AKTUELLES:
Sorgerecht im
Zusammenhang mit
Nationalsozialismus
und Rechtsextremismus
Sorgerechtsentscheidungen im Zusammenhang mit Nationalsozialismus und Rechtsextremismus, Sorgerechtseinschränkung oder Sorgerechtsentzug wegen politisch extremistischem Umfeld von Sorgeberechtigten/Elternteilen
2.1 Online-Artikel zu Sorgerechtsentscheidungen im Zusammenhang mit Nationalsozialismus und Rechtsextremismus
Termin vor Jugendamt in Leipzig:
Verliert Melanie Müller nach Nazi-Skandal Sorgerecht für ihre Kinder?
7.10.22, 15:47 Uhr | Von BK
Im September waren verstörende Aufnahmen bei einem Auftritt der Ballermann-Sängerin Melanie Müller (34) aufgetaucht. Auf Handyvideos ist zu sehen, wie die einstige Dschungelcamp-Königin bei einem Konzert der mutmaßlichen Hooligan-Gruppe „Rowdys Eastside“ am 17. September auf der Bühne stand. Dabei soll zu sehen sein, wie die Sängerin bei diesem Auftritt mehrfach den rechten Arm zum Hitlergruß hob. Die Menge soll dazu auch noch „Sieg Heil“ gerufen haben.
Aufgrund der Videos hat die Leipziger Polizei Ermittlungen aufgenommen und den Staatsschutz eingeschaltet. Vorwurf: Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen nach Paragraf 86a StGB. Melanie Müller wiegelt die Vorwürfe ab, verklärt ihre Handbewegungen als ‚Zicke zacke zicke zacke‘ ohne rechtsradikalen Hintergrund.
Haben die Nazi-Vorwürfe Einfluss auf den Sorgerechtsstreit um ihre beiden Kinder?
Die Sängerin tut so, als ginge sie all dies nichts an, setzte sich in einen Flieger nach Mallorca und ist dort vergangene Woche als Partysängerin aufgetreten. Doch zuhause in Leipzig eskalieren die Probleme: Laut ‚Bild‘ musste Melanie Müller zu einem Termin beim Jugendamt, dadurch habe sie den Geburtstag ihres eigenen Sohnes verpasst. Befürchtet wird, dass die mutmaßlichen Nazi-Enthüllungen Einfluss auf den Ausgang ihres Sorgerechtsstreits mit Ex Mike Blümer haben könnte. Das Jugendamt hatte demnach verfügt, dass die fünfjährige Mia Rose und der dreijährige Sohn Matty vorerst beim Vater bleiben.
Gegen Mike Blümer, der auch ihr früherer Manager ist, erhebt sie schwere Vorwürfe: Ihr „Noch-Ehemann Noch-Ehemann Mike nutzt jeden Kontakt“ und versuche, den gemeinsamen Sohn auf seine Seite zu ziehen. Mike Blümer wiederum hatte schwere Vorwürfe gegen seine Ex erhoben. „Ich sehe es nach fast einem Jahr nicht mehr ein, mir die respektlosen Frechheiten meiner Frau, wenn es um unsere Kinder geht, gefallen zu lassen.“
https://www.berliner-kurier.de/
Sorgerecht : Papa, der Neonazi
2. November 2015, 18:48 Uhr
Wer seinen Nachwuchs rechtsextrem erzieht, riskiert möglicherweise bei einer Scheidung das Sorgerecht für die Kinder. Bei der Abwägung kommt es jedoch auf die Nuancen an.
Von Ulrike Heidenreich
Die Leute, die abends in deutschen Städten und vor Asylheimen gegen Flüchtlinge protestieren, halten gern Plakate hoch, auf denen steht: "Für die Zukunft unserer Kinder in Deutschland." Bei den Demonstranten laufen auch unbescholtene Väter und Mütter mit. Doch sollten sie sich durchaus auch Gedanken darüber machen, wie es um die Zukunft der Kinder in ihren eigenen Familien bestellt ist. Denn das Terrain, auf dem sie sich bewegen, ist brandgefährlich: Bei Rassismus und Fremdenhass in der Erziehung droht der Verlust des Umgangsrechts, unter Umständen sogar des Sorgerechts.
Wie wirkt sich eine fremdenfeindliche Erziehung in den Familien aus? Wo fängt es an, gefährlich zu werden? Wo verläuft die kritische Grenze? Das Bundeskriminalamt (BKA) hat analysiert, dass Rechtsextremisten mit ihren feindseligen Kampagnen zusehends in bürgerliche Milieus vordrängen. In die Mitte der Gesellschaft, in den Kern - das sind die Familien. Kommt es zum Bruch und bei den Eltern zum Streit über die Besuchszeiten, spielt erst einmal keine Rolle, ob sich ein Ex-Partner mit seinen Äußerungen oder gar Handlungen strafbar gemacht hat. Es ist immer der Schutz des Kindes, der bei möglichen Verfahren an erster Stelle steht. "Kinder können vieles noch nicht richtig einordnen, sind leicht beeinflussbar", sagt die Berliner Rechtsanwältin Eva Becker.
Die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV), hat erörtert, was auf die Familiengerichte zukommt, wenn getrennt lebende Eltern, die sich schon wegen der Kinder befehden, auch noch mit ihren politischen Überzeugungen über Kreuz liegen. Geschiedene, die sich das Umgangs- oder Sorgerecht streitig machen wollen, müssten vor Gericht belegen, dass der Ex-Partner dem Kind Werte vermittelt, die es schädigen. Als Beleg, so Becker, könnten Internet-Screenshots aus sozialen Netzwerken mit rassistischen Äußerungen dienen.
Es kommt jedoch auf die Nuancen an. Ein Vater, der seinem Kind sagt, er dulde keine syrischen Flüchtlinge im Haus nebenan, tangiert damit noch nicht das Kindeswohl. Ruft er aber, man solle alle Flüchtlinge sofort umbringen, überschreitet er eine Grenze. All das muss penibel abgewogen werden. "Entscheidend ist hier der Common Sense, der gesunde Menschenverstand", sagt die Familienanwältin. Vor zwei Jahren sorgte ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts für Aufsehen. Es hob die Umgangsregelung für den geschiedenen Neonazi Markus Privenau auf. Er darf seine drei Söhne nicht mehr sehen. Die Mutter war aus der rechten Szene ausgestiegen, befürchtete Racheakte und tauchte unter. Die Richter argumentierten mit Blick auf das Kindeswohl, dass die Kinder dem Vater "nicht unbeschwert" entgegentreten könnten, wenn sie ihren Wohnort und ihre Namen geheim halten müssten.
Nach der BKA-Warnung vor zunehmender rechter Gewalt legte Familienministerin Manuela Schwesig für 40 Millionen Euro ein Programm auf, das die Präventionsarbeit gegen Rechtsextremismus fördert. Offenkundig fürchtet die SPD-Politikerin, dass die rechte Stimmungsmache gegen die Flüchtlinge auch in die Familien hineinspielt - mit fatalen Folgen.
https://www.sueddeutsche.de/
BVerfG zu Umgangsrecht eines rechtsradikalen Vaters
Eine Gefahr für die eigenen Kinder
von Jutta Wagner25.01.2013
Die Mutter ist aus der nationalsozialistischen Szene ausgestiegen. Der Vater ist weiter aktiv. Dazwischen stehen die Kinder. Im Streit um seine Umgangsrechte verlor der Mann vor dem BVerfG, wie nun bekannt wurde. Er wird seine Söhne wohl nicht so bald wiedersehen. Zeit das Wohl des Kindes im Streit zwischen den Eltern in den Mittelpunkt zu rücken, meint Jutta Wagner.
Ein der rechtsradikalen Szene angehörender Mann hat keinen Anspruch darauf, seine Kinder zu sehen, wenn dadurch die Mutter ernsthaft gefährdet werden könnte. Denn das Wohl der Kinder hängt untrennbar mit dem Wohlbefinden der Mutter zusammen. Das entschied das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in einem nun öffentlich gewordenen Beschluss vom 13. Dezember 2012 (Az. 1 BvR 1766/12).
Die Entscheidung setzt über die Bedeutung für den Einzelfall hinaus ein wichtiges Signal in der nicht enden wollenden Diskussion über die Maßstäbe für gerichtliche Umgangsregelungen.
Mutter distanziert sich von rechtsradikaler Szene
Die Verfassungsbeschwerde hatte eine Frau angestrengt, die sich 2004 von ihrem Mann getrennt hatte. Damals waren beide noch gleichermaßen rechtsradikal aktiv. Die gemeinsamen Kinder leben seither bei ihr, da ihr die elterliche Sorge übertragen wurde. Seit Dezember 2004 hat der Vater die Kinder nicht mehr gesehen. Eine zunächst getroffene Umgangsvereinbarung wurde nicht umgesetzt.
Im Januar 2005 distanzierte sich die Mutter von der rechtsradikalen Szene. Sie nahm an einem Aussteigerprogramm teil, ihr eigener sowie die Namen der Kinder wurden geändert. Aus Sicherheitsgründen wechselte die Frau mehrfach mit den Kindern den Wohnsitz.
Die drei Söhne leiden an einer tiefgreifenden Entwicklungsstörung aus dem autistischen Formenkreis und sind wenig belastbar, wie ein im Rahmen des Verfahrens eingeholtes Sachverständigengutachten feststellte.
OLG ignoriert Warnungen des Verfassungsschutzes
Das Amtsgericht hatte dem Vater im Rahmen des Scheidungsverfahrens noch den Umgang mit seinen Kindern bis Ende 2009 verboten. Das Oberlandesgericht (OLG) Dresden beschloss jedoch, dass er seine Söhne ab Oktober 2012 jeden ersten Samstag im Monat für die Dauer von zwei Stunden begleitet von einem Umgangspfleger an einem von diesem zu bestimmenden Ort sehen sollte (Beschl. v. 23.07.2012, Az. 20 UF 770/08).
Diese Entscheidung nimmt nicht nur keine Rücksicht auf die tiefgreifende Entwicklungsstörung und geringe Belastbarkeit der Kinder, sondern versäumt jegliche Berücksichtigung der Gefahr, der die Mutter bei Bekanntwerden ihrer neuen Identität und ihres aktuellen Wohnsitzes ausgesetzt wäre.
Die Mutter war eine so genannte szeneprominente Person mit einer langjährigen Biografie als Rechtsextremistin. Sie ist nicht still ausgestiegen, sondern hat sich öffentlich zu ihren Ausstiegsmotiven und den Gefahren des Rechtsextremismus geäußert. Ein Bekanntwerden ihres Aufenthalts hätte, wie das Landesamt für Verfassungsschutz Sachsen dem OLG vergeblich nahezubringen versuchte, die Gefahr erheblich erhöht, körperlichem oder seelischem Druck ausgesetzt zu werden. Vor allem spontane Einzelaktionen von Rechtsextremisten, die ein Exempel statuieren wollen, wären zu befürchten gewesen. Die Dresdner Richter ignorierten diese Warnungen genauso wie einen Bericht der Aussteigerorganisation EXIT, der auf entsprechende Einzelfälle verwies.
Das BVerfG rügt diese Missachtung und stellt ebenso prägnant wie zutreffend fest: "Das Wohl der in der Obhut der Mutter aufwachsenden Kinder ist von der körperlichen Unversehrtheit ihrer Mutter abhängig, hinter deren Schutz das Umgangsrecht des Vaters hier zurücktreten muss."
Kindeswohl muss im Mittelpunkt stehen
In den letzten Jahren ist in der rechtspolitischen Diskussion und der Rechtsprechung zum Umgangsrecht vermehrt der Eindruck entstanden, dass bei der Abwägung zwischen dem Recht des nichtbetreuenden Elternteils auf Umgang mit den Kindern und dem Recht der Kinder auf ein Leben ohne Dauerkonflikte und Belastungen stets zu Gunsten des Umgangsrechts zu entscheiden sei.
Es findet kaum eine Auseinandersetzung damit statt, was sich über Jahre hinweg ziehende Rechtsstreitigkeiten einschließlich der inzwischen anscheinend obligatorischen Sachverständigengutachten für Kinder im Alltagsleben bedeuten. Dem BVerfG ist dafür zu danken, dass es klar und deutlich in Erinnerung ruft, wie sehr das Wohl der Kinder vom Wohlbefinden des Elternteils abhängt, bei dem sie leben.
Die Karlsruher Richter gaben dem Dresdner Senat, an den sie die Sache zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen, denn auch deutlich auf, weitere kindbezogene Aspekte des Sachverhalts zu berücksichtigen. So sei zu prüfen, ob ein Umgangskontakt nicht möglicherweise das Kindeswohl gefährde, weil die Söhne inzwischen den Umgang mit dem Vater wegen früher erlebter Gewalttätigkeit ablehnten und ihn für böse hielten.
Es ist dringend zu hoffen, dass die Entscheidung des BVerfG dazu beiträgt, Kinder und ihr Recht auf eine unbelastete Kindheit in der rechtspolitischen Diskussion um das Umgangsrecht und vor allem auch in den gerichtlichen Entscheidungen streitiger Fälle wieder dahin zu rücken, wo sie hingehören: in den Mittelpunkt.
Die Autorin Jutta Wagner ist Fachanwältin für Familienrecht und Notarin in Berlin.
https://www.lto.de/recht/
Karlsruhe entzieht Umgangsrecht für Söhne
Erstellt: 25.01.2013 Aktualisiert: 17.01.2019, 01:57 Uhr
Karlsruhe spricht der Aussteigerin und Ex-Frau eines Neonazis das alleinige Sorgerecht für ihre drei Söhne zu. Hätte das Verfassungsgericht anders entschieden, bestünde Lebensgefahr für die Frau und ihre Kinder.
Von Andreas Förster
Weil die Mutter nach ihrem Ausstieg aus der rechten Szene zusammen mit ihren Kindern in ein Schutzprogramm aufgenommen wurde, bestünden andernfalls Gefahren für Leib und Leben der Familie, heißt es in dem Urteil.
Die Berliner Zeitung hatte im vergangenen August den Fall öffentlich gemacht. Es ging um die Nazi-Aussteigerin Tanja Privenau, die heute unter anderem Namen mit ihren drei Söhnen an einem geheim gehaltenen Ort in der Bundesrepublik lebt. Privenau war 2005 mit Hilfe der Initiative Exit aus der rechtsextremen Szene ausgestiegen. Bis dahin zählte die 40-Jährige, die schon als Teenager in die Szene eingetaucht war, zu den aktivsten und überzeugtesten Rechtsextremen. „Ich war 20 Jahre lang Neonazi von Beruf“, sagt sie selbst von sich.
Ihr Ex-Mann, Markus Privenau, mit dem sie drei gemeinsame Söhne hat, ist aber bis heute ein überzeugter Neonazi geblieben, mit engen Beziehungen zur NPD. In der rechten Szene Norddeutschlands ist er eine bekannte Größe, er hat dort viele Freunde unter den gewaltbereiten Neonazis.
Seit ihrem Ausstieg hat Tanja Privenau ihr Wissen über die Nazi-Szene bei den Sicherheitsbehörden offengelegt. Sie half bei Exit mit, Aussteiger zu betreuen, und trat wiederholt, mit Perücke und Sonnenbrille maskiert, bei Fernsehsendungen und öffentlichen Veranstaltungen auf, um über die von rechts ausgehende Gefahr zu berichten.
Die Szene stempelte sie als Verräterin ab. In rechten Internetforen konnte man lesen, dass man sie dem „Reichsgericht“ übergeben werde. „Ich habe das schon so verstanden, dass die Nazis mich damit unter ihresgleichen zum Abschuss freigaben“, sagt Tanja Privenau. Und sie glaubt, dass ihr Mann und seine Freunde noch immer hinter ihr her sind. „Die wollen uns nicht die Möglichkeit geben, ein neues Leben unbeschwert zu führen.“ Vor allem die Kinder leiden unter diesem Druck. Die drei Söhne waren nach der Flucht lange in psychotherapeutischer Behandlung.
Ihr Ex-Mann, Markus Privenau, mit dem sie drei gemeinsame Söhne hat, ist aber bis heute ein überzeugter Neonazi geblieben, mit engen Beziehungen zur NPD. In der rechten Szene Norddeutschlands ist er eine bekannte Größe, er hat dort viele Freunde unter den gewaltbereiten Neonazis.
Seit ihrem Ausstieg hat Tanja Privenau ihr Wissen über die Nazi-Szene bei den Sicherheitsbehörden offengelegt. Sie half bei Exit mit, Aussteiger zu betreuen, und trat wiederholt, mit Perücke und Sonnenbrille maskiert, bei Fernsehsendungen und öffentlichen Veranstaltungen auf, um über die von rechts ausgehende Gefahr zu berichten.
Die Szene stempelte sie als Verräterin ab. In rechten Internetforen konnte man lesen, dass man sie dem „Reichsgericht“ übergeben werde. „Ich habe das schon so verstanden, dass die Nazis mich damit unter ihresgleichen zum Abschuss freigaben“, sagt Tanja Privenau. Und sie glaubt, dass ihr Mann und seine Freunde noch immer hinter ihr her sind. „Die wollen uns nicht die Möglichkeit geben, ein neues Leben unbeschwert zu führen.“ Vor allem die Kinder leiden unter diesem Druck. Die drei Söhne waren nach der Flucht lange in psychotherapeutischer Behandlung.
https://www.fr.de/politik/
In Nazi-Uniform vor Gericht: Vater kämpft um Sorgerecht für Adolf Hitler
New York (dpa). In den USA ist ein Mann in kompletter Nazi-Uniform zur Sorgerechtsanhörung für seinen Sohn gekommen. Die „New York Daily News“ zeigte am Dienstag Bilder von dem 40-Jährigen auf dem Weg zum Gerichtstermin am Tag zuvor.
5. Juni 2013 um 12:07 Uhr
Der Vater hatte seinen ältesten Sohn Adolf Hitler genannt.
Der Geschiedene hat vier Kinder im Alter von sieben, sechs, fünf und anderthalb Jahren. Für alle entzog ihm der Bundesstaat New Jersey das Sorgerecht. Zur Gerichtsverhandlung erschien er in feldgrauer Uniform mit Lederkoppel, goldroter Hakenkreuzarmbinde und Lederstiefeln. Die Haare waren ordentlich gescheitelt, der Bart unter der Nase auf Hitlermaße gestutzt.
Es sei eine Uniform, wie sie im Zweiten Weltkrieg getragen wurde, sagte er der Zeitung. So ganz stimmt das nicht, einige Uniformteile gab es nicht oder zumindest nicht in der Kombination. Er verteidigte sich, dass die Kinder bei ihm alles hätten und er nie Gewaltverbrechen befürwortet habe.
Der Mann war vor fünf Jahren das erste Mal bekannt geworden. Eine Bäckerei hatte sich geweigert, für ihn „Happy Birthday Adolf Hitler“ auf eine Torte zu spritzen. Der Vater hatte daraufhin erklärt, es gehe ja nicht um den historischen Adolf Hitler. Er habe seinen Sohn so genannt. Der Fall soll im nächsten Monat entschieden werden.
https://www.wz.de/panorama/
Kinder von Rechtsextremen
:Das rechte Wohl des Kindes
Nach der Scheidung von Neonazi Markus Privenau und ihrem Ausstieg versucht Tanja Privenau die gemeinsamen Kinder von Vater und Neonazis fernzuhalten.
BERLIN taz | Darf ein geschiedener Neonazi Kontakt zu seinen Kindern haben? Ja, sagt das Oberlandesgericht (OLG) Dresden. Nein, das könnte riskant sein, sagt Exit. Die Initiative betreut seit dem Jahr 2000 Aussteiger aus der rechtsextremen Szene. Der Streit um die Frage, ob und wie Kinder von Neonazi-Eltern gefährdet sind, entzündet sich gerade an einem Fall, der von allen Seiten als „äußerst schwierig“ beschrieben wird. Es geht um die „Causa Privenau“.
Tanja und Markus Privenau waren mal ein Paar. Seit 2008 sind sie geschieden, seit sieben Jahren hat der Vater seine drei Söhne nicht gesehen. Warum? Die Mutter verhindert das, sagt der Vater. Der Vater tut den Kindern nicht gut, sagt die Mutter. Jetzt hat sich Markus Privenau das Umgangsrecht für seine Kinder erstritten, im Juni haben die Dresdner Richter gesagt: Der Vater darf seine Kinder sehen.
Es kommt häufig vor, dass sich Eltern vor Gericht um ihre Kinder streiten, wenn sie sich getrennt haben und einander nicht mehr trauen. Im Fall Privenau mischt sich in diese private Ebene aber eine politische, die das Familiendrama zusätzlich auflädt: Vater und Mutter haben sich in der rechtsextremen Szene kennen gelernt.
Tanja Privenau war 13, als sie einstieg. Sie leugnete den Holocaust, trat der Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei (FAP) bei, die 1995 verboten wurde, warb aktiv neue Mitglieder. Sie verliebte sich in Markus Privenau, einen kräftigen, durchsetzungsfähigen Mann, ein richtiger Kerl eben. Der ist in der Szene als „Jägermörder“ bekannt.
Selbsternannter Gauleiter
Mitte der Achtzigerjahre hatte er bei Schießübungen im Wald einen Jäger angeschossen, der später an seinen Verletzungen starb. Sein Verteidiger damals: der mittlerweile verstorbene Nazi-Anwalt Jürgen Rieger. In Bremen galt Privenau, 46, als selbsternannter FAP-Gauleiter, noch heute hat er enge Kontakte zur rechtsextremen NPD.
Tanja Privenau, 43, aber ist 2005 ausgestiegen. Seitdem ist sie oft umgezogen und hat mit Hilfe der Behörden mehrfach ihre Identität und die der Kinder verändert. Weil ihr Exmann sie bedrohe, sagt sie. Sie wolle mit ihm nichts mehr zu tun haben. Seitdem tobt ein Krieg zwischen den Ex-Eheleuten, die früher als Familie, wie Tanja Privenau sagt, beim völkisch-rassistischen Verein „Artgemeinschaft Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung“ waren und ihre Kinder zur „Heimattreuen Deutschen Jugend“ schickten. Das Politische sei privat weitergeführt worden. „Unser Fall ist nicht bloß ein Familienrechtsstreit“, sagt Tanja Privenau zur taz.
Die Parteien widersprechen sich. „Er wird die Kinder in die Szene zurückführen“, fürchtet Tanja Privenau. Seine Exfrau habe die Kinder einer Gehirnwäsche unterzogen, meint Markus Privenau. Nach dem Gespräch mit der taz will er nicht, dass etwas davon in der Zeitung steht. Das Gericht sagt: Es gibt keine Bedrohung durch den Vater. Bernd Wagner von Exit sagt: „Frau Privenau fühlt sich verfolgt. Das Urteil hat die Sicherheitslage nicht berücksichtigt.“
Während es für erwachsene Aussteiger Anlauf- und Beratungsstellen gibt, existieren fast keine Beratungsangebote für Ausstiege mit Kindern. Wie weit hat der Staat hier eine Fürsorgepflicht? Wann darf er sich einmischen? „Eltern haben grundsätzlich das Recht, ihre Kinder so zu erziehen, wie sie das wollen“, sagt Eva Prausner von der Berliner Initiative „Eltern gegen rechts“, die mit Müttern und Vätern rechtsradikaler Kinder arbeitet.
Körperliche und seelische Beeinträchtigungen
„Eine Kindeswohlgefährdung ist nicht allein durch das Aufwachsen im rechtsextremen Milieu gegeben“, sagt die Rechtswissenschaftlerin Kati Lang von der Technischen Universität Dresdnen. Nur wenn die körperliche und seelische Entwicklung beeinträchtigt sei, könne und müsse der Staat handeln. Wann ist das so? Wenn die Kinder geschlagen und vernachlässigt werden? Oder reicht es schon, wenn sie sich ihre Freunde nicht selbst aussuchen und nur mit Kindern aus der Szene spielen dürfen? „In meinen Augen können sich Kinder dann nicht mehr ausreichend entwickeln“, sagt Eva Prausner: „Aber das ist schwer nachzuweisen.“
Diese Erfahrung macht Cornelia Neumann vom Regionalzentrum für Demokratische Kultur in West-Mecklenburg häufig. „Eine rechtsextreme Einstellung wird bei Gericht oder bei den Jugendämtern nicht als kindesgefährdend eingeschätzt“, sagt sie.
Für Kitas, Schulen und Vereine ist das eine große Herausforderung. Im Raum Güstrow (Mecklenburg-Vorpommern) sollen 60 Kinder rechter Familien leben. Bislang gibt es keinen Präzedenzfall, der zeigt, ob und wie die freie Entwicklung Minderjähriger durch eine rechtsextremistische Erziehung eingeschränkt ist.
Einblicke ins Familiensystem
Der „Fall Privenau“ ist offensichtlich selbst für Fachleute schwer zu durchdringen. „In vielen Fällen ist bei näherer Betrachtung nichts, wie es scheint“, sagt die Psychologin Ursula Kodjoe. Die anerkannte Sachverständige in konfliktreichen Familienfällen wurde vom Gericht in Dresden als Gutachterin für den „Fall Privenau“ bestellt. Daher habe sie Einblicke in das gesamte Familiensystem. Ihrem Ermessen nach sei Markus Privenau derzeit politisch nicht aktiv.
taz-Recherchen zufolge aber war Markus Privenau im vergangenen Jahr für die NPD unter anderem im Wahlkampf für die Bremer Bürgerschaft auf der Straße. Im April 2011 besuchte er eine interne NPD-Veranstaltung in einer Bremer Gartenkolonie, auf der Ex-NPD-Chef Udo Voigt gesprochen haben soll. In einer Neujahrs-E-Mail wünschte Markus Privenau allen Angeschriebenen ein „siegreiches Kampfjahr 2011“.
Anfang Oktober soll der Vater seine Söhne das erste Mal nach sieben Jahren wiedersehen – für zwei Stunden und im Beisein eines Sozialarbeiters. Die Jungen sind jetzt elf, zehn und acht Jahre alt. Wenn das ein Jahr lang gut läuft, soll der Umgang erweitert werden. Dagegen will die Muttter vorgehen. „Ich werde alle rechtlichen Mittel nutzen“, sagt Tanja Privenau.
https://taz.de/Kinder-von-Rechtsextremen/!5084988/
Erziehung: Missbrauch durch Gesinnung
Ein kanadisches Mädchen kam mit Nazisprüchen am Körper in die Schule. Den Eltern wurde das Sorgerecht entzogen. Zu Recht?
Von Parvin Sadigh
Aktualisiert am 3. Juni 2009
Eine Siebenjährige aus dem kanadischen Winnipeg trug im Unterricht ein aufgemaltes Hakenkreuz am Arm. Der erschrockene Lehrer ließ es abwaschen. Doch schon am nächsten Tag hatte das Mädchen neben einem Hakenkreuz Nazisprüche auf Armen und Beinen. Außerdem behauptete sie, Schwarze müssten getötet werden. Die Schule schaltete das Jugendamt ein, und den Eltern wurde das Sorgerecht für die inzwischen Achtjährige und ihren dreijährigen Halbbruder entzogen.
Jetzt wird die Angelegenheit vor Gericht verhandelt. Mutter und Stiefvater klagen in Winnipeg. Sie wollen jeder für sich die Kinder zurück. Sie sind inzwischen getrennt. Beide gehören offensichtlich der Neonazi-Szene an, was Sozialarbeiter laut der Lokalzeitung Winnipeg Free Press mittlerweile auch vor Gericht bezeugten. In der Wohnung wurden Neonazisymbole und Fahnen gefunden.
Die Tochter erzählte ihren Betreuern überzeugt davon, dass man Schwarze so lange auspeitschen sollte, bis sie sterben und dass sie eine Bedrohung für weiße Kinder seien. "Es ist eine weiße Welt.", sagte sie. Das Mädchen kannte die rechtsextreme Skinhead-Webseite ihrer Eltern, sogar die Passwörter wusste sie. Sozialarbeiter und Lehrer sind besorgt, dass das Mädchen von ihren Eltern aufgehetzt wurde, nicht nur gegen Schwarze sondern auch gegen andere Minderheiten. Die Mutter sagt, man wäre nur stolz, nicht rechtsradikal, und das Hakenkreuz sei lediglich ein altes Symbol für Erfolg.
Der Fall scheint offensichtlich zu sein. Man sollte diesen Eltern den Sohn und die Tochter nicht mehr anvertrauen. Denn die Eltern missbrauchen ihre Kinder für rassistischen Überzeugungen. Mal davon abgesehen, was den Seelen der Kinder angetan wird, können sie auch selbst zu einer Gefahr für Angehörige von Minderheiten werden, wenn sie derart zum Hass erzogen werden.
In den USA hat vor kurzem ein ähnlicher Fall für Aufsehen gesorgt. Der dreijährige Sohn einer Familie aus der Nähe von New Jersey heißt Adolf Hitler, eine Tochter trägt als zweiten und dritten die Namen "Arian Nation". Obwohl die Behörden die Namensgebung erst anstandslos hinnahmen, wurden die Eltern schließlich doch zum Gespräch der Nation. Und zwar nur durch einen Zufall: Sie wollten zum Geburtstag von Adolf eine Torte mit seinem Namen bestellen. Der Bäcker machte es publik. Auch diesen Eltern wurde das Sorgerecht entzogen, weil sie offenkundig Anhänger von nazistischer Ideologie sind.
https://www.zeit.de/online/2009/23/nazi-symbole-sorgerecht
Es geht also alles sein richtigen Weg? Ganz einfach ist die Antwort nicht. Der kanadische Stiefvater beruft sich auf die Meinungsfreiheit. Und Kritiker sind besorgt. Auch wenn der kanadische Fall so eindeutig ist, welche Türen würde ein dauerhafter Sorgerechtsentzug öffnen?
Wem werden demnächst noch die Kinder weggenommen? Religiösen Fanatikern? Auch sie indoktrinieren manchmal ihre Kinder und wenden Erziehungsmethoden an, die die modernen Gesellschaften nicht gut heißen können. Was ist mit Eltern, deren Überzeugungen extrem links sind? Wer kann objektiv definieren, wo der Missbrauch beginnt? Margaret Wente von The Globe and Mail verweist auf den Aktivismus in Großbritannien, wo der Vorwurf "Missbrauch" auch für Eltern gilt, deren Kinder zu dick sind. Falsche Ernährung kann man tatsächlich als eine Form der Misshandlung ansehen. Aber können Gesinnung oder Vorlieben darüber entscheiden, ob jemand Kinder haben darf?
Nun wird es wahrscheinlich auch auf anderem Weg möglich sein, die Kinder aus Winnipeg nicht ihrer Neonazi-Familie zurück zu geben. Denn neben den extremen Überzeugungen gibt es noch ein anderes Argument: das der Vernachlässigung. Die Siebenjährige ging nicht regelmäßig in die Schule, weil die Eltern noch schliefen und sie nicht weckten. Der Junge lief tagelang in einer schmutzigen Windel herum, und seine Sprachentwicklung ist verzögert. Sozialarbeiter gaben an, dass die Eltern Probleme mit Alkohol, Drogen und Gewalt haben und ihre Kinder vernachlässigten. Und der Anwalt des Jugendamts meinte schließlich, ein Kind wie eine Tafel mit Tinte zu bemalen, sei auch kriminell.
https://www.zeit.de/online/2009/23/
2.2 Online-Artikel zu rechtsextremer Erziehung
Probleme mit rechter Ideologie in Kitas
Wenn Kinder Hakenkreuze malen
Kinder, die den Hitlergruß zeigen oder Flüchtlingskinder beleidigen - oft stecken dahinter die Eltern: Wie können Erzieherinnen und Erzieher damit umgehen? Fachleute geben Antworten.
Von Silke Fokken und Sven Heitkamp
06.01.2020, 18.55 Uhr
Kinder, die Nazi-Symbole malen. Kinder, die vom "Volkstod" reden. Kinder, die nicht "mit Asylanten" spielen wollen oder die andere Kinder mit Behinderung für weniger wert halten. Kinder, die im Sinne rechter Ideologien beeinflusst werden. Wie sollten Erzieherinnen und Erzieher mit solchen Kindern umgehen? Wie mit ihren Eltern? Und wie genau zeigt sich das Problem im Kita-Alltag?
Trotz aufwendiger Recherche lässt sich die letztgenannte Frage kaum aus erster Hand beantworten. Kita-Träger und Berater jedoch wiegeln Anfragen ab: Man müsse die Einrichtungen und die Erzieherinnen "schützen" - nicht nur vor der Öffentlichkeit, sondern auch davor, dass sie mit Neonazis Ärger bekommen.
Klar ist: Die Zahl der Rechtsextremisten ist in Deutschland laut Verfassungsschutz zuletzt gestiegen. Eine Mehrheit der Bevölkerung lehnt Neonazi-Positionen zwar ab, gleichzeitig sind jedoch rechtspopulistische Einstellungen fest verankert, wie Studien belegen.Parteien, die diese Ansichten bedienen, haben bei Wahlen vermehrt Zulauf. Und so ist Familienministerin Franziska Giffey sicher: "Diese Entwicklung macht auch vor Kindertagesstätten nicht Halt."
Im Alltag kann das zum Beispiel heißen, dass ein kleiner Junge seine Freunde in der Kita dazu auffordert, mit ihnen "Vergasen zu spielen". Esther Lehnert, Professorin an der Alice-Salomon-Hochschule Berlin, hat diesen Fall von einer Erzieherin erzählt bekommen. Auch die eingangs genannten Beispiele seien ihr von Fachkräften aus Kitas berichtet worden. Immer wieder erfahre sie von Kita-Kindern, deren Verhalten an Neonazi-Gebaren erinnere. Wie weit das Problem verbreitet ist, wird in Zahlen nicht erfasst.
Dazu kommt: Die betroffenen Erzieherinnen und Erzieher in Kitas hätten Angst zu reden, sagt Danilo Starosta vom Kulturbüro Sachsen, das sich gegen rechts engagiert. Sie fürchteten, dass ihr Image leide, dass sie von Rechten bedroht oder gar gewaltsam attackiert würden. Neonazis im Kindergarten seien zwar kein Massenphänomen, sagt der Jugendhilfe-Berater, aber: "In einigen Regionen Sachsens häufen sich Anmeldungen von Kindern in Kitas, deren Eltern als Rechte bekannt sind." Teilweise träten sie dort sogar in Gruppen auf.
"Moralisieren ist kontraproduktiv"
Forscherin Lehnert teilt diese Einschätzung. Manche Eltern versuchten gemeinsam, die Kita-Erziehung zu beeinflussen: "Sie bringen sich ein, übernehmen Putzdienste und stehen als Begleitung für Ausflüge bereit." Doch bald werde beispielsweise darüber diskutiert, ob Bilder mit schwarzen Kindern nicht von der Wand verschwinden oder mehr alte, deutsche Kinderlieder gesungen werden sollten.
Und dann?
"Eine Patentlösung gibt es nicht", sagt Starosta. Aus Gesinnungsgründen könne man rechte Familien jedenfalls kaum abweisen. "Die Eltern machen wie alle anderen von ihrem Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz Gebrauch."
Komme es zu Konflikten, könnten Erzieher die Situation mitunter dadurch entschärfen, dass sie Eltern zu einem Gespräch einladen und erst mal die positiven Seiten des Kindes loben. Vielleicht ist es fantasievoll, geschickt beim Basteln oder kann sich gut konzentrieren. "Danach", sagt Starosta, "kann man ansprechen, dass andere Kinder nicht diskriminiert werden dürfen."
Blieben die Eltern uneinsichtig, müsse ein "schlichter Minimalkonsens" gelten: dass die Eltern ihr Kind satt, sauber und gesund aus der Kita abholen können. "Belehren und moralisieren ist kontraproduktiv." Außerdem sollten Erzieherinnen und Erzieher keine voreiligen Schlüsse aus dem Verhalten von Kindern ziehen - und rechtsextreme Eltern vermuten, wo gar keine sind.
Vorwurf: "Gesinnungsschnüffelei"
"Nicht jedes Kind, das ein Hakenkreuz malt, stammt aus einem Nazi-Haushalt", sagt auch Forscherin Lehnert. Doch wenn es sich um verbotene Symbole handelt, müssten Erzieherinnen und Erzieher handeln. "Sie sollten Kinder zum Beispiel auf so eine Zeichnung ansprechen, um herauszufinden, was dahinter steckt."
Dann könnten sie kindgerecht erklären, wofür das Symbol steht und warum es problematisch ist. Und sie müssten das Gespräch mit den Eltern suchen und sensibel nachfragen, warum ihr Kind Hakenkreuze malt.
Lehnert hat an einem Ratgeber der Amadeo-Antonio-Stiftung für Kitas mitgeschrieben, der 2018 erschien, und in ultrarechten Kreisen und schließlich auch in konservativen Reihen für wütende Polemik sorgte. Über eine "staatliche Handlungsanweisung zur Elternspionage" empörte sich etwa Nadine Schön, Vize-Unionsfraktionsvorsitzende, im "Bayernkurier".
Die Stiftung dagegen wehrt sich gegen "mutwillige Verkürzungen" aus der Broschüre durch "rechtsalternative Blogs", die wiederum von Medien unkritisch aufgegriffen worden seien. Lehnert betont, es gehe keineswegs um "Gesinnungsschnüffelei". Kita-Teams müssten aber Klartext reden, wenn Kinder von rechtsextremen Positionen beeinflusst werden - und sich im Zweifel Hilfe von Experten holen.
Das Thema ist brisant, weil Erzieherinnen und Erzieher Kinder nicht manipulieren oder Eltern in ihre Erziehung hineinreden dürfen. Wie in mehreren Bildungsprogrammen der Länder nachzulesen ist, ist es aber sehr wohl ihr Auftrag, Demokratie und Vielfalt zu vermitteln, menschenverachtende Äußerungen zurückzuweisen - und zugleich dafür zu sorgen, dass sich kein Kind und kein Elternteil in der Kita ausgegrenzt fühlt. Eine Herausforderung.
"Ich darf ein Kind nicht beschämen, muss andere aber schützen"
Von regelrecht rechtsextrem organisierten Eltern höre er aus Kitas selten, sagt Rainer Spangenberg von den Regionalen Arbeitsstellen für Bildung, Integration und Demokratie (RAA) Brandenburg. Häufiger seien Mütter und Väter, die sich im Sinne rechtspopulistischer, etwa rassistischer Meinungen, abwertend oder gar verächtlich über Menschengruppen äußern. Solche Einstellungen könnten auch das Verhalten von Kindern beeinflussen.
"Ob und wie rechtsextremistisch die Eltern sind, ist für die Reaktion auf abwertendes oder ausgrenzendes Verhalten aber nicht so entscheidend", sagt Spangenberg. "Weigert sich ein Kind zum Beispiel mit einer rassistischen Begründung, mit schwarzen Kindern zu spielen, darf ich dieses Kind nicht abwerten und beschämen. Ich sollte deutlich machen, dass und warum ich ein Verhalten unfair finde, muss mich aber auch schützend vor die betroffenen Kinder stellen."
"Kind nicht abstempeln"
Grundregel dabei sei, betont Spangenberg, deutlich zu machen, dass man das diskriminierende Verhalten ablehne - nicht jedoch das Kind selbst. "Man darf es nicht abstempeln."
Wenn Kinder entgegnen: "Aber meine Eltern sagen, dass ich nicht mit denen spielen darf", dann dürften Erzieher die Eltern gegenüber dem Kind nicht abwerten , um das Dilemma des Kindes nicht noch zu verstärken: zwischen der Verbundenheit mit ihrem Zuhause und dem Bedürfnis nach Zugehörigkeit zur Kita.
Erzieher sollten allerdings erklären, dass in der Kita andere Regeln gelten. Zum Beispiel: "Für deine Eltern mag das bei euch zu Hause so sein. Hier in der Kita darf aber jedes Kind mit jedem anderen spielen. Bestimmte Kinder auszugrenzen, finden wir nicht in Ordnung."
Vater mit Nazi-Shirt nach Hause geschickt
Die Diakonie in Sachsen, Betreiberin von 270 Kindertagesstätten, hält Probleme mit rechtsextremen Familien für die Ausnahme, nicht die Regel. Komme es dazu, ermutige die Diakonie ihre Teams, eine klare Haltung zu zeigen. "Wir machen allen Eltern deutlich, dass wir menschenverachtendes und diskriminierendes Verhalten nicht akzeptieren", sagt Kita-Fachreferentin Inga Blickwede.
Etwa so: Als ein Vater in einem T-Shirt mit eindeutig rechtsextremen Symbolen zum Kindergartenfest erschien, habe ihn die Erzieherin nach Hause geschickt, sagt Blickwede. Einer Mutter mit rechter Orientierung, die sich in den Elternrat wählen lassen wollte, habe man klargemacht, dass man dies aufgrund ihres politischen Engagements für unangebracht halte. Die Mutter habe auf die Kandidatur verzichtet. Und ein anderer Vater habe einen Kita-Mitarbeiter mit Migrationshintergrund als "Ungeziefer" bezeichnet. Man habe den Beleidiger zu einer Aussprache gebeten, berichtet die Pädagogin. Daraufhin habe er den Kita-Vertrag gekündigt.
So schnell sind Konflikte mit rechtsextremen Eltern allerdings nicht immer aus der Tür - und für deren Kinder auch nicht grundsätzlich die beste Lösung.
https://www.spiegel.de/lebenundlernen/schule/
Rechtsextremismus und Kindeswohlgefährdung
9. Niedersächsische Präventionstag,
Vortrag Lisa Hempel
Gliederung
- 1. Definition: Rechts“extremismus“
- 2.1 Kindeswohlgefährdung Definition
- 2.2 Familienrecht und Kindeswohl
- 2.3 Staatliche Erziehung
- 3. Rechtsextremismus und Kindeswohlgefährdung:
- Praxisbeispiele -
- 4. Fazit
1. Rechts“extremismus“= Ideologie der Ungleichwertigkeit
Syndrome der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit (Heitmeyer et al.) Ergänzung der Syndromelemente Antiziganismus
und Abwertung von Asylbewerbern Dimensionen des Rechtsextremismus (Richard Stöss)
2.1 Kindeswohlgefährdung: Definition
- Unbestimmter Rechtsbegriff
- „Kindeswohl“ § 1666 BGB
„Kindeswohlgefährdung“:
- missbräuchliche Ausübung der elterlichen Sorge
- Vernachlässigung des Kindes
- Schädliches Verhalten der Sorgeberechtigten oder eines/einer Dritten
2.2 Familienrecht und Kindeswohl
- Elternrecht vs. Persönlichkeitsrecht des Kindes
- Grundgesetz gibt kein bestimmtes Erziehungsziel vor
-beruht auf Erfahrungen einer indoktrinierten Erziehung im Nationalsozialismus
- Eltern können ihre Kinder frei von staatlichen Eingriffen und Einflüssen nach eigenen Vorstellungen erziehen
2.3 Staatliche Erziehung
- Jugendhilfe hat Auftrag die Erziehung junger Menschen zu unterstützen, hat aber keinen eigenen Erziehungsauftrag
- Elternrecht §§ 1626 ff
- Recht auf Förderung der Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit (§ 1 Abs. 1 SGB VIII): hier besteht aber kein Rechtsanspruch
2.3 Staatliche Erziehung Stufen staatlichen Handelns
3. Rechtsextremismus und Kindeswohlgefährdung
- Wo beginnt der (politische) Missbrauch von
Kindern?!
- Erster Ansatzpunkt: Verbot der HDJ
- Erziehung des Nachwuchses als „nationale Lebensaufgabe“
Körperliche Züchtigungen, Isolation, Außenseiterrolle, Loyalitätskonflikte VS. Kindeswohl
3. Rechtsextremismus und Kindeswohlgefährdung
- Juristische Unzulänglichkeiten:
- Bisher gibt es keine Urteile oder Maßnahmen, des Jugendamtes die vorgeben, ob durch rechtsextreme Erziehung das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit von Minderjährigen eingeschränkt wird
- keine explizite Aufführung und Benennung des Rechtsextremismus als Kindeswohlgefährdung
- Wichtigkeit der Anerkennung der Bedeutung von Bindung zu beiden Elternteilen, ansonsten Gefahr von PAS - Parental Alienation Syndrome (Elterliches Entzugssyndrom)
4. Fazit
- Rechtsextreme Elternhäuser nicht per sè Kindeswohlgefährdend
-Verfassung garantiert eine freie Erziehung
- nur wenn aufgrund der Erziehung eine körperliche oder seelische Schädigung der Kinder zu erwarten ist, kann und muss Staat handeln
- Einzelfallbetrachtung notwendig
- Ausgestaltung und Stärkung eigener Rechte/Ansprüche von Minderjährigen, die sich z.B. aus ihren neonazistischen Familien lösen wollen
- Schule und offene Angebote der Jugendhilfe müssen Kindern und Jugendlichen Chancen und Alternativen zur rechten Einstellung bieten
- allein staatliches Handeln wird solche Familien nur schwer erreichen, (zivil) gesellschaftliches Engagement ist notwendig um Problem transparent und wahrnehmbar zu machen
Quellen
- Gollan, Anja (2012): Die Zugehörigkeit zu neuen rel./ideol. Gemeinschaften als Kriterium bei Sorgerechtsentscheidungen
- Lang, Kati (2010): Kindeswohl im Spannungsfeld von (neo)nazistischen Familien und staatlichem Führsorgeanspruch, in: Elternarbeit im Spannungsfeld Rechtsextremismus, Kulturbüro Sachsen (Hrsg.), Dresden
- Lang, Kati: (2010): Rechtsextreme Erziehung und Kindeswohlgefährdung, http://www.friedenskreis-halle.de/kita/texte/kindeswohl,%20rechte%20eltern.pdf
- Handbuch Kindeswohlgefährdung nach § 1666 BGB und Allgemeiner Sozialer Dienst (ASD) (2006)
https://www.lpr.niedersachsen.de/
Rechtsextremismus
Wenn Neonazis Kinder kriegen...
Familienleben unter Rechtsextremen: Gibt es am rechten Rand Platz für Vielfalt und nonkonforme Lebensentwürfe? Je radikaler die Abschottung gegen die sie umgebende Gesellschaft, desto schwieriger wird es für die Kinder von Neonazieltern, das starre Korsett rechtsextremer Erziehung zu durchbrechen.
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Rechtsextremismus ist kein Kinderspiel
In der Kita weigert sich ein Kind, neben einem Kind mit Migrationshintergrund zu sitzen. Seine Eltern beschimpfen andere Eltern wegen ihrer Herkunft. In manchen Kitas sind solche Situationen Alltag.…
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Welchen Nachwuchs sich Neonazis wünschen und wie ihre Kinder zu sein haben – daran lassen sie oft keinen Zweifel. Schon für die Allerjüngsten
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Rechtsextremismus
Raus aus der völkischen Welt. Eine Mutter und ihre Kinder steigen aus
Mehr als die Hälfte ihres Lebens hat Tanja Privenau in der rechtsextremen Szene verbracht und eine „völkische Familie“ gegründet. 2005 aber stieg sie aus. Seither leben sie und ihre Kinder mit…
https://www.bpb.de/themen/rechtsextremismus/
Querdenken
:
Kinder sind keine Schutzschilde
Unter dem Vorwand, sich um ihr Wohl zu sorgen, bringen Querdenker-Eltern ihre Kinder wissentlich in Gefahr. So verwirken sie den Anspruch darauf, gehört zu werden.
Ein Kommentar von Christian Vooren
10. November 2020, 13:20 Uhr
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-11/
Querdenken
:
Kinder sind keine Schutzschilde
Seite 2/2: Das Argument vom Kindeswohl ist ein mächtiges Instrument
https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-11/
Siehe auch: