht, konnte binnen der nur vierzehntägigen Frist keinen Widerspruch einlegen. Jetzt bewohnt er eine Zelle in der Justizvollzugsanstalt Plötzensee und hat seine feste Stellung verloren. Eher Desozialierung als Resozialisierung.
Kostenträchtige Rechtspraxis
Für solche Fälle gibt es sogenannte Bereitschaftsgerichte, die „einfach gelagerte Fälle“ abarbeiten. Urteile werden im Schnelldurchgang gefällt. Gerade mal fünfzehn Minuten werden für jede Verhandlung veranschlagt. Die Berliner Richterin Anja Grund bezweifelt, dass man den Delinquenten gerecht werden kann: „Es ist ein Massengeschäft.“
Andere Fälle werden gar nicht erst im Gerichtssaal, sondern nach Aktenlage entschieden. Das Autorenteam des Beitrags „Arm und Reich vor Gericht“ aus der Reihe „ARD-Story“ erläutert den behördlichen Verlauf: Die Staatsanwaltschaft formuliert einen Strafantrag, eine Richterin oder ein Richter schaut mal drüber, trifft eine Entscheidung und die geht dann in die Post. Die Empfänger werden nicht gehört, haben somit auch nicht die Chance, sich anwaltlich vertreten zu lassen. Was sich die meisten Betroffenen ohnehin nicht leisten können.
Die Berliner Richterin Anja Grund berichtet aus der Praxis. Sie bekommt es vorwiegend mit Drogen- und Alkoholkranken, Rentnern, Obdachlosen zu tun. Der Oberstaatsanwalt Ralph Knispel sieht kein Problem, hält das Verfahren für angemessen, vergleicht es mit einem Steuerbescheid.
So einfach verhält es sich denn doch nicht, wie das Reportertrio Isabel Schneider, Alex Grantl und Klaus-Wilhelm Brandenburg überzeugend belegt. Im Justizbereich spart die jetzige Praxis Zeit für Verhandlungen, Einvernahmen, schriftliche Urteilsbegründungen. Die so eilig verhängten Gefängnisstrafen kosten den Staat, also die Steuerzahlenden, viel Geld.
Schuldig bei Verdacht
Dazu gesellt sich ein rechtsethisches Problem. In diesen Schnellverfahren wird die Schuld nach geringeren Maßstäben bemessen als in einer mündlichen Verhandlung in Anwesenheit des Angeklagten. Lena Dammann, Richterin in Hamburg-St.-Georg, räumt ein, dass anders als dort ein hinreichender Verdacht für eine Verurteilung ausreicht.
Nicht der einzige Aspekt dieser Sachlage, der dem Grundgesetz zu widersprechen scheint. Dort heißt es: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“ Und: „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“
Behinderungen beispielsweise zählen zu den Faktoren, die sich negativ auswirken können, wenn Behördenschreiben nicht entschlüsselt werden können. Ganz anders verhält es sich, wenn wohlhabende Steuersünder oder Betrüger vor Gericht stehen. Dann werden teure Anwälte tätig, mit Gutachtern, Rechercheuren, Expertenwissen. Auch dafür hat das Autorenteam Beispiele gefunden.
Gerecht und kostensparend
Im Vergleich mit ähnlichen Reportagen zeichnet diesen Beitrag aus, dass das Autorenteam über das einzelne Schicksal hinausblickt und kritische Punkte verständlich herausarbeitet. Konträr und ausgewogen, indem das Für und Wider angemessen anhand von Fallbeispielen ausgeleuchtet wird. Neben Juristinnen und Juristen kommt eine Sozialarbeiterin zu Wort, der Leiter einer Haftanstalt, eine Kriminologin, Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP). Ergänzend schauen die Autoren in andere Länder, wo es zum Teil besser funktionierende Modelle gibt.
Eine einfache Maßnahme würde eigentlich schon nennenswerte Besserung bringen und den Steuerzahlenden einen Teil der Kosten für vermeidbare Haftaufenthalte ersparen: die Freigabe des öffentlichen Nahverkehrs für Menschen mit geringem Einkommen. (Harald Keller)
„ARD-Story: Arm und Reich vor Gericht“, Dienstag, 6.6.2023, 22:50 Uhr, Das Erste
https://www.fr.de/
2.3 Online-Artikel zur Kritik an der deutschen Justiz und an Juristen in Deutschland
EHEMALIGER AFD-ABGEORDNETER
BGH urteilt: Jens Maier darf nicht mehr als Richter arbeiten
von MDR SACHSEN
Stand: 05. Oktober 2023, 16:56 Uhr
Nach dem Ende seiner Politiklaufbahn bei der AfD wollte der Jurist Jens Maier in die sächsische Justiz zurückkehren. Ein Dienstgericht entschied aber, ihn wegen rassistischer und abwertender Äußerungen in den vorzeitigen Ruhestand zu schicken. Dagegen wehrte sich der Jurist. Doch der Bundesgerichtshof befand am Donnerstag: Maier darf nicht mehr als Richter arbeiten. Das frühere Urteil enthalte keine Rechtsfehler. Maiers Revision wurde abgewiesen.
Jens Maier wartet im Bundesgerichtshof auf den Beginn seiner Verhandlung vor dem Dienstgericht.
Von 2017 bis 2021 saß Jurist Jens Maier für die AfD im Bundestag. Danach wollte er in den Justizdienst zurückkehren. Das BGH bestätigte nun ein früheres Urteil.
Der BGH hat am Donnerstag entschieden, dass der Ex-Bundestagsabgeordnete und Richter jens Maier vorzeitig in den Ruhestand geschickt werden darf.
Bereits 2022 hatte das Landgericht Leipzig ein erstes Urteil in der Sache gesprochen.
In einem zweiten Verfahren muss das Landgericht entscheiden, ob Maier seine Ruhestandsbezüge als Beamter verliert.
Der frühere AfD-Bundestagsabgeordnete und Richter Jens Maier wird vorzeitig in den Ruhestand versetzt. Das teilte der Bundesgerichtshof (BGH) am Donnerstag in Karlsruhe mit. Damit bestätigten die Richter ein älteres Urteil des Landgerichts Leipzigs. Es enthalte keine Rechtsfehler, befand der BGH jetzt (Az.: RiZ (R) 1/23).
Die Leipziger Richter hatten im Dezember 2022 entschieden, dass Maier nicht mehr auf die Richterbank zurückkehren darf. Dagegen hatte der AfD-Politiker Revision eingelegt.
Reaktionen aus der Politik: "Ein guter Tag für den Rechtsstaat"
Mehrere Parteien zeigten sich mit dem Urteil zufrieden. "Ein guter Tag für den Rechtsstaat", sagt die Vize-Vorsitzende der SPD-Fraktion im sächsischen Landtag, Hanka Kliese. "Es zeigt, dass wirksame Mittel zum Schutz des Rechtsstaates gegen Verfassungsfeinde existieren und erfolgreich zur Anwendung kommen."
Laut dem rechtspolitischen Sprecher der sächsischen Grünen-Fraktion, Valentin Lippmann, sei die Entscheidung ein wichtiges Signal. "Menschenverachtende, rassistische und abwertende Äußerungen auch außerhalb des Richterdienstes entziehen Richterinnen und Richtern das Vertrauen der Öffentlichkeit in faire Verfahren", sagt Lippmann.
Die sächsische Justizministerin Katja Meier (Grüne) bezeichnet das Urteil in einer Stellungnahme als wegweisend. "Das kostbare Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Justiz und in den Rechtsstaat wird durch diese Entscheidung des Bundesgerichtshofs bestätigt und gestärkt", sagt sie.
Das kostbare Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Justiz und in den Rechtsstaat wird durch diese Entscheidung des Bundesgerichtshofs bestätigt und gestärkt.
Katja Meier (Grüne) Sächsische Justizministerin
Das Dienstgericht beim Bundesgerichtshof Jan Gericke, Marion Harsdorf-Gebhardt, Rüdiger Pamp, Eva Menges und Claudia Fischer, eröffnet eine Verhandlung.
Der BGH sah es als erwiesen an, dass das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Unabhängigkeit Maiers sehr beeinträchtigt sei.
Sachsen: Ansehen der Justiz steht auf dem Spiel
Am Verhandlungstag in Karlsruhe argumentierten Vertreter des Landes Sachsen, dass Maiers richterlichen Pflichten und Rechte als Bundestagsabgeordneter der AfD zwar geruht hätten, aber nicht beendet gewesen seien. Die Allgemeinheit müsse darauf vertrauen können, dass Richter dem Gesetz verpflichtet seien. Vor Gericht äußerte sich Maier auch selbst. Er könne zwischen seiner politischen Auffassung und dem Richteramt differenzieren, sagte er. Zudem beklagte er, dass die AfD "ständig mit Dreck beworfen" werde.
Das Dienstgericht des Bundes ist ein Spezialsenat des Bundesgerichtshofs. Laut einem BGH-Sprecher werde es nicht häufig angerufen. Eine Entscheidung nach § 31 des Richtergesetzes zu einer Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand wegen schwerer Beeinträchtigung der Rechtspflege habe es erst ein einziges Mal im Jahr 1995 gegeben. Ein Richter wurde damals aufgrund von Kontakten zum sogenannten "Rotlichtmilieu" in den Ruhestand versetzt.
Gericht prüfte frühere Aussagen Maiers
Jens Maier war von 2017 bis 2021 Bundestagsabgeordnete für die AfD, zuvor arbeitete der aus Bremen stammende Maier als Richter am Landgericht Dresden. Bei der Bundestagswahl 2021 verlor er sein Mandat und wollte anschließend seinen früheren Justizdienst wieder aufnehmen. Ihm wurde zunächst das Amtsgericht Dippoldiswalde zugeteilt.
Das sächsische Justizministerium beantragte später beim Dienstgericht eine Versetzung Maiers in den Ruhestand. Bei der Verhandlung standen frühere Aussagen des Ex-AfD-Politikers, der vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft wird, im Fokus. So hatte Maier 2017 in einem Facebook-Post dazu aufgerufen, die ZDF-Moderatorin Marietta Slomka "zu entsorgen". Eine mutmaßlich muslimische Fußgängerin bezeichnete er als "Gesindel".
Tweet über "AfD-Richter"
Besonders schwerwiegend bewertete das Dienstgericht ein Posting auf der Plattform X (früher Twitter) vom März 2019. Darin war zu lesen: "Wenn Angeklagte 'AfD-Richter' fürchten, haben wir alles richtig gemacht." Nach Ansicht des Gerichts habe Maier hier seine eigene Rolle als Richter zum Gegenstand gemacht und den Eindruck erweckt, dass solche Richter parteiisch entscheiden würden.
"Mit all diesen Verhaltensweisen und dem verwendeten Vokabular sucht der Antragsgegner zur Überzeugung des Dienstgerichts bewusst die Nähe zu Kreisen, die in der Öffentlichkeit als rechtsextrem wahrgenommen werden", hieß es in der Urteilsbegründung.
Parallel Disziplinarverfahren gegen Maier
Es ist nicht Maiers einzige juristische Auseinandersetzung: Im August 2023 wurde bekannt, dass das sächsische Justizministerium eine Disziplinarklage gegen Maier erhoben hat. Das Landgericht Dresden hatte bereits einige Monate zuvor ein Disziplinarverfahren eröffnet.
Jens Maier, Bundestagsabgeordneter der AfD aus Sachsen, aufgenommen beim Delegiertenparteitag der Alternative für Deutschland (AfD) zur Wahl der Bewerber zur Europawahl 2019.MIT VIDEO
RICHTERTÄTIGKEIT
Justizministerium erhebt Disziplinarklage gegen AfD-Politiker Jens Maier
Dort war es zu dem Schluss gekommen, dass Maier nicht nur in den Ruhestand versetzt werden, sondern aus dem Dienst entfernt werden solle. Wenn sich das zuständige Richterdienstgericht dieser Entscheidung anschließt, würde Maier seine Ruhestandsbezüge als Beamter verlieren.
https://www.mdr.de/
Versetzung in den Ruhestand
Darf AfD-Politiker Maier weiter Richter sein?
Stand: 05.10.2023 08:41 Uhr
Das Richterdienstgericht hatte Ende 2022 geurteilt: Richter Jens Maier wird in den Ruhestand versetzt. Dagegen hat der AfD-Politiker geklagt. Jetzt muss der Bundesgerichtshof entscheiden.
Max Bauer
Von Max Bauer, ARD-Rechtsredaktion und Alena Lagmöller, SWR
Es war ein gezielter Tabubruch, als der AfD-Politiker Björn Höcke im Januar 2017 das Berliner Holocaust-Mahnmal als ein "Denkmal der Schande" und die deutsche Erinnerungskultur als "dämliche Bewältigungspolitik" bezeichnete und eine "erinnerungspolitische Wende um 180 Grad" forderte. Höckes Vorredner war damals Jens Maier, Richter am Landgericht Dresden und AfD-Mitglied. Für ihn sei es "eine große Ehre", neben seiner "Hoffnung" Höcke sitzen zu dürfen, so Maier bei der Veranstaltung in Dresden. "Kleiner Höcke" soll er sich selbst bisweilen genannt haben.
Klar rechtsextreme Wortwahl
In seiner Rede in Dresden 2017 verwendete Maier für die Aufarbeitung der NS-Zeit den Begriff "Schuldkult", unter Neonazis ein geläufiger Begriff. Und es war nicht seine einzige rechtsextreme Aussage. Migration nannte Maier "Herstellung von Mischvölkern". Und über den norwegischen Rechtsterroristen Anders Breivik, der 2011 in Oslo und auf der Insel Utøya 77 Menschen ermordet hatte, sagte er bei anderer Gelegenheit, er sei aus "Verzweiflung" über die Einwanderung von "Kulturfremden" zum Massenmörder geworden. Von 2017 bis 2021 saß Maier für die AfD im Bundestag. Als seine Wiederwahl scheiterte, wollte er zurück in den Richterberuf. Die sächsische Justizministerin und Grünen-Politikerin Katja Meier bejahte zunächst einen Rückkehranspruch, stellte dann aber einen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand. Das sächsische Richterdienstgericht am Landgericht untersagte Maier die Richtertätigkeit und entschied Ende 2022, ihn in den vorzeitigen Ruhestand zu versetzen.
Jens Maier bei einer Kundgebung der sächsischen AfD am 09.12.2018
01.12.2022
Verdacht auf Rechtsextremismus
Wann der Staat Richter entlassen darf
Darf der als rechtsextrem eingestufte AfD-Politiker Maier wieder als Richter in Sachsen arbeiten? mehr
Glaubwürdigkeit und Vertrauen verloren
Das Gericht prüfte, ob das Vertrauen der Öffentlichkeit in Jens Maier als Richter zerstört und er nicht mehr glaubwürdig sei. Im Urteil wurden viele Tweets, Presseberichte und Auftritte bei politischen Veranstaltungen von Maier ausgewertet - also alles, was das Bild von Maier in der Öffentlichkeit bestimmt. Auch seine Mitgliedschaft im offiziell aufgelösten "Flügel" der AfD spielte eine Rolle und dass der sächsische Verfassungsschutz Maier als Rechtsextremisten einstufte. Ganz wesentlich war für das Gericht ein Tweet von Maier aus dem Jahr 2019. Dort schrieb er: "Wenn Angeklagte 'AfD-Richter' fürchten, haben wir alles richtig gemacht." Wegen Aussagen wie dieser ist das Richterdienstgericht zu dem Ergebnis gekommen, dass das Vertrauen in die Justiz großen Schaden nimmt, wenn Maier weiter als Richter arbeiten würde.
Maier sieht sich selbst nicht als Rechtsextremist.
Das sei ein "politischer Kampfbegriff". Er hat gegen diese Bezeichnung im sächsischen Verfassungsschutzbericht geklagt. Und weil das sächsische Justizministerium sich auf den Verfassungsschutz beziehe, müsse das Ergebnis seiner Klage abgewartet werden. Im Übrigen sieht er sich auch gar nicht in der Verantwortung: Die Tweets seien von Mitarbeitern verfasst worden und generell müsse der satirische Ton seiner Äußerungen beachtet werden.
Zwei Verfahren mit unterschiedlicher Stoßrichtung
Der Bundesgerichtshof (BGH), der als oberste Instanz für solche Klagen zuständig ist, muss jetzt klären, ob das Richterdienstgericht richtig entschieden hat. Grundsätzlich gibt es hohe rechtliche Hürden, wenn ein Richter in den Ruhestand versetzt werden soll. Denn die Unabhängigkeit von Richterinnen und Richter ist ein hohes Gut. Außerdem dürfen sie in Deutschland politisch aktiv sein. Sie müssen sich dabei aber mäßigen und es darf keine Zweifel geben, dass sich Richterinnen und Richter bei Ausübung ihres Amtes politisch neutral verhalten. Die Grenze ist dort überschritten, wo ein Richter nicht mehr die Gewähr dafür bietet, seine Entscheidungen verfassungstreu, unparteiisch und ohne Ansehen der Person zu treffen. Der BGH muss nun also die Frage beantworten: Haben Maiers rechtsextreme Äußerungen dazu geführt, dass die Öffentlichkeit kein Vertrauen in seine Amtsführung mehr haben kann? Bisher sind nur zwei Richter aus ähnlichen Gründen in den Ruhestand versetzt worden - einmal ging es um Verstrickungen ins Rotlichtmilieu, einmal um sexualisierte Gewalt an Kindern.
Jens Maier (Aufnahme vom 27. August 2018)
16.08.2023
Sächsisches Justizministerium
Disziplinarklage gegen AfD-Politiker Maier
Dem früheren AfD-Bundestagsabgeordneten und Richter wird die Verletzung von Dienstpflichten vorgeworfen. mdr
Es gibt auch noch ein zweites Verfahren gegen Maier - ein Disziplinarverfahren vor dem Richterdienstgericht in Leipzig. Dort ist die Frage, welche Dienstpflichten er durch seine Äußerungen verletzt hat. Es geht also um die Sanktion von Dienstvergehen - unter Umständen mit schweren Folgen für den 61-Jährigen. Das sächsische Justizministerium hat beantragt, ihn zu entlassen und ihm all seine Bezüge als Richter zu entziehen. Der BGH wird jedenfalls nicht das letzte Gericht sein, dass sich mit Maiers Zukunft auseinandersetzt.
Player: audioBGH verhandelt über Ruhestand von "AfD-Richter" Jens MaierHintergrundbild für den Audioplayer | ARD-aktuell
BGH verhandelt über Ruhestand von "AfD-Richter" Jens Maier
00:0003:07
Max Bauer, SWR, tagesschau, 05.10.2023 08:50 Uhr
https://www.tagesschau.de/
Rechtsextremistischer Richter und AFD-Mitglied Jens Maier
Jens Maier (* 10. Februar 1962 in Bremen) ist ein deutscher Jurist, rechtsextremer Politiker (AfD) und Richter im vorzeitigen Ruhestand. Maier wird zum parteiinternen, formal aufgelösten „völkischen Flügel“ der AfD gezählt, der vom Verfassungsschutz als rechtsextremistische Bestrebung eingestuft wurde. Der sächsische Verfassungsschutz stufte ihn 2020 als Rechtsextremisten ein. Von 2017 bis 2021 war Maier Mitglied des Deutschen Bundestags.
Leben einschließlich Tätigkeit als Richter
Maier wuchs in Bremen-Huchting auf und legte 1982 sein Abitur am Schulzentrum Huchting ab.[1] Laut seinen biografischen Angaben auf der Website des Deutschen Bundestags studierte er Rechtswissenschaft an der Eberhard Karls Universität Tübingen, legte 1986 das erste Staatsexamen ab und absolvierte das Referendariat in Niedersachsen (zweites Staatsexamen 1991). Im selben Jahr zog er nach Dresden, war kurzzeitig Referent im Staatsministerium für Kultus in Sachsen, dann Staatsanwalt in Dresden, gefolgt von einer Dozententätigkeit an der Hochschule Meißen (FH). 1997 wurde Maier Richter am Landgericht Dresden[1] und blieb dort bis 2017 zuständig für Zivilsachen.[2]
Nach rassistischen Äußerungen (siehe unten) wurden Maier 2017 am Landgericht statt des Medien- und Persönlichkeitsrechts andere Zuständigkeiten zugewiesen und ein Verweis[3] ausgesprochen.[4][5] Nachdem er aus dem Bundestag ausgeschieden war, war er im März 2022 kurz als Richter am Amtsgericht Dippoldiswalde tätig. Im selben Monat untersagte das zuständige Dienstgericht ihm jedoch die Führung der Amtsgeschäfte. Im Dezember 2022 versetzte ihn das Gericht in den vorzeitigen Ruhestand. Maiers Revision dagegen wurde im Oktober 2023 zurückgewiesen.
Politik und Einstufung
Von 1980 bis 1986 war Maier SPD-Mitglied. Im April 2013 trat er in die AfD ein. Maier wurde 2014 Mitglied des Landesschiedsgerichts der AfD[7][8] der AfD Sachsen und wurde 2020 wiedergewählt[9] und war ab 2016 stellvertretender Ortsgruppenleiter der Ortsgruppe Nordost in Dresden und stellvertretender Ortsbeirat in Blasewitz (Stand:2017).[1][8]
Der Landesvorstand der AfD Sachsen leitete im Mai 2017 auf Betreiben Frauke Petrys entgegen einem Parteitagsbeschluss ein Parteiausschlussverfahren gegen Maier ein.[10][11][12] Er hatte u. a. die NPD gelobt („Der Antragsgegner lobt mehrfach und beharrlich die NPD und ist sich dabei der Tatsache bewusst, dass es sich um eine verfassungsfeindliche Partei handelt.“) und Verständnis für den Rechtsterroristen Breivik geäußert („im besonders abstoßenden Fall eines Kinder- und Massenmörders eine in der AfD bislang beispiellose Geschmacklosigkeit“).[13][14][15] Das galt aber bereits zu Beginn wegen großer innerparteilicher Unterstützung für Maier und dessen Ansichten generell als aussichtslos.[16] Gegen Petrys ausdrücklichen Wunsch wurde Maier auf dem Landesparteitag auf Platz zwei der Kandidatenliste für den Bundestag gewählt,[17] fünf von zwölf Mitgliedern des Landesvorstandes stellten sich gegen sie und den Generalsekretär Uwe Wurlitzer und veröffentlichten eine Protestnote zugunsten Maiers.[15] Der Kreisverband Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, für den Petry als Direktkandidatin für den Bundestag bereits bestimmt war, versuchte ihre Kandidatur rückgängig zu machen,[15] nahm davon aber nach Hinweisen auf rechtliche Fristen wieder Abstand.[17] Das Landesvorstandsmitglied Carsten Hütter bestätigte Ende November 2017 gegenüber dem Tagesspiegel, dass das Verfahren gegen Maier gestoppt worden sei, dies basiere auf einer breiten Zustimmung im Landesverband. Laut Hütter sprachen sich Vertreter der Kreisverbände, des Landesvorstandes und der Jungen Alternative für Maier aus.[18]
Innerhalb der AfD gehört Maier der völkisch-nationalistischen Gruppierung „Der Flügel“ um den thüringischen Landesvorsitzenden Björn Höcke an;[19] er bezeichnete sich selbst als „kleinen Höcke“.[20] Ab 2019 bis zu seiner offiziellen Auflösung im April 2020 war Maier Obmann des „Flügels“ in Sachsen.[21] Medien wie Der Tagesspiegel[22][23] oder die FAZ[24] ordnen Maier als rechtsradikal ein, Die Zeit,[25] Deutschlandfunk[26] und Dresdner Neueste Nachrichten[27] bezeichneten ihn als „Rechtsausleger“ innerhalb der AfD. Der Extremismusforscher Kailitz sieht ihn in seiner Haltung zur „Herstellung von Mischvölkern […] komplett auf der Linie der NPD“.[28] Am 5. Oktober 2020 wurde bekannt, dass der sächsische Verfassungsschutz Maier als Rechtsextremist einstuft.[29][30] Zu seiner Unterstützung für den früheren Brandenburger AfD-Chef Andreas Kalbitz äußerte Maier, dass Kalbitz für ihn „immer noch zur Partei gehöre“, denn wer „in diesen Zeiten nicht als Rechtsextremist diffamiert“ werde, der mache „irgendetwas verkehrt“.[31]
Bei der Bundestagswahl 2017 zog Maier auf dem zweiten Platz der Landesliste der AfD Sachsen in den Bundestag ein.[1] Als Direktbewerber im Bundestagswahlkreis Dresden I erreichte er 22,4 % der Wählerstimmen; Andreas Lämmel (CDU) erhielt 24,5 %. Von der AfD-Bundestagsfraktion wurde er zum Beiratsmitglied des Bündnisses für Demokratie und Toleranz – gegen Extremismus und Gewalt (BfDT) bestimmt.[23] Er war Obmann und ordentliches Mitglied im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz, ordentliches Mitglied im Gremium nach Artikel 13 Absatz 6 Grundgesetz sowie im Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung und stellvertretendes Mitglied im Innenausschuss.[32] Wie bereits zur Bundestagswahl 2017 trat Maier zur Bundestagswahl 2021 für seine Partei im Bundestagswahlkreis Dresden I an und stand darüber hinaus auf Platz 2 der sächsischen AfD-Landesliste.[33] Er erzielte 18,8 % der Erststimmen und landete nach dem CDU-Kandidaten Markus Reichel (21,1 %) und Katja Kipping von der Linken (18,9 %) auf dem dritten Platz. Bei der Bundestagswahl 2021 gewann er weder das Direktmandat noch konnte er über die Landesliste der AfD in den 20. Deutschen Bundestag einziehen und schied aus dem Parlament aus.[34]
Richterlicher Beschluss zugunsten der NPD
Im Mai 2016 verbot Maier per einstweiliger Verfügung als zuständiger Richter des Landgerichts Dresden auf Antrag der NPD dem Extremismusforscher Steffen Kailitz vom Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung, über die NPD zu sagen, diese plane „rassistische Staatsverbrechen“.[35][36]
Kailitz hatte das Parteiprogramm der NPD und andere öffentliche und der Partei zuzuordnende Quellen ausgewertet und war zur – in einem Gastbeitrag in der Wochenzeitung Die Zeit wiederholten – Bewertung gelangt, dass die Partei im Regierungsfalle beabsichtige, „acht bis elf Millionen Menschen aus Deutschland [zu] vertreiben, darunter deutsche Staatsbürger mit Migrationshintergrund.“[37] Dies ergebe sich aus der explizit geäußerten Auffassung der NPD, dass deutsche Staatsbürger „anderer Rassen“ immer Fremde blieben, die aus Deutschland entfernt werden müssten, weil – so zitierte Kailitz die NPD weiter – „die Verleihung bedruckten Papiers (eines BRD-Passes) ja nicht die biologischen Erbanlagen verändert […] Angehörige anderer Rassen bleiben deshalb körperlich, geistig und seelisch immer Fremdkörper, gleich wie lange sie in Deutschland leben, und mutieren durch die Verleihung bedruckten Papiers nicht zu germanischstämmigen Deutschen.“[38] Die NPD klagte gegen Kailitz’ Bewertung, eine solche Politik lasse sich nur durch „Staatsverbrechen“ verwirklichen, mit der Begründung, wenn diese Politik nicht willkürlich, sondern in gesetzlichen Regeln erfolge, dann könne es sich gar nicht um Verbrechen handeln, sondern sie sei dann rechtmäßiges Staatshandeln.[39] Maier schloss sich dieser Auffassung inhaltlich an: „Ich weiß nicht, wie man, wenn man das Programm der NPD liest, auf Staatsverbrechen kommen kann“, denn wenn „jemand aufgrund von gesetzlichen Grundlagen zurückgeführt wird, ist das kein Staatsverbrechen.“[40] Er nahm Kailitz’ Einschätzung nicht als Meinungsäußerung, sondern als – rechtlich leichter untersagbare – Tatsachenbehauptung. Sein Beschluss erfolgte im Eilverfahren ohne Anhörung von Kailitz und drohte diesem bei Zuwiderhandlung „Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten“ an.[41]
Kailitz sah sich in seiner Wissenschaftsfreiheit verletzt und legte Widerspruch ein. Der Beschluss wurde später von der zuständigen Kammer in voller Besetzung wieder aufgehoben. Im Hauptsacheverfahren, an dem Maier nicht mehr teilnahm, wurde die Klage der NPD im April 2017 endgültig abgewiesen.[42] Das Gericht bewertete Kailitz’ Einschätzungen als zulässige Meinungsäußerung, die sich die NPD entgegenhalten lassen müsse.[43] Der ursprüngliche Beschluss wurde u. a. von der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft als Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit gewertet: Kailitz habe sich jahrelang wissenschaftlich mit der NPD befasst und „Forschungsergebnisse öffentlich darzustellen, gehört zu den zentralen Aufgaben von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern“. Ihre „Veröffentlichung gerichtlich zu unterbinden, schränkt die Freiheit der Wissenschaft unzulässig ein.“[44] Besondere Brisanz hatte der Beschluss auch deswegen, weil Kailitz im damals noch laufenden zweiten Verbotsverfahren gegen die NPD vom Bundesverfassungsgericht als Sachverständiger gehört wurde, Maier also faktisch die Wiederholung von Aussagen verbot, um deren Abgabe an anderer Stelle Kailitz gerichtlich gebeten worden war.[45] Maier gab an, von der wissenschaftlichen Beschäftigung Kailitz’ mit der NPD und dessen Rolle als Sachverständiger vor dem Bundesverfassungsgericht nichts gewusst zu haben, und „verwahrte sich dagegen, mit der NPD in Verbindung gebracht zu werden. Als Mitglied des Landesschiedsgerichts der AfD halte er es im Gegenteil für seine Aufgabe, Neonazis als Mitglieder der AfD nicht zu dulden.“[46]
Steffen Kailitz überprüfte, während die Klage der NPD noch lief, das Facebook-Konto Maiers und entdeckte dort „in Maiers zwischenzeitlich offenbar gesäuberter Liste“ verschiedene Politiker der Partei.[47] Ende 2016 fand sich noch der NPD-Vorsitzende Frank Franz auf der Freundesliste.[48]
Politische Positionen, Verfahren gegen Maier und Kontroversen
Facebook-Kommentare, insbesondere zu Muslimen und Asylbewerbern
Die Sächsische Zeitung analysierte im Januar 2017 über 100 Kommentare Maiers im sozialen Netzwerk Facebook. Dort äußerte er am 20. August 2014: „Gestern lief mir an der Ampel so eine Schleiereule am Wagen vorbei. Ich war kurz davor, die Hupe zu betätigen. Ich kann nur noch Wut und Zorn für dieses Gesinde empfinden.“ Asylsuchende betrachtet Maier als „potenzielle Kriminelle“. Eine Äußerung im September 2014 lautete: „Was der Nationalsozialismus auf der politischen Strecke war, ist heute der Islam auf der religiösen“. Im Mai 2015 äußerte Maier, die Rote Armee könne nicht wirklich als Befreier Deutschlands angesehen werden: „Was die Amerikaner mit dem Sieg verbanden, kann man heute sehen. Wir sind nicht souverän und werden es nicht werden. Ist das Befreiung? Wir warten auf Befreiung.“ Des Weiteren verband sich Maier auf Facebook mit Nutzern, die sich von einem „illegalen Regime“ bedroht sahen und den Rechtsstaat als „Scheißstaat“ diffamierten. Er zeigte Sympathien für christliche Fundamentalisten, die Ideologie von Reichsbürgern sowie die Pegida-Bewegung.[49][50][51]
Rede über „Schuldkult“, „Mischvölker“ und NPD, Disziplinarverfahren
Im Januar 2017 trat Jens Maier als Vorredner von Björn Höcke im Brauhaus Watzke in Dresden auf. Dort redete Maier über die „Herstellung von Mischvölkern“, durch die die „nationalen Identitäten“ ausgelöscht werden sollten, was „einfach nicht zu ertragen“ sei. Zudem bezeichnete er die Aufarbeitung der NS-Verbrechen als „gegen uns gerichtete Propaganda und Umerziehung, die uns einreden wollte, dass Auschwitz praktisch die Folge der deutschen Geschichte wäre.“ Er erkläre diesen „Schuldkult“ für „endgültig beendet“.[50] Über die NPD äußerte Maier, dass diese bis zum Aufkommen der AfD die einzige Partei gewesen sei, die „immer geschlossen zu Deutschland gestanden“ habe.[2][52]
Im Gefolge der Rede sah das Landgericht Dresden das öffentliche Vertrauen in die richterliche Unabhängigkeit in Ehrschutz- und Medienverfahren als gefährdet an und strukturierte seine Zuständigkeiten – mit Maiers Einverständnis – derart um, dass entsprechende Verfahren in Zukunft nun in einer neugebildeten Zivilkammer ohne Maier stattfinden würden.[53]
Der Präsident des Landgerichtes Dresden erteilte Maier im Rahmen eines Disziplinarverfahrens weiterhin einen dienstlichen Verweis.[54] In der entsprechenden Pressemitteilung hieß es zur Begründung: „Insbesondere vor dem Hintergrund, dass Richter Maier zum damaligen Zeitpunkt Mitglied der u.a. für Presse- und Ehrschutzsachen zuständigen Kammer des Landgerichts und dort auch mit Verfahren der NPD befasst war, hätten seine Äußerungen zur NPD das Mäßigungsgebot verletzt. Mit seinen Beiträgen habe Richter Maier, dessen Beruf als Richter dabei immer bekannt gewesen sei, dem Ansehen der Justiz allgemein und des Landgerichts Dresden im Besonderen Schaden zugefügt.“[5] Maier verzichtete auf Rechtsmittel.[5]
Verständnis für den Rechtsterroristen Breivik
Auf einer Veranstaltung des von Jürgen Elsässer herausgegebenen rechtspopulistischen Magazins Compact äußerte Maier, wie Journalisten von Zeit online und des Vorwärts im Livestream verfolgten, Verständnis für den norwegischen Rechtsterroristen Anders Behring Breivik, der im Jahr 2011 77 Menschen ermordet hatte. Er sei aus „Verzweiflung heraus zum Massenmörder geworden“. Grund sei die Einwanderung von „Kulturfremden“ gewesen. Außerdem nannte er das Buch Europa verteidigen des Bloggers „Fjordman“ als Anstoß für seine politische Betätigung. Beiträge Fjordmans hatte auch Breivik in seinem „Manifest“ zur Rechtfertigung zitiert. Unmittelbar nach dem Auftritt Maiers nahm Compact das Video der Veranstaltung vom Netz. Maier, der beteuerte, Breiviks Taten weder entschuldigt noch verharmlost zu haben, verfügt nach eigenen Worten über ein Manuskript seiner Rede, will dieses jedoch nicht herausgeben.[55][56][57]
Äußerungen als Beiratsmitglied des BfDT
Noch vor der ersten Sitzung des Bündnisses für Demokratie und Toleranz – Gegen Extremismus und Gewalt kündigte Maier an, dass er in diesem Gremium „spezifisch deutsche Kultur“ erörtern wolle und die Chance sehe, „Licht in die dunkle Höhle linker und linksextremer Finanz- und Vereinsstrukturen zu bringen“.[58]
Rassistische Beleidigung Noah Beckers durch Mitarbeiter
Am 2. Januar 2018 wurde von Maiers Twitter-Account Noah Becker, der Sohn Boris Beckers, rassistisch beleidigt als „kleine[r] Halbneger“, nachdem Becker von seinen Erfahrungen mit rassistischen Angriffen in Berlin berichtet hatte, das im Vergleich zu London oder Paris eine eher „weiße Stadt“ sei. Maier gab an, den Tweet nicht selbst verfasst zu haben. Der Autor sei ein Mitarbeiter gewesen, den er abgemahnt habe. Mittlerweile bestehe das Arbeitsverhältnis zu dem Mitarbeiter nicht mehr.[59][60]
Zunächst war die Urheberschaft unklar, weswegen Maier vielfach selbst kritisiert und sanktioniert wurde. Die AfD Berlin forderte Maier zum Rücktritt auf.[61] Der AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen bezeichnete den Tweet als unzweifelhaft rassistisch.[62] Der Vorsitzende des Richterbundes, Jens Gnisa, nannte das öffentliche Auftreten Maiers „unerträglich und völlig inakzeptabel“ und warf ihm „kalkulierte Provokation“ vor. Die Vorsitzende der Neuen Richtervereinigung Brigitte Kreuder-Sonnen wertete die Aussagen über Becker als „inakzeptabel dümmlich“.[63] Vom Landgericht Berlin wurde – nachdem Maier sich weder entschuldigt noch eine Unterlassungserklärung unterzeichnet hatte – eine einstweilige Verfügung gegen Maier ausgesprochen, die ihm verbietet, seine rassistische Äußerung zu wiederholen.[64] Der Bundesvorstand der AfD mahnte Maier für seinen Tweet ab. Der Fraktionsvorstand der AfD-Bundestagsfraktion schloss sich dieser Abmahnung an.[65]
Noah Becker erstattete Strafanzeige wegen Beleidigung gegen Maier.[66][67] Die Staatsanwaltschaft Dresden leitete am 14. Februar 2018 ein förmliches Ermittlungsverfahren gegen Maier ein. Mit einem an Beckers Anwalt gerichteten Schreiben vom 5. Februar 2018 bat Maier um Rücknahme des Strafantrages, da die Äußerung, deren beleidigenden Charakter er anerkenne, nicht von ihm stamme, und bat um Entschuldigung.[68] Beckers Anwalt schloss eine Rücknahme des Strafantrages aus. Eine Forderung Beckers auf Zahlung von fünfzehntausend Euro Schmerzensgeld lehnte Maier ab, ebenso wie den Vorschlag Beckers, ersatzweise siebentausendfünfhundert Euro an eine karitative Organisation zu spenden. Stattdessen warf er Becker vor, „sich selbst zunächst rassistisch geäußert“ zu haben, und wer „austeilt“, müsse auch einstecken.[59]
Am 12. September 2018 teilte die Staatsanwaltschaft Dresden mit, dass sie das Strafverfahren gegen Maier eingestellt habe. Die Ermittlungen hätten bestätigt, dass die rassistischen Tweets von einem Mitarbeiter Maiers abgesetzt wurden. Gegen den Mann, der die Tweets einräumte, wurde zu dieser Zeit weiter ermittelt.[69] Am 15. Januar 2019 urteilte die 27. Pressekammer des Landgerichts Berlin, dass Maier als Accountinhaber an Becker ein Schmerzensgeld in Höhe von 15.000 Euro zuzüglich Zinsen zahlen müsse.[70] Maier legte gegen das Urteil Berufung ein.[71][72] Ende Juli 2019 wurden Becker in einem Vergleich 7500 Euro Schmerzensgeld von Maier zugestanden. Außerdem bekam Becker die Anwaltskosten ersetzt.[73]
Verbaler Angriff auf Fraktionskollegin Verena Hartmann
Nach einem heftigen verbalen Angriff Maiers auf seine dem gemäßigten Parteiflügel angehörende Fraktionskollegin Verena Hartmann im Januar 2018 kündigte die AfD-Fraktion an, zwischen beiden ein Mediationsverfahren durchzuführen.[74] Als Folge dieses Vorfalls wollte die AfD-Bundestagsfraktion fraktionsinterne Verhaltensregeln und einen Strafkatalog für Verstöße gegen diese Regeln ausarbeiten.[75]
Rückkehr in den Richterdienst, vorzeitiger Ruhestand und weiteres Disziplinarverfahren
Nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag stellte Jens Maier den Antrag auf Rückkehr in den Richterdienst.[76] Die sächsische Justizministerin Katja Meier teilte mit, dass es einen Rückkehranspruch gebe und „Herr Maier mit Wirkung vom 14. März 2022 in den Richterdienst als Amtsrichter am Amtsgericht Dippoldiswalde zurückgeführt“ werde.[77] Jedoch sei von ihr beim zuständigen Dienstgericht auch ein Antrag gemäß § 31 Deutsches Richtergesetz auf Versetzung in den Ruhestand gestellt worden.[78] Dieser Paragraph erlaubt das Versetzen in den Ruhestand, „wenn Tatsachen außerhalb seiner richterlichen Tätigkeit eine Maßnahme dieser Art zwingend gebieten, um eine schwere Beeinträchtigung der Rechtspflege abzuwenden“.[79] Am 25. März 2022 untersagte das Dienstgericht für Richter beim Landgericht Leipzig ihm nach § 35 Deutsches Richtergesetz bis auf Weiteres, die Amtsgeschäfte als Richter wahrzunehmen.[80][81] Im Dezember 2022 entschied es, Maier in den vorzeitigen Ruhestand zu versetzen.[82][83] Maiers Revision dagegen wurde im Oktober 2023 vom Dienstgericht des Bundes beim Bundesgerichtshof zurückgewiesen. Er biete keine Gewähr dafür, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzutreten.[84]
Im März 2022 leitete das Landgericht Dresden gegen Jens Maier zudem ein (weiteres) Disziplinarverfahren ein.[85] Es bestehe „der Verdacht, dass Jens Maier die Dienstpflichten zur Verfassungstreue, zur politischen Mäßigung und zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten verletzt“ habe.[85] Am 30. Juli 2023 wurde Disziplinarklage vor dem Dienstgericht für Richter erhoben.[86] Ein Disziplinarverfahren ist unabhängig von den Entscheidungen über die Anträge nach §§ 31 und 35 Deutsches Richtergesetz.[85] Außerdem wurde auch das erstmalige Einsetzen einer Richteranklage in der Bundesrepublik gegen Maier diskutiert; die sächsische Landtagsfraktion der Grünen ließ ein entsprechendes Rechtsgutachten anfertigen, das bis zum März 2022 erstellt wurde.[87]
https://de.wikipedia.org/wiki/Jens_Maier
Abzocke bei Gebühren: Rechtsanwalt aus Berlin-Schöneberg wegen Betrugs angeklagt – Berufsverbot droht
Ein Rechtsanwalt verlangte von Mandanten viel Geld, wollte ihre Fälle aber gar nicht übernehmen. Zusätzlich setzte er sie unter Zeitdruck. Der Mann praktiziert noch.
03.08.2023, 18:42 Uhr
Die Berliner Staatsanwaltschaft hat einen Rechtsanwalt wegen Betrugs angeklagt und strebt ein Berufsverbot an. Nach den Ermittlungen soll der 56-Jährige seinen Mandanten mehr als 230.000 Euro zu Unrecht in Rechnung gestellt haben.
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Die Anklage listet 25 Fälle des gewerbsmäßigen Betrugs für die Zeit von Dezember 2017 bis August 2022 auf, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Donnerstag mitteilte. Der auf Erbrecht spezialisierte Rechtsanwalt aus Berlin-Schöneberg praktiziert laut Behörde noch. Er soll von seinen Mandanten überhöhte Gebühren verlangt haben – ohne deren Fall jedoch tatsächlich übernehmen zu wollen.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft soll der Jurist seine Vereinbarungen im „Kleingedruckten“ versteckt haben. Mandanten oder Mandantinnen soll er dann unter Zeitdruck zur Unterschrift gedrängt haben.
Teils soll er auch die Passagen auf dem Formular mit der Hand verdeckt oder von „Anwaltskram“ gesprochen haben, wenn jemand sich näher mit den Formulierungen befassen wollte. Der Anwalt soll die Klausel beibehalten haben, obwohl ihm das Kammergericht zwischenzeitlich darauf hingewiesen hatte, dass diese unzulässig sei.
Mehr Fälle aus der Berliner Justiz
Aus „Wut und Eifersucht“ 46-Jährige soll in Berlin Zelt ihres Ex-Freundes angezündet haben
Bilanz der Ermittlungsgruppe Berliner Polizei registriert über 14.000 Corona-Betrugsfälle
Serie an Brandstiftungen trotz Fußfessel Zündete ein Mann aus dem Remmo-Clan in Berlin zwölf Autos an?
Von neuen Klienten soll der Anwalt dann schnell die hohen Zahlungen gefordert haben, damit diese empört das Mandat kündigten. Wurden Honorare nicht gezahlt, habe er Kollegen diese einklagen lassen, so der Vorwurf. Schlechte Bewertungen im Internet soll Mann zeitnah löschen lassen haben. (dpa)
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Berlin & Brandenburg
Überhöhte Gebühren: Rechtsanwalt wegen Betrugs angeklagt
03.08.2023, 18:16 Uhr
Berlin (dpa/bb) - Die Berliner Staatsanwaltschaft hat einen Rechtsanwalt wegen Betrugs angeklagt und strebt ein Berufsverbot an. Nach den Ermittlungen soll der 56-Jährige seinen Mandanten mehr als 230.000 Euro zu Unrecht in Rechnung gestellt haben. Die Anklage listet 25 Fälle des gewerbsmäßigen Betrugs für die Zeit von Dezember 2017 bis August 2022 auf, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Donnerstag mitteilte. Der auf Erbrecht spezialisierte Rechtsanwalt aus Schöneberg praktiziert laut Behörde noch. Er soll von seinen Mandanten überhöhte Gebühren verlangt haben - ohne deren Fall jedoch tatsächlich übernehmen zu wollen.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft soll der Jurist seine Vereinbarungen im "Kleingedruckten" versteckt haben. Mandanten oder Mandantinnen soll er dann unter Zeitdruck zur Unterschrift gedrängt haben. Teils soll er auch die Passagen auf dem Formular mit der Hand verdeckt oder von "Anwaltskram" gesprochen haben, wenn jemand sich näher mit den Formulierungen befassen wollte. Der Anwalt soll die Klausel beibehalten haben, obwohl ihm das Kammergericht zwischenzeitlich darauf hingewiesen hatte, dass diese unzulässig sei.
Von neuen Klienten soll der Anwalt dann schnell die hohen Zahlungen gefordert haben, damit diese empört das Mandat kündigten. Wurden Honorare nicht gezahlt, habe er Kollegen diese einklagen lassen, so der Vorwurf. Schlechte Bewertungen im Internet soll Mann zeitnah löschen lassen haben.
Quelle: dpa
https://www.n-tv.de/
Bundesrichterin aus Dienst entfernt: Stelle bis 2024 vakant
23.06.2023 | Stand 25.06.2023, 8:47 Uhr
Justitia - Eine Figur der blinden Justitia. - Foto: Sonja Wurtscheid/dpa/Symbolbild
Nach der zwangsweisen Entlassung einer Richterin muss der Bundesfinanzhof bis 2024 auf Ersatz warten. Die nunmehr vakante Stelle am höchsten deutschen Finanzgericht soll im Rahmen der nächsten Bundesrichterwahl neu besetzt werden. Diese wird voraussichtlich Ende des ersten Quartals 2024 stattfinden, wie das Bundesjustizministerium in Berlin auf Anfrage mitteilte.
Der Bundesgerichtshof hatte die Entfernung der Richterin aus dem Dienst in der Vorwoche publik gemacht. Zwangsweise Entlassungen von Beamten sind ohnehin selten, bei Richtern und Bundesrichtern höchst außergewöhnlich.
Laut Bundesgerichtshof hatte das BFH-Präsidium die Richterin 2016 und 2019 zweimal gegen ihren Willen an andere Senate versetzt. Nach der ersten Versetzung hatte sie unter anderem eine erfolglose Verfassungsbeschwerde eingelegt, nach der zweiten Versetzung meldete sie sich zunächst krank. Später stellte sie laut BGH die Mitarbeit in dem betreffenden Senat komplett ein.
https://www.pnp.de/
Demokratie
: Studie: Vertrauen in staatliche Institutionen schwindet
22.05.2023, 17:54 Uhr Quelle: dpa Thüringen
Hinweis
ZEIT ONLINE hat diese Meldung redaktionell nicht bearbeitet. Sie wurde automatisch von der Deutschen Presse-Agentur (dpa) übernommen.
Demokratie: Das Gebäude des Thüringer Landtags in Erfurt.
In Thüringen ist einer Studie zufolge die knappe Mehrheit der Bevölkerung mit der Demokratie unzufrieden. Laut dem Thüringen-Monitor 2022 sank die Demokratiezufriedenheit zum Jahr zuvor um 17 Prozentpunkte auf nur noch 48 Prozent. Dies markiere den stärksten Rückgang seit 2001. Noch vor zwei Jahren waren demnach knapp zwei Drittel der Befragten «mit der Demokratie, so wie sie in Deutschland in der Praxis funktioniert» zufrieden. Details der Studie sollen am Dienstag (13.00 Uhr) vorgestellt werden.
Ein ähnliches Bild zeigt sich der Befragung zufolge auch beim Vertrauen in den Politikbetrieb. So sank das Vertrauen in die Bundesregierung demnach das zweite Jahr in Folge und ging um 15 Prozentpunkte auf aktuell 22 Prozent zurück - dies ist der niedrigste Vertrauenswert seit 16 Jahren. Auch der Thüringer Landesregierung vertrauten demnach nunmehr nur noch 40 Prozent der Befragten.
Vor allem in ländlichen Regionen lägen die Zustimmungswerte nochmals deutlich niedriger und damit auf einem besorgniserregenden Niveau, hieß es in der Studie. Auch demokratiegefährdende Einstellungen wie Rechtsextremismus und Populismus seien auf dem Land stärker vertreten als in den Städten. Ebenso sei das Gefühl der Benachteiligung in den ländlichen Regionen noch einmal stärker ausgeprägt.
Für die aktuelle Erhebung wurden im vergangenen Herbst 1885 wahlberechtigte Thüringer befragt. Zu diesem Zeitpunkt prägten Energiekrise und Energiepreisschock sowie die höchste Inflation seit mehr als 70 Jahren die öffentliche Diskussion. Der Thüringen-Monitor wird jährlich im Auftrag der Staatskanzlei von Forschern der Jenaer Uni erhoben. Das Kabinett will sich an diesem Dienstag mit den Ergebnissen der Studie befassen, über die bereits mehrere Medien berichtet hatten.
© dpa-infocom, dpa:230522-99-785843/2
https://www.zeit.de/
Gesellschaft› Kriminalität, Recht & Justiz
Umfrage in Deutschland zum Vertrauen in Justiz und Rechtssystem 2023
Veröffentlicht von Statista Research Department, 01.03.2023
Diese Statistik zeigt das Ergebnis einer Umfrage in Deutschland zum allgemeinen Vertrauen in die Justiz und das Rechtssystem. Im Winter 2022/2023 gaben 30 Prozent der Befragten an, dass sie der Justiz bzw. dem deutschen Rechtssystem eher nicht vertrauen.
Wie sehr vertrauen Sie der Justiz bzw. dem deutschen Rechtssystem?
https://de.statista.com/
ROLAND Rechtsreport 2022: Vertrauen ins Rechtssystem leidet unter Polarisierung der Gesellschaft
Der ROLAND Rechtsreport 2022 ist eine repräsentative Studie zum deutschen Justizsystem unter mehr als 1.000 Bundesbürgerinnen und Bundesbürgern. Die Ergebnisse zeigten, dass insbesondere zu lange Verfahrensdauern und komplizierte Gesetze in der Kritik stehen, so die ROLAND-Gruppe in einer Mitteilung zur Studie. Immerhin 70% der Deutschen vertrauten den Gesetzen und Gerichten, unter den Impfverweigerern sei der Anteil aber signifikant geringer.
24.02.2022.
Vertrauen in die Justiz ist mehrheitlich hoch
Bereits im zwölften Jahr in Folge hat das Institut für Demoskopie Allensbach für die repräsentative Studie über 1.000 Bürgerinnen und Bürger zu ihrer Meinung zum deutschen Rechtssystem befragt. "Die Polarisierung der Gesellschaft aufgrund der Impf-Frage kann auch für das Vertrauen in die Justiz erhebliche Konsequenzen mit sich bringen. Wie die Ergebnisse unserer Studie zeigen, ist dies aber nur eine von vielen Herausforderungen, denen sich die Justiz aktuell stellen muss", erklärte Ulrich Eberhardt, Vorstand von ROLAND Rechtsschutz, die die Studie in Auftrag gegeben haben. 70% der Befragten hätten sehr viel oder ziemlich viel Vertrauen in die Gesetze und in die Gerichte. Auf einen besseren Wert kämen nur kleine und mittlere Unternehmen sowie die Polizei. In der Trendanalyse der vergangenen Jahre zeige sich, dass das Vertrauen in die Justiz relativ stabil ist. So bewege sich das Vertrauen in die Gesetze seit drei Jahren um die 70%. Die Gerichte verzeichneten seit 2019 gar einen Anstieg des Vertrauens um fünf Prozentpunkte. Dagegen zeige sich, dass unter den Impfverweigerern nur 27% sehr viel oder ziemlich viel Vertrauen in die Gesetze und 34% in die Gerichte haben.
Ansehen von Regierung und Verwaltung schwindet
Außerdem hat nach den Ergebnissen der Studie das Vertrauen in die Bundesregierung und in die Verwaltung im letzten Jahr abgenommen. Beiden gegenüber bringen 44% sehr viel oder ziemlich viel Vertrauen entgegen – ein Rückgang im Vergleich zur vorangegangenen Studie um fünf Prozentpunkte (Verwaltung) beziehungsweise 13 Prozentpunkte (Bundesregierung). Noch schlechter sieht es hier bei den Impfverweigerern aus: 11% der Nicht-Geimpften vertrauen der Regierung, 23% der Verwaltung.
Deutliche Kritik auch am Rechtssystem
Auch wenn der Justiz vergleichsweise viel Vertrauen entgegengebracht wird, äußern die Befragten deutliche Kritik am Rechtssystem. 81% der Befragten kritisieren, dass viele Verfahren zu lange dauern würden – dies stellt den größten Kritikpunkt dar. 75% sind der Meinung, dass Gerichte heute zu viel Arbeit haben und überlastet sind. Außerdem kritisieren die Befragten eine mangelnde Gleichbehandlung vor Gericht: 59% glauben, dass sich mit einem bekannten Anwalt die Aussichten auf ein günstiges Urteil verbessern. Und 55% vertreten schließlich die Ansicht, dass die Gesetze heutzutage zu kompliziert sind. Die Einschätzungen der Befragten basieren zum Teil auf persönlichen Erfahrungen mit dem Justizsystem. So geben 24% an, in den vergangenen zehn Jahren einmal oder mehrmals an einem Gerichtsprozess beteiligt gewesen zu sein – sei es als Beklagter, Kläger oder Zeuge. Überdurchschnittlich hoch ist dieser Anteil bei den 30 bis 59-Jährigen und bei den Personen mit einer Rechtsschutzversicherung. Zudem zeigt die Studie, dass die Deutschen durchschnittlich ab einem Streitwert von knapp 3.700 Euro vor Gericht ziehen würden. Dieser Wert ist im Vergleich zu vergangenen Studien gestiegen.
Trend zu digitalen Angeboten von LegalTechs
56% der Befragten vertreten die Auffassung, dass sich mit einer Mediation oder Schlichtung viele rechtliche Auseinandersetzungen beilegen lassen. Dieser Anteil ist in den vergangenen Jahren um sechs Prozentpunkte gestiegen. Schließlich verdeutlicht der ROLAND Rechtsreport, dass die Digitalisierung auch vor dem Justizsystem nicht Halt macht. 46% der Befragten begrüßen es, dass sich mit den digitalen Angeboten von LegalTechs – zum Beispiel bei Schadenersatzforderungen oder der automatisierten Vertragserstellung – rechtliche Angelegenheiten lösen lassen, wohingegen nur 27% meinen, dass in Zukunft für solche Aufgaben weiterhin ausschließlich Anwälte zuständig sein sollten.
Redaktion beck-aktuell, 24. Feb 2022.
https://rsw.beck.de/
Umfrage des Deutschen Beamtenbundes
Vertrauen in Staat und Justiz gesunken
02.09.2022
Beim Vertrauen in den Staat zeigte sich das Land in den vergangenen Jahren schwankend. Nun ist es auf einem Tiefststand angelangt, wie eine Umfrage des Deutschen Beamtenbundes ergab - auch Richter genießen demnach weniger Vertrauen.
Weniger als jeder Dritte in Deutschland hält den Staat einer neuen Umfrage zufolge derzeit für fähig, seine Aufgaben zu erfüllen. Den Staat überfordert sehen deutliche Anteile derzeit in den Bereichen Energie und Klimaschutz. Das zeigt eine Bürgerbefragung des Beamtenbunds dbb. Weniger Menschen als früher sehen den Staat bei der Schul- und Bildungspolitik überfordert sowie bei Migration und innerer Sicherheit. Das Institut Forsa erhebt jährlich für den dbb Daten zum Vertrauen in Staat und öffentlichen Dienst.
In der kürzlich durchgeführten Erhebung gaben nur noch 29 Prozent der Befragten an, der Staat sei handlungsfähig und könne seine Aufgaben erfüllen. Der Wert lag 2019 schon einmal bei nur 34 Prozent. 2021 hielten 45 Prozent den Staat für handlungsfähig. Zwei Drittel halten den Staat derzeit für überfordert - im Vergleich zu 51 Prozent im vergangenen Jahr.
Der dbb-Vorsitzende Ulrich Silberbach sagte: "Der Trend war bereits letztes Jahr zu erkennen, jetzt ist das Kind endgültig in den Brunnen gefallen." Der Staat präsentiere sich als schlechter Krisenmanager. Silberbach nannte etwa die Klimakrise oder die Corona-Pandemie. Der Gewerkschafter sagte: "Jetzt zahlt die Gesellschaft den Preis dafür, dass wir bei der Politik um jeden Euro und jede Stelle für den öffentlichen Dienst feilschen müssen."
Auch Richter genießen weniger Vertrauen
In der Umfrage schlagen sich aktuelle politische Sorgen nieder. So meinen 17 Prozent derjenigen, die den Staat für überfordert halten, dies sei vor allem in Sachen sichere und bezahlbare Energieversorgung der Fall. Im vergangenen Jahr hatten dies nur 4 Prozent gesehen.
Beim Ansehen einzelner Berufsgruppen stehen nach wie vor Feuerwehrleute mit einem hohen Ansehen bei 93 Prozent der Befragten an oberster Stelle - gefolgt von Beschäftigten in der Pflege, bei der Polizei, in der Kindererziehung sowie Ärzten. Allerdings gingen die Werte in diesen Gruppen teils deutlich nach unten: So haben Polizisten noch bei 78 Prozent ein hohes Ansehen - nach 85 Prozent im vergangenen Jahr. Silberbach unterstrich, dass unter den beliebtesten Berufsgruppen überwiegend Jobs aus der Daseinsvorsorge seien. "Wer einen konkreten Dienst für die Gesellschaft erbringt, erfährt von seinen Mitmenschen dafür in der Regel Wertschätzung - oft mehr als vom Arbeitgeber oder Dienstherrn", sagte der dbb-Chef.
Der Deutsche Richterbund wies auf das deutlich gesunkene Ansehen der Richterschaft hin - mit minus 15 Prozentpunkten im Fünf-Jahres-Vergleich. Die Arbeit der Gerichte bewerten die Befragten mit der Schulnote 3. "Die deutlich sinkenden Zustimmungswerte für die Richterschaft in der Bürgerbefragung des Beamtenbundes müssen ein Weckruf für die Politik sein", sagte Geschäftsführer Sven Rebehn. Die Politik müsse die Justiz massiv stärken. "Die Bürgerinnen und Bürger erwarten zu Recht eine leistungsfähige und bürgernahe Rechtspflege. Deshalb ist es so wichtig, dass die Ampel-Koalition den von ihr versprochenen Rechtsstaatspakt 2.0 zur Stärkung der Justiz mit den Ländern jetzt schnell in die Tat umsetzt", so Rebehn.
dpa/jb/LTO-Redaktion
https://www.lto.de/
Ansehen der Gerichte auf Tiefstand
Umfrage-Desaster: Nicht einmal 39 Prozent der Deutschen vertrauen unserer Justiz
Donnerstag, 19.12.2019, 11:46
Laut einer aktuellen Civey-Umfrage für FOCUS Online ist das ohnehin angekratzte Ansehen der Justiz im Vergleich zu 2018 noch einmal gesunken: Nur knapp 39 Prozent der Bundesbürger vertrauen unserem Rechtswesen. Mehr als 47 Prozent geben an, kein oder nur geringes Vertrauen in Gerichte und Staatsanwaltschaften zu haben. Besonders ausgeprägt ist die Skepsis im Osten und bei AfD-Wählern.
Das Ansehen der Justiz in Deutschland schwindet weiter. Nur noch knapp 39 Prozent aller volljährigen Bundesbürger haben „großes“ oder „sehr großes“ Vertrauen in die Justiz. Demgegenüber stehen etwa 47 Prozent, deren Vertrauen in die Justiz „gering“ oder „sehr gering“ ist. In den neuen Bundesländern trifft das auf mehr als 56 Prozent der Befragten zu, unter Wählern der AfD sogar auf 90 Prozent.
Ansehen sinkt weiter: Zwei Prozentpunkte weniger als 2018
Das ergab eine repräsentative Umfrage, die FOCUS Online beim Meinungsforschungsinstitut Civey (Berlin) in Auftrag gegeben hat. An der Online-Befragung (Zeitraum 18. November bis 18. Dezember 2019) nahmen mehr als 5000 wahlberechtigte Deutsche ab 18 Jahren teil.
Damit ist das ohnehin geringe Vertrauen der Deutschen in die Justiz innerhalb eines Jahres weiter gesunken, in Umfragewerten ausgedrückt um etwa zwei Prozentpunkte.
Bei der ersten Online-Erhebung für FOCUS Online Ende Dezember 2018 hatten noch knapp 41 Prozent der Befragten angegeben, sie vertrauten der Justiz, etwa 45 Prozent äußerten ihr Misstrauen gegenüber unserem Rechtswesen.
Bei einer zweiten Befragung im Juni 2019 fielen die Zustimmungswerte höher aus. Damals vertrauten knapp 46 Prozent der Justiz, rund 40 Prozent eher nicht. Der leicht positive Trend fand nun ein jähes Ende, inzwischen ist das Verhältnis fast umgekehrt.
19 Prozent haben "sehr geringes" Vertrauen in Justiz
Bei der aktuellen Erhebung antworteten auf die Frage „Wie groß ist Ihr Vertrauen in die Justiz in Deutschland?“ 8,9 Prozent der Teilnehmer mit „sehr groß“ und 29,9 Prozent mit „eher groß“. 19 Prozent der Befragten gaben an, ihr Vertrauen in die Justiz sei „sehr gering“, rund 28 Prozent stuften es als „eher gering“ ein. 14 Prozent der wahlberechtigten Deutschen waren in der Frage unentschieden.
Umfrageergebnisse zum Vertrauen der Deutschen in die Justiz, Stand 18. Dezember 2019.
Civey für FOCUS Online Umfrageergebnisse zum Vertrauen der Deutschen in die Justiz, Stand 18. Dezember 2019.
Die aktuelle Umfrage für FOCUS Online zeigt, dass die Justiz besonders in den neuen Bundesländern und unter Wählern der AfD ein schlechtes Ansehen genießt. Demnach haben weit mehr als die Hälfte der Ostdeutschen (56,2 Prozent) nur „sehr geringes“ oder „eher geringes“ Vertrauen in die Justiz, lediglich rund 29 Prozent bringen ihr „sehr großes“ oder „eher großes“ Vertrauen entgegen. In den alten Ländern liegt dieser Wert bei immerhin 41 Prozent.
Umfrageergebnisse zum Vertrauen der Deutschen in die Justiz, unterteilt nach neuen und alten Bundesländern.
Civey für FOCUS Online Umfrageergebnisse zum Vertrauen der Deutschen in die Justiz, unterteilt nach neuen und alten Bundesländern.
AfD-Wähler stehen der Justiz sehr skeptisch gegenüber
Unter den Wählern der AfD ist das Misstrauen erwartungsgemäß am größten: 90 Prozent der AfD-Wähler haben nur „geringes“ Vertrauen in die Justiz, 62 Prozent sogar „sehr geringes“. Selbst wenn man berücksichtigt, dass die Umfragewerte zur Parteienpräferenz einen Fehlerbereich von etwa +/- 5 Prozentpunkten aufweisen, bleiben AfD-Wähler die mit weitem Abstand größte Skeptiker-Gruppe.
Zum Vergleich: Von den Grünen-Wählern misstrauen rund 28 Prozent der Justiz, von den SPD-Wählern 29 Prozent. Bei Wählern der CDU/CSU sind es 40 Prozent, bei denen der FDP 54 Prozent, bei denen der Linken 57 Prozent.
Deutsche unter 30 und über 65 besonders kritisch eingestellt
Interessante Tendenzen lassen sich auch für einzelne Altersgruppen feststellen. So herrschen die größten Vorbehalte gegenüber der Justiz bei besonders jungen Deutschen (18 bis 29 Jahre) sowie bei den über 65-Jährigen. In beiden Gruppen gaben rund die Hälfte der Befragten an, nur geringes Vertrauen in die Justiz zu haben. Das größte Vertrauen herrscht demnach in der Altersgruppe der 30- bis 39-Jährigen (rund 44 Prozent).
Umfrageergebnisse zum Vertrauen der Deutschen in die Justiz, unterteilt nach Altersgruppen.
Civey für FOCUS Online Umfrageergebnisse zum Vertrauen der Deutschen in die Justiz, unterteilt nach Altersgruppen.
Internationaler Vergleich: Deutsche Justiz hat guten Ruf
Über die Gründe des anhaltenden Vertrauensverlustes lässt sich nur spekulieren, denn in der Civey-Erhebung für FOCUS Online wurden die Motive der Teilnehmer nicht abgefragt.
Fakt ist, dass die deutsche Justiz weltweit einen sehr guten Ruf genießt und im internationalen Vergleich seit Jahren einen der vorderen Plätze belegt. Zudem versucht die Politik in jüngster Zeit verstärkt, Missstände im Bereich der Justiz zu beseitigen. Zu den drängendsten Problemen gehört die schwache finanzielle und personelle Ausstattung von Gerichten und Staatsanwaltschaften. Die Engpässe führen zu überlangen Verfahrensdauern und immer wieder auch zu Entlassungen von verdächtigen Straftätern aus der Untersuchungshaft.
2000 neue Stellen für Richter und Staatsanwälte bewilligt
Um die Negativ-Entwicklung zu stoppen, haben sich Bund und Länder im Januar 2019 auf einen „Pakt für den Rechtsstaat“ geeinigt. Dieser sieht unter anderem 2000 zusätzliche Stellen für Richter und Staatsanwälte bis Ende 2021 vor. Dafür erhalten die Länder vom Bund 220 Millionen Euro.
Zu einem Vertrauensgewinn in die Justiz hat diese Maßnahme unter dem Strich offenbar nicht beigetragen – im Gegenteil. Ein Grund dafür könnte sein, dass Experten etwa vom Deutschen Richterbund die Personalaufstockung als völlig unzureichend kritisieren. Stattdessen weisen sie auf die anstehende Pensionierungswelle unter Richtern hin, die im „Pakt für den Rechtsstaat“ völlig unberücksichtigt geblieben sei.
AdobeStock/iStock/Composing: Sascha Weingartz
IN DEUTSCHLANDS GERICHTEN
Wie sieht der Alltag in Deutschlands Justiz wirklich aus? Was läuft nicht rund? Wie geht es besser? FOCUS Online ist in Gerichten unterwegs: Dort, wo normale Menschen um ihr Recht kämpfen. Wo spektakuläre Prozesse laufen. Wo Deutschland sein Versprechen einlösen muss, ein Rechtsstaat zu sein. Unsere Reporter sprechen mit Richtern, Staatsanwälten, Angeklagten, Opfern und Zeugen.
In unserem Justiz-ABC erklären wir die wichtigsten Begriffe aus der Justiz. Und hier finden Sie alle Artikel des Gerichtsreports.
Schildern auch Sie uns, was Sie im Umgang mit Staatsanwälten oder Richtern erlebt haben. Vielleicht entsteht daraus eine Geschichte. Mailen Sie uns an: mein-fall@focus.de.
Kein Verständnis für Dauer-Bewährungen und zu viel Milde
Eine weitere Ursache liegt möglicherweise darin, dass viele Menschen bestimmte Gerichtsentscheidungen – etwa wiederholte Bewährungsstrafen für Mehrfachtäter oder relativ milde Urteile für Gewaltdelikte – nicht nachvollziehen können. Selbst wenn sie persönlich noch gar keine oder sogar positive Erfahrungen mit der Justiz gemacht haben - ihre Einschätzungen zum „System Justiz“ fällt eher negativ aus.
Denkbar ist auch, dass viel diskutierte Kriminalitäts-Phänomene (etwa Zuwanderer- oder Clankriminalität) der Justiz zugeordnet werden, obwohl sie zunächst in die Zuständigkeit der Sicherheitsbehörden fallen.
Clan-Boss Miri: Bremer Gerichte zeigten klare Kante
Bestes Beispiel: Der Fall des Bremer Clan-Chefs Ibrahim Miri, der nach seiner Abschiebung im Sommer 2019 wenige Monate später illegal nach Deutschland eingereist war und Asyl beantragt hatte.
Große Teile der Öffentlichkeit werteten den Vorgang als Ausdruck für die Schwäche des Rechtsstaats. Dabei ist festzuhalten: Die Justiz – konkret das Landgericht und das Verwaltungsgericht Bremen – ebneten den Weg für Miris endgültige Abschiebung. Die Richter stellten fest, dass der Schwerkriminelle keinen Anspruch darauf hat, in Deutschland zu bleiben.
gös/
https://www.focus.de/
HARTE KRITIK
: „Urteil ungerecht“: Richter wirft der Justiz in Deutschland Versagen vor
Amtsrichter Thorsten Schleif wirft er der Justiz Versagen vor. Foto: dpa/Thomas Frey
Düsseldorf Steht die Justiz, steht der Rechtsstaat in Deutschland kurz vor dem Zusammenbruch? Fällen Richter am laufenden Band Fehlurteile? Ein 39-jähriger Richter behauptet dies.
Von Frank Christiansen
Auf den Gerichtsfluren der Republik ist sein Buch zur Zeit ein großes Gesprächsthema. Der Dinslakener Amtsrichter Thorsten Schleif (39) geht mit seinem eigenen Berufsstand ungewöhnlich hart ins Gericht und wirft der deutschen Justiz auf mehr als 200 Seiten Versagen vor, Titel des Buchs: „Urteil: ungerecht“.
Dabei spart Schleif nicht mit Kritik an der Richterschaft, der er zu wenig Selbstbewusstsein einerseits und Arroganz andererseits attestiert. Mangelhafte Ausbildung, schlechte Ausstattung, ein intransparentes Beförderungswesen, schlechte Bezahlung und gefährliche Überlastung - dazu wollte er nicht länger schweigen, schreibt Schleif.
Der Rechtsstaat sei in derart schlechtem Zustand und stehe vor dem Abgrund, was ihm „sehr große Sorgen“ bereite, sagte der Jurist der Deutschen Presse-Agentur. Das Misstrauen der Bevölkerung in die Rechtsprechung wachse.
Dem widerspricht Mathias Kirsten, Direktor des Amtsgerichts Gelsenkirchen: Die deutsche Justiz stehe im internationalen Vergleich gut da, sagte er der Zeitung „NRZ“. Der Rechtsstaat funktioniere, und die Bürger hätten Vertrauen in ihre Justiz.
Auch Justiz sollte moderne Technik nicht scheuen
Diese habe längst Probleme, geeigneten Nachwuchs zu finden, meint dagegen Schleif. „Alles, was im Berufsleben benötigt wird, vermittelt das Studium nicht“, schreibt Schleif. Die Aus- und Weiterbildung sei mit „erbärmlich“ sehr wohlwollend beschrieben.
Im Strafrecht sei das größte Manko, dass die Richter in Aussagepsychologie kaum geschult seien: „Ein Richter ist bei der Beurteilung einer Zeugenaussage kaum kompetenter als ein Laie.“ Die Gefahr sei groß, dass er „während seines gesamten Berufslebens die Glaubhaftigkeit einer Aussage nicht richtig beurteilen kann. Hierdurch sind Fehlurteile vorbestimmt.“
Dennoch seien die Richter von ihren eigenen Fähigkeiten überzeugter als Angehörige anderer Berufe - eine gefährliche Kombination aus „Ignoranz und Arroganz“, schreibt Schleif. Je erfahrener der Richter, desto größer seine Selbstüberschätzung.
Der 39-Jährige zeigt sein Buch mit dem Titel "Urteil ungerecht". Foto: dpa/Thomas Frey
Auch um die Unabhängigkeit der Justiz sei es schlechter bestellt als in vielen anderen europäischen Ländern: Die Spitzenposten würden hierzulande in vielen Bundesländern von der jeweiligen Landesregierung bestimmt. Angepasste Ja-Sager aus der Justizverwaltung machten regelmäßig das Rennen. Damit sei die Justiz als dritte Staatsgewalt erschreckend schlecht gegen Missbrauch gefeit.
Am Deutschen Richterbund lässt Schleif kein gutes Haar: eine Vereinigung „unterwürfiger Bittsteller“ mit der Durchsetzungskraft eines Wattebäuschchens sei die Interessenvertretung.
Der so gescholtene Verband will sich zu der Kritik des Richters auf Anfrage nicht äußern, dabei sieht er einige der Kritikpunkte Schleifs ganz ähnlich: unzureichende Bezahlung, Nachwuchssorgen, hohe Belastung, immer längere Verfahrensdauer und Personallücken. Die Landgerichte müssten in fast jedem dritten Wirtschaftsstrafverfahren einen Strafrabatt geben, weil das Verfahren zu lange gedauert hat.
Nach Ansicht Schleifs sprechen die Richter sogar reihenweise Skandalurteile. Aus Unsicherheit, aber auch, um vom Bundesgerichtshof keine Rechtsfehler attestiert zu bekommen, verhängten sie möglichst milde Strafen. Das Risiko, dass eine überlastete Staatsanwaltschaft Revision einlegt, sei nämlich viel geringer als bei einem unzufriedenen Angeklagten. Manche Richter hängten Bewährungsstrafe an Bewährungsstrafe, obwohl Verurteilte rückfällig wurden und die Bewährung eigentlich widerrufen werden müsste.
Im Düsseldorfer Justizministerium weist man Schleifs Vorwurf der „Kuscheljustiz“ zurück. Das Buch sei nicht mit dem Ministerium abgestimmt, betont ein Sprecher auf Anfrage, räumt aber ein: Allein in Nordrhein-Westfalen seien derzeit 250 Richterstellen unbesetzt, Tendenz steigend. Einzelne Urteile werde das Ministerium aber aus Respekt vor der Unabhängigkeit der Richter nicht bewerten.
INTERVIEW : Wie Opfer mit medialer Aufmerksamkeit und Justizurteilen umgehen >>>
Für die Bemühungen um Richter-Nachwuchs hat Schleif besonders viel Spott übrig: Der Proberichter, dessen Konterfei das NRW-Justizministerium für eine Nachwuchskampagne auserkoren hatte, habe den Richterdienst bereits quittiert, bevor die Plakate trocken gewesen seien.
Trotz der harschen Worte: „Mich erreicht viel Zustimmung von Richterkollegen aus verschiedenen Bundesländern“, sagt Schleif. Natürlich gebe es auch kritische Stimmen: Eine Richterin aus Bayern habe das Buch als „Schlag ins Gesicht“ bezeichnet - es aber zu dem Zeitpunkt vermutlich noch gar nicht lesen können.
https://www.wz.de/
Urteil: ungerecht: Ein Richter deckt auf, warum unsere Justiz versagt Gebundene Ausgabe – 16. Oktober 2019
Kaum ein Tag vergeht, ohne dass deutsche Gerichte skandalös anmutende Urteile fällen: Brutale Gewalttäter erhalten lächerlich milde Strafen, Wiederholungstäter entgehen längst fälligen Haftbefehlen, weil die Verfahren viel zu lange dauern, Freiheitsstrafen werden wieder und wieder zur Bewährung ausgesetzt. Das Vertrauen in unsere Justiz schwindet. Skandal- und Fehlurteile sind kein Zufall, sondern systembedingt, sagt Richter Thorsten Schleif. Unser Justizsystem versagt bereits lange vor den eigentlichen Verfahren, bei der Ausbildung und Auswahl seiner Richter. Anhand zahlreicher zum Teil erschreckender Beispiele beschreibt Schleif, wie in Deutschland Richter herangezogen werden, die den Herausforderungen ihres Berufs und unserer Gesellschaft nicht mehr gewachsen sind. Der Zusammenbruch des Rechtsstaates hat bereits begonnen – kann er noch abgewendet werden?
Siehe auch: