Nationalsozialismus in Mosbach - Baden
: Rechtsextremismus und Neofaschismus : Anti-Semitismus : Anti-Ziganismus : Homophobie : Rassismus : Diskriminierung 

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AKTUELLES:
Kinder für Führer und Reich:
Nazi-Lebensborn e.V.,
Nazi-Kinderraub
und Zwangsgermanisierung
- Übertragungen des Nazi-Kindesentführungsprinzips
in das 21. Jahrhundert mit
Deportationen und Zwangsassimilierungen von Kindern
- jüdische Kindertransporte
zum Schutz vor Verfolgung und Deportationen

 Zuletzt AKTUALISIERT am 13.07.2023 ! 

Seiteninhalt:

  1. NS- und Rechtsextremismus-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach

    1.1 Gerichtlich verfügte Beauftragung der forensischen Sachverständigen aus Kitzingen durch das Amtsgericht Mosbach bezüglich der gerichtlichen und außergerichtlichen Anti-Nazi-Aktivitäten des Antragstellers

    1.2 Außergerichtliche Bemühungen von 2009 bis 2011 des Antragstellers von NS-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach zur Aufarbeitung des Nazi-Kinderraubes aus den von Nazi-Deutschland besetzten Gebieten und der Verbringung dieser Kinder zur Zwangsgermanisierung ins Deutsche Reich

    1.3 Antrag an das Amtsgericht Mosbach aus 2022 auf gerichtliche Prüfung des am 01.09.2022 von Polen vorgelegten Gutachtens zu Weltkriegsschäden

  2. Online-Artikel zum Nazi-Lebensborn und zur Zwangsgermanisierung der geraubten Kindern aus den von Nazi-Deutschland besetzten Gebieten

    2.1 Online-Artikel zu Nazi-Lebensborn -Einrichtungen in Norwegen

  3. Jüdische Kindertransporte nach England als Schutz vor Verfolgung und Deportationen

  4. Online-Artikel zu Kriegskindern, zu Kindern der Schande aus Vergewaltigungen und aus Liebesbeziehungen mit dem "Feind"

  5. YouTube-Videos zum Nazi-Lebensborn

  6. YouTube-Videos zum Nazi-Kinderraub und Zwangsgermanisierung

  7. Online-Artikel zu Übertragungen des Nazi-Kindesentführungsprinzips in das 21. Jahrhundert: Hier Deportationen und Zwangsassimilierungen von Kindern aus den besetzten ukrainischen Gebieten während des völkerrechtswidrigen Russischen Angriffskrieges seit 2022

    7.1 Thematisierungen staatlich organisierter systematischer Kinderdeportationen aus durch Angriffskrieg besetzte Gebieten und Zwangsassimilierungen nach diesen Verschleppungen in die Gebiete des Aggressors zur juristischen Aufarbeitung beim Amtsgericht Mosbach

  8. Online-Artikel zu Kindern in der unmittelbaren Nachkriegszeit als Displaced Persons

  9. Stellungnahme der vom Amtsgericht Mosbach beauftragten forensischen Sachverständigen aus Kitzingen zum Nazi-Lebensborn und zur Zwangsgermanisierung der geraubten Kindern aus den von Nazi-Deutschland besetzten Gebieten


Prozess Rasse- und Siedlungshauptamt der SS
Der Prozess Rasse- und Siedlungshauptamt der SS war der achte von insgesamt zwölf Nürnberger Nachfolgeprozessen gegen Verantwortliche des Deutschen Reichs zur Zeit des Nationalsozialismus.
Während der Begriff „Nürnberger Prozess“ in erster Linie für den Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher verwendet wird, sind auch die zwölf Folgeprozesse Teil der Nürnberger Prozesse, die im Nürnberger Justizpalast vor amerikanischen Militärgerichten gegen weitere 177 Personen geführt wurden.
https://de.wikipedia.org/
Siehe auch: Nürnberger NS-Kriegsverbecherprozess >>>

Hintergrund
Nach seiner Rede zur „Neuordnung der ethnographischen Verhältnisse“ in Europa hatte Hitler am 7. Oktober 1939 Heinrich Himmler zum Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums (RKF) ernannt. Dieser erweiterte in den Folgejahren seinen Auftrag in stetiger Abstimmung mit Hitler bis hin zu einem Plan zur Schaffung eines „großgermanischen Europas“ unter deutscher Führung. Die Anwendung der weltanschaulichen Prinzipien der „rassischen Homogenität“ und der „Gewinnung von Lebensraum“ erfolgten ohne Rücksicht auf die betroffenen Menschen. Die schrittweise volkstumspolitische Neuordnung Europas stützte sich dabei auf Zwangsmaßnahmen von rassenanthropologischen Untersuchungen an volksdeutschen und nichtdeutschen Zivilisten, Vertreibung, Enteignung, Zwangsumsiedlung, Zwangsarbeit, Kindeswegnahme, Zwangsabtreibungen und schließlich Massenmord.[1]
https://de.wikipedia.org/

Die Verbrechen der Angeklagten
Das Germanisierungsprogramm der Nationalsozialisten verstand die „Eindeutschung“ der annektierten Gebiete als „Festigung deutschen Volkstums“, die administrativen Maßnahmen wurden unter dem Begriff der Volkstumspolitik zusammengefasst.
Am Beispiel der annektierten Teile Polens umfasste diese Volkstumspolitik:
u.a. Verschleppung von Kindern und deren Eingliederung in die eigene Nation
Die Richter beurteilten die Lager der VoMi als Orte der Vermittlung von „Umgesiedelten“ und „Abgesiedelten“ zur Zwangsarbeit und zur Zwangsrekrutierung für Wehrmacht und Waffen-SS. Dass es sich dabei um verbrecherische Deportationen handelte, sahen sie durch einen Befehl Himmlers vom 21. September 1942 als bewiesen an. Diesem Befehl zufolge sollten alle Angehörige von Slowenen, die aus einem VoMi-Lager geflohen waren, in ein Konzentrationslager gebracht und ihnen die Kinder weggenommen werden. Alle Mitwisser der Flucht sollten zudem erhängt werden.
Dem Lebensborn e. V. wurde kein Verbrechen nachgewiesen, Inge Viermetz wurde freigesprochen, die angeklagten männlichen Mitarbeiter nur wegen ihrer Mitgliedschaft in der SS verurteilt.
https://de.wikipedia.org/

Die Urteile
Werner Lorenz
* 1891
† 1974 SS-Obergruppenführer
Leiter Volksdeutsche Mittelstelle (VOMI), ab 1939 SS-Hauptamt im „Stabhauptamt des RKFDV“ s s s 20 Jahre
1951 in 15 Jahre umgewandelt; 1955 entlassen verantwortlich für Umsiedlung und „Heimführung“ deutschstämmiger Ausländer, deutscher Minderheiten sowie „Eindeutschung“ ausländischer Kinder
Günther Tesch
* 1907
† 1989 SS-Sturmbannführer
Rechtsberater Lebensborn e. V. u u s 2 Jahre 10 Monate
nach Urteil freigelassen u. a. für die Namensänderung von „eindeutschungsfähigen“ polnischen Kindern zuständig
https://de.wikipedia.org/

Richard Hermann Hildebrandt
Richard Hermann Hildebrandt (* 13. März 1897 in Worms; † 10. März 1951 in Bydgoszcz) war ein deutscher Politiker (NSDAP) und SS-Führer. Hildebrandt war Reichstagsabgeordneter, SS-Obergruppenführer sowie General der Waffen-SS und General der Polizei. Er wurde nach dem Zweiten Weltkrieg als Kriegsverbrecher hingerichtet.
https://de.wikipedia.org/ 
Nach Kriegsende 

Hildebrandt wurde am 24. Dezember 1945 in Wiesbaden verhaftet. Im Prozess Rasse- und Siedlungshauptamt der SS wurde er am 10. März 1948 wegen Kriegsverbrechen, Mitgliedschaft in einer verbrecherischen Organisation und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu 25 Jahren Strafhaft verurteilt.[1]

Zu den kriminellen Aktivitäten, an denen ihm Beteiligung und Verantwortlichkeit nachgewiesen wurden, zählen das Entführen ausländischer Kinder, Zwangsabtreibungen an Ostarbeiterinnen, die Wegnahme der Kinder von Ostarbeitern, illegale und ungerechte Bestrafung von Ausländern für Geschlechtsverkehr mit Deutschen, Behinderung der Fortpflanzung von Angehörigen von Feindstaaten, zwangsweise Evakuierung und Umsiedlung von ausländischen Bevölkerungsgruppen, Zwangseinbürgerung von Angehörigen von Feindstaaten, Verwendung von Angehörigen von Feindstaaten zur Zwangsarbeit sowie seine Mitgliedschaft in der SS.[4]
Anschließend wurde er an Polen ausgeliefert, wo ihm zusammen mit Max Henze der Prozess gemacht wurde und er am 4. November 1949 wegen seiner Vergehen in Danzig-Westpreußen zum Tode verurteilt wurde.[1] Am 25. November 1950 wurde das Urteil durch das Oberste Gericht in Warschau bestätigt. Bei einem erfolglosen Gnadengesuch behauptete er: „Ich kann bei meiner Ehre versichern, daß mein Gewissen rein ist“.[5] Am 10. März 1951 wurde er gehängt.
https://de.wikipedia.org/


1. NS- und Rechtsextremismus-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach

Amtsgericht Mosbach: Bildquelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Amtsgericht_Mosbach#/media/Datei:Mosbach-kloster-amtsgericht1.jpg

Amtsgericht Mosbach
Hauptstraße 110
74821 Mosbach
Telefon:
06261 - 87 0
(Zentrale)
Telefax:
06261 - 87 460
(Zentrale Faxnummer)

NS- und Rechtsextremismus-Verfahren bei der Mosbacher Justiz:
AKTUELLE NS- und Rechtsextremismus-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach u.a. seit 03.06.2022 >>>

Historische NS-Verfahren der Mosbacher Justiz >>>

Zuständigkeit des Amtsgerichts Mosbach in NS- und Rechtsextremismus-Verfahren >>>

Frühere außergerichtliche NS-Aufarbeitungen 2005 bis 2011 >>>

Frühere gerichtliche NS-Aufarbeitungen 2004 bis 2010 >>>

Nach Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg mit Beschluss vom 15.12.2022 - 6 S 1420/22 - unterliegt der Nationalsozialismus nicht der grundrechtlich geschützten Weltanschauungsfreiheit gemäß Art. 4 Abs. 1 GG.

Das Amtsgericht Mosbach hat jedoch seit dem 03.06.2022 eine gemäß § 158 StPO ordnungsgemäße Eingangsbestätigung mit den Benennungen der Konkreten Eingabedaten, der Konkreten Sachverhaltsbenennungen mit einer kurzen Zusammenfassung der Angaben zu Tatzeit, Tatort und angezeigter Tat, insbesondere zu beantragten NS- und Rechtsextremismusverfahren, bisher ausdrücklich und EXPLIZIT versagt und NICHT ausgestellt.

Auch für die beim Amtsgericht Mosbach beantragten Wiederaufnahmeverfahren und gerichtlichen Prüfungen in NS- und Rechtsextremismus-Angelegenheiten verweigert das Amtsgericht Mosbach ordnungsgemäße Eingangs- und Weiterbearbeitungsbestätigungen mit konkreten Sachverhaltsbenennungen.

Siehe dazu auch Umgang des Amtsgerichts Mosbach mit NS- und Rechtsextremismusverfahren >>>

Lebenslang Lebensborn: Die Wunschkinder der SS und was aus ihnen wurde

Groß – blond – blauäugig, so sollten sie aussehen, die Kinder, die in den Lebensborn-Heimen auf die Welt kamen, die der SS-Organisation übergeben wurden oder die in ihre Hände gerieten, nachdem sie verschleppt und zwangsgermanisiert worden waren. Der Plan: Ob deutscher oder ausländischer Herkunft, sie sollten die »arische Rasse« vergrößern und eine neue Elite bilden. Die meisten der 18.000 Betroffenen sprechen bis heute nicht über ihre Lebensborn-Zeit – um sich und ihre Mütter zu schützen, aus Scham oder weil ihre Herkunft so konsequent verschwiegen wurde, dass sie ahnungslos sind. Doch einige gehen inzwischen an die Öffentlichkeit. Die Journalistin Dorothee Schmitz-Köster zeichnet in 20 Porträts ihre Schicksale nach. Und der Fotograf Tristan Vankann zeigt in bewegenden Aufnahmen die Gesichter von Lebensborn-Kindern heute.



1.1 Gerichtlich verfügte Beauftragung der forensischen Sachverständigen aus Kitzingen durch das Amtsgericht Mosbach bezüglich der gerichtlichen und außergerichtlichen Anti-Nazi-Aktivitäten des Antragstellers

Das Familiengericht-Amtsgericht Mosbach, Hauptstraße 110, 74281 Mosbach, beauftragt die forensische Sachverständige aus Moltkestr. 2, 97318 Kitzingen, in seinen Verfügungen vom 17.08.2022 unter 6F 202/21, die Anti-Nazi-Aktivitäten des KVs und Antragstellers in einer ergänzenden Stellungnahme gutachterlich einzuschätzen und zu bewerten. Dazu zählen laut Anweisungen dieser amtsgerichtlichen Verfügungen SOWOHL die seit Sommer 2022 vom Antragsteller beim Amtsgericht Mosbach initiierten NS- und Rechtsextremismus-Verfahren ALS AUCH seine außergerichtlichen und gerichtlichen Aufklärungs- und Aufarbeitungsbemühungen zu Nationalsozialistischem Unrecht und Nationalsozialistischen Verbrechen aus dem Zeitraum um 2008, d.h. konkret von 2004 bis 2011, im Rahmen seiner sogenannten "Nazi-Jäger"-Aktivitäten im sachverhaltsbezogenen Kontext zur Problematik des Nationalsozialismus vor und nach 1945 und dessen Aufarbeitung bis heute. Siehe dazu auch Kapitel 5 auf dieser Seite.

Das Amtsgericht Mosbach BEAUFTRAGT EXPLIZIT in seinen Verfügungen vom 17.08.2022 unter 6F 202/21 die forensische Sachverständige aus Kitzingen, eine GUTACHTERLICHE STELLUNGNAHME ZU NS-Verbrechen mit dem  Nazi-Lebensborn und der Zwangsgermanisierung von geraubten Kindern aus den von Nazi-Deutschland besetzten Gebieten am Beispiel des Antragstellers von NS-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach in 2022 mit seinen fast zwanzig Jahre langen Bemühungen um die außergerichtliche und gerichtliche Aufarbeitung von Nationalsozialistischem Unrecht und Nationalsozialistischen Verbrechen an das deutsche BRD-Amtsgericht Mosbach im Jahr 2022 zu erstellen.


Verschwiegene Opfer der SS: Lebensborn-Kinder erzählen ihr Leben. Im Auftrag des Vereins »Lebensspuren e. V.« herausgegeben von Astrid Eggers und Elke Sauer Taschenbuch – 10. April 2015

»Ich bin ein Lebensborn-Kind, aber auch ein Kriegskind. Ich gehöre der Generation an, die das Schweigen der Mütter quasi mit der Muttermilch eingesogen hat. Es gilt, das Schweigen unserer Mütter zu durchbrechen, dem Unrecht ein Gesicht zu geben und Geschichte werden zu lassen. Wir können nichts ändern, aber wir müssen reden! Wir dürfen uns nicht länger hinter unserer Scham verstecken! Wir sind die Letzten einer Kriegsgeneration, in der das Schweigen Pflicht war. Offen zu reden, das sind wir uns selbst schuldig. Zeugnis abzulegen. Insbesondere gegenüber der Jugend und unseren Enkeln, die ohne eine vorgefertigte Meinung unser Thema zu dem ihren machen.«



1.2 Außergerichtliche Bemühungen aus 2009 bis 2011 des Antragstellers von NS-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach zur Aufarbeitung des Nazi-Kinderraubes aus den von Nazi-Deutschland besetzten Gebieten und der Verbringung dieser Kinder zur Zwangsgermanisierung ins Deutsche Reich

Der Antragsteller von NS- und Rechtsextremismus-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach seit Sommer 2022 hat bereits in 2009 eine außergerichtliche Aufarbeitung des speziellen Sachverhalts zum Nazi-Kinderraub im besetzten Polen als Teil der von Nazi-Deutschland in Polen verursachten Weltkriegsschäden wie folgt initiiert:

Petition beim DEUTSCHEN BUNDESTAG 3-16-05-008-059396, Auswärtige Angelegenheiten, vom 01.09.2009 : Klärung des internationalen Kinderraubes von 1933-1945 in Polen und der anschließenden Germanisierung der ins Deutsche Reich verbrachten Kinder sowie diesbezüglich weiterführende Petitionen bei Länderparlamenten, wie WD 3-2 0561 Landtag Rheinland-Pfalz vom 15.12.2011 || AB.0316.16 Bayrischer Landtag vom 08.12.2011 || Tgb. Nr. E 1087/ 11 Landtag des Saarlandes vom 13.02.2012 || Bürgerschaft der freien und Hansestadt Hamburg || 20-8 Freie Hansestadt Bremen vom 16.02.2012, etc. Der Deutsche Bundestag hat in 2011 die Anliegen des Antragstellers zu „Internationaler Kindesraub in Polen 1933-1945 und Zwangsgermanisierung“ an Länderparlamente weitergeleitet, die dann wiederum in ihren Absichtsbekundungen diese Aufarbeitungsbemühungen als diskussionswürdige Inhalte in ihr Bildungswesen, in Schüler- und Jugendaustausch und in den internationalen Austausch integriert haben wollen.
Siehe dazu auch:


Kind L 364: Eine Lebensborn-Familiengeschichte Gebundene Ausgabe – 20. Juli 2007

Unehelich, unerwünscht, ungehörig, so kommt Heilwig 1938 auf die Welt – als „Kind L 364“ in einem Lebensbornheim. Ihr Pate wird Heinrich Himmler. Vier Jahre später heiratet Heilwigs Mutter den SS-General und Himmler-Vertrauten Oswald Pohl. Der adoptiert das Mädchen, und Heilwig wächst in höchsten NS-Kreisen auf. Dann folgt das Kriegsende – und der jähe Absturz. Die Familie flieht vor der Roten Armee, der Adoptivvater wird 1951 in Nürnberg zum Tode verurteilt und hingerichtet. Heilwig erlebt Ausgrenzung. Wegen des Adoptivvaters – und wegen ihrer Lebensborn-Geburt, von der sie erst jetzt erfährt. Sie versucht, neuen Halt zu finden und gründet bald eine Familie. Aber ihre Geschichte lässt sie nicht los. Als Heilwigs eigene Kinder sie mit der Vergangenheit konfrontieren, bricht alles wieder auf… Dorothee Schmitz-Köster erzählt, basierend auf Interviews mit Heilwig xxx sowie Dokumenten aus Archiven und Familienbesitz, eine dramatische Biographie im Schatten des Lebensborn. Eine Geschichte von Ausgrenzung, Scham und Verschweigen – und ein Stück deutscher Zeitgeschichte.


1.3 Antrag an das Amtsgericht Mosbach aus 2022 auf gerichtliche Prüfung des am 01.09.2022 von Polen vorgelegten Gutachtens zu Weltkriegsschäden

01.09.2022
6F 9/22 beim AG/FG Mosbach
Zum 83. Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen und des Beginns
des Nazi-Terror- und Vernichtungskrieges:
OFFIZIELLER ANTRAG AN DAS AMTSGERICHT MOSBACH
auf gerichtliche Prüfung
des heute von Polen vorgelegten Gutachtens
zu Weltkriegsschäden


BEGRÜNDUNG UND GLAUBHAFTMACHUNG:
Hiermit ergeht der offizielle Antrag vom 01.09.2022 an das Amtsgericht Mosbach unter 6F 9/22 zur gerichtlichen Überprüfung des heute von Polen vorgelegten Gutachtens zu den von Nazi-Deutschland angerichteten immensen Weltkriegsschäden während des Überfalls auf Polen und während der verbrecherischen Nazi-Besatzung sowie zur Fragestellung der Reparationszahlungen von Deutschland an Polen. Zu den Berechnungen der polnischen Kriegsverluste zählen u.a. die Bereiche Demografie, die menschlichen Verluste auch unter Bezugnahme auf den Nazi-Kinderaub aus den von Nazi-Deutschland besetzten Gebieten sowie den materielle Verlusten, Verluste von Kultur- und Kunstgütern sowie von verschiedenen Arten von Finanzmitteln, Bankguthaben und Wertpapieren.
Der Antragsteller hat sich bereits früher im Zeitraum von 2008 bis 2009 öffentlich nachweisbar zu Nationalsozialistischem Unrecht und Nationalsozialistischem Unrecht im Zusammenhang mit Polen engagiert.
Siehe dazu auch:

Prozessbeobachtung: ENTSCHÄDIGUNG VON NS-VERFOLGTEN UND NS-OPFERN beim Amtsgericht Mosbach
Zum 83. Jahrestag am 01.09.2022 des deutschen Überfalls auf Polen und des Beginns des Nazi-Terror- und Vernichtungskrieges: OFFIZIELLER ANTRAG AN DAS AMTSGERICHT MOSBACH auf gerichtliche Prüfung des heute von Polen vorgelegten Gutachtens zu Weltkriegsschäden
220901_uhl_ag_mos_reprationen_polen.pdf (78.1KB)
Prozessbeobachtung: ENTSCHÄDIGUNG VON NS-VERFOLGTEN UND NS-OPFERN beim Amtsgericht Mosbach
Zum 83. Jahrestag am 01.09.2022 des deutschen Überfalls auf Polen und des Beginns des Nazi-Terror- und Vernichtungskrieges: OFFIZIELLER ANTRAG AN DAS AMTSGERICHT MOSBACH auf gerichtliche Prüfung des heute von Polen vorgelegten Gutachtens zu Weltkriegsschäden
220901_uhl_ag_mos_reprationen_polen.pdf (78.1KB)


Heime für Himmlers Väter: Ein Lebensbornkind fordert Auskunft Broschiert – 1. März 2023

Als ich elf Jahre alt bin, vergisst meine Mutter zu Hause ihren Schlüsselbund. Ich kann nicht widerstehen, endlich zu lesen, was ich nicht lesen soll, öffne die verbotene Stahlkassette und lese alles, was darin liegt. Den Satz auf der letzten Seite der Urkunde über meine Geburt in einem Heim des Vereins Lebensborn e.V. habe ich entweder nicht gelesen oder gelesen, nicht verstanden und deshalb vergessen. Das ändert sich 60 Jahre später, im Mai 2011, als ein Herr, im Zug von Brüssel nach Köln, den Sitzplatz neben mir einnimmt, wir ins Gespräch kommen, und es sich herausstellt, dass er der Nachbar der Familie meines leiblichen Vaters ist. Ich wühle in alten Dokumenten, recherchiere im Internet, lese Bücher über den Verein Lebensborn e.V. und sitze vor den Versatzstücken meiner kaputten Identität. Wie kriege ich sie nur zusammen? Dr. Gudrun Eussner M.A., geboren 1942, Studium der Publizistik, Iranistik und Politologie. Abschluss mit Promotion über das Thema: „Journalistik in der DDR“ (Verlag Dokumentation, München, 1971). Im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit der Bundesregierung auf fünf Kontinenten Tätigkeit in der Fortbildung für Fach- und Führungskräfte, Schwerpunkte: Entwicklungsfinanzierung sowie Transformation von Plan- in Marktwirtschaft im und für den asiatisch-pazifischen sowie den nah- und mittelöstlichen Raum und den Maghreb. Heute Bloggerin zu den Themen: Antisemitismus, Judenfeindschaft, Islamisierung Europas, Nah- und Mittelostpolitik, Politik Frankreichs und der EU, Kritik deutscher und europäischer Medien u. a. Seit Ende 2011 Kenntnis der Geburt im Lebensbornheim „Harz“.

Siehe dazu auch:


2. Online-Artikel zum Nazi-Lebensborn und zur Zwangsgermanisierung der geraubten Kindern aus den von Nazi-Deutschland besetzten Gebieten

Forderung nach Ent­schädigungs­leistungen für alle NS-Opfer

Der Bundestag hat am Donnerstag, 26. Januar 2017, erstmals einen Antrag der Fraktion Die Linke (18/10969) beraten, in dem sich diese für eine Angleichung der Entschädigungsleistungen für alle NS-Opfer an die Leistungen des Bundesentschädigungsgesetzes ausspricht. Der Antrag wurde an den Haushaltsausschuss überwiesen. Die Reden wurden zu Protokoll gegeben.
Antrag der Linken
Die Linke stellt fest, dass die Regelungen zur Entschädigung für Verfolgte des Naziregimes nicht den politischen und moralischen Erfordernissen entsprechen. Im Ergebnis würden die von den Härterichtlinien des Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes erfassten NS-Opfer bis heute schlechter behandelt als jene Verfolgten, die auf Grundlage des Bundesentschädigungsgesetzes entschädigt werden. Die Unterstellung, die einen hätten ein weniger schweres Verfolgungsschicksal gehabt als die anderen entbehre jeder Grundlage.
Die Fraktion fordert die Bundesregierung unter anderem auf, die Opfergruppe des „Zwangsgermanisierten“ als NS-Oper im Sinne der Härterichtlinien des Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes anzuerkennen und die Leistungen für NS-Verfolgte im Sinne der Härterichtlinien an die Leistungen, die im Bundesentschädigungsgesetz vorgesehen sind, anzugleichen. (sas/vom/26.01.2017)
https://www.bundestag.de/


Als wäre ich allein auf der Welt: Der nationalsozialistische Kinderraub in Polen Taschenbuch – 17. Februar 2020

Die Beziehungen zwischen Deutschland und Polen werden bis heute durch die deutschen Verbrechen in Polen während des Zweiten Weltkriegs geprägt. Dass vermutlich Zehntausende polnische Kinder von den Nazis nach Rassekriterien ausgesucht, geraubt und "eingedeutscht" wurden, ist vielen Menschen in beiden Ländern gar nicht bewusst. Kaum ein anderes Thema in der deutsch-polnischen Geschichtsforschung weist so viele weiße Flecken auf. Viele der Betroffenen leben noch heute, ohne ihre wahre Identität zu kennen. Dieses Buch versammelt erstmals zahlreiche erschütternde Berichte von geraubten Kindern, eine einzigartige Sammlung. Die Polnisch-Redaktion der Deutschen Welle und das polnische Internetportal Interia starteten dazu ein gemeinsames multimediales Projekt mit dem Namen „Geraubte Kinder“.


Siehe auch:


Kinderraub der Nazis - Die vergessenen Opfer

06.09.2022 ∙ MDR Dok ∙ MDR-Fernsehen
MDR Dok - 
Es ist ein Verbrechen, das heute kaum kannt ist: Während des Zweiten Weltkrieges verschleppten die Nazis zehntausende Kinder aus ganz Europa und hinterließen damit mannigfache Traumata in deren Heimat und hierzulande.
Bild: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Video verfügbar:
bis 06.09.2023 ∙ 22:10 Uhr
https://www.ardmediathek.de/


NS-VERBRECHEN
Die vergessenen Opfer: Der Kinderraub der Nazis in Polen

Zehntausende Kinder wurden von den Nazis entführt und zwangsgermanisiert - und nach dem Krieg mit ihren Traumata allein gelassen. Jetzt berichten ein Buch und ein Film über das grausame Schicksal dieser Kinder.
Datum 12.03.2020
Autorin/Autor Sabine Peschel
Alodia Witaszeks leibliche Eltern sind noch am Leben, als das Mädchen verschleppt wird. Im Herbst 1943 kommt sie gemeinsam mit ihrer kleinen Schwester zur Eindeutschung ins Jugendverwahrlager in Litzmannstadt, dem heutigen Łódź. Sie soll dort "germanisiert" werden. Polnisch dürfen die Schwestern im Lager nicht mehr sprechen.
Organisierte Identitätsfälschung
Wie ihnen ergeht es unzähligen polnischen Kindern: Der organisierte Kinderraub war Teil der NS-Rassenpolitik, durch die "rassisch hochwertige" Kinder aus den annektierten Teilen Westpolens zu deutschen gemacht werden sollten. Die Jugendämter meldeten die Kinder, deren Aussehen sie für "arisch" hielten, Vertreter der Gesundheitsämter untersuchten sie medizinisch, danach kamen die herausgefilterten Kinder mit "gutem Blut" in ein Kinderheim, wo ihnen zwangsweise Deutsch beigebracht wurde und ihre Namen eingedeutscht wurden. Anschließend übernahm der SS-Verein Lebensborn die Verantwortung, übergab jüngere Kinder zur Adoption in SS-Familien, ältere in "deutsche Heimschulen". Immer mehr wurden die Kinder ihrer Erinnerung und ihrer Identität beraubt. und  auf diese Weise "germanisiert".
Alodia Witaszeks leibliche Eltern sind noch am Leben, als das Mädchen verschleppt wird. Im Herbst 1943 kommt sie gemeinsam mit ihrer kleinen Schwester zur Eindeutschung ins Jugendverwahrlager in Litzmannstadt, dem heutigen Łódź. Sie soll dort "germanisiert" werden. Polnisch dürfen die Schwestern im Lager nicht mehr sprechen.
Organisierte Identitätsfälschung
Wie ihnen ergeht es unzähligen polnischen Kindern: Der organisierte Kinderraub war Teil der NS-Rassenpolitik, durch die "rassisch hochwertige" Kinder aus den annektierten Teilen Westpolens zu deutschen gemacht werden sollten. Die Jugendämter meldeten die Kinder, deren Aussehen sie für "arisch" hielten, Vertreter der Gesundheitsämter untersuchten sie medizinisch, danach kamen die herausgefilterten Kinder mit "gutem Blut" in ein Kinderheim, wo ihnen zwangsweise Deutsch beigebracht wurde und ihre Namen eingedeutscht wurden. Anschließend übernahm der SS-Verein Lebensborn die Verantwortung, übergab jüngere Kinder zur Adoption in SS-Familien, ältere in "deutsche Heimschulen". Immer mehr wurden die Kinder ihrer Erinnerung und ihrer Identität beraubt. und  auf diese Weise "germanisiert".
Spurensuche von polnischen Journalistinnen
Die für deutsche und polnische Medien arbeitende Journalistin Monika Sieradzka und ihre MDR-Kollegin Elisabeth Lehmann sind bei ihrer Spurensuche noch weitergegangen. Nach jahrelanger Recherche haben sie für ihren Film "Kinderraub der Nazis. Die vergessenen Opfer" Betroffene aufgespürt, die bereit waren, vor der Kamera über ihr fragmentiertes Leben zu sprechen.
Hermann Lüdeking ist einer der Protagonisten, dem es bei seiner ausdauernden Suche nie gelungen ist, seine Wurzeln wiederzufinden. Als sechsjähriger Junge kam er in ein Heim und später als "wertvolles Material unter rassischen Gesichtspunkten" zur SS-Familie Lüdeking. Das einzige, was er durch sein hartnäckiges Graben in Archiven und Unterlagen herausfand, war sein ursprünglicher polnischer Name: Roman Roszatowski, genannt Romek. Die polnische Sprache hat Lüdeking, der in Süddeutschland aufwuchs und weiter dort lebt, längst vergessen.
Doppelte Traumatisierung
Geholfen hat ihm bei der Suche nach seinen Wurzeln der Verein "Geraubte Kinder – vergessene Opfer". Die Unterlagen von Lebensborn wurden nach dem Krieg, als der Verein in den Nürnberger Nachkriegsprozessen als karitativ eingestuft wurde, zerstört. Auch den lokalen Jugendämtern lag nichts an der Offenlegung der Identität der geraubten Kinder. Als einziger kämpft Hermann Lüdeking auch um die moralische Anerkennung als Opfer – bisher vergeblich. "Die Deutschen wollen davon nichts wissen, denn das würde Geld kosten", sagt der inzwischen 84-Jährige bitter. Und Monika Sieradzka stellt fest: "Bis heute fühlt sich Hermann alias Romek fremd in 'seinem' Land."
"Als wäre ich allein auf der Welt. Der nationalsozialistische Kinderraub in Polen", von Agnieszka Waś-Turecka, Ewelina Karpińska-Morek, Monika Sieradzka, Artur Wróblewski,Tomasz Majta und Michał Drzonek, Herder Verlag 2020, 368 Seiten. Das Buch entstand als gemeinsames Projekt des polnischen Internetportals intera und der Deutschen Welle.
"Kinderraub der Nazis. Die vergessenen Opfer": Der vom MDR und der DW produzierte Film von Elisabeth Lehmann und Monika Sieradzka wird in Deutschland und von der Deutschen Welle weltweit im Fernsehen gezeigt.  Im Interview spricht die polnische DW-Studioleiterin Warschau über ihre Recherche und das, was sie von den Opfern erfuhr.
https://www.dw.com/


"Alodia, du bist jetzt Alice!": Kinderraub und Zwangsadoption im Nationalsozialismus Taschenbuch – 9. September 2019

Alodia Witaszek ist fünf Jahre alt, als ihr Vater von Nationalsozialisten hingerichtet wird. Ihre Mutter wird nach Auschwitz deportiert. Die blonde und blauäugige Alodia gilt als »rassenützlich«. Sie kommt in ein »Lebensborn«-Heim und wird als »Geschenk des Führers« einer deutschen Familie zur Adoption übergeben. Nach Kriegsende sucht Alodias leibliche Mutter zwei Jahre lang nach ihrem verschleppten Kind. Kurz vor Weihnachten 1947 hat sie Erfolg: Alodia kehrt in ihre fast vergessene Familie zurück und muss ihre Muttersprache neu lernen. Reiner Engelmann hat die Zeitzeugin getroffen und ihr Leben aufgeschrieben. Mit Originaldokumenten und Fotos.



Siehe auch:


AUFARBEITUNG DER NS-ZEIT
DW startet Gemeinschafts-Projekt "Geraubte Kinder"

Den Eltern entrissen, entführt und gewaltsam umerzogen. Zehntausende Kinder wurden während des Zweiten Weltkriegs in Polen von den Nazis verschleppt. Die Deutsche Welle will auf ihr Schicksal aufmerksam machen.
Datum 01.09.2017

Plastik im KZ-Auschwitz, die an das Zerreißen - in diesem Fall - jüdischer Familien erinnert
Die Polnisch-Redaktion der Deutschen Welle und das polnische Internetportal Interia starten dazu ein gemeinsames multimediales Projekt mit dem Namen "Geraubte Kinder". Es soll Licht auf ein wenig bekanntes Verbrechen der Nationalsozialisten werfen, die während der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg bis zu 200.000 polnische Kinder zum Beispiel aus Waisenhäusern verschleppen oder ihren Eltern wegnehmen und "zwangsgermanisieren" ließen.
Mühsame Spurensuche nach Jahrzehnten
Viele der Betroffenen, die oftmals als Kleinstkinder "eingedeutscht" wurden, lebten noch heute, ohne ihre wahre Identität zu kennen, teilte die Deutsche Welle zum Auftakt des Projekts mit. Hinter der Verschleppung und Zwangsgermanisierung der Kinder stand das Ziel der Nazis, die - so ihre Formulierung - "germanische Volkssubstanz" zu erweitern. Ausgewählt wurden Kinder, die aus Sicht der Nazis deutsch aussahen. Ihre wahre Identität wurde mit Hilfe der NS-Behörden systematisch verschleiert. Sie erhielten einen deutschen Namen, eine gefälschte Geburtsurkunde und kamen zu "gutrassigen" Adoptiveltern, die sie zu Deutschen erziehen sollten.
Wanderausstellung "Geraubte Kinder" 2014 in Freiburg
Die Deutsche Welle und Interia stellen Schicksale betroffener Kinder in Reportagen und Interviews vor. Die Journalisten suchten dafür in Deutschland und Österreich nach "Geraubten Kindern". Sie begleiten die inzwischen alten Menschen, wenn sich deren Herkunft recherchieren lässt, bei der Kontaktaufnahme mit ihren polnischen Familien.
Erste Videos und Berichte sollen von diesem Freitag an, dem 78. Jahrestag des deutschen Angriffs auf Polen, von beiden Projektpartnern veröffentlicht werden. Zum Jahresende sind dann Reportagen über die Ergebnisse der Recherchen und mögliche Begegnungen der Opfer mit ihren bisher unbekannten Familienangehörigen geplant. Es ist den Angaben zufolge das erste Mal, dass ein deutsches und ein polnisches Medium sich gemeinsam mit diesem Thema beschäftigen.
qu/rb (DW, dpa, Wanderausstellung "Geraubte Kinder")
https://strato-editor.com/

Der »Lebensborn e. V.«: Ein Instrument nationalsozialistischer Rassenpolitik (Die Zeit des Nationalsozialismus – »Schwarze Reihe«) Taschenbuch – 1. Februar 2003

Um den von Heinrich Himmler 1935 gegründeten "Lebensborn e. V." rankt sichbis heute ein Netz von Legenden. Die Wahrheit ist In den Heimen brachtenledige deutsche Mütter heimlich ihre Kinder zur Welt und erhielten dieGelegenheit, sie dort - im nationalsozialistischen Sinn - aufzuziehen. Insgesamt wurden dort über 8000 Kinder geboren. Später wurde die Aktionauf "rassisch wertvolle" Frauen aus den besetzten Ländern ausgedehnt.






Polen: Geraubte Kinder - vergessene Opfer

Bis zu 200.000 polnische Kinder wurden während der deutschen Besatzung zwangsgermanisiert. Die meisten wurden ihren Eltern weggenommen und entführt. Die DW und Interia.pl helfen Betroffenen bei der Spurensuche.
Trotz ihrer 83 Jahre und der Rückenschmerzen hat Zyta Suś viel Energie und scherzt gerne. Nur wenn sie über ihre Entführung nach Deutschland spricht, ist ihre Stimme gedämpft. 1942 wurde sie aus einem Waisenhaus in Lodz entführt. Erst mit zwölf kehrte sie nach Polen zurück. Heute lebt sie in einem ärmlichen Arbeiterviertel in Warschau, unter einem anderen Namen. In ihrer Nachbarschaft soll niemand von ihrem tragischen Schicksal erfahren. "Ich will nicht wieder ein deutscher Bastard sein", erklärt sie. So wurde sie genannt, als sie nach dem Krieg aus Deutschland zurückkam.
Die Stärkung der "arischen Rasse"
Die Zwangsgermanisierung von Kindern wie Zyta Suś wurde meist mit brutalen Methoden durchgeführt. Sie traf vor allem Kinder, die aus dem besetzten Polen ins Deutsche Reich verschleppt oder den polnischen Zwangsarbeiterinnen in Deutschland weggenommen wurden.
Bereits 1938 erklärte SS-Reichsführer Heinrich Himmler: "Ich habe wirklich die Absicht, germanisches Blut zu holen, zu rauben und zu stehlen, wo ich kann." In den besetzten Ländern wurden Kinder daraufhin ihren Eltern entrissen oder aus Waisenhäusern geraubt. Die Auswahlkriterien waren blaue Augen und blonde Haare, entsprechend der Idealvorstellung Hitlers vom "Arier". Für die Zwangsgermanisierung der Kinder war der SS-Verein "Lebensborn" zuständig.
Die Spurensuche ist schwierig - auch weil die Namen der entführten Kinder von deutschen Institutionen häufig geändert wurden
Wer war meine Mutter?
Nach der Entführung ins Reich durfte Zyta ihre Muttersprache nicht sprechen. In der Reichsschule für Volksdeutsche in Achern und im Lebensborn-Heim in Steinhöring gab es dafür harte Strafen, wie Hungern und Einsperren im Keller. Doch schließlich konnte sie von "Glück im Unglück" sprechen, weil sie in eine liebevolle Pflegefamilie in Salzburg kam. Nach dem Krieg hat die polnische Regierung über 30.000 entführte Kinder wieder nach Polen gebracht und Zyta war eines davon. Sie kam wieder in ein Waisenhaus und wurde als "dumme Deutsche" beschimpft, weil sie nur noch Deutsch konnte. Deshalb nennt sie die Zeit bei ihrer Salzburger Pflegefamilie "die schönste Zeit meines Lebens". Die Verwandten dieser Familie sucht sie vergeblich - bis heute.
Kampf um Entschädigung
Das deutsch-polnische Journalistenteam von der Deutschen Welle und dem polnischen Nachrichtenportal Interia.pl hilft Zyta Suś dabei. In mehreren Archiven in Deutschland und Polen wurde nach Spuren von "Verwandten" in Österreich gesucht und vor allem von ihrer polnischen Mutter. Da die Namen der entführten Kinder von deutschen Institutionen häufig geändert wurden, ist die Suche oft aussichtslos.
So wie im Fall von Hermann Lüdeking, der auch aus dem besetzten Polen entführt wurde. Heute lebt er in Süddeutschland. Auch er will herausfinden, wer seine Eltern waren. Dem 88-Jährigen hilft der Verein "Geraubte Kinder - vergessene Opfer". Die Organisation versucht auch seit 2012, deutsche Politiker für das Thema zu interessieren - vergeblich. "Man hat uns als Opfer vergessen. Andere Opfergruppen haben Entschädigungen von Deutschland bekommen, nur wir nicht", sagt Hermann Lüdeking. Jetzt kämpft er als erstes von den Nazis entführte polnische Kind vor Gericht um eine Entschädigung. Im Sommer 2017 reichte er eine Klage gegen die Bundesrepublik ein und wartet auf den Prozess. Ein Gerichtstermin steht noch nicht fest.
Hermann Lüdeking will herausfinden, wer seine Eltern waren
Das erste deutsch-polnische Projekt über geraubte Kinder
Im Sommer 2017 startete auch das deutsch-polnische Projekt der DW und des polnischen Nachrichtenportals Interia. Seither besuchten die Reporter aus beiden Ländern Institutionen, Archive und Stiftungen, sowie die noch lebenden Opfer der Zwangsgermanisierung. Sie waren auch an mehreren historischen Orten, wo sich früher Lebensborn-Heime befanden und wo verschleppte Kinder landeten: Hohenhorst bei Bremen, Kohren-Sahlis bei Leipzig, sowie das Gebäude der ehemaligen "Reichsschule für Volksdeutsche" in Achern, um dort mit Zeitzeugen und Historikern zu sprechen.
Es ist das erste Mal, dass Medien aus beiden Ländern gemeinsam über das Thema berichten und den Opfern bei der Spurensuche helfen. Innerhalb von wenigen Monaten erschienen über 40 Texte und 24 Videos, die mehrere Millionen Menschen erreicht haben. Viele Menschen meldeten sich bei der DW und Interia, sowie in sozialen Medien, darunter auch einige Betroffene, die die Aktion dazu ermutigte, mehr über ihr Schicksal zu recherchieren.
Die Uhr tickt
Mit dem Projekt wurden weitere Untersuchungen eingeleitet und Menschen zusammengebracht, die sich gegenseitig bei der Spurensuche helfen können. Doch zu einem "Happy End" hat es bisher noch nicht gereicht. Zyta Suś, Hermann Lüdeking und viele andere suchen weiter. Der Schritt zum Gericht, wie ihn der 88-Jährige wagte, wird die Probleme zwar nicht lösen, doch das Schicksal der vergessenen Opfer wird dadurch bekannter.
Das war auch das Ziel der Reporter aus Deutschland und Polen, die über Monate diese Menschen begleiteten. "Mit Menschen zu sprechen, die auf ihrer Familiensuche über Jahrzehnte hinweg immer alleine waren und die mit 80 nicht wissen, wer sie sind" sei für sie, als Journalisten, mit am schwierigsten gewesen, sagt Ewelina Karpinska-Morek von Interia.pl. "Wir haben immer den Zeitdruck gespürt. Uns war immer bewusst, dass es der letzte mögliche Moment ist, wo wir den Opfern noch zuhören können."
https://www.dw.com/


Amtsgericht Mosbach: Bildquelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Amtsgericht_Mosbach#/media/Datei:Mosbach-kloster-amtsgericht1.jpg

Amtsgericht Mosbach
Hauptstraße 110
74821 Mosbach
Telefon:
06261 - 87 0
(Zentrale)
Telefax:
06261 - 87 460
(Zentrale Faxnummer)

Nazi-Verbrechen in und gegen Polen: Anträge an das Amtsgericht Mosbach:

Wiedergutmachungen und Entschädigungen zu nationalsozialistischem Unrecht und nationalsozialistischen Verbrechen: Zum 83. Jahrestag am 01.09.2022 des deutschen Überfalls auf Polen und des Beginns des Nazi-Terror- und Vernichtungskrieges: OFFIZIELLER ANTRAG AN DAS AMTSGERICHT MOSBACH auf gerichtliche Prüfung des heute von Polen vorgelegten Gutachtens zu Weltkriegsschäden >>>

Nazi-Massenhinrichtungen von polnischen Zwangsarbeitern: Strafanzeigen vom 17.12.2022 wegen Beteiligung an Nazi-Massentötungen durch Hinrichtungen von polnischen Zwangsarbeitern wegen sogenannter „geschlechtsvertraulicher Beziehungen“ zu deutschen Frauen in Mosbach und im heutigen Neckar-Odenwaldkreis >>>


Lebensborn

Der Lebensborn e. V. war in der Zeit des Nationalsozialismus ein von der SS getragener, staatlich geförderter Verein, dessen Ziel es war, auf der Grundlage der nationalsozialistischen Rassenhygiene und Gesundheitsideologie die Erhöhung der Geburtenzifferarischer“ Kinder herbeizuführen. Dies sollte durch das Abhalten unverheirateter Frauen und Mädchen von einem Schwangerschaftsabbruch[1], durch das Anbieten anonymer Entbindungen und die anschließende Vermittlung der unehelichen Kinder zur Adoption – bevorzugt an Familien von SS-Angehörigen – erreicht werden.
Der Lebensborn war daneben mitverantwortlich für die Verschleppung von Kindern aus den von Deutschland besetzten Gebieten. Falls diese im Sinne der nationalsozialistischen Rassenideologie als „arisch“ galten, was akribisch untersucht wurde, wurden sie unter Verschleierung ihrer Identität in Lebensborn-Heime im Reich oder in den besetzten Gebieten gebracht. Ziel war letztlich die Adoption durch parteitreue deutsche Familien.[2] So wurden 13 der 98 vom Lidice-Massaker betroffenen Kinder für den Lebensborn selektiert, während die anderen ins Vernichtungslager Kulmhof deportiert und dort durch Gas ermordet wurden.[3]
https://de.wikipedia.org/wiki/Lebensborn


Unbrauchbare Väter: Über Muster-Männer, Seitenspringer und flüchtende Erzeuger im Lebensborn Gebundene Ausgabe – 28. September 2022

Vielen Männern des SS-Lebensborn ist es gelungen, anonym zu bleiben – aber nicht allen: eine Geschichte über Doppelmoral, Geheimnisse und unendliches Leid. Ein Verein, der die Geburtenrate »arischer Kinder« erhöhen wollte. Der deshalb Entbindungsheime betrieb, in denen ausgewählte Frauen – ob verheiratet oder nicht - ihr Kind zur Welt bringen konnten, wenn sie wollten anonym. Das war der Lebensborn e. V., eine SS-Organisation, an deren Spitze der Reichsführer SS Heinrich Himmler stand. Über Lebensborn-Heime, Lebensborn-Kinder und -Mütter wurde schon viel geforscht - die Väter tauchen allenfalls am Rande auf, denn vielen ist es gelungen, geheim zu bleiben. Im Leben der Kinder spielten sie deshalb keine Rolle, in den Erzählungen vieler Mütter blieben sie ausgespart. Dorothee Schmitz-Köster geht dieser Leerstelle auf den Grund. Trotz aller Geheimhaltung können sich manche Lebensborn-Kinder an ihren Vater erinnern, und nicht alle Mütter haben geschwiegen. Dazu kommt ein umfangreicher Dokumentenbestand, in dem das Denken und Verhalten dieser Männer sichtbar wird. Vor dem Hintergrund damaliger Geschlechterrollen nimmt die Autorin die Lebensborn-Väter unter die Lupe. So verschieden die Muster-Männer und Seitenspringer, flüchtenden Erzeuger und Ersatz-Väter auch waren, eins haben sie gemeinsam: Aus heutiger Sicht sind fast alle unbrauchbare Väter.

Lebensbornkinder
Heim im Reich

Als Hermann Lüdeking nach seiner Kindheit zu suchen begann, war er schon Rentner. Mit ein paar Akten, einer Geburtsurkunde und wenigen Erinnerungen machte er sich 1990 auf den Weg nach Polen. Was er fand, war die Geschichte seines Lebens - und das Schicksal eines Himmler-Heims.
29.07.2011, 11.46 Uhr
Als junger Mann wusste ich nur von meiner Geburtsurkunde, dass ich angeblich in einem Kinderheim in Bruckau im Warthegau, also in Polen geboren sein sollte. Was mir ein bisschen komisch vorkam war, dass diese Urkunde vom Standesamt "L" in München ausgestellt war. Dieses Standesamt war während der Nazizeit nur für die Angelegenheiten von Himmlers Lebensborn-Verein zuständig gewesen.
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Genaueres habe ich zunächst nicht erfahren. Das Verhältnis zu meinen Pflegeeltern war immer gut gewesen, doch die Unterlagen über meine Vergangenheit bekam ich nie zu sehen. Als mein Pflegevater 1982 starb und meine Pflegemutter ins Altenheim kam, nahm ich die Akten mit, die noch existierten. Darunter die gesamte Korrespondenz mit dem Lebensborn. "Es sind meine Akten", habe ich zu meiner Pflegemutter gesagt, "und ich behalte sie." Das hat sie mir nie verziehen. Sie hat immer davor Angst gehabt, dass ich etwas herausfinde. Aber ich musste sie an mich nehmen. Ich dachte, sie würden sonst verschwinden - und ich würde nie wissen, wo ich einmal mit der Suche nach meiner Kindheit anfangen sollte.
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1990 begann ich dann, in die Archive zu gehen und die Akten durchzulesen. Ich hoffte auf ein paar Spuren und Antworten auf meine Fragen: Wo kam ich her? Und wie war das mit dem Lebensborn-Verein eigentlich gelaufen?
Keine Spur von "Roman Rostatowski"
Viele wissen ja heute gar nicht mehr, was das war: Lebensborn. Es war ein Projekt, das ursprünglich von Heinrich Himmler erdacht worden war, um dem "Dritten Reich" Kinder zuzuführen. Historiker haben später viel Unwahres darüber geschrieben: Dass es "Begattungsheime" gewesen seien und Bordelle für SS-Leute. Das stimmt aber nicht. Das Ziel der Lebensbornheime war, ledigen Müttern zu helfen, ihre Kinder zu gebären und nicht abzutreiben. Dazu ist es während des Krieges ja sehr oft gekommen. Dass der Lebensborn auch dazu benutzt wurde, um geraubte Kinder aus Polen, Rumänien und anderen Ländern ins Deutsche Reich einzugliedern und im Geist des Nationalsozialismus zu erziehen, steht außer Zweifel.
Als ich dann in Rente war, hatte ich endlich Zeit, mich ernsthaft mit der Sache zu befassen. Ich habe dem Roten Kreuz geschrieben und gefragt, ob sie dort noch Informationen über "Roman Rostatowski" haben. So lautete mein ursprünglicher Geburtsname, das hatte ich herausgefunden. Doch das Rote Kreuz konnte mir auch nicht weiterhelfen. Sie antworteten nur, dass ein Roman Rostatowski in Polen nie existiert habe! Da wusste ich: Jetzt muss ich selber die Reise antreten und sehen, wo ich herkomme.
Ich habe mich deshalb aufgemacht und bin in das ehemalige Bruckau gefahren. Ich wollte dort nach dem Kinderheim suchen, von dem es hieß, dass es mein Geburtsort sei. Erinnerungen daran hatte ich wenige, weil ich ja noch sehr klein war, als ich von dort fortgekommen war. Aber ein paar Bilder sind mir über die Jahre doch im Kopf geblieben: das Bild von einem See zum Beispiel, eine Brücke, eine Fahrt in der Straßenbahn. Als ich das dann zu meiner Überraschung in Polen alles so wiedergefunden habe wie in meiner Erinnerung, war mir sofort klar: Hier bin ich richtig.
Reise durch die Orte der Kindheit
Sogar das Kinderheim fand ich wieder. Es stand inzwischen leer, aber der Hausmeister lebte immer noch dort. Ich habe ihn ausgefragt, doch er wusste auch nichts über Roman Rostatowski. Dafür erzählte er mir, dass in Bruckau nie eine Geburt stattgefunden hätte. Es war damals eher eine Art Umerziehungsheim für Kinder, die später, wenn sie "bearbeitet" worden waren, ins Deutsche Reich eingegliedert werden sollten.
Für mich war es sehr spannend, all diese Dinge zu erfahren und die Orte meiner Kindheit wiederzusehen. Von Bruckau habe ich meine Reise daher fortgesetzt und nacheinander all die anderen Heime besucht, in denen ich gewesen war: Lodz, Kalisz, Bad Polzin. Bis nach Kohren Salis bei Leipzig habe ich meine Spur zurückverfolgt. Da war ich im Winter 1942 als ungefähr Sechsjähriger hingebracht worden. Das Lebensbornheim dort war damals neu eröffnet worden und diente als Sammelstelle für Kinder, die an deutsche Pflegeeltern verteilt werden sollten. Ich war unter den ersten zwölf Jungen, die dort hingeschickt worden waren. Die Mädchen waren getrennt davon nach Achern in Baden transportiert worden.
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Aus der Zeit im Heim sind mir nur einzelne Erinnerungen geblieben. Eigentlich keine schlechten. Unser Alltag dort verlief im Grunde ganz normal: Wir haben zusammengesessen, gemeinsam gegessen, gespielt und nachmittags ist man dann grundsätzlich spazieren gegangen. Dass ich schlecht behandelt oder gar geschlagen worden wäre, kann ich nicht behaupten.
"Hermchen, Hermchen, komm mal. Der Adolf!"
Dann kam der Tag, als man mich aus dem Heim abgeholt hat. Ich weiß noch, wie ich plötzlich in ein Zimmer gerufen wurde und dann hieß es: Hier, das sind deine neuen Pflegeeltern. Ich habe das ja damals gar nicht so richtig begriffen, was das bedeutet. Aber ziemlich neugierig bin ich schon gewesen. Meine Pflegeeltern haben mich gleich mitgenommen und sind mit mir nach Hause gefahren, nach Lemgo, in Westfalen. Dort haben sie mich erst mal aufgepäppelt. Ich war zu dem Zeitpunkt ziemlich krank und hatte einen Blutsturz hinter mir. Aber meine Pflegeeltern haben gut für mich gesorgt.
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In Westfalen sind wir dann geblieben. Meine Pflegemutter hat während des Krieges dort in Lemgo der Grundschule unterrichtet. Außerdem war sie NSDAP-Gauleiterin. Mein Pflegevater war Reiteroffizier. Der Lebensborn hat seine Pflegeeltern in dieser Hinsicht sehr sorgfältig ausgewählt. Es wurde genau darauf geachtet, dass die Familien gutsituiert und gleichzeitig auch in der nationalsozialistischen Ideologie "hundertprozentig" waren.
Trotzdem war es nicht so, dass während meiner Kindheit viel über den Nationalsozialismus gesprochen worden wäre. Meine Pflegeeltern haben mich auch nie aufgefordert, Hitler oder Himmler zu verehren. Nur an eine einzige Begebenheit kann ich mich erinnern, das muss so im Jahr 1943 gewesen sein. Da rief mich meine Mutter plötzlich ans Fenster: "Hermchen, Hermchen, komm mal. Unser Adolf fährt an uns vorbei." Da habe ich den Adolf Hitler in vielleicht acht Metern Entfernung an unserem Haus vorbeifahren gesehen. Die Hand hatte er zum Hitlergruß erhoben, das ist bei mir noch in Erinnerung geblieben. Aber sonst ist nie darüber gesprochen worden.
Die Amerikaner kommen, sie bringen eine Dolmetscherin mit
Zu meinen Pflegeeltern hatte ich dann eigentlich von Anfang an eine recht gute Beziehung. Weitere Kinder gab es in der Familie keine. Zwar hatte meine Pflegemutter aus früherer Ehe noch einen Sohn, der war aber im April 1941 in Griechenland gefallen. Deshalb hatte sie sich ja auch an den Lebensborn gewandt. Sie wollte unbedingt noch ein Kind. Doch der Lebensborn hat sie zuerst vertröstet: Da müssen Sie sich noch gedulden, bis wir ein geeignetes finden. Im Dezember 1942 bekam sie dann den Anruf, dass sie nach Kohren Salis kommen soll, um sich ein Pflegekind auszusuchen - mich.
Im Zuge meiner Nachforschungen habe ich später zu anderen Lebensbornkindern Kontakt aufgenommen, die etwa zur selben Zeit nach Deutschland gebracht worden waren - zwei von ihnen sogar in die gleiche Stadt. Heute treffen wir uns gelegentlich und tauschen uns über unsere Erfahrungen aus. Dann reden wir auch darüber, wie es nach dem Krieg gewesen ist. Nach 1945 sind ja viele ehemalige Lebenskinder wieder in ihre Ursprungsländer zurückgeschickt worden.
Auch zu uns kamen eines Tages amerikanische Besatzungssoldaten ins Haus. Sie brachten eine polnische Dolmetscherin mit, die sich mit mir unterhalten sollte. Aber ich hatte ja nie polnisch gesprochen! Als die Amerikaner das bemerkten, sagten sie: Wir können das Kind nicht wieder in ein Kinderheim in Polen zurückschicken, wo es keine Familie hat und nicht einmal die Sprache versteht.
So bin ich dann in Lemgo bei meinen Pflegeeltern geblieben. Ich bin dort zur Schule gegangen, habe mein Abitur gemacht und bin später Maschinenbauingenieur geworden. Meine Pflegefamilie hat sich immer gut um mich gekümmert. Ich habe keine Eltern vermisst.
Aufgezeichnet von Karin Seethaler
https://www.spiegel.de/geschichte/


Lebensborn Pommern: Im dunklen Laub Taschenbuch – 27. Januar 2020

Der Roman beginnt 1940 mit Gertruds Ankunft im Lebensbornheim Pommern, einer Einrichtung der SS, in der Gertrud diskret Aufnahme zur Entbindung und Betreuung ihres Kindes Rüdiger findet. Das Angebot der SS für Mütter guten Blutes befreit Gertrud aus einer Notlage und fügt sich in ihr Weltbild als überzeugte Nationalsozialistin. Am Ort ihrer Entwicklung und allmählichen Verstrickung in Unrecht und Schuld wird auch ihre Katharsis und Läuterung einsetzen. Das Heim Pommern in Bad Polzin ist der innere Kessel dieser Ereignisse, die sich zwischen 1940 und 1945 abspielen. Somit rankt sich einer der zwei Handlungsstränge um die Geschichte des Lebensborn. Die Verhältnisse und das Leben in diesem Heim bilden den historischen Kontext der fiktiven Geschichte. Gertruds Entwicklung beinhaltet drei Stufen, jede ist mit einem Parteiauftrag der NSDAP verbunden. Mit der sogenannten Eindeutschung polnischer Raubkinder erreicht Gertruds Karriere bei der SS einen traurigen Höhepunkt. Als Gertrud und Rüdiger 1945 vor der Roten Armee fliehen, überschlagen sich die Ereignisse und auch Rüdigers Schicksal nimmt eine überraschende Wendung.


Kinderraub durch Nationalsozialisten
Blond, blauäugig, entführt

Weil sie ihrem ideologischen Schönheitsideal entsprachen, raubte die SS-Organisation Lebensborn in den osteuropäischen Ländern einst unzählige Kinder. Viele davon wurden überzeugten Nationalsozialisten zur Adoption angeboten. Die Opfer leiden noch immer unter ihrem Schicksal – und warten auf Anerkennung.
Von Otto Langels | 08.08.2016
Eine Krankenschwester in einem sogenannten Lebensborn-Heim, ein Verein der nationalsozialistischen SS. (imago stock&people)
„Ich bin ein Lebensborn-Kind, laut der Papiere der Lebensborn-Gesellschaft am 17.10.1940 geboren in Oderberg, Oberschlesien. Aber diese Angaben sind gefälscht vom Verein Lebensborn. In der Tat heiße ich Alexander Litau, geboren in Alnowa auf der Krim.“
Alexander Litau ist heute 75 Jahre alt und lebt in Hamburg. Als Kind bekam er bei seinen Adoptiveltern den Namen Folker Heinecke. Er wurde nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion im Herbst 1941 von der SS vor seinem Elternhaus auf der Krim aufgegriffen und verschleppt.
„Vorher war ja Heinrich Himmler in Kiew und hat gesagt, alles was blond, blauäugig, arisch ist, nehmen wir mit, werden wir rauben und nach Deutschland bringen. Ich entsprach ganz genau den blonden Rassemerkmalen, blaue Augen, Kopfform etwas rundlich, aber auch in der Größe in allen Maßen ganz genau den Rassemerkmalen von Heinrich Himmler.
Kinder wie Alexander Litau, der heute Folker Heinecke heißt, wurden im Zweiten Weltkrieg verschleppt, weil sie den kruden Vorstellungen der SS von „arisch“ aussehenden Menschen entsprachen.
„Was an gutem Blut überhaupt auf der Welt vorhanden ist, an germanischem Blut, das haben wir zusammen zu holen“, hatte SS-Führer Heinrich Himmler 1942 auf einer Tagung erklärt. Und so raubten seine Verbände in Polen, Slowenien, Tschechien, Norwegen und der Sowjetunion sogenannte „rassisch wertvolle“ Kinder mit dem Ziel, sie „einzudeutschen“, wie es hieß. Viele Opfer wissen bis heute nicht, woher sie kommen und wer ihre wahren Eltern sind, da man sie als Kinder mit einer neuen Identität ausstattete. Wie viele Kinder von der SS verschleppt wurden, lässt sich nur mutmaßen, weil die meisten Unterlagen gegen Kriegsende vernichtet wurden und fundierte wissenschaftliche Untersuchungen bislang fehlen. Christoph Schwarz, Vorstandssprecher des Freiburger Vereins „geraubte Kinder – vergessene Opfer“:
„Die Zahl der Opfer ist zum Teil sehr unterschiedlich. In Polen geht man davon aus, dass es zwischen 50.000 und 200.000 Kinder waren. In Slowenien, in diesem kleinen Land, was ja auch total eingedeutscht werden sollte, wurden an die 1.000 Partisanenkinder verschleppt. Da gibt es auch Listen. Da leben heute noch an die 200 Opfer, die sind organisiert. Und wenn man anhand dieser Zahlen das projiziert auf diese annektierten Ostgebiete, dann ist es durchaus glaubhaft, dass mehrere hunderttausend Kinder verschleppt worden sind.“
„Ich war bei meiner leiblichen Mutter ja lediglich zehn Tage, als mich die Nazis dann wegholten und in eine Jugendsammelstelle brachten vom Jugendamt für zu arisierende Kinder“, erzählt Alexander Orlow. Er kam 1944 in Rudamühl in Westpreußen als Sohn der russischen Zwangsarbeiterin Ludmilla Orlowa zur Welt. Der Vater ist unbekannt.
„Vom Aussehen her bin ich als Arier durchgegangen. Das war mein großes Glück, zu überleben. Meine Stiefmutter hat mich dann am 14. Dezember 1944 aus dieser Sammelstelle herausgeholt. Meine Stiefmutter hat mir zwar nachher immer erzählt, dass die alle umgekommen wären, meine ganze Familie sei erschossen worden, ich wäre in einem Zelt vom Roten Kreuz gefunden worden – das ist alles gelogen gewesen. Denn nach Recherchen des Internationalen Suchdienstes hat man herausgefunden, dass meine leibliche Mutter noch bis April 1945 in dem Ort sehr lebendig gesehen wurde.“
„… wir suchen einen Nachfolger oder einen Sohn“
Alexander Orlows Pflegemutter konnte selber keine Kinder bekommen. Sie besorgte sich daher in der Sammelstelle einen „germanisch“ aussehenden Jungen und floh mit ihm vor der anrückenden Roten Armee nach Hamburg, wo Alexander unter dem Namen Heinz Kathers aufwuchs.
Während Alexander Orlow schon kurz nach der Geburt zu seiner deutschen Pflegemutter kam, hatte Folker Heinecke nach dem Raub durch die SS auf der Krim eine wahre Odyssee vor sich, wie er später durch eigene Recherchen herausfand. Im Rassehauptamt Lodz untersuchten ihn SS-Ärzte, ob er ihren „arischen Maßstäben“ entsprach. Als „eindeutschungsfähiges“ Kind kam der zweijährige Junge anschließend in die Gaukinderheime Bruckau und Kalisch im damaligen Warthegau, heute Polen. Von dort ging es weiter über das Heim Pommern in Bad Bolzin in das Haus Sonnenwiese in Kohren-Salis bei Leipzig. Dort blieb er etwa ein Jahr, bis ein wohlhabender Reeder aus Hamburg-Hausbruch auftauchte, der sein Adoptivvater werden sollte.
Folker Heinecke blättert in Unterlagen beim Internationalen Suchdienst des Roten Kreuzes in Bad Arolsen.
Folker Heinecke blättert in Unterlagen beim Internationalen Suchdienst des Roten Kreuzes in Bad Arolsen. (picture-alliance/ dpa – Rotes Kreuz )
„Er hatte keine Kinder kriegen können. Dann musste ein Kind her. Heineckes hier in Hausbruch waren eben Nazis, die dachten, das mit Hitler ist eine gute Sache. Und dann haben sie Kontakt zu Heinrich Himmler gekriegt. Und dann sagte mein Vater wohl, du Heinrich, kannst du uns nicht helfen, wir suchen einen Nachfolger oder einen Sohn.“
Heinrich Himmler konnte helfen. Er vermittelte einen Kontakt zum Haus Sonnenwiese in Kohren-Salis bei Leipzig.
„Wir Kinder, ungefähr 20, 30, saßen auf der linken Seite, und meine Eltern kamen dann durch den Flur und setzten sich rechts hin und suchten sich ein Kind aus, na ja, wie man das so macht, wenn man einen guten Dackel oder einen guten Hund haben will, eine gute Rasse, suchte man sich damals ein Kind aus. Und mein Vater saß ganz allein da mit meiner Mutter zusammen drüben und die guckten dann und suchten uns aus. Und ich bin aufgesprungen und hab die Initiative ergriffen, die anderen saßen alle, und ich bin zu meinem Vater rüber gelaufen und habe meinen Kopf auf sein Knie gelegt. Und mein Vater hat gleich zu Minna gesagt, der passt ja wunderbar zu uns, den nehmen wir.“
Das Haus Sonnenwiese war eine Einrichtung der NS-Rassenorganisation Lebensborn. In den Heimen des 1935 auf Veranlassung von Heinrich Himmler gegründeten Vereins wurden kleine Kinder zwangsgermanisiert, ältere ab sechs Jahren kamen in sogenannte Heimschulen. Ihre wahre Identität verschwand hinter deutschen Namen und gefälschten Lebensläufen. Christoph Schwarz vom Verein „Geraubte Kinder – vergessene Opfer“:
„Dort wurden die Kinder dann zum Deutschtum gezwungen. Wenn sie polnisch sprachen, wurden sie geschlagen, wurden bestraft. Wenn die Kinder sich dann nicht eindeutschen ließen, wurden sie direkt wieder nach Lodz zurückdeportiert.“
Die Verantwortlichen des Vereins Lebensborn saßen 1947 auf der Anklagebank des alliierten Militärtribunals in Nürnberg. Aber sie kamen ungeschoren davon. In der Urteilsbegründung hieß es unter anderem:
„Der Anklagevertretung ist es nicht gelungen, mit der erforderlichen Gewissheit die Teilnahme des Lebensborn und der mit ihm in Verbindung stehenden Angeklagten an dem von den Nationalsozialisten durchgeführten Programm der Entführung zu beweisen.“
Die Lüge von den toten Eltern
In das Haus Sonnenwiese war 1942 auch Hermann Lüdeking verschleppt worden, angeblich ein Findelkind aus Lodz mit dem Namen Roman Rostakowski. Doch einen Jungen mit diesem Namen hat es dort nie gegeben. Seine wahre Herkunft kennt Hermann Lüdeking bis heute nicht. Aus dem sechsjährigen Roman wurde in Kohren-Salis Hermann. Nach einiger Zeit tauchte Maria Lüdeking in dem Heim auf. Sie suchte nach einem Ersatzkind für ihren im Krieg gefallenen Sohn.
„Anfang Dezember hat sie dann einen Anruf gekriegt, und dann hat man gesagt, sie könnte sich in Kohren-Salis ein Kind aussuchen. Und dann ist sie dahin gefahren. Ich habe unten gesessen mit meinem Spielkameraden. Und dann hat man uns raufgeholt in das Schwesternzimmer, und da hat die Oberschwester gesagt: Ja, Frau Lüdeking, da sind zwei Kinder, sie können sich eins aussuchen. Und dann hat sie gesagt, ‚ich nehm‘ den kleinen Hermchen, den werde ich mal wieder aufpäppeln, der sieht mir so krank aus‘.“
Der kleine Hermann konnte sich nicht über seine Pflegeeltern beklagen, sie behandelten ihn gut, waren aber überzeugte Nazis, worauf Himmler großen Wert legte. Beide waren Parteimitglieder, er Mitglied der SS, sie BDM-Führerin in Ostwestfalen-Lippe.
„Ich habe nie ein polnisches Wort gesprochen, ich habe immer Deutsch gesprochen. Ich hab nur mal gefragt, später mal, ich glaube, da war ich zehn oder elf, da habe ich gefragt, wer meine richtigen Eltern sind. Da hat meine Pflegemutter auch nur gesagt, das, was auch in der Geburtsurkunde steht: Vater tot, Mutter tot, sie leben nicht mehr.“
Heinrich Lüdeking und auch Folker Heinecke hatten Glück im Unglück. Sie wurden als Kinder entführt, kamen aber zu Pflegeeltern, die sie anständig behandelten. Dagegen wurde Janina Kunstowicz von ihrer Adoptivmutter misshandelt, mit Händen und Füßen ans Bett gefesselt und mit einem Riemen geschlagen. Die SS hatte sie 1941 als junges Mädchen aus einem polnischen Kinderheim in Posen in das Lebensborn-Heim Oberweis im Salzburger Land verschleppt. Die heute 85-Jährige ist schwer erkrankt, so dass ihre Tochter Bettina Grundmann-Horst für sie spricht.
„In Oberweis wurde sie dann von einer deutschen Lehrerin adoptiert, der das Amtsgericht attestiert hat, sie wäre zur Adoption aufgrund psychischer Störungen nicht geeignet. Sie hat dann irgendwie mit den Nazis einen Kuhhandel betrieben und hat illegal meine Mutter adoptiert, was dann im Laufe ihres Lebens dazu geführt hat, dass sie permanent versteckt wurde, von einer Schule auf die andere Schule.“
Denn nach dem Zweiten Weltkrieg suchte die leibliche Mutter ihre Tochter mithilfe des Internationalen Roten Kreuzes. Die Adoptivmutter versteckte daraufhin Janina, die inzwischen Johanna Kunzer hieß, und wechselte den Wohnort, um Nachforschungen zu erschweren. Nach dem Tod der Adoptivmutter beantragte Janina Kunstowicz 1989, wieder ihren polnischen Mädchennamen zu tragen. Doch das Regierungspräsidium Detmold lehnte dies ab:
„Sie haben keine Beweise erbracht, die zu einer neuen Beurkundung ihrer Geburt führen können. Sollten Sie weiter daran interessiert sein, Ihr Anliegen zu verfolgen, so müssen Sie mir nachvollziehbare Unterlagen vorlegen, aus denen zweifelsfrei zu ersehen ist, dass Sie mit Janina Kunsztowicz identisch sind.“
Eine absurde Argumentation: Deutsche Stellen hatten während der NS-Zeit Kinder verschleppt, mit einer falschen Identität ausgestattet und systematisch Dokumente über ihre Herkunft vernichtet. Jahrzehnte später fordern deutsche Behörden von den Betroffenen zweifelsfreie Unterlagen über ihre Geburt.
Ihre Mutter habe schließlich ein anthropologisches Gutachten in Auftrag gegeben, für das sie knapp 1.000 DM zahlen musste, erzählt Bettina Grundmann-Horst.
„Dieser Professor hat das Gutachten gemacht und hat zu 99,8 Prozent bestätigt, dass das Kind auf dem Bild meine Mutter ist mit der Geburtsurkunde in Polen. Und dann ging der Antrag los, dass sie ihre Papiere alle neu umschreiben musste.“
Janina Kunstowicz konnte schließlich wieder ihren polnischen Mädchennamen tragen, ihre leibliche Mutter aber lernte sie nie kennen.
„Meine Mutter hat auch Zeit ihres Lebens immer ihre Mutter noch weiter gesucht. Und sie hat immer wahnsinnig darunter gelitten, dass sie nicht gewollt war, dass jeder sie irgendwo abgegeben hat, dass sie nie richtig zu Hause war.“
„Ich leide ja heute noch drunter, dass ich nicht weiß, wer meine Eltern sind“
Was Bettina Grundmann-Horst von ihrer Mutter erzählt, trifft auch auf andere geraubte Kinder zu: Sie sind traumatisiert und leiden bis ins Alter unter Verlustängsten. Nur mühsam konnten sie sich aus der problematischen Beziehung zu ihren Pflegeeltern lösen. Es fällt ihnen schwer, dauerhafte Partnerschaften und normale Beziehungen zu ihren eigenen Kindern aufzubauen.
Hermann Lüdeking ist Vater von acht Kindern, Alexander Orlow ist kinderlos und hat nie in einer längeren Beziehung gelebt.
„Man will ja auch gerne wissen: Wie haben die Eltern ausgesehen, oder habe ich Geschwister oder habe ich keine Geschwister. Und das beunruhigt einen schon. Und ich leide ja heute noch drunter, dass ich nicht weiß, wer meine Eltern sind.“
„Ich wusste, dass die Ablösung von meiner Stiefmutter sehr schwer sein wird, weil die mich derartig vereinnahmt hat, quasi wie ein Stück Eigentum. Ich hatte mehrere Versuche unternommen, ich hatte mich damals gemeldet beim Deutschen Entwicklungsdienst, da wurde ich angenommen, und dann hat sie gedroht, sich umzubringen. Dann habe ich das abgeblasen. Und so habe ich dann immer weiter gelebt, bis ich dann so 30 war und dann mich selbstständig machte, und dann bin ich ausgezogen. Meinen jetzigen Geburtsnamen, den habe ich angenommen nach dem Tode meiner Stiefmutter, weil, das hätte ich nicht gewagt damals, diesen Namen zu tragen. Mir ist danach klar geworden, was diese Frau auf mich auch eine Macht, einen Druck ausgeübt hat.“
Obwohl die zwangsgermanisierten Kinder Leidtragende eines nationalsozialistischen Verbrechens sind, wurden sie in Deutschland bisher nicht als NS-Opfer anerkannt. Das Land Österreich hat den Betroffenen hingegen eine finanzielle Entschädigung in Höhe von rund 1.500 Euro zukommen lassen, eine bescheidene Summe, aber immerhin eine Geste. Die Bundesregierung hat dagegen entsprechende Vorstöße abgelehnt. Das CDU-geführte Finanzministerium stellte 2013 in einer Stellungnahme fest:
„Das Schicksal betraf im Rahmen des Kriegsgeschehens eine Vielzahl von Familien und diente der Kriegsstrategie. Es hatte nicht in erster Linie die Vernichtung oder Freiheitsberaubung der Betroffenen zum Ziel, sondern deren Gewinnung zum eigenen Nutzen. Hierbei handelt es sich um ein allgemeines Kriegsfolgenschicksal.“
„Für mich steht außer Zweifel, dass die Zwangsgermanisierten NS-Opfer sind. Nicht einfach nur Kriegsopfer, sondern NS-Opfer“, sagt dazu Günter Saathoff, Vorstand der Stiftung Erinnerung, Verantwortung, Zukunft, einer Organisation, die im Jahr 2000 im Rahmen der Entschädigung ehemaliger Zwangsarbeiter gegründet wurde und heute die Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus wachhält.
„Auch wenn die Zwangsgermanisierten nicht unter die Definition des Paragrafen 1 des Bundesentschädigungsgesetzes gehören, sind sie unzweifelhaft Opfer nationalsozialistischen Unrechts und müssen in dieser Eigenschaft auch gewürdigt werden.“
Das Bundesentschädigungsgesetz aus dem Jahr 1953 bezeichnet als NS-Opfer, wer aus politischen, rassischen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen verfolgt wurde. Aber zählen die geraubten Kinder nicht auch zu den rassisch Verfolgten? Schließlich wurden sie wegen ihres „arischen“ Aussehens verschleppt. Seit Jahren bemüht sich der Verein „Geraubte Kinder“ darum, dass die Gruppe der Zwangsgermanisierten vom Bundestag als NS-Opfer anerkannt wird, bisher vergeblich. Christoph Schwarz:
„Wir haben seit 2012 insgesamt viermal alle Bundestagsabgeordneten angeschrieben. Zwei Petitionen wurden negativ entschieden durch die Bundesregierung, und jeder Versuch ist im Prinzip kläglich gescheitert mit der Begründung, man habe kein Geld.“
Zu den Parlamentariern, die das Anliegen der geraubten Kinder unterstützen, gehören Ulla Jelpke von der Linken und der CDU-Abgeordnete Uwe Schummer.
„Das Wichtige ist meistens den Opfern ja gar nicht mal das Geld, was sie bekommen, sondern das Wichtige ist, dass sie anerkannt werden, dass ihnen ein Verbrechen zugefügt wurde.“
„Das ist eine Opfergruppe, die offenkundig überhaupt nicht im Zentrum der Anerkennung stand. Das Thema wird weiter bearbeitet, aber es ist ein dickes Brett. Die Regelung ist jetzt schon überfällig. Das müssen wir jetzt in dieser Zeit, wo die Menschen noch leben, auch versuchen, zumindest anzuerkennen.“
Die Bundesregierung sieht allerdings bisher keine Veranlassung, ihre Rechtsauffassung zu revidieren. Einzelne Betroffene haben deshalb inzwischen einen Antrag an den Härtefonds des Landes Nordrhein-Westfalen zur Unterstützung von NS-Opfern gestellt, unter anderen Bettina Grundmann-Horsts Mutter Janina Kunstowicz.
„Sie hat jetzt vor einer Woche den Entschädigungsbrief vom Land Nordrhein-Westfalen bekommen, dass meine Mutter eine Entschädigung bekommen hat – 3.600 Euro –, dass ihr dieses Unrecht widerfahren ist durch die Nazis.“
„Hier gibt es eine Leerstelle in unserer Erinnerungskultur“
In dem Schreiben heißt es unter anderem:
„Ich bedauere, dass Sie so lange um die Anerkennung Ihrer Identität und Ihres Schicksals als Opfer der nationalsozialistischen Rassenideologie kämpfen mussten. Das Ihnen zugefügte Unrecht des Nazi-Regimes ist bestürzend und beschämend zugleich.“
Womöglich kommt aufgrund solcher Einzelfallentscheidungen auf Landesebene noch einmal Bewegung in den Kampf um die bundesweite Anerkennung als NS-Opfer. Günter Saathoff von der Stiftung Erinnerung, Verantwortung, Zukunft:
„Es ist ein jahrzehntelanger Kampf und eine Selbstbefassung der Gesellschaft und der Politik geschuldet, dass man das Verständnis, was war überhaupt NS-Unrecht, erweitert hat, und das ging nicht ohne Widerstände. Und ohne politische Initiative, ohne Sinneswandel im Parlament und ohne politischen Druck wäre vieles für andere Gruppen auch nicht passiert. Ohne eine Lobby gibt es keine hinreichende Anerkennung. Ganz offensichtlich braucht die Politik eine mehrjährige Sensibilisierung, um zu erkennen: Hier gibt es eine Leerstelle in unserer Erinnerungskultur.“
Einzelne Bundestagsabgeordnete wollen sich daher weiter für die geraubten Kinder einsetzen, damit nicht das eintritt, was Hermann Lüdeking befürchtet.
„Was ich nicht verstehe, dass die Bundesregierung sich da quer stellt. Die warten jetzt noch fünf Jahre, und dann ist sowieso keiner mehr da.“
Geradezu makaber mutet es an, dass Alexander Orlow als bisher einzige Würdigung einen Ehrenplatz auf dem Hamburger Friedhof Ohlsdorf bekommen hat, zur Verfügung gestellt von der Geschwister-Scholl-Stiftung für Menschen, die unter einer schweren Verfolgung durch den Nationalsozialismus gelitten haben.
„Ich will ja noch nicht mal eine Entschädigung, ich will nur eine Anerkennung. Nicht, dass man das weiter bagatellisiert; vielleicht auch eine Entschuldigung dafür, dass man so da weggeschleppt wurde von seiner Mutter. Wäre schon nicht so ganz schlecht.“
https://www.deutschlandfunk.de


„Deutsche Mutter, bist du bereit …“: Der Lebensborn und seine Kinder Taschenbuch – 1. Oktober 2010

Mythos Lebensborn Am Beispiel eines Lebensborn-Heims analysiert Dorothee Schmitz-Köster Arbeitsweise, Ideologie und Alltag der SS-Organisation - und setzt sich mit dem Mythos von "nationalsozialistischen Zuchtanstalten" auseinander. Sie berichtet von Frauen, die im Lebensborn entbunden oder gearbeitet haben. Und sie erzählt von Menschen, die dort auf die Welt kamen: unehelich Geborene, deren Väter geheim gehalten wurden, "Norweger-Kinder", die zuerst in Deutschland und nach dem Krieg in Schweden landeten, Lebensborn-Kinder, die in der DDR aufwuchsen. Ihre Biographien zeigen, wie weit Lebensborn in die Gegenwart hinein wirkt. Denn viele mussten erst lange recherchieren, bis sie wussten, wer ihr Vater ist, wo sie geboren wurden, was mit ihnen geschah.

 

Siehe auch:

 

 

Nationalsozialistische Rassenlehre
Lebensborn – Kinder für die Nationalsozialisten

Blonde Haare, blaue Augen, ein gesunder Körper – Hitlers Idealbild eines Menschen war die so genannte "arische Rasse". 1935 gründeten die Nationalsozialisten den Verein "Lebensborn", damit arische Frauen in Lebensborn-Heimen arische Kinder zur Welt bringen konnten.
Von Andrea Böhnke
"Genügend nordisches Blut"
Lebensborn für die Zukunft der Arier
"Eingedeutschte" Kinder aus dem Ausland
Das Schicksal der Kinder von Lidice
Die Verantwortlichen vor Gericht
Etikett "Lebensbornkind"
"Genügend nordisches Blut"
Laut der nationalsozialistischen Rassentheorie war die arische Rasse dazu bestimmt, über alle anderen Menschen zu herrschen. Auch deshalb befahl Adolf Hitler die Ermordung aller Juden.
Doch Heinrich Himmler, der Reichsführer der so genannten Schutzstaffel (SS) und Vertrauter von Hitler, brachte noch einen weiteren Gedanken ins Spiel: Die Arier müssten nicht nur vor dem schlechten Einfluss geschützt werden, den Juden, kranke und behinderte Menschen angeblich hatten. Sie müssten selbst auch mehr Nachwuchs produzieren, um die Zukunft ihrer Rasse zu sichern.
Mithilfe von Lebensborn wollte Himmler die Geburtenrate arischer Frauen erhöhen. Für die Nazis war der Verein eine Art Lebensbrunnen, aus dem sie neuen Nachwuchs gewinnen wollten – Born war früher ein anderes Wort für Quelle.
"Unser Volk steht und fällt damit, ob es genügend nordisches Blut hat, ob dieses Blut sich vermehrt oder zu Grabe geht, denn geht es zu Grabe, so bedeutet es das Ende des ganzen Volkes und seiner Kultur", sagte Himmler 1938 in einer Rede vor der Auslandsorganisation der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP).
Zwar waren die Familien von SS-Angehörigen in der Regel kinderreich, aber viele ledige Frauen trieben ihre Babys ab. Einige waren Geliebte der SS-Männer und fürchteten um ihren Ruf. Himmler dagegen sah in den Abtreibungen vor allem einen Verlust von arischem Nachwuchs und wollte sie mit aller Macht verhindern.
Lebensborn für die Zukunft der Arier
"Heilig soll uns sein jede Mutter guten Blutes" – unter diesem Leitspruch gründete Heinrich Himmler am 12. Dezember 1935 den Verein Lebensborn.
Zwischen 1936 und 1945 ließ er mehr als 20 Heime errichten. In diesen sollten Mütter, die ein uneheliches Kind erwarteten, während der Schwangerschaft betreut und unterstützt werden. Aufgenommen wurden jedoch nur Frauen, die "rassisch und erbbiologisch wertvoll" waren, wie es in der Satzung des Vereins hieß. Organisatorisch gehörte Lebensborn zur SS, durch ihre Mitglieder finanzierte er sich auch.
Jedes Lebensbornheim hatte ein eigenes Standesamt und eine polizeiliche Meldestelle – so war vollkommene Anonymität gewährleistet. Wer wollte, konnte das Heim nach der Geburt verlassen, ohne dass irgendjemand von der Schwangerschaft erfuhr. Die Kinder kamen dann in Obhut des Lebensborn. Wenn möglich, wurden sie an Pflegeeltern vermittelt, meist Mitglieder der SS oder andere Systemtreue.
Das erste Lebensbornheim wurde am 15. August 1936 in Steinhöring bei München eröffnet. Weitere Häuser folgten unter anderem in Wernigerode im Harz (1937) und Hohehorst bei Bremen (1937).
Auch in den von den Nazis besetzten Gebieten gab es die Mutter-Kind-Häuser, etwa in Norwegen, Frankreich und Belgien. Denn es kam öfter vor, dass Wehrmachtssoldaten mit den Frauen vor Ort eine Affäre begannen. Ihre Kinder, so wollte es Himmler, sollten in den Heimen im Sinne des Nationalsozialismus erzogen werden.
Viele Menschen hielten die Lebensbornheime daher auch für Zuchthäuser. Es gab Gerüchte, Männer der SS träfen sich in den Heimen mit ausgewählten Frauen, um anonymen Geschlechtsverkehr zu haben. Von wilden Orgien war die Rede, in denen die SS-Männer möglichst viele arische Frauen schwängern sollten. Das bestätigte sich jedoch nie.
Etwa 8000 bis 9000 Kinder kamen zwischen 1936 und 1945 in deutschen Lebensbornheimen zur Welt. Genaue Zahlen gibt es nicht, da viele Dokumente nach dem Krieg verloren gingen oder zerstört wurden.
Originalaufnahme eines Lebensbornheims: Eine Betreuerin beugt sich über die Wiegen von Säuglingen.Etwa 8000 Kinder kamen in deutschen Lebensbornheimen zur Welt
"Eingedeutschte" Kinder aus dem Ausland
Einige Jahre nach Gründung des Lebensborns musste Himmler feststellen, dass sein Projekt nicht den gewünschten Erfolg brachte. In den Heimen kamen weitaus weniger Kinder zur Welt, als er sich erhofft hatte.
Eine neue Strategie musste her: Wenn die Arier in Deutschland nicht genug eigene Kinder bekamen, sollten andere die Lücke füllen. Himmler ordnete daher an, Kinder aus dem Ausland in deutsche Lebensbornheime zu bringen und ihnen dort eine neue deutsche Identität zu geben.
Von 1942 an setzten Himmlers Gefolgsleute seinen Plan in die Tat um. Vor allem im Osten, etwa Polen oder Tschechien, suchten sie nach Kindern, die arisch aussahen. Hatten sie welche gefunden, trennten sie diese von ihren Eltern und brachten sie nach Deutschland.
In den Lebensbornheimen mussten sich die Kinder dann einer "rassenhygienischen Untersuchung" unterziehen. Wen die Nazis für arisch erklärten, der musste im Heim bleiben oder kam in eine Pflegefamilie.
Die Namen der Kinder wurden eingedeutscht, ihre wahre Identität verschwand hinter gefälschten Lebensläufen. Einige Lebensbornkinder fanden erst Jahrzehnte später heraus, dass sie aus einer polnischen oder tschechischen Familie stammten.
Ein Mann in Uniform hört ein Mädchen mit einem Stethoskop ab.Eine junge Frau wird in Lebensborn untersucht
Das Schicksal der Kinder von Lidice
Bekannt ist vor allem das Schicksal der sogenannten Lidice-Kinder. Am 9. Juni 1942 fielen deutsche Polizeikräfte unter dem Kommando von SS-Offizieren mit Unterstützung der tschechischen Protektoratsgendarmerie in das Dorf Lidice in Tschechien ein. Sie wollten sich für einen Anschlag auf den damaligen Leiter des Reichssicherheitshauptamts, Reinhard Heydrich, rächen.
Einen Tag nach ihrem Einmarsch erschossen die Nazis alle Männer von über 15 Jahren, die Frauen von Lidice wurden von ihren Kindern getrennt und in das KZ Ravensbrück deportiert. Schwangere wurden nach Prag gebracht und kamen nach der Entbindung auch nach Ravensbrück. Fast 100 Kinder verschleppten die Deutschen aus Lidice, um diese unter "rassenhygienischen" Gesichtspunkten auszuwählen. Etwa ein Dutzend der Kinder erklärten deutsche Rassenhygieniker für arisch und brachten sie in deutsche Lebensbornheime. Dort wurden sie, wie die anderen deportierten Kinder, "eingedeutscht". 81 Kinder aus Lidice wurden im Vernichtungslager Kulmhof ermordet.
Die Verantwortlichen vor Gericht
Als der Krieg 1945 vorbei war, mussten sich einige Mitglieder des Lebensbornvereins für ihre Taten vor Gericht verantworten. Der Gründer Heinrich Himmler entzog sich allerdings seiner Verantwortung, indem er am 23. Mai 1945 Selbstmord beging.
Max Sollmann, Geschäftsführer des Lebensborn, wurde jedoch angeklagt – ebenso wie der ärztliche Leiter der Heime, Gregor Ebner. Neben ihnen saßen zwölf weitere SS-Mitglieder mit auf der Anklagebank. Sie alle wurden beschuldigt, den Rassenwahn der Nationalsozialisten in die Tat umgesetzt zu haben.
Am 1. Juli 1947 begannen die Verhandlungen gegen Himmlers Gefolgsleute. Sie fanden innerhalb des Prozesses um das Rassen- und Siedlungshauptamt der SS statt. Er war einer der zwölf Nürnberger Prozesse und wurde vor dem Militärgerichtshof I der USA in Nürnberg verhandelt. Es ging darin nicht nur um den Verein Lebensborn, sondern auch um verschiedene andere SS-Einrichtungen.
Angeklagte im Nürnberger ProzessBei den Nürnberger Prozessen mussten sich viele hochrangige NS-Leute verantworten
Im Laufe der Verhandlungen versuchten die Angeklagten glaubhaft zu machen, der Lebensborn sei eine Art Wohltätigkeitsorganisation gewesen. Und sie hatten Erfolg: In ihrem Urteil vom 10. März 1948 erklärten die Richter Lebensborn zu einer karitativen Einrichtung. Die Angeklagten wurden nicht wegen ihrer Tätigkeit im Lebensborn, sondern wegen ihrer SS-Zugehörigkeit für schuldig befunden. Ihre Strafe galt durch die Untersuchungshaft aber bereits als abgesessen.
Im Zuge der Entnazifizierungsverfahren von 1950 an mussten sich jedoch einige Lebensbornaktivisten erneut vor Gericht verantworten, darunter Sollmann und Ebner. Die Richter der Münchener Hauptspruchkammer zweifelten an der Unschuld der Beschuldigten.
Die Beweislage war allerdings dünn, da zum Beispiel Zeugen, die in Nürnberg noch gegen Sollmann und Ebner ausgesagt hatten, nun schwiegen oder anderes behaupteten. Die Täter kamen daher mit Freisprüchen oder geringen Strafen wie etwa gemeinnütziger Arbeit oder Geldstrafen davon.
Etikett "Lebensbornkind"
Von den Nazis waren die Lebensborn-Kindern verehrt worden, doch nach Ende des Nationalsozialismus in Deutschland wollte zunächst niemand etwas von ihnen wissen. Viele Lebensbornkinder hatten mit Vorurteilen zu kämpfen, Mitschüler und Nachbarn beleidigten oder mieden sie. Das Etikett "Lebensborn-Kind" haftete ihnen auch Jahre später noch an.
Viele ehemalige Heimkinder litten und leiden ihr Leben lang unter den Folgen. Sie sind ohne Vater oder auch Mutter aufgewachsen oder wurden von Menschen belogen, denen sie vertrauten. Die Ungewissheit, wo sie geboren wurden oder wer ihre Eltern waren, nagt an ihnen. Manche versuchen ihre Erfahrungen zu verarbeiten, indem sie Bücher schreiben oder sich in Vereinen organisieren, die Daten über die Heime zusammentragen.
(Erstveröffentlichung: 2013. Letzte Aktualisierung: 17.03.2022)
https://www.planet-wissen.de/


Himmlers Kinder: Zur Geschichte der SS-Organisation „Lebensborn e.V.“ 1935-1945 Gebundene Ausgabe – 22. September 2011

Nominiert für den Opus Primum Nachwuchspreis 2012 der Volkswagenstiftung. „Wir haben damals keine Liebe bekommen.Wie krank diese Kinderseelen waren! Das ist unbegreiflich! Und daraus sollte die neue Elite entstehen?!“ - Ein ehemaliges „Lebensborn“-Kind - Für die SS waren Kinder – sofern sie bestimmten erbhygienischen und rassenbiologischen Gütekriterien entsprachen – in erster Linie die Garanten für den ewigen Erhalt des deutschen Volkes und die andauerndeErneuerung der arischen Rasse. Nicht ihr Wert an sich oder für ihre jeweiligen Eltern war letztlich entscheidend, sondern einzig und allein ihr Nutzen als „Menschenmaterial“ für die nationalsozialistische „Volksgemeinschaft“ im Besonderen und den deutschen „Volkskörper“ im Allgemeinen. Der von Reichsführer-SS Heinrich Himmler initiierte „Lebensborn e.V.“ trieb diese Auffassung, der zufolge Kinder hauptsächlich Mittel zum Zweck waren, auf die Spitze und war ein integraler Bestandteil innerhalb des weitverzweigten Herrschaftsapparates des „Dritten Reiches“. Als vereinsrechtliche Ausgründung und willfähriges Instrument der SS, deren Name schon damals als Synonym für Tod und Terror sowie Hass und Gewalt stand, muss der „Lebensborn“ daher zwingend in diesen Kontext von „Auslese“ und „Ausmerze“ sowiePronatalismus (Geburtenförderung) auf der einen und Antinatalismus (Geburtenverhütung) auf der anderenSeite eingeordnet werden. Wer also von den Schrecken und Verbrechen des NS-Regimes als dunkelstesKapitel deutscher Geschichte spricht, darf daher auch von der Geschichte des „Lebensborn“ nicht schweigen.


Was der „Lebensborn“ in Wirklichkeit war
In seinen deutschen Heimen wurden 8.000 bis 9.000 Kinder geboren

Der „Lebensborn” war keine karitative Einrichtung, wie ein US-Militärgericht nach dem Krieg in seinem Urteil fälschlicherweise behauptet hat. Dies war ein eindeutiges Fehlurteil. Auch war er keine Zuchtanstalt, in der ausgewählte Frauen und Männer für den “Führer” Kinder zeugten. Diese These, die viele Medienberichte glaubhaft machen wollen, ist schon lange widerlegt. Dennoch diente er auf spezifische Weise der nationalsozialistischen Bevölkerungs- und Rassenpolitik. Er wurde am 12. Dezember 1935 auf Veranlassung von Heinrich Himmler als eingetragener Verein gegründet und war organisatorisch in die SS eingebunden. Durch das Angebot einer verschwiegenen Geburt sollte er unverheiratete Frauen und Mädchen, die ein Kind erwarteten, von einer Schwangerschaftsunterbrechung abhalten. Im Deutschen Reich (einschließlich Österreich) besaß er neun Entbindungs- und zwei Kinderheime. Um im Krieg die unehelichen Kinder deutscher Besatzungstruppen unter deutschen Einfluss zu bringen, eröffnete der „Lebensborn e. V.” in Belgien, Frankreich, Luxemburg und Norwegen insgesamt zwölf Entbindungs- und Kinderheime, davon neun alleine in Norwegen. In seinen deutschen Heimen wurden 8.000 bis 9.000 Kinder geboren, von denen knapp die Hälfte unehelich war. Der Verein übernahm für jedes uneheliche Kind die Vormundschaft. Kinder, die von ihren Müttern zurückgelassen wurden, nahm der Verein für eine befristete Zeit in seine eigenen Kinderheime auf oder vermittelte sie in Familienpflege, Ziel war eine spätere Adoption. Bis Kriegsende stimmte Himmler aber nur in ca. 100 Fällen einer Adoption zu.
Lebensborn-Abzeichen: “Heilig soll uns sein jede Mutter guten Blutes”, im Kreis die Lebensrune, das SS-Zeichen und die Initialen HH für Heinrich Himmler, Reichsführer SS und Chef der Polizei
Frauen, die ein Kind erwarteten und sich beim „Lebensborn” um eine Heimaufnahme bewarben, wurden einer rassischen Auswahl unterworfen, die sich an den Auslesekriterien der SS orientierte. Während des Heimaufenthaltes wurde von ihnen ohne ihr Wissen ein rassisches Gutachten angefertigt. Auch wurden die Mütter gehalten, ihre Kinder anstelle der Taufe einer „SS-Namensgebung” zu unterziehen. Mit dieser Zeremonie wurden sie förmlich in die „SS-Sippengemeinschaft” aufgenommen. Jedes „Lebensborn”-Heim besaß ein eigenes Standesamt und eine polizeiliche Meldestelle. Mit Hilfe dieser beiden Einrichtungen wurde die Geheimhaltung der Geburten zum Teil durch gesetzwidrige Maßnahmen gewährleistet.
Ab 1942 beteiligte sich der „Lebensborn” an der Eindeutschung mehrerer hundert Kinder im Alter von wenigen Monaten bis 17 Jahren. Sie wurden aus Norwegen, Polen, der Ukraine, dem früheren Jugoslawien oder der ehemaligen Tschechoslowakei gegen den Willen oder ohne Wissen ihrer Eltern bzw. Erziehungsberechtigten nach Deutschland geschickt. Der Verein gab ihnen deutsche Namen, erzog sie in seinen Heimen ausschließlich in deutscher Sprache zu deutscher Lebensweise oder vermittelte sie in deutsche Pflegefamilien. Auch sie sollten später adoptiert werden.
Ein Teil der unehelich geborenen Kinder und die aus dem besetzten Ausland verschleppten Kinder erlebten in ihren prägenden Kindheitsjahren nie die Geborgenheit und Wärme einer Familie. Sie wurden von Heim zu Heim geschickt oder mussten vielfach die Pflegefamilie wechseln. Häufig wurde ihnen ihre Herkunft auch im späteren Lebensalter verschwiegen. Selbst wenn sie bei ihren leiblichen Müttern aufwuchsen, erfuhren sie oft nicht die Wahrheit über ihre Geburt. Die Kinder erlebten die Trennung von Mutter oder Eltern, das Fehlen von engen Bezugspersonen oder die Lügengeschichten der Mütter als elementaren Vertrauensbruch. Er prägte sie für den Rest ihres Lebens.
Da die vom „Lebensborn” geführten Standesamtsunterlagen bei Kriegsende verloren gingen, suchen die in seinen Heimen geborenen Kinder zum Teil bis heute nach ihren leiblichen Eltern. Ähnlich erging oder ergeht es den aus dem Ausland nach Deutschland gewaltsam verbrachten Kindern. Aufgrund ihrer eingedeutschten Namen und der gezielten Vernichtung von Akten konnten sie nach dem Krieg nicht alle identifiziert und in ihre Heimatländer repatriiert werden. Die Zahl derer, die noch heute in der Bundesrepublik Deutschland ohne Kenntnis ihrer Eltern oder wahren Nationalität leben, ist nicht bekannt.
https://lebensspuren-deutschland.eu/der-lebensborn/

The Lebensborn Legacy (English Edition)

The aftermath of Hitlers plans for a master race linger on as a survivor embarks on a murderous rampage .






Der „Lebensborn e.V.“ der SS

> NS-Regime > Innenpolitik
Der "Lebensborn" war weder eine karitative Einrichtung, wie es nach dem Krieg in dem Urteil eines US-Militärgerichts steht, noch war er eine Züchtungsanstalt, in der ausgewählte Männer und Frauen Kinder zeugten. Diese Vorstellung wurde ausgelöst durch Aufrufe von Reichsführer-SS Heinrich Himmler und dem "Stellvertreter des Führers" Rudolf Heß nach Kriegsbeginn Ende 1939: Soldaten sollten, bevor sie an die Front gingen, Kinder auch außerhalb der Ehe zeugen. Partei und "Lebensborn" würden sich notfalls um Mutter und Kind kümmern. Auch wenn der "Lebensborn" nicht für die Zeugung außerehelicher Kinder zur Verfügung stand, so diente er dennoch - ausgehend von der NS-Rassenideologie - auf spezifische Weise der nationalsozialistischen Bevölkerungs- und Rassenpolitik. Ziel war die Geburt möglichst vieler "rassisch wertvoller" Kinder. Denn Hitler benötigte für seine Kriegs- und Eroberungspläne ein millionenfaches Heer an Soldaten und Arbeitskräften.
KAPITELÜBERBLICK
JAHRESCHRONIKEN
Geschätzte 700.000 jährlich durchgeführte Abtreibungen beeinträchtigten aber die gewünschte hohe Geburtenrate. Unverheiratete Frauen nahmen seinerzeit einen Schwangerschaftsabbruch vor, um einer Diffamierung und sozialen Ausgrenzung zu entgehen. Damit diese Kinder dem Deutschen Reich nicht "verloren gingen" verfiel Heinrich Himmler auf die Idee, Möglichkeiten zur verschwiegenen Geburt zu schaffen. Er glaubte, damit würde der Grund für eine Abtreibung entfallen. Dies war die Geburtsstunde des "Lebensborn e. V." Der Verein wurde am 6. Dezember 1935 gegründet und war organisatorisch in die SS eingebunden. Im Deutschen Reich (einschließlich Österreich) besaß er neun Entbindungs- und zwei Kinderheime. Um im Krieg die unehelichen Kinder deutscher Besatzungstruppen unter deutschen Einfluss zu bringen, eröffnete er in Belgien, Frankreich, Luxemburg und Norwegen insgesamt 13 Entbindungs- und Kinderheime, davon zehn allein in Norwegen. Zwischen 1936 und 1945 kamen in seinen deutschen Heimen 8.000 bis 9.000 Kinder zur Welt, von denen knapp die Hälfte unehelich war. Außerdem wurden in Norwegen insgesamt 9.000 Kinder überwiegend unehelich geborenen.
Der "Lebensborn" übernahm für jedes in einer seiner Einrichtungen unehelich geborenes Kind die Vormundschaft. Er war daran interessiert, dass die Kinder möglichst bei ihren Müttern aufwuchsen. Darum war er bei der Arbeitsplatz- und Wohnungssuche behilflich. Konnten Kinder nicht bei ihren Müttern leben, nahm er sie für eine befristete Zeit in seine eigenen Kinderheime auf oder vermittelte sie in Pflegefamilien. Einer Adoption stimmte er nur in circa 100 Fällen zu. Der Beistand des "Lebensborn" für Mutter und Kind war keine karitative Hilfeleistung, sondern die Ausnutzung der Notlage lediger werdender Mütter für politische Zwecke. Bewarben sich Frauen um eine Heimaufnahme, wurden sie anhand rassischer Kriterien ausgewählt, so wie es auch bei der SS üblich war. Während ihres Heimaufenthaltes wurde zudem ohne ihr Wissen ein rassisches Gutachten angefertigt. Auch wurden die Mütter dazu angehalten, ihre Kinder anstelle der Taufe einer "SS-Namensgebung" zu unterziehen, um sie symbolisch in die "SS-Sippengemeinschaft" aufzunehmen. Die Geheimhaltung der Geburten wurde durch Standesämter und polizeiliche Meldestellen in den Heimen gewährleistet. Diese unterdrückten die gesetzlich vorgeschriebene Weitermeldung der Beurkundungen.
Befehl von Himmler an die SS und die Polizei zur "Aktion Lebensborn", 1939
Ab 1942 beteiligte sich der "Lebensborn" an der Eindeutschung mehrerer hundert Kinder und Jugendlichen im Alter von wenigen Monaten bis 17 Jahren. Sie waren aus dem damaligen Jugoslawien, aus Norwegen, Polen oder der früheren Tschechoslowakei gegen den Willen oder ohne Wissen ihrer Eltern oder Erziehungsberechtigten nach Deutschland verschleppt worden. Der "Lebensborn" gab ihnen deutsche Namen, erzog sie in seinen Heimen zu vermeintlich deutscher Lebensweise oder vermittelte sie in deutsche Pflegefamilien zum Zwecke einer späteren Adoption. Gleichzeitig stellte er ihnen neue Geburtsurkunden mit deutscher Nationalität aus.
Nach den rassenideologischen Vorstellungen der „Lebensborn“-Verantwortlichen sollte die Auslese der werdenden Mütter „minderwertigen“ Nachwuchs verhindern. Dennoch wurden in den „Lebensborn“-Heimen Kinder mit schweren Behinderungen geboren. Sie wurden sofort in sogenannte Kinderfachabteilungen überwiesen. Dort wurden sie im Rahmen der „Kindereuthanasie“ ermordet. Bislang sind 17 getötete „Lebensborn“-Kinder bekannt.
Die Schicksale der unehelichen "Lebensborn"-Kinder waren sehr unterschiedlich. Die meisten blieben für mehrere Monate, manche für ein bis zwei Jahre in einem "Lebensborn"-Heim. Ein Teil von ihnen wurde von Heim zu Heim, von Pflegefamilie zu Pflegefamilie geschoben, bis sie, häufig erst nach dem Krieg, von einem kinderlosen Ehepaar auf Dauer aufgenommen wurden. Andere Kinder kehrten nach unterschiedlich langer Zeit der Trennung von ihren Müttern zu ihnen zurück, nachdem sich deren Lebenssituation stabilisiert hatte. Fast allen unehelich geborenen "Lebensborn"-Kindern ist gemeinsam, dass ihnen von ihren Müttern oder ihren Adoptiveltern die Herkunft verschwiegen wurde.
Schwester mit Kinderwagen in einem Lebensbornheim, 1943
Es gibt daher "Lebensborn"-Kinder, die überhaupt keine Kenntnis über ihre familiären Wurzeln haben, zumal die vom "Lebensborn" geführten Standesamtsunterlagen bei Kriegsende vernichtet wurden. Diese Kinder suchen teilweise bis heute nach ihren leiblichen Eltern. Ähnlich erging oder ergeht es den aus dem Ausland nach Deutschland verschleppten Kindern. Aufgrund ihrer eingedeutschten Namen und der gezielten Vernichtung von Akten konnten sie nach dem Krieg nicht alle identifiziert und in ihre Heimatländer zu ihren Familien zurückgebracht werden. So lebt von ihnen eine unbekannte Anzahl noch heute in der Bundesrepublik, ohne zu wissen, dass ihre Eltern eine andere Nationalität besaßen. Initiativen wie der Verein Lebensspuren kümmern sich seit Jahren um die Interessen der Lebensbornkinder und die geschichtliche Aufarbeitung des "Lebensborn e.V.".
Georg Lilienthal
© Deutsches Historisches Museum, Berlin
29. April 2020
Text: CC BY NC SA 4.0
https://www.dhm.de/

Schicksal Lebensborn: Die Kinder der Schande und ihre Mütter Broschiert – 1. August 2004

Mit dem Frieden kam das Leiden. Nach dem Abzug der nationalsozialistischen Besatzer wurden tausende norwegische Kinder von ihren Landsleuten beschimpft, schikaniert und misshandelt. Sie galten als »Kinder der Schande«, da ihre Mütter sich mit deutschen Soldaten eingelassen hatten. Der Historiker Kåre Olsen schildert das Schicksal von Menschen, für die der Krieg bis heute nicht vorüber ist, und bringt Licht in ein dunkles und beinahe vergessenes Kapitel Kriegsgeschichte.




Lebensborn: Sex für Führer, Volk und Vaterland

DRITTES REICH
Stand: 07. Dezember 2021, 12:02 Uhr
Um die Lebensborn-Heime ranken sich immer noch wilde Gerüchte: Waren es Bordelle für potente SS-Männer, die dort mit arischen blonden Frauen Sex haben sollten? Die Schriftstellerin Sybille Lewitscharoff sprach 2014 in ihrer "Dresdner Rede" von "Kopulationsheimen" der Nazis. Tatsächlich waren es rassistische Zuchtanstalten, aus denen eine neue "arische Elite" hervorgehen sollte. Der Lebensborn e.V. wurde am 12. Dezember 1935 von SS-Chef Himmler gegründet.
Es war eine der wahnhaften Ideen der Nationalsozialisten: Durch Züchtung wollte man eine arische Rasse hervorbringen. Besonders SS-Chef Heinrich Himmler war davon besessen. Am 12. Dezember 1935 gründete er in Berlin den Lebensborn e.V. mit dem Ziel: "Rassisch und erbbiologisch wertvolle werdende Mütter unterzubringen und zu betreuen, bei denen nach sorgfältiger Prüfung der eigenen Familie und der Familie des Erzeugers […] anzunehmen ist, dass gleich wertvolle Kinder zur Welt kommen, für diese Kinder zu sorgen, für die Mütter der Kinder zu sorgen", wie es in der Satzung heißt.
Getauft mit dem SS-Dolch
Das erste Lebensborn-Heim wurde am 15. August 1936 in Steinhöring in Oberbayern eröffnet. Weitere sollten folgen, überall in Deutschland. Es waren bestens ausgestattete Entbindungs- und Erziehungsheime. Auch in Österreich und später im besetzten Norwegen, Belgien, Frankreich und Luxemburg wurden solche Heime eingerichtet. Hier sollten deutsche Frauen dem "Führer" Adolf Hitler "arischen" Nachwuchs in großer Menge schenken. Besonders unverheiratete Frauen, die von einem "arischen" Mann schwanger waren, konnten in diesen Heimen ihre Kinder zur Welt bringen und in den ersten Monaten nach der Geburt betreuen. Hochrangige Funktionäre schoben ihre schwangeren Geliebten in diese Heime ab, ohne dass die Ehefrauen davon etwas mitbekamen. Ein eigenes Standes- und Meldeamt garantierte, dass die Geburt geheim gehalten wurde. Denn eine uneheliche Geburt galt damals als Schande. Außerdem versprach Himmler, für alle "ehelichen und unehelichen Kinder guten Blutes, deren Väter im Krieg gefallen sind", würden nationalsozialistische Vormünder gefunden.
Die Lebensborn-Heime waren aufgrund des Stigmas der uneheligen Geburt abgelegen und streng von der Öffentlichkeit abgeschirmt. Auch deshalb entstanden Gerüchte über rauschende Sex-Orgien, bei denen stramme SS-Männer ihrer Lust freien Lauf lassen konnten. Denn die Anwohner dieser Heime sahen dort ständig schwangere Frauen und Uniformierte ein- und ausgehen.
In deutschen und österreichischen Lebensborn-Heimen kamen 11.000 Babys auf die Welt. Es gab ein spezielles "Taufritual": Den Neugeborenen wurde ein silberner SS-Dolch auf den Körper gelegt, als Zeichen dafür, dass sie von nun an zur "arischen" Gemeinschaft gehören. Oft wurden die Kinder zur Adoption freigegeben und vor allem in stramm nationalsozialistische Familien vermittelt.
Nazis als Kinderräuber
Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges wurden die SS-Männer des Lebensborn-Vereins auch in den besetzten Ländern aktiv. Sie verschleppten rücksichtslos Kinder aus Mittel- und Osteuropa, die in den Augen der Rassenfanatiker "gutes Blut" besaßen, weil sie blond und blauäugig waren.
Diese Kinder wurden brutal aus ihren Familien gerissen und gegen den Willen ihrer Eltern in deutsche und österreichische Lebensborn-Heime gebracht. Dort wurden sie "eingedeutscht": Aus Kostja wurde Konstantin, aus Barbara Bärbel und aus Roman Herrmann. Immer wieder wurden die Kinder untersucht, nach Augenabstand, Nasenbreite, Schädelform. Wenn die Kinder ihre Heimatsprache benutzten, also beispielsweise polnisch sprachen, wurden sie bestraft und geschlagen. Die ursprüngliche Identität sollte ausgelöscht werden. Deshalb wurden in den Lebensborn-Heimen auch die Geburtsorte und -daten der Kinder gefälscht und die alten Unterlagen vernichtet.
An den Wochenenden kamen kinderlose Ehepaare in die Heime, suchten sich Kinder aus und gingen mit ihnen spazieren. Mit gefälschten Geburtsurkunden wurden die geraubten Kinder in deutsche Familien vermittelt, vor allem an überzeugte Nationalsozialisten. Es waren tausende Kinder, die auf diese Weise geraubt worden sind und deren Kindheit auf diese Weise ausgelöscht wurde. Genaue Zahlen sind bis heute nicht bekannt, die Angaben schwanken zwischen 50.000 und 200.000 Fällen.
Die schwierige Suche nach den geraubten Kindern
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges suchten überlebende Eltern ihre gestohlenen Kinder. Die Anfragen wurden oft über das Internationale Rote Kreuz gestellt. Ein langwieriger und komplizierter Prozess begann. Denn alle Unterlagen, welche die Identität der geraubten Kinder bestätigen konnten und ihren alten Namen enthielten, waren von den Nationalsozialisten vernichtet worden. Wurden sie gefunden, hatten die Kinder inzwischen neue Namen und fühlten sich aufgrund der Erziehung als Deutsche. Nun waren sie hin- und hergerissen zwischen den leiblichen Eltern und den Adoptiveltern, bei denen sie jahrelang gelebt haben. Viele fühlten sich der alten Heimat entfremdet, waren nationalsozialistisch erzogen worden und verstanden die alte Sprache nicht mehr.
Lebenslänglich Lebensborn
Die meisten von ihnen leben bis heute in Deutschland, ohne die Details ihrer Vergangenheit zu kennen. Sie sind traumatisiert, leiden zeitlebens unter Verlustängsten und haben Schwierigkeiten, Beziehungen und Bindungen einzugehen. Von den insgesamt 250.000 Kindern, die während des Krieges ihren leiblichen Eltern entrissen und geraubt wurden, sind gerade einmal 25.000 in ihre alte Heimat zurückgekehrt. Viele Lebensborn-Kinder vermeiden es, über ihre Herkunft zu sprechen. Sie fürchten die Macht der Mythen, die sich um die Organisation ranken und die ein schlechtes Licht auf die Mutter, den Vater und auch auf sie selbst werfen.
Über dieses Thema berichtete MDR ZEITREISE auch im:
TV | 22.08.2017 | 21:15 Uhr
https://www.mdr.de/


Lebensborn

von Annemone Christians-Bernsee
Der Verein Lebensborn e. V. war eine Körperschaft der Schutzstaffel (SS) mit Sitz in Berlin bzw. ab 1938 in München, die zwischen 1935 und 1945 europaweit über 20 Heime für unverheiratete schwangere Frauen, junge Mütter und deren Kinder betrieb. Diese mussten den Maßstäben der nationalsozialistischen „Erb- und Rassenlehre“ genügen und als „wertvoll“ gelten. Mit dem Lebensborn trug die SS in spezifischer Weise zu den pronatalistischen Elementen der NS-Bevölkerungspolitik bei. Bis 1939 wurden sechs Lebensborn-Heime auf dem Gebiet des Großdeutschen Reichs eingerichtet, das erste 1936 im oberbayerischen Steinhöring (Lkr. Ebersberg). Weitere Heime unterhielt der Verein in von der Wehrmacht während des Zweiten Weltkrieges besetzten Ländern, vor allem in Norwegen, einzelne auch in Belgien, Frankreich sowie in den Niederlanden. Ab 1942 wirkte der Verein zudem aktiv an Raub und Verschleppung von Kindern aus den vom Deutschen Reich besetzten und annektierten Gebieten mit. Diese sollten „eingedeutscht“ und damit Teil der NS-"Volksgemeinschaft“ werden.
Inhaltsverzeichnis
Gründung und Organisation des Lebensborns
Vereinszweck, Mitgliedschaft und Finanzierung
Aufnahme, Heimbetrieb und Vormundschaft
Die Lebensborn-Heime im Deutschen Reich und in den besetzten Gebieten
Lebensborn-Heime in Bayern
Das Lebensborn-Heim „Hochland“ in Steinhöring
Die Kinderheime Franken I und II in Ansbach-Schalkhausen
Der Lebensborn in Europa
Mythos und Nachgeschichte
Literatur
Quellen
Weiterführende Recherche
Empfohlene Zitierweise
https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/

„Zuchtstationen“, „Bordelle“ – Himmlers Gebär-Verein

Im Dezember 1935 gründete SS-Chef Heinrich Himmler den Verein Lebensborn. Sein Ziel war es, dem Regime „erbgesunden“ Nachwuchs zu liefern. Bald provozierte das Unternehmen wilde Gerüchte.
Veröffentlicht am 12.12.2015 | 
Von Antonia Kleikamp
Die Vorgabe war unmissverständlich. Der „völkische Staat“ müsse „Sorge tragen, dass nur wer gesund ist, Kinder zeugt“, schrieb Adolf Hitler im zweiten Band seiner Bekenntnisschrift „Mein Kampf“ 1926 und fuhr fort: „Umgekehrt aber muss es als verwerflich gelten: gesunde Kinder der Nation vorzuenthalten.“
Mittelbar auf diese Stelle aus der zentralen ideologischen Schrift des Nationalsozialismus ging der Verein Lebensborn zurück, der am 12. Dezember 1935 in Berlin gegründet wurde. Erster und bis zur Auflösung 1945 einziger Präsident war SS-Chef Heinrich Himmler; das gesamte männliche Personal stammte aus der SS-Hierarchie.
Ziel war es, „erbgesunden“ Nachwuchs zu fördern. Dazu diente das Angebot an ledige werdende Mütter rein „arischer Abstammung“, im Schutz eines Lebensborn-Heimes ihre Kinder zur Welt zu bringen und von dem Verein auch weiterhin unterstützt zu werden. Das Angebot war als Alternative zu illegalen, seinerzeit mit strengen Strafen bedrohten Schwangerschaftsabbrüchen gedacht – und als Möglichkeit, potenziellen SS-Nachwuchs bereits im Säuglingsalter zu rekrutieren.
Uneheliche Kinder galten in den 30er-Jahren wie auch noch mehrere Jahrzehnte später für Frauen als gesellschaftliches Stigma. Schon deshalb betrachteten vor allem verheiratete Frauen die Aktivitäten des Lebensborn e. V. mit großer Skepsis. Gerüchte verschärften diese ablehnende Haltung noch.
Als nämlich bald nach Kriegsbeginn schnell spürbar wurde, dass die weitaus meisten Gefallenen Männer zwischen 20 und 35 Jahren waren und bald schon wieder ein deutlicher Frauenüberschuss existieren würde, erließ Heinrich Himmler einen mindestens interpretationsfähigen Befehl. Am 28. Oktober 1939 ordnete er an: „Über die Grenzen vielleicht sonst notwendiger bürgerlicher Gesetze und Gewohnheiten hinaus wird es auch außerhalb der Ehe für deutsche Frauen und Mädel guten Blutes eine hohe Aufgabe sein können, nicht aus Leichtsinn, sondern in tiefstem sittlichem Ernst Mütter der Kinder ins Feld ziehender Soldaten zu werden.“
„Für die werdenden Mütter und für die Kinder“
Daher versprach er: „Für alle ehelichen und unehelichen Kinder guten Blutes, deren Väter im Kriege gefallen sind, übernehmen besondere, von mir persönlich Beauftragte im Namen des Reichsführers SS die Vormundschaft.“ Und darüber hinaus sagte Himmler zu: „Für alle während des Krieges erzeugten Kinder ehelicher und unehelicher Art wird die Schutzstaffel während des Krieges für die werdenden Mütter und für die Kinder, wenn Not oder Bedrängnis vorhanden ist, sorgen.“
Diese beiden Weisungen wurden gerade im weiblichen Teil der Bevölkerung als Aufforderung zu unehelichen Schwangerschaften und Polygamie ausgelegt. Himmlers Anordnung wurde unter der Hand als „Zuchtbefehl“ verstanden. Die dafür vermeintlich zuständige Einrichtung, so schien es dem Volksmund verbreitet, sollten die Lebensborn-Heime sein.
Bald hatten sie, in Wirklichkeit Gebärstationen für uneheliche Mütter und schwangere Witwen, den Ruf, „Kopulationsheime“ oder gar „SS-Bordelle“ zu sein. Die meist abgelegene, oft idyllische Lage der sechs 1939 bereits eingerichteten Lebensborn-Heime förderte Gerüchte.
In einer Denkschrift von Ende 1942 oder Anfang 1943 über die Grundsätze einer Regierung nach Hitler schrieb der konservative NS-Gegner Carl Friedrich Goerdeler zum Beispiel: „Mit der Zerreißung der Familien, den leichtfertig geschlossenen Ehen und der staatlichen Prämierung der unehelichen Kinder hat es ein Ende.“ Das war eine direkte Kritik an Himmlers Befehl.
Teil der Rasse- und Bevölkerungspolitik
Zwar war der Lebensborn e.V. keineswegs eine staatlich geförderte Zuchtstation. Gleichzeitig aber war er Teil der Rasse- und Bevölkerungspolitik der Nationalsozialisten. Denn laut Satzung hatte der Verein vor allem drei Aufgaben: „1. Rassisch und erbbiologisch wertvolle, kinderreiche Familien zu unterstützen. 2. Rassisch und erbbiologisch wertvolle werdende Mütter unterzubringen und zu betreuen, bei denen anzunehmen ist, dass gleich wertvolle Kinder zur Welt kommen. 3. Für diese Kinder zu sorgen.“
Entsprechend rücksichtslos ging es zu. In den besetzten Ländern Frankreich, Belgien und vor allem Norwegen wurden zusätzlich Lebensborn-Heime eingerichtet, in denen einheimische Frauen gebären konnten und sollten, die von deutschen Besatzungssoldaten schwanger geworden waren. Außerdem wurden, teilweise gegen den erklärten Willen der jungen Mütter, Kinder mit hohem „rassischem Wert“ verschleppt und in Lebensborn-Heimen im Sinne der NS-Ideologie erzogen.
Insgesamt wurden in den Heimen mehr als 12.000 Kinder geboren, etwa jedes zweite davon unehelich. Die Kinder wurden befristet in die eigenen Heime aufgenommen oder in Pflegefamilien vermittelt. „Ziel war eine spätere Adoption. Bis Kriegsende stimmte Himmler aber nur in rund 100 Fällen einer Adoption zu“, heißt es auf der Homepage des Vereins Lebensspuren, der sich um Betroffene kümmert.
Viele von ihnen litten ihr ganzes Leben lang unter der Entwurzelung. Etwa Gudrun S. Sie kam 1940 im Lebensborn-Heim in Wernigerode zur Welt und verbrachte ihre Kindheit bis 1945 in fünf dieser Häuser. „Meine biologischen Eltern kannte ich zunächst nicht“, berichtet die Frau. Später habe sie erfahren, dass ihre Mutter sie bereits vor ihrer Geburt dem Lebensborn überschrieben hatte: „Damit verlor sie alle Rechte auf mich, und von da an war der Lebensborn mein sogenannter Vormund, also Heinrich Himmler.“
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2.1 Online-Artikel zu Nazi-Lebensborn -Einrichtungen in Norwegen

Kinder der Schande - Norwegens dunkle Geschichte

KULTUR
Sie heißen "Kinder der Schande" - Söhne und Töchter norwegischer Frauen und deutscher Soldaten. In Oslo endete jetzt ein vielbeachteter Prozess. Einige "Kinder der Schande" hatten gegen den norwegischen Staat geklagt.
Datum 22.11.2001
Autorin/Autor Petra Tabeling
SS-Männer und norwegische Frauen sollten Kinder für den Führer zeugen (Filmszene aus "Spring of Life")
Anni-Frid Synni Lyngstad ist das wohl bekannteste Lebensborn-Kind. Als Sängerin der Kult-Popgruppe ABBA ist sie die einzige Prominente unter den "Kinder der Schande". Anni-Frid wurde kurz nach Ende des Krieges geboren, ihre minderjährige Mutter hatte eine Beziehung zu einem deutschen Soldaten. Als uneheliches Kind wuchs die Sängerin bei ihrer Großmutter in Schweden auf, auch um den Anfeindungen im eigenen Land zu entgehen. Andere konnten das nicht - Kinder deutscher Soldaten in Norwegen wurden weggegeben und oft in Heimen erzogen - aus Schande, denn sie galten nun als Produkt der deutschen Nationalsozialisten und Besatzer. Erst nach Jahrzehnten machen sie heute durch einen Gerichtsprozess auf ihre damalige Situation aufmerksam.
"Kinder für den Führer" - Das Lebensborn-Programm
Ausflug im Lebensborn-Heim
Erster Ausflug eines norwegischen Lebensborn-Heimes: Norwegische Kinderpflegerinnen auf einem Waldspaziergang zusammen mit Kindern deutscher Wehrmachtssoldaten (SS-Angehörige) und norwegischen Frauen im April 1943. Ca. 10 bis 12.000 Kinder stammen aus diesen Beziehungen, 5 bis 6.000 davon in Lebensborn-Heimen, dort wurden die Kinner im Sinne des Deutschen Reichs erzogen. Sie erhielten eine ausgewogene Ernährung, auf die Heinrich Himmler besonderen Wert legte. Der Chef der SS liess neun Lebensborn-Heime im besetzten Norwegen errichten.
1935 gründete Heinrich Himmler, Chef der SS, ein Programm namens "Lebensborn“. Eine eigens gegründete Abteilung im Rasse- und Siedlungsamt beschäftigte sich fortan mit Himmlers Lieblingsprojekt: der Sicherung der "arischen Rasse". Der Kinderreichtum der SS sollte unterstützt werden und "jede Mutter guten Blutes geschützt", so Himmler in seinen Reden an die SS und deutschen Frauen. Jede schwangere Frau, die einen arischen Abstammungsnachweis vorzeigen konnte, war unterstützungsberechtigt. Sie bekam Lebensmittelmarken, Geld oder eine bevorzugte Behandlung für die Entbindung. In eigenen Entbindungsheimen, sogenannte Lebensborn-Heime, wurden die Geburten betreut und die Kinder erzogen.
Nicht nur deutsche Frauen konnten dies in Anspruch nehmen, sondern auch Frauen in besetzten Ländern. Insgesamt gab es mehr als 20 Heime, in Deutschland, Belgien, Luxemburg und Frankreich.
Die norwegischen "Kinder der Schande"
In Norwegen gab es sogar neun Lebensborn-Heime. Himmler befand die norwegische Rasse als besonders arisch und wertvoll: stark, blond und blauäugig, so sollte der Nachwuchs sein.
SS-Offiziere mit Lebensborn-Kind
Deutsche SS-Offiziere bei einer Namensgebungsfeier eines Lebensborn-Kindes. Sie sollten die christlichen Taufen ersetzen. Bei dieser Nazi-Feier war der Vater und die Familie des Kindes anwesend. Heinrich Himmler wollte damit den arischen Nachwuchs sichern - im Sinne von "Kinder für den Führer". Ca. 10 bis 12.000 Kinder stammen aus diesen Beziehungen, 5 bis 6.000 davon in Lebensborn-Heimen, dort wurden die Kinner im Sinne des Deutschen Reichs erzogen. Sie erhielten eine ausgewogene Ernährung, auf die Heinrich Himmler besonderen Wert legte. Der Chef der SS liess neun Lebensborn-Heime im besetzten Norwegen errichten.
Etwa 350.000 deutsche Wehrmachtssoldaten hielten Norwegen während des Zweiten Weltkrieges besetzt. Und gingen, von Himmler gefördert, Beziehungen mit norwegischen Frauen ein. Es wird geschätzt, dass ca. 12.000 Kinder aus diesen Verhältnissen stammen. 5-6.000 von ihnen kamen in den Lebensborn-Heimen zur Welt. Ab 1941 wurden die "rassisch wertvollen" Kinder aus diesen Gebieten zwangsweise eingedeutscht. Nach Ende des Krieges wurde ihnen das in Norwegen zum Verhängnis: viele kamen in Erziehungsheime und wurden misshandelt. Die Erfahrungen zeichnet sie bis heute.
Das berichten die ehemaligen Lebensborn-Kinder nach Jahrzehnten des Schweigens. Paul Hansen, 58, weiß von unmenschlichen Lebensbedingungen in diesen Heimen zu berichten. Er kam als Sohn eines deutschen Luftwaffenpiloten sogar in eine Anstalt für geistig behinderte Kinder – obwohl geistig völlig gesund.
Paul Hansen
Der Norweger Paul Hansen, Kläger im "Oslo-Prozess", bei dem die norwegischen ehemaligen Lebensborn-Kinder Schadensersatz vom norwegischen Staat erstreiten wollen. Viele der während des zweiten Weltkrieges in den nationalsozialistischen Waisenheimen der Organisation Lebensborn aufgewachsenen Kinder geben an, nach dem Krieg Repressionen und körperlichen Mißhandlungen ausgesetzt worden zu sein.
Wiedergutmachung nach mehr als 55 Jahren
Ungefähr 170 der ehemaligen Lebensborn-Kinder haben sich 1997 zusammengefunden um gemeinsam den norwegischen Staat wegen Verletzung der Menschenrechte anzuklagen. Denn Paul Hansen, so Tor Brandacher, Sprecher der Gruppe, war kein Einzelfall. Tor, Sohn eines Schweizer Gebirgsjägers und einer Norwegerin, hatte Glück; er genoss „eine normale Kindheit“, so sagt er heute. Hunderten erging das anders. Sie berichten sogar von Vergewaltigungen und, wie Paul Hansen, von schwersten Misshandlungen in diesen Heimen. Norwegen habe seine Kinder wie Dreck behandelt, die Mauer des Schweigens müsse endlich aufgebrochen werden, beteuert Brandacher. Und fordert deshalb für die anderen Lebensborn-Opfern eine Wiedergutmachung, finanziell als auch moralisch.
Gerechtigkeit? Der Prozess in Oslo
Am 29.10.2001 startete in Oslo ein Prozess, in dem Brandacher und weitere Kläger den Staat verklagen. Der Prozess erregte großes Medieninteresse, für Tor ein Zeichen der Brisanz dieses Themas. Verbunden mit der Hoffnung auf eine Enthüllung der düsteren norwegischen Vergangenheit. Heute wies das Gericht die Klage zurück. Sie sei verjährt und die Schuld des Staates nicht nachweisbar. Die Kläger hatten jeweils bis zu zwei Millionen norwegische Kronen (253.000 Euro) verlangt.
"Wir sind bereit, weiterhin für unser Recht zu kämpfen", so Brandacher nach der niederschlagenden Nachricht. "Wir werden niemals aufgeben, wir kämpfen schon seit so vielen Jahren und werden das auch weiterhin tun. Dieser Fall wird niemals sterben".
Die Lebensborn-Kinder wollen nun den Weg zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg gehen.
Eine Ausstellung in Delmenhorst zeigt zum ersten Mal historisches Material, Dokumente und Gegenstände aus Lebensbornheimen: "Deutsche Mutter bist du bereit", Museen der Stadt Delmenhorst, Am Turbinenhaus 10-12 (bis zum 16.12.2001)
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Datum 22.11.2001
Autorin/Autor Petra Tabeling
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3. Jüdische Kindertransporte nach England als Schutz vor Verfolgung und Deportationen

Charles III. und Camilla besuchen Hamburg

Erste Station des britischen Königspaars in der Hansestadt ist das Denkmal "Kindertransport - der letzte Abschied". Die Skulpturengruppe erinnert an eine große Rettungsaktion für jüdische Kinder.

Datum 31.03.2023
König Charles III. (3. v. l.) an der Kindertransport-Gedenkstätte
Das Denkmal steht am Südausgang des Hamburger Dammtor-Bahnhofs. Winkend und durch Schirme vor dem Regen geschützt, gehen König Charles III., Königin Camilla, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, dessen Frau Elke Büdenbender und Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher mit Ehefrau zu der Skulpturengruppe. Die Frauen legen am Denkmal "Kindertransport - der letzte Abschied" weiße Rosen ab.
Die Skulpturengruppe stellt den Moment des Abschieds von zwei Kindern an einem Gleis dar, während eine junge Frau und vier weitere Kinder zurückbleiben. Das Denkmal erinnert an eine große Rettungsaktion vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs: Von Dezember 1938 bis August 1939 wurden mehr als 10.000 überwiegend jüdische Kinder per Zug und Schiff nach Großbritannien gebracht. 2006 hatte Charles eine ähnliche Skulptur mit dem Titel "Kindertransport - die Ankunft" am Bahnhof Liverpool Street Station in London eingeweiht, wo die jüdischen Kinder eintrafen.
Warten im Hamburger Regen auf die royalen Gäste
Trotz Regen kommen viele Hamburger, um einen Blick auf die royalen Gäste zu erhaschen
Die Kindertransport-Organisation in Deutschland und die Association of Jewish Refugees in Großbritannien arbeiten eng zusammen, um die Erinnerung nachfolgender Generationen an diesen gemeinsamen Moment der Geschichte wachzuhalten.
Gedenken auch an der zweiten Besuchsstation
Im Anschluss an den Besuch am Dammtor-Bahnhof legten der Monarch, der Bundespräsident und der Bürgermeister am Bombenkriegsmahnmal St. Nikolai Kränze nieder, zum Gedenken an die Weltkriegsopfer auf deutscher und britischer Seite. Die Kirche wurde, wie ganze Stadtviertel Hamburgs, während britischer und amerikanischer Luftangriffe zerstört. In Erinnerung blieb vor allem die berüchtigte sogenannte Feuersturmnacht vom 27. auf den 28. Juli 1943 mit mehr als 30.000 Toten. Der Turm der Kirche St. Nikolai diente den alliierten Bomberverbänden damals als Orientierungspunkt beim Anflug, in der Ruine des kriegszerstörten Gebäudes entstand später eine Gedenk- und Begegnungsstätte.
Deutschland l Besuch von König Charles an der Gedenkstätte der St. Nikolai-Kirche in Hamburg
Kranzniederlegung an der Gedenkstätte St.Nikolai
Das Königspaar war am dritten Tag seines Deutschlandbesuchs in einem regulären ICE der Deutschen Bahn von Berlin nach Hamburg gefahren. In der Hansestadt absolvierten sie unter anderem noch einen Besuch im Rathaus und eine Bootstour durch den Hafen. Es war die erste Auslandsreise des neuen britischen Monarchen. Wie zuvor bereits in Berlin und Brandenburg wurden Charles und Camilla auch in Hamburg von jubelnden Schaulustigen empfangen.
König Charles III. und Königin Camilla im ICE unterwegs nach Hamburg
Schweizer Architekten sollen Dokumentationszentrum bauen
An die Tausenden Juden, Sinti und Roma, die im Zweiten Weltkrieg vom damaligen Hannoverschen Bahnhof in Hamburg aus von den deutschen Nationalsozialisten in Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert wurden, soll künftig in einem Dokumentationszentrum erinnert werden. Das Schweizer Architekturbüro Boltshauser Architekten AG gewann mit seinem Entwurf den Wettbewerb für das Projekt, wie die Hamburger Kulturbehörde mitteilte.
Mehr als 8000 Menschen aus Hamburg und Norddeutschland wurden zwischen 1940 und 1945 über den Hannoverschen Bahnhof in die Lager gebracht. 2017 war im nahen Lohsepark bereits ein Gedenkort eingeweiht worden. Er markiert die Stelle des nach dem Krieg abgerissenen Hannoverschen Bahnhofs, wo die verfolgten Menschen in die Züge steigen mussten.
qu/jj (dpa, afp)
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HOLOCAUST
Kindertransporte: Flucht vor den Nazis

Zwischen 1938 und 1939 gelang eine umfangreiche Rettungsaktion meist jüdischer Kinder vor den Nationalsozialisten. Rund 10.000 fanden Schutz. Viele zahlten einen hohen Preis: Sie verloren ihre Familien für immer.
Datum 31.03.2023
Autorin/Autor Lisa Hänel
Die Kinder wurden mit provisorischen Dokumenten ausgestattet auf die Reise geschickt
Zwei Kinder auf der einen Seite, eine Frau mit vier weiteren Kindern auf der anderen – getrennt durch eine tiefe Kluft. Eines der Kinder streckt seine Hand aus, doch die anderen können es nicht sehen. Sie haben sich abgewendet. Zwei versus vier. Die wenigsten Kinder haben überlebt. Eine der zentralen Aussagen des Denkmals "Kindertransport – Der letzte Abschied".
Blick auf das Denkmal «Kindertransport - Der letzte Abschied» auf dem Dag-Hammarskjöld-Platz vor dem Südausgang des Bahnhofs Hamburg Dammtor.
Das Denkmal "Kindertransport - Der letzte Abschied" hat der Künstler Frank Meisler geschaffen
Es steht am Südausgang des Bahnhofs Hamburg-Dammtor und ist den überwiegend jüdischen Kindern gewidmet, die dank zahlreicher Kindertransporte nach Großbritannien zwischen 1938 und 1939 der nationalsozialistischen Verfolgung entgingen - und überlebten. König Charles III. hat dem Denkmal gemeinsam mit seiner Frau Camilla im Zuge seiner Deutschlandreise einen Besuch abgestattet.
Der erste Kindertransport verließ am 1. Dezember 1938 Berlin. Einen Tag später kamen die rund 200 Kinder in Harwich in Großbritannien an. Sie stammten aus einem jüdischen Waisenhaus, das während der Pogrome im November zerstört worden war. Ihnen folgten bis 1940 rund 10.000 überwiegend jüdische Kinder, die so gerettet wurden. Die ältesten waren 17 Jahre alt, die jüngsten nur einige Monate. Offiziell endeten die Kindertransporte am 1. September 1939 mit dem deutschen Überfall auf Polen und dem Beginn des Zweiten Weltkriegs. Ein letzter Transport brach am 14. Mai 1940 von den Niederlanden aus nach Großbritannien auf. Er rettete noch einmal rund 80 Kindern das Leben, die zuvor aus dem "Deutschen Reich" geflohen waren.
Auslöser Reichspogromnacht
Auslöser für die Kindertransporte war die Reichsprogromnacht in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938. Tausende jüdische Geschäfte und Synagogen waren damals zerstört, Menschen verhaftet, getötet oder in Konzentrationslager gebracht worden. Die ungehemmte antisemitische Gewalt veranlasste vor allem jüdische aber auch einige wenige christliche Organisationen, ihre Rettungsbemühungen zu verstärken. Sie baten Großbritannien um die Aufnahme verfolgter Kinder. Es war eine Zeit, in der viele Länder ihre Einreisebestimmungen für jüdische Flüchtlinge bereits deutlich verschärft und Fluchtmöglichkeiten eingeschränkt hatten.
Die britische Regierung willigte ein, jüdischen Kindern und Jugendlichen bis 17 Jahren die Einreise zu gewähren – vorausgesetzt, dass sie die Reise selbst bezahlen können. In Großbritannien sollten die Kinder bei Familienangehörigen, in Pflegefamilien oder in Internaten untergebracht werden.
Der britische Premierminister Lord Baldwin appellierte 1938 an die Mitmenschlichkeit der englischen Bevölkerung: "Ich bitte Sie, den Opfern dieser Katastrophe beizustehen, die keine Naturkatastrophe ist […], sondern ein Ausbruch von Unmenschlichkeit von Menschen gegen ihre Mitmenschen."
Für die 10.000 geretteten Kinder bedeutete die Rettung zwar das Überleben. Die meisten aber sahen ihre Eltern, Tanten, Großeltern, Geschwister, die im "Deutschen Reich" oder den überfallenen Ländern Europas zurückblieben, nie wieder.
Bildhauer selbst Überlebender
Einer, der ein solches Schicksal nicht nur nachvollziehen kann, sondern selbst durchlebt hat, ist der Künstler selbst, der die Skulptur in Hamburg schuf.
Frank Meisler (hier ein Foto von 2008) starb im Jahr 2018 in Jaffa
Frank Meisler, 1925 in Danzig geboren und 2018 in Israel gestorben, verließ mit einem der letzten Kindertransporte Ende August 1939 die Freie Stadt Danzig. Nur wenige Tage später überfielen die Nationalsozialisten Polen; Meislers Eltern wurden in Auschwitz ermordet.
Bei seiner Rettung kam Meisler wie die meisten Kinder an der Liverpool Street Station in London an. Auch hat Meisler eine Skulptur aufgestellt, die an die Kindertransporte erinnert.
Deutschland Geschichte l Kindertransporte l Mahnmal von Frank Meisler am Bahnhof Liverpool Street in London
In London am Bahnhof Liverpool Street in London erinnert ebenfalls eine Skulptur an die Kinder, die hier Schutz fanden
Durch Europa hinweg hat Meisler mit seinen Skulpturen den Weg der Kindertransporte nachgezeichnet: In Rotterdam, in Berlin, in Danzig, in London und Hamburg erinnern seine Denkmäler an die geretteten Kinder.
Heute sind die Überlebenden entweder bereits verstorben oder sehr alt. Im Jahr 2019, als sich die Kindertransporte zum 80. Mal jährten, kamen einige Überlebende nach Berlin. Darunter auch Ralph Mollerick. 1938 erreichte er Großbritannien, emigrierte später in die USA. 1942 erfuhr er, dass seine Eltern im Holocaust ermordet worden waren. Lange, erzählte Mollerick der DW damals, habe ihn das Trauma des Verlassenwerdens und des vergeblichen Hoffens, dass seine Eltern noch nachkämen, begleitet. Er habe damals immer gedacht, seine Eltern würden schon noch kommen, aber sie haben es nie getan. "Sie konnten es nicht."
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Kindertransporte – eine Geschichte von Flucht und Vertreibung
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KINDERTRANSPORTE
"Ich dachte immer, sie werden schon kommen"

Kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs konnten 10.000 meist jüdische Kinder mit Zügen nach England fliehen. Die meisten sahen ihre Eltern nie wieder. Ein Zeitzeuge erzählt, warum ihre Geschichte immer noch aktuell ist.
Datum 09.07.2019
Autorin/Autor Marina Strauß, Austin Davis
Drei jüdische Kinder aus einem Kindertransport warten im Juli 1939 an der Liverpool Street Station in London
Als Ralph Mollerick an einem Dezembertag im Jahr 1938 in Hamburg in den Zug steigt, weiß er nicht, wo die Reise hingehen wird. Ihm ist nicht bewusst, dass er bald eine neue Sprache wird lernen müssen. Und warum seine Eltern nicht auch mit an Bord sind, bleibt ihm ebenso verborgen. Mollerick ist damals acht Jahre alt, ein jüdisches Kind aus einer kleinen Stadt im westdeutschen Bundesland Hessen auf dem Weg nach England. Eine Reise, die ihn retten, und gleichzeitig schwer traumatisieren wird.
"Ich erinnere mich daran, als wäre es gestern gewesen", sagt Mollerick in Berlin, 80 Jahre später. Im Zug damals versichert ihm seine ältere Schwester, die Eltern würden nachkommen, sie abholen und dann zusammen mit ihnen nach Amerika auswandern.
"Das ist nie passiert", sagt Mollerick. Er dachte damals immer, sie werden schon kommen, aber sie haben es nie getan. "Sie konnten es nicht."
Deutschland 80 Jahre Kindertransporte nach England Zeitzeugen
Ralph Mollerick kommt aus einer hessischen Kleinstadt und lebt heute in Florida
Mollerick ist eines von 10.000 meist jüdischen Kindern, die zwischen 1938 und dem Kriegsausbruch ein Jahr später nach Großbritannien fliehen konnten. Nach den Pogromen im November 1938 hatten jüdische Hilfsorganisationen dafür gekämpft, dass die britische Regierung Kinder und Jugendliche einreisen lässt. Die stimmte zu, aber nur unter der Prämisse, dass alle Kosten privat abgedeckt würden.
Am Anfang fanden die Kinder Unterschlupf in großen Unterkünften, später in Pflegefamilien: Eine Hilfsaktion zu einer Zeit, als viele Länder in ihrer Aufnahmepolitik so restriktiv waren, dass von Nazis Verfolgte kaum noch Zuflucht fanden.
Ein Reise in die Vergangenheit
Ralph Mollerick ist zum 80. Jahrestag seiner Flucht mit drei anderen Überlebenden und einigen Angehörigen über Wien nach Berlin gereist. Nach dem Abstecher in der deutschen Hauptstadt zieht die Gruppe weiter über Amsterdam nach London. Es ist eine Reise zurück in die Vergangenheit, aber auch eine, die vielen bewusst macht, wie sehr das, was war, sich noch auf das, was ist, auswirkt.
Melissa Hacker weiß das sehr gut. Sie hat die Reise organisiert. Ihre Mutter war selbst ein "Kind" aus Wien, ein Wort, das sie auch auf Englisch in ihre Sätze schiebt. Als Präsidentin des Kindertransport-Vereins in New York setzt Hacker sich dafür ein, dass das starke Band zwischen den "Kindern" untereinander und auch zwischen deren Nachkommen erhalten bleibt.
Deutschland 80 Jahre Kindertransporte nach England Zeitzeugen
Melissa Hacker setzt sich für minderjährige Geflüchtete ein - auch als Hommage an ihre Mutter
Hacker selbst hatte erst nach und nach erfahren, was ihre Mutter durchmachen musste, und auch, dass sie eben nicht das einzige Kind war, das damals ohne Eltern nach Großbritannien gebracht wurde. "Meine Mutter hatte eine komplizierte Beziehung zu Wien. Sie mochte die Süßigkeiten, die Oper, die Teile der Stadt, in denen sie aufwuchs, aber sie war zutiefst misstrauisch den Menschen gegenüber", sagt Hacker, während sie zwischen den Stelen des Holocaust-Mahnmals in Berlin steht. Nur eine der vielen Stationen auf ihrer Erinnerungstour durch Europa. Aber eine der eindrücklichsten, auch für Hacker.
Sie finde, es sei wichtig, Brücken zu bauen und sich gleichzeitig daran zu erinnern, was passiert sei. Hacker ist eine positive Frau, sie engagiert sich für minderjährige Geflüchtete - auch als Hommage an ihre Mutter - dreht Dokumentarfilme, einer über den Kindertransport hat es sogar auf die Shortlist für den Oscar geschafft. Aber ihr Blick auf die Gegenwart und auf die Zukunft ist getrübt von der Vergangenheit. "Es kann immer wieder passieren, 'never again', 'niemals wieder' stimmt nicht, auch wenn es so sein sollte. Sowohl die Folgen des Holocaust als auch die Folgen der heutigen Völkermorde, übertrügen sich von Generation auf Generation.
Berlin Skulptur zu Juden Kindertransporte nach London
Dieses Denkmal am Bahnhof Friedrichstraße in Berlin erinnert an die Kindertransporte
"Es tut uns sehr Leid, wir müssen Ihnen mitteilen, dass sie ermordet wurden"
Ralph Mollerick, beige Schiebermütze, dunkelblaue Sweatshirt-Jacke, hat wie die meisten anderen der Reisegruppe auf einer der Stelen des Holocaust-Mahnmals Platz genommen. Wie viele es insgesamt seien, fragt er. "2711", ist die Antwort. Deren abstrakte Form solle zum Nachdenken anregen. Mollerick hört konzentriert zu, manchmal schweift sein Blick kurz zu Boden.
Vor 80 Jahren in England wartet er vergeblich auf seine Eltern. 1942 bekommt er einen Brief vom Internationalen Roten Kreuz, in dem steht: 'Ihre Eltern waren Opfer des Holocaust. Es tut uns sehr Leid, wir müssen Ihnen mitteilen, dass sie ermordet wurden.' "Das war's", sagt Mollerick.
Er wandert schließlich mit seiner Schwester in die USA aus, lernt dort seine Frau Phyllis kennen - die ihn auf der Erinnerungsreise begleitet - gründet mit ihr eine Familie, wird Ingenieur bei der Nasa, heute lebt er in Florida.
Deutschland 80 Jahre Kindertransporte nach England Zeitzeugen
Vier Zeitzeugen und Angehörige von "Kindern" auf dem Berliner Reichstag
Mollerick hatte lange mit einem Trauma zu kämpfen, dem Trauma, verlassen worden zu sein, dem Trauma, als Kind an einem unbekannten Ort ganz neu anfangen zu müssen. Heute als 89-Jähriger erzählt er offen über seine Erlebnisse. Er habe zwar die deutsche Sprache verlernt, aber Deutschland sei sein "Mutterland". Zum 13. Mal hat er die lange Reise auf sich genommen, in dem Dorf seiner Kindheit setzt er sich dafür ein, dass der jüdische Friedhof in ordentlichem Zustand ist, in Florida erzählt er Schülern seine Geschichte.
Das Deutschland, aus dem Mollerick vor 80 Jahren fliehen musste, ist nicht mehr das Deutschland, das er heute kennt. Trotzdem: Er macht sich Sorgen, weil Antisemitismus in seinen Augen keinesfalls ein Phänomen der dunklen Vergangenheit sei. "Wir lernen nicht aus unserer Geschichte. Wir lesen darüber und sagen, es ist nicht uns passiert." Menschen mögen unterschiedlicher Meinung sein, das sei okay, aber man müsse trotzdem miteinander klarkommen. Egal aus welchem Land man komme, egal welcher Religion man angehöre.
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NS-ZEIT
Überlebende der "Kindertransporte" erhalten Entschädigungen

Der Begriff "Kindertransporte" ging in die Geschichte ein. Jüdische Kinder wurden nach Großbritannien gebracht, um sie vor der Verfolgung durch die Nazis in Sicherheit zu bringen.
Datum 17.12.2018
Abschied in eine ungewisse Zukunft - Szene aus dem Dokumentarfilm "Kindertransport"
80 Jahre nach den Transporten jüdischer Kinder aus Nazi-Deutschland ins britische Exil können Überlebende jetzt Entschädigungszahlungen erhalten. Darauf habe sich die Jewish Claims Conference mit der Bundesregierung in Berlin verständigt, teilte der jüdische Verband mit. Sein Präsident, Julius Berman, sprach von einer "historischen Ankündigung".
Ein endgültiger Abschied
Nach der Pogromnacht im November 1938 hatte das britische Parlament beschlossen, unbegleitete jüdische Kinder einreisen zu lassen. Daraufhin wurden bis zum Kriegsausbruch 1939 aus Deutschland, Österreich und der Tschechoslowakei mehr als 10.000 Mädchen und Jungen ohne ihre Eltern nach Großbritannien gebracht, wo sie in Gastfamilien unterkamen. Jüdische Organisationen unterstützten die sogenannten Kindertransporte. In fast allen Fällen sahen die Kinder ihre Eltern nie wieder.
Gedenken Zweiter Weltkrieg Kindertransport | Berlin, Skulptur
Denkmal für die Kindertransporte in der Berliner Friedrichstraße. Eine ähnliche Skulptur erinnert daran auch in Liverpool
"Schmerzliche Lücke der Entschädigungsregelungen" geschlossen
"Niemand kann sich den Schmerz auf den Bahnsteigen vorstellen, als die Kindertransporte begannen, und die außergewöhnlichen Schritte, die diese Eltern unternommen haben, um das Leben ihrer Kinder zu retten", sagte der Vizepräsident der Claims Conference, Greg Schneider. Mit der jetzigen Vereinbarung sei eine "schmerzliche Lücke der Entschädigungsregelungen" geschlossen worden. Anträge für die Zahlungen können ab dem 1. Januar 2019 gestellt werden. Auch diejenigen Überlebenden, die in den 1950er Jahren bereits Entschädigungen erhalten haben, könnten Ansprüche geltend machen, hieß es in der Mitteilung der Claims Conference. Sie schätzt, dass es derzeit noch etwa 1000 Überlebende gibt.
Die 1951 gegründete Institution vertritt die jüdische Gemeinschaft bei Verhandlungen zur Entschädigung von NS-Opfern. Dem internationalen Dachverband gehört auch der Zentralrat der Juden in Deutschland an.
fab/jj (dpa, Claims Conference)
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Britischer Kinderretter Nicholas Winton gestorben

Den Beinamen "britischer Schindler" mochte er nicht. Dabei rettete Nicholas Winton 669 zumeist jüdische Kinder vor dem Holocaust. Jahrzehntelang schwieg er über seine Aktion. Nun ist er mit 106 Jahren gestorben.
Datum 01.07.2015
Sir Nicholas Winton erreichte ein biblisches Alter: Er starb im Alter von 106 Jahren in einem Krankenhaus in Slough im Westen Londons. Der Brite sei im Beisein seiner Tochter Barbara und von zwei Enkeln friedlich eingeschlafen, teilte der Rotary Club in Maidenhead bei London mit, dessen Mitglied er war. Winton hatte unmittelbar vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs acht Züge für jüdische Kinder aus Prag nach London organisiert. In Großbritannien fand er Pflegeeltern, die die Garantiesumme von 50 Pfund aufzubringen bereit waren. Auf diese Weise rettete er Hunderte Kinder aus der Tschechoslowakei vor der tödlichen Verfolgung durch die Nazis. "Wenn es nicht unmöglich ist, dann gibt es einen Weg", wurde zu seinem Lebensmotto.
Unter den Geretteten waren unter anderem der Filmregisseur Karel Reisz (1926-2002) und der britische Labour-Politiker Alfred Dubs. Jahrzehntelang hatte Winton kein Aufhebens um die beispiellose Rettungsaktion gemacht. Sogar seiner Frau Greta hatte er nie etwas von der Rettungsaktion erzählt, bis sie 1988 auf sein altes Notizbuch stieß. Im gleichen Jahr machte eine britische Fernsehsendung die Geschichte der Kindertransporte einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Er sei nur "am richtigen Ort zur richtigen Zeit gewesen", sagte Winton später einmal.
Vorbild an Menschlichkeit
Der tschechische Ministerpräsident Bohuslav Sobotka erklärte, Winton habe 669 Kinder vor nazistischer Verfolgung und dem beinahe sicheren Tod gerettet. Er sei für ihn "ein Vorbild wirklicher Menschlichkeit, grenzenloser Bescheidenheit und bürgerlicher Tapferkeit" gewesen. "Die Welt hat einen großen Mann verloren", erklärte der britische Premierminister David Cameron auf Twitter.
Wegen der Rettungsaktion wurde Winton auch der "britische Schindler" genannt. Doch der Vergleich mit dem deutschmährischen Industriellen missfiel dem bescheidenen Mann zeitlebens. Schindler hatte während des Zweiten Weltkrieges etwa 1200 jüdische Zwangsarbeiter, die in seinem Unternehmen beschäftigt waren, vor der Ermordung durch die Nazis in Todeslagern bewahrt.
Viele Auszeichnungen
Für seine Taten erhielt Winton, der am 19. Mai 1909 als Sohn deutsch-jüdischer Eltern in London geboren wurde, zahlreiche Auszeichnungen. Er wurde dreimal für den Friedensnobelpreis nominiert. Im Jahr 2003 wurde der frühere Börsenmakler, der von deutsch-jüdischen Einwanderern abstammte, von der britischen Königin zum Ritter geschlagen. Tschechische Astronomen benannten einen kleinen Planeten, den sie entdeckt hatten, nach dem Wohltäter.
Im Oktober 2014 nahm Winton in Prag den Orden des Weißen Löwen entgegen (Foto: dpa)
Im Oktober 2014 war Winton noch nach Prag gereist, um den Orden des Weißen Löwen entgegenzunehmen, die höchste staatliche Auszeichnung Tschechiens. Bei der bewegenden Zeremonie waren auch sieben der damaligen Kinder dabei. Winton erinnerte daran, dass viele Länder keine unbegleiteten Kinder als Flüchtlinge aufnehmen wollten. "Viele Politiker begriffen nicht, was auf dem Kontinent geschah", sagte Winton zum Vorabend des Zweiten Weltkriegs. Der neunte Zug, der letzte und größte, durfte Prag am 1. September 1939 nicht mehr verlassen. Niemand hat die 250 Kinder in dem Zug je wieder gesehen. Heute geht man davon aus, dass die meisten von ihnen in NS-Vernichtungslagern zu Tode kamen.
kle/fab (dpa, afpe, rtre, ape)
https://www.dw.com/de/

 



 


4. Online-Artikel zu Kriegskindern, zu Kindern der Schande aus Vergewaltigungen und aus Liebesbeziehungen mit dem "Feind"

Späte Suche nach Anerkennung

 

Zwischen 1939 und 1945 waren etwa 18 Millionen deutsche Soldaten in fast allen europäischen Ländern. Überall gab es Vergewaltigungen, aber auch viele Liebesbeziehungen. Die daraus entstandenen Kinder wurden nach 1945 verachtet und geächtet. Im Alter wollen diese Kinder mehr über ihre Herkunft erfahren.
Von Michael Hollenbach | 17.12.2011
„Es regnet, es ist kalt, es ist Herbst, und da steht dieser junge Mann und da steht das Mädchen und er hat gefragt: Es ist so schlimmes Wetter, darf ich Sie nach Hause begleiten? Damit hat es angefangen.“
Der deutsche Soldat Paul Benndorf und die 20-jährige Holländerin Odile Petersen lernen sich vor einem kleinen Tabakladen in Amsterdam kennen, erzählt deren Tochter Monika. Das ist im Oktober 1942. Zweieinhalb Jahre zuvor hatte die deutsche Wehrmacht die Niederlande überfallen und besetzt. Odile Petersen verliebt sich in einen deutschen Soldaten – in einen Feind.
„Das war das große Tabu. Einerseits ist er immer ihre große Liebe gewesen, sie hat nie geheiratet, andererseits ist doch ihr ganzes Leben gezeichnet worden und ziemlich negativ von dieser großen Liebe, die sie verloren hat.“
Monika Petersen ist ein Kind des Krieges und ein Kind der Liebe – einer Liebe, die in Zeiten des Krieges nicht sein durfte. Monika wird im Herbst 1944 geboren; die Wehrmacht hat ihrem Soldaten Benndorf schriftlich eine Heirat mit einer Niederländerin untersagt und Odile Petersen wird in ihrer Heimat geächtet.
„Nach dem Krieg hat sie von der Polizei Hausarrest bekommen, denn sie war ein Moffenliebling gewesen. Sie durfte das Haus nicht verlassen, ich dann auch nicht, und das hat ziemlich lange gedauert.“
Ihre Mutter sei noch lange als „Moffenhure“ – also als Deutschenhure – beschimpft worden. Auch sie habe als Kind das Gefühl gehabt, bei anderen nicht willkommen zu sein – ohne zu wissen, was der Grund für die Ablehnung war, erzählt Monika Petersen. Erst in der 9. Klasse, in einem katholischen Internat, als es im Biologieunterricht um das Thema Fortpflanzung ging, hätte die Lehrerin ihr indirekt vermittelt, dass ihr Vater ein deutscher Soldat gewesen sei. Die 14-Jährige hat das Gefühl, alle wussten Bescheid, nur sie nicht:
„Ich habe mich so geschämt und ich war so riesig enttäuscht von meiner ganzen Familie, die alle gelogen hatten, denn ich hatte gefragt. Ich habe mich verraten gefühlt.“
Erst zwei Jahre später, mit 16, traut sie sich, das Thema zu Hause anzusprechen:
„Ich erinnere mich, dass ich bei Tisch wagte zu sagen: Ich weiß es von meinem Vater und die haben einander angesehen, und dann kurz mich und dann aus dem Fenster hinausgeschaut, und das bedeutete: Ende des Gesprächs, das überhaupt nicht angefangen hat. Das war alles.“
Gerlinda Swillen ist auch ein Kind des Krieges und der Liebe. Gerlinda Swillen ist Belgierin und wohnt in Brüssel. Ihre Mutter Julienne hatte sich in Gent im Herbst 1941 in einen deutschen Soldaten, einen Unteroffizier, verliebt. Eine Liebe zur falschen Zeit am falschen Ort. Der Soldat, von dem Gerlinda lange nur den Vornamen Karl kannte, will Julienne heiraten, doch der Opa – der Vater ihrer Mutter – ist dagegen. Der hat nämlich jüdische Wurzeln und Angst davor, dass die Nazis bei einer Heirat auf diese Wurzeln stoßen könnten. Gerlindas Mutter muss während des Krieges arbeiten, ihr deutscher Vater wird kurz nach ihrer Geburt nach Frankreich versetzt. Schon früh merkt sie: Es liegt ein großes Geheimnis über ihrer Familie. Irgendwann schnappt sie dann auf, dass ihr leiblicher Vater ein Deutscher ist und Karl heißt:
„Meine Mutter wollte nicht darüber sprechen: Man fragte das nicht, das war unhöflich, wir sprachen unsere Eltern mit Sie an, und das war ihr Privatleben und damit hatten wir nichts zu tun.“
In Frankreich, den Niederlanden und in Skandinavien wurden Frauen, die sich mit deutschen Soldaten eingelassen hatten, der „horizontalen Kollaboration“ bezichtigt. In all diesen Ländern wurden sie nach 1945 verachtet und geächtet. Man geht davon aus, dass allein in Norwegen 10. bis 12.000 Kinder aus einer norwegisch-deutschen Liaison hervorgegangen sind. Die meisten von ihnen kamen in sogenannte Lebensborn-Heime, wurden schon nach drei Monaten von ihren Müttern getrennt, berichtet Knut-Erich Papendorf. Er ist Professor für Rechtssoziologie in Oslo und selbst ein Kriegskind, das Kind einer Norwegerin und eines deutschen Soldaten. Aber es kam in den ersten Monaten nach der Befreiung immer wieder zu Übergriffen auf die Tyske teusse, die Deutschenflittchen, wie die Frauen beschimpft wurden:
„Die ‘Straße’ hat ja teilweise selber Eigenjustiz geübt dadurch, dass es auch in Norwegen in gehäufter Anzahl dazu kam, dass Frauen verprügelt wurden, dass ihnen die Haare abgeschnitten wurden und Ähnliches.“
Die norwegische Regierung hat diese Frauen dann in ein Internierungslager gebracht – angeblich, um sie vor den Übergriffen zu schützen. Viele der Kinder kamen in Heime oder wurden adoptiert. Bis heute wissen einige Mütter nichts über das Schicksal ihrer Kinder.
„Genauso wie ihre Mütter wurden auch die Kinder stigmatisiert. Sie sind gemobbt worden, sie sind in den Schulen sehr schlecht behandelt worden, sie sind in Adoptionsverhältnisse gedrängt worden. Es gab ganz obskure Ideen nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges, was man mit den Kindern machen sollte: Eine Gruppe ist freigegeben worden zur Adoption nach Schweden, und da gibt es ganz traurige Geschichten.“
In Norwegen wussten die meisten dieser Kinder schon früh, dass ihr Vater ein deutscher Soldat war. In anderen Ländern wie in Belgien oder den Niederlanden lag der Mantel des Schweigens über der Vergangenheit der Kriegskinder. So hat die Niederländerin Monika Petersen nichts Konkretes über ihren deutschen Vater gewusst – bis sie sich im Ordnungsamt in Amsterdam eine Abschrift ihrer Geburtsurkunde besorgen will. Der Beamte sieht in den Unterlagen nach.
„Dann kommt der zurück und sagt zu mir: wieso haben Sie den Namen Ihrer Mutter in Ihrem Pass; und dann sagte er: Wenn ich deutsch lesen kann, dann hat Ihr Vater Sie anerkannt, und ich habe ihn nur angeschaut und nicht gewusst, was zu sagen.“
Dann geht der Beamte zu einem besonderen ‘Deutschenschrank’, kommt mit der Originalgeburtsurkunde wieder und zeigt Monika Petersen ein kleines Blatt Papier, auf dem Paul Benndorf die Vaterschaft anerkannt hat. Datiert ist das Papier auf den 15. August 1944. Doch die niederländischen Behörden haben diese Vaterschaft eines deutschen Soldaten nicht akzeptiert, sagt die 67-Jährige. Nach dem Krieg habe die Regierung versucht, die Herkunft der Kriegskinder zu vertuschen. Die Strategie der Regierung:
„Diese Kinder werden offiziell holländisch, aber wir schützen sie und die ganze Geschichte. Die Kinder müssen nicht unbedingt wissen, aus welcher Beziehung sie kommen. Was ist schlimmer: in einer sanften Lüge zu leben oder in einer knallharten Wahrheit, und ich meine, wir haben Recht auf Wahrheit.“
Monika Petersen spürt der Wahrheit nach. Mit 49 Jahren findet sie heraus, was aus ihrem Vater geworden ist: dass er nach dem Krieg in Bremen gelebt und dort eine Kriegerwitwe geheiratet hat. Und sie erfährt, dass er mit 53 Jahren, am Heiligen Abend 1966, gestorben ist.
Bei Gerlinda Swillen hat es noch länger gedauert. Erst vor drei Jahren hat sie mehr über ihren Vater herausgefunden als nur den Vornamen Karl.
„Ich war fast 65 Jahre alt, dann habe ich auf einmal meine Mutter provoziert. Sie erzählte etwas über den Krieg, da habe ich gesagt: Du sollst darüber nicht sprechen, denn du kennst nicht einmal den Namen meines Vaters, und dann hat sie gesagt: Ja, ich kenne ihn. Und meine Familie saß da, mein Sohn und meine Enkelkinder, und dann hat sie gesagt, er hieß Karl Weigert.“
Sofort beginnt die Belgierin, nach ihrem Vater zu forschen: Und nach einem Jahr kann ihr dann eine Bundesbehörde in Berlin weiterhelfen: die Deutsche Dienststelle für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen von Gefallenen der ehemaligen deutschen Wehrmacht.
„Durch die Informationen, die die Kriegskinder haben, die sind ja manchmal spärlich, aber durch diese Informationen können wir anhand unserer einschlägigen Unterlagen herausbekommen, wer sich eigentlich hinter dieser Person, die gesucht wird, verbirgt.“
Erläutert Wolfgang Remmers von der Deutschen Dienststelle in Berlin. Die Deutsche Dienststelle, die bereits 1939 gegründet wurde, erhält schon seit Mitte der 60er-Jahre Anfragen von Kriegskindern nach ihren Vätern. Allerdings haben sich in den vergangenen Jahren immer mehr gemeldet.
„Was man aber sagen muss ist, dass wir gerade in den letzten Jahren so eine Art Tabu gebrochen haben, auch gerade was Frankreich angeht, es gibt Filme, die veröffentlicht worden sind, es sind Bücher erschienen, die dieses Thema zum ersten Mal dokumentiert haben, und das hat ein sehr großes Echo in der Gesellschaft dort selber verursacht. Man hat das erste Mal über dieses Thema gesprochen. Wir merken das auch an den Betroffenen, mit denen wir direkt zu tun haben. Die sind in einer Phase, wo sie ihr ganzes Leben noch einmal überdenken, die sind jetzt so zwischen 65 und 70 Jahre und da ist es natürlich ein Herzenswunsch, da noch heranzugehen.“
So wie bei Gerlinda Swillen, der die Dienststelle ebenfalls weiterhelfen konnte.
„An meinem Geburtstag, am 20. August 2008, bekam ich einen Anruf aus Berlin, man hatte meinen Vater wahrscheinlich gefunden.“
Die Belgierin erfährt, dass ihr Vater bereits 1958 – im Alter von 55 Jahren – gestorben ist. Über die Deutsche Dienststelle will sie dann noch herausbekommen, ob sie eventuell Halbgeschwister hat.
„Und am 1. April, es ist kein Witz, habe ich einen Brief bekommen aus München von einem Karl Weigert, ja ich wusste, das konnte mein Vater nicht sein, es war mein Bruder und er schrieb: Geehrte Frau Swillen, liebe Gerlinda, liebe Schwester. Und er gab mir auch seine Anrufnummer und seitdem sprechen wir stundenlang am Telefon.“
Und sie erfährt, dass sie noch zwei Halbschwestern in Frankreich hat – ebenfalls Kinder des Krieges.
Monika Petersen gehört zu den wenigen der rund 30.000 niederländischen Kriegskinder, die sich in der Öffentlichkeit zu ihrem deutschen Vater bekennen. Noch immer wissen die meisten von ihnen nichts oder nur wenig über ihre Herkunft. Die meisten Niederländer verharrten noch immer im Schwarz-Weiß-Denken und blieben der Legende verhaftet, alle seien gegen die Nazis gewesen.
„Da hat man noch immer Probleme mit der eigenen Geschichte. Vier Prozent waren im Widerstand, vier Prozent sind freiwillig in die SS gegangen. Man wagt es noch immer nicht, da kommt immer noch eher das Opfer-Sein hoch, als das Erkennen, dass wir mit Vergebung und Versöhnung uns auch als Holländer befreien sollen.“
Keiner weiß, wie viele Kinder deutscher Soldaten es gibt. Schätzungen schwanken zwischen einer und zwei Millionen. Zwischen 1939 und 1945 waren etwa 18 Millionen deutsche Männer als Soldaten in fast allen europäischen Ländern. Überall gab es Vergewaltigungen, aber es bestanden auch viele Liebesbeziehungen. Selbst in den osteuropäischen Ländern, in denen die Nazis den deutschen Soldaten per Erlass „Geschlechtsverkehr mit Andersrassigen“ verboten hatten, entstanden Romanzen, amouröse Abenteuer – und Kinder. Doch gerade in diesen Ländern wird bis heute nicht über diese Kinder gesprochen, sagt Gisela Heidenreich:
„Ich glaube, dass das in den ganzen östlichen Ländern ein ganz sensibles Thema ist, darüber zu sprechen. Von der politischen Ideologie her sowieso, aber einfach auch von dem Thema, dass Frauen sich eingelassen haben mit deutschen Soldaten, das ist immer noch eine Geschichte, über die man nicht gerne sprechen möchte, und ich fürchte, dass natürlich auch viele der Frauen vergewaltigt worden sind und dass sie darüber natürlich geschwiegen haben oder das vertuscht haben.“
Gisela Heidenreich ist eine der Sprecherinnen des europäischen Netzwerks „Born of War international Network“, das von Kriegskindern gegründet worden ist. Sie hat vor einigen Jahren ihr Schicksal als Lebensborn-Kind in einem Buch veröffentlicht. Zu den Forderungen der europäischen Kriegskinder gehört u.a., dass sie die deutsche Staatsbürgerschaft bekommen.
„Kinder wollen ihre Wurzeln kennen, und Kinder in Anführungszeichen, die jetzt 65, 70 sind, die herausfinden, dass sie einen deutschen Vater haben, möchten auch ihre deutsche Staatsbürgerschaft, sie möchten dazugehören, sie möchten damit eine späte Anerkennung finden.“
Diese Anerkennung bekommen die französischen Kriegskinder relativ einfach, nachdem ihnen vor zwei Jahren in einer Sondervereinbarung grundsätzlich die doppelte Staatsbürgerschaft zuerkannt wurde. Mit den anderen Staaten gibt es noch keine entsprechende Übereinkunft. Doch jedes Kriegskind, egal in welchem Konflikt entstanden, soll ein verbrieftes Recht auf eine Staatsbürgerschaft haben. So lautet eine der Forderung von BoWiN, dem Verein Born of War international Network.
„Wir sagen: wenn wir jetzt aufarbeiten unsere eigene Geschichte. Okay, dann steht die da und kommt wieder in die Geschichtsbücher, aber es passiert ja ununterbrochen, es werden ja ständig in dieser Welt durch Kriege wieder Kinder geboren, auch von Deutschen, von Europäern, von der UNO, von diesen ganzen Ländern, die in anderen Ländern arbeiten oder auch kämpfen. Und ich denke, dass es wichtig ist, dass wir unsere Erfahrungen und unsere Ziele die wir erreichen natürlich weitergeben und vor allem, dass die Frauen in den Ländern, die jetzt wieder Kinder bekommen, ein Art Schutz bekommen, dass Frauen und Kinder, die jetzt Beziehungen zu ausländischen Soldaten haben, nicht wieder im Regen stehen gelassen werden beziehungsweise sogar verfolgt, angefeindet, bespuckt und bestraft werden.“
Die Idee des Kriegskindervereins: Die UNO soll für ihre Soldaten eine Art garantierende Vormundschaft übernehmen, damit die von ausländischen Soldaten gezeugten Kinder eine materielle Absicherung bekommen.
„Wir müssen jetzt mal von den Kindern ausgehen: alle Kinder, ganz gleich, wie sie entstanden sind, sind nicht schuld, sie können nichts dafür. Sodass wir sagen: Kriegskinder sind alle Kinder, die in irgendeiner Weise mit diesem Krieg zu tun haben und aus den Kriegssequenzen entstanden sind.“
Die Belgierin beruft sich dabei auf Artikel 8 der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen. Dort heißt es:
„Das Wissen um die eigene Identität gehört zu den Grundrechten“.
Wie wichtig es ist, zu wissen, wo man herkommt, wer der eigene Vater ist, erzählen Gerlinda Swillen und Monika Benndorf-Petersen.
„Für mich ist es so gewesen, dass ich meinen Vater die ersten fünf Monate meines Lebens täglich um mich gehabt habe. Er war der Einzige, der nur glücklich war mit mir. Meine Mutter und die anderen Mitglieder meiner Familie hatten doch Probleme damit. Man sagt immer: Jede Zelle hat ein eigenes Gedächtnis, und der Körper vergisst nicht. Ich habe also immer gespürt, dass er nicht mehr da war, dass da was fehlte. Ich hatte eine große Affinität zu Deutsch, die ich mir nicht erklären konnte.“
„Als ich erfuhr, wer mein Vater war, sind alle Albträume über Krieg und Verfolgung auf einmal aufgehört für mich. Es zeigt, dass es sehr wichtig ist. Meine Mutter sagte immer, wenn sie böse war: Du gleichst deinem Vater, und ich wusste immer nicht: Warum sagt sie das. Und jetzt verstehe ich auch, warum meine Beziehung zu meiner Mutter so schwierig war, sie hat eigentlich diesen ersten Liebhaber immer vor sich gesehen, das war ich.“
Soldaten der Wehrmacht singend bei einem Marsch, aufgenommen 1935
Etwa 18 Millionen Soldaten der Wehrmacht waren während des Zweiten Weltkriegs in fast allen europäischen Ländern. (picture alliance / dpa)
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Aus Scham wird Stolz

 

Seit vielen Jahren ist Muguette auf der Suche nach ihrem Vater: die Französin kam 1942 in einem Dorf nahe Caen zur Welt. Die Mutter starb zwei Jahre später bei einem Bombenangriff. Erst ein Vierteljahrhundert später erfuhr Muguette, dass ihr Vater ein deutscher Besatzer war.
Mit Reportagen von Suzanne Krause | 23.04.2011
Die binationale Abstammung teilt sie mit vielen Schicksalsgenossen in ihrer Heimat. Fast ihr ganzes Leben lang wagten diese selbsternannten „Kriegskinder“ nicht, ihre ungewöhnliche Geschichte preiszugeben: Sie sahen sich selbst als Kinder der Schande.
2003 lüftete dann eine vielbeachtete Dokumentation im französischen Fernsehen den Schleier des Tabus bei diesem intimen Kapitel deutsch-französischer Beziehungen.
Mehrere hundert „Kriegskinder“ schlossen sich zusammen und gehen seither an die Öffentlichkeit.
Im Februar 2009 kündigte die Bundesregierung in Berlin an, den französischen Kindern deutscher Wehrmachtssoldaten die deutsche Staatsangehörigkeit zuzuerkennen.
Am Mikrofon: Norbert Weber
DLF 2010
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Das Ende der „Schande“

 

Der deutsch-französische Freundschaftspreis wird in diesem Jahr an zwei Menschen verliehen, die im Zweiten Weltkrieg in Frankreich geboren wurden – ihre Väter gehörten zur deutschen Besatzungsmacht. Seit zwei Jahren ist es diesen „Kriegskindern“ möglich, die deutsche Staatsangehörigkeit anzunehmen.
Von Suzanne Krause | 08.03.2011
Der deutsche Soldatenfriedhof Bourdon, gute 2O Kilometer nordwestlich von Amiens gelegen, liegt am Hang, über dem gleichnamigen Dorf. Fahnen knattern im Wind: schwarz-rot-gold, blau-weiß-rot und eine mit unzähligen Grabkreuzen – die Fahne des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Am Eingangsvestibül Hubert Lehmuller, Bereichsleiter des Volksbunds in Nordwest-Frankreich.
„Auf dieser Tafel am Friedhofseingang haben wir festgehalten: hier wurden 22.187 deutsche Soldaten beerdigt, die im Zweiten Weltkrieg in der Region gefallen sind.“
An Lehmullers Seite steht Jehan Sauval, der den Friedhof für seinen Verein fotografiert hat.
„Und ich werde die Bilder auf die Webseite unseres Vereins stellen.“
Jehan Sauval ist Mitglied der ANEG, eines Freundeskreises französischer Kriegskinder. Sauval kam 1943 zur Welt, als Sohn einer Französin und eines Deutschen. Sein Vater gehörte den Bautrupps der Organisation „Todt“ an und wurde kurz vor Jehans zweitem Geburtstag aus dessen Heimatstadt Amiens abkommandiert. Lebens hat er ihn nie wiedergesehen. Heute unterhält Jehan engen Kontakt zu seinen Halbgeschwistern in Deutschland. Und macht nun fleißig Werbung für die Grabpflege-Kampagnen des Volksbundes. Seit er im letzten Sommer mit seiner Frau einen Vormittag lang Gräber geputzt hat, auf allen Vieren, gemeinsam mit Jugendlichen, die zur Friedensarbeit auf dem Soldatenfriedhof kamen.
„Es hat mich ungemein aufgebaut, zu sehen, wie deutsche und französische Jugendliche da Seite an Seite zusammenarbeiten.“
Morgens wurde auf dem Friedhof geackert und nach dem Mittagessen konnte ich den jungen Leuten den Verein der Kriegskinder vorstellen und ihnen auch meine eigene Geschichte erzählen. Sie haben sehr viele Fragen gestellt, denn vom Zweiten Weltkrieg wissen sie nicht allzu viel, für sie liegt das zu weit zurück.
Dass Sauval auch in diesem Sommer mit dem Kriegsgräber-Verein arbeiten will, freut Hubert Lehmuller vom Volksbund:
„Es ist sehr selten, dass Erwachsene sich an unserer Gräberpflege beteiligen. Da kommt vielleicht mal jemand vom Gedenkverein „Souvenirs français“ dazu, oder ein Gemeinderat. Dafür packten im vergangenen Sommer erstmals junge französische Soldaten mit an. Und es kommen auch immer mehr französische Jugendliche zu unseren Grabpflegeaktionen.“
Zu Hause am Computer präsentiert Jehan Sauval stolz Schnappschüsse vom sommerlichen Aktionstag. Neben ihm liegt ein Arbeitsheft für Französisch in der Oberstufe, das ein großer deutscher Schulbuchverlag im vergangenen Jahr herausgab. Darin finden sich selbst verfasste Kurzbiografien, von Jehan und von zwei weiteren Kriegskindern aus dem Verein ANEG. Ihre Lebensgeschichten hatten sie zumeist Jahrzehnte schamvoll für sich behalten. In Frankreich wurden Kinder deutscher Soldaten häufig als „Kinder der Schande“ beschimpft. Heute gehen sie mit ihrer Geschichte offensiv um und werben bei der jungen Generation für die deutsch-französische Freundschaft.
Seit Oktober 2009 ist Sauval sogar deutscher Staatsbürger. Die Bundesregierung hatte vor gut zwei Jahren einen lang gehegten Wunsch der Kriegskinder erfüllt und ihnen deutsche Papiere angeboten. Nun hat Jean Sauval nur noch einen Wunsch:
„Kürzlich wurde einem ANEG-Mitglied als allererstes Kriegskind vom Pariser Justizministerium gestattet, den Namen des deutschen Vaters an seinen französischen Familiennamen anzuhängen. Mein Antrag läuft – ich möchte Sauval-Schmutzler heißen.“
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5. YouTube-Videos zum Nazi-Lebensborn

 

22.08.2017 - Lebensborn erklärt | Historische Ereignisse mit Mirko Drotschmann

MDR DOK
Lebensborn – eine geheimnisvolle Einrichtung im Dritten Reich, um die sich bis heute viele Legenden ranken. Waren das geheime Bordelle für potente SS-Männer? Begattungsheime für blonde deutsche Frauen ? Wie die „arische Rasse“ mit Hilfe der Lebensborn-Heime vergrößert werden sollte und wie es den Kindern aus diesen Heimen erging, darum geht es jetzt.
https://www.youtube.com/watch?v=uHC6WgZ0iYw

 


Heidenreich: Geraubtes Leben. Kinder für den "#Lebensborn" - 11.04.2017

Stiftung Demokratie Saarland SDS
Mit der Gründung des „Lebensborn e.V.“ im Jahr 1935 wollte Himmler angeblich Abtreibungen unehelicher Kinder verhindern, da die Gesellschaft nichtverheiratete Mütter ächtete und außerehelichen Kindern den sozialen Aufstieg erschwerte. In den „Lebensbornheimen“ konnten diese Frauen ihre Kinder unter Geheimhaltung zur Welt bringen. Das Ziel der angeblichen Sorge war aber die Schaffung einer „rassischen Elite“, während gleichzeitig „unwertes“ Leben ausgerottet wurde. Ausschließlich Mütter, von denen „erwünschter Nachwuchs“ zu erwarten war, profitierten von der angeblichen „Wohlfahrtseinrichtung“. Der „Lebensborn e.V.“ beteiligte sich am Programm der „Germanisierung“: Als angeblich „volksdeutsch“ wurden Kinder mit „arischem“ Aussehen geraubt, verschleppt, zu „deutscher Lebensweise“ umerzogen und  an Pflege- oder Adoptiveltern vermittelt. Die unehelich in den „Lebensborn“-Heimen geborenen Kinder und die ihrer Eltern beraubten Kinder sind traumatisiert.  Die Familientherapeutin und Autorin Gisela Heidenreich, selbst als „Lebensbornkind“ 1943 in Oslo geboren, setzt sich seit Jahrzehnten mit dem „Lebensborn e.V.“ und den Folgen seiner Ideologie auseinander.
Gisela Heidenreich
Sie ist Sonderpädagogin, Paar- u. Familientherapeutin sowie Mediatorin in freier Praxis. Zudem ist Gisela Heidenreich Dozentin und Supervisorin an der Bayerischen Akademie für Gesundheit Lauterbacher Mühle, Seeshaupt. Seit 2007 ist die Autorin P.E.N.-Mitglied. 1977 begann sie mit Übersetzungen aus dem Englischen, u.a. Theaterstücke (gemeinsam mit ihrem Mann Gert Heidenreich). Nach umfänglichen Recherchen erschien 2002 ihre in den historischen Kontext eingearbeitete Autobiographie: „Das endlose Jahr – Die langsame Entdeckung der eigenen Biographie, ein „Lebensborn“-Schicksal.“ Ihre Mutter vermittelte als Angestellte des Vereins die Pflege und Adoption von in den Heimen geborenen und von geraubten Kindern. Als Zeugin in Nürnberg trug sie durch ihre falschen Aussagen zum Freispruch des „Lebensborn e.V.“ bei. Weitere Publikationen sind „Sieben Jahre Ewigkeit – Eine deutsche Liebe“ (2007) oder „Geliebter Täter – Ein Diplomat im Dienst der Endlösung“ (2011).
Stiftung Demokratie Saarland (SDS) - Damit unsere Demokratie lebendig bleibt!

 


Ruthild Gorgass: Geboren im Lebensborn-Heim im Harz

zeitzeugen-portal
Ruthild Gorgass wird 1942 im "Heim Harz" des Vereins "Lebensborn" in Werningerode geboren. Der Verein war Teil der "Schutzstaffel" (SS) und ermöglichte unverheirateten, schwangeren Frauen eine diskrete Geburt, um sie von einer Schwangerschaftsunterbrechung abzuhalten – sofern die Mütter die "rassischen" Kriterien der SS erfüllten. Ruthild Gorgass Mutter erzählt ihrer Tochter offen von dieser Herkunft, wenngleich sie ihr sehr geschönt über das Lebensborn-Heim und die Zeit des Nationalsozialismus berichtet.

https://www.youtube.com/watch?v=Qr6AyYHqwQU


14.01.2020 - Hitler’s SS Kidnapped Children

The First News
During the Second World War, the Nazis’ insane racial policies saw them kidnap up to 200,000 Polish children - selected for their ‘Aryan’ appearance - very few of whom ever returned home to their real parents.
https://www.youtube.com/watch?v=8Vhp9fFzyis

https://www.thefirstnews.com/article/exclusive-my-mum-was-kidnapped-by-nazis-9201

 


Premiere am 25.01.2022 - Nazi Breeding Farms - Lebensborn - On the Homefront 014

World War Two
With high losses of German soldiers and low birth rates, the Nazis worry about who will inherit the Nazi paradise they are fighting to build. One of their ideas to breed a new Aryan generation is the Lebensborn association.
https://www.youtube.com/watch?v=ALEENKmQidc

 


08.08.2022 - Nazi Breeding Farms- Lebensborn (most controversial project of WW2)

World War 2 History Lebensborn e.V. (literally: "Fount of Life") was an SS-initiated, state-supported, registered association in Nazi Germany with the stated goal of increasing the number of children born who met the Nazi standards of "racially pure" and "healthy" Aryans, based on Nazi eugenics (also called "racial hygiene" by some eugenicists). Lebensborn was established by Heinrich Himmler, and provided welfare to its mostly unmarried mothers, encouraged anonymous births by unmarried women at their maternity homes, and mediated adoption of children by likewise "racially pure" and "healthy" parents, particularly SS members and their families. The Cross of Honour of the German Mother was given to the women who bore the most Aryan children. Abortion was legalised (and, more commonly, endorsed) by the Nazis for disabled and non-Germanic children, but strictly punished otherwise.

Initially set up in Germany in 1935, Lebensborn expanded into several occupied European countries with Germanic populations during the Second World War. It included the selection of "racially worthy" orphans for adoption and care for children born from Aryan women who had been in relationships with SS members. It originally excluded children born from unions between common soldiers and foreign women, because there was no proof of 'racial purity' on both sides. During the war, many children were kidnapped from their parents and judged by Aryan criteria for their suitability to be raised in Lebensborn homes, and fostering by German families.
At the Nuremberg Trials, much direct evidence was found of the kidnapping of children by Nazi Germany, across Greater Germany during the period 1939–1945.
The Lebensborn e.V. (e.V. stands for eingetragener Verein or registered association), meaning "fount of life", was founded on 12 December 1935,[1] to counteract falling birth rates in Germany, and to promote Nazi eugenics.[2] Located in Munich, the organization was partly an office within the Schutzstaffel (SS) responsible for certain family welfare programs, and partly a society for Nazi leaders.
On 13 September 1936, Heinrich Himmler wrote the following to members of the SS:
The organisation "Lebensborn e.V." serves the SS leaders in the selection and adoption of qualified children. The organisation "Lebensborn e.V." is under my personal direction, is part of the Race and Settlement Central Bureau of the SS, and has the following obligations:
Support racially, biologically and hereditarily valuable families with many children.
Placement and care of racially, biologically and hereditarily valuable pregnant women, who, after thorough examination of their and the progenitor's families by the Race and Settlement Central Bureau of the SS, can be expected to produce equally valuable children.
Care for the children.
Care for the children's mothers.
It is the honorable duty of all leaders of the central bureau to become members of the organisation "Lebensborn e.V.". The application for admission must be filed prior to 23 September 1936.[3]
In 1939, membership stood at 8,000, of which 3,500 were SS leaders.[4] The Lebensborn office was part of SS Rasse und Siedlungshauptamt (SS Race and Settlement Main Office) until 1938, when it was transferred to Hauptamt Persönlicher Stab Reichsführer-SS (Personal Staff of the Reichführer-SS), i.e. directly overseen by Himmler. Leaders of Lebensborn e. V. were SS-Standartenführer Max Sollmann [de] and SS-Oberführer Dr. Gregor Ebner.
https://www.youtube.com/watch?v=Q_5YBKA3SYQ

 




6. YouTube-Videos zum Nazi-Kinderraub und Zwangsgermanisierung

 


12.12.2018 - Geraubte Kinder: NS-Aufarbeitung in Niederbayern | Kontrovers | BR Fernsehen | BR24
BR24
Die Nationalsozialisten haben hunderte slowenische Kinder nach Bayern verschleppt: Geiseln der SS, die zu Deutschen umerzogen werden sollten. Im niederbayerischen Kloster Neustift in Ortenburg waren bis zu 140 Kinder untergebracht. Eine von ihnen ist Milena Zeric, die jetzt für die Anerkennung ihres Leids kämpft.
Autor: Christian Stücken
https://www.youtube.com/watch?v=QbdVB8FTNRg

 


12.04.2017 - Aufbau der Ausstellung: Geraubte Kinder - vergessene Opfer

Stiftung Demokratie Saarland SDS
Noch bis zum 24.05 können Sie bei uns im Stiftungshaus, neben der Ausstellung "Lebensborn e. V.", die Ausstellung "Geraubte Kinder - vergessene Opfer ansehen.
Mit der Ausstellung „Geraubte Kinder“ wird das in der Öffentlichkeit bisher weitgehend unbekannte Kriegsverbrechen des Raubes von Kindern durch die Nazis in den besetzten Gebieten während des Zweiten Weltkrieges in Erinnerung gerufen. Die Ausstellung dokumentiert die Biografien und Schicksale von Menschen, die als Kinder aus Polen, Russland, Slowenien, Tschechien und Norwegen wegen ihres vermeintlich „arischen“ Aussehens nach Deutschland verschleppt und dort in Pflegefamilien, Heimen oder in Lagern zwangsgermanisiert wurden.
Zwischen 50.000 und 200.000 blonde und blauäugige Kinder wurden von den Nazis geraubt, in in Züge gepfercht und ins Deutsche Reich deportiert, galten sie doch als „gewünschter Bevölkerungszuwachs“. Über den SS Lebensborn e. V. wurden diese Kinder „eingedeutscht“ und ihrer Identität beraubt, indem der SS Verein die Namen der geraubten Kinder änderte und sie nach der gewaltvollen Umerziehung in Hitlertreue Familien vermittelte. In einer Art Gehirnwäsche wurde den geraubten Kindern in „Assimilierungsheimen“ die eigene Identität genommen und die Erinnerung an die eigene Herkunft „ausgelöscht“. Es ist anzunehmen, dass manche dieser geraubten Kinder bis heute mit einer fremden Identität in Deutschland leben und nichts über ihre Herkunft wissen. Vorrangiges Ziel der Ausstellung ist es, das Ausmaß des Unrechts an den verschleppten Kindern bekannt zu machen und die Gesichter der Opfer anhand von alten Fotos in die Gegenwart zurückzuholen. Einzelne Biografien von geraubten Kindern stehen im Vordergrund der Ausstellung.
Stiftung Demokratie Saarland (SDS) - Damit unsere Demokratie lebendig bleibt!
https://www.youtube.com/watch?v=-CBEew9yiLs

 


11.03.2020 - The kidnapping campaign of Nazi Germany | DW Documentary

DW Documentary 
On orders from Heinrich Himmler, the Nazis abducted children from Poland for forced Germanization. Hermann Lüdeking, Jozef Sowa and Alodia Witaszek have never met, but they shared the same fate.

Tears still come to Jozef Sowa’s eyes when he talks about his life. His parents were murdered by Wehrmacht soldiers in Poland in 1943, and he and his four siblings were taken to Germany. Four of them managed to return to Poland. But his younger sister Janina was given up for adoption - as a supposedly German child. She still lives in Germany today. This kidnapping was planned. In 1941, Himmler, who headed the Nazi SS, gave the order to "gather young children who are especially racially suitable from Polish families and for us to raise them in special modestly-sized kindergartens and children’s homes."
Professor Isabel Heinemann explains, "By so doing, he aimed to build up the German race." For years, the historian has been researching the fates of the estimated 50 thousand children in Europe who were snatched. The largest group comes from Poland. Without their biological parents to protect them, the children were given to German families by the "SS Race and Resettlement Main Office." Their names and dates of birth were changed to obscure their true identity.
After the war ended, those whose origins could be traced returned to their homelands. But their native countries had often become foreign to them and being singled out as a German "Hitler child" made reintegration difficult. Those responsible for the kidnapping were never brought to justice.
https://www.youtube.com/watch?v=2GLsM169izM

 


12.12.2018 - Geraubte Kinder: NS-Aufarbeitung in Niederbayern | Kontrovers | BR Fernsehen | BR24

BR24
Die Nationalsozialisten haben hunderte slowenische Kinder nach Bayern verschleppt: Geiseln der SS, die zu Deutschen umerzogen werden sollten. Im niederbayerischen Kloster Neustift in Ortenburg waren bis zu 140 Kinder untergebracht. Eine von ihnen ist Milena Zeric, die jetzt für die Anerkennung ihres Leids kämpft.
Autor: Christian Stücken
Kontrovers im Internet: http://www.br.de/kontrovers

https://www.youtube.com/watch?v=QbdVB8FTNRg

 


 

 




7. Online-Artikel zu Übertragungen des Nazi-Kindesentführungsprinzips in das 21. Jahrhundert: Hier Deportationen und Zwangsassimilierungen von Kindern aus den besetzten ukrainischen Gebieten während des völkerrechtswidrigen Russischen Angriffskrieges seit 2022

Russische Kinderrechtsbeauftragte sorgt in UN-Sitzung für Eklat

AFP
Artikel von AFP • 05.04.2023 um 19:27
Bei einer von Russland angesetzten Sitzung des UN-Sicherheitsrats zur Ukraine haben die Vertreter mehrerer Länder den Saal verlassen, als die mit einem internationalen Haftbefehl gesuchte russische Kinderrechtsbeauftragte per Video zugeschaltet wurde. Als Maria Lwowa-Belowa am Mittwoch auf dem Bildschirm erschien und eine "Diskreditierungskampagne" gegen ihr Land anprangerte, verließen die Vertreter der USA, Großbritanniens, Maltas und Albaniens den Raum.
Bei einer von Russland angesetzten Sitzung des UN-Sicherheitsrats zur Ukraine haben die Vertreter mehrerer Länder den Saal verlassen, als die mit einem internationalen Haftbefehl gesuchte russische Kinderrechtsbeauftragte per Video zugeschaltet wurde.
Bei einer von Russland angesetzten Sitzung des UN-Sicherheitsrats zur Ukraine haben die Vertreter mehrerer Länder den Saal verlassen, als die mit einem internationalen Haftbefehl gesuchte russische Kinderrechtsbeauftragte per Video zugeschaltet wurde.
Die ukrainischen Behörden werfen Russland vor, seit Kriegsbeginn vor mehr als einem Jahr mehr als 16.000 ukrainische Kinder verschleppt zu haben. Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) hatte wegen der Verschleppung der Kinder Mitte März Haftbefehle gegen Russlands Präsident Wladimir Putin und Lwowa-Belowa erlassen.
Russland gibt an, die ukrainischen Kinder vor den Kämpfen "gerettet" zu haben und Maßnahmen zu ergreifen, um sie wieder mit ihren Familien zusammenzuführen.
Verwandtes Video: Russland wird Reisebeschränkungen für Beamte ausweiten (glomex)
"Die ukrainische Propaganda und die westlichen Medien haben die Situation vorsätzlich und gründlich verzerrt, indem sie es ein Verbrechen nennen, diese Kinder vor den Bombenangriffen zu retten", sagte der russische UN-Botschafter Wassili Nebensia in der Sitzung. Er versicherte zudem, Russland habe die Sitzung "lange" vor der "dummen" Entscheidung des IStGH geplant.
Die UN-Botschafterin der USA, Linda Thomas-Greenfield, sagte, Washington habe sich gegen die Videoansprache der russischen Kinderrechtsbeauftragten ausgesprochen, weil sie "wegen eines Kriegsverbrechens angeklagt ist und an der Deportation und Entführung von Kindern aus ihren Häusern beteiligt ist". Deshalb hätten sich die USA mit Großbritannien zusammengeschlossen, um zu verhindern, ihr "eine internationale Plattform zur Verbreitung von Desinformationen zu geben und zu versuchen, ihre schrecklichen Aktionen in der Ukraine zu verteidigen".
Die britische UN-Delegation setzte nach eigenen Angaben durch, dass die Sitzung nicht auf der UN-Website übertragen wurde. Etwa 50 Länder, darunter neben den USA und Großbritannien auch Deutschland und die Ukraine, warfen Russland in einer gemeinsamen Erklärung vor, "seine Befugnisse und Privilegien als ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrates zu missbrauchen", um Desinformationen über die "weitverbreiteten Entführungen und illegalen Zwangsumsiedlungen tausender ukrainischer Kinder zu verbreiten".
Dem UN-Sicherheitsrat gehören 15 Staaten an. Russland hat in dem mächtigsten Gremium der Vereinten Nationen seit Samstag turnusgemäß den monatlich rotierenden Vorsitz inne.
mid/dja
https://www.msn.com/


TAGESSCHAU LIVE-TICKER

11:53 Uhr Scholz begrüßt Haftbefehl gegen Putin. Bundeskanzler Olaf Scholz hat den Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin begrüßt. "Der Internationale Strafgerichtshof ist die richtige Institution, um Kriegsverbrechen zu untersuchen", sagte Scholz bei seinem Besuch in Tokio. Niemand stehe über dem Gesetz.Die Bundesregierung habe immer dafür gesorgt, dass der IStGH die gebührende Bedeutung bekomme. Er wisse nicht, ob Putin an dem G20-Gipfel in Indien teilnehmen werde, sagte Scholz. Japans Ministerpräsident Fumio Kishida äußerte sich zurückhaltend.
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17.03.2023 02:53 Uhr Biden: IStGH-Haftbefehl gegen Putin gerechtfertigt. US-Präsident Joe Biden sieht die Entscheidung des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) als gerechtfertigt, einen Haftbefehl wegen Kriegsverbrechen in der Ukraine gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin auszustellen. "Nun, ich denke, die Entscheidung ist gerechtfertigt", sagte Biden vor Journalisten. Der IStGH habe sehr starke Argumente. Die USA erkennen den Den Haager Strafgerichtshof selbst nicht an, weil sie etwa internationale Ermittlungen gegen US-Soldaten in Auslandseinsätzen grundsätzlich ablehnen.
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17.03.2023 21:12 Uhr Selenskyj: Haftbefehl gegen Putin ist "historische Entscheidung"Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den Haftbefehl gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin als eine "historische Entscheidung" des Internationalen Strafgerichtshofs gelobt. "Der Anführer eines Terrorstaates und eine weitere russische Amtsträgerin sind offiziell Verdächtige in einem Kriegsverbrechen", sagte Selenskyj in seiner in Kiew verbreiteten Videobotschaft. Er dankte dem Team um den Chefankläger des Gerichtshofs in Den Haag, Karim Khan, für den Schritt, der es ermögliche, die Schuldigen zu bestrafen. Die Ukraine wiederum werde alles dafür tun, die verschleppten Mädchen und Jungen zurückzuholen, sagte Selenskyj.Der Haftbefehl des Gerichts in Den Haag erging wegen Verschleppung von Kindern von ukrainischem auf russisches Gebiet. Tausende ukrainische Kindern seien illegal deportiert worden, sagte der Staatschef. Russland bestreitet Kriegsverbrechen und betont, die Kinder seien vor dem Krieg in Sicherheit gebracht worden.
https://www.tagesschau.de/ 
17.03.2023 - 11:37 Uhr ARD-Reporter: Breite Zustimmung für Haftbefehl-Entscheidung. Die Entscheidung des Internationalen Strafgerichtshofs, Haftbefehl gegen Russlands Präsident Wladimir Putin zu erlassen, wird in der Ukraine politisch auf breiter Linie begrüßt, berichtet ARD-Reporter Tobias Dammers: "Es ist nicht nur Präsident Selenskyj, der diese Entscheidung historisch nennt, sondern beispielsweise auch der ukrainische Generalstaatsanwalt." Dieser spreche von einem "Signal an die Welt".
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Haftbefehl gegen Putin
Was die Entscheidung des Strafgerichtshofs bedeutet

 

Stand: 17.03.2023 19:48 Uhr

Wegen Kriegsverbrechen will der Internationale Strafgerichtshof Kremlchef Putin vor Gericht bringen. Was sind die Hintergründe des nun erlassenen Haftbefehls - und was kann dieser bringen?
Von Frank Bräutigam und Kolja Schwartz, ARD-Rechtsredaktion
Was hat der Internationale Strafgerichtshof entschieden? Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) hat zwei Haftbefehle erlassen - gegen Präsident Wladimir Putin und die russische Beauftragte für Kinderrechte, Maria Lwowa-Belova. Der juristische Vorwurf lautet "Kriegsverbrechen". Konkret geht es um die Verschleppung von Kindern aus der Ukraine nach Russland, die spätestens ab Februar 2022 stattgefunden haben sollen.
Es gebe hinreichende Gründe dafür, dass Putin selbst dafür strafrechtlich verantwortlich sei, so das Gericht. Im Mai hatte der russische Präsident ein Dekret unterschrieben, um ukrainische Kinder schneller in Russland einbürgern zu können.
Putin habe laut Haftbefehl darüber hinaus auch nicht auf seine zivilen und militärischen Untergebenen eingewirkt, um sie von den Kriegsverbrechen abzuhalten. Der Gerichtshof hat die Haftbefehle veröffentlicht, auch weil die Verbrechen noch andauerten und die Veröffentlichung dazu beitragen könne, weitere Straftaten zu verhindern. Den genauen Inhalt der Haftbefehle hat man aber nicht öffentlich gemacht, um die Opfer zu schützen. Der Chefankläger des Gerichtshofs, Karim Khan, hatte bei einem Besuch in der Ukraine Anfang März bereits das Augenmerk auf die Deportation ukrainischer Kinder gelegt.
Wie versuchen Ermittler Kriegsverbrechen nachzuweisen? Könnte so selbst Wladimir Putin vor Gericht landen? >>>
Was bedeuten die Haftbefehle? Solange Putin und Lwowa-Belova in Russland bleiben, haben die Haftbefehle eher eine symbolische Bedeutung. In Russland kann der Internationale Strafgerichtshof die beiden nicht festnehmen lassen. Der Gerichtshof hat keine eigene Polizei, die er nach Russland schicken könnte, um dort jemanden zu verhaften. Eine Auslieferung Putins wäre frühestens nach einem Machtwechsel in Russland realistisch, aber auch dann nicht sicher. Mit einem Prozess in absehbarer Zeit ist also eher nicht zu rechnen. Ein Prozess in Abwesenheit ist in Den Haag nicht möglich.
"Keine Verfahren in Abwesenheit", Tobias Reckmann, ARD Brüssel, zum Haftbefehl gegen Putin, tagesschau24 17:00 Uhr, 17.3.2023 · 17:23 Uhr >>>
Warum ist die Entscheidung trotzdem wichtig? Der Vorwurf, dass Putin als Staatschef für Kriegsverbrechen verantwortlich sei, ist ein dickes Ausrufezeichen und hat eine enorme symbolische Wirkung. Darüber hinaus ist Putin durch die Haftbefehle in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Würde er in Staaten reisen, die Mitglied des Gerichtshofs sind, würde ihm dort die Verhaftung drohen. Auch seine Immunität als Staatsoberhaupt würde ihn bei dem Vorwurf der Kriegsverbrechen nicht vor einem Prozess in Den Haag schützen. Ermittler auf allen Ebenen betonen immer wieder, dass sie einen langen Atem haben. Und verweisen darauf, dass sich auch lange Zeit niemand habe vorstellen können, dass Serbiens Ex-Präsident Slobodan Milosevic einmal in Den Haag auf der Anklagebank sitzen würde. Außerdem zeigt die Entscheidung, dass die diskutierte Einrichtung eines Sondertribunals nicht die Bedingung dafür ist, gegen Putin vorzugehen.
"Verschleppung von Kindern ins Ausland", Demian von Osten, ARD Moskau, zum Haftbefehl gegen Putin, tagesschau24 17:00 Uhr, 17.3.2023 >>>
Warum ist der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag zuständig? Den Internationalen Strafgerichtshof gibt es seit 2002. 123 Staaten haben ihn anerkannt, darunter Deutschland. Nicht anerkannt haben ihn zum Beispiel die USA, China, Israel oder Syrien, Russland und die Ukraine. Dennoch kann der IStGH im konkreten Fall auch russische Verbrechen in der Ukraine verfolgen, denn die Ukraine hat in zwei Erklärungen 2014 und 2015 nach der Annexion der Krim durch Russland eine sogenannte "ad hoc-Anerkennung" ausgesprochen und damit bis heute Ermittlungen des IStGH auf ihrem Staatsgebiet zugestimmt. Ist nicht ein Sondertribunal die Voraussetzung dafür, um die russische Staatsspitze vor Gericht zu bringen? Nein. Dass das diskutierte Sondertribunal nicht erforderlich ist, um gegen Putin zu ermitteln und ihn vor Gericht zu bringen, zeigen die Haftbefehle, die der Internationale Strafgerichtshof jetzt erlassen hat. Für die Delikte "Kriegsverbrechen", "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" und "Völkermord" ist eine Anklage ohne Änderung von Statuten nach jetziger Rechtslage möglich, auch gegen Putin.
04.03.2023 Russische Kriegsverbrechen: "Die Täter werden nicht davonkommen". Die Ukraine drängt darauf, dass sich Russland eines Tages für seinen Angriffskrieg verantworten muss. >>>
Warum wird dann über ein "Sondertribunal" neben dem IStGH diskutiert? Weil eine Strafverfolgung wegen des "Verbrechens der Aggression" (Angriffskrieg) gegen Vertreter der russischen Staatsspitze am IStGH derzeit nicht möglich ist. Der Gerichtshof darf dieses Delikt nur für Personen aus Staaten anwenden, die seinem Statut beigetreten sind. Das ist Russland nicht.In dem Fall wäre die Strafverfolgung wegen der Aggression nur möglich, wenn der UN-Sicherheitsrat den Fall nach Den Haag überweisen würde. Das könnte Russland aber mit seinem Veto-Recht blockieren. Für die Verfolgung Putins wegen des "Verbrechen der Aggression" besteht also im konkreten Fall eine rechtliche "Lücke".
Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 17. März 2023 um 17:00 Uhr.
https://www.tagesschau.de/

Völkerstrafgesetzbuch

 

Das Völkerstrafgesetzbuch (VStGB) hat das nationale deutsche Strafrecht an die Regelungen des Völkerstrafrechts, insbesondere an das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs, angepasst.[1] Es regelt in Deutschland die Folgen von Straftaten gegen das Völkerrecht. Das Gesetz ist am 26. Juni 2002 verkündet worden und trat zum 30. Juni 2002 in Kraft.
https://de.wikipedia.org/

Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine 2022
Gerhart Baum und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger stellten Strafanzeige gegen Wladimir Putin und die Mitglieder des russischen Sicherheitsrates. Nach Einschätzung von Stefanie Bock ist eine Parallelverfolgung durch den Internationalen Strafgerichtshof und die deutsche Justiz durchaus sinnvoll. Solange Wladimir Putin russisches Staatsoberhaupt ist, genießt er nach deutschem Recht Immunität, nicht aber nach IStGH-Recht. Vor dem IStGH in Den Haag könnte gegen ihn Anklage erhoben und eine Strafverfolgung eingeleitet werden. Eine Anklage nach dem Verlust der Immunität ist möglich, wenn sich Putin in Deutschland aufhält.[7][8] Die Bundesanwaltschaft leitete ein Strukturermittlungsverfahren ein.[9]
https://de.wikipedia.org/

Internationaler Strafgerichtshof

 

Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH; englisch International Criminal Court, ICC; französisch Cour pénale internationale, CPI) ist ein ständiges internationales Strafgericht mit Sitz in Den Haag (Niederlande) außerhalb der Vereinten Nationen. Seine juristische Grundlage ist das multilaterale Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs vom 17. Juli 1998. Er nahm seine Tätigkeit am 1. Juli 2002 auf und ist für 123 Staaten (60 % aller Staaten der Erde mit etwa 30 % der Weltbevölkerung) zuständig.[1][2]
Seine Zuständigkeit umfasst die vier Kernverbrechen des Völkerstrafrechts, nämlich Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Verbrechen der Aggression und Kriegsverbrechen, soweit sie nach seiner Gründung begangen wurden.[3] Im Dezember 2017 einigten sich die Vertragsstaaten, auch das Verbrechen der Aggression in seine Zuständigkeit aufzunehmen, mit Wirkung ab Juli 2018. Zwar besitzt der IStGH keine universelle, jedoch eine weitreichende Zuständigkeit, die im Römischen Statut konkret festgeschrieben ist. Gegenüber der nationalen Gerichtsbarkeit ist seine Kompetenz zur Rechtsprechung nachrangig; er kann eine Tat nur verfolgen, wenn eine nationale Strafverfolgung nicht möglich oder staatlich nicht gewollt ist, sog. Grundsatz der Komplementarität.
https://de.wikipedia.org/wiki/Internationaler_Strafgerichtshof

Am 17. März 2023 erließ der Internationale Strafgerichtshof Haftbefehl gegen Russlands Präsidenten Wladimir Putin sowie die russische Kinderrechtskommissarin Marija Lwowa-Belowa wegen Kriegsverbrechen im Rahmen des Angriffskriegs gegen die Ukraine. Konkret wird den beiden vorgeworfen, völkerrechtswidrige Deportationen von ukrainischen Kindern nach Russland verantwortet zu haben.[89][110]
https://de.wikipedia.org/wiki/Internationaler_Strafgerichtshof

Deportation von ukrainischen Kindern nach Russland
Russland deportiert mutmaßliche oder vermeintliche Kriegswaisen aus der Ukraine nach Russland und forciert dort ihre rasche Adoption. Sämtliche tatsächlichen (Vorkriegs-)Waisen hingegen waren bis zum 27. Februar aus Mariupol evakuiert worden. Die russische Propaganda benütze die Kinder als Vorzeigeobjekte einer „Befreiung“ von Ukrainern nebst der Vernichtung von „Nazis“.[97] Es kursierten Berichte mit Zahlen von bis zu 150.000 ukrainischen Kindern, welche in Transporten nach Russland gelangt seien, nebst den hunderttausenden Ukrainern, welche weit ins Landesinnere Russlands deportiert worden waren. Laut Ivan Krastev sei die schwierige demografische Lage Russlands stets eines der für Putin „empfindlichen“ Themen gewesen und die Demografie sei für ihn „von entscheidender Bedeutung“.[98] Auch der Militärexperte Gustav Gressel vom European Council on Foreign Relations (ECFR) nennt in diesem Zusammenhang „die Trennung von ukrainischen Kindern von ihren Familien und die Adoption zur Russifizierung, die Deportation von Ukrainern nach Russland“.[99]
Auf den Schulbeginn am ersten September 2022 hin wurde Ukrainern, die ihre Kinder in den besetzten Gebieten nicht in von Russland kontrollierte Schulen schicken wollten, gedroht, ihnen das Sorgerecht zu entziehen und ihnen die Kinder wegzunehmen. Es sollten Namenlisten angefertigt werden darüber, welche Kinder schulpflichtig sind und welche gerne „ihre Gesundheit auf dem Territorium der Russischen Föderation verbessern möchten“, wie es in den euphemistischen Verlautbarungen hieß.[100] Aus anderen Gebieten wie Isjum wurden Kinder in Sommerlager nach Russland gebracht und sind nie zurückgekehrt.[101] Die Umerziehung solcher Kinder in Russland gehört möglicherweise zu den Handlungen, welche „Merkmale genozidaler Kriegsführung“ erfüllen könnten.[102]
Das europäische Parlament verurteilte die zwangsweise Verbringung von ukrainischen Kindern nach Russland und sanktionierte zunächst die russische Kinderrechtskommissarin Marija Lwowa-Belowa,[103] und mit dem neunten Sanktionspaket[104] wurden Vermögenssperren und EU-Einreiseverbote gegen mehrere weitere an der illegalen Verbringung von Kindern Beteiligte verhängt. Das vorgeworfene russische Vorgehen sei laut der britischen Professorin für internationales Menschenrecht Alison Bisset nach internationalem Recht strikt verboten.[105]
Im November 2022 gab die ukrainische Regierung an, dass ihr 10.764 ukrainische Kinder namentlich bekannt seien, die im Zuge des Krieges nach Russland verschleppt wurden.[106] Laut der US-amerikanischen Yale University wurden bis Februar 2023 mindestens 6000 ukrainische Kinder in 43 russische Lager bzw. Einrichtungen auf der Krim oder in Russland deportiert: „Der Hauptzweck der Lager scheint die politische Umerziehung zu sein.“ Es handelte sich laut den Recherchen bei den ukrainischen Kindern sowohl um Waisen als auch um solche mit Eltern oder Vormündern. Einige Kinder sind dem Bericht der Yale University zufolge von russischen Familien adoptiert oder in Pflegefamilien untergebracht worden.[107]
Am 17. März 2023 erließ der Internationale Strafgerichtshof aufgrund des dringenden Tatverdachts der Deportation von Kindern aus den besetzten Gebieten Haftbefehle gegen Russlands Präsidenten Wladimir Putin sowie Marija Lwowa-Belowa.[108]
https://de.wikipedia.org/


BUNDESMINISTERIUM DER JUSTIZ
Völkerstrafgesetzbuch

https://www.gesetze-im-internet.de/vstgb/

Völkerstrafgesetzbuch (VStGB)
§ 6 Völkermord
(1) Wer in der Absicht, eine nationale, rassische, religiöse oder ethnische Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören,
5.
ein Kind der Gruppe gewaltsam in eine andere Gruppe überführt,
wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.
https://www.gesetze-im-internet.de/

Völkerstrafgesetzbuch (VStGB)
§ 7 Verbrechen gegen die Menschlichkeit
(1) Wer im Rahmen eines ausgedehnten oder systematischen Angriffs gegen eine Zivilbevölkerung
2.
in der Absicht, eine Bevölkerung ganz oder teilweise zu zerstören, diese oder Teile hiervon unter Lebensbedingungen stellt, die geeignet sind, deren Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen,
3.
Menschenhandel betreibt, insbesondere mit einer Frau oder einem Kind, oder wer auf andere Weise einen Menschen versklavt und sich dabei ein Eigentumsrecht an ihm anmaßt,
4.
einen Menschen, der sich rechtmäßig in einem Gebiet aufhält, vertreibt oder zwangsweise überführt, indem er ihn unter Verstoß gegen eine allgemeine Regel des Völkerrechts durch Ausweisung oder andere Zwangsmaßnahmen in einen anderen Staat oder in ein anderes Gebiet verbringt,
https://www.gesetze-im-internet.de/

Völkerstrafgesetzbuch (VStGB)
§ 8 Kriegsverbrechen gegen Personen
6.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person, die sich rechtmäßig in einem Gebiet aufhält, vertreibt oder zwangsweise überführt, indem er sie unter Verstoß gegen eine allgemeine Regel des Völkerrechts durch Ausweisung oder andere Zwangsmaßnahmen in einen anderen Staat oder in ein anderes Gebiet verbringt,
9.
eine nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Person in schwerwiegender Weise entwürdigend oder erniedrigend behandelt,

(6) Nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Personen sind
1.
im internationalen bewaffneten Konflikt: geschützte Personen im Sinne der Genfer Abkommen und des Zusatzprotokolls I (Anlage zu diesem Gesetz), namentlich Verwundete, Kranke, Schiffbrüchige, Kriegsgefangene und Zivilpersonen;
https://www.gesetze-im-internet.de/


Reaktionen auf Haftbefehl gegen Kremlchef
»Ein wichtiges Signal der Entschlossenheit«

 

Der deutsche Justizminister, Estlands Ministerpräsidentin und litauische Politiker begrüßen den Haftbefehl gegen Wladimir Putin. Für den Uno-Chef hingegen ist der Kremlchef deswegen keine Persona non grata.
17.03.2023, 22.45 Uhr
Bundesjustizminister Marco Buschmann hat den Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gegen Kremlchef Wladimir Putin wegen Kriegsverbrechen in der Ukraine begrüßt. »Wer wie Putin einen blutigen Krieg angezettelt hat, sollte sich dafür vor Gericht verantworten müssen«, sagte der FDP-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. »Die beste Lösung ist es, wenn eine Anklage vor dem Internationalen Strafgerichtshof erhoben werden kann. Der nun erlassene Haftbefehl wegen Kriegsverbrechen ist ein wichtiges Signal der Entschlossenheit.«
Daneben gelte es, auch weiterhin über andere Modelle nachzudenken, »wie wir eine konsequente Strafverfolgung umsetzen, etwa mit einem Sondertribunal zur Verfolgung des Verbrechens des Angriffskrieges«, fügte Buschmann hinzu. Zu diesen Fragen gebe es einen engen Austausch mit den internationalen Partnern und den bereits ermittelnden Institutionen, so etwa am kommenden Montag in London bei einer internationalen Konferenz der Justizminister zur Unterstützung der Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofs. »Uns alle verbindet der Wille, entschlossen auf die schlimmen Verbrechen in der Ukraine zu reagieren«, so der FDP-Politiker.
Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hatte am Freitag wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen in der Ukraine Haftbefehl gegen Putin erlassen. Dieser sei mutmaßlich verantwortlich für die Deportation ukrainischer Kinder aus besetzten Gebieten nach Russland, teilte das Gericht mit. Unmittelbare Auswirkungen dürfte die Maßnahme zwar nicht haben, aber ein Haftbefehl gegen einen derart mächtigen amtierenden Staatschef wie Putin hat es bisher noch nie gegeben. Russland erkennt das Gericht nicht an.
Auch Estlands Ministerpräsidentin Kaja Kallas hat den Haftbefehl begrüßt. Damit sende das Gericht in Den Haag ein »historisches Signal: Alle Gräueltaten gegen die Ukraine gehen auf die kriminelle Politik der russischen Führung zurück«, schrieb sie auf Twitter.
Der Haftbefehl sei eine Erinnerung daran, dass niemand immun sei, nicht einmal Staatsoberhäupter. »Das russische Regime wird zur Rechenschaft gezogen werden«, schrieb Kallas. Die Regierungschefin des an Russland grenzenden baltischen EU- und Nato-Landes gilt als eine der resolutesten Unterstützerinnen von Kiew in Europa.
Die litauische Staatsführung hat den Haftbefehl ebenfalls positiv kommentiert. Präsident Gitanas Nauseda lobte die Entscheidung des Gerichts in Den Haag als »ersten Schritt zu Russlands Rechenschaft«, Außenminister Gabrielius Landsbergis schrieb von einem neuen Präzedenzfall. Regierungschefin Ingrida Simonyte twitterte: »Die Gerechtigkeit naht.«
Zugleich mahnten die Spitzen des baltischen EU- und Nato-Landes zu weiteren Schritten. »Jetzt ist es an der Zeit, andere Verbrechen – Folter, Vergewaltigung und Massenmorde – zu untersuchen, die an der ukrainischen Bevölkerung begangen wurden!«, schrieb Nauseda auf Twitter. Auch Landsbergis betonte: »Die Geschichte wird jedoch erst abgeschlossen sein, wenn alle Kriegsverbrechen und das Verbrechen der Aggression untersucht und die Schuldigen verurteilt sind.«
Keine direkte Reaktion der Uno
Die Vereinten Nationen hingegen haben eine direkte Reaktion auf den Haftbefehl gegen Putin vermieden. Der Sprecher von Uno-Generalsekretär António Guterres, Stéphane Dujarric, betonte lediglich, dass Putin für den Uno-Chef wegen der Entscheidung keine Persona non grata sei: »Der Generalsekretär wird immer mit jedem sprechen, mit dem es nötig ist zu sprechen«. Dujarric sagte weiter, dass der Internationale Strafgerichtshof (ICC) und die Vereinten Nationen getrennte Organisationen seien.
Der ICC geht auf das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs von 1998 zurück, das durch Uno-geführte Verhandlungen entstand. Laut Uno besteht ein Kooperationsabkommen zwischen dem Gericht und den Vereinten Nationen. Sprecher Dujarric wollte die Frage nicht beantworten, ob er diplomatische Fortschritte wegen der nun eingeschränkten Reisefreiheit von Putin gefährdet sieht. So scheint es fraglich, ob der russische Präsident zu möglichen Friedensgesprächen unter Uno-Führung zum Beispiel nach Genf fliegen könnte – die Schweiz gehört dem ICC an. Insgesamt haben mehr als 120 Staaten das Römische Statut ratifiziert.
https://www.spiegel.de/


Ukraine-Krieg: Internationaler Strafgerichtshof erlässt Haftbefehl gegen Putin

 

Das Gericht in Den Haag geht gegen Russlands Staatschef und die Kinderrechtsbeauftragte vor. Der Vorwurf: Kriegsverbrechen wie die Deportation ukrainischer Kinder.
Aktualisiert am 17. März 2023, 19:16 Uhr
Der Internationale Strafgerichtshof hat Haftbefehl gegen Russlands Präsident Wladimir Putin und seine Kinderrechtsbeauftragte Maria Lwowa-Belowa erlassen. Das Gericht wirft ihnen vor, verantwortlich für Kriegsverbrechen in der Ukraine zu sein – speziell für die Deportation ukrainischer Kinder aus besetzten Gebieten.
Putin sei "mutmaßlich verantwortlich für das Kriegsverbrechen der illegalen Deportation von Einwohnern (Kindern) ... aus besetzten Gebieten der Ukraine in die Russische Föderation", heißt es in einer Mitteilung des Gerichtshofs. Dieselben Verbrechen legt das Gericht Lwowa-Belowa zur Last.
Es gebe "plausible Gründe, anzunehmen, dass jeder der Verdächtigen" persönliche Verantwortung für die ihnen vorgeworfenen Kriegsverbrechen trage. Anders als üblich würden die Haftbefehle veröffentlicht, weil die Verbrechen mutmaßlich noch andauerten und eine öffentliche Bekanntgabe dazu beitragen könne, die weitere Begehung von Straftaten zu verhindern, argumentierte das Gericht. Gerichtspräsident Piotr Hofmanski teilte mit, nur die internationale Gemeinschaft könne die Haftbefehle vollstrecken, das Gericht könne sie lediglich erlassen.
Viel Unterstützung für die Entscheidung des Gerichts
"Das ist nur der Anfang", kommentierte der ukrainische Präsidialamtschef Andrij Jermak die Mitteilung aus Den Haag. Außenminister Dmytro Kuleba begrüßte auf Twitter die Entscheidung des Gerichtshofs, einen Haftbefehl auszustellen. "Internationale Verbrecher werden für das Stehlen von Kindern und andere internationale Verbrechen zur Rechenschaft gezogen."
Auch der deutsche Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) begrüßte die Entscheidung aus Den Haag. "Wer wie Putin einen blutigen Krieg angezettelt hat, sollte sich dafür vor Gericht verantworten müssen", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Die beste Lösung sei, wenn eine Anklage vor dem Internationalen Strafgerichtshof erhoben werden könnte. Den Haftbefehl nannte Buschmann ein "wichtiges Signal der Entschlossenheit".
Zudem befürwortete der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell die Entscheidung des Internationalen Gerichtshof. Auf Twitter schrieb er, mit dem Haftbefehl werde ein Prozess in Gang gesetzt, in dem die Verantwortlichen für den Krieg in der Ukraine zur Rechenschaft gezogen würden.
Estlands Ministerpräsidentin Kaja Kallas bezeichnete den Haftbefehl als "historisches Signal". Sie schrieb auf Twitter, der Haftbefehl zeige, dass "alle Gräueltaten gegen die Ukraine" auf die "kriminelle Politik der russischen Führung" zurückgingen.
Russland zufolge ist die Entscheidung aus Den Haag "unbedeutend"
Russland bezeichnet den Haftbefehl als rechtlich nichtig. "Allein die Formulierung der Frage halten wir für unverschämt und inakzeptabel", sagte der russische Regierungssprecher Dmitri Peskow der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass. Russland erkenne die Rechtsprechung des Internationalen Strafgerichtshof nicht an. "Entsprechend sind Entscheidungen dieser Art für Russland vom rechtlichen Standpunkt unbedeutend", sagte Peskow.  
Zudem befürwortete der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell die Entscheidung des Internationalen Gerichtshof. Auf Twitter schrieb er, mit dem Haftbefehl werde ein Prozess in Gang gesetzt, in dem die Verantwortlichen für den Krieg in der Ukraine zur Rechenschaft gezogen würden.
Estlands Ministerpräsidentin Kaja Kallas bezeichnete den Haftbefehl als "historisches Signal". Sie schrieb auf Twitter, der Haftbefehl zeige, dass "alle Gräueltaten gegen die Ukraine" auf die "kriminelle Politik der russischen Führung" zurückgingen.
Russland zufolge ist die Entscheidung aus Den Haag "unbedeutend"
Russland bezeichnet den Haftbefehl als rechtlich nichtig. "Allein die Formulierung der Frage halten wir für unverschämt und inakzeptabel", sagte der russische Regierungssprecher Dmitri Peskow der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass. Russland erkenne die Rechtsprechung des Internationalen Strafgerichtshof nicht an. "Entsprechend sind Entscheidungen dieser Art für Russland vom rechtlichen Standpunkt unbedeutend", sagte Peskow.  
Tausende mutmaßlich deportierte Kinder
Die Ukraine wirft Russland vor, mehr als 16.000 Kinder aus besetzten Gebieten nach Russland verschleppt zu haben. Internationale Ermittler berichteten im Februar von etwa 6.000 Kindern. Nach ukrainischen Angaben konnten bisher nur wenige Hundert von ihnen in ihre Heimat zurückgeholt werden.
Am Donnerstag war ein Bericht einer Untersuchungskommission des UN-Menschenrechtsrats veröffentlicht worden, in dem russischen Truppen zahlreiche Kriegsverbrechen wie systematische Folter und Tötungen von Zivilisten in besetzten Gebieten vorgeworfen werden. Bei den Ermittlungen wurden auch Verbrechen gegen Ukrainer auf russischem Territorium dokumentiert, darunter die Deportation ukrainischer Kinder.
Russland weist den Vorwurf der Deportation zurück – verbirgt aber kaum, in großer Zahl Kinder aus der Ukraine fortzubringen und bezeichnet das als "Rettung". Kurz vor einem Auftritt Putins in einem Moskauer Stadion vor wenigen Wochen wurden einem Publikum von Zehntausenden Menschen Kinder präsentiert, die mutmaßlich aus der von Russland eroberten und dabei schwer zerstörten ukrainischen Stadt Mariupol entführt worden sind.
Die Kinderrechtsbeauftragte Lwowa-Belowa hatte vor wenigen Wochen in einem im Fernsehen übertragenen Gespräch mit Putin gesagt, sie habe selbst ein Kind aus Mariupol "adoptiert", wofür sie dem russischen Staatschef dankbar sei.
Die Ukraine fordert seit mehr als einem Jahr eine internationale Verfolgung des russischen Präsidenten, weiterer Personen aus seinem Umfeld und der russischen Militärspitze. Internationale Ermittlerinnen, etwa aus Den Haag, haben kurz nach Beginn des russischen Angriffskriegs damit begonnen, ukrainische Behörden bei Ermittlungen zu mutmaßlichen russischen Kriegsverbrechen zu unterstützen.
https://www.zeit.de/

INTERNATIONALER STRAFGERICHTSHOF
Haftbefehl gegen Putin!

 

Von: HANS-JÖRG VEHLEWALD, BJÖRN STRITZEL, MAXIMILIAN BOTH UND LUISA VOLKHAUSEN
17.03.2023 - 21:01 Uhr
Der Internationale Strafgerichtshof hat Haftbefehl gegen Wladimir Putin erlassen! Der Gerichtshof wirft dem Kreml-Machthaber vor, für Kriegsverbrechen in der Ukraine verantwortlich zu sein.
Konkret wirft der Strafgerichtshof Putin die Verschleppung von Kindern aus der Ukraine nach Russland vor.
Straf- und Völkerrechtsexperte Christoph Safferling (51, Uni Erlangen und Direktor der Internationalen Akademie Nürnberger Prinzipien) wertet den Haftbefehl als „starkes Signal“ Richtung Russland.
„Es zeigt den festen Willen des Gerichtshofs, auch einen Staatspräsidenten nicht ungestraft davon kommen zu lassen“, so Safferling.
Den Haftbefehl hatte der Strafgerichtshof nach eigenen Angaben bereits am 22. Februar erlassen – ihn bisher aber geheim gehalten, um Russland keine Chance zur Verschleierung der Taten zu geben. Da die Verbrechen jedoch weiter andauerten, habe man erkannt, „dass die öffentliche Wahrnehmung der Haftbefehle zur Verhinderung weiterer Straftaten beitragen kann“, so das Gericht.
Ebenfalls angeklagt: Putins „Kommissarin für Kinderrechte“, Maria Alekseyevna Lvova-Belova. Sie hatte maßgeblich für die „Umerziehung“ ukrainischer Kinder in Russland geworben und selbst ein ukrainisches Kind „adoptiert“.
Schon lange wurde darüber diskutiert, wie Putin für den Krieg in der Ukraine und die dort begangenen Taten zur Verantwortung gezogen werden kann.
Völkerrechtsexperte Wolff Heintschel von Heinegg: „Es gibt hier zwei gegensätzliche Positionen: Aus dem Völkergewohnheitsrecht lässt sich ableiten, dass Staatsoberhäupter und Regierungschefs Immunität genießen.“ ABER: „Die Zweite Kammer des Internationalen Strafgerichtshofs hat entschieden, dass die Strafverfolgung wegen Kriegsverbrechen schwerer wiegt.“
Jetzt der Haftbefehl, ein Paukenschlag! BILD klärt die wichtigsten Fragen:
Wird Putin jetzt verhaftet?
In der Theorie ja – sobald er einen der weltweit 123 Staaten betritt, die den Gerichtshof in Den Haag anerkennen: Die Vertragsstaaten haben sich verpflichtet, gesuchte Personen, falls möglich, an das Gericht auszuliefern.
ABER: In der Praxis dürfte sich eine Verhaftung vermutlich deutlich schwieriger gestalten. Denn wenn ein Staat Putin nicht verhaften WILL, könnte er sich auf die Immunität von Staatsoberhäuptern nach dem Völkergewohnheitsrecht berufen – ähnliche Fälle gab es bereits in der Vergangenheit. Heißt: „Es kommt also auf die politische Wertung an“, so Heintschel von Heinegg. „Aber Putin wird sich in Acht nehmen müssen“.
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Festnahme, Strafe, Verhandlungen
:Was der Haftbefehl gegen Putin bedeutet

 

Datum:
17.03.2023 21:30 Uhr
Den Haags Haftbefehl gegen Putin: Die Rechtsexpertin Stefanie Bock spricht im ZDF über eine mögliche Festnahme Putins, schwierige Ermittlungen und die große Bedeutung für Kiew.
Der Haftbefehl sei ein großes Symbol. Es zeige, dass mit aller Konsequenz gegen die Verbrechen in der Ukraine vorgegangen werde, so Strafrechtsprofessorin Stefanie Bock. Beitragslänge: 17 min Datum: 17.03.2023 >>>
Der Internationale Strafgerichtshof hat wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen in der Ukraine Haftbefehl gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin erlassen. Putin sei mutmaßlich verantwortlich für die Deportation ukrainischer Kinder aus besetzten Gebieten nach Russland.
Es ist der erste Haftbefehl, den das Gericht im Zusammenhang mit mutmaßlichen Kriegsverbrechen in der Ukraine erlassen hat. Strafrechtsexpertin Professorin Stefanie Bock von der Philips-Universität Marburg sieht darin ein "großes Symbol", da "mit aller Konsequenz gegen die Verbrechen in der Ukraine vorgegangen werden soll, und zwar unabhängig von Status des Beschuldigten."
Was folgt nach dem Haftbefehl gegen Putin?
"Das Nächste wäre jetzt natürlich optimalerweise die Festnahme der Beschuldigten, also von Putin und seiner Kinderrechtsbeauftragten", sagt Stefanie Bock. Dass es so weit komme, sei allerdings unwahrscheinlich: "Das wird erst mal faktisch daran scheitern, dass niemand ihn festnehmen kann - Russland selber erkennt den Internationalen Strafgerichtshof nicht an, deshalb wird keine russische Behörde Putin festnehmen."
Die Mitgliedsstaaten des Internationalen Strafgerichtshofes seien "grundsätzlich verpflichtet, den Haftbefehl zu vollstrecken, also die Person festzunehmen". Allerdings haben die Länder, die ihn anerkennen, in Russland keinerlei Befugnisse, so Bock. "Das heißt, eine Festnahme kommt eigentlich nur in Betracht, wenn er das Land verlässt."
Das Gericht sieht Putin als Verantwortlichen hinter der Entführung tausender ukrainischer Kinder. Welche Konsequenzen hat der Haftbefehl?
ZDFheute live ordnet ein. Beitragslänge: 34 min Datum: 17.03.2023 Welche Strafe droht Putin? >>>
Zwar gelte generell, dass "Staatsoberhäupter wie Putin eine sogenannte absolute Immunität genießen" und "grundsätzlich nicht festgenommen werden können". Der Internationale Strafgerichtshof allerdings kann diese absolute Immunität aufheben. "Das bedeutet, dass Putin festgenommen werden muss von den Mitgliedsstaaten des Internationalen Staatsgerichtshofs - also, wenn er sich beispielsweise in ein Land der EU (…) begibt"
Ein konkretes Strafmaß nennt die Expertin nicht: "Das müssten dann die Beweise im Einzelfall ergeben."
Typischerweise spricht der Internationale Strafgerichtshof sehr hohe Freiheitsstrafen aus.
Stefanie Bock, Strafrechtsexpertin an der Philipps-Universität Marburg
Stefanie Bock...
...ist Professorin und Expertin für internationales Straf- und Strafprozessrecht an der Philipps-Universität Marburg. Gemeinsam mit ihrem Team befasst sie sich insbesondere mit der zunehmenden Internationalisierung und Europäisierung der Strafrechtspflege. Bock ist zudem Direktorin des Internationalen Forschungs- und Dokumentationszentrums Kriegsverbrecherprozesse der Universität Marburg.
Quelle: Philipps-Universität Marburg
Was bedeutet der Haftbefehl, auch wenn Putin vorerst nicht festgenommen wird?
Der Haftbefehl führe schon jetzt zu einer Beschränkung der Reisefreiheit Putins, so die Expertin. Putin könne "als amtierender Staatschef eines großen Landes nicht mehr unbehelligt durch die Welt reisen".
Er muss in dem Augenblick, in dem er ein Mitgliedsland des Internationalen Strafgerichtshofs betritt, damit rechnen, festgenommen zu werden.
Stefanie Bock, Strafrechtsexpertin an der Philipps-Universität Marburg
Bock sieht in dem Haftbefehl auch einen Akt der Solidarität mit der angegriffenen Ukraine: "Für die Ukraine ist das sicherlich ein ganz großes Zeichen der Unterstützung, dass hier wirklich mit allen Mitteln gegen Kriegsverbrechen von russischer Seite vorgegangen wird, und zwar bis an höchster Stelle."
Warum kam der Haftbefehl erst ein Jahr nach Kriegsbeginn?
"Weil natürlich Beweise gesammelt, gesichtet und bewertet werden müssen", so die Expertin. Der Angriff auf die Ukraine selbst könne "nicht durch Den Haag verfolgt werden" - hier sei der Internationale Strafgerichtshof nicht zuständig.
Außerdem gestalte sich die Beweisführung bei Kriegsverbrechen schwierig: "Der Ankläger muss die Beweise dafür finden, dass Putin selbst für Kriegsverbrechen verantwortlich ist." Diesen Nachweis zu führen sei umso schwerer, je größer die Distanz zwischen der Tat und dem Beschuldigten sei. Dafür habe es Zeit gebraucht.
Welche Bedeutung hat der Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin? ZDF-Korrespondent Florian Neuhann berichtet. Beitragslänge: 1 min Datum: 17.03.2023 >>>
Warum werden die Kinderdeportationen angeführt - nicht etwa die Massaker von Butscha?
Gräueltaten wie in Butscha seien schwierig nachzuweisen, weil nachgewiesen werden müsse, dass Putin in die Begehung der Taten involviert war oder dass er sie angeordnet habe - oder dass er die Möglichkeit hatte, die Taten zu verhindern, erklärt Bock. Bei den Kinderdeportationen sei dies anders: "Es spricht viel dafür, dass das Verbrechen sind, die vergleichsweise gut nachweisbar sind."
Die Taten, die der Chefermittler jetzt in den Fokus gerückt hat, sind Taten die eng verknüpft sind mit der Gesamtstrategie Russlands.
Stefanie Bock, Strafrechtsexpertin an der Philipps-Universität Marburg
Die Kinderdeportationen könnten deswegen "deutlich leichter zur russischen Führung zurückverfolgt werden". Die Individuelle Verantwortung Putins sei hier leichter nachzuweisen, so Bock.
Nach der Entführung würden Kinder gezielt von ihrem Heimatland entfremdet. Außerdem wolle Russland mit den Entführungen die Moral der Ukraine beeinträchtigen, sagt Arndt Ginzel.
Beitragslänge: 10 min Datum: 17.03.2023
Was bedeutet der Haftbefehl für mögliche Friedensverhandlungen?
"Das ist immer die generelle Frage: In welchem Verhältnis steht Völkerstrafrecht zu Friedensschaffung", so Bock. Man müsse immer überlegen, ob es gut sei, "Ermittlungen einzuleiten, gerade wenn sie sich gegen Personen richten, die man möglicherweise noch für Friedensverhandlungen brauchen kann."
Generell würde ich sagen, einen langfristigen, dauerhaften Frieden kann man nicht ohne Gerechtigkeit schaffen. Das heißt, irgendwann braucht man Mechanismen, um begangenes Unrecht aufzuarbeiten.
Stefanie Bock, Strafrechtsexpertin an der Philipps-Universität Marburg
Bock weiter: "Da wir jetzt keine große Bereitschaft sehen konnten, dass die russische Seite diesen Konflikt durch Verhandlungen lösen möchte, glaube ich, dass hier keine negativen Auswirkungen auf Friedensprozesse zu erwarten sind - wahrscheinlich aber auch keine positiven. Also die russische Seite wird sich wahrscheinlich jetzt noch mehr abschotten und das als Angriff des Westens sehen."
Das Gespräch wurde zusammengefasst von ZDFheute-Redakteur Silas Thelen.
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Straf- und Völkerrechtsexperte :„Putin wird irgendwann in Den Haag auf der Anklagebank sitzen“

 

Der Internationale Strafgerichtshof hat einen Haftbefehl gegen den russischen Präsidenten erlassen. Das hat nicht nur symbolische Bedeutung, erklärt Experte Christoph Safferling.
Von Anja Wehler-Schöck
18.03.2023, 13:50 Uhr
Der Internationale Strafgerichtshof hat am Freitag einen Haftbefehl gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin und die russische Beauftragte für Kinderrechte Maria Lwowa-Belova erlassen. Russland ist jedoch gar kein Mitglied des Strafgerichtshofs, ebenso wenig die Ukraine. Warum konnte der Haftbefehl dennoch erlassen werden?
Die Ukraine ist formell kein Mitglied. Sie hat aber seit dem Überfall der Krim die Rechtsprechung und Kompetenz des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) anerkannt. Etliche Mitgliedstaaten haben daraufhin den Chefankläger beauftragt, Ermittlungen durchzuführen.
Damit fällt nun alles, was zum Kompetenzbereich des IStGH gehört und was auf dem Territorium der Ukraine geschieht, in die Zuständigkeit des Gerichtshofs. Das wird damit streng nach dem klassischen Prinzip der Territorialität gehandhabt.
Christoph Safferling ist Professor für Strafrecht, Strafprozessrecht, Internationales Strafrecht und Völkerrecht an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Seit 2023 leitet er auch die Internationale Akademie Nürnberger Prinzipien, die sich der Förderung des Völkerstrafrechts und der Menschenrechte widmet.
US-Präsident Joe Biden hat den Haftbefehl als „gerechtfertigt“ bezeichnet. Dabei gehören die USA dem IStGH gar nicht an. Erhoffen Sie sich durch diesen Haftbefehl neue Zugkraft, um Länder wie die USA zu überzeugen, dem Gerichtshof beizutreten?
Ich hoffe natürlich, dass damit auch in den USA eine neue Diskussion darüber entfacht wird, ob nicht eine Mitgliedschaft sinnvoll wäre. Dass dies dann tatsächlich geschieht, glaube ich allerdings nicht. Was aber passieren kann und sollte, ist, dass die USA den IStGH trotzdem unterstützen. Das geht auch, ohne dass sie Mitglied sind.
Der Haftbefehl bezieht sich auf die Deportation von Kindern aus der Ukraine nach Russland. Warum geht er nicht noch auf weitere Kriegsverbrechen ein?
Offensichtlich sind die Ermittlungen bei den anderen Tatbeständen noch nicht so weit fortgeschritten, als dass man für sie jetzt schon einen Haftbefehl beantragen könnte. Der Ermittler muss dafür die Richterinnen und Richter überzeugen, dass genügend Beweise vorliegen, damit im Falle eines Prozesses auch eine Verurteilung wahrscheinlich ist.
Bei den anderen Vorwürfen, die im Raum stehen, ist das offensichtlich nicht der Fall. Daher hat man jetzt isoliert einen Aspekt herausgegriffen, den man anscheinend beweisen kann. Ob das strategisch klug war, ist eine andere Frage. Es kann jedoch nicht dabei bleiben. Die Deportation von Kindern ist ein spezieller – und natürlich furchtbarer – Ausschnitt des Geschehens in der Ukraine. Die anderen Kriegsverbrechen müssen ebenfalls verfolgt werden.
Was ist der Internationale Strafgerichtshof?
Der IStGH mit Sitz in Den Haag ist ein unabhängiger, ständiger Gerichtshof zur Ahndung von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen.
Er nahm 2002 seine Tätigkeit auf. Er wurde durch das Römische Statut gegründet, das 1998 von 120 Staaten unterzeichnet wurde.
Heute gehören dem IStGH 123 Staaten an, darunter Deutschland. Nicht anerkannt haben ihn zum Beispiel die USA, China, Israel, Syrien, Russland und die Ukraine.
Das Verbrechen der Aggression könnte der IStGH allerdings nicht verfolgen.
Genau. Da gibt es eine Zuständigkeitslücke. Das Statut des IStGH erkennt dieses Verbrechen zwar an. Es kann aber nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen verfolgt werden. Im Fall der Ukraine wäre die Voraussetzung dafür, dass Russland der Strafverfolgung zustimmt. Und das wird natürlich nicht passieren.
Russlands Terror gegen Zivilisten Wladimir Putin gehört vor ein Kriegsverbrechertribunal
Warum richtet sich der Haftbefehl nur gegen Putin und die russische Kinderrechtsbeauftragte?
Wir wissen derzeit gar nicht, gegen wen alles Anklage erhoben wurde. Die Haftbefehle waren zunächst geheim. Jetzt sind diese beiden veröffentlicht worden. Der Rest ist noch unbekannt, es könnten durchaus noch weitere Personen angeklagt sein.
Auch die Beweise werden aus Opferschutzgründen noch zurückgehalten Der Präsident des IStGH hat erklärt, dass man sich erhofft, dass durch die Teilveröffentlichung eine gewisse abschreckende Wirkung ausgeht. Man stellt damit klar, dass es ein Verbrechen ist, das international verfolgt wird. Es könnte ein Signal an die Beteiligten senden, diese Verbrechen sofort zu beenden.
Der Haftbefehl ist ein starkes Signal, dass die Weltgemeinschaft Kriegsverbrechen nicht toleriert und dass die vorhandenen Mechanismen auch genutzt werden.
Christoph Safferling, Experte für Völkerstrafrecht
Welche Konsequenzen haben die Haftbefehle nun konkret?
Es ist ein starkes Signal, dass die Weltgemeinschaft Kriegsverbrechen nicht toleriert und dass die vorhandenen Mechanismen auch genutzt werden. Die konkreten Auswirkungen des Haftbefehls werden erstmal eher gering sein. Alle Mitgliedstaaten sind verpflichtet, den Haftbefehl umzusetzen.
Sollte Wladimir Putin also etwa nach Deutschland einreisen wollen, würde er sofort festgenommen und nach Den Haag überstellt werden.
In Russland kann der IStGH die beiden nicht festnehmen. Eine Auslieferung wäre frühestens nach einem Machtwechsel denkbar und auch dann keineswegs sicher.
In Den Haag kann kein Prozess in Abwesenheit gegen Putin geführt werden. Warum?
Ein Prozess in Abwesenheit ist ein menschenrechtliches Problem. Das hat der IStGH in seinem Statut richtigerweise so festgelegt. In Deutschland kennen wir das auch nur in ganz besonderen Ausnahmefällen. Es geht im Strafverfahren ja auch immer darum, dass man gegenüber der beschuldigten Person verdeutlicht, was ihr vorgeworfen wird und sie auch die Möglichkeit erhält, sich zu verteidigen. Das alles ist nicht möglich, wenn sie nicht anwesend ist.
Spielt Putins Immunität als Staatsoberhaupt eine Rolle?
Nein. Genau deswegen wurde der Internationale Strafgerichtshof gegründet, damit Fragen der Immunität nicht aufkommen. Bei international geahndeten Verbrechen gibt es keine Berufung auf persönliche oder staatliche Immunität.
Was bedeutet der Haftbefehl des IStGH für die mögliche Einrichtung eines Sondertribunals?
Der Internationale Strafgerichtshof ist hier jetzt ein Stück weit vorgeprescht und hat seine Kompetenz verdeutlicht. Ein wichtiger Punkt ist die Verfolgung des Verbrechens der Aggression. Am Montag tagt in London eine internationale Konferenz der Justizminister, die sich damit befassen wird. Da wollte der IStGH im Vorfeld gewissermaßen Fakten schaffen und sich nicht das Heft aus der Hand nehmen lassen. Zwei Wege sind denkbar: Man könnte ein Sondertribunal schaffen, wie etwa im Fall von Jugoslawien, oder die Kompetenz des IStGH erweitern.
Gerade auch mit Blick auf die Bedeutung der Nürnberger Prozesse für uns als Deutsche finde ich es unerlässlich, dass im Fall der Ukraine das Verbrechen der Aggression strafrechtlich verfolgt wird. Dafür müssen jetzt die geeigneten Mechanismen gefunden werden. Die Erweiterung der Kompetenz des Internationalen Strafgerichtshofs würde insgesamt zu einer Stärkung dieser Institution führen. Das würde ich sehr begrüßen.
Politisch wird es jedoch schwer durchzusetzen sein. Daher wird die Schaffung eines eigenen Gerichtshofs – zum gesamten Konflikt und nicht nur zur Aggression – vermutlich der bessere Weg sein. Die Ukraine sollte allerdings nicht in die Lage versetzt werden, mit Sondergerichtsbarkeiten selbst tätig zu werden. Die Ukraine ist als Rechtsstaat noch in der Entwicklung. Es muss noch viel geschehen, damit das Land die europäischen Standards erreicht.
Sind Sie denn zuversichtlich, dass Sie Putin irgendwann in Den Haag auf der Anklagebank sitzen sehen werden?
Ja.
https://www.tagesspiegel.de/


Press Release: 17 March 2023
Situation in Ukraine: ICC judges issue arrest warrants against Vladimir Vladimirovich Putin and Maria Alekseyevna Lvova-Belova

 

Today, 17 March 2023, Pre-Trial Chamber II of the International Criminal Court (“ICC” or “the Court”) issued warrants of arrest for two individuals in the context of the situation in Ukraine: Mr Vladimir Vladimirovich Putin and Ms Maria Alekseyevna Lvova-Belova.
Mr Vladimir Vladimirovich Putin, born on 7 October 1952, President of the Russian Federation, is allegedly responsible for the war crime of unlawful deportation of population (children) and that of unlawful transfer of population (children) from occupied areas of Ukraine to the Russian Federation (under articles 8(2)(a)(vii) and 8(2)(b)(viii) of the Rome Statute). The crimes were allegedly committed in Ukrainian occupied territory at least from 24 February 2022. There are reasonable grounds to believe that Mr Putin bears individual criminal responsibility for the aforementioned crimes, (i) for having committed the acts directly, jointly with others and/or through others (article 25(3)(a) of the Rome Statute), and (ii) for his failure to exercise control properly over civilian and military subordinates who committed the acts, or allowed for their commission, and who were under his effective authority and control, pursuant to superior responsibility (article 28(b) of the Rome Statute).
Ms Maria Alekseyevna Lvova-Belova, born on 25 October 1984, Commissioner for Children’s Rights in the Office of the  President of the Russian Federation, is allegedly responsible for the war crime of unlawful deportation of population (children) and that of unlawful transfer of population (children) from occupied areas of Ukraine to the Russian Federation (under articles 8(2)(a)(vii) and 8(2)(b)(viii) of the Rome Statute). The crimes were allegedly committed in Ukrainian occupied territory at least from 24 February 2022. There are reasonable grounds to believe that Ms Lvova-Belova bears individual criminal responsibility for the aforementioned crimes, for having committed the acts directly, jointly with others and/or through others (article 25(3)(a) of the Rome Statute).
Pre-Trial Chamber II considered, based on the Prosecution’s applications of 22 February 2023, that there are reasonable grounds to believe that each suspect bears responsibility for the war crime of unlawful deportation of population and that of unlawful transfer of population from occupied areas of Ukraine to the Russian Federation, in prejudice of Ukrainian children.
The Chamber considered that the warrants are secret in order to protect victims and witnesses and also to safeguard the investigation.
Nevertheless, mindful that the conduct addressed in the present situation is allegedly ongoing, and that the public awareness of the warrants may contribute to the prevention of the further commission of crimes, the Chamber considered that it is in the interests of justice to authorise the Registry to publicly disclose the existence of the warrants, the name of the suspects, the crimes for which the warrants are issued, and the modes of liability as established by the Chamber.
The abovementioned warrants of arrests were issued pursuant to the applications submitted by the Prosecution on 22 February 2023.
For further information, please contact Fadi El Abdallah, Spokesperson and Head of Public Affairs Unit, International Criminal Court, by telephone at: +31 (0)70 515-9152 or +31 (0)6 46448938 or by e-mail at: fadi.el-abdallah@icc-cpi.int
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Statement by Prosecutor Karim A. A. Khan KC on the issuance of arrest warrants against President Vladimir Putin and Ms Maria Lvova-Belova

 

Statement: 17 March 2023

On 22 February 2023, I submitted applications to Pre-Trial Chamber II of the International Criminal Court for warrants of arrest in the context of the Situation in Ukraine.
Today, the Pre-Trial Chamber has issued arrest warrants in relation to the following two individuals:
Mr Vladimir Putin, President of the Russian Federation; and Ms Maria Lvova-Belova, Commissioner for Children’s Rights in the Office of the  President of the Russian Federation.
On the basis of evidence collected and analysed by my Office pursuant to its independent investigations, the Pre-Trial Chamber has confirmed that there are reasonable grounds to believe that President Putin and Ms Lvova-Belova bear criminal responsibility for the unlawful deportation and transfer of Ukrainian children from occupied areas of Ukraine to the Russian Federation, contrary to article 8(2)(a)(vii) and article 8(2)(b)(viii) of the Rome Statute.
Incidents identified by my Office include the deportation of at least hundreds of children taken from orphanages and children’s care homes. Many of these children, we allege, have since been given for adoption in the Russian Federation. The law was changed in the Russian Federation, through Presidential decrees issued by President Putin, to expedite the conferral of Russian citizenship, making it easier for them to be adopted by Russian families.
My Office alleges that these acts, amongst others, demonstrate an intention to permanently remove these children from their own country. At the time of these deportations, the Ukrainian children were protected persons under the Fourth Geneva Convention.
We also underlined in our application that most acts in this pattern of deportations were carried out in the context of the acts of aggression committed by Russian military forces against the sovereignty and territorial integrity of Ukraine which began in 2014.
In September last year, I addressed the United Nations Security Council and emphasised that the investigation of alleged illegal deportation of children from Ukraine was a priority for my Office. The human impact of these crimes was also made clear during my most recent visit to Ukraine. While there, I visited one of the care homes from which children were allegedly taken, close to the current frontlines of the conflict. The accounts of those who had cared for these children, and their fears as to what had become of them, underlined the urgent need for action.
We must ensure that those responsible for alleged crimes are held accountable and that children are returned to their families and communities. As I stated at the time, we cannot allow children to be treated as if they are the spoils of war.
Since taking up my position as Prosecutor, I have emphasised that the law must provide shelter to the most vulnerable on the front lines, and that we also must put the experiences of children in conflict at the centre of our work. To do this, we have sought to bring our work closer to communities, draw on advanced technological tools and, crucially, build innovative partnerships in support of our investigative work.
I am grateful for the support of many partners of the Office that have allowed us to move forward rapidly in the collection of evidence. I wish to express my thanks in particular  to the Office of the Prosecutor General of Ukraine whose engagement has been essential in supporting the work my Office has carried out, including on the ground in Ukraine. Our participation in the Joint Investigation Team with national authorities from seven States, under the auspices of Eurojust, has also facilitated swift access to relevant information and evidence.
I will also continue to seek cooperation from the Russian Federation in relation to the Situation in Ukraine, and ensure my Office fully meets its responsibility pursuant to article 54 of the Rome Statute to investigate incriminating and exonerating circumstances equally.
Whilst today is a first, concrete step with respect to the Situation in Ukraine, my Office continues to develop multiple, interconnected lines of investigation.
As I stated when in Bucha last May, Ukraine is a crime scene that encompasses a complex and broad range of alleged international crimes. We will not hesitate to submit further applications for warrants of arrest when the evidence requires us to do so.
Source: Office of the Prosecutor | Contact: OTPNewsDesk@icc-cpi.int
https://www.icc-cpi.int/

War crimes, indiscriminate attacks on infrastructure, systematic and widespread torture show disregard for civilians, says UN Commission of Inquiry on Ukraine

 

PRESS RELEASES MULTIPLE MECHANISMS

16 March 2023
GENEVA/ VIENNA (16 March 2023) – Russian authorities have committed a wide range of violations of international human rights law and international humanitarian law in various regions of Ukraine, many of which amount to war crimes, the Independent International Commission of Inquiry on Ukraine said in a new report Thursday.
The war crimes include attacks on civilians and energy-related infrastructure, wilful killings, unlawful confinement, torture, rape and other sexual violence, as well as unlawful transfers and deportations of children.
***
While looking into transfers of children from Ukraine to the Russian Federation, the Commission found, with concern, that violations of human rights and international humanitarian law have been committed. Situations concerning the transfer and deportation of children which it has examined amount to war crimes. Witnesses told the Commission that many of the younger children transferred were not able to establish contact with their families and might lose contact with them indefinitely. Delay in the repatriation of civilians may also amount to a war crime.  
The full report can be found here.
For media requests and queries, please contact:
Saule Mukhametrakhimova, Media Adviser, Commission of Inquiry on Ukraine; Telephone: (+43-1) 26060-83450, Mobile: (+43-676) 3493464; Email: saule.mukhametrakhimova@un.org; or
Todd Pitman, Media Adviser for the UN Human Rights Council’s Investigative Missions, Mobile: (+41) 76 691 17 61 / Email: todd.pitman@un.org.
https://www.ohchr.org/


Menschenrechts-Bericht zur Ukraine: Vorwürfe gegen Russland

 

Russische Truppen haben im Ukraine-Krieg nach Darstellung einer Untersuchungskommission des UN-Menschenrechtsrats zahlreiche Kriegsverbrechen begangen. Dazu zählten vorsätzliche Tötungen, Angriffe auf Zivilisten, rechtswidrige Gefangenschaft, Vergewaltigung und erzwungene Abschiebungen von Kindern, hieß es in dem am Donnerstag in Genf vorgelegten Bericht . Darüber hinaus könnten die Angriffswellen der russischen Streitkräfte auf die Energieinfrastruktur der Ukraine und der Einsatz von Folter Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen.
16.03.2023 - 17:51 Uhr Kommentieren Jetzt teilen
dpa
Genf Auch die ukrainischen Streitkräfte seien in einigen Fällen zu kritisieren. Willkürliche Angriffe und zwei Fälle von Folterung russischer Kriegsgefangener seien Kriegsverbrechen, so die Kommission.
„Viele der vorsätzlichen Tötungen, rechtswidrigen Einsperrungen, Vergewaltigungen und sexuellen Gewalttaten wurden im Rahmen von Hausdurchsuchungen begangen, die darauf abzielten, Anhänger der ukrainischen Streitkräfte ausfindig zu machen oder Waffen zu finden”, stellte der Bericht fest. Die willkürlich verhafteten Menschen seien von den russischen Streitkräften oft in überfüllten Zellen unter schlimmsten Umständen gefangen gehalten worden.
Liste von Verdächtigen - nicht nur aus dem Militär
„In einem Fall starben zehn ältere Menschen an den Folgen der unmenschlichen Bedingungen in einem Schulkeller, während die anderen Inhaftierten, darunter auch Kinder, denselben Raum mit den Leichen der Verstorbenen teilen mussten”, hieß es weiter. Bei Vergewaltigungen seien Familienmitglieder, darunter auch Kinder, gezwungen worden, dem Verbrechen zuzusehen.
Die Kommission dringt auf die Verfolgung der Straftäter. Eine Liste der mutmaßlichen Verantwortlichen sei erstellt und beschränke sich nicht nur auf das Militär, sagte der norwegische Vorsitzende der Kommission, Erik Møse. Das Mandat der Kommission umfasse vielmehr alle Ebenen. „Wir haben Fortschritte bei der Identifizierung von Personen und zum Beispiel Einheiten gemacht”, sagte Kommissionsmitglied Pablo de Greiff. Diese Liste werde dem UN-Hochkommissar für Menschenrechte übergeben und sei nicht Teil des Berichts, hieß es.
Auch die Bundesregierung dringt auf juristische Konsequenzen für Täter. „Ganz besonders abscheulich ist die dokumentierte systematische Entführung von ukrainischen Kindern”, sagte die deutsche Botschafterin in Genf, Katharina Stasch. „Wir werden diese Verbrechen lückenlos aufklären und die Täter zur Rechenschaft ziehen. Daher wollen wir die Untersuchung der Kindesentführungen auch explizit in das neue Mandat der Untersuchungskommission aufnehmen.”
Für die Ermittlungen reiste die Kommission nach eigenen Angaben acht Mal in die Ukraine und besuchte 56 Städte und Siedlungen. Außerdem seien Gräber, Haft- und Folterstätten inspiziert sowie Fotos und Satellitenbilder ausgewertet worden. Insgesamt seien 600 Betroffene befragt worden. Laut UN-Zahlen wurden seit Beginn des Krieges mehr als 8000 Zivilisten getötet und mehr als 13.000 verletzt. Diese Zahlen spiegelten aber wohl nur einen Teil der wirklichen Situation wider, hieß es.
https://www.handelsblatt.com/


UN-Bericht zu Ukraine-Krieg
Schwere Vorwürfe gegen Russland

 

Stand: 16.03.2023 17:45 Uhr
Folter, vorsätzliche Tötungen und sexuelle Gewalt: Eine von den UN unterstützte Untersuchung wirft Russland zahlreiche Kriegsverbrechen in der Ukraine vor. Dazu zählt auch die Verschleppung von Kindern. Die UN-Untersuchungskommission zum Ukraine-Krieg erhebt schwere Vorwürfe gegen Russland. Die russischen Streitkräfte hätten nach ihrem Überfall auf das Land eine große Zahl von Kriegsverbrechen verübt, erklärte der Vorsitzende der Kommission, Erik Möse, in Genf.Möse und sein Team stellten einen Bericht vor, in dem Straftaten Russlands aufgelistet sind. Darunter befinden sich Angriffe auf Zivilisten und die Energieinfrastruktur, vorsätzliche Tötungen, ungesetzliche Inhaftierungen, Folter, Vergewaltigung und andere Formen sexueller Gewalt sowie Deportationen und Verschleppungen von Kindern aus der Ukraine nach Russland.
16.03.2023, Vereinte Nationen, Bericht zu Kriegsverbrechen in der Ukraine ohchr.org, Kriegsverbrechen, wahllose Angriffe auf die Infrastruktur, systematische und weit verbreitete Folter: Die UN-Untersuchungskommission berichtet über die Gräueltaten in der Ukraine >>>
Kinder in Heimen und Pflegefamilien untergebracht
Nach Angaben der ukrainischen Regierung wurden bis Februar mehr als 16.000 Kinder aus der Ukraine nach Russland oder in russisch kontrollierte Gebiete verschleppt. Das vom UN-Menschenrechtsrat zusammengestellte Ermittlerteam gab an, die Zahlen nicht verifizieren zu können. Es verwies aber auf Hinweise, wonach russische Behörden ukrainische Kinder in Kinderheimen oder Pflegefamilien unterbringen und ihnen die russische Staatsbürgerschaft verleihen. Unter anderem habe der russische Präsident Wladimir Putin einen Erlass unterzeichnet, wonach Kinder unter bestimmten Bedingen in vereinfachtem Verfahren russische Staatsbürger werden können. Die Experten untersuchten nach eigenen Angaben detailliert einen Fall, in dem 164 Kinder und Jugendliche zwischen vier und 18 Jahren aus den ukrainischen Regionen Donezk, Charkiw und Cherson deportiert wurden.Den Eltern und den Kindern selbst sei von den russischen Sozialbehörden mitgeteilt worden, dass die Kinder in Pflegefamilien kommen oder adoptiert werden sollten. Die Kinder hätten Furcht gehabt, dauerhaft von ihren Familien getrennt zu werden.

Das Leid der Kinder
Hunderttausende Ukrainer flüchten in die Nachbarstaaten - die allermeisten Frauen mit ihren Kindern.
Weitere Untersuchungen empfohlenDie Kommission des UN-Menschenrechtsrats empfahl, alle Verstöße und Verbrechen weiter zu untersuchen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Eine Liste mit mutmaßlichen Kriegsverbrechern werde an den UN-Hochkommissar für Menschenrechte übergeben. Die Opfer hätten ein Recht auf Wahrheit und Wiedergutmachung. Die Angriffswellen der russischen Streitkräfte auf die energiebezogene Infrastruktur der Ukraine ab dem 10. Oktober 2022 könnten nach Ansicht der Kommission auch Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen. Die Unterbrechung der energiebezogenen Infrastruktur habe dazu geführt, dass ganze Regionen und Millionen von Menschen zeitweise ohne Strom und Heizung waren.Die russische Armee habe bewohnte Gebiete mit Explosivwaffen angegriffen und "dabei offensichtlich keine Rücksicht auf Schäden und Leiden der Zivilbevölkerung genommen", heißt es in dem Bericht. Die Angriffe seien "wahllos und unverhältnismäßig". Bei Explosivwaffen handelt es sich um verschiedene Munitionsarten wie Artilleriegeschosse oder Raketen.
Tod und Leid sind allgegenwärtig in der Ukraine. Gemeinsames trauern und Strukturen helfen vielen.
Kriegsverbrechen auch durch ukrainische SoldatenDie Ermittler dokumentierten auch Fälle von Kriegsverbrechen durch ukrainische Streitkräfte: So seien in zwei Fällen russische Kriegsgefangene gefoltert und erschossen worden.Für den Report besuchten die Ermittler nach eigenen Angaben 56 Städte, Dörfer sowie Siedlungen und untersuchten Gräber, Orte der Zerstörung, Gefangennahme und Folter sowie Überreste von Waffen. Sie befragten fast 600 Menschen und zogen für ihre Untersuchung verschiedene Dokumente, Fotos, Satellitenbilder und Videos zurate. Der UN-Menschenrechtsrat hatte die Kommission im März 2022 eingesetzt. Die drei Mitglieder der Kommission sind unabhängige Menschenrechtsexperten.
Über dieses Thema berichtete Inforadio am 16. März 2023 um 15:03 Uhr.
https://www.tagesschau.de/


AVAAZ- Südafrika: Verhaftet Putin!

PETITION UNTERZEICHNEN
An den Präsidenten Südafrikas, Cyril Ramaphosa, und alle Mitglieder des Internationalen Strafgerichtshofs:
Wir, besorgte Bürgerinnen und Bürger aus aller Welt,  fordern Sie dringend auf, dem Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gegen Wladimir Putin Folge zu leisten. Ihre Behörden müssen Putin festnehmen, wenn er Ihr Hoheitsgebiet betritt, damit er für die abscheulichen Kriegsverbrechen, die er begangen hat, einschließlich der Verschleppung ukrainischer Kinder, zur Verantwortung gezogen werden kann.
Die Welt hielt den Atem an, als der Internationale Strafgerichtshof einen Haftbefehl wegen Kriegsverbrechen an Kindern gegen Putin erließ. Aber dieser Haftbefehl bringt uns der Gerechtigkeit keinen Schritt näher, wenn er nicht ausgeführt wird.
Putin setzt darauf, dass dies nicht passieren wird. Deshalb plant er im August einen Besuch in Südafrika, obwohl die Regierung dort verpflichtet wäre, ihn zu verhaften. Wenn er diese Reise wirklich ohne Konsequenzen durchführen kann, wäre das ein Sieg für die Straffreiheit!
Aber noch können wir das verhindern. Die Regierung Südafrikas ist unschlüssig, wie sie handeln soll, und ein riesiger weltweiter Protest könnte den Ausschlag geben.
Mit einer Million Stimmen können wir Südafrika dazu bewegen, Putin ganz deutlich mitzuteilen, dass er sofort nach der Landung verhaftet wird! Wenn dieser Aufruf riesengroß ist, überbringen wir ihn direkt an Südafrikas Präsidenten und verbreiten ihn in den Zeitungen, die er beim Frühstück liest! Jetzt unterzeichnen und teilen – lassen Sie uns für Gerechtigkeit einstehen!
Verfasst am: 4 Mai 2023
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7.1 Thematisierungen staatlich organisierter systematischer Kinderdeportationen aus durch Angriffskrieg besetzte Gebieten und Zwangsassimilierungen nach diesen Verschleppungen in die Gebiete des Aggressors zur juristischen Aufarbeitung beim Amtsgericht Mosbach

 

Anträge vom 19.03.2023 an das Amtsgericht Mosbach
auf amtsseitige Verfügungen zu Erlassungen deutscher Haftbefehle
gemäß dem Völkerstrafgesetzbuch §6, §7, §8 (VStGB)
gegen den russischen Präsidenten Mr Vladimir Vladimirovich Putin und
gegen die russische Kinderrechtskommissarin Ms Maria Alekseyevna Lvova-Belova
als Ergänzung zum internationalen Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH)
in Den Haag vom 17.03.2023
wegen Übertragungen des Nazi-Kindesentführungsprinzips in das 21. Jahrhundert
mit Deportationen und Zwangsassimilierungen von Kindern:

Hier aus den besetzten ukrainischen Gebieten
während des völkerrechtswidrigen Russischen Angriffskrieges seit Februar 2022.

1. Thematisierungen der Nazi-Kindesentführungen und Zwangsgermanisierungen beim Amtsgericht Mosbach

Der Antragsteller von NS- und Rechtsextremismus-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach seit 03.06.2022 hat bereits  beginnend in 2009 eine außergerichtliche Aufarbeitung des speziellen Sachverhalts zum Nazi-Kinderraub im besetzten Polen als Teil der von Nazi-Deutschland in Polen verursachten Weltkriegsschäden wie folgt initiiert:
Petition beim DEUTSCHEN BUNDESTAG 3-16-05-008-059396, Auswärtige Angelegenheiten, vom 01.09.2009 : Klärung des internationalen Kinderraubes von 1933-1945 in Polen und der anschließenden Germanisierung der ins Deutsche Reich verbrachten Kinder sowie diesbezüglich weiterführende Petitionen bei Länderparlamenten, wie u.a. WD 3-2 0561 Landtag Rheinland-Pfalz vom 15.12.2011 || AB.0316.16 Bayrischer Landtag vom 08.12.2011 || Tgb. Nr. E 1087/ 11 Landtag des Saarlandes vom 13.02.2012 || Bürgerschaft der freien und Hansestadt Hamburg || 20-8 Freie Hansestadt Bremen vom 16.02.2012, etc. Der Deutsche Bundestag hat in 2011 die Anliegen des Antragstellers zu „Internationaler Kindesraub in Polen 1933-1945 und Zwangsgermanisierung“ an Länderparlamente weitergeleitet, die dann wiederum in ihren Absichtsbekundungen diese Aufarbeitungsbemühungen als diskussionswürdige Inhalte in ihr Bildungswesen, in Schüler- und Jugendaustausch und in den internationalen Austausch integriert haben wollen. 

Diese Sachverhalte wurden beim Amtsgericht Mosbach thematisiert ausgehend von den AS-Eingaben unter 6F 9/22 u.a. am 25.04.2022, 29.05.2022, 07.06.2022, 03.07., 04.07., 05.07., 21.07.2022, 01.09.2022.

Zudem erging am 01.09.2022 zusätzlich der Antrag an das Amtsgericht Mosbach  unter 6F 9/22 auf gerichtliche Prüfung des AKTUELL von Polen vorgelegten Gutachtens zu Weltkriegsschäden, wozu auch die Kindesentführungen aus den von Nazi-Deutschland besetzten polnischen Gebieten und die Verschleppung dieser Kinder in das Deutsche Reich zur Zwangsgermanisierung bis 1945 zählen.


2. Antragstellungen gegen Deportationen von Kindern und deren Zwangsassimilierungen im 21. Jahrhundert beim Amtsgericht Mosbach

Der Internationale Strafgerichtshof sieht sich u.a. in der Tradition der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse zur Aufarbeitung der Nazi-Verbrechen nach dem Zweiten Weltkrieg und knüpft an die Allliierten Kriegsverbrechertribunale an.

BUNDESKANZLER Olaf Scholz und BUNDESJUSTIZMINISTER Marco Buschmann haben den Haftbefehl des INTERNATIONALEN STRAFGERICHTSHOFES (IStGH) vom 17.03.2023 in Den Haag gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin u.a. begrüßt wegen Kriegsverbrechen in der Ukraine, insbesondere wegen den illegalen völkerrechtswidrigen Verschleppungen von Kindern von ukrainischem auf russisches Gebiet und u.a. darauf folgende Adoptionen und Umerziehungsmaßnahmen in der Russischen Föderation. Gemäß des IStGH tragen Putin und die weiteren Beschuldigten persönliche Verantwortungen für die ihnen vorgeworfenen Kriegsverbrechen, weil sie u.a. nicht auf die zivilen und militärischen Untergebenen eingewirkt haben, um sie von Kriegsverbrechen abzuhalten. Der russische Präsident Wladimir Putin hat zudem einen Erlass unterzeichnet, wonach Kinder unter bestimmten Bedingungen in vereinfachtem Verfahren russische Staatsbürger werden können. Dieser IStGH-Haftbefehl als neuer Präzedenzfall ist ein historisches Signal und eine Erinnerung daran, dass niemand immun ist, nicht einmal Staatsoberhäupter, dass es keine Persona non grata gibt, weil die Strafverfolgung wegen Kriegsverbrechen schwerer wiegt. Dieser IStGH-Haftbefehl vom 17.03.2023 führt aus:
"Mr Vladimir Vladimirovich Putin, born on 7 October 1952, President of the Russian Federation, is allegedly responsible for the war crime of unlawful deportation of population (children) and that of unlawful transfer of population (children) from occupied areas of Ukraine to the Russian Federation (under articles 8(2)(a)(vii) and 8(2)(b)(viii) of the Rome Statute). The crimes were allegedly committed in Ukrainian occupied territory at least from 24 February 2022. There are reasonable grounds to believe that Mr Putin bears individual criminal responsibility for the aforementioned crimes, (i) for having committed the acts directly, jointly with others and/or through others (article 25(3)(a) of the Rome Statute), and (ii) for his failure to exercise control properly over civilian and military subordinates who committed the acts, or allowed for their commission, and who were under his effective authority and control, pursuant to superior responsibility (article 28(b) of the Rome Statute).
Ms Maria Alekseyevna Lvova-Belova, born on 25 October 1984, Commissioner for Children’s Rights in the Office of the  President of the Russian Federation, is allegedly responsible for the war crime of unlawful deportation of population (children) and that of unlawful transfer of population (children) from occupied areas of Ukraine to the Russian Federation (under articles 8(2)(a)(vii) and 8(2)(b)(viii) of the Rome Statute). The crimes were allegedly committed in Ukrainian occupied territory at least from 24 February 2022. There are reasonable grounds to believe that Ms Lvova-Belova bears individual criminal responsibility for the aforementioned crimes, for having committed the acts directly, jointly with others and/or through others (article 25(3)(a) of the Rome Statute)."

Russland deportiert mutmaßliche oder vermeintliche Kriegswaisen aus der Ukraine nach Russland und forciert dort ihre rasche Adoption zur gewünschten und umgesetzten Russifizierung mit der Absicht, die entführten Kinder gezielt von ihrem Heimatland, ihrer Kultur und von ihren Familien zu entfremden. Sämtliche tatsächlichen (Vorkriegs-)Waisen hingegen waren bis zum 27. Februar aus Mariupol evakuiert worden. Die russische Propaganda benutzt die Kinder als Vorzeigeobjekte einer „Befreiung“ von Ukrainern nebst der Vernichtung von „Nazis“. Es kursieren Berichte mit Zahlen von bis zu 150.000 ukrainischen Kindern, welche in Transporten nach Russland gelangt seien. Auf den Schulbeginn am ersten September 2022 hin wurde Ukrainern, die ihre Kinder in den besetzten Gebieten nicht in von Russland kontrollierte Schulen schicken wollten, gedroht, ihnen das Sorgerecht zu entziehen und ihnen die Kinder wegzunehmen. Es sollten Namenlisten angefertigt werden darüber, welche Kinder schulpflichtig sind und welche gerne „ihre Gesundheit auf dem Territorium der Russischen Föderation verbessern möchten“, wie es in den euphemistischen Verlautbarungen hieß. Aus anderen Gebieten wie Isjum wurden Kinder in Sommerlager nach Russland gebracht und sind nie zurückgekehrt. Die Umerziehung solcher Kinder in Russland gehört möglicherweise zu den Handlungen, welche „Merkmale genozidaler Kriegsführung“ erfüllen könnten. 

Das europäische Parlament verurteilte die zwangsweise Verbringung von ukrainischen Kindern nach Russland und sanktionierte zunächst die russische Kinderrechtskommissarin Marija Lwowa-Belowa in den Beschlüssen vom 21. Juli 2022 mit dem Siebten Sanktionspaket. Und mit dem neunten Sanktionspaket (L 322 I/466 DE Amtsblatt der Europäischen Union 16.12.2022, BESCHLUSS (GASP) 2022/2477 DES RATES vom 16. Dezember 2022 zur Änderung des Beschlusses 2014/145/GASP über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen) wurden Vermögenssperren und EU-Einreiseverbote gegen mehrere weitere an der illegalen Verbringung von Kindern Beteiligte verhängt. Das vorgeworfene russische Vorgehen sei laut der britischen Professorin für internationales Menschenrecht Alison Bisset nach internationalem Recht strikt verboten. Im November 2022 gab die ukrainische Regierung an, dass ihr 10.764 ukrainische Kinder namentlich bekannt seien, die im Zuge des Krieges nach Russland verschleppt wurden. Laut der US-amerikanischen Yale University wurden bis Februar 2023 mindestens 6000 ukrainische Kinder in 43 russische Lager bzw. Einrichtungen auf der Krim oder in Russland deportiert: „Der Hauptzweck der Lager scheint die politische Umerziehung zu sein.“ Es handelte sich laut den Recherchen bei den ukrainischen Kindern sowohl um Waisen als auch um solche mit Eltern oder Vormündern. Einige Kinder sind dem Bericht der Yale University zufolge von russischen Familien adoptiert oder in Pflegefamilien untergebracht worden. Die Untersuchungskommission des UN-Menschenrechtsrats benennt in dem in Genf veröffentlichten Bericht vom 16.03.2023 zu den zahlreichen Kriegsverbrechen u.a. auch die von Russland erzwungenen Abschiebungen als dokumentierte systematische Entführungen mit Deportationen und Verschleppungen von Kindern. „Ganz besonders abscheulich ist die dokumentierte systematische Entführung von ukrainischen Kindern”, sagte die deutsche Botschafterin in Genf, Katharina Stasch. „Wir werden diese Verbrechen lückenlos aufklären und die Täter zur Rechenschaft ziehen. Daher wollen wir die Untersuchung der Kindesentführungen auch explizit in das neue Mandat der Untersuchungskommission aufnehmen.”

Hiermit ergehen die eingangs benannten offiziellen Anträge an das Amtsgericht Mosbach auf amtsseitige Verfügungen zu Erlassungen deutscher Haftbefehle gemäß dem Völkerstrafgesetzbuch für die Delikte §6 Völkermord, §7 Verbrechen gegen die Menschlichkeit, §8 Kriegsverbrechen gegen Personen. Und zwar gegen den russischen Präsidenten Mr Vladimir Vladimirovich Putin  und gegen die russische Kinderrechtskommissarin Ms Maria Alekseyevna Lvova-Belova als nationale Ergänzungen zu den internationalen Haftbefehlen des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH) in Den Haag vom 17.03.2023 wegen Übertragungen des Nazi-Kindesentführungsprinzips in das 21. Jahrhundert mit Deportationen und Zwangsassimilierungen von Kindern: Hier aus den besetzten ukrainischen Gebieten während des völkerrechtswidrigen Russischen Angriffskrieges seit Februar 2022. Nach dem humanitären Völkerrecht zu schützende Personen im internationalen bewaffneten Konflikt sind Zivilpersonen und Kinder, die hier durch  Zwangsmaßnahmen der zwangsweisen Überführung in einen anderen Staat oder in ein anderes Gebiet verbracht werden. Und zwar in der Absicht, eine Bevölkerung ganz oder teilweise zu zerstören, diese oder Teile hiervon unter Lebensbedingungen stellt, die geeignet sind, deren Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen mit dem hier vorliegenden Zwangsmittel der gewaltsamen Überführung von Kindern einer nationalen, rassischen, religiösen oder ethnischen Gruppe in eine andere Gruppe.

Referenzen, Glaubhaftmachung und Beweismittel:

Mit  freundlichen Grüßen

****

Strafanzeigen gemäß § 158 StPO vom 24.03.2023 an das Amtsgericht Mosbach
zu 6F 9/22 sowie zu 6F 2/22, 6F 202/21, 6F 2/23
wegen § 235 StGB (internationale) Kindesentziehungen
gegen den russischen Präsidenten Mr Vladimir Vladimirovich Putin und
gegen die russische Kinderrechtskommissarin Ms Maria Alekseyevna Lvova-Belova
als Ergänzung zum internationalen Haftbefehl
des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH)
in Den Haag vom 17.03.2023
wegen Übertragungen des Nazi-Kindesentführungsprinzips in das 21. Jahrhundert
mit Deportationen und Zwangsassimilierungen von Kindern:
Hier aus den besetzten ukrainischen Gebieten
während des völkerrechtswidrigen Russischen Angriffskrieges seit Februar 2022.

Sehr geehrte Damen und Herren,

Inhaltsverzeichnis
1. Thematisierungen der Nazi-Kindesentführungen und Zwangsgermanisierungen beim Amtsgericht Mosbach 1
2. Antragstellungen gegen Deportationen von Kindern und deren Zwangsassimilierungen im 21. Jahrhundert beim Amtsgericht Mosbach 2

1. Thematisierungen der Nazi-Kindesentführungen und Zwangsgermanisierungen beim Amtsgericht Mosbach
Der Antragsteller von NS- und Rechtsextremismus-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach seit 03.06.2022 hat bereits beginnend in 2009 eine außergerichtliche Aufarbeitung des speziellen Sachverhalts zum internationalen Nazi-Kinderraub im besetzten Polen als Teil der von Nazi-Deutschland in Polen verursachten Weltkriegsschäden wie folgt initiiert:
Petition beim DEUTSCHEN BUNDESTAG 3-16-05-008-059396, Auswärtige Angelegenheiten, vom 01.09.2009 : Klärung des internationalen Kinderraubes von 1933-1945 in Polen und der anschließenden Germanisierung der ins Deutsche Reich verbrachten Kinder sowie diesbezüglich weiterführende Petitionen bei Länderparlamenten, wie u.a. WD 3-2 0561 Landtag Rheinland-Pfalz vom 15.12.2011 || AB.0316.16 Bayrischer Landtag vom 08.12.2011 || Tgb. Nr. E 1087/ 11 Landtag des Saarlandes vom 13.02.2012 || Bürgerschaft der freien und Hansestadt Hamburg || 20-8 Freie Hansestadt Bremen vom 16.02.2012, etc. Der Deutsche Bundestag hat in 2011 die Anliegen des Antragstellers zu „Internationaler Kindesraub in Polen 1933-1945 und Zwangsgermanisierung“ an Länderparlamente weitergeleitet, die dann wiederum in ihren Absichtsbekundungen diese Aufarbeitungsbemühungen als diskussionswürdige Inhalte in ihr Bildungswesen, in Schüler- und Jugendaustausch und in den internationalen Austausch integriert haben wollen.
Diese Sachverhalte wurden beim Amtsgericht Mosbach thematisiert ausgehend von den AS-Eingaben u.a. unter 6F 9/22 u.a. am 25.04.2022, 29.05.2022, 07.06.2022, 03.07., 04.07., 05.07., 21.07.2022, 01.09.2022.
Zudem erging am 01.09.2022 zusätzlich der Antrag an das Amtsgericht Mosbach unter 6F 9/22 auf gerichtliche Prüfung des AKTUELL von Polen vorgelegten Gutachtens zu Weltkriegsschäden, wozu auch die Kindesentführungen aus den von Nazi-Deutschland besetzten polnischen Gebieten und die Verschleppung dieser Kinder in das Deutsche Reich zur Zwangsgermanisierung bis 1945 zählen.

2. Antragstellungen gegen Deportationen von Kindern und deren Zwangsassimilierungen im 21. Jahrhundert beim Amtsgericht Mosbach
Der Internationale Strafgerichtshof sieht sich u.a. in der Tradition der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse zur Aufarbeitung der Nazi-Verbrechen nach dem Zweiten Weltkrieg und knüpft an die Allliierten Kriegsverbrechertribunale an.
Unter Bezugnahme auf und in Ergänzung zum Antrag vom 19.03.2023 zu 6F 9/22 sowie zu 6F 202/21, 6F 2/22, 6F 2/23 an das Amtsgericht Mosbach auf amtsseitige Verfügungen zu Erlassungen deutscher Haftbefehle gemäß dem Völkerstrafgesetzbuch §6, §7, §8 (VStGB) gegen den russischen Präsidenten Mr Vladimir Vladimirovich Putin und gegen die russische Kinderrechtskommissarin Ms Maria Alekseyevna Lvova-Belova als Ergänzung zum internationalen Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH) in Den Haag vom 17.03.2023 wegen Übertragungen des Nazi-Kindesentführungsprinzips in das 21. Jahrhundert mit Deportationen und Zwangsassimilierungen von Kindern: Hier aus den besetzten ukrainischen Gebieten während des völkerrechtswidrigen Russischen Angriffskrieges seit Februar 2022, ergehen hiermit die eingangs genannten Strafanzeigen gemäß § 158 StPO wegen internationaler Kindesentziehungen § 235 StGB gegen benannte Personen zu genannten Tatbeständen und Tatzeiten seit Februar 2022 an das Amtsgericht Mosbach. Eine mögliche absolute Immunität ist in diesen Fällen aufgehoben, weil das Ausmaß der begangenen Kriegsverbrechen schwerer wiegt, so dass die hier Beschuldigten nicht von der Strafverfolgung ausgeschlossen sind.

Mit  freundlichen Grüßen
****

 

 



8. Online-Artikel zu Kindern in der unmittelbaren Nachkriegszeit als Displaced Persons

ARD History: Kinder der Flucht

Vorschau: ARD History: Kinder der Flucht | Bild: SWR
Sie gehören zu den letzten noch lebenden Zeitzeug:innen von Flucht, Vertreibung und Deportation am Ende des Zweiten Weltkrieges. Heute sind sie weit mehr als 80 Jahre alt; damals waren sie Kinder. Noch nie haben sie in der Öffentlichkeit so emotional und schonungslos über ihre traumatischen Erlebnisse am Kriegsende und in den frühen Nachkriegsjahren berichtet. Verlaust und halbverhungert campierten sie unter freiem Himmel in den Trümmern der Großstädte oder entlang der Bahnlinien. Manche verloren ihre Eltern und irrten als Waisen umher. Manche entkamen selbst nur knapp dem Tod – durch Glück, Zufall oder eine unverhofft helfende Hand.
Hubert Markgraf mit seiner Familie (Hubert Bildmitte hinter der Mutter), Praust bei Danzig, genaues Jahr unbekannt.Hubert Markgraf mit seiner Familie, Praust bei Danzig, genaues Jahr unbekannt. | Bild: SWR
Alle sind durch die Ereignisse gezeichnet für ihr ganzes Leben. Kaum ein Gespräch über die Ereignisse, in dem nicht geweint wird. Kaum ein Interview, in dem nicht das Wort Vergewaltigung fällt. In den Kindern, die jetzt vor dem Krieg in der Ukraine fliehen, erkennen sie sich selbst wieder. Es werden schreckliche Erinnerungen wachgerufen.
Ein Film von Jan N. Lorenzen
Sendetermin
Mo., 08.05.23 | 22:50 Uhr
Das Erste
WIEDERHOLUNG
Di., 09.05.23 | 03:20 Uhr | Das ErsteWEITERE VIDEOS
Folge 1: Angst 
Folge 1: Angst | video
Folge 2: Verlust | video
Folge 3: Verfolgung | video
Folge 4: Ankunft | video
Trailer: Kinder der Flucht | video
https://www.daserste.de/


KINDER DES KRIEGES
Kriegsende: Kinder auf der Flucht 

von Elisabeth Enders
Stand: 21. Juni 2022, 17:44 Uhr
Sie verloren Heimat, Freunde, ihre Kindlichkeit, Familienangehörige, manche ihr Leben. Wie viele Kinder in den Trecks der Geflüchteten und Vertriebenen aus Ost- und Südosteuropa waren, ist nicht bekannt. Doch es müssen viele gewesen sein, denn auf der Flucht waren vor allem Frauen, Kinder und Alte. Bis zu 14 Millionen Deutsche verloren zwischen 1944 und 1947 ihre Heimat. Geschätzt zwei Millionen kamen ums Leben, starben durch Hunger, Gewalt, Krankheiten, Unfälle, Erschöpfung. Wie Kinder die Flucht erlebt haben, ist nicht unmittelbar übermittelt. Nach Kriegsende lag Europa in Trümmern. Für das Leid und die Erlebnisse der Kinder war kein Raum. Über die Zeit der Flucht erzählen die Kinder von einst als Erwachsene im Seniorenalter in dokumentierten Zeitzeugeninterviews.
Flüchtlinge liessen während des Winter-Trecks 1945 neben ihrem Fuhrwerk und einem verendeten Pferd auch den Krankenfahrstuhl eines Invaliden zurück.
Flüchtlinge liessen während der Flucht neben ihrem Fuhrwerk und einem verendeten Pferd auch den Krankenfahrstuhl eines Invaliden zurück.
Ostpreußen war lange vom Krieg verschont geblieben. Auch als deutsche Städte schon längst bombardiert wurden, herrscht hier Ruhe. Die Kindheit verlief recht normal, erinnern sich Zeitzeugen. Obwohl die Rote Armee 1944 immer näher rückte, war es den Menschen von der Führung des Deutschen Reiches verboten, ihre Orte zu verlassen. So begann im bitterkalten Winter eine unvorbereitete, chaotische Flucht, als am 13. Januar 1945 die Roten Armee ihre große Offensive in Ostpreußen startete.
Evakuierungszüge aus Viehwaggons
Heinrich Ehlert war damals zwölf Jahre alt. Er dachte nicht, dass es ein Abschied für immer sein würde, als er mit Mutter und Geschwistern in einen der LKW der Wehrmacht stieg, die die Menschen zu den Evakuierungszügen brachten. Diese bestanden aus Viehwaggons, in denen Heinrich dicht gedrängt mit anderen Kindern und Frauen, ohne Versorgung und in Ungewissheit ausharrte. "Es ging immer nur ein Stück voran, dann mussten wir wieder warten, denn überall, wo Militär- oder Verwundetentransporte erwartet wurden oder vorbei kamen, wurden wir aufs Abstellgleis gestellt. Wir haben manchmal stundenlang auf freier Strecke gestanden, ohne dass die Türen geöffnet wurden. Allenfalls konnte man aus dem Türschlitz nach draußen schauen. Und keiner wusste, wo wir jeweils waren und wohin die Reise ging", erinnert sich Heinrich Ehlert 2001.
Auf der Flucht sind vor allem Frauen, Kinder und Alte
Die erste Zwischenstation war in Bischofsburg. Die Familie kam zu einem günstigen Zeitpunkt an: die Wehrmacht löste gerade ein örtliches Lebensmitteldepot auf. Hunger erlebte Heinrich Ehlert hier nicht, im Gegenteil, alles war wie ein großes Abenteuer. Mit LKWs geht es weiter zur nächsten Station und von dort zum Frischen Haff. Der Weg über den zugefrorenen, lang gestreckten Bodden ist der damals einzig mögliche Weg Richtung Westen. Heinrich Ehlert erinnert sich, wie gefährlich das aussah: an den Rändern war das Eis schon getaut, der sichere Weg über das Haff mit Ästen markiert. Am Abend, im Schutz der Dunkelheit, gingen sie Richtung Danzig, als Teil eines unendlichen Flüchtlingsstroms, darunter auch Bauern mit Wagen und Pferden.
Das war ganz schön beschwerlich, denn auf dieser Eisscholle hatte sich schon längst eine Wasserschicht gebildet, die bis zu den Knöcheln reichte und uns nasse Füße bescherte. Dabei war es auch noch sehr kalt, Minustemperaturen von schätzungsweise 25 Grad.
Erst am Morgen erreichten sie die Küste, doch das Tageslicht brachte Gefahr. "Plötzlich kamen Tiefflieger und fingen an, auf die Flüchtlinge zu schießen. Die Bauern gerieten zum Teil in Panik und versuchten, auch außerhalb der abgesteckten Wege raufzukommen. Nachts war zwar das Wasser an den Uferrändern gefroren, aber es war nicht stark genug, um die Wagen zu tragen - einige sind eingebrochen, Pferde und Menschen ertranken." Heinrich Ehlert berichtete im hohen Alter sachlich und nüchtern von Panik, Todesangst und dem Verlust der Heimat.
Die große Flucht aus Ostpreußen
1945. Das Ende des Krieges ist absehbar. Seit Beginn des Jahres läuft die Offensive der Roten Armee, die eine Fluchtwelle in Ostpreußen mit sich bringt. Die Soldaten befehlen den Bewohnern, ihre Häuser zu verlassen.
Die Historikerin Barbara Stambolis beschäftigt sich seit Jahren mit dem Thema "Kinder im Zweiten Weltkrieg". Sie erläutert: "Es war für die Kinder damals notwendig, sich unauffällig zu verhalten. Klagen oder weinen hätte zusätzliche Probleme auf der Flucht bereitet. Die Menschen waren mit dem Überleben beschäftigt und es war wenig Zeit, sich mit den emotionalen Befindlichkeiten der Kinder zu befassen. Das war normal, weil es vielen so ging."
1944 bis 1945: Nur ein Teil der Deutschen flieht
Mit großem Glück kommt die gesamte Familie von Heinrich Ehlert heil im Gebiet des späteren Westdeutschlands an. Sie sind mittellos, aber unbeschadet. Der Vater und der große Bruder finden sofort Arbeit auf der Werft in Bremerhaven. Ganz anders widerfuhr es Rudolf Kähler. 1945 war er mit neun Jahren in einem Flüchtlingstreck aus Ostpreußen. Auf der schmalen, zugefrorenen Straße, auf der sich Pferdefuhrwerke, LKWs und Fußgänger drängten und zu überholen suchten, spielten sich dramatische Szenen ab: "Zu beiden Seiten der Straße wurde ständig um Hilfe gerufen, geflucht, gebetet und hysterisch geschrien. Doch wer konnte hier noch helfen! Wir beobachteten mehrmals, wie einzelne Frauen mit kleinen Kindern in die eisige Ostsee liefen, um sich zu ertränken."
Flüchtlinge liessen während des Winter-Trecks 1945 neben ihrem Fuhrwerk und einem verendeten Pferd auch den Krankenfahrstuhl eines Invaliden zurück
Seine Eltern begaben sich nur kurz mit ihm und seinem kleinen Bruder auf die Flucht, versuchten dann, in ihren Heimatort in Ostpreußen zurück zu kommen. Seine Mutter war hochschwanger, das vermutet er als einen der Gründe. Seine Eltern wollten später nicht mehr über diese Jahre reden. Mit der Entscheidung umzudrehen, wird die Familie wie viele andere, die in den dann zu Polen gehörenden Gebieten blieben, zum Ziel der Vergeltungsmaßnahmen der Roten Armee. Sie mussten Zwangsarbeit verrichten, wurden interniert und weder mit Lebensmitteln noch Medikamenten versorgt.
Massenvergewaltigungen, Gewalt und Willkür
Drei lange Jahre wird die Familie hin und her getrieben, sie verhungern fast. Rudolf erlebt nicht nur die Geburt des kleinsten Bruders, sondern auch seinen Tod in der eisigen Kälte des Winters 1945. Der zehnjährige wird immer wieder Zeuge von Massenvergewaltigungen, Gewalt und Willkür. Einmal wird sein kriegsuntauglicher Vater fast erschossen. "Während meine Mutter und ich starr vor Schreck daneben standen, ging der Russe zu meinem Vater zurück und griff nach einem kleinen Gegenstand, der aus der aufgesetzten Brusttasche der Joppe ragte. Es war ein perlmuttbelegtes Rasiermesser, das in der Morgensonne wahrscheinlich kurz funkelte, als er genau auf diese Stelle gezielt hatte. Der Rotarmist hatte nun nur noch Augen für sein Beutestück ... warf schließlich seine Maschinenpistole über die Schulter und ging davon, ohne uns weiter zu beachten. Mit diesem Erlebnis hatten wir eine exemplarische Erfahrung gemacht, die sich in den folgenden Jahren unzählige Male bestätigte: Wie sehr unser nacktes Leben nun gleichermaßen von unkalkulierbarer Willkür wie vom glücklichen Zufall abhängig geworden war."
Die sogenannte "wilde Vertreibung" aus den deutschen Ostgebieten beginnt bereits kurz nach Ende des 2. Weltkrieges.MIT VIDEO
Deutsche Vertriebene im Zweiten Weltkrieg
Etwa 14 Millionen Vertriebene suchen nach Ende des Zweiten Weltkrieges in Deutschland eine neue Heimat. Dort jedoch gelten die ausgemergelten, entkräfteten Menschen oft als Eindringlinge.
Nicht jammern, weitermachen, durchhalten
Neben "glücklichen Zufällen" helfen Rudolf und seiner Familie vor allem ihr Können, ihre Arbeitskraft und ihr Überlebenswille. Als sie im November 1947 nach Deutschland ausreisen dürfen, haben sie nichts als das blanke Leben gerettet, sie sind alle drei chronisch unterernährt und krank. Das Kind, das Rudolf war, als sie aufbrachen, ist fort. In dem letzten Winter 1946/47, den sie in Ostpreußen verbringen, haben sie wochenlang nichts mehr zu essen. Der kleine Bruder verhungert mit gerade einmal vier Jahren, es ist ein langsames, qualvolles Sterben, das der große Bruder nicht lindern kann.
Flüchtlinge liessen während des Winter-Trecks 1945 neben ihrem Fuhrwerk und einem verendeten Pferd auch den Krankenfahrstuhl eines Invaliden zurück
Sie alle waren in diesen Wochen dem Tod näher als dem Leben: "Mit einem Staubkamm, den wir schon 1945 gefunden hatten, kämmte ich mich bisher täglich mehrmals, um aus dem ungepflegten langen Haar die größten Kopfläuse zu entfernen, die uns, wie auch die Kleiderläuse, sehr plagten. Eines Tages schaffte ich es nicht mehr, die zitternde Hand mit dem Kamm bis über den Kopf zu führen. Dies war eine furchtbare Erfahrung und sie ist mir unauslöschlich in Erinnerung geblieben, deutete ich sie doch als Anzeichen des nahenden Todes."
Ihre Ankunft in der Sowjetischen Besatzungszone in der Nähe von Schönebeck bringt vor allem erst einmal hygienische und medizinische Versorgung. Aber den Hunger werden sie lange nicht los, die Versorgung der Flüchtlinge ist erbärmlich, sie müssen betteln gehen. Jahrelang gingen sie Kartoffeln stoppeln und Ähren auflesen. Sie ziehen von Lager zu Lager, richteten sich dann in einer baufälligen Baracke ein. Sie ist ungeheizt, aber von ungenutztem Land umgeben, dass sie unter jahrelangen Mühen fruchtbar machen. "Obwohl bittere Armut uns noch lange Zeit begleitete - mein Vater starb bereits 1958 im Alter von 58 Jahren und ich habe nach Schlosserlehre, Abitur und Studium erst ab 1963 regelmäßig Geld verdienen können - nahm unser Dasein ab Sommer 1949 ganz allmählich wieder menschliche Züge an. Man war bereit, für eine bessere Zukunft, fleißig zu lernen und zu arbeiten."
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Ablehnung und Diskriminierung statt Willkommenskultur
Im Nachkriegsdeutschland waren Flüchtlinge durchaus nicht immer willkommen. Es gab Konflikte mit der alteingesessenen Bevölkerung. Vielen Flüchtlingsfamilien gelang es erst unter Mühen und allmählich, in der neuen Umgebung "anzukommen". "Es gibt Belege dafür, dass bis in die 1950er Jahre in Klassenbüchern eingetragen wurde, wer ein Flüchtlingskind war. Man ging davon aus, dass sie weniger begabt waren, obwohl wir heute wissen, dass das natürlich nicht stimmte", berichtet die Historikerin Barbara Stambolis. Die Kinder dieser Zeit wurden schnell erwachsen, übernahmen Verantwortung, halfen, die wirtschaftliche Existenz ihrer Familie zu sichern und waren gezwungen, neuen Anschluss zu finden. Marianne Engelmann erzählte im Jahr 2018 mit 82 Jahren von der Zeit nach ihrer Ankunft in Sachsen.
Schlesien
Axel Bulthaupt begibt sich in einer neuen Folge seiner Sendereihe "Sagenhaft" auf eine Reise durch Schlesien. Er trifft Menschen, die das Land geprägt hat und solche, die das Land prägen.
Sie kamen 1947 aus Schlesien, wo die deutsche Familie die Lebensgrundlage verloren hatte. "Habenichtse" wurde ihnen hinterher gerufen. Die Kinder erlebten, wie ihre Familien und ihre Herkunft infrage gestellt wurden: "Ihr Habenichtse, und ihr sagt bloß, ihr hattet früher Häuser und was nicht alles, in Wirklichkeit seid ihr in Lumpen rumgelaufen‘." Anfeindungen, Ablehnung und Ausgrenzung kamen für die Kinder zu Hunger, Armut und Verlust hinzu. Da ihre Wurzeln gekappt waren und sie nur nach vorn schauen konnten, gingen Flüchtlinge zum Arbeiten überall hin, auch in ländliche und entlegene Gebiete.
Flüchtlingskinder wollten dazu gehören
Wenn die Flüchtlingskinder von einst heute ihre Geschichte erzählten, dann wollten sie im Rückblick auf ihr Leben nicht als Opfer betrachtet werden, so Barbara Stambolis. Sie hatten ja auch angepackt, aufgebaut, viel geleistet. "Man dachte nach dem Krieg, dass Kinder schwere Belastungen und schlimme Erlebnisse besser wegstecken als Erwachsene. Dass es reicht, wenn sie wieder genug zu essen und medizinische Versorgung bekommen. Doch ihre frühen Erfahrungen haben sie ein Leben lang begleitet. Manchmal melde sich das Kind, das sie einst waren, ungefragt in ihnen zu Wort und mit ihm die damaligen Ängste."
Über dieses Thema berichtet der MDR auch im TV:
MDR Zeitreise | Kinder des Krieges - Trauma einer Generation | 03.05.2020 | 22:00 Uhr
https://www.mdr.de/



9. Stellungnahme der vom Amtsgericht Mosbach beauftragten forensischen Sachverständigen aus Kitzingen zum Nazi-Lebensborn und zur Zwangsgermanisierung der geraubten Kindern aus den von Nazi-Deutschland besetzten Gebieten

 

Das Familiengericht-Amtsgericht Mosbach, Hauptstraße 110, 74281 Mosbach, beauftragt die forensische Sachverständige aus Moltkestr. 2, 97318 Kitzingen, in seinen Verfügungen vom 17.08.2022 unter 6F 202/21, die Anti-Nazi-Aktivitäten des KVs und Antragstellers in einer ergänzenden Stellungnahme gutachterlich einzuschätzen und zu bewerten. Dazu zählen laut Anweisungen dieser amtsgerichtlichen Verfügungen SOWOHL die seit Sommer 2022 vom Antragsteller beim Amtsgericht Mosbach initiierten NS- und Rechtsextremismus-Verfahren ALS AUCH seine außergerichtlichen und gerichtlichen Aufklärungs- und Aufarbeitungsbemühungen zu Nationalsozialistischem Unrecht und Nationalsozialistischen Verbrechen aus dem Zeitraum um 2008, d.h. konkret von 2004 bis 2011, im Rahmen seiner sogenannten "Nazi-Jäger"-Aktivitäten im sachverhaltsbezogenen Kontext zur Problematik des Nationalsozialismus vor und nach 1945 und dessen Aufarbeitung bis heute. Siehe dazu auch Kapitel 1 auf dieser Seite.

Während die vom Familiengericht-Amtsgericht Mosbach beauftragte forensische Sachverständige aus Moltkestr. 2, 97318 Kitzingen, zunächst EINERSEITS ein familienpsychologisches Sachverständigengutachten in einem Umfang von über 100 Seiten zum 07.04.2022 unter 6F 202/21 erstellt hat, entschließt sich dieselbe Gutachterin sodann, ANDERERSEITS eine ergänzende Stellungnahme von zwei ganzen DIN A4-Seiten im sachverhaltsbezogenen Kontext zur Problematik des Nationalsozialismus vor und nach 1945 und dessen Aufarbeitung bis heute, insbesondere zum Kontext der historisch nachgewiesenen Beteiligungen an NS-Massenmordverbrechen in Mosbach wie Judenverfolgung und Holocaust, NS-Verfolgung von Sinti und Roma, Nazi-Euthanasie unter 6F 202/21 zum 31.08.2022 an das Amtsgericht Mosbach zu generieren.
Die forensische Sachverständige aus Moltkestr. 2, 97318 Kitzingen, ERWÄHNT LEDIGLICH MIT EINEM WORT DEN "NATIONALSOZIALISMUS" auf Seite 2, Absatz 2 und erwähnt lediglich mit einem Satz auf Seite 2, Absatz 2, dass der Antragsteller von NS- und Rechtsextremismus-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach sich gegen den Nationalsozialismus wendet.
Die forensische Sachverständige aus Kitzingen hat hier die GERICHTLICH BEAUFTRAGTE EINDEUTIGE GELEGENHEIT gehabt, mit einer entsprechend beim Amtsgericht Mosbach beantragten Fristverlängerung SICH SACHLICH UND FACHLICH auch auf über 100 Seiten bezüglich der Nazi-Thematik bzw. der Nazi-Problematik vor einem deutschen BRD-Gericht EXPLIZIT ZU ÄUSSERN. Diese Gelegenheit für eine sachliche und fachliche gutachterliche Expertise zum Nationalsozialismus und nationalsozialistischen Verbrechen, deren Auswirkungen und Aufarbeitungen nach 1945, u.a. auch in Mosbach, besteht zukünftig weiterhin jederzeit für die forensische Sachverständige aus Kitzingen.
Siehe dazu auch:


Das Amtsgericht Mosbach BEAUFTRAGT EXPLIZIT in seinen Verfügungen vom 17.08.2022 unter 6F 202/21 die forensische Sachverständige aus Kitzingen, eine GUTACHTERLICHE STELLUNGNAHME ZU NS-Verbrechen mit dem Nazi-Lebensborn und der Zwangsgermanisierung von geraubten Kindern aus den von Nazi-Deutschland besetzten Gebieten am Beispiel des Antragstellers von NS-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach in 2022 mit seinen jahrelangen Bemühungen um die außergerichtliche und gerichtliche Aufarbeitung von Nationalsozialistischem Unrecht und Nationalsozialistischen Verbrechen an das deutsche BRD-Amtsgericht Mosbach im Jahr 2022 zu erstellen.


EINERSEITS:
Mit den Verfügungen des Familiengerichts-Amtsgericht Mosbach vom 17.08.2022 unter 6F 202/21 hat die gerichtlich beauftragte forensische Sachverständige aus Kitzingen nicht nur die Möglichkeit, sondern auch die Chance und das gerichtliche explizite Angebot, sich sachlich und fachlich zur NS-Vergangenheitsbewältigung seit 1945 bis heute, auch zur NS-Vergangenheitsbewältigung und Nazi-Kontinuität in Mosbach und in Baden-Württemberg, AUSFÜHRLICH EXPLIZIT gutachterlich zu äußern.


ANDERERSEITS:
Die forensische Sachverständige aus Kitzingen ÄUSSERT SICH JEDOCH EXPLIZIT NICHT in ihrer gutachterlichen ergänzenden Stellungnahme vom 31.08.2022 unter 6F 202/21 an das Amtsgericht Mosbach als ein BRD-Gericht im Jahr 2022 zum Nazi-Lebensborn und zur Zwangsgermanisierung der geraubten Kinder aus den von Nazi-Deutschland besetzten Gebieten.
UND DIES OBWOHL diese Sachverhalte zu dieser NS-Thematik bzw. NS-Problematik frei verfügbar sind im öffentlichen Diskurs über entsprechende Medienberichte; über künstlerisch-kulturelle Themenaufarbeitungen; über die juristische, politische und wissenschaftliche Fachliteratur; über Publikationen von BRD-Institutionen der Justiz, der Politik.
UND DIES OBWOHL hier das Amtsgericht Mosbach in seinen Verfügungen vom 17.08.2022 diese Gutachterin mit der Sachverständigen-Aufklärung der außergerichtlichen und gerichtlichen Aufklärungs- und Aufarbeitungsbemühungen zu Nationalsozialistischem Unrecht und Nationalsozialistischen Verbrechen des Antragstellers aus dem Zeitraum um 2008, d.h. konkret von 2004 bis 2011, im Rahmen seiner sogenannten "Nazi-Jäger"-Aktivitäten EXPILZIT BEAUFTRAGT.
Die forensische Sachverständige aus Kitzingen, die auch Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin ist, VERZICHTET DAMIT EXPLIZIT DARAUF, den Lebensborn-Kindern und den von den Nazis aus den besetzten Gebieten im zweiten Weltkrieg entführten Kindern vor einem deutschen Gericht im Jahr 2022 in ihrer gutachterlichen ergänzenden Stellungnahme vom 31.08.2022 unter 6F 202/21 an das Amtsgericht Mosbach eine Stimme mit Anerkennung und Respekt für Opfer und Verfolgte des Nazi-Terrorregimes zu geben.


ANDERERSEITS:
Die forensische Sachverständige aus Kitzingen ÄUSSERT SICH JEDOCH EXPLIZIT NICHT in ihrer gutachterlichen ergänzenden Stellungnahme vom 31.08.2022 unter 6F 202/21 an das Amtsgericht Mosbach als ein BRD-Gericht im Jahr 2022 zum Sachverhalt der Reparationsforderungen für durch Nazi-Deutschland verursachte Weltkriegsschäden am konkreten Beispiel der Petition des Antragstellers beim DEUTSCHEN BUNDESTAG 3-16-05-008-059396, Auswärtige Angelegenheiten, vom 01.09.2009 : Klärung des internationalen Kinderraubes von 1933-1945 in Polen und der anschließenden Germanisierung der ins Deutsche Reich verbrachten Kinder. Siehe dazu auch Kapitel 1.2 auf dieser Seite.
UND DIES OBWOHL diese Sachverhalte zu dieser NS-Thematik bzw. NS-Problematik frei verfügbar sind im öffentlichen Diskurs über entsprechende Medienberichte; über künstlerisch-kulturelle Themenaufarbeitungen; über die juristische, politische und wissenschaftliche Fachliteratur; über Publikationen von BRD-Institutionen der Justiz, der Politik.
UND DIES OBWOHL hier das Amtsgericht Mosbach in seinen Verfügungen vom 17.08.2022 diese Gutachterin mit der Sachverständigen-Aufklärung der außergerichtlichen und gerichtlichen Aufklärungs- und Aufarbeitungsbemühungen zu Nationalsozialistischem Unrecht und Nationalsozialistischen Verbrechen des Antragstellers aus dem Zeitraum um 2008, d.h. konkret von 2004 bis 2011, im Rahmen seiner sogenannten "Nazi-Jäger"-Aktivitäten EXPILZIT BEAUFTRAGT.
Die forensische Sachverständige aus Kitzingen, die auch Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin ist, VERZICHTET DAMIT EXPLIZIT DARAUF, den von den Nazis aus den besetzten Gebieten im zweiten Weltkrieg entführten Kindern vor einem deutschen Gericht im Jahr 2022 in ihrer gutachterlichen ergänzenden Stellungnahme vom 31.08.2022 unter 6F 202/21 an das Amtsgericht Mosbach eine Stimme mit Anerkennung und Respekt zu geben.
Siehe dazu auch:


ANDERERSEITS:
Der Nazi-Lebensborn und der Nazi-Kinderraub aus den im zweiten Weltkrieg besetzten Gebieten liegt auch im Fallzuständigkeits- und Fallverantwortungsbereich der deutschen Kinder- und Jugendhilfeinstitution des Jugendamtes mit seinem originären Schutz- und Hilfeauftrag für Kinder und Jugendliche. Gemäß Aktenlage und Verfahrensanalyse zu den anhängigen Verfahren beim Familiengericht-Amtsgericht Mosbach sind beim Familiengericht-Amtsgericht Mosbach ordnungsgemäß Stellungnahmen der involvierten Fachstelle des Jugendamtes Neckar-Odenwaldkreis beim Landratsamt Mosbach zur Problematik des Nazi-Lebensborn und des Nazi-Kinderraubes aus den im zweiten Weltkrieg besetzten Gebieten am Beispiel von Polen unter 6F 9/22 gerichtlich einzuholend beantragt.
Die forensische Sachverständige aus Kitzingen ÄUSSERT SICH JEDOCH EXPLIZIT NICHT in ihrer gutachterlichen ergänzenden Stellungnahme vom 31.08.2022 unter 6F 202/21 an das Amtsgericht Mosbach als ein BRD-Gericht im Jahr 2022 ZUR AUFARBEITUNG VON NS-VERBRECHEN in der Nazi-Kinder- und Jugendhilfe sowie in der Nazi-Familienrechtspraxis zum Sachverhalt, dass die fallzuständigen Mitarbeiterinnen des Allgemeinen Sozialen Dienstes (ASD) vom Jugendamt Neckar-Odenwaldkreis beim Landratsamt Mosbach die beantragte gerichtlich einzuholende Stellungnahme zu NS-VERBRECHEN in der Nazi-Kinder- und Jugendhilfe und in der Nazi-Familienrechtspraxis mit dem konkreten Sachverhalt des Nazi-Lebensborns und des Nazi-Kinderraubes aus den im zweiten Weltkrieg besetzten Gebieten, u.a. am Beispiel von Polen, verweigern.
UND DIES OBWOHL die höchste übergeordnete Amtsleitung, d.h. der gegenwärtige Landrat beim Landratsamt Mosbach, hier im Gegensatz zu seinen untergeordneten Jugendamt-ASD-Mitarbeiterinnen, gemäß bekannten Medienberichten selbst weitaus weniger Probleme damit hat, sich öffentlich gegen den Nationalsozialismus und dessen Verbrechen zu äußern und zu engagieren.


ANDERERSEITS:
Die forensische Sachverständige aus Kitzingen ÄUSSERT SICH JEDOCH EXPLIZIT NICHT in ihrer gutachterlichen ergänzenden Stellungnahme vom 31.08.2022 unter 6F 202/21 an das Amtsgericht Mosbach als ein BRD-Gericht im Jahr 2022 zum Sachverhalt der seit 1945 bekannten und diskutierten konkreten Reparationsforderungen für durch Nazi-Deutschland verursachte Weltkriegsschäden am Beispiel des konkreten Antrages vom 01.09.2022 unter 6F 9/22 an das Familiengericht-Amtsgericht Mosbach zur gerichtlichen Überprüfung des von Polen AKTUELL vorgelegten Gutachtens zu den von Nazi-Deutschland angerichteten immensen Weltkriegsschäden während des Überfalls auf Polen sowie während der verbrecherischen Nazi-Besatzung, d.h. zur Fragestellung der Reparationszahlungen von Deutschland an Polen, wobei zu den Berechnungen der polnischen Kriegsverluste u.a. die Bereiche Demografie, die menschlichen Verluste unter Bezugnahme auf den Nazi-Kinderaub zählen. Siehe dazu auch Kapitel 1.3 auf dieser Seite.
UND DIES OBWOHL diese Sachverhalte zu dieser NS-Thematik bzw. NS-Problematik frei verfügbar sind im öffentlichen Diskurs über entsprechende Medienberichte; über künstlerisch-kulturelle Themenaufarbeitungen; über die juristische, politische und wissenschaftliche Fachliteratur; über Publikationen von BRD-Institutionen der Justiz, der Politik.
UND DIES OBWOHL hier das Amtsgericht Mosbach in seinen Verfügungen vom 17.08.2022 diese Gutachterin mit der Sachverständigen-Aufklärung der außergerichtlichen und gerichtlichen Aufklärungs- und Aufarbeitungsbemühungen zu Nationalsozialistischem Unrecht und Nationalsozialistischen Verbrechen des Antragstellers aus dem Zeitraum um 2008, d.h. konkret von 2004 bis 2011, im Rahmen seiner sogenannten "Nazi-Jäger"-Aktivitäten EXPILZIT BEAUFTRAGT.
Die forensische Sachverständige aus Kitzingen, die auch Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin ist, VERZICHTET DAMIT EXPLIZIT DARAUF, den von den Nazis aus den besetzten Gebieten im zweiten Weltkrieg entführten Kindern vor einem deutschen Gericht im Jahr 2022 in ihrer gutachterlichen ergänzenden Stellungnahme vom 31.08.2022 unter 6F 202/21 an das Amtsgericht Mosbach eine Stimme mit Anerkennung und Respekt zu geben.
Siehe dazu auch:

Prozessbeobachtung: ENTSCHÄDIGUNG VON NS-VERFOLGTEN UND NS-OPFERN beim Amtsgericht Mosbach
Zum 83. Jahrestag am 01.09.2022 des deutschen Überfalls auf Polen und des Beginns des Nazi-Terror- und Vernichtungskrieges: OFFIZIELLER ANTRAG AN DAS AMTSGERICHT MOSBACH auf gerichtliche Prüfung des heute von Polen vorgelegten Gutachtens zu Weltkriegsschäden
220901_uhl_ag_mos_reprationen_polen.pdf (78.1KB)
Prozessbeobachtung: ENTSCHÄDIGUNG VON NS-VERFOLGTEN UND NS-OPFERN beim Amtsgericht Mosbach
Zum 83. Jahrestag am 01.09.2022 des deutschen Überfalls auf Polen und des Beginns des Nazi-Terror- und Vernichtungskrieges: OFFIZIELLER ANTRAG AN DAS AMTSGERICHT MOSBACH auf gerichtliche Prüfung des heute von Polen vorgelegten Gutachtens zu Weltkriegsschäden
220901_uhl_ag_mos_reprationen_polen.pdf (78.1KB)

 

Siehe dazu auch:



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