HISTORISCHES:
Nazi-Familienrechtspraxis,
Nazi-Kindeswohl,
nationalsozialistisch-ideologisch
motivierte Sorgerechtsentscheidungen
2. Online-Artikel zu Nazi-Familienrechtspraxis, Nazi-Kindeswohl
"In der NS-Zeit kann es ein Scheidungsgrund sein, wenn einer der Ehepartner Hitler beleidigt"
Quelle: Vom 15.01.2023, ZDF, TERRA X : Die Psychologie der Mitläufer >>>
Geschichte von Ehe und Scheidung – ein historischer Überblick
Wie hat sich das Ehe- und Scheidungsrecht über die Jahrhunderte in Deutschland entwickelt?
Im Jahr 1938 verabschiedeten die Nationalsozialisten das Ehegesetz. Es erlaubte nach Maßgabe des Zerrüttungsprinzips auch die Scheidung aus unverschuldeten Scheidungsgründen. Allerdings stand dabei weniger das persönliche Interesse eines Ehepartnersim Vordergrund, als vielmehr die bevölkerungspolitische Motivation, im Interesse der Volksgemeinschaft möglichst viele Kinder in die Welt zu setzen.
https://www.scheidung.de/scheidung.html
Der ideologisch motivierte Entzug des elterlichen Sorgerechts im "Dritten Reich" und in der Deutschen Demokratischen Republik
Taschenbuch – 1. August 2003 von Meike Andermann (Autor)
Der ideologisch motivierte Entzug des elterlichen Sorgerechts in der Zeit des Nationalsozialismus
Taschenbuch – 1. Januar 2001 von Miriam Liebler-Fechner (Autor)
Der ideologisch motivierte Entzug des elterlichen Sorgerechts in der Zeit des Nationalsozialismus
Miriam Liebler-Fechner
Reihe: Juristische Schriftenreihe
Bd. 159, 2001, 312 S., ISBN 3-8258-5366-7
IV. AG Bremen, Beschluß vom 19. September 1935 [FN 770]: Arische Mutter heiratet Juden
a) Dem Beschluß lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die minderjährige arische Tochter lebte, nachdem ihre Mutter 1933 in zweiter Ehe einen Juden geheiratet hatte, mit dieser und ihrem Stiefvater zusammen. Das Jugendamt verlangte von der Mutter die anderweitige Unterbringung des Kindes, da das Zusammenleben des arischen Kindes mit dem jüdischen Stiefvater nicht geduldet werden könne. Nachdem die Mutter dieses Verlangen abgelehnt hatte, beantragte das Jugendamt beim Vormundschaftsgericht die Unterbringung des Kindes in eine rein arische Familie anzuordnen.
Das Gericht gab diesem Antrag statt. Der Mißbrauch des Personensorgerechts wurde in der Weigerung der Mutter gesehen, das Kind in eine arische Pflegefamilie zu geben.
Das geistige und sittliche Wohl des Kindes sei durch die Erziehung im Haushalt des jüdischen Stiefvaters gefährdet. Es widerspräche der nationalsozialistischen Weltanschauung und damit dem deutschen Volksempfinden, daß ein Kind arischen Blutes durch die enge Lebensgemeinschaft mit einem jüdischen Stiefvater der dauernden Beeinflussung im Sinne einer "art- und rassefremden Gedankenwelt" ausgesetzt sei und unter ihr heranwachse. Das im nationalsozialistischen Staate dem Einzelinteresse vorangehende Interesse der deutschen Volksgemeinschaft erfordere, daß jeder Volksgenosse arischer Herkunft im nationalsozialistischen Geiste erzogen werde. Damit sei aber zugleich klar, daß auch das eigene Wohl des Kindes diese Erziehung verlange. Das Kind würde sonst das Gefühl der Zugehörigkeit zu seinem Volke verlieren, (geistigen und seelischen Schaden nehmen und zugleich sei sein eigenes Fortkommen gefährdet. Auch wenn sich der Stiefvater bemühen würde, sich jeglicher Beeinflussung des Kindes zu enthalten, würde ihm dies nicht nur nicht in dem notwendigen Maße gelingen, es würde dadurch auch nicht der Mangel einer Erziehung im nationalsozialistischen Sinne und damit auch im Sinne eines ausgeprägten "Art- und Rassebewußtsein" behoben werden.
Daß die Mutter sich zu einer Zeit, in der die Erkenntnis der Notwendigkeit der Reinerhaltung der arischen Rasse bereits fest im Volksbewußtsein verankert gewesen sei, noch entschlossen habe, die Ehe mit einem rassefremden Mann einzugehen, zeige, daß auch ihr selbst die Eignung fehle, das Kind zu einem art- und rassebewußten Volksgenossen zu erziehen. Das Erbieten der Mutter bzw. des Stiefvaters, sich zu trennen, sei nicht ausreichend, um die rechte Erziehung des Kindes zu gewährleisten.
Als geeignete Maßnahme zur Abwendung der Gefahr ordnete das Gericht die Unterbringung in einer rein arischen Familie an.
b) Das Gericht sah den schuldhaften Sorgerechtsmißbrauch in dem Festhalten der Eltern an dem Kind entgegen der vom Jugendamt beantragten Entzugsentscheidung. Mit dieser Rechtsprechung stellten die Richter sowohl das Tatbestandsmerkmal des Mißbrauchs als auch das Tatbestandsmerkmal des Verschuldens auf eine völlig neue Grundlage. Niemals zuvor war ein Mißbrauch im Sinne des § 1666 I BGB dadurch angenommen worden, daß sich der Erziehungsberechtigte im Vorfeld eines Verfahrens gegen die Rechtsfolgen eines Sorgerechtsmißbrauchs, nämlich die Wegnahme des Kindes, wehrte. Der Rechtsgedanke des § 1666 I BGB wurde damit vollständig pervertiert und die staatliche Zugriffsmöglichkeit schrankenlos ausgedehnt.
In den Entscheidungsgründen hob das Gericht die nationalsozialistischen
Erziehungsziele als das entscheidende Kriterium für den Sorgerechtsentzug
gem. § 16661 BGB hervor:
"Das im nationalsozialistischen Staate dem Einzelinteresse vorangehende Interesse der deutschen Volksgemeinschaft erfordert, daß jeder Volksgenosse arischer Herkunft im nationalsozialistischen Geiste erzogen wird."
Besonders interessant ist die Schlußfolgerung, die das Gericht aus dieser
Feststellung zieht:
"Damit ist aber zugleich klar, daß auch das eigene Wohl des Kindes diese Erziehung verlangt."
Mit dieser Argumentation gelang es dem Gericht, den bis dahin nicht gelösten Konflikt zwischen dem individuellen Kindeswohl einerseits und dem vollständigen Aufgehen des Individuums in der Volksgemeinschaft andererseits juristisch widerspruchsfrei zu lösen, indem es das eigene Wohl des Kindes mit seiner Integration in der Volksgemeinschaft gleichsetzte bzw. darauf reduzierte. Auf diese Weise ließ sich auch das Kindeswohl bei der Entzugsentscheidung problemlos in den Vordergrund stellen:
"Das Kind würde das Gefühl der Zugehörigkeit zu seinem Volke verlieren, geistigen und seelischen Schaden nehmen und zugleich sei sein eigenes Fortkommen gefährdet."
Diese Entscheidung, die vier Tage nach Erlaß der Nürnberger Rassegesetze erlassen wurde, unterscheidet sich deutlich von dem Beschluß des Bayrischen Obersten Landesgerichts vom 3. Oktober 1934 [FN 771]. Letzterer definierte das Kindeswohl noch individuell und nach liberalen Grundsätzen, die das Individuum losgelöst von der Gesellschaft betrachteten. Die vorliegende Entscheidung folgte dagegen ganz der nationalsozialistischen Ideologie, nach welcher der Einzelne nur als Bestandteil des Ganzen, der "rassisch gesunden deutschen Volksgemeinschaft", zu sehen sei und "sein Glück" in dieser Gemeinschaft finde. Indem das Gericht aber das "persönliche Glück" berücksichtigte - wenngleich auch kollektiv definiert - folgte es dem Grundgedanken des § 1666 I BGB noch insoweit, als es den Schutz des einzelnen Kindes und nicht den Schutz der Volksgemeinschaft als gesetzgeberisches Ziel des Entzugsrechts anerkannte.
FN 770 ZblJJ 27, 1936, 267.
FN 771 Vgl. Fall III.
Der ideologisch motivierte Entzug des elterlichen Sorgerechts in der Zeit des Nationalsozialismus
Miriam Liebler-Fechner
Reihe: Juristische Schriftenreihe
Bd. 159, 2001, 312 S., ISBN 3-8258-5366-7
VI. AG Berlin-Lichterfelde, Beschluß vom 15. April 1935 [FN 775]: Kommunistische und atheistische Erziehung
a) Dem Gericht lag folgender Sachverhalt zur Entscheidung vor: Der kommunistische Vater eines siebenjährigen Sohnes gehörte bis 1932 der KPD an. Auch nach 1932 hat er sich im kommunistischen Sinne betätigt, so daß er von der Geheimen Staatspolizei verhaftet und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Bei der Anhörung hat der Vater erklärt, daß er Dissident sei und seinen Sohn nicht habe taufen lassen.
Das Amtsgericht entzog dem Vater das Sorgerecht gem. § 1666 I BGB mit der Begründung, eine kommunistische Erziehung stelle einen Mißbrauch gem. §1666 I BGB dar. Der Grundsatz, daß deutsche Kinder im nationalsozialistischen Sinne zu erziehen seien, bedeute nicht nur, daß deutsche Kinder in der deutschen Sprache und in deutschen Umgangsformen unterwiesen werden müssen, Hauptziel der deutschen Erziehung sei vielmehr, diese auch mit den Grundfragen der deutschen Geschichte vertraut zu machen, in ihnen ein unverrückbares Vaterlandsgefühl zu wecken und sie an deutsche Sitten und Anschauungen zu gewöhnen. Eine politische Gesinnung wie die kommunistische, welche die Weltrevolution auf ihre Fahnen geschrieben habe und die bestehenden Grundlagen nationalgegliederter Staaten erschüttern wolle, sei nicht geeignet, deutschen Kindern eine Erziehung im deutschen Sinne zu geben.
Das Gericht nahm einen weiteren schweren Verstoß gegen die Erziehungspflichten an, indem der Vater seinen Sohn nicht taufen ließ, da es als allgemeiner Grundsatz gelte, daß der Gewalthaber nicht das Recht habe, das Kind ohne jede religiöse Anweisung und Erziehung zu lassen.
Eine dringende Gefährdung für das Kindes wohl liege vor, da das Kind, das bereits von seinem Vater in Folge dessen kommunistischer Anschauung in sittlich gefährdender Weise erzogen wurde, im Zusammensein mit dem Vater nach dessen Rückkehr aus der Strafhaft in staatsfeindlicher Weise und somit zu seinem Nachteile beeinflußt und erzogen werde:
"Die Gefahr wird heraufbeschworen, daß das Kind seinem Vaterland entfremdet wird und ihm sogar feindlich gegenübertritt. "
Zur Abwendung dieser Gefahr hielt das Gericht den Entzug des Sorgerechts für geeignet und erforderlich.
b) Das Gericht konkretisierte in seiner Entscheidung die Hauptziele der deutschen Erziehung:
"Die Kinder sind mit den Grundfragen der deutschen Geschichte vertraut zu machen, in ihnen ist ein unverrückbares Vaterlandsgefühl zu wecken und sie sind an deutsche Sitten und Anschauungen zu gewöhnen."
Obwohl die Erziehungsziele bereits 1933 von der Rechtsliteratur formuliert worden waren [FN 776], ist der vorliegende Beschluß der erste veröffentlichte, in dem diese Forderungen von einem Vormundschaftsrichter derart präzise umgesetzt wurden. Das Gericht vertrat die Ansicht, daß die Erziehung in staatsfeindlicher Weise das Kind zu seinem eigenen Nachteil beeinflussen werde. Die "Entfremdung vom Vaterland" wurde jedoch als. eine für beide Seiten - Kind und Volksgemeinschaft - negative Entwicklung erkannt. Mit der geäußerten Befürchtung, das Kind werde dem Vaterland einst feindlich gegenübertreten, subsumierte das Gericht unter dem Tatbestandsmerkmal der Gefährdung des Kindeswohls auch das Interesse des Staates. Auf diese Weise gaben die Richter der Vorschrift des § 1666 I BGB einen Schutzzweck, der vom Wortlaut der Norm zweifelsfrei nicht gedeckt war. Die Vorschrift stellte nämlich allein auf das "körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes" ab und erwähnte Drittinteressen - weder elterliche noch staatliche - mit keinem Wort.
Beachtlich ist die historische Komponente des Urteils: Der Senat zitierte in einem Beschluß teilweise die vom Kammergericht in seinen Entscheidungen vom 31. März 1911 [FN 777] und 27. April 1917 [FN 778] vertretene Auffassung. Das Gericht hatte bereits damals argumentiert, daß das Kind in den Sitten und Anschauungen des deutschen Volkes aufwachsen müsse und hatte in der Möglichkeit, "daß das Kind seinem Vaterland entfremdet wird und ihm sogar feindlich gegenübertritt" schon 1917 eine Gefährdung des Kindeswohls erkannt. In seinen Erörterungen zu der Entscheidung vom 27. April 1917 hatte v. Lilienthal befürchtet, daß die Argumentation des Gerichts lediglich darauf abziele, eine "linientreue Erziehung" des Kindes sicherzustellen [FN 779].
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775 ZblJJ 27, 1936, 232.
773 ZblJJ 27, 1936, 309 f.
774 Vgl. Hirsch, Entzug und Beschränkung des elterlichen Sorgerechts, 59.
776 Vgl. §41, §51.
777 Fn. 207.
778 Fn.212.
779 Lilienthal, Fürsorgeerziehung und Politik, DStrZ 1917, (251) 253.
Der ideologisch motivierte Entzug des elterlichen Sorgerechts in der Zeit des Nationalsozialismus
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VIII. OLG Hamburg, Beschluß vom 13. Dezember 1935 [FN 784]
Arischer Vater nimmt Kind der Mutter weg, die einen Juden geheiratet hat
a) Dem Beschluß lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Die arische Kindesmutter hatte nach der Trennung von dem arischen Kindesvater einen rumänischen Juden geheiratet. Mit ihm und dem Kind lebte sie 1935 in Paris, obwohl ihr das Sorgerecht nicht zustand. Der sorgeberechtigte Vater bemühte sich, das Kind aus dem Ausland nach Deutschland zu holen. Gegen den Vater lagen Bedenken hinsichtlich seiner Eignung zur Erziehung des Kindes seitens des Jugendamtes vor, da er mehrere Straftaten begangen hatte und in einer schlechten wirtschaftlichen Lage lebte. Das Landgericht hatte auf das Bemühen des Vaters, das Kind zu sich zu holen, dem Vater das Sorgerecht entzogen. Daraufhin legte der Vater Beschwerde ein.
Das Oberlandesgericht gab dieser Beschwerde statt.
Nach seiner Ansicht lag in dem Herausgabeverlangen des Vaters weder ein Mißbrauch seines Sorgerechtes noch eine gegenwärtige Gefahr für das Kindeswohl i.S.v § 1666 I BGB. Eine mögliche Gefährdung sei keinesfalls gegenwärtig, sondern könne erst eintreten, sobald es gelungen sei, die Rückbringung des Kindes nach Deutschland zu erzwingen. Erst zu einem solchen späteren Zeitpunkt müßten die zuständigen Behörden prüfen, ob und inwiefern die Straftaten des Vaters und seine ungünstige wirtschaftliche Lage eine Gefährdung des Kindeswohls befürchten lassen. Über die einfache Ablehnung des § 1666 I BGB hinaus war das Oberlandgericht sogar der Ansicht, daß die Anordnung eines Sorgerechtsentzugs zu Lasten des Vaters zum Zeitpunkt der Entscheidung das geistige Wohl des Kindes gefährden würde, da damit die Rückführung des Kindes verhindert oder zumindest erschwert würde.
b) Das Gericht lehnte den Sorgerechtsentzug mit der Begründung ab, daß keine gegenwärtige Gefahr für das Kindeswohl bestünde. Die Eignung des Vaters zur Erziehung des Kindes sei zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht beachtlich. Mit dieser Argumentation stellte sich der Spruchkörper in Widerspruch zu der Rechtsprechung aus der Zeit vor der nationalsozialistischen Machtergreifung: gleich und schloß somit die unerwünschte Rechtsfolge aus. Im Sorgerechtsentzug als solchem eine Gefährdung des Kindeswohls zu sehen und dadurch denselben auszuschließen ist aber nur zulässig, wenn das Ergebnis nicht vorher feststeht, sondern auf einer Interessenabwägung beruht: Einer Abwägung zwischen der gegenwärtigen Situation des Kindes und der nach dem Entzug eintretenden.
Einen Mißbrauch des Aufenthaltsbestimmungsrechts hatten die Gerichte stets angenommen, wenn der Gewalthaber das Kind aus guter Obhut herausverlangte, obwohl er selbst zur Erziehung ungeeignet war [FN 785]. Diese Eignung zur Erziehung des Herausverlangenden ist dabei grundsätzlich bereits vor der Herausgabe des Kindes geprüft worden. Die Gerichte haben die sachlichen und persönlichen Verhältnisse, in die das Kind hineingebracht werden sollte, bei der Frage ob ein Mißbrauch vorliegt stets genau untersucht. Um bei einem Herausgabeverlangen das dauerhafte Wohl des Kindes zu berücksichtigen, mußte dieser Prüfungspunkt zwangsläufig erörtert werden, denn mit einer Lösung, die das Kind praktisch nur für eine juristische Sekunde aus dem "Regen" geholt hätte, um es anschließend in die "Traufe" zu überführen, wäre seinem Wohl kaum gedient.
Das Oberlandesgericht Hamburg argumentierte mit einem Zirkelschluß: In dem Entzug des Sorgerechts erkannte es eine Gefahr für das geistige Wohl des Kindes. Damit setzte es die Tatbestandsvoraussetzungen der Norm, die Gefährdung des Kindeswohls, mit der Rechtsfolge der Norm, dem Entzug,
Das Oberlandesgericht verwies diesbezüglich auf die Rückholung des Kindes nach Deutschland, welche durch den Entzug des väterlichen Sorgerechts verhindert oder erschwert werden würde. Erst in einem zweiten Schritt hätten die Behörden die Unterbringung beim Vater unter den gegebenen Umständen zu prüfen. Die Rückholung als solche ist jedoch nicht geeignet, Aufschluß über das zukünftige Wohl des Kindes zu geben. Indem das Gericht ausdrücklich von einer zeitlichen Nachrangigkeit der behördlichen Prüfung der Unterbringung des Kindes und damit des zu erwartenden Kindeswohls spricht, wird die eigentliche Motivation der Richter deutlich: Zu allererst galt es, das arische Kind aus dem Einflußbereich des jüdischen Stiefvaters zu entfernen und nach Deutschland zu bringen, um das Kind für die Volksgemeinschaft zurückzugewinnen. Die Frage nach dem individuellen Kindeswohl war zweitrangig. Es handelt sich daher um eine weitere gerichtliche Entscheidung über den Entzug der elterlichen Sorge gem. § 1666 I BGB, die von staatlichen Interessen und nicht dem Wohl des Kindes geleitet war.
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784 ZblJJ 28, 1937, 133; JW 1936, 892.
785 BayObLG 13, 264 f.; Reichsgericht, JW 1907, 6, Nr. 6.
Das Nazi-Kindeswohl in der Nazi-Familienrechtspraxis u.a. erläutert in...
Kinderrechte und Kindeswohl. Eine Untersuchung zum Status des Kindes im öffentlichen Recht von Friederike Walper
2015. XXIV, 631 Seiten, Jus Publicum 240, Mohr Siebeck
Kinderrechte und Kindeswohl: Eine Untersuchung zum Status des Kindes im Öffentlichen Recht (Jus Publicum)
Die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen enthält umfassende Menschenrechtsgarantien für Minderjährige und verlangt, bei Entscheidungen über Belange des Kindes dessen Wohl vorrangig zu berücksichtigen. Auch im Verfassungsrecht ist das Kind als Träger von Grund- und Menschenrechten anerkannt. Im Detail ist jedoch vieles unklar: Kann das Kind seine Rechte selbst wahrnehmen oder müssen Dritte dies zu seinen Gunsten tun? Erlangt es aus einem Recht eine autonome Entscheidungsmacht oder ist 'ein Recht zu haben' für das Kind gleichbedeutend mit einem Anspruch auf Schutz und Hilfe durch andere?
Friederike Wapler geht diesen Fragen aus öffentlich-rechtlicher wie rechtsphilosophischer Perspektive nach. Im Mittelpunkt steht eine Theorie der dynamischen Entwicklung der kindlichen Selbstbestimmungsfähigkeit, die dem Kind einen Anspruch verleiht, an der Entscheidung über seine eigenen Angelegenheiten in jedem Lebensalter angemessen beteiligt und in seinen individuellen Belangen berücksichtigt zu werden.
Beispiel einer Politisch motivierten Sorgerechtsentscheidung in der nationalsozialistischen Verfolgung von Bibelforschern/Zeugen Jehovas
Auszug aus "Und plötzlich waren die Deutschen da", Die Verfolgung von Zeugen Jehovas in Frankreich und Luxemburg von Angela Nerlich, S. 187f. aus Jehovas Zeugen in Europa: Geschichte und Gegenwart. Belgien, Frankreich ... herausgegeben von Gerhard Besier, Katarzyna Stokłosa
Siehe dazu auch:
Nationalsozialistische Diskriminierungsschemata in Familienrechtspolitik und Familienrechtsprechung -- Personelle Kontinuitäten am Beispiel des Ministerialrats Franz Massfeller
GRAUE LITERATUR : Nationalsozialistische Diskriminierungsschemata in Familienrechtspolitik und Familienrechtsprechung -- Personelle Kontinuitäten am Beispiel des Ministerialrats Franz Massfeller -- Thematische Kontinuitäten mit Beispielen repetitiver Denkweisen und Argumentationsmuster in veränderten Kontexten || Hausarbeit im Magister-Teilstudiengang "Erziehungswissenschaften" || Wintersemester 2004/2005 an der Universität Kassel || Autor: Bernd Michael Uhl || Magisterstudium Hauptfach: Soziologie, Nebenfächer: Erziehungswissenschaft, Politikwissenschaft || Zur Lehrveranstaltung "Umgang mit dem Nationalsozialismus nach 1945" bei Prof. Dr. Dietfrid Krause-Vilma || 10.04.2005 || 94 Seiten.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung: Aktueller Bezug in 2005 zum Umgang mit dem Nationalsozialismus nach 1945 3
2. Rolle und Funktionalität des Subsystems Justiz im politischen System 8
3. Anwendungszwecke und Funktionalitäten familienrechtlicher Maßnahmen im Nationalsozialismus 12
3.1. Diskriminierungsschemata: Rassische Feinde 17
3.2. Diskriminierungsschemata: Politische Feinde 21
3.3. Diskriminierungsschemata: Nationalsozialistische Geschlechterordnung 24
4. Personelle Kontinuität von Nazi-Juristen in der BRD auf dem Gebiet des Familienrechts am Beispiel von Ministerialrat Franz Massfeller 31
4.1. Systemfunktionalität des juristischen Fachschrifttums 31
4.2. Franz Massfellers Wirken im Nazi-Regime 33
4.2.1. Übersicht über Karriereentwicklung bis 1945 33
4.2.2. Verbot von Eheschließungen bei Rassenmischung 34
4.2.3. Anfechtung von Mischehen 35
4.2.4. Blutschutzgesetz 37
4.2.5. Ehelichkeitsanfechtung und Vaterschaftsanfechtung 39
4.2.6. Sorgerechtssachen 39
4.2.7. Erbgesundheitsgesetz 40
4.2.8. Beschwerdeverfahren zu Zwangssterilisation 42
4.2.9. Teilnahme an der Wannsee-Konferenz 43
4.3. Entnazifierungsverfahren und der Fall Franz Massfeller 44
4.3.1 Allgemeine Entnazifizierungs-Methodik 44
4.3.2 Schreibtischtäter-Entnazifizierung im Fall Massfeller 47
4.4. Franz Massfellers Wirken in der BRD 51
5. Abbruch oder Fortwirken nationalsozialistischer Diskriminierungsschemata in der Praxis der deutschen Familienrechtsprechung nach 1945? 54
5.1. Rassische Diskriminierungsschemata 56
5.2. Politische Diskriminierungsschemata 68
5.3. Diskriminierungsschemata Minderwertige 70
5.4. Diskriminierungsschemata Geschlechterordnung 71
6. Schlussbetrachtung 79
7. Abkürzungen 91
8. Abbildungs- und Tabellenverzeichnis 92
8.1. Abbildungen 92
8.2. Tabellen 92
9. Literatur & Medien 93
AUßERGERICHTLICHE ÖFFENTLICHE THEMATISIERUNGEN
Petition beim DEUTSCHEN BUNDESTAG 3-16-05-008-059396, Auswärtige Angelegenheiten, vom 01.09.2009 : Klärung des internationalen Kinderraubes von 1933-1945 in Polen und der anschließenden Germanisierung der ins Deutsche Reich verbrachten Kinder sowie diesbezüglich weiterführende Petitionen bei Länderparlamenten, wie WD 3-2 0561 Landtag Rheinland-Pfalz vom 15.12.2011 || AB.0316.16 Bayrischer Landtag vom 08.12.2011 || Tgb. Nr. E 1087/ 11 Landtag des Saarlandes vom 13.02.2012 || Bürgerschaft der freien und Hansestadt Hamburg || 20-8 Freie Hansestadt Bremen vom 16.02.2012, etc. Der Deutsche Bundestag hat in 2011 die Anliegen des deutschen KVs zu „Internationaler Kindesraub in Polen 1933-1945 und Zwangsgermanisierung“ an Länderparlamente weitergeleitet, die dann wiederum in ihren Absichtsbekundungen diese Aufarbeitungsbemühungen als diskussionswürdige Inhalte in ihr Bildungswesen, in Schüler- und Jugendaustausch und in den internationalen Austausch integriert haben wollen.
Ministerialrat Franz Massfeller 1902-1966 (Schriften zur Rechtswissenschaft)
Zahlreiche Veröffentlichungen in der Familiengesetzgebung sowie auf dem Gebiet des Personenstandsrechts tragen von Anfang der 30er bis Mitte der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts den Namen Franz Massfeller. Beteiligt war er als Herausgeber und Autor im Nationalsozialismus an dem ersten Kommentar zum Blutschutz- und Ehegesundheitsgesetz. Als Mitarbeiter des Reichsjustizministeriums nahm er an zwei Folgekonferenzen der Wannsee-Konferenz teil. Massfeller wurde 1943 vom Ministerium für den Kriegsdienst freigegeben. 1949 setzte er seine Tätigkeit als Ministerialbeamter im Justizministerium fort. Die Verfasserin setzt sich im Rahmen einer rechtshistorischen Biografie mit der Frage auseinander, wie sich Juristen in der Zeit des Nationalsozialismus verhalten haben und wie sich ihr beruflicher Werdegang in der Nachkriegszeit gestaltet hat. Sie befasst sich in historischer Reihenfolge mit den einzelnen Gesetzen, an deren Erarbeitung Massfeller beteiligt war, und mit seinen zumeist aus diesem Anlass erschienenen Veröffentlichungen.
Das neue Personenstandsgesetz vom 3. November 1937
Das Personenstandsrecht im Kriege. Zusammenstellung der gesetzlichen Vorschriften und Erläuterungen mit zahlreichen Musterbeispielen Gebundene Ausgabe – 1. Januar 1943
Die Frau im Recht des Nationalsozialismus. Eine Analyse ihrer familien-, erb- u. arbeitsrechtlichen Stellung
Rechtswesen. - König, Cosima. Die Frau im Recht des Nationalsozialismus. Eine Analyse ihrer familien-, erb- u. arbeitsrechtlichen Stellung. Frankfurt am Main, Bern, New York, Paris, Peter Lang, 1988. 21x15,5 cm. 266 S. Halbleinen-Bibliothekseinband mit Bibliotheksschildchen auf V-Deckel. Innen mit den üblichen Bibliotheksstempeln und -eintragungen auf den ersten Seiten (teils durchgestrichen). Sonst innen sauber. Europäische Hochschulschriften. Publication Universitaires Européennes. European University Studies: Reihe II, Rechtswissenschaft = Droit = Law Bd. 699. Abstract: Die Arbeit befasst sich mit der Stellung der Frau im Recht des Nationalsozialismus unter bes. Berücksichtigung des Familien-, Erb- und Arbeitsreichts. Die Betonung lag bei der Bearbeitung des Stoffes darauf, die geschlechterspezifischen Besonderheiten in den einzelnen Rechtsgebieten aufzuzeigen. Insbes. im Familienrecht und dort in dem Teilbereich des Scheidungs- und Scheidungsfolgerechts stellte sich heraus, dass die nationalsozialistische Rechtsprechung und Gesetzgebung - erste z. Tl. im Wege richterlicher Rechtsfortbidlung - seit 1933 zwecks Erhaltung und Mehrung d. dt. Rasse bevölkerungspol. Aspekte in den Vordergrund rückte. Naturgemäß waren Frauen dieser Bevölkerungspolitik besonders stark betroffen.
Die familienrechtlichen Entscheidungen des Landgerichts Köln in der Zeit von 1933 bis 1945
Deutsche und italienische Zivilrechtsgesetzgebung 1933–1945: Parallelen in der Rechtsetzung und gegenseitige Beeinflussung unter besonderer ... Erbrechts (Rechtshistorische Reihe, Band 278)
Nach wie vor beschäftigt die Aufarbeitung der Epoche von Nationalsozialismus und Faschismus auch die Rechtswissenschaft. Ein bisher wenig beachtetes Forschungsfeld ist dabei der direkte Vergleich der Gesetzgebungsarbeiten Deutschlands und Italiens. Dieser Vergleich erscheint besonders lohnend, da im Jahr 1937 die Arbeitsgemeinschaft für die deutsch-italienischen Rechtsbeziehungen gegründet wurde, zu deren Aufgaben auch die gegenseitige Unterrichtung über den Stand der gesetzgeberischen Maßnahmen gehörte. Gerade im Hinblick auf den 1942 erlassenen Codice Civile Italiens drängt sich daher die Frage auf, inwiefern eine gegenseitige Beeinflussung der politisch verbundenen Länder stattgefunden hat. Der Verfasser hat mit Schwerpunkten im Familien- und Erbrecht konkrete Normen beider Länder gegenübergestellt. Zur Erläuterung der Normen werden Gesetzesbegründungen sowie zeitgenössische Kommentierungen herangezogen. Die Aufnahme im jeweils anderen der untersuchten Länder wird insbesondere anhand der Aussagen in zeitgenössischen Rechtszeitschriften sowie von Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft dargestellt.
Familientrennungen im nationalsozialistischen Krieg: Erfahrungen und Praktiken in Deutschland und im besetzten Europa 1939-1945 (Das Private im Nationalsozialismus
Eine facettenreiche Untersuchung über kriegsbedingte Familientrennungen in der NS-Diktatur. In der radikalen Kriegführung, Besatzungsherrschaft und Vernichtungspolitik NS-Deutschlands waren erzwungene Familientrennungen eine kollektive Erfahrung: Kriegsdienst, Gewalt, Flucht, Deportation und Vertreibung zerrissen und zerstörten Familien und Partnerschaften. Millionen Menschen wurden über lange Zeiträume hinweg voneinander getrennt, teilweise über das Kriegsende hinaus, oft für immer. So alltäglich Trennung und Verlust im nationalsozialistischen Krieg auch waren, so sehr unterschieden sich die damit verbundenen Erfahrungen und Praktiken – je nach nationaler Herkunft, rassistischer Klassifikation, Funktion und Ort. Wie erlebten und verarbeiteten sowohl privilegierte als auch ausgegrenzte und verfolgte Familien diese politisch oder militärisch legitimierten Trennungen? Aus dem Inhalt Isabel Heinemann: Trennungen und Gründungen von Familien im Rahmen der nationalsozialistischen In- und Exklusionspolitik Olga Radchenko: Getrennte jüdische Familien dies- und jenseits der deutsch-sowjetischen Demarkationslinie 1939-1941 Yulia von Saal: Kriegsbedingte Familientrennungen und Neukonfigurationen in der UdSSR:
Privileg Mischehe?: Handlungsräume »jüdisch versippter« Familien 1933-1949 (Hamburger Beiträge zur Geschichte der deutschen Juden)
Siehe auch:
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